2587/AB-BR/2011
Eingelangt am 01.04.2011
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BM für Inneres
Anfragebeantwortung
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Herrn Präsident des Bundesrates Gottfried Kneifel Parlament 1017 Wien
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GZ: BMI-LR2220/0115-II/3/2011
Wien, am . März 2011
Der Bundesrat Gerd Krusche, Kolleginnen und Kollegen haben am 1. Februar 2011 unter der Zahl 2796/J-BR an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Errichtung eines Schubhaftzentrums in Vordernberg und Abschiebepraxis von Minderjährigen und Jugendlichen“ gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Zu Frage 1:
Entsprechende Statistiken werden nicht geführt.
Zu den Fragen 2 und 3:
Bei unbegleiteten Minderjährigen und Kindern wird Schubhaft grundsätzlich nicht verhängt. Die Rückführung von Familien mit Minderjährigen ist, wenn Alternativen (z.B. freiwillige Ausreise) nicht angenommen werden, eine gesetzlich vorgesehene Zwangsmaßnahme und bildet als solche grundsätzlich eine „ultima ratio“ nach einem abgeschlossenen fremdenpolizeilichen Verfahren.
Besondere Aufmerksamkeit gilt hier speziell schutzbedürftigen Personen und Familien mit Kindern.
Gemäß Erlass, Zl. BMI-FW1410/0387-II/1/b/2010 vom 19.11.2010, wird im Allgemeinen für die Rückführung von Familien mit Minderjährigen bzw. unbegleiteten minderjährigen Frem- den bis zum 16 Lebensjahr, was insbesondere deren Abholung und die familiengerechte vorübergehende und möglichst auf ein Mindestmaß zu beschränkende Anhaltedauer betrifft, die Unterbringung in einer speziellen Anhalteeinrichtung in Wien 11., Zinnergasse 29a, angeordnet.
Neben der vorzitierten Familienunterbringung in Wien soll hinkünftig eine Unterbringung dieser abzuschiebenden Personen auch im neuen Schubhaftzentrum Vordernberg erfolgen.
Zu Frage 4:
Stichtag: 01.02.2011
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Haftkapazität |
Insassen |
Auslastung |
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PAZ Bludenz |
37 |
12 |
32,4% |
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PAZ Eisenstadt I |
32 |
9 |
28,1% |
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PAZ Eisenstadt II |
16 |
0 |
0% |
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PAZ Graz |
86 |
66 |
76,7% |
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PAZ Innsbruck |
71 |
22 |
31,0% |
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PAZ Klagenfurt |
75 |
26 |
34,7% |
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PAZ Leoben |
14 |
8 |
57,1% |
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PAZ Linz |
92 |
28 |
30,4% |
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PAZ Salzburg |
150 |
33 |
22,0% |
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PAZ Schwechat |
12 |
14 |
116,7% |
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PAZ St. Pölten |
27 |
21 |
77,8% |
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PAZ Steyr |
18 |
16 |
88,9% |
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PAZ Villach |
27 |
13 |
48,1% |
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PAZ Wels |
38 |
28 |
73,7% |
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PAZ Wien Hernalser Gürtel |
236 |
150 |
63,6% |
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PAZ Wien Roßauer Lände |
284 |
146 |
51,4% |
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PAZ Wr. Neustadt |
10 |
2 |
20,0% |
Quelle: Anhaltedatei der Vollzugsverwaltung
Zu Frage 5:
Meinungen und Einschätzungen sind nicht Gegenstand des parlamentarischen Interpellationsrechtes gemäß Art. 52 B-VG.
Zu Frage 6:
Notwendigkeiten für Planungsänderungen werden derzeit nicht gesehen. Das derzeit vorliegende Konzept wird für die baubehördliche Bewilligung für das geplante Bauvorhaben bei der Baubehörde eingereicht.
Das Schubhaftzentrum ist für die Unterbringung von rund 220 Personen konzipiert. Für die Unterbringung von Familien (rd. 20 Personen) und „Jungen Menschen“ (rd. 20 Personen), dazu zählen analog der Regelungen im Strafvollzug Personen bis zum vollendeten 24. Lebensjahr, ist jeweils eine eigene Abteilung vorgesehen.
