2654/AB-BR/2012

Eingelangt am 15.02.2012
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 
Anfragebeantwortung

 

 

NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 

 

 

 

An den                                                                                               Zl. LE.4.2.4/0215-I 3/2011

Herrn Präsidenten

des Bundesrates

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 14. FEB. 2012

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen

und Kollegen vom 15. Dezember 2011, Nr. 2862/J-BR/2011, betreffend

Laufzeitverlängerung des AKW Dukovany

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen vom 15. Dezember 2011, Nr. 2862/J-BR/2011, teile ich Folgendes mit:

 

Grundsätzliches:

 

Kernkraftwerke in Europa verfügen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – über unbefristete Betriebsbewilligungen. Untrennbar mit einer unbefristeten Betriebsbewilligung verknüpft sind „periodische Sicherheitsüberprüfungen“ (PSÜ), die üblicherweise alle 10 Jahre vorgenommen werden. Eine Begrenzung der Laufzeit ist in der Regel nur aus dem untergesetzlichen Regelwerk (technische Normen, etc.) bzw. aus den Sicherheitsberichten ableitbar, da Sicherheitsnachweise für einzelne Komponenten und Systeme befristet sein können. Nähert sich nun der Sicherheitsnachweis bzw. die technische Lebensdauer einer Komponente oder eines Systems dem Ablaufdatum, so obliegt es dem Betreiber, entweder die betroffenen Komponenten und Systeme auszutauschen oder den Sicherheitsnachweis zu erneuern. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat dann zu entscheiden, ob sie diesen Nachweis akzeptiert. Anzumerken ist, dass auch der Austausch von Komponenten und Systemen grundsätzlich von der zuständigen Behörde zu bewilligen ist. Dies erfolgt in der Regel im Zusammenhang mit einer PSÜ, in deren Rahmen der gesamte Sicherheitsbericht überarbeitet wird.

Es ist auch wichtig festzuhalten, dass aus den PSÜ meist umfangreiche Nachrüstprogramme resultieren, deren Umsetzung dann wiederum von der zuständigen Aufsichtsbehörde überwacht und kontrolliert wird. All dies erfordert jedoch keine Neubewilligung. Lediglich Ungarn und die Schweiz befristeten ursprünglich die Betriebsbewilligungen. Im Falle Ungarns war die Laufzeit des KKW Paks explizit mit 30 Jahren beschränkt, weswegen die Verlängerung der Laufzeit eine neue Betriebsbewilligung, einschließlich eines grenzüberschreitenden UVP-Verfahrens, erfordert. In der Schweiz wurden mittlerweile alle Befristungen – nach Abschluss der diesbezüglichen Verfahren – aufgehoben.

 

Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 3:

 

Wie bereits ausgeführt, gibt es kein gesondertes Bewilligungsverfahren für die Laufzeitverlängerung des KKW Dukovany in der Tschechischen Republik. Wesentliche Aspekte der nuklearen Sicherheit dieser Anlage, einschließlich der Ergebnisse der PSÜ sowie der Umsetzung der daraus resultierenden Maßnahmen, sind regelmäßig Gegenstand der jährlichen Expertentreffen im Rahmen des bilateralen „Nuklearinformationsabkommens“.

 

Zu den Fragen 4 und 5:

 

Zunächst ist festzuhalten, dass im Rahmen der Stresstests für europäische Kernkraftwerke, die ganz wesentlich auf meine Initiative zurückgehen, die Betreiber der Kernkraftwerke bis 15. August 2011 den jeweils zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden einen Zwischenbericht vorzulegen hatten. Auf Basis dieser Zwischenberichte erstellten die nationalen Behörden nationale Zwischenberichte, die bis zum 15. September 2011 vorzulegen waren. Diese Zwischenberichte waren bereits am 16. September 2011 auf der Internetseite der ENSREG vollständig verfügbar. Die Endberichte der Betreiber waren bis 31. Oktober 2011, die nationalen Endberichte bis 31. Dezember 2011 vorzulegen. Bis zum 5. Jänner 2012 wurden – abgesehen von der Schweiz, die ihren Bericht erst am 10. Jänner 2012 veröffentlicht hat – auch alle nationalen Endberichte publiziert.

 

Die Europäische Kommission hat, wie vom Europäischen Rat im Frühjahr 2011 gefordert, am 24. November 2011 ihrerseits einen Zwischenbericht vorgelegt, der thematisch weit über den Rahmen der Stresstests hinausgeht. Im Zuge der Erörterung dieses Zwischenberichts in den Vorbereitungsgremien des Rates hat Österreich auch dazu Stellung genommen. Österreich hat sich grundsätzlich positiv zu diesem Bericht geäußert, seine Positionen zu bestimmten Sachfragen, wie etwa zur Nuklearhaftung, nochmals deutlich gemacht.

 

Nach der Vorlage der Berichte der Betreiber und deren Überprüfung durch nationale Behörden hat nun die dritte Stufe der Stresstests, das gesamteuropäische Peer Review unter Mitwirkung auch der Nicht-Betreiberstaaten begonnen. Damit wird ein neuer und genuiner europäischer Ansatz implementiert. Österreich stellt mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der ENSREG und Vorsitzenden der ENSREG-WGTA (Arbeitsgruppe zur Transparenz) den Vertreter der Nicht-Betreiberstaaten im Board des Peer Review Prozesses. Weiters stellt Österreich einen stellvertretenden Leiter eines der drei thematischen Teams, die alle Nationalberichte überprüfen werden. Damit wird ein österreichischer Experte auch eines der sechs nachfolgenden Länderteams leiten, die jeweils zwei bis drei Staaten besuchen werden. Auch in den beiden anderen thematischen Teams wirken unabhängige österreichische Experten mit. Alle einschlägigen Dokumente sind bzw. werden ebenfalls auf der Internetseite der ENSREG veröffentlicht. Eine Bewertung der Ergebnisse der Stresstests ist erst nach Vorliegen des Abschlussberichts der ENSREG sinnvoll.

 

Ergänzend ist festzuhalten, dass sich Österreich intensiv in die Ausarbeitung der Stresstest-Spezifikationen sowie der Modalitäten der Durchführung eingebracht hat. Weiters sind auch die Möglichkeiten, die der Öffentlichkeit zur Mitwirkung geboten werden, ganz wesentlich auf Österreichs Aktivitäten zurückzuführen.

 

Zu Frage 6:

 

Der Umstand, dass in der Erklärung der ENSREG vom 24. Mai 2011 (einschließlich der Anhänge 1 und 2) eine Behandlung von terroristischen Bedrohungen vorgeschlagen wird, ist nur auf die Hartnäckigkeit einiger Mitgliedstaaten – darunter Österreich – und der Europäischen Kommission zurückzuführen. Unter polnischem Ratsvorsitz wurde für diese zweite Schiene, den „Security Track“, eine ad-hoc Gruppe (AHGNS) eingesetzt, die ihre Arbeit bereits im Juli 2011 aufgenommen und im Dezember 2011 einen Zwischenbericht vorgelegt hat. Diesbezüglich ist auf die federführende Zuständigkeit des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten sowie der Bundesministerin für Inneres zu verweisen.

 

Der Bundesminister: