Stenographisches Protokoll

682. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 6., und Freitag, 7. Dezember 2001

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

682. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 6., und Freitag, 7. Dezember 2001

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 6. Dezember 2001: 9.03 – 24.00 Uhr

Freitag, 7. Dezember 2001: 0.00 – 2.27 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Zustellgesetz, das Forstgesetz 1975, das Wasserrechtsgesetz 1959, das Abfallwirtschaftsgesetz, das Immissionsschutzgesetz – Luft, das Strahlenschutzgesetz, das Epidemiegesetz 1950, das Tuberkulosegesetz, das Ärztegesetz 1998, das Dentistengesetz, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das MTD-Gesetz, das Hebammengesetz, das Apothekengesetz, das Arzneimittelgesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz, das Krankenanstaltengesetz, das Tierseuchengesetz, das Kraftfahrgesetz 1967, das Schiffahrtsgesetz, das Luftfahrtgesetz, die Gewerbeordnung 1994 und das Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen geändert, ein Bundes-Berichtspflichtengesetz erlassen sowie das Rattengesetz, das Bazillenausscheidergesetz, die Durchführungsverordnung zum Bazillenausscheidergesetz und das Bundesgesetz über natürliche Heilvorkommen und Kurorte aufgehoben werden (Verwaltungsreformgesetz 2001)

2. Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über einen Deregulierungsauftrag erlassen sowie das Eisenbahngesetz 1957, das Rohrleitungsgesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (Deregulierungsgesetz 2001)

3. Bundesgesetz, mit dem das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956 und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2001)

4. Bundesgesetz, mit dem bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäfts- und Rechtsverkehrs geregelt (E-Commerce-Gesetz – ECG) und das Signaturgesetz sowie die Zivilprozessordnung geändert werden

5. Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (Mietrechtsnovelle 2001 – MRN 2001)

6. Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird

7. Vertrag von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte samt Protokollen, Schlussakte sowie Erklärungen

8. Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über Regelungen zur partnerschaftlichen Durchführung der Regionalprogramme im Rahmen der EU-Strukturfonds in der Periode 2000 bis 2006

9. Bundesgesetz über die Dokumentation im Bildungswesen (Bildungsdokumentationsgesetz)

10. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Dezember 1987, BGBl. Nr. 656, über die Abgeltung von bestimmten Unterrichts- und Erziehungstätigkeiten im Bereich des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft geändert wird

11. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes geändert wird

12. Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz neu erlassen sowie das Forschungsorganisationsgesetz, das Bundesgesetz zur Errichtung einer Museumsquartier-Errichtungs- und Betriebsgesellschaft und das Bundesgesetz betreffend die Finanzierung des Erwerbs der "Sammlung Leopold" geändert wird

13. Bundesgesetz über die Österreichische Bibliothekenverbund und Service Gesellschaft mit beschränkter Haftung

14. Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 geändert wird

15. Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2000)

16. Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird

17. Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Verstärkung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer Stabilitätspakt 2001)

18. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Staatsschuldenausschusses geändert wird

19. Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Land Burgenland aus Anlass der 80-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich

20. Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Straßenbenützungsabgabegesetz, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz 1958 und der Artikel 34 des Budgetbegleitgesetzes 2001 geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2001, AbgÄG 2001)

21. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Sonderregelungen zur Mittelstandsfinanzierung auf dem Gebiet der Gebühren sowie Verkehrsteuern geändert wird

22. Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz und das Bundesgesetz über die Gründung einer Bundespensionskasse AG geändert werden

23. Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994, das Kraftfahrgesetz 1967 und das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz der Verkehrsopfer geändert werden

24. Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz – MinroG, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Erdöl-Bergpolizeiverordnung, die Verordnung zur Verhütung einer Vergeudung der Energie von Erdöl- und Erdgaslagerstätten und die Bergpolizeiverordnung für die Seilfahrt geändert sowie die Verordnung über Standorte und Amtsbezirke der Berghauptmannschaften, das IX. Hauptstück des Allgemeinen Berggesetzes und die Bergpolizeiverordnung über das Grubenrettungswesen aufgehoben werden (Mineralrohstoffgesetznovelle 2001)

25. Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit gemäß § 222 des Mineralrohstoffgesetzes – MinroG, BGBl. I Nr. 38/1999, an den Nationalrat

26. Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Schutzzertifikatsgesetz 1996, das Halbleiterschutzgesetz, das Markenschutzgesetz 1970 und das Musterschutzgesetz 1990 geändert werden (Euro-Umstellungsgesetz Patent-, Marken- und Musterrecht – EUG-PMM)

27. Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird

28. Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird

29. Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird

30. Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftskammergesetz 1998 geändert wird

31. Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über steuerliche Sondermaßnahmen zur Förderung des Wohnbaues geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2002 – WRN 2002)

32. Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1999

33. Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2000

34. Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und das Bauarbeitenkoordinationsgesetz geändert werden (Arbeitnehmerschutz-Reformgesetz – ANS-RG)

35. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (59. Novelle zum ASVG)

36. Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (26. Novelle zum GSVG)

37. Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (25. Novelle zum BSVG)

38. Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (29. Novelle zum B-KUVG)

39. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger geändert wird (12. Novelle zum FSVG)

40. Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (10. Novelle zum NVG 1972)

41. Bundesgesetz, mit dem das Bewertungsgesetz 1955 geändert wird

42. Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden

43. Bundesgesetz über die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich (Gehaltskassengesetz 2002)

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Inhalt

Bundesrat

Schreiben der Ersten Präsidentin des Oberösterreichischen Landtages betreffend die Nachwahl eines Ersatzmannes in den Bundesrat 58

Unterbrechung 116

Trauerkundgebung 17

Erklärung des Landeshauptmannes von Niederösterreich 17

Verlangen auf Durchführung einer Debatte 17

Debatte:

Ing. Walter Grasberger 23

Herbert Thumpser 25

Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger   28

Stefan Schennach 32

Personalien

Krankmeldungen 17

Entschuldigungen 17

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 59

Ausschüsse

Zuweisungen 60

Fragestunde

Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen 35

Maria Grander (1209/M-BR/01); Mag. Melitta Trunk, Ulrike Haunschmid

Herbert Thumpser (1213/M-BR/01); Dr. Renate Kanovsky-Wintermann, Friedrich Hensler, Stefan Schennach

Ing. Franz Gruber (1210/M-BR/01); Roswitha Bachner, Engelbert Weilharter

Ulrike Haunschmid (1216/M-BR/01); Johann Ledolter, Herbert Thumpser

Mag. Melitta Trunk (1214/M-BR/01); Christoph Hagen, Mag. Gerhard Tusek

Anna Höllerer (1211/M-BR/01); Mag. Melitta Trunk, Ulrike Haunschmid

Hedda Kainz (1215/M-BR/01); Christoph Hagen

Engelbert Weilharter (1217/M-BR/01); Horst Freiberger

Dringliche Anfragen

der Bundesräte Hedda Kainz und GenossInnen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die Pensionsanpassung für das Jahr 2002 (1890/J-BR/01)

Begründung: Hedda Kainz 116

Beantwortung: Bundesminister Mag. Herbert Haupt 117

Redner:

Albrecht Konečny 124

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 126, 134 und 138

Ing. Walter Grasberger 128

und (tatsächliche Berichtigung) 134

Mag. Melitta Trunk 130

Ing. Gerd Klamt 135

Anna Schlaffer 136

der Bundesräte Ferdinand Gstφttner, Albrecht Konečny, Peter Marizzi und GenossInnen an den Bundeskanzler betreffend Verunsicherung der österreichischen Bevölkerung durch widersprüchliche Aussagen der Mitglieder der Bundesregierung zu brisanten politischen Themen III (1891/J-BR/01)

Begründung: Ferdinand Gstöttner 139

Beantwortung: Staatssekretär Franz Morak 139

Redner:

Albrecht Konečny 142 und 158

Dr. Ferdinand Maier 145

Peter Marizzi 147

Dr. Peter Böhm 149

Stefan Schennach 152 und 159

Mag. Harald Himmer 155

Johann Kraml 157

Staatssekretär Franz Morak 160

Entschließungsantrag der Bundesräte Peter Marizzi und GenossInnen betreffend Verunsicherung der österreichischen Bevölkerung durch widersprüchliche Aussagen der Mitglieder der Bundesregierung zu brisanten Themen 143

Ablehnung 161

Verzeichnis der namentlichen Abstimmung 161

Entschließungsantrag der Bundesräte Dr. Ferdinand Maier, Dr. Peter Böhm und Kollegen betreffend die Umsetzung des "Protokolls von Melk" bezüglich des KKW Temelin 146

Annahme (E/171-BR/2001) 162

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

(1) Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Zustellgesetz, das Forstgesetz 1975, das Wasserrechtsgesetz 1959, das Abfallwirtschaftsgesetz, das Immissionsschutzgesetz – Luft, das Strahlenschutzgesetz, das Epidemiegesetz 1950, das Tuberkulosegesetz, das Ärztegesetz 1998, das Dentistengesetz, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das MTD-Gesetz, das Hebammengesetz, das Apothekengesetz, das Arzneimittelgesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz, das Krankenanstaltengesetz, das Tierseuchengesetz, das Kraftfahrgesetz 1967, das Schiffahrtsgesetz, das Luftfahrtgesetz, die Gewerbe-ordnung 1994 und das Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen geändert, ein Bundes-Berichtspflichtengesetz erlassen sowie das Rattengesetz, das Bazillenausscheidergesetz, die Durchführungsverordnung zum Bazillenausscheidergesetz und das Bundesgesetz über natürliche Heilvorkommen und Kurorte aufgehoben werden (Verwaltungsreformgesetz 2001) (772 und 885/NR sowie 6488 und 6496/BR d. B.)

(2) Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über einen Deregulierungsauftrag erlassen sowie das Eisenbahngesetz 1957, das Rohrleitungsgesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (Deregulierungsgesetz 2001) (886/NR sowie 6489 und 6497/BR d. B.)

(3) Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956 und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2001) (842 und 887/NR sowie 6498/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Franz Gruber 61

[Antrag, zu (1), (2) und (3) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Herbert Würschl 62

Herwig Hösele 64

Anna Schlaffer 66

Christoph Hagen 68

Vizekanzlerin Bundesministerin Dr. Susanne Riess-Passer 69

Georg Keuschnigg 76

Ing. Gerd Klamt 78

Gottfried Kneifel 79

Jürgen Weiss 81

Uta Barbara Pühringer 85

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (1), (2) und (3) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 86

(4) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäfts- und Rechtsverkehrs geregelt (E-Commerce-Gesetz – ECG) und das Signaturgesetz sowie die Zivilprozessordnung geändert werden (817 und 853/NR sowie 6499/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Robert Aspöck 87

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Mag. Dietmar Hoscher 87

Thomas Ram 90

Johanna Auer 90

Vizekanzlerin Bundesministerin Dr. Susanne Riess-Passer 91

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 93

Gemeinsame Beratung über

(5) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (Mietrechtsnovelle 2001 – MRN 2001) (533/A und 854/NR sowie 6500/BR d. B.)

(6) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird (855/NR sowie 6501/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Robert Aspöck 94

[Antrag, zu (5) und (6) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Harald Reisenberger 94

Mag. Harald Himmer 97

Johanna Auer 97

Wilhelm Grissemann 98

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann 99

Vizekanzlerin Bundesministerin Dr. Susanne Riess-Passer 101

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (5) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 102

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (6) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 102

Gemeinsame Beratung über

(7) Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend einen Vertrag von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte samt Protokollen, Schlussakte sowie Erklärungen (600 und 888/NR sowie 6502/BR d. B.)

(8) Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über Regelungen zur partnerschaftlichen Durchführung der Regionalprogramme im Rahmen der EU-Strukturfonds in der Periode 2000 bis 2006 (564 und 889/NR sowie 6503/BR d. B.)

Berichterstatter: Friedrich Hensler 103

[Antrag zu (7), der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Bundesverfassungsgesetzes über den Abschluss des Vertrages von Nizza die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen und zu (8) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Herwig Hösele 103

Albrecht Konečny 106

Dr. Peter Böhm 109

Stefan Schennach 111

Staatssekretär Franz Morak 112

Ing. Franz Gruber 113

Klaus Gasteiger 114

Mag. John Gudenus 162

Jürgen Weiss 165

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu (7), der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Bundesverfassungsgesetzes über den Abschluss des Vertrages von Nizza die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 166

Entschließungsantrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konečny, Dr. Peter Bφhm und Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung eines Konvents für den Post-Nizza-Prozess 105

Annahme (E/172-BR/2001) 166

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (8) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 167

Gemeinsame Beratung über

(9) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Dokumentation im Bildungswesen (Bildungsdokumentationsgesetz) (832 und 881/NR sowie 6504/BR d. B.)

(10) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Dezember 1987, BGBl. Nr. 656, über die Abgeltung von bestimmten Unterrichts- und Erziehungstätigkeiten im Bereich des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft geändert wird (643 und 883/NR sowie 6505/BR d. B.)

(11) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes geändert wird (644 und 884/NR sowie 6506/BR d. B.)

Berichterstatter: Josef Saller 168

[Antrag, zu (9), (10) und (11) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Mag. Melitta Trunk 168

Günther Köberl 170

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann 171

Mag. Gerhard Tusek 173

Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger 174

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 176

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (9) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 177

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (10) und (11) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 177

Gemeinsame Beratung über

(12) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz neu erlassen sowie das Forschungsorganisationsgesetz, das Bundesgesetz zur Errichtung einer Museumsquartier-Errichtungs- und Betriebsgesellschaft und das Bundesgesetz betreffend die Finanzierung des Erwerbs der "Sammlung Leopold" geändert wird (528/A und 850/NR sowie 6507/BR d. B.)

(13) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Österreichische Bibliothekenverbund und Service Gesellschaft mit beschränkter Haftung (830 und 851/NR sowie 6508/BR d. B.)

Berichterstatter: Günther Köberl 178

[Antrag, zu (12) keinen Einspruch zu erheben und zu (13) gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben]

Redner:

Mag. Dietmar Hoscher 179

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 180

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (12) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 181

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (13) gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 181

(14) Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 geändert wird (532/A und 880/NR sowie 6509/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Gerhard Tusek 182

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Herbert Würschl 182

Ing. Walter Grasberger 183

Ing. Gerd Klamt 184

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 184

(15) Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2000) (III-223-BR/01 sowie 6510/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Gerhard Tusek 184

(Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen)

Redner:

Harald Reisenberger 185

Dr. Vincenz Liechtenstein 187

Hedda Kainz 189

Christoph Hagen 190

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 193 und 202

Herbert Thumpser 196

Josef Saller 197

Mag. Melitta Trunk 198

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann 200

Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger 201

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmenmehrheit) 203

(16) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (780 und 868/NR sowie 6511/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Kraml 204

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 204

Gemeinsame Beratung über

(17) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend eine Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Verstärkung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer Stabilitätspakt 2001) (829 und 857/NR sowie 6512/BR d. B.)

(18) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Staatsschuldenausschusses geändert wird (776 und 863/NR sowie 6513/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Robert Aspöck 205

[Antrag, zu (17) und (18) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Johanna Schicker 205

Ing. Franz Gruber 207

Ing. Gerd Klamt 208

Jürgen Weiss 208

Engelbert Weilharter 209

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 209

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (17) und (18) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 210

Gemeinsame Beratung über

(19) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Land Burgenland aus Anlass der 80-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich (778 und 856/NR sowie 6514/BR d. B.)

(20) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Straßenbenützungsabgabegesetz, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz 1958 und der Artikel 34 des Budgetbegleitgesetzes 2001 geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2001, AbgÄG 2001) (827 und 859/NR sowie 6515/BR d. B.)

(21) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Sonderregelungen zur Mittelstandsfinanzierung auf dem Gebiet der Gebühren sowie Verkehrsteuern geändert wird (860/NR sowie 6516/BR d. B.)

(22) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz und das Bundesgesetz über die Gründung einer Bundespensionskasse AG geändert werden (775 und 861/NR sowie 6517/BR d. B.)

(23) Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994, das Kraftfahrgesetz 1967 und das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz der Verkehrsopfer geändert werden (782 und 862/NR sowie 6518/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Robert Aspöck 212

[Antrag, zu (19), (20), (21), (22) und (23) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Anna Schlaffer 212

Paul Fasching 213

Engelbert Weilharter 214

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 215

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (19), (20), (21) und (22) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 216

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (23) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 216

Gemeinsame Beratung über

(24) Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz – MinroG, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Erdöl-Bergpolizeiverordnung, die Verordnung zur Verhütung einer Vergeudung der Energie von Erdöl- und Erdgaslagerstätten und die Bergpolizeiverordnung für die Seilfahrt geändert sowie die Verordnung über Standorte und Amtsbezirke der Berghauptmannschaften, das IX. Hauptstück des Allgemeinen Berggesetzes und die Bergpolizeiverordnung über das Grubenrettungswesen aufgehoben werden (Mineralrohstoffgesetznovelle 2001) (833 und 844/NR sowie 6519/BR d. B.)

(25) Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit gemäß § 222 des Mineralrohstoffgesetzes – MinroG, BGBl. I Nr. 38/1999, an den Nationalrat (III-212-BR/00 sowie 6520/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Gerd Klamt 217

[Antrag, zu (24) keinen Einspruch zu erheben und zu (25) den Bericht zur Kenntnis zu nehmen]

Redner:

Mag. Dietmar Hoscher 217

Ilse Giesinger 219

Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger 220

Jürgen Weiss 220

Staatssekretärin Mares Rossmann 222

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (24) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 223

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (25) den Bericht zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmenmehrheit) 223

Gemeinsame Beratung über

(26) Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Schutzzertifikatsgesetz 1996, das Halbleiterschutzgesetz, das Markenschutzgesetz 1970 und das Musterschutzgesetz 1990 geändert werden (Euro-Umstellungsgesetz Patent-, Marken- und Musterrecht – EUG-PMM) (800 und 845/NR sowie 6521/BR d. B.)

(27) Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird (739 und 846/NR sowie 6522/BR d. B.)

(28) Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird (816 und 847/NR sowie 6523/BR d. B.)

(29) Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird (815 und 848/NR sowie 6524/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Gerd Klamt 224

[Antrag, zu (26) keinen Einspruch zu erheben und zu (27), (28) und (29), der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen]

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (26) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 224

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu (27), (28) und (29), der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 225

(30) Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftskammergesetz 1998 geändert wird (501/A und 849/NR sowie 6490 und 6525/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Gerd Klamt 226

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Hans Ager 226

Johann Kraml 227

Wilhelm Grissemann 228

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 229

(31) Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über steuerliche Sondermaßnahmen zur Förderung des Wohnbaues geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2002 – WRN 2002) (529/A und 890/NR sowie 6526/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Gerd Klamt 229

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Mag. Dietmar Hoscher 230

Dr. Ferdinand Maier 231

Thomas Ram 232

Staatssekretärin Mares Rossmann 233

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 234

Gemeinsame Beratung über

(32) Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1999 (III-211-BR/00 sowie 6527/BR d. B.)

(33) Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2000 (III-226-BR/01 sowie 6528/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Gerd Klamt 234

[Antrag, zu (32) und (33) den Bericht zur Kenntnis zu nehmen]

Redner:

Hans Ager 235

und (tatsächliche Berichtigung) 238

Mag. Melitta Trunk 237

Ulrike Haunschmid 239

Staatssekretärin Mares Rossmann 241

Engelbert Weilharter 244

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (32) den Bericht zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmeneinhelligkeit) 245

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (33) den Bericht zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmenmehrheit) 245

(34) Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und das Bauarbeitenkoordinationsgesetz geändert werden (Arbeitnehmerschutz-Reformgesetz – ANS-RG) (802 und 898/NR sowie 6495 und 6529/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Gerd Klamt 245

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 245

Gemeinsame Beratung über

(35) Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (59. Novelle zum ASVG) (834 und Zu 834 und 892/NR sowie 6492, 6493 und 6530/BR d. B.)

(36) Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (26. Novelle zum GSVG) (835 und Zu 835 und 893/NR sowie 6494 und 6531/BR d. B.)

(37) Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (25. Novelle zum BSVG) (837 und Zu 837 und 894/NR sowie 6532/BR d. B.)

(38) Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (29. Novelle zum B-KUVG) (838 und Zu 838 und 895/NR sowie 6533/BR d. B.)

(39) Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger geändert wird (12. Novelle zum FSVG) (836 und Zu 836 und 896/NR sowie 6534/BR d. B.)

(40) Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (10. Novelle zum NVG 1972) (839 und Zu 839 und 897/NR sowie 6535/BR d. B.)

(41) Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bewertungsgesetz 1955 geändert wird (483/A und 899/NR sowie 6536/BR d. B.)

Berichterstatterin: Dr. Renate Kanovsky-Wintermann 247

[Antrag, zu (35), (36), (37), (38), (39), (40) und (41) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Horst Freiberger 248

Anna Höllerer 251

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 252

Engelbert Weilharter 254

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (35), (36), (37), (38), (40) und (41) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 256

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (39) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 256

(42) Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden (828 und 878/NR sowie 6537/BR d. B.)

Berichterstatter: Harald Reisenberger 257

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Ing. Franz Gruber 257

Mag. Melitta Trunk 258

Ulrike Haunschmid 258

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 259

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 259

(43) Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich (Gehaltskassengesetz 2002) (770 und 869/NR sowie 6538/BR d. B.)

Berichterstatter: Harald Reisenberger 259

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 260

Eingebracht wurden

Anfragen

der Bundesräte Günther Kaltenbacher und GenossInnen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Sparwahn" bei den Kleinsten (1883/J-BR/01)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundeskanzler betreffend Übermittlung von Erlässen auf elektronischem Wege (1884/J-BR/01)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundeskanzler betreffend Mitwirkung von Ländervertretern im Rat nach Artikel 23d Abs. 3 B-VG (1885/J-BR/01)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Landtagsentschließung zur Verkehrspolitik in der Europäischen Union (1886/J-BR/01)

der Bundesräte Herwig Hösele, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Dr. Vincenz Liechtenstein, Ing. Peter Polleruhs und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Entschließung des Steiermärkischen Landtages zur Eindämmung der Drogenkriminalität (1887/J-BR/01)

der Bundesräte Herwig Hösele, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Dr. Vincenz Liechtenstein, Ing. Peter Polleruhs und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Entschließung des Steiermärkischen Landtages zur Eindämmung der Drogenkriminalität (1888/J-BR/01)

der Bundesräte Herwig Hösele, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Dr. Vincenz Liechtenstein, Ing. Peter Polleruhs und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Entschließung des Steiermärkischen Landtages zur Eindämmung der Drogenkriminalität (1889/J-BR/01)

der Bundesräte Hedda Kainz und GenossInnen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die Pensionsanpassung für das Jahr 2002 (1890/J-BR/01)

der Bundesräte Ferdinand Gstöttner, Albrecht Konečny, Peter Marizzi und GenossInnen an den Bundeskanzler betreffend Verunsicherung der österreichischen Bevölkerung durch widersprüchliche Aussagen der Mitglieder der Bundesregierung zu brisanten politischen Themen III (1891/J-BR/01)

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse Giesinger an den Bundeskanzler betreffend Beeinspruchung von Landesgesetzen nach Artikel 98 B-VG (1892/J-BR/01)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Frage der Bundesräte Gottfried Kneifel und KollegInnen (1720/AB-BR/01 zu 1869/J-BR/01)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konečny und GenossInnen (1721/AB-BR/01 zu 1870/J-BR/01)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss und KollegInnen (1722/AB-BR/01 zu 1873/J-BR/01)

Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Präsident Alfred Schöls: Ich eröffne die 682. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 681. Sitzung des Bundesrates vom 8. November 2001 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet haben sich die Mitglieder des Bundesrates Germana Fösleitner und Franz Wolfinger.

Entschuldigt haben sich die Mitglieder des Bundesrates Manfred Gruber und Günther Kaltenbacher.

Trauerkundgebung

Präsident Alfred Schöls: Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, sich von den Sitzen zu erheben.

Gestern haben wir die traurige Nachricht erhalten, dass der langjährige Präsident des Nationalrates und ehemalige Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, unser Kollege Anton Benya, verstorben ist.

Anton Benya war uns ein Vorbild: als Demokrat, als Parlamentarier, als Gewerkschafter, als Mensch und, so darf ich persönlich sagen, auch als Freund. Er hat viele Jahre hindurch für Österreich hohe Verantwortung getragen und durch seinen bedeutungsvollen Einsatz im Rahmen der Sozialpartnerschaft die Geschicke dieser, unserer Zweiten Republik maßgeblich geprägt.

Wir werden unserem Kollegen Präsidenten Anton Benya stets ein ehrendes Andenken bewahren!

Ich darf Sie zum Zeichen der Trauer um ein stilles Gedenken ersuchen. (Alle Anwesenden verharren einige Zeit in stummer Trauer.)  – Ich danke.

Erklärung des Landeshauptmannes von Niederösterreich

Präsident Alfred Schöls: Ich gebe bekannt, dass mir der Herr Landeshauptmann von Niederösterreich, Dipl.-Ing. Dr. Erwin Pröll, mitgeteilt hat, eine Erklärung gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung zum Thema "Staats- und Verwaltungsreform im Lichte des Föderalismus" abgeben zu wollen.

Bevor ich dem Herrn Landeshauptmann zur Abgabe dieser Erklärung das Wort erteile, gebe ich noch bekannt, dass mir im Sinne des § 38 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Bundesrates ein von fünf Bundesräten unterzeichnetes schriftliches Verlangen vorliegt, im Anschluss an diese Erklärung eine Debatte durchzuführen.

Da dieses Verlangen genügend unterstützt ist, werde ich ihm stattgeben.

Wir gelangen nun zur Erklärung des Herrn Landeshauptmannes von Niederösterreich Dipl.-Ing. Dr. Erwin Pröll zum Thema "Staats- und Verwaltungsreform im Lichte des Föderalismus."

Herr Landeshauptmann! Ich darf dich im Plenarsaal des Bundesrates recht herzlich begrüßen und dir das Wort zu dieser Erklärung erteilen. – Bitte.

9.06

Landeshauptmann von Niederösterreich Dipl.-Ing. Dr. Erwin Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Zunächst möchte ich mich herzlich dafür bedanken, dass ich die Chance und die Möglichkeit habe, als derzeitiger Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz dem Hohen Haus Bericht über eines der ganz großen Reformvorhaben dieser Bundesregierung zu erstatten. Ich tue dies vor allem deswegen gerne, weil ich meine, dass diese Reform auch im Hinblick auf den Föderalismus unserer Republik zweifelsohne eine Zäsur darstellt.

Bevor ich auf den eigentlichen Inhalt zu sprechen komme, erlauben Sie mir ganz kurz einen Blick zurück. Dies scheint mir deswegen notwendig und sinnvoll zu sein, weil wir uns auch hier in diesem Hause bewusst machen sollten, wie lange schon das Ansinnen währt, ein derartiges Reformvorhaben, eine Staats- und Verwaltungsreform umzusetzen.

Bereits im Perchtoldsdorfer Abkommen aus dem Jahre 1992, das in einer denkwürdigen Landeshauptleutekonferenz entstanden ist, wurde festgeschrieben, dem Föderalismus in dieser Republik noch deutlicher zum Durchbruch zu verhelfen und dadurch auch eine Staats- und Verwaltungsreform umzusetzen.

Fast zehn Jahre sind seither vergangen, und in dieser Zeit wurde in den Diskussionen zwischen den Bundesländern und dem Bund ständig eine Vielzahl an Anläufen unternommen, um diese Staatsreform umzusetzen. Es ist allerdings im Laufe dieser neun Jahre, die nunmehr hinter uns liegen, immer bei Anläufen geblieben.

Letztendlich ist im heurigen Jahr, und zwar im Oktober, im so genannten Badener Abkommen der Durchbruch gelungen – nachdem über viele Monate des Jahres 2001 Verhandlungen zwischen der Bundesregierung auf der einen Seite und den Bundesländern auf der anderen Seite geführt wurden, Verhandlungen mit dem festen Wunsch und dem festen Ziel, diese Reform, ein Reformvorhaben, das schon über viele Jahre ein Ansinnen in dieser Republik war, auch umsetzen zu können.

Ich darf nochmals betonen: Ich werte dies als eine Zäsur in unserer Republik, eine Zäsur, die nunmehr noch deutlicher als bisher macht, dass der Föderalismus in unserer Republik nicht nur verbal gepflegt wird, sondern dass es uns allen mit diesem Föderalismus ernst ist.

Den Föderalismus deutlich zu unterstreichen, ist allerdings nicht das alleinige Ansinnen gewesen, sondern das Ansinnen dieser Staats- und Verwaltungsreform war in erster Linie davon getragen, durch diese Reform dem Bürger in unserer Republik auch entsprechendes Service zu bieten. Dieses Reformvorhaben und die Verhandlungen im Zusammenhang mit diesen Reformen waren im Wesentlichen davon getragen, Folgendes deutlich zu machen: Die Verwaltung dieser Republik ist für den Bürger da und nicht der Bürger für die Verwaltung!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ergebnis dieser langen Verhandlungen und Gespräche fußt im Wesentlichen auf zwei Punkten: auf einer Aufgabenreform auf der einen Seite und auf der Organisationsreform auf der anderen Seite.

Ich möchte diese Staats- und Verwaltungsreform jedoch gerne etwas umfassender bewerten, und zwar deswegen, weil ein wesentlicher Reformaspekt auch die Finanzen unserer Republik darstellen. Das zweite Punkt innerhalb dieses Reformvorhabens ist die schon erwähnte Aufgaben- und Organisationsreform.

In dieser Arbeitsteilung können wir, so glaube ich, auch den zeitlichen Ablauf beurteilen.

Das erste Halbjahr 2001 – unter dem Vorsitz des Kärntner Landeshauptmannes Dr. Haider – war im Wesentlichen davon bestimmt, dass der Stabilitätspakt zwischen dem Bund und den Bundesländern verhandelt wurde, ein Stabilitätspakt, der in erster Linie zum Ziel hatte, die Staatsfinanzen dieser Republik auf ein sicheres Fundament zu stellen. Die Bundesländer haben sich dabei bereit erklärt, im Rahmen dieses gesamten Reformpaketes insgesamt 29,5 Milliarden Schilling zur Reform der Bundesfinanzen beizutragen.

Ich glaube, wir können heute rückblickend sagen, dass dies ganz gut gelungen ist, nicht zuletzt deswegen, weil natürlich auch die finanziellen Auswirkungen der Staats- und Verwaltungsreform einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet haben.

Das zweite Halbjahr – unter dem Vorsitz des Landeshauptmannes von Niederösterreich – war in erster Linie davon geprägt, eben diese Staats- und Verwaltungsreform mit der Aufgaben- und Organisationsreform zu bewältigen. Ziele dieses Reformvorhabens sind erstens mehr Bürgernähe, zweitens ein einfaches Service für den Bürger, wenn es darum geht, den Kontakt mit der Verwaltung suchen zu müssen, damit drittens so etwas wie ein Fitnessprogramm für die Republik zu erstellen und viertens natürlich die wirtschaftliche Effizienz der gesamten Verwaltung dieser Republik zu verbessern, um damit auch finanzielle Effekte zu erreichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir können heute, am Ende des Jahres 2001, sagen: Dieses Reformpaket ist verhandelt, es ist geschnürt, und es ist auf dem Weg!

Dieses Paket unterstreicht zwei wesentliche Grundsätze: Auf der einen Seite unterstreicht es die Reformkraft dieser Bundesregierung und auf der zweiten Seite auch den Reformwillen der Bundesländer. Die praktische Tagesarbeit ist natürlich eine zusätzliche Herausforderung, und es wird jetzt darauf ankommen, all das, was dieser Reform auch gedanklich und inhaltlich zugrunde liegt, in die Praxis umzusetzen.

Ich möchte, bevor ich zum Inhaltlichen komme, an dieser Stelle einen herzlichen Dank aussprechen, einen herzlichen Dank quer über alle politischen Parteien hinweg. Ausdrücklich hervorstreichen möchte ich als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz den Kooperationswillen, die Kooperationsbereitschaft des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl und des Landeshauptmannes des Burgenlandes, selbstverständlich auch jene des Landeshauptmannes von Kärnten und natürlich ebenso die Reformbereitschaft aller übrigen Landeshauptleute, denn es ist uns gelungen – und ich möchte das hier im Hohen Haus nochmals hervorheben –, über parteipolitische Grenzen hinweg das Staatsganze in den Vordergrund zu stellen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, ganz kurz zum Inhalt: Im Wesentlichen fußt diese Staats- und Verwaltungsreform auf vier Säulen: erstens auf dem Verwaltungsreformgesetz 2001, zweitens auf den Deregulierungsmaßnahmen bei den Bundesgesetzen, drittens auf den notwendigen Strukturmaßnahmen in dieser Republik und viertens – das ist ein ganz wesentlicher Punkt – auf der Verländerung der Bundesstraßen – ein Ansinnen, das über viele Jahrzehnte hinweg gehegt und nunmehr im Zusammenhang mit diesem Reformwillen und diesem Reformakt auch in die Realität umgesetzt wurde.

Verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte zu diesen vier genannten Säulen ganz kurz einige Bemerkungen anfügen und beginne mit der ersten Säule der Verwaltungsreform, dem Verwaltungsreformgesetz des Jahres 2001. Das In-Kraft-Treten dieser Reformmaßnahmen wird im Laufe des Jahres 2002 erfolgen.

Ich möchte insgesamt fünf Schwerpunkte nennen, die diese erste Säule bestimmen.

Erstens: das One-Stop-Shop-Prinzip in den Bezirkshauptmannschaften. – Im Laufe der vergangenen Monate ist über dieses Prinzip viel diskutiert worden. Es geht in erster Linie darum, dass in den Verwaltungsbereichen auf Bezirksebene die Organisation so gestrafft wird, dass der Bürger in einer übersichtlichen Art und Weise innerhalb kürzester Zeit jenes Service in den Bezirksverwaltungsbehörden bekommt, das er braucht. Sie wissen ganz genau, dass es in der Vergangenheit für den Bürger bisweilen nicht so einfach gewesen ist, zu seinem Service zu kommen.

Ich möchte Ihnen nur ein niederösterreichisches Beispiel nennen: Wir werden spätestens mit Ende Jänner des kommenden Jahres in allen Bezirkshauptmannschaften als die zentrale Anlaufstelle für den Bürger, der Service verlangt, Bürgerbüros installiert haben und im Zusammenhang mit diesen Bürgerbüros dem einzelnen Bürger so an die Hand gehen, dass er innerhalb kürzester Zeit, durch einen einzigen direkten Kontakt zu seinem Service kommt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens, die Verfahrenskonzentration. – Kern dieser Verfahrenskonzentration in den verschiedensten Verwaltungsabläufen ist, dass es durch die Reformmaßnahmen in Zukunft möglich sein soll und möglich sein muss, durch ein Verfahren, einen Antrag einen Bescheid zu bekommen, und das innerhalb kürzester Zeit.

Zum dritten Schwerpunkt: den Unabhängigen Verwaltungssenaten. – Dies ist wohl ein Punkt, über den am intensivsten diskutiert wurde, weil natürlich von verschiedenster Seite, insbesondere von den Juristen, unterschiedliche Meinungen an uns herangetragen wurden. Wir haben uns letztendlich in einem breiten Konsens darauf geeinigt, diesbezüglich eine meritorische Entscheidungsbefugnis bei den Unabhängigen Verwaltungssenaten in den Bundesländern zu installieren, und zwar dann, wenn die Bezirkshauptmannschaft, die Bezirksverwaltung nicht widerspricht. Dabei geht es schlicht und einfach darum, dass die Kompetenz des Bundes entfällt und dass die Kompetenz des Landeshauptmannes an den jeweiligen Unabhängigen Verwaltungssenat geht.

Was hat das für eine Konsequenz für den Bürger? – Die Konsequenz ist schlicht und einfach, dass der Bürger im Unterschied zu bisher erwarten kann, dass er innerhalb kürzester Zeit Rechtssicherheit hat.

Vierter Schwerpunkt: e-Government. – Dazu nur eine kurze Bemerkung: Wir möchten gerne, dass die elektronischen Ressourcen für die Verwaltung optimal genutzt werden, um die moderne Kommunikationstechnik auch für die Verwaltung und die Verwaltungsabläufe nutzbar zu machen und auf diese Art und Weise ebenfalls Rationalisierungs- und Beschleunigungseffekte zu ermöglichen.

Fünfter Punkt: Es werden mit diesem Verwaltungsreformgesetz des Jahres 2001 insgesamt 33 Bundesgesetze vereinfacht. – Das ist, so glaube ich zumindest, ein guter Anlauf, ich möchte allerdings gleich hinzufügen: Das kann noch nicht alles gewesen sein – das ist uns im Zuge dieses gesamten Reformvorhabens klar. Das Paket, das wir nunmehr als Staats- und Verwaltungsreformpaket des Jahres 2001 geschnürt haben, ist ein wichtiger, ein großer erster Schritt, es kann aber mit Sicherheit nicht der letzte Schritt sein.

Ich komme nun zur zweiten Säule, den Deregulierungsmaßnahmen bei den Bundesgesetzen. – Wie schon gesagt, es wurden insgesamt 33 derartige Gesetze innerhalb dieses Reformvorhabens angegangen. Es ist ein umfangreiches Deregulierungspaket, bei dem es in erster Linie darum geht, die Gesetze zu vereinfachen, um sie für den Bürger durchschaubarer und begreifbarer zu machen und gleichzeitig auch die Verwaltung zu entlasten. So wird es zum Beispiel zu einer Vereinfachung des Forstgesetzes – das ist übrigens bereits in Begutachtung –, des Abfallwirtschaftsgesetzes, der Gewerbeordnung, des Kraftfahrgesetzes und der unterschiedlichsten Verfahrensbestimmungen, auf die ich im Detail jetzt nicht eingehen kann und auch nicht eingehen will, kommen.

Verehrte Damen und Herren! Ich komme zur dritten Säule, den Strukturmaßnahmen. – Strukturmaßnahmen wurden im Wesentlichen in vier Bereichen angesprochen und verhandelt: erstens die Reorganisation der Exekutive, zweitens die Anpassung der Gerichtsstruktur an moderne Verwaltungsvorhaben und auch an moderne Dienstleistungsmöglichkeiten, drittens die Neuordnung der Finanzstruktur und viertens eine Aufgabenreform der Bundessozialämter.

Erlauben Sie mir zu diesem Punkt einige kurze Bemerkungen, da er natürlich in der politischen Diskussion in den einzelnen Bundesländern eine besondere Rolle gespielt hat, mit unterschiedlichen Positionen, zum Teil auch parteipolitisch gefärbt. Ich möchte das gar nicht minder bewerten, es ist nun einmal in einer Demokratie so, dass man bestimmte Vorhaben von unterschiedlichen Standorten auch mit unterschiedlichen Standpunkten bewertet. Das Ziel allerdings ist schlicht und einfach: Wir leben in einer Zeit, in der der Bürger selbstverständlich einen Anspruch auf rasche und gleichzeitig auch qualitativ hochwertige Serviceleistungen hat! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Dem muss diese Republik gerecht werden! Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass dem auf Grund der modernen Kommunikationsmöglichkeiten, der modernen Möglichkeiten der Mobilität, aber auch der gestiegenen Ansprüche in den Dienstleistungen für den Bürger, etwa im Gerichtsbereich, Rechnung getragen werden muss. Dabei geht es nicht nur darum, dass sich der Bürger nach den vorhandenen Strukturen zu richten hat, sondern in erster Linie darum, dass die vorhandenen Strukturen so angepasst werden müssen, dass der Bürger dieses Service in der geforderten Qualität auch in Anspruch nehmen kann. Und das ist der Geist, meine sehr geehrten Damen und Herren, der diese Reformschritte letztendlich trägt.

Bei allem Verständnis für parteipolitische Taktiererei bitte ich (Ruf bei der SPÖ: Da redet der Richtige!), das bei der Diskussion und in der Umsetzung im Auge zu behalten, denn letztendlich wird uns der Bürger in Zukunft nicht danach beurteilen, ob wir konfliktbereit waren oder nicht, sondern der Bürger wird die Politik und den Staat, aber vor allem die Verwaltung danach beurteilen, wie sehr wir miteinander in der Lage waren, ein optimales Service auf dem letzten Stand unseres Wissens zu bieten. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Nur einen Satz zur Aufgabenreform der Bundessozialämter. Es werden aus Rationalisierungsgründen von Seiten der Bundesländer Teilaufgaben übernommen wie etwa – um nur einige wenige zu nennen – die Pflegeberatung, das Sozialservice, die soziale Rehabilitation. Dies erfolgt auch deshalb, weil wir meinen, dass gerade sozial Bedürftige ihr Service vor Ort unmittelbar und direkt in Anspruch nehmen können sollen. Ich bin überzeugt davon, dass dies ein richtiger und wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist!

Erlauben Sie mir, noch ein paar Bemerkungen zur letzten, der vierten Säule, nämlich der Verländerung der Bundesstraßen, zu machen. – Ich habe eingangs schon erwähnt, dass es ein jahrzehntelanges Ansinnen und ein jahrzehntelanger Wunsch der Bundesländer gewesen ist, die Bundesstraßen in die Länderhoheit übertragen zu bekommen. Das ist, ganz offen gesagt, in den letzten Jahrzehnten nicht deswegen nicht gelungen, weil sich der Bund dagegen gesträubt hätte, sondern deswegen, weil in all den Verhandlungen zwischen dem Bund und den Bundesländern das Geld diesen Konsens nicht möglich gemacht hat. Ich sage dies ohne irgendeinen Unterton und ohne irgendeine Bewertung. Es ist das Natürlichste und Logischeste auf der Welt, dass es dort, wo es um das Eingemachte geht – und das ist meist das Geld –, am schwierigsten ist, zu einem Konsens zu kommen.

Uns, den Bundesländern war – und damit da kein Irrtum entsteht, das ist, ich sage dies gerne auch in Richtung der sozialdemokratischen Fraktion, kein Vorwurf an die früheren Bundesregierungen, denn egal, welcher Couleur die jeweiligen Bautenminister angehört haben, die Farbe hat nie eine Rolle gespielt, sondern in erster Linie hat der Standort, nämlich einerseits Bundesinteressen und andererseits Landesinteressen, den Standpunkt bestimmt – das Geld, das man uns in den vergangenen Jahrzehnten dafür angeboten hat, immer zu wenig, dem Bund war das, was er angeboten hat, schon immer zu viel. Das war schlicht und einfach der Streitpunkt!

Aber es ist – das möchte ich hier auch ganz ehrlich sagen – nicht nur das finanzielle Verhältnis zwischen Bund und Bundesländern strittig gewesen, sondern immer auch das Verhältnis zwischen den einzelnen Bundesländern zueinander. Geld zu bekommen, ist nämlich nur die eine Seite. Dieses erhaltene Geld zwischen den Bundesländern aufzuteilen, ist die zweite Seite, und es soll sich niemand der Illusion hingeben, dass das ein leichteres Unterfangen gewesen wäre.

Also langer Rede kurzer Sinn: Dieses jahrzehntelange Ansinnen haben wir Gott sei Dank nunmehr zu einem Ergebnis gebracht, einem Ergebnis, das einerseits für die Bundesländer akzeptabel ist und mit dem andererseits auch die wesentlichen Hürden zwischen den Bundesländern ausgeräumt werden konnten.

Drei Effekte erwarten wir uns durch die Verländerung der Bundesstraßen.

Erstens, wie schon angesprochen, die Stärkung des Föderalismus. – Mit dieser Stärkung ist verbunden, dass dadurch der Entscheidungsspielraum im Straßenausbau, im Infrastrukturausbau für die Bundesländer größer geworden ist. Dies ist etwas sehr Wichtiges, gerade in einer Phase der Herausforderung, in der es für den Wirtschaftsstandort Österreich besonders darauf ankommt, die Verkehrsinfrastruktur rasch, effizient und qualitativ hochwertig auszubauen.

Der zweite positive Effekt ist, dass Doppelgleisigkeiten zwischen Bundes- und Länderverwaltungen abgebaut werden können.

Drittens können wir von Seiten der Bundesländer nun flexibler, rascher und vor allem nach regionalen Bedürfnissen abgestimmt die Maßnahmen zum Ausbau der Infrastruktur umsetzen, und zwar deswegen, weil es nunmehr wegfällt, dass beispielsweise, wie das in der Vergangenheit eine Selbstverständlichkeit gewesen ist, sowohl auf Bundesebene als auch auf Länderebene geplant wird, dass man immer dann, wenn Straßenzüge, die auf Länderebene notwendig erschienen, zum Bund pilgern musste, um dort die notwendigen Bewilligungen einzuholen, die dann erst nach Monaten, oft Jahren eingetroffen sind. Diese Doppelgleisigkeit hat in Wirklichkeit nur dazu geführt, dass die Umsetzungsmaßnahmen zeitlich verzögert wurden. (Bundesrätin Schicker: Siehe Semmering-Basistunnel!) Mit einer derartigen Struktur können wir die Zukunft für diese Republik, noch dazu in diesem europäischen Konkurrenzfeld, mit Sicherheit nicht gewinnen!

Es übernehmen also nun die Bundesländer in den ersten Monaten des Jahres 2002 die Bundesstraßen. Ab 1. Jänner des Jahres 2004 wird von Seiten des Bundes zusätzlich noch 1 Milliarde Schilling für den Ausbau der Infrastruktur zur Verfügung gestellt. Diese Vereinbarung gilt bis einschließlich 2008.

Erlauben Sie mir abschließend noch eine allgemeine Beurteilung! Neben dem verbesserten Service und der zusätzlichen Dienstleistungen für den Bürger ist zunächst auch ein finanzieller Aspekt zu erwarten. Soweit das bisher zu berechnen ist, kann man davon ausgehen, dass im Zusammenhang mit dieser Staats- und Verwaltungsreform von Länderseite rund 3,6 Milliarden Schilling in den gesamten Finanzkuchen eingebracht werden wird, 3,6 Milliarden Schilling, die in erster Linie durch ein rationelleres Verwaltungsverfahren, durch rationellere Verwaltungsstrukturen zu erreichen sind. Zweitens darf ich nochmals feststellen, dass die Verwaltungs- und Staatsreform vor allem ein staatspolitisches Fitnessprogramm ist, das letztendlich auch auf stärkerem Föderalismus fußt, und drittens ist dadurch mehr Effizienz und mehr Bürgernähe zu erwarten.

Ich möchte gerne abschließend einen unverdächtigen Zeugen in der Beurteilung dieses Reformpakets zitieren, nämlich Herrn Universitätsprofessor Dr. Korinek, den Vizepräsidenten des österreichischen Verfassungsgerichtshofes. Er meint:

Das Paket zur Verwaltungsreform, auf das man sich nunmehr geeinigt hat, wird zu spürbaren Vereinfachungen und beachtlichen Effizienzsteigerungen beitragen – sowohl für den Bürger und die Wirtschaft als auch für die Verwaltung. – Zitatende.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, war das Ziel dieses Reformvorhabens. Ich möchte mich nochmals an dieser Stelle herzlich bei allen bedanken, die ihren Beitrag dazu geleistet haben, dass dieses umfassende Reformwerk zu Stande kommen konnte: beim Herrn Bundeskanzler, bei der Frau Vizekanzlerin, die die Hauptverhandlungen geführt hat, und bei allen Landeshauptleutekollegen – egal welcher Couleur sie angehören.

Vor allem möchte ich gerne darum bitten, dass die Damen und Herren des Hohen Hauses dieses Reformpaket so bewerten, wie es ist, und zwar als einen ersten wichtigen, großen Schritt in die Zukunft, als eine gute Grundlage, auf der weitere Reformschritte aufgebaut werden können.

Ich würde gerne auch darum bitten, dass wir abseits der Parteipolitik das Staatsganze nicht aus dem Auge verlieren, wenn es darum geht, dieses Paket zu beurteilen, und vor allem wenn es darum geht, dieses Paket in die Realität umzusetzen.

Ich danke Ihnen herzlich für die Möglichkeit, dass ich hier sprechen durfte. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Anhaltender allgemeiner Beifall.)

9.32

Präsident Alfred Schöls: Herr Landeshauptmann! Ich darf dir sehr herzlich für deine Ausführungen danken, darf dir aber auch im Namen der Länderkammer dafür danken, dass du als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz auch in diesem Halbjahr versucht hast, die koordinierende Funktion im Interesse des Bundes entsprechend wahrzunehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger. Ich erteile es ihm.

9.33

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Hohes Haus! Zum Thema Verwaltungsreform hatte ich im Jahre 1995 ein Schlüsselerlebnis. Seinerzeit, im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen, hat unser damaliger Präsident des Bundesrates, Herr Professor Herbert Schambeck, gemeint, es wäre sinnvoll, wenn auch jemand von meiner Fraktion nach Brüssel fahren würde – wohlgemerkt auf eigene Kosten – und feststellen könnte, wie EU-Mechanismen wirklich funktionieren. Einer meiner Kollegen fragte damals: Wenn die Republik Österreich Mitglied dieser Gemeinschaft werden wird, was ist dann aus Sicht der EU-Mitgliedstaaten eine besondere Leistung, die Österreich einbringen kann? – Und sofort kam als Antwort: die Verwaltung.

So positiv das auch geklungen hat, es war ein Unterton dabei, aus dem herauszuhören war: Ihr Österreicher verwaltet zwar gut, aber in vielen Fällen ist es zu viel des Guten. Es gibt Doppelgleisigkeiten, es gibt zu wenig Effizienz in der Verwaltung, und es gibt immer wieder sehr lange Verfahrenswege. – Dies war das Schlüsselerlebnis für mich.

Herr Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll hat heute die Doppelgleisigkeiten zwischen Bund und Land am Beispiel des Bundesstraßenbaus angesprochen. Als Mandatar aus dem Bezirk Lilienfeld kann ich Folgendes sagen: Genau dieselbe Doppelgleisigkeit habe auch ich beispielhaft immer wieder erlebt. Wenn nämlich eine Interessengemeinschaft versuchte, einen Güterweg projektieren zu lassen, dann konnten sie das sowohl bei ihrer Interessenvertretung als auch bei der Bezirksverwaltungsbehörde tun. Wissen Sie, was das Ergebnis war? – Als gelernte Österreicher würden wir alle wahrscheinlich so handeln. Wir gehen sicherheitshalber zu beiden Behörden und Institutionen und stellen sicherheitshalber bei beiden den Antrag mit dem Ergebnis, dass beide ein Projekt zu erstellen haben, mit dem Ergebnis, dass beide die Finanzierungsverhandlungen durchzuführen haben, mit dem Ergebnis, dass bei beiden eine Wartezeit auftritt und letztlich zweimal die gleiche Arbeit für ein und dasselbe Projekt anfällt.

Das wurde in Niederösterreich schon vor Jahren abgestellt! Es gibt nur noch eine Möglichkeit, ein Güterwegprojekt einzureichen, nämlich bei der Bezirkshauptmannschaft.

Ohne die Leistungen der anderen Bundesländer schmälern zu wollen, meine ich doch, dass Niederösterreich unter unserem Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll gerade in diesen Fragen eine Vorreiterrolle eingenommen hat. In Niederösterreich gibt es ein Schlagwort, geprägt von unserem Landeshauptmann: näher zum Bürger, schneller zur Sache!

Das ist kein Schlagwort geblieben. Ein Beispiel für diese Umsetzung habe ich bereits mit der Erwähnung dieses Güterwegprojektes gebracht. In meiner Funktion als Bundesrat im ÖVP-Landtagsklub erinnere ich mich noch sehr gut an die Diskussionen, die vor Jahren begonnen haben, und zwar: Durchforsten wir auch einmal die niederösterreichischen Landesgesetze! Da gibt es doch sicherlich Gesetze, die eigentlich heute nicht mehr zeitgemäß sind.

Es ist tatsächlich Faktum, dass zum Beispiel das niederösterreichische Tanzschulgesetz, das Privatzimmervermietungsgesetz und das Saatgutgesetz durchaus wegfallen könnten, ohne dass es dann in irgendeiner Form Probleme gibt. Derzeit wird in Niederösterreich die Gesetzeslage beim Veranstaltungswesen, bei der Schul- und Kindergarten-Bauordnung ebenfalls nach derselben Zielrichtung überarbeitet.

Wissen Sie, was die Verfahrenskonzentration, die heute auch schon angesprochen wurde, bewirkt hat? – Sie hat bewirkt, dass Bezirkshauptmannschaften selbst in einen positiven Wettstreit getreten sind, nämlich welche Bezirkshauptmannschaft in Niederösterreich Verfahren schneller und effizienter abwickeln kann. Es war ein positiver – und ist nach wie vor ein positiver – Wettstreit, der zur Konsequenz hat, dass der Bürger das auch positiv erlebt.

Seit Vorliegen des Ergebnisses der Volkszählung 2001 in Niederösterreich, mit dem wir mit mehr als 70 000 Einwohnern im Plus gegenüber dem Ergebnis der letzten Volkszählung liegen, wissen wir, dass wir erstmals über 1,5 Millionen Einwohner haben. Das ist letztlich auch deswegen so, weil die Menschen gespürt haben, in Niederösterreich können wir unsere Anliegen schneller umsetzen, können wir auch im Besonderen im Bereich der Verwaltung sehr rasch zu unserem Recht kommen, und in Niederösterreich wird Service großgeschrieben. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schicker: Was soll das jetzt heißen? Erklären Sie mir das ein bisschen!)

Da Sie mich als Sozialdemokratin ansprechen: Ich weiß schon, was Sie meinen. Sie meinen, dass die Bezirkshauptmannschaften in Wirklichkeit durch Aufgaben ersetzt werden sollten, die die Gemeinden übernehmen. (Bundesrätin Schicker: Nicht unbedingt! Nein!) Das ist das sozialdemokratische Argument, das immer wieder kommt. (Bundesrätin Schicker: Weil Sie Niederösterreich so in den Vordergrund gestellt haben!) Zu diesem sozialdemokratischen Argument möchte ich festhalten, dass das aus meiner Sicht an sich immer sehr halbherzig durchdringt.

Ich frage ganz bewusst: Welcher Bürgermeister würde sich wirklich wünschen, dass er ein Verfahren in der Gemeinde abzuwickeln hat, das zum Beispiel die Erweiterung eines Steinbruches zum Inhalt hat? Welcher Bürgermeister würde sich heikle Verfahren (Bundesrat Marizzi: Momentan sind wir mit dem Schließen der Postämter beschäftigt!) wie zum Beispiel die Erweiterung eines Wasserschutzgebietes und Ähnliches wirklich wünschen? (Bundesrätin Schicker: Unsere Bürgermeister stellen sich vor die Bevölkerung!)

Die Stärkung der Bezirkshauptmannschaften führt auch zu einer Erleichterung für die Bürgermeister bei der Bewältigung ihrer Aufgaben. (Bundesrat Mag. Hoscher: Und dann schreiben sie solche Briefe ins Parlament!?) Das ist mit Sicherheit gegeben, denn es ist tatsächlich so, dass eine übergeordnete Instanz – eine Bezirksverwaltungsbehörde – immer wieder heiße Eisen anzugreifen und für diese auch eine Lösung zu finden hat. (Ruf bei der SPÖ: Auch die Bürgermeister und Gemeinden? – Bundesrat Konečny: Eine Katastrophe!)

Diese Bundesregierung ist angetreten – das ist heute auch schon angesprochen worden –, um endlich Reformen durchzusetzen und umzusetzen und nicht nur von Reformen zu reden. (Bundesrat Gasteiger: Was ist mit der Schließung der Postämter? – Bundesrätin Mag. Trunk: Man spürt’s!)  – Ja, Frau Kollegin Trunk! Man spürt tatsächlich bereits, dass ein frischer Wind durch das Land weht. (Bundesrätin Mag. Trunk: Man spürt’s an der sozialen Kälte! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich möchte Ihnen das anhand eines einfachen Beispiels erläutern.

Dieser Tage sagte mir ein Bürgermeister aus meinem Bezirk, er habe ein E-Mail an Herrn Innenminister Ernst Strasser geschickt. Wissen Sie, wann die Antwort kam? – Zwei Stunden später! Hätten Sie sich das vor Jahren vorstellen können, dass man zwei Stunden später eine Antwort erhält, wenn man eine Anfrage an das Innenministerium stellt? (Beifall bei der ÖVP.  – Bundesrat Konečny: Vor der Erfindung des E-Mails nicht!  – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Bei allem Verständnis: Sie Sozialdemokraten gehen den Weg des Beharrens. (Bundesrätin Mag. Trunk: Freud, schau oba!) Ihr Motto ist: Es muss alles so bleiben, wie es ist. (Rufe bei der SPÖ: Nein!  – Bundesrätin Schicker: Es soll ganz und gar nicht so bleiben, wie es ist!  – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das zeigt sich ganz besonders in Ihrem Verhalten bezüglich der Postämter – jetzt gehe ich auf Ihren Zwischenruf ein, Herr Kollege Marizzi!

Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Sie sagen, es müsse alles so bleiben, wie es ist. (Rufe bei der SPÖ: Nein! Ganz im Gegenteil!  – Bundesrätin Mag. Trunk: Sie unterstellen uns etwas!) Wozu hat das geführt? In – unter Anführungszeichen – "meinem Heimatpostamt", einem Kleinpostamt in Rainfeld, hat die Sozialdemokratische Partei des Bezirks Lilienfeld eine Aktion gesetzt, da diesem Postamt im Laufe des kommenden halben Jahres die Schließung bevorsteht. (Der Redner hält die Kopie eines Zeitungsartikels mit dem Titel "Pietätlose Aktion" in die Höhe, auf dem auch ein Foto abgebildet ist.  – Bundesrätin Schicker: Im Sinne der Bevölkerung wurde eine Aktion gestartet! Das war gut!)

Was hat die SPÖ gemacht? – Sie hat eine Kranzniederlegung durchgeführt und Grabkerzen aufgestellt – auch ein Mitglied unseres Bundesrates war dabei! (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Schicker: Sichtbar gemacht! – Rufe bei der SPÖ – auf Bundesrat Thumpser weisend –: Er tritt für die Bevölkerung ein! Einer, der sich einsetzt! Wo waren Sie? Sie waren nicht bei den Menschen!) Für mich wäre das ein zweifelhafter Applaus. (Bundesrat Gasteiger: Für uns nicht! Bürgernähe nennt man das!) Ob Sie es glauben oder nicht: Es wurde tatsächlich eine Grabrede gehalten. Beruhigen Sie sich, ich rede nur von Fakten!

Ich komme schon zum Schluss. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.) Es gab drei Ergebnisse: Erstens wurde das, was hier zu Recht als pietätlose Aktion bezeichnet wurde, von den Bürgern auch so empfunden. Es war geschmacklos. (Bundesrätin Mag. Trunk: Sie sind der "Bürgerempfinder"!  – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist ein Faktum.

Zweitens gab es Menschen, die tatsächlich meinten, dass vor diesem Postamt jemand verunglückt sei. Überlegen Sie sich das einmal!

Drittens sagte mir der Briefträger, mit solchen Aktionen sei den Betroffenen am wenigsten gedient. (Beifall bei der ÖVP.  – Bundesrätin Mag. Trunk: Hat er sich auch für seine Kündigung bedankt bei Ihnen?)

Es gab auch noch ein viertes Ergebnis, das aus meiner Sicht den Ernst der Lage ganz besonders gekennzeichnet hat: Der SPÖ-Obmann aus Rainfeld, der auf diesem Foto mit einer Tafel zu sehen ist, bekam, wie mir berichtet wurde, als Folge der Empörung der Bevölkerung Herzbeschwerden und musste sich in ärztliche Behandlung begeben. (Ruf bei der SPÖ: Dein Problem ist, du kannst nur berichten, weil du nicht dabei warst!)

Daher ist mein Appell an die verehrten Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion: Mit Grabreden, Grabkerzen und Kranzniederlegungen können die Anforderungen der neuen Zeit nicht bewältigt werden! Damit ist niemandem gedient. (Bundesrätin Mag. Trunk: Schön, dass Ihnen das weh getan hat!)

Ich appelliere an die SPÖ: Tragen Sie in Ihrer staatspolitischen Verantwortung dazu bei, moderne Strukturen in unserer Republik zu schaffen! Nicht einzementieren und konservieren, sondern anpassen und reformieren! (Ruf bei der SPÖ: Warum musst du es jetzt plötzlich ablesen? Das ist dir kein Herzensanliegen!) "Näher zum Bürger, schneller zur Sache!" soll das Motto in unserer Republik werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

9.45

Präsident Alfred Schöls: Als nächster Redner hat sich Herr Bundesrat Herbert Thumpser zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. (Beifall für den zum Rednerpult gehenden Bundesrat Thumpser bei der SPÖ.)

9.46

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Herr Bundesminister! Eingangs drei Bemerkungen: Lieber Kollege Walter Grasberger! Die erste Bemerkung: Der Unterschied zwischen dir und mir bei der von dir angeführten Aktion ist, das ich sowohl bei den BürgerInnenversammlungen in deiner Heimatgemeinde als auch bei den Aktionen dabei war, und ich weiß, was die Menschen in Rainfeld über die Schließung des Postamtes und zu dieser Aktion gesagt haben. (Beifall bei der SPÖ.  – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es war sogar der von dir zitierte Briefträger anwesend, sowohl bei der BürgerInnenversammlung als auch drei Tage später. (Ruf bei der SPÖ: Das tut euch weh!  – Bundesrat Winter: Grasberger war nicht dabei!)

Zweite Bemerkung: Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir verlieren die Menschen und ihre Bedürfnisse nie aus den Augen. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten steht der Mensch im Mittelpunkt und nicht irgendwelche Aktenläufe und Rot- oder Sparstifte. (Beifall bei der SPÖ.)

Die dritte Bemerkung betrifft den Herrn Landeshauptmann, der eindringlich – ich will nicht sagen gewarnt hat – darauf eingegangen ist, dass man doch staatstragend und nicht parteipolitisch agieren soll. Das Problem in Niederösterreich ist eben oft, dass all das, was nicht der Meinung der ÖVP entspricht, nicht als staatstragend verstanden wird, sondern als parteipolitische Taktik. (Beifall bei der SPÖ.  – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Der "gelebte" Föderalismus!)

Zur Erklärung des Herrn Landeshauptmannes: Ich beginne mit der dritten Säule, mit der notwendigen Strukturpolitik, die der Herr Landeshauptmann angesprochen hat. Davor noch eine Bemerkung: Kollege Grasberger hat gesagt, er habe gehört, dass ein E-Mail an den Herrn Innenminister nach zwei Stunden beantwortet worden ist. – Ich habe am 19. September einen Brief und ein E-Mail an den Landwirtschaftsminister geschrieben. Mitte Oktober kam ein Antwortbrief, dass man sich sofort um eine Terminvereinbarung mit mir bemühen werde. (Demonstrativer Beifall des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon. ) Bis heute habe ich keine weitere Nachricht erhalten, es fand noch keine Terminvereinbarung statt. – Nur so viel dazu. (Rufe bei der SPÖ: Aha!  – Bundesrat Gasteiger: "Bürgernähe"! Da lob’ ich mir Strasser!)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Die dritte Säule, die vom Herrn Landeshauptmann angesprochen wurde, betrifft die notwendige Strukturpolitik. Es ist bezeichnend, dass gerade jetzt eine Abordnung der Gemeindevertreter von Altenwörth dem SPÖ-Landtagsklub Listen mit Unterschriften von Menschen übergibt, die sich gegen die Schließung dieses Postamtes wenden. (Bundesrat Keuschnigg: Falsche Adresse! SPÖ-Klub nützt nichts!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als einer, der wie Kollege Grasberger aus einer Region kommt, in der sieben Postämter zugesperrt werden, wundert es mich doch, dass Sie, Herr Landeshauptmann, oder Ihr Wirtschaftslandesrat – so wie immer über die Medien – angekündigt haben, den zukünftigen Postbetreibern in den Gemeinden finanziell unter die Arme greifen zu wollen.

Was heißt das aber? (Bundesrat Hensler: Er kümmert sich um die Probleme!  – Bundesrat Marizzi: Das glaubt dir nicht einmal die Mali-Tant’!) Er kümmert sich! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Der Herr Wirtschaftslandesrat kümmert sich so wie immer um die Probleme, indem er seine Vorstellungen und Ideen, die auch finanzielle Belastungen beinhalten, zuerst der Presse mitteilt und kein Landesregierungsmitglied einer anderen Fraktion darüber informiert oder sich gar mit ihnen austauscht, sondern sie alles aus den Zeitungen erfahren lässt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur grundsätzlichen Problematik: Kein Postamt in einer Gemeinde zu haben bedeutet nicht nur, kein Amt zu haben, das man aufsuchen kann, es bedeutet auch weniger Arbeitsplätze in der Region und in diesem Ort.

Vorhin wurde die Volkszählung erwähnt: Sehen wir uns doch an, wo die Postämter zugesperrt werden! Sie werden zum Großteil in jenen Orten zugesperrt, wo es ohnehin schon eine Abwanderung gibt, wo in den letzten zehn Jahren ohnehin schon viele Menschen weggezogen sind und es ein permanentes Strukturproblem gibt.

In diesem Zusammenhang ist festzustellen: Es findet eine Aushöhlung des ländlichen Raumes nicht nur im Bereich der Postämter – der Herr Landeshauptmann hat es auch angeführt –, sondern auch im Bereich der Bezirksgerichte statt. Als Niederösterreicher frage ich mich, warum es nicht wie zum Beispiel in Oberösterreich möglich war, mit den Bürgermeistern und den anderen regionalpolitisch Verantwortlichen gemeinsame Gesprächsrunden zu organisieren.

In Niederösterreich wäre das Konzept des Herrn Justizministers eins zu eins umgesetzt worden, hätten sich nicht die sozialdemokratischen Mitglieder der Landesregierung dagegen gewehrt und sofort gesagt: Mit uns nicht!

Meine Damen und Herren! Das ist der Unterschied! In Oberösterreich wird mit den Betroffenen, mit den Bürgermeistern und mit den anderen regionalpolitisch Verantwortlichen ein Gespräch gesucht und die Problematik diskutiert. In Niederösterreich wehrt man sich sogar dagegen, dass man mit den Bürgermeistern der Sitzgemeinden entsprechende Gespräche führt.

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Nicht nur ich mache mir Sorgen wegen der Aushöhlung der Regionen. Diese Sorgen wurden Ihnen auch von zehn Bürgermeistern der Steiermark, unter anderem des Bezirks Lilienfeld, in schriftlicher Form überreicht. Diesen zehn Bürgermeistern haben Sie – wie ich der Presse entnehme – auch Ihre weitere Hilfe zugesagt.

Da wird es allerdings problematisch: Einerseits werden Ämter zugesperrt und Regionen ausgehöhlt, andererseits wird jenen Bürgermeistern, die sich darüber Gedanken machen, Hilfe versprochen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man über die Aushöhlung des ländlichen Raumes spricht, ist auch der Bereich Verkehr zu erwähnen, bei dem es nicht anders ist – Sie, Herr Landeshauptmann, sind oberster Verkehrsreferent für Niederösterreich. Es gibt zunehmend Schwierigkeiten und Probleme. Das betrifft nicht nur den öffentlichen Nahverkehr, sondern auch den Bereich Straße.

Herr Landeshauptmann! Sie haben vor einigen Jahren verkündet, gemeinsam mit dem damaligen Bundesminister Farnleitner 11 Milliarden Schilling für Niederösterreich – unter Anführungszeichen – "organisiert" zu haben. Ich frage mich mittlerweile, wo diese 11 Milliarden sind. Wo sind die 11 Milliarden für den Verkehr in Niederösterreich? (Bundesrat Hensler: ...von Niederösterreich! Haben Sie es nicht gelesen? Kennen Sie das Konzept, Herr Kollege?)

Da gibt es anscheinend wenige Ansätze für eine Lösung, denn alleine wenn ich von Lilienfeld nach St. Pölten fahre – das tun sehr viele, leider zu viele; und das Einzige, was wir mittlerweile mit der Südosttangente gemeinsam haben, ist die Staufrequenz, nicht die Anzahl der Fahrzeuge, aber die Stauhäufigkeit! –, dann sehe ich jeden Tag eine Ruine bei der B 20 (Bundesrat Ledolter: Fährst du da bei ... vorbei, oder was?), nämlich die vielleicht kommende Güterzugumfahrung von St. Pölten, mit deren Bau zwar relativ rasch begonnen wurde, bei der aber in den letzten eineinhalb bis zwei Jahren nichts mehr weitergegangen ist, weshalb die Brücke als Ruine in der Landschaft steht.

Zur zweiten Säule, der Verwaltungsreform: Nicht nur die Landesregierung, sondern auch Mitglieder der Bundesregierung sorgen für zahlreiche diesbezügliche Schlagzeilen. Was allerdings bisher aus den Medien bekannt ist, ist ein verwirrendes Zahlenspiel, das seinesgleichen sucht. Bisher ist das einzig Konkrete an dieser Verwaltungsreform, dass Beamte mit 55 Jahren und rund 92 Prozent ihres Letztbezuges in Pension gehen können. Fast im gleichen Atemzug lässt der Herr Bundeskanzler verlauten, dass alle anderen Arbeitnehmer ohnehin erst mit 65 Jahren in Pension gehen können. Gerade das soll die Verwaltungsreform sein?

Da der Herr Sozialminister auch anwesend ist, möchte ich auch die Verwaltungsreform im Bereich der Krankenversicherung und der Ambulanzgebühren erwähnen. Bei der Einführung der Ambulanzgebühren hat es wahrscheinlich nur zwei wesentliche Ziele gegeben, nämlich einerseits den organisatorischen und administrativen Aufwand zu erhöhen und andererseits jene Menschen, die ohnehin schon benachteiligt sind, noch zusätzlich zu belasten. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: So schaut’s aus!)

Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Erklärung des Herrn Landeshauptmannes stand unter dem Titel "Staats- und Verwaltungsreform im Lichte des Föderalismus". Ich muss mich als Bundesrat und Mitglied dieser Länderkammer fragen, ob Sie diese Länderkammer überhaupt noch wollen oder ob die lose Zusammenkunft im Rahmen der Landeshauptleutekonferenz diese Länderkammer aus Ihrer Sicht schon abgelöst hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie unnötig diese Länderkammer in der Sicht mancher ist, spiegelt sich in einer Broschüre mit dem Titel "Bundesrat neu" von DDr. Karl Lengheimer wider. (Ruf bei der SPÖ. Von welcher Partei ist der?) Da ist unter anderem in Kapitel 2.3, "Die politische Bedeutung des Bundesrates", Folgendes zu lesen:

"Die Mitglieder des Bundesrates werden von den politischen Parteien kaum mit dem Bestreben ausgewählt, engagierte Kämpfer für die Interessen der Länder in den Gesetzgebungsprozess einzuschleusen. Vielmehr handelt es sich entweder um Politiker, die noch nicht oder nicht mehr im Nationalrat einen Platz finden oder die als Vertreter eines bestimmten, in ihrer Partei entsprechend verankerten Berufsstandes mit einem Mandat ausgestattet wurden." (Bundesrat Marizzi: Bei welcher Partei ist der? – Bundesrat Konečny: Beuteniederösterreicher!  – Bundesrat Mag. Hoscher: Wer sagt das? Unglaublich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Ich überlasse es Ihnen, vor allem aber den niederösterreichischen ÖVP-Vertretern im Bundesrat, diese Zeilen für sich zu deuten. So sieht die Landes-ÖVP Sie als niederösterreichische ÖVP-Bundesräte. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Hoscher: ...aber den Bundesrat verunglimpfen!)

Es geht auch bei der Verwaltungs- und Staatsreform um unsere Regionen. Eines ist bezeichnend: Kollege Grasberger hat gesagt: na ja, die Gemeinden! Welcher Bürgermeister will sich schon etwas antun? – Lieber Kollege Grasberger! Wir als Bürgermeister sind gerne bereit, zusätzliche Aufgaben, ein Mehr an Verantwortung und ein Mehr an Gestaltungsmöglichkeit zu übernehmen. Das, was zurzeit passiert, ist aber genau das Gegenteil! (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. ) Die Bürgermeister werden zu einem Großteil "entmachtet".

Das, was im Rahmen dessen, was hier als Verwaltungsreform und als One-Stop-Prinzip verkauft wird, zu den Bezirkshauptmannschaften kommt, ist überhaupt eine lustige Angelegenheit. Ein gegenüber dem Landeshauptmann weisungsgebundener Bezirkshauptmann hat dann die Entscheidungsmöglichkeit. Die Gemeinden sind dem Bürger am nächsten, in die Gemeinden kommen die Bürgerinnen und Bürger mit ihren Wünschen, Beschwerden und Anliegen, aber die Gemeinden waren in diesen Prozess der Verwaltungs- und Staatsreform nicht ganz eingebunden. Die Gemeinden waren als Gesprächspartner nicht sehr erwünscht, und daher hat man diese Ebene – die der Gemeinden – von vornherein ausgeschlossen. (Zwischenrufe.)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Es geht wie bei so vielen Dingen um die Menschen in den Regionen, es geht wie bei so vielen Dingen um die Menschen, die in den Gemeinden und Städten leben. Wenn Sie, sehr geehrter Herr Landeshauptmann, für die Beibehaltung einer ländlichen Struktur sind, wenn Sie auch für einen offenen Umgang mit den verschiedensten Themen sind, dann finden Sie in uns Sozialdemokraten sicherlich Mitstreiter. Bisher haben wir leider das Gegenteil wahrnehmen müssen, und gegen gewisse Vorgangsweisen werden wir uns auch entsprechend zur Wehr setzen. Wenn die Tendenz aber dahin geht, die Regionen und auch den ländlichen Raum zu stärken, dann finden Sie in uns Mitstreiter. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.02

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger. Ich erteile es ihm.

10.03

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Es ist mir heute eine ganz besondere Freude, hier kurz nach dem Herrn Landeshauptmann von Niederösterreich, der für mich als Niederösterrreicher auch mein Landeshauptmann ist, das Wort ergreifen zu dürfen.

Es ist von meinem Vorredner gerade angesprochen worden: Was soll überhaupt ein Bundesrat? – Es sind Zitate gebracht worden, und es sind in der letzten Zeit auch Pressemeldungen lanciert worden, die für den Bundesrat nicht sehr erfreulich sind. Wenn der Herr Landeshauptmann heute hier das Wort ergriffen hat, so ist das, glaube ich, ein deutliches Unterstreichen der Funktion des föderativen Konzepts der Zweiten Kammer, der wir alle hier angehören. Ich glaube, besser kann man das gar nicht unterstreichen, nur wünsche ich mir noch mehr Föderalismus – nicht nur hier, wenn ein Landeshauptmann zu uns spricht, was selten genug der Fall ist, wie ich glaube; ich bin aber noch nicht so lange hier in diesem Gremium –, und zwar sollte umgekehrt auch der Bundesrat in den Landtagen mehr zu Wort kommen.

Es gibt in Österreich einige Bundesländer, in denen die Bundesräte nicht nur Sitz in den Landtagen, sondern auch die Möglichkeit haben, das Wort zu ergreifen. Herr Landeshauptmann! Leider ist das in Niederösterreich nicht der Fall. Ich sehe das als Demokratiemangel an. Ich will das protagonistisch anhand eines Beispieles erläutern.

Der Niederösterreichische Landtag hat einstimmig ein die Donau-Universität Krems betreffendes Gesetz über die Verleihung von Titeln beschlossen. Es geht um den Master of Advanced Studies, und der Niederösterreichische Landtag hat einstimmig die Beibehaltung dieses Titels gefordert. Im Nationalrat hat das Gesetz dann anders gelautet, und auch hier im Bundesrat, als wir das Gesetz behandelt haben, ist anderes darüber gesprochen worden. Es waren nur zwei, die gegen dieses Gesetz gestimmt haben: mein freiheitlicher Kollege Ram und ich. Alle anderen Bundesräte, deren Fraktionen auch im Niederösterreichischen Landtag sitzen, haben nicht die Hand gehoben. Sie waren also voll damit einverstanden.

Ich muss Sie aber doch fragen, meine Damen und Herren, die Sie hier dieser föderativen Kammer angehören: Wo waren denn Ihre Hände damals? Gilt für Sie das nicht, was Ihr eindeutiger Wählerauftrag aus den Bundesländern ist? – Das nur dazu.

Wir hatten gedacht, als die Landeshauptstadt von Wien nach St. Pölten übersiedelt ist, es werde ein großer Reformschub kommen. Viele von uns haben das mit einer Träne im Auge betrachtet. Ich glaube, dass durch die Übersiedlung der Landesregierung von Wien nach St. Pölten so etwas wie ein Erstgeburtsrecht aufgegeben worden ist, war doch Wien lange Zeit auch das Zentrum Niederösterreichs.

Die Wurzeln, nicht nur meiner Partei, der Freiheitlichen Partei, liegen im Jahr 1848, vor dem Landhaus, als damals die Revolution dort ihren Ausgang nahm. – Das sei zum historischen Teil gesagt.

Was nicht folgte im Zuge der Übersiedlung, ist eine Bezirksreform – diese ist einfach versäumt worden –, eine Neuordnung der Bezirke und eine Lösung vieler damit zusammenhängender Probleme. Auch das möchte ich anhand eines einzigen Beispieles erläutern:

Es gibt den Bezirk Wien-Umgebung. Das ist nicht ein Bezirk, wie viele glauben, der sich wie ein konzentrischer Kreis um die Bundeshauptstadt legt, sondern das ist ein Fleckerlteppich von vier einzelnen Gerichtsbezirken, die untereinander gar keinen Kontakt haben. Es ist das der ehemalige Gerichtsbezirk Purkersdorf mit sechs Gemeinden, es ist dies die Stadt Klosterneuburg, es ist dies Gerasdorf, das sogar über der Donau liegt, und es ist dies Schwechat, das zahlenmäßig sicher der größte Teil dieses Bezirkes ist.

In diesen Bezirken gibt es unterschiedlichste Probleme. Die Bezirkszusammenlegung würde sicher eine Verwaltungsvereinfachung bringen – und keine Nachteile für die Bürger. Wir haben uns an viele Dinge gewöhnt, die von oben nicht zu steuern gewesen sind. Man muss einmal durch das Wald- oder Weinviertel wandern, wie ich es oft gerne tue, und zwar tagelang: Da wird man sehen, dass es in den Ortschaften keinen Greißler mehr gibt, keine Wirtshäuser, geschweige denn Volks- oder Hauptschulen – die sind längst zusammengelegt worden –, und es gibt dort auch keine Handwerker mehr.

Wenn man jetzt beklagt, dass es keine Postämter, keinen Gendarmerieposten mehr gibt, dann ist das letztlich auch eine Folge von Versäumnissen. Man hätte schon viel früher eingreifen sollen. Dass es die Post- und Gendarmerieposten nicht mehr gibt, das ist, so glaube ich, auch nicht – wie man es von sozialdemokratischer Seite immer versucht – der jetzigen Regierung anzulasten. Die Gründe dafür, dass all das in den Gemeinden heute auch aus finanziellen Gründen in die Schwebe gekommen ist, sind wohl im finanziellen Geschick der sozialistischen Finanzminister der vergangenen 30 Jahre zu suchen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Marizzi: Sind Sie jetzt in der Märchenstunde?)

Herr Kollege! Wir haben ein Budgetdefizit in der Höhe von über 2 Billionen Schilling übernommen. Ich glaube, dass hier gar nicht alle wissen, wie viele Nullen eine Billion hat – auch Ihr ehemaliger Finanzminister nicht, sonst hätte er vielleicht diese Schulden nicht gemacht. (Bundesrat Reisenberger: Reden Sie nicht so über die ehemaligen Finanzminister! Das ist eine Unterstellung sondergleichen! – Weitere Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Machen Sie nur weiter so, wenn Sie das glücklich macht. (Ruf bei den Freiheitlichen: Der Finanzminister, der seine Würstl vom Hund aufessen hat lassen!)

Ich möchte nun noch einige Worte zu den Gemeinden sagen. Wenn wir von einer Verwaltungsreform in Niederösterreich reden, dann müssen wir natürlich auch eine Verwaltungsreform für die Gemeinden fordern. Ich glaube, dass heute Gemeinden – auch schon mittlere Gemeinden mit einem Budget in der Höhe von 100 oder 200 Millionen Schilling – professioneller geführt werden müssen. Es sind gerade in Niederösterreich viele Gemeinden Sanierungsgemeinden, und es gibt sehr viele Gemeinden, die sich gerade noch hinüberretten, es nicht zu werden. Ich glaube, da muss in der Gemeindeordnung etwas geschehen, um eine Kompetenz in den Gemeinden sicherzustellen. Denn es ist nicht immer der der Beste, der jovial eine Stimmenmaximierung betreiben kann und dann vielleicht auch Bürgermeister wird, sondern vielleicht wäre jemand besser geeignet, der vielleicht nicht die populistischen Fähigkeiten hat, sein Können in Wählerstimmen umzusetzen, um das Finanzressort zu bekommen.

Die Bedarfszuweisungen aus dem Budget sind so ein Kapitel. Wir haben in Niederösterreich eine Gemeindeordnung, die vorsieht, dass das Budget sechs Wochen vor Jahresschluss vorgelegt werden soll; das wäre heuer der 19. November gewesen, Viele Gemeinden konnten das nicht, weil das Finanzausgleichsblatt noch gefehlt hat.

Notgedrungen muss man ein Gesetz verletzen, wenn man ein Budget machen will. Dadurch verzögert sich alles. Man kann dann letztlich ein Budget vorlegen. Ich denke da an eine Gemeinde, in der das Budget erst am 5. Dezember vorgelegt worden ist. Das Budget muss 14 Tage lang offen gelegt werden, sodass also die Budgetsitzung erst am 19. Dezember stattfindet. Das widerspricht wieder den gesetzlichen Bestimmungen, denn es muss 14 Tage vor Jahresende das Budget verabschiedet werden.

Ich glaube, dass in vielen Gemeinden – nicht nur in Niederösterreich, sondern auch anderswo – das Geld auf der Straße liegt. Man muss es nur aufheben. Aufheben kann man es nur, wenn man ein Reformpaket schnürt, wenn man Reformen durchführt, die nicht nur ein Service für die Bürger beinhalten, sondern auch eine etwas billigere Verwaltung; das hat der Herr Landeshauptmann heute bereits deutlich angesprochen. Wir glauben, dass das dazu beitragen wird, dass man das Geld dann auch tatsächlich nur von der Straße aufzuheben braucht.

Ich komme nun noch auf den Straßenbau zu sprechen. Als Bewohner von Wien-Umgebung weiß ich, welche Staus es jeden Tag in der Früh in der Westeinfahrt gibt, und ich weiß das auch von der Südeinfahrt. Das sind Dinge, die über Jahrzehnte hindurch versäumt worden sind, und man ist offenen Auges in dieses Versäumnis hineingelaufen. Man hat immer gewusst, dass hier etwas zu machen ist, aber man hat es nicht gemacht. (Bundesrat Marizzi: Das war die SPÖ! Die SPÖ ist schuld!) Sie brauchen sich nicht auf die Brust zu klopfen. Ich habe hier gar keine Schuldzuweisung getroffen. Das ist nur eine Art Bestandsaufnahme, die ich da vornehme. Es ist ein Chaos rund um Wien, und das kann man jeden Tag nachvollziehen.

Da jetzt der Straßenbau in die Länderkompetenz kommt, habe ich eine große Bitte an den Herrn Landeshauptmann – er hat es heute auch schon angesprochen –: dass man versucht, das Problem jetzt wirklich zu lösen, denn wir alle wissen – es gibt entsprechende Untersuchungen –, welche Verkehrslawinen im Rahmen der EU-Osterweiterung auf uns zukommen werden. Es sind heute schon die Straßen verstopft, aber was wird erst sein, wenn diese EU-Osterweiterung Wirklichkeit geworden ist? (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger. )

Der Verkehr von der Westautobahn trifft bei der Westeinfahrt in Hütteldorf eigentlich auf ein verkehrstechnisches Nichts. Man kann eigentlich nicht mehr weiter. Bezüglich der Südeinfahrt nach Wien ist es nicht viel anders.

Die seinerzeitige Absicht, einen Umfahrungsring zu bauen, ist, wie ich glaube, an Bürgerinitiativen gescheitert. Heute müssen wir uns etwas anderes überlegen. Dass man seitens der Verkehrsplanung, wie ich hörte, die Westeinfahrt dadurch entlasten will, dass man diejenigen, die eher in die südlichen Bezirke wollen, über die A 21 leitet, und dass man die anderen, die eher in die nördlichen Bezirke wollen, über die Korneuburger Autobahn führen will, löst, so glaube ich, das Problem nicht wirklich. Die Zigtausenden Pendler, die aus diesen umliegenden Gemeinden nach Wien zur Arbeit kommen, werden nicht vorher nach St. Pölten und dann über Krems auf die Stockerauer Autobahn fahren. Das ist ein Unding.

Ich glaube, man müsste sich da etwas überlegen, und dabei hat ein sehr gewichtiges Wort auch der Wiener Landeshauptmann, Bürgermeister Häupl, mitzureden. Er sollte wirklich Nägel mit Köpfen machen und nicht bei irgendwelchen passenden Gelegenheiten irgendwo Fleckerlteppiche eröffnen.

Ich möchte auch noch die notwendigen Strukturmaßnahmen in den Grenzregionen ansprechen. Wenn man das nördliche Waldviertel und das Weinviertel kennt, weiß man, dass es dort eine kolossale Abwanderung gibt, dass dort kaum mehr Gewerbe oder Industrie zu Hause ist. Es ist verständlich, dass es dazu gekommen ist. Es war die tote Grenze, die lange Zeit Niederösterreich von seinen nördlichen Nachbarn abgeschottet hat, und somit hat sich dieses Gebiet langsam entleert. Wir alle haben gehofft, als sich 1989/90 der Eiserne Vorhang "hob", dass sich das zum Besseren wenden wird. Es hat sich nicht zum Besseren gewendet, denn über der Grenze, in den ehemals deutsch besiedelten altösterreichischen Gebieten, hat es auch keine Menschen mehr gegeben, und es hat dort auch keine wirtschaftliche Potenz mehr gegeben.

Ich glaube, diese tote Grenze wieder zu aktivieren, das sollte auch eine Aufgabe sein, die Niederösterreich mittels einer Strukturmaßnahme, in einer Verwaltungsreform, so weit das möglich ist, umsetzen sollte.

Wenn wir von der Grenze sprechen, von der toten Grenze, die wir jahrzehntelang gekannt haben, die aber jetzt nicht mehr in dem Sinn tot ist, dass sie nicht mehr durchlässig ist, die aber weiter tot ist, weil sich dort nicht sehr viel tut, dann muss ich sagen: Diesem Grenzraum droht heute ein anderer Tod. Ich komme da auf Temelin zu sprechen.

Wenn in Temelin ein Unglücksfall eintritt, dann wird das dort nicht mehr eine tote Grenze sein, wie wir sie gehabt und gekannt haben, also ein Gebiet, in dem es weder Handel noch Wandel gibt, sondern dann wird es eine biologisch tote Grenze sein, an der sich dann gar nichts mehr tut.

Ob jetzt der Herr Bundeskanzler in Brüssel gut oder nicht gut verhandelt hat, nach Absprache mit der Frau Vizekanzlerin oder nicht, das ist nur ein Aspekt des Ganzen. Wenn man hier an ein Ausstiegsszenario denkt, wenn man den Verhandlungspartner jenseits unserer Grenze dazu bewegen will, irgendwann einmal selbst darauf zu verzichten, wenn auch mit Unterstützung, dann muss ich sagen, sehe ich diesen Plan als nicht sehr realistisch an. Ich sehe ihn deswegen nicht als realistisch an, weil wir alle wissen, dass Tschechien mit den Franzosen und mit anderen über einen Verkauf des Atomkraftwerkes verhandelt.

Meine Damen und Herren! Das kommt mir so vor, als wenn jemand zu einem Autohändler kommt, dort ein etwas schrottbehaftetes Auto zu einem teuren Preis kaufen will, der Autohändler aber sofort sagt: Du brauchst dich gar nicht darum zu kümmern, denn du wirst wahrscheinlich kein Pickerl bekommen für dein Auto. – Ähnliches gilt auch für Temelin. Wenn die Tschechen ein Atomkraftwerk verkaufen und wir glauben, dass sie irgendwann das Kraftwerk stilllegen wollen, so passt das eigentlich nicht zusammen, denn dann können sie es auch nicht verkaufen.

Ich glaube, es gibt nur eines, und das ist die letzte und einzige Gelegenheit hier: dass wir ein Veto gegen Temelin einlegen! Ich fordere von dieser Stelle aus alle auf, auch diese Maßnahme wahrzunehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Anders wird es nicht gehen, denn alles andere wird nicht sehr viel bringen. Wenn die Bevölkerung jetzt Angst vor Temelin hat – und ich glaube, in der Bevölkerung ist die Angst vor Temelin größer, als es die Parteiobleute und die Klubobleute der anderen Parteien eigentlich wahrhaben wollen –, dann sollten wir auch eine Koalition mit unserem nördlichen Nachbarn, mit Tschechien, bilden. Wir alle wissen, die Angst vor Temelin ist nicht nur hier in Österreich, insbesondere in meiner Heimat, in Niederösterreich und Oberösterreich vorhanden, diese Angst herrscht auch in Tschechien vor. Auch die Tschechen haben Angst vor Temelin, und ich glaube, dass die Angst vor etwas auch zusammenschweißen kann. Das wissen wir alle. Wer sich in Not befindet, der schaut links und rechts zu seinen Nachbarn, damit er in seiner Angst nicht alleine ist.

Das ist, so glaube ich, die große Chance, die wir haben. Wenn wir zusammenschweißen, dann müssen wir neue Schweißnähte finden für dieses Vorhaben, gemeinsam mit den Tschechen Temelin unmöglich zu machen. Wir wissen aber auch, wenn wir zusammenschweißen, dann muss das, was zusammengeschweißt wird, in etwa gleich sein, es muss etwa artgleich sein.

Wenn ich diese Schweißnaht fordere, dann fordere ich aber auch zugleich von den Tschechen, dass sie mehr Demokratieverständnis an den Tag legen. Das sind Dinge, die wir für einen Beitrittskandidaten, wie die Tschechen einer sind, einfordern müssen: Das ist einmal die Abschaffung der Beneš-Dekrete (Beifall bei den Freiheitlichen), und das ist mehr Demokratie, so wie wir es in den westlichen Ländern und in Mitteleuropa gewohnt sind.

Wenn es uns gelingt, das zusammenzuschweißen, Gleichartigkeit in den Rechtsnormen herzustellen und den demokratischen Umgang mit den Nachbarn wie mit seinen eigenen Bürgern zu suchen, dann kann hier eine Brücke geschlagen werden. Wir wollen diese Brücke schlagen! Diese Brücke kann Niederösterreich sein, und eine moderne Verwaltung soll nicht unkontrolliert die Grenzen öffnen, aber sie kann den Blick frei geben in ein neues Jahrhundert, das von alten heiligen Kühen vielleicht Abschied nimmt, den Amtsschimmel schlachtet und Recht und Freiheit auch in Mitteleuropa garantiert. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

10.20

Präsident Alfred Schöls: Danke.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

10.20

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrter Herr Minister! Der Herr Landeshauptmann hat hier ein Pathos an den Tag gelegt, das angesichts des Ergebnisses unangebracht ist. Es war das eine Art Weihnachtsoratorium auf eine Verwaltungsreform, bei dem die Noten nicht stimmen und der Text nicht dazu passt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Es ist – und das muss man der Regierung sagen – ein "Reförmchen" gelungen. Es war eben nicht mehr drinnen, da ja der Regierung die Zweidrittelmehrheit fehlt. 1994, als der damaligen Regierung auch die Zweidrittelmehrheit gefehlt hat, hat die Regierung mit der Opposition, nämlich mit der freiheitlichen und der grünen Opposition, verhandelt. 1994 wurde ein Paket für eine Bundesstaatsreform verhandelt, und das fiel damals nur den Neuwahlen zum Opfer. (Widerspruch bei der ÖVP.)

Der Herr Landeshauptmann hat den Geist des Föderalismus in Österreich beschworen und gemeint, dass mit dieser Verwaltungsreform der Föderalismus eine neue Qualität erreicht hat. Da muss man sagen, das ist der Point of View, der Standpunkt, von dem aus man Föderalismus betrachtet. Aus Sicht der Gemeinden oder Städte ist das nicht eingetreten – und aus der Sicht des einzelnen Staatsbürgers, der auch ein föderales Element ist, auch nicht. Es ist hier lediglich die Sicht der Landeshauptleute zum Durchbruch gekommen.

Wir haben in Österreich einen Einnahmenzentralismus und einen Ausgabenföderalismus. Das ist die Grundstruktur, die wir durch die Verfassungen von 1920 und 1929 und den Verfassungsgesetzen danach in die Wiege gelegt bekommen haben. Der Föderalismus ist doch im Wesentlichen ein Vollzugs- und Abschreibeföderalismus, und das hat sich nicht verändert!

Verändert hat sich nun, dass wir eine Verwaltungsreform haben, bei der gespart wird. Aber wo wird gespart? – Beim Rechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger. Es ist eine Kostenverlagerung des Bundes zu den Ländern. Die Fürsten, unsere Landeshauptleute, bekommen mehr Macht, und ihre Grafschaften (Heiterkeit bei der ÖVP), die Bezirkshauptmannschaften, ebenso. Die Frage ist: Wer kontrolliert die Bezirkshauptmannschaften, die jetzt eine ganz andere Machtfülle haben?

Dass zu Lasten des Rechtsschutzes gespart wird, zeigt sich zum Beispiel bei diesem Konstrukt der Unabhängigen Verwaltungssenate. Da fehlt die ministerielle Verantwortung, und es fehlt eine echte Gerichtsbarkeit. Wir haben jetzt so etwas wie eine Quasi-Gerichtsbarkeit. Wenn die Bezirkshauptmannschaft sagt: Ihr dürft nur kassatorisch entscheiden!, dann beginnen die Verfahren im Kreis zu "rennen". Und das kann viele Male passieren.

Meine Damen und Herren! Das sind keine Säulen, wie sie der Herr Landeshauptmann heute gezeichnet hat, das ist bestenfalls ein Wackelpudding, der eine völlige Schieflage hat. Eine Verwaltungsreform ohne eine Bundesstaatsreform ist nicht vorstellbar. Die Organisation der österreichischen Gerichtsbarkeit fußt auf dem Jahr 1920, der Finanzausgleich stammt aus dem Jahr 1948! Ohne eine Bundesstaatsreform eine Verwaltungsreform zu machen, das kann nicht gelingen, und bereits jetzt gibt es viele Verfassungsrechtler, die sagen: Die mittelbare Bundesverwaltung in einigen Bereichen ohne Verfassungsgesetz abzuschaffen, das kann nicht gut gehen. (Zwischenruf des Bundesrates Keuschnigg. – Verhandlungen, Herr Kollege! Ich habe Ihnen gesagt, 1994 wurde viele Tage, Wochen und Monate verhandelt. Da gab es auch substanzielle Bewegung. Die Doppelzuständigkeiten wurden jetzt nicht beseitigt, nämlich nicht materiell.

Meine Damen und Herren! Diese Reform kann man wie folgt zusammenfassen: Abbau des Rechtsschutzes, Einführung einer Quasi-Gerichtsbarkeit, nach wie vor herrschende Doppelzuständigkeiten, Ausbau einer Machtfülle der Bezirkshauptmannschaften zu Lasten der Städte und Gemeinden. Mein Vorredner, dem ich zugehört habe, schlägt überhaupt die Entmündigung von mit großer Mehrheit gewählten Bürgermeistern vor! Ich frage mich, ob Sie mit diesem Programm bei den nächsten Wahlen viele Stimmen in den Gemeinden bekommen werden. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das war zumindest heute eine sehr interessante demokratiepolitische Transparenz, dass man sagt: Die Bürgermeister haben zwar viele Stimmen, aber wir müssen eine Art Kurator einführen, weil sie nicht in der Lage sind, Gemeindefinanzen zu verwalten. Das wäre ein Armutszeugnis!

Was ich bedenklich finde, ist, dass jetzt auch der Wille des Landeshauptmanns verstärkt in das Verfahren einfließt. Das ist nämlich ein Ergebnis dieser neuen Quasi-Gerichtsbarkeit: Der Wille des Landeshauptmanns fließt ein, und der Rechtsschutz wird vermindert.

Der Bund spart Beamte ein. – Das ist eines der großen Einsparungspotenziale, aber jetzt brauchen die Bezirkshauptmannschaften genau diese Beamten. Das heißt, da wird es zu keinen Einsparungen kommen, sondern nur zu einer Verschiebung von Beamten unter anderen Titeln.

Leistungen, wie es der Herr Landeshauptmann gemeint hat, werden möglicherweise in einigen Bereichen verbessert, aber – und das geschieht auch durch diese Verwaltungsreform – sie werden verlagert und zum Teil verkappt. Viele dieser Einsparungen – die Diskussion über die Bundesstraßen, ob die Länder vom Bund genug bekommen, ist typisch – sind nicht nachvollziehbar, meine Damen und Herren!

Heute, im Rahmen dieser Debatte, wurde auch über das Selbstverständnis des Bundesrates diskutiert. Die Landeshauptleutekonferenz ist eine Form der Entmündigung dieses Hauses und eine Form der Entmündigung der Landtage. Sie ist vor allem etwas, was in dieser Bundesverfassung nicht vorgesehen ist, nämlich ein informelles Gremium von Landeshauptleuten ohne Kontrolle und ohne Transparenz. Ich wundere mich immer über das Selbstverständnis so manches Landeshauptmannes, der die Landeshauptleutekonferenz im gleichen Atemzug mit dem Nationalrat, dem Bundesrat oder einem Landtag nennt. Die Landeshauptleutekonferenz ist ein informelles Gremium und ist in unserer Bundesverfassung nicht vorgesehen.

Wenn wir die Landeshauptleutekonferenz im Rahmen einer Bundesstaatsreform in der Bundesverfassung verankern, dann, meine Damen und Herren, stellt sich die Frage nach dem Selbstverständnis dieses Hauses und vor allem auch der Landtage. Das wäre ein Ausbau weiterer autoritärer Strukturen, denn ein Grundprinzip der Demokratie ist nach wie vor die Kontrolle und die Transparenz. Und das ist bei der Landeshauptleutekonferenz nicht gewährleistet.

Herr Landeshauptmann! Nachdem Sie uns wieder verlassen werden und heute Nachmittag hier eine dringliche Anfrage betreffend Temelin auf dem Programm steht (Ruf bei den Freiheitlichen: Sie wissen das schon?)  – man hört es! – und mein Vorredner heute Temelin bereits angesprochen hat, ersuche ich Sie, bevor Sie uns verlassen, eine Antwort zu geben. Herr Bundeskanzler Schüssel hat gestern erklärt, dass Mitglieder der Bundesregierung und Landeshauptleute bei den Verhandlungen in Brüssel voll eingebunden waren.

Er hat Sie, den Landeshauptmann von Oberösterreich, den Landeshauptmann von Salzburg und den Landeshauptmann von Kärnten namentlich genannt. Eine jener Äußerungen des Bundeskanzlers war, dass diese Verhandlungen von Brüssel ausreichend seien, um das Energiekapitel abzuschließen, und dass die Veto-Drohung wieder im Sack sei.

Sie, Herr Landeshauptmann, haben gemeint, die Veto-Drohung sei nicht vom Tisch, und haben das auch mehrmals öffentlich gesagt. Jetzt waren Sie selbst in die Verhandlungen telefonisch miteingebunden. Lassen Sie uns daher nicht weiter mutmaßen, ob nun der Herr Landeshauptmann von Niederösterreich eine andere Position hat als der Herr Bundeskanzler! Wir haben hier ohnedies schon dermaßen viele flohzirkusmäßige Äußerungen, sodass es gut wäre, Herr Landeshauptmann, heute zu sagen, ob Sie hinter dem Verhandlungsergebnis des Bundeskanzlers stehen, ob Ihrer Meinung nach damit die Veto-Frage vom Tisch ist, und ob Sie der Meinung sind, dass man angesichts des Verhandlungsergebnisses das Energiekapitel abschließen kann.

Deshalb ersuche ich Sie, bevor Sie uns verlassen, mit den Worten eines Landeshauptmannes, wenn wir darüber diskutieren, eine authentische Stellungnahme abzugeben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.32

Präsident Alfred Schöls: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Damit ist die Debatte geschlossen.

Ich darf nun, bevor ich den Vorsitz an Frau Vizepräsidentin Haselbach übergebe, ihr recht herzlich zu ihrem heutigen Geburtstag gratulieren. (Allgemeiner Beifall.)

Gleichzeitig darf ich den Herrn Landeshauptmann von Niederösterreich herzlich aus der Länderkammer verabschieden. (Beifall der ÖVP.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach (den Vorsitz übernehmend): Ich darf mich zuerst einmal von dieser Stelle aus ganz herzlich für den allgemeinen Applaus bedanken. Sie wissen, man ist natürlich immer bemüht, den Vorsitz objektiv zu führen, wobei dies nicht immer gelingt, aber ich hoffe, dass Sie mir das verzeihen, wenn Sie das Gefühl haben, dass es nicht so läuft, wie es laufen soll. Ich bemühe mich, und ich danke Ihnen ganz herzlich für die Gratulation. (Allgemeiner Beifall.)

Fragestunde

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.

Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir beginnen jetzt – um 10.33 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Wir kommen zur ersten Anfrage, 1209/M, an den Herrn Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen.

Ich darf die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Maria Grander, um die Verlesung der Anfrage bitten.

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1209/M-BR/01

Welche Vorkehrungen treffen Sie, um Patienten, insbesondere chronisch Kranke, vor übertriebenen Heilversprechen in breiten Werbekampagnen – wie zum Beispiel für Magnetfeldmatten oder Schönheitsoperationen – zu schützen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich darf zunächst einmal vorausschicken, dass mit der Magnetfeldtherapie bei manchen Indikationsgruppen durchaus Linderungen der Schmerzen erreicht werden können. Daher haben es die Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft und der ehemalige Gesundheitsminister Dr. Ausserwinkler übernommen, im Bereich der Rheumatologie endlich einmal eine Indikationenliste für Magnetfeldtherapie auf wissenschaftlicher Basis zu erstellen, um eine Abgrenzung zu haben, wo die Patienten Linderungen ihrer Schmerzen und ihrer Erkrankungen erwarten können und wo die gesamte Therapie eigentlich nur Kosten verursacht und sonst nichts.

Ich darf weiters mitteilen, dass betreffend den Bereich der Magnetfeldtherapie bereits eine Verordnung zum Medizinproduktegesetz vorliegt, laut der Magnetfeldtherapie-Geräte an Laien in Zukunft nur mehr auf Grund ärztlicher Verschreibung vergeben werden können. Diese Verbesserung in diesem Bereich ist derzeit in meinem Hause in Planung.

Die Indikationen für diese Medizinprodukte sind in den letzten Jahren immer länger geworden und umfassen zunehmend schwer wiegende Erkrankungen, die aus unserer Sicht unbedingt einer ärztlichen Betreuung und einer ärztlichen Therapieüberwachung bedürfen und nicht selbständig behandelt werden können, so wie es derzeit passiert.

Mit der Verschreibungspflicht sollte dann auch automatisch ein Verbot der Laienwerbung verbunden werden, die in ihren teilweise sehr auffälligen und aufdringlichen Formen nicht nur zu einer Verunsicherung der Patienten führt, sondern leider auch bei sehr vielen Patienten falsche Hoffnungen erweckt und damit den rechtzeitigen Zugang zur medizinischen Versorgung, zur medizinischen Therapie und zu einer sinnvollen Behandlung ihrer Leiden oftmals verhindert beziehungsweise so weit hinausschiebt, dass dann auch alle Kunst der Ärzte und der medizinischen Wissenschaften leider versagen muss.

Ich glaube aber, dass es auch wichtig sein wird, dass dann auf Grund dieser Änderung die Ärzte, also jene, die dann den Patienten diese Form der Therapie zugänglich machen, nicht mitkassieren. Ich sage das deswegen so drastisch, weil auch mir und meinem Hause einige Gerüchte zugegangen sind, wonach sich eine Reihe von Ärzten in den Dienst von Firmen gestellt hat und diese Produktwerbung betreibt, ohne dass eine entsprechende wissenschaftliche Basis und entsprechende Kenntnisse dafür vorliegen.

Wir haben daher auch eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung dem Bundesministerium für Justiz übermittelt, weil mein Haus zwar für die Gesundheitsbelange und den Bereich der Ausbildung und die Kammer für die standespolitischen Angelegenheiten zuständig sind, aber für eindeutige Strafverfolgungen in diesem Bereich die Justizbehörden zuständig sind.

Ich bitte daher um Verständnis, dass in diesem Bereich die entsprechende Aufklärung von Seiten des Justizministers erst nach entsprechender Vorerhebung möglich ist, weil die Sachverhaltsdarstellungen erst in den letzten Wochen an das Justizministerium gegangen sind und gerade in den letzten Monaten auf Grund von Einkaufsfahrten, Präsentationsfahrten eine besondere Kulmination dieser Praktiken im Vorweihnachtsgeschäft festgestellt werden musste. – Diese Vorgangsweise soll für die Patienten einen besseren Schutz bieten.

Ich glaube, dass die Laienwerbungen für Schönheitsoperationen, die Sie angesprochen haben, unterschiedlich zu betrachten sind. Produktspezifische Laienwerbung für Implantate ist nach dem Medizinproduktegesetz generell nicht zulässig. Die Werbefirmen und jene Firmen, die Implantate herstellen und sowohl im niedergelassenen Bereich als auch im Praxisbereich, also im Klinik- und Institutbereich, Geschäfte machen, haben aber einen sehr subtilen Rechtsweg gefunden, um das im Medizinproduktegesetz festgehaltene Werbeverbot rechtswirksam – ich würde sagen: mit klarer Rechtsberatung – zu umgehen.

Wir haben hier also eine Lücke, eine mit sehr diffiziler Rechtsberatung entstandene Rechtsumgehung, die wir zu schließen bemüht sein werden. Es ist in der Öffentlichkeit schon fast der Eindruck vorhanden, dass man früher seinen Sprösslingen das erste Auto zur bestandenen Matura gekauft hat und heute, überspitzt ausgedrückt, ist für besserverdienende Kreise die erste Schönheitsoperation die Belohnung für die Matura.

Wir lehnen all diese Praktiken ab, und wir planen auch eine entsprechende Gesetzesänderung, dass ohne medizinische Indikation, die von zwei unabhängigen Fachleuten festzustellen ist, unter 18 Jahre solche Schönheitsoperationen überhaupt nicht mehr möglich sein sollen, um die jungen Menschen vor dem Einfluss der Werbung und vor der, von manchen Psychologen und Psychiatern heute schon als Krankheitssymbol angesehenen Erkrankung, die man auf Deutsch ausgedrückt, eine Angst vor der Verunstaltung des eigenen Körpers bezeichnen könnte, in entsprechender Form zu schützen.

Es wird mit großen Werbetricks den Menschen ein Standardmensch eingeredet, und jede Abweichung von diesem Standardmenschen wird so dargestellt, als ob dies nur durch kosmetische Operationen behebbar wäre. Das sind unerfreuliche Entwicklungen, denen wir mit dieser Gesetzesänderung entgegentreten wollen. (Allgemeiner Beifall.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Bundesrätin! Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Meine Zusatzfrage wäre in die Richtung gegangen, was gegen die Ärzte unternommen wird, die diese Provisionszahlungen bekommen. Ich denke, das ist in den Ausführungen bereits beantwortet worden. – Danke.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Ich darf hinzufügen, dass die Erkrankung unter dem Namen KDS läuft und die wissenschaftliche Bezeichnung Körperdysmorphes Syndrom hat, um das auch wissenschaftlich nachlesbar zu erläutern und nicht nur in der vulgärsprachlichen Übersetzung hier im Raum stehen zu lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Mag. Trunk gemeldet. – Bitte.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Minister! In welcher Form und auf welcher gesetzlichen Grundlage werden Vertreiber von den von Ihnen angesprochenen Produkten beziehungsweise die Produkte selbst bisher kontrolliert?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Die gesetzliche Grundlage ist das Medizinproduktegesetz. Sie werden auf dieser Basis überprüft und auch von den Strafbehörden auf Grund von Sachverhaltsdarstellungen oder Zeitungslektüren, in denen den Fachbeamten in meinem Hause allfällige Überschreitungen des Gesetzes auffallen, verfolgt.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Minister! Ist Ihnen eine belegbare negative Auswirkung dieser Praktiken bekannt?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Es gibt leider eine Reihe von Vermutungen, dass sich Patienten, die Krebs und andere schwer wiegende Erkrankungen haben, durch solche Praktiken von der klassischen Schulmedizin abwenden, die Behandlungen abbrechen und den selbsternannten Gurus glauben. Ich glaube, wir haben da auch ein Problem in der klassischen Schulmedizin, die angehenden Ärzte werden lernen müssen, dass sie sich wieder mehr der Form des klassischen Hausarztes zuwenden, also sie auch den Patienten psychologisch und soziologisch betreuen und sich nicht nur mit bestem Wissen und Gewissen und mit höchstem Standard, so wie es ihnen gelehrt wird, also mit der maschinellen Ausrüstung und mit der relativ sterilen Medizin der heutigen Tage, den Patienten nähern.

Es ist gut zu wissen, dass im Hinblick auf die angehenden Jungärzte die Universitäten in diesem Bereich bereits tätig geworden sind, weil ich glaube, dass mit einer verbesserten Ärzteausbildung auch den Scharlatanen in diesem Bereich schlussendlich das Wasser abgegraben werden kann.

Im Bereich der Schönheitsoperationen wissen wir, dass das Bewusstsein, dass bei Operationen nicht immer alles glatt geht, sondern dass jede Operation auch ein Risiko beinhaltet, bei den Menschen, die sich Schönheitsoperationen unterziehen, in der Form nicht gegeben ist. Es gibt auch Aufklärungsdefizite über die Risken von solchen Schönheitsoperationen, nicht nur bei Brustoperationen, sondern auch darüber hinaus. Wenn Sie sich die Sendungen der Ombudsleute der Volksanwaltschaft und der entsprechenden Patientenvertreter in allen Bundesländern ansehen, so werden Sie merken, dass wir massive Beschwerden von Patienten im Bereich der Kieferchirurgie haben. Wir haben auch massive Beschwerden im Bereich der Schönheitsoperationen. Es ist so, dass dann Patienten nach den Schönheitsoperationen ein bedeutend schlechteres Exterieur vorfinden, als sie vorher gehabt haben, und dass sie statt eine Mangelbehebung eine Entstellung feststellen.

Ich glaube daher, dass man sich nur die entsprechenden Gremien ansehen muss, um die breite Palette der Missstände in diesem Bereich zu bemerken. Ich sage aber auch klar dazu: Es geht da um sehr viel Geld, überhaupt für die Vertreiberorganisationen. Dort sind offensichtlich sehr subtile Rechtsberater im Hintergrund, die die bestehende Gesetzeslage und die Interpretation ausnützen, um im Graufeld zwischen Strafwürdigkeit und gerade noch tolerierbarer Werbung zu agieren, und die Patienten schädigen.

Ich bemühe mich auch, die wissenschaftliche Aufklärung, so wie ich es hier eingangs erwähnt habe, voranzutreiben, damit wir auch eine klare Indikationenlösung bekommen können: wann, wo, welches Instrumentarium, das angeboten wird, sinnvoll ist und wann es nichts nützt.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur zweiten Anfrage, die Herr Bundesrat Thumpser stellen wird. Ich bitte um die Verlesung.

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1213/M-BR/01

Wie hoch wird die von der schwarz-blauen Regierung angekündigte Chipkartengebühr sein?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Die schwarz-blaue Regierung denkt nicht daran, sich zum jetzigen Zeitpunkt über eine Chipkartengebühr den Kopf zu zerbrechen.

Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass Kollege Rasinger mit seinen Ausführungen, dass er 500 S für gerechtfertigt hält, eine Debatte losgetreten, hat um das Defizit, das die Krankenversicherungen einfahren werden, wenn die derzeitige Krankenscheingebühr entfällt, zu aktualisieren.

Ich darf Sie daher darauf aufmerksam machen, dass mit der derzeitigen Form der Krankenscheingebühr, so wie sie beim ersten Arztbesuch vierteljährlich zu entrichten ist, den Sozialversicherungsträgern nach Erhebungen meines Hauses etwa 600 Millionen Schilling an Beitragszahlungen zufließen. Wie Sie wissen, hat sich auch Ihre Fraktion seinerzeit für die Einführung der Krankenscheingebühr als Mittelzuführung der Krankenversicherungsanstalten damals im Parlament ausgesprochen.

Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass in den Verhandlungen über das Sparpaket 1995/96 den Pensionisten mit 0,2 Prozent Erhöhung ihrer Krankenversicherungsbeiträge ein Äquivalent für die Krankenscheingebühr gegeben wurde.

Das Äquivalent für die Pensionisten einschließlich der Krankenscheingebühr würde insgesamt ein Nettodefizit – bereinigt um die Verwaltungskosten innerhalb der Krankenversicherungsträger nach derer eigenen Angaben und hochgerechnet auf die Angaben der Vorarlberger Gebietskrankenkasse und anderer – in der Höhe von 1,1 bis 1,3 Milliarden Schilling für die Krankenversicherungsträger bedeuten.

Ich bin bereit, diese Diskussion mit den Sozialpartnern zu führen und bin daher auch sehr zufrieden, dass derzeit in diesem Bereich keine Entscheidung gefallen ist, dieses auftretende Loch bei Wegfallen der Krankenscheingebühr mit anderen Maßnahmen im Interesse der Versichertengemeinschaft und der angebotenen Krankenversicherungsleistungen in Österreich zu überbrücken.

Ich wehre mich dagegen, diese Debatte nunmehr als Chipkarten- und Krankenscheingebührdebatte zu betrachten, sondern das ist eine notwendige Zur-Verfügung-Stellung von Mittel für die Krankenversicherungsträger, um die Gesundheitsleistungen auf hohem Niveau, auf Weltspitzenniveau in Österreich langfristig abzusichern.

Mein Bemühen – und ich glaube, das ist das Bemühen aller vier hier im Bundesrat vertretenen Fraktionen – war es immer, sämtlichen Kreisen der österreichischen Gesellschaft, angefangen beim ärmsten bis zum reichsten und vom jüngsten bis zum ältesten Mitbürger, den gleichen Zugang zu den entsprechenden Leistungen der Krankenversicherungen zu gewähren. Dieses Bemühen werden wir alle gemeinsam nur dann umsetzen können, wenn innerhalb des Hauptverbandes die Verwaltungspotenziale der einzelnen Träger nach unten gefahren werden. Es geht hier um Einsparungspotenziale von mehreren 100 Millionen Schilling jährlich. Und diese Mittel sollten dem bestehendem System zur Absicherung der bestehenden Leistungen zur Verfügung gestellt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf weiters ausführen, dass wir im Bereich des derzeitigen Krankenversicherungssystems, obwohl wir ein Leistungsdefizit in vielen Sachbereichen haben, die Erwartungen nach oben schrauben werden müssen. Ich bin beispielsweise nicht der Ansicht, dass neuartige Behandlungsmethoden etwa im Bereich der Leukämieerkrankungen, wonach laut österreichischen Studien an den Universitätskliniken in Graz, Wien und Innsbruck eindeutige Beweise vorliegen, dass diese neuen Therapien, die pro Patienten zwischen 400 000 S und 700 000 S betragen, Patienten, die heute eine Lebenserwartungsrate von 36 Prozent für die nächsten fünf Monate haben, eine Überlebensrate von mehr als 68 Prozent über mehrere Jahre versprechen, nicht zur Verfügung zu stellen sind. Im Gegenteil: Wir werden diese Therapien zur Verfügung zu stellen haben. Sie wissen genau, dass die Zahl der Erkrankungen des leukämischen und aleukämischen Komplexes eine besondere Zunahme erfährt.

Wir werden mehrere Milliarden Schilling brauchen, um den Patienten die Therapien zur Verfügung stellen zu können, die es heute nur in Studien und morgen flächendeckend zu geben hat.

Wir haben Probleme im Bereich der Kieferorthopädie, wie ich es bei der ersten Frage ausgeführt habe. Wir werden in der Kieferorthopädie endlich auch jenen 300 Kieferorthopäden in Österreich, die das studiert haben, Kassenverträge geben müssen, damit kieferorthopädische Leistungen auf höherem Niveau als heute angeboten werden können, denn gerade dieser Bereich kann bei den Patienten zu erheblichen Gesundheitsstörungen führen. All das kostet zusätzliches Geld.

Wir haben im Bereich der Psychosomatik Leistungen, die ausstehend sind. Allein die Klinik in Bad Aussee, die von allen drei Universitäten Österreichs unterstützt wird – es ist nicht selbstverständlich, dass sich die klinischen Fakultäten für eine psychosomatische Klinik stark machen –, wäre vor fünf Jahren noch undenkbar gewesen. Alle drei österreichischen Universitätsstandorte – Innsbruck, Graz und Wien – stehen hinter diesem Projekt und hinter dem Parallelprojekt in Südösterreich in Mühlstadt, Kärnten, und in Eggenburg, Niederösterreich.

Allein diese Anschaffungen – obwohl sie fertig geplant sind und ausländische Investoren bereit wären, mitzuzahlen – und das Bauvolumen von fast 1 Milliarde Schilling werden innerhalb des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger seit Monaten blockiert mit dem Argument, dass zu wenig Geld für diesen Bereich zur Verfügung steht. Wir werden uns also darüber unterhalten müssen, wie wir das System unserer Krankenversicherung auf hohem Niveau stabilisieren, und nicht darüber, dass die parteipolitisch aus Sorge getätigten Aussagen des Kollegen Rasinger schlussendlich zu einer Chipkarten-Diskussion herabgewürdigt werden.

Ich bin sehr daran interessiert, dass hier eine verantwortungsvolle Diskussion stattfindet, denn die österreichischen Patienten haben es verdient, eine medizinische Leistung auf hohem Niveau zu bekommen und nicht im politischen Hickhack übrig zu bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Sie haben gerade die hohen medizinischen Leistungen aufgezählt, die es auch in Zukunft zu erbringen gilt. Mit welchen zusätzlichen Belastungen hat dann die österreichische Bevölkerung im Gesundheitsbereich zu rechnen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Mein Bemühen ist es – und um Verständnis auch innerhalb der Träger werbe ich, seit ich Bundesminister bin, und davor schon als Gesundheitssprecher im Nationalrat –, endlich die in der Häusermann-Studie 1992, vom damaligen Bundesminister Hesoun in Auftrag gegeben, zitierten Einsparungspotenziale zu erreichen und die in der Evaluierungsstudie des Jahres 1997, vom damaligen Bundesminister Hums veranlasst, enthaltene NKPG-Nachfolgestudie umzusetzen.

Ich bin im Bereich der Pensionsversicherung dabei, durch die Zusammenlegung der Anstalten eine Regionalisierung der Leistungserbringung zu erreichen und damit das One-desk-Prinzip in diesen Bereichen, eine Einsparung für die Betreuten, eine Verbesserung der Leistungen und ein Einsparungspotenzial in der Höhe von etwa 500 Millionen Schilling jährlich in diesen Bereichen langfristig umzusetzen – das Gleiche gibt es in sehr vielen sozialen Trägern.

Ich darf Sie etwa auf die aktuellen Zahlen des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger aufmerksam machen. Es ist mir nicht einsichtig, warum die Oberösterreichische und die Steirische Gebietskrankenkasse zusammen nicht einmal die Hälfte des Abgangs produzieren, den die Wiener Gebietskrankenkasse allein produziert. Ich glaube, es wäre endlich an der Zeit, dass das, was die Oberösterreichische und die Steirische Gebietskrankenkasse in ihren Bereichen an Einsparungspotenzialen geleistet haben, um die Leistungen für die Patienten zu stabilisieren, auch endlich in der Wiener Gebietskrankenkasse umgesetzt werden würde. Wenn Sie sich im Vergleich zwischen diesen beiden Bundesländern und Wien die Versicherten-Zahlen ansehen, wenn Sie sich die Zahlen der Pensionisten ansehen und wenn Sie sich das Benchmark in der Einkommenssituation ansehen, dann werden Sie mir – bei einem fairen Benchmark-Vergleich – Recht geben müssen, dass die Rahmenbedingungen in Wien deutlich besser wären, aber das Defizit fast doppelt so hoch ist wie in den beiden anderen Bundesländern, die ein Drittel mehr Bevölkerung, ein Viertel mehr Pensionisten und die zusammengerechnet – Oberösterreich und Steiermark – auch ein durchschnittlich geringeres Einkommen haben.

Ich glaube daher, sehr geehrte Damen und Herren, dass es falsch verstandene Solidarität ist von jenen, die Einsparungspotenziale am Tisch liegen haben, diese nicht in entsprechender Form zu lukrieren und immer nur die Beitragszahler zur Kasse zu bitten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Insgesamt bin ich aber überzeugt davon, dass der medizinische Fortschritt in Österreich nur dann leistbar sein wird, wenn wir in entsprechender Form – zumindest im OECD-Schnitt – Aufwendungen für unser Gesundheitssystem tätigen und auch die Belastungen für die Bevölkerung auf OECD- und EU-Durchschnitt halten. Ich glaube, wir können stolz sein auf unser gutes Gesundheitssystem und auf die Versorgung. Wir können stolz sein darauf, dass wir flächendeckend in Österreich den Patienten gleiche Leistungen rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr anbieten, aber ich habe nie gesagt, dass dieses Gesundheitssystem zum Nulltarif möglich sein wird. Ich habe auch nie gesagt, dass neue Leistungen in diesem Gesundheitssystem nicht auch neue Aufwendungen nach sich ziehen werden. Ich halte es nicht für vertretbar, dass es sich bei vorhandenen Benchmarks innerhalb der Träger manche Träger leichter machen und – auch in der Verantwortung ihren Patienten gegenüber und als Dienstgeber ihren Mitarbeitern gegenüber – die Einsparungsziele, die diese Bundesregierung und die vorangegangenen Bundesregierungen für den inneren Bereich formuliert haben und die in sündteuren Studien erarbeitet wurden, nicht umsetzen.

Ich bitte Sie daher bei allem Verständnis, auch auf Ihre entsprechenden Repräsentanten in den Trägern einzuwirken, Solidarität zu üben, denn es ist für mich falsch verstandene Solidarität, wenn innerhalb der Wiener Gebietskrankenkasse die Einsparungspotenziale auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auf Kosten der Versicherten in den anderen acht Bundesländern nicht umgesetzt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann gemeldet. – Bitte.

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Immer mehr bedeutende Personen aus dem Gesundheitsleben, aus dem politischen Leben kommen drauf, wie sinnhaft eine solche Chipkarte ist. Ich darf nur daran erinnern, dass sich zum Beispiel auch der Vorarlberger Geschäftsführer des Roten Kreuzes dementsprechend geäußert hat oder etwa auch die deutsche Gesundheitsministerin Ulla Schmid, die den Sozialdemokraten angehört.

Ich frage Sie daher: Welche positiven Auswirkungen hat die Einführung der Chipkarte im Hinblick auf die lebenswichtigen Gesundheitsdaten von Personen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Die Chipkarte ist, wenn auch auf freiwilliger Basis – nachweislich in der Verbindung Chipkarte, Patient und eingetragene Notfallsdaten –, eine bedeutende Verbesserung in unserem österreichischen Gesundheitssystem.

Ich darf Sie auf Folgendes hinweisen – sehr viele Menschen, die in den Ambulanzen arbeiten, und sehr viele Menschen, die in den Rettungsdiensten arbeiten, wissen das –: Es gibt Patienten, die vier, fünf, sechs gesundheitsrelevante Ausweise bei sich haben: Ausweis für Blutgruppe, Allergien, Pässe für Herzschrittmacher, einen Implantatspass für das Kniegelenk bis zum Hüftgelenk, Ausweise über Zuckerkrankheit, chronische Stoffwechselstörungen und die damit notwendigen notfallsmedizinischen Maßnahmen. – All das finden Sie heute in den Brieftaschen und bei den Dokumenten, auf den eigens angefertigten Plaketten um den Hals des Patienten hängend, ohne dass man sich als Arzt darauf verlassen kann, ob diese Daten für den Patienten, der eingeliefert worden ist, auch relevant und kompatibel sind.

Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass es für mich schon immer eine unabdingbare Angelegenheit auch der Rechtssicherheit für jenen, der die Behandlung übernimmt, war, dass die Chipkarte mit den darauf gespeicherten Daten und der Patient ident sind und dass dies eindeutig identifizierbar ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ein Arzt kann sich bei der Behandlung auf die Daten der Chipkarte nur dann verlassen, wenn klar ist, dass die Chipkarte und der Patient ident sind, und er kann sich nur auf die Daten der Chipkarte verlassen, wenn klar ist, dass die eingetragenen Daten auch auf Grund einer Diagnose – auf Grund einer gesicherten Diagnose! – bestehen und nicht auf Grund einer Wunscheintragung des jeweiligen Versicherten. Als Mediziner können Sie nur Daten, Ergebnisse und Befunde für die Therapie heranziehen, die gesichert sind. Sie können nicht nach dem Hörensagen therapieren, sondern sind verpflichtet, die Therapie im Interesse der Patienten auf gesicherten Daten abzustellen.

Ich glaube daher, wenn diese Linie – Chipkarte, Patient und eingetragene Daten – kongruent ist, wird die Chipkarte für sehr viele Menschen im Notfall eine bedeutende Hilfestellung bieten.

Es gibt sehr viele Menschen in Österreich, die sich diese Chipkarte wünschen und die sich auf dieser Karte entweder in ihrem eigenen Interesse oder manchmal, wie in meinem Fall, auch im Interesse jener Menschen, die mir Hilfe leisten, Daten darüber wünschen, ob man ansteckende Krankheiten hat, sodass damit im Fall von Blutaustritt für denjenigen, der Hilfe leistet, nachfolgende Therapien und Vorsichtsmaßnahmen verbunden sind, um auf diese Weise Sicherheit für denjenigen zu schaffen, der mir hilft. Ich glaube daher, dass diesem Wunsch zu entsprechen ist.

Ich sehe aber im Einklang mit dem Datenschutzrat durchaus ein, dass – wie auch die österreichische Arbeiterkammer und viele Arbeitnehmervertreter aller vier Parlamentsparteien schon immer gesagt haben – diese Gesundheitsdaten hoch sensible Daten sind, die unbedingt streng geschützt werden müssen. Meiner Ansicht nach trägt die jüngste Reform des Nationalrates, nachdem alle Einsprüche des Datenschutzrates berücksichtigt worden sind, auch dem hoch sensiblen Bereich des Datenschutzes voll Rechnung.

Frau Bundesrätin! Ich darf auch darauf hinweisen, dass das Eintragen fakultativ ist. Sie können zum Beispiel dann, wenn Sie Ihren Arbeitgeber verlassen – sei es infolge einer Selbstkündigung oder sei es deshalb, weil Sie gekündigt werden und deshalb Nachteile befürchten –, Ihre Daten sofort löschen und dann, wenn Sie sich wieder im sicheren Hafen einer Beschäftigung befinden, die Daten, die Ihnen wichtig sind, neuerlich eintragen lassen. Sie können sogar für sich selbst Vorkehrungen treffen, je nachdem, ob Sie Bedenken haben oder nicht.

Ich glaube daher, man sollte all diese Diskussionen so führen, wie sie 1995 und 1996 bei der Einführung der Chipkarte auch von Seiten der Gewerkschaft und der Arbeitnehmervertretungen sowie der heutigen Oppositionspartei der Sozialdemokratie geführt worden sind. Die Chipkarte kann dann, wenn sie sinnvoll eingeführt ist und für die Sicherheit der darauf gespeicherten Daten Gewähr geleistet wird, eine deutliche Verbilligung und eine deutliche Verbesserung unseres Systems mit sich bringen.

Wir im Parlament und Sie im Bundesrat sind angewiesen (Bundesrätin Schicker: Hier sind Sie auch im Parlament!), genau darauf zu achten, dass auch die Rahmenkriterien erfüllt werden: Datensicherheit für den Anwender und Datensicherheit für die gespeicherten Daten, denn dann wird das Projekt der Chipkarte positiv verlaufen und zu einer Bereicherung des österreichischen Gesundheitssystems führen.

Wenn man nur die ursprüngliche Ausstattung der Chipkarte hätte einführen wollen, dann hätte man schon 1995 etwas Billigeres beschließen können. Denn die grüne Sozialversicherungskarte hätte man – darin werden mir alle EDV-Experten Recht geben – auch mit einem einfachen Magnetstreifen und ohne Chip mit der nötigen Sicherheit finalisieren können. Dies wäre mit erheblich geringeren Kosten verbunden gewesen, aber auch ohne sonstigen Wert, sodass man nur die eine Karte durch eine andere Karte ersetzt hätte. Das wollte aber weder die heutige Oppositionspartei der Sozialdemokratie im Jahr 1995, noch wollen es heute die beiden Regierungsparteien und ihre Verantwortlichen, noch will es die breite Mehrheit der österreichischen Versicherten.

Ich glaube daher, dass wir mit der Chipkarte auf einem guten Weg sind. Wir sollten auch den gleichen Weg gehen, den die Bundesrepublik Deutschland in diesen Tagen eingeschlagen hat, nämlich den Versicherten zu sagen, dass etwas, das heute in der österreichischen Gesundheitspolitik vorhanden ist und sich auf Weltniveau befindet, auch seinen Preis hat.

Meiner Ansicht nach wird sich manches, was heute diskutiert wird, ab dem Jahr 2003 anders darstellen, wenn die Vernetzung aller Träger, der Ärzte und der Apotheker, erfolgt sein wird und jeder Versicherte einmal im Jahr von seiner Versicherungsanstalt, von seinem Träger einen Auszug darüber bekommen wird, was er eingezahlt und was er an Leistungen bekommen hat. Dann werden sehr viele der Diskussionen, die heute noch geführt werden, beendet sein. Für sehr viele Versicherungsnehmer wird es dann auch zum ersten Mal möglich sein, von der Krankenversicherung sofort einen Auszug darüber zu bekommen, wie sie im Betrieb angemeldet sind. Das ist etwas, was für Arbeitnehmer in manchen Betrieben heute nur schwierig und auf Umwegen zu erreichen ist.

Man sollte sich auch diese Argumente der positiven Ausgestaltung in diesem Bereich nicht nehmen lassen, sondern dies konsequent so, wie es schon 1995 und 1996 angedacht war, durchsetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Hensler gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Über die Verbesserungen wurde schon gesprochen. Wie wird sich die Chipkarte in Zukunft generell entwickeln?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Innerhalb des Hauptverbandes ist jetzt das Ausschreibungsverfahren gelaufen. Es gibt noch Rechtseinsprüche, die in entsprechender Form zu erledigen sein werden. Ich gehe auf Grund der Rechtsberatung durch Rechtsbeamte meines Hauses davon aus, dass es auch in der Umsetzungsphase bei dem Modell, das bisher den Zuschlag bekommen hat, bleiben wird.

Wir gehen nach einem klaren Plan vor. Am Ende des nächsten Jahres wird in zwei ausgewählten Bezirken im Burgenland die erste Roll-out-Phase für die Chipkarte stattfinden. Auf Grund der dortigen Erkenntnisse wird es vielleicht die eine oder andere Adaptierung geben müssen; das ist bei solchen Systemen leider nicht zu vermeiden. Danach wird das gesamte Bundesland Burgenland in der Roll-out-Phase als erstes Bundesland flächendeckend mit der Chipkarte versorgt werden. Die anderen Bundesländer werden im Jahr 2003 in "Paketen" von jeweils drei Bundesländern folgen. Wir können nach heutigem Stand der Beratungen der Sozialversicherungsträger davon ausgehen, dass mit 31. Dezember 2003 die Einführung beendet sein wird.

In Vorbereitung der heutigen Sitzung habe ich über diese Fragen erst vorgestern mit Direktor Mandl gesprochen, der in der Chipkartengesellschaft des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger für diesen Bereich verantwortlich ist. Dieser Plan ist zwar knapp bemessen, aber die Einführung wird, wenn sich nicht auf dem Rechtsweg irgendetwas Gravierendes gegenüber den Rechtsaussagen der Rechtsexperten des Hauptverbandes, meines Hauses und des Bundesvergabeamtes ändern sollte, in der seinerzeit konzipierten Form stattfinden. Ich darf es wiederholen: in der zweite Hälfte 2002 zwei ausgewählte Bezirke im Burgenland, im dritten Quartal 2002 das gesamte Burgenland, die weiteren Bundesländer bis zum Ende des Jahres 2003 jeweils zu dritt im "Paket", bis schließlich ganz Österreich flächendeckend mit der Chipkarte versorgt sein wird.

Ich hoffe, dass wir mit dem Anforderungsprofil im Burgenland die Störungen so weit beenden können, dass sich dann im flächendeckenden Roll-out-Verfahren keine größeren Probleme mehr ergeben. Im legistischen Weg haben wir auch die EDV-mäßige Vernetzung der Ärztepraxen so festgeschrieben, dass alle Ärzte zum richtigen Zeitpunkt EDV-mäßig entsprechend ausgerüstet sein müssen, sodass auch von Seiten der Leistungserbringer keine Störungen zu erwarten sein werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schennach gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Minister! Ein solches System ist natürlich auf dem Stand der Technik herstellbar, aber die Frage ist, ob es auch aufrechterhalten werden kann. Denn es ist bekannt, dass solche Systeme Angriffen ausgesetzt sind und missbraucht werden. Vor allem im Bereich der Schutzanforderungen und der Wissensanforderungen wird es zu sehr hohen Kosten kommen. Wie beurteilen Sie die Aufwendungen, die notwendig sein werden, um eine neue Kriminalität wie etwa in Dänemark und Australien, wo es solche Cards schon gibt, hintanzuhalten?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Herr Bundesrat! Sie wissen, dass ich persönlich schon lange ein Anhänger dessen bin, was heute technisch möglich ist und in Spanien für 20 Millionen Versicherte bereits umgesetzt wird, nämlich die persönliche Identifizierung des Patienten mit seiner Chipkarte über den nur von ihm abzugebenden Fingercode als persönlichem Code und Schlüsselcode.

Es gibt sehr viele in der österreichischen Öffentlichkeit aus allen politischen Lagern, die meinen, dass ein PIN-Code ausreichend ist. Wir wissen von den Bankomat-Karten und aus anderen Bereichen, aber auch durch das Hackerwesen, dass PIN-Codes bedeutend leichter zu knacken sind als digital umgesetzte körperspezifische Codes. Ich glaube daher, dass für diese hoch sensiblen Daten der Code des eigenen Körpers besonders wichtig ist. Er hätte dann – wie zum Beispiel der Fingerabdruck, der den Vorteil hat, dass etwa dann, wenn jemand bewusstlos in eine Ambulanz eingeliefert wird, im Regelfall der Finger zur Verfügung steht –, wie Sie es bei fakultativ darauf befindlichen Notfalldaten ja wünschen, Ihre Notfalldaten zugänglich zu machen. Hingegen wäre Ihre Notfallkarte mit einem PIN-Code, sofern niemand dabei ist, der den PIN-Code kennt, sinnlos, wenn Sie sich davon eine Wirksamkeit erwarten. Daher meine ich, dass man auch diese Debatte nach rationalen Gesichtspunkten führen sollte, nicht jedoch nach der Methode "Haltet den Dieb!", nämlich als Bestrafung all derjenigen, die in entsprechender Form kriminalisiert werden, weil dann ihr Fingercode als Schlüsselcode für die Chipkarte verwendet wird.

Ich darf Sie auch auf einen weiteren Aspekt aufmerksam machen: In Andalusien hat man vor drei Jahren damit begonnen, für 8 Millionen Versicherte die Chipkarte mit digitalem Fingerabdruck einzuführen, und zwar nicht wegen der Genauigkeit, sondern weil dort etwa 25 Prozent primäre und sekundäre Analphabeten sind, die einen PIN-Code nicht beherrscht hätten. Es hat sich ergeben, dass im ersten Jahr Missbrauch im Ausmaß von 25 Prozent von den Leistungsanbietern festgestellt werden konnte. Dies konnte unterbunden werden, und in den Folgejahren hat der Missbrauch zwischen 8 und 9 Prozent betragen.

Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass wir dann, wenn wir in Österreich diesen Missbrauch nur im Ausmaß von einem Viertel hätten und ihn mit einer ähnlich gestalteten Karte einstellen könnten, keine Diskussion darüber zu führen bräuchten, wie die Mittel zur Verfügung gestellt werden können, weil der gegenüberstehende Leistungsbereich jener Leistungsanbieter, die außerhalb der Kassen angesiedelt sind, ein Drittel der Gesundheitskosten ausmacht und weil 2 bis 3 Prozent davon jener Milliardensumme entsprechen, die wir brauchen, um unser Gesundheitssystem zu stabilisieren.

Vielleicht führen aus diesem Grund manche in dem Bereich eine heftige Datendebatte und meinen eigentlich etwas anderes. Ich meine die Datensicherheit und den Missbrauch, der abgestellt werden könnte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur 3. Anfrage.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Ing. Gruber, um Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1210/M-BR/01

Welche Synergien im Verwaltungsbereich erwarten Sie durch die 59. ASVG-Novelle, mit der im Sinne eines einheitlichen Arbeitnehmerbegriffes die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten der Arbeiter und der Angestellten beschlossen wurde?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Von der Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten der Arbeiter und der Angestellten erwarte ich mir langfristig einen Synergieeffekt, der etwa in Höhe von 10 Prozent der heutigen Kosten – beziffert mit jährlich 450 bis 500 Millionen Schilling – liegt.

Ich erwarte mir aber auch, dass endlich Mittel durch einmalige Maßnahmen zur Verfügung gestellt werden. Dazu darf ich mitteilen, dass vor etwa drei Tagen in der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten die Entscheidung gefallen ist, das seit Jahrzehnten fast nur negativ bilanzierende Gut Aflenz endlich zu verkaufen. Dort waren Hunderte Millionen Schilling mit Defizit angelegt, und dafür ist im Interesse der Versichertengemeinschaft eine bessere Veranlagungsform zu finden.

Ich darf Ihnen weiters berichten, dass mir der Vorsitzende der Controlling-Gruppe im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und leitende Angestellte der bergmännischen Sozialversicherungsanstalt in Graz, Dipl.-Ing. Völkl, vor zwei Tagen mitgeteilt hat, dass bereits für Jänner geplant ist, in den Begutachtungsstellen der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter in Linz und Graz die gemeinsame Begutachtung in den Bundesländern für Arbeiter und Angestellte vor Ort und in einem Versuchsprojekt auch trägerübergreifend für die anderen Träger abzuhalten.

Es wird nun, neun Jahre nach der Häusermann-Studie, durch die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten der Arbeiter und der Angestellten in zwei Bundesländern für die dort Versicherten endlich möglich sein, in Fällen der Rehabilitation und der Invaliditätspension vor Ort begutachtet zu werden, damit die Patienten auf einem schnelleren und für sie hoffentlich