Zu Frage 7:
Basierend auf einer Konzeptsstudie und den Ergebnissen aus dem baukünstlerischen Wettbewerb wird von voraussichtlichen Errichtungskosten von rd. EUR 22,8 Mio. ausgegangen. Zurzeit existiert mit der Bundesimmobilienges.m.b.H ein Mietvertrag. Die detaillierten Kosten können erst nach Vorliegen der Ausschreibungsergebnisse gemäß Bundesvergabegesetz genau beziffert werden. Insbesondere sind hier noch das wasserrechtliche und das baubehördliche Verfahren abzuwarten.
Zu Frage 8:
Primäre Zielsetzung für die Errichtung des neuen Objektes für den Anhaltevollzug zur Sicherung des fremdenrechtlichen Verfahrens, der Ausreise und der Ausweisung ist die Verbesserung der gegebenen Anhaltesituation für Fremde, über die die Schubhaft verhängt wurde.
Die Anforderungen an den Vollzug fremdenpolizeilicher Maßnahmen zur Sicherung der persönlichen Anwesenheit während der Verfahrensabwicklung und der Durchführung der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen haben sich in den letzten Jahren wesentlich verändert.
Bei der Konzeption dieses modernen Zentrums orientiert sich das Bundesministerium für Inneres an den aktuellen internationalen Erfahrungen sowie entsprechenden Empfehlungen (u.a. des europäischen Folterverhütungsausschusses sowie des Menschenrechtsbeirats). Dadurch sollen die Voraussetzungen für eine hohe Professionalität im Verfahrensablauf und im Vollzug bestmöglich gewährleistet werden.
Der Aufenthalt soll dabei soweit wie möglich den allgemeinen Lebensverhältnissen insbesondere in familiärer, sprachlicher und kultureller Hinsicht sowie in Bezug auf die Wahrung der Menschenwürde entsprechen. Durch eine spezielle Betreuung und Beratung von Menschen, deren aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten erschöpft sind, soll die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und den Betroffenen bewusst gemacht werden, dass ein Verbleib in Österreich nicht in Betracht kommt (keine Alternativen, Besinnung zur Rückkehrpflicht, Rückkehr unter Hilfestellung). Kennzeichnend für die neue Einrichtung sind auch spezielle Vorkehrungen zur Identitätsklärung von Angehaltenen sowie die Effektuierung der Mitwirkungsbereitschaft zur Erlangung so genannter Heimreisezertifikate (Ersatzreisedokumente).
Die Sicherungsmaßnahme für die ausreisepflichtigen Menschen soll dabei keinesfalls den Charakter eines Straf- bzw. Verwahrungsvollzuges aufweisen.
Der Vollzug der Schubhaft erfolgt derzeit in zum Großteil historisch gewachsenen Polizeianhaltezentren, welche weder von der baulichen Beschaffenheit noch von den infrastrukturellen Gegebenheiten her die optimalen Voraussetzungen bieten, um eine in humanitärer und sozialer Hinsicht qualitätvolle Anhaltung sicherzustellen. Dies ist damit zu begründen, dass die Polizeianhaltezentren für kurzfristige Anhaltungen von Verwahrungs- und Verwaltungs(straf)häftlingen errichtet wurden.
Durch die Konzentration der Schubhaft auf weniger Standorte werden Kostenminimierungen speziell im Bereich der Vorbereitungen für Außerlandesbringungen sowie der sonstigen administrativen Aufgaben erwartet. Überdies sollen Kostenreduktionen in den nicht mehr für den Schubhaftvollzug herangezogenen Polizeianhaltezentren erzielt werden können.
Die EU-Rückführungsrichtlinie des europäischen Parlaments sieht vor, dass die Anhaltung Fremder im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen grundsätzlich in speziellen Einrichtungen und getrennt von anderen Häftlingen zu erfolgen hat. Angehaltene Minderjährige müssen überdies noch altersgerechte Verhältnisse vorfinden.
Dieses Anhaltekonzept soll im neuen Schubhaftzentrum realisiert werden und hier eine wesentliche Pionierrolle zur wirkungsvollen europäischen Rückführungspolitik bzw. zur Bekämpfung der illegalen Migration darstellen.