2610/AB-BR/2011

Eingelangt am 10.06.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

Die Bundesräte Dr. Jennifer Kickert, Kolleginnen und Kollegen haben an meine Amtsvorgängerin eine schriftliche Anfrage betreffend Ungleichbehandlungen von EP zum Eherecht" gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 22. 27 bis 68 und 81 bis 88:

Die Anfrage basiert auf der unrichtigen Annahme, dass eine gesetzliche Regelung der Ehe und eine Regelung einer rechtsförmlichen Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Personen deckungsgleich zu sein haben, um dem Gleichheitsprinzip Genüge zu tun. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat jedoch in seiner Entscheidung vom 24. Juni 2010 in Sachen Kopf und Schalk gegen Österreich, BNo 30141/04, keineswegs beanstandet, dass Österreich das Institut der eingetragenen Partnerschaft nicht kannte. Die Beschwerde wurde vielmehr abgewiesen und insbesondere eine Diskriminierung im Licht des Art. 14 iVm 8 EMRK durch die unterschiedliche Behandlung verheirateter (verschiedengeschlechtlicher) und eingetragener (gleichgeschlechtlicher) Paare verneint (P 108). Der Gesetzgeber ist diesbezüglich in seinem Gestaltungsspielraum frei; er könnte etwa von einer rechtsverbindlichen Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Personen überhaupt absehen, er kann aber auch eine solche Partnerschaft mit anderen Rechtsfolgen als die Ehe ausstatten.

Bei der Ausarbeitung des EPG (Eingetragene Partnerschaft-Gesetz) fand sich der Gesetzgeber unterschiedlichen Wünschen der Interessensorganisationen der Homosexuellen gegenüber, die einerseits eine völlige Angleichung an die Ehe und andererseits ein modernes Rechtsinstitut mit erleichterter Auflösungsmöglichkeit und geringen Folgen der Auflösung verlangten, während ein hoher Anteil der österreichischen Bevölkerung dem Rechtsinstitut skeptisch gegenüberstand.

Der Gesetzgeber entschloss sich schließlich gegen eine Ehe light" und schuf ein dem Eherecht weitgehend entsprechendes Partnerschaftsrecht mit geringfügigen Abweichungen, die einerseits auf eine notwendige Fortentwicklung und andererseits auf eine gesellschaftliche Grundakzeptanz abzielten. Diese Abweichungen hat der EGMR nicht beanstandet und als im zulässigen Spielraum für die nationale Gesetzgebung liegend betrachtet (P 109).

Wenn nun aber der Gesetzgeber im Rahmen seines gestalterischen Spielraums frei ist, überhaupt eine Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Personen anzubieten und unterschiedlich zur Ehe zu gestalten, so gilt das auch für konnexe Frage im Kindschafts- und Adoptionsrecht. So besteht etwa kein gleichheitsrechtlicher Imperativ, das Kindschaftsrecht dahin zu ändern, dass ein gleichgeschlechtliches Paar gemeinsam in rechtlicher Hinsicht Eltern eines Kindes sein kann, weil hier die Interessen Dritter im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK zum Tragen kommen.

Da ein gleichgeschlechtliches Paar nicht die rechtliche Elternschaft erlangen kann, ist ihm auch - zum Schutz des Kindes - die medizinisch-unterstützte Fortpflanzung oder die Adoption verwehrt.

Zu 23 bis 26:

Grundsätzlich verweise ich auf die vorangegangenen Ausführungen. Viele Rechtsordnungen kennen das Institut der Lebenspartnerschaft nicht oder räumen ihr nur beschränkte Wirkungen ein. Bei primärer Verweisung auf das Personalstatut musste häufig auf ein Ersatzrecht" zurückgegriffen werden. Rechtsfragen über die persönlichen Rechtswirkungen der Partnerschaft werden mehrheitlich im Aufenthaltsstaat der Partner auftreten. Die primäre Anknüpfung an das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts - ein Recht, das zweifellos einen engen Sachverhaltsbezug hat - erübrigt es in vielen Fällen, das Personalstatut zu ermitteln, manchmal bloß um dann festzustellen, dass es nicht angewendet wird (werden kann), sondern ein Ersatzrecht. Die persönlichen Rechtswirkungen einer in Österreich begründeten Lebenspartnerschaft von ausländischen Staatsangehörigen mit gewöhnlichem Aufenthalt im  Inland  könnten  nach  österreichischem  Recht beurteilt werden, ohne zuerst feststellen zu müssen, dass diese Partnerschaft nach dem Personalstatut keine Rechtswirkungen hat.


Zu 69:

Was die Führung eines gemeinsamen Familiennamens für eingetragene Partnerschaften betrifft, verweise ich zunächst auf die zu Beginn der Anfragebeantwortung dargestellten Überlegungen. Der Gesetzgeber hat sich dahin entschieden, dass der Name registrierter Partner ex lege keine Änderung erfährt und Änderungen dem administrativen Namensänderungsrecht zugewiesen. Dieses fällt nicht in den Wirkungsbereich der Bundesministerin für Justiz.

Zu 70 bis 80:

Diese das Namensänderungsrecht betreffenden Fragen fallen nicht in meinem Wirkungsbereich.

Zu 89 bis 92:

Das Bundesgesetz BGBl. I 2009/135 wurde als Lebenspartnerschaftsgesetz in der XXIII. Legislaturperiode einer allgemeinen Begutachtung zugeführt. Im Zuge dieses Verfahrens ist das in der Anfrage erwähnte Anliegen des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten - mangels einer Stellungnahme - nicht geäußert worden. Das in der Anfrage angeführte Anliegen ist auch den mit dem Legislativprojekt befasst gewesenen Experten meines Hauses nicht bekannt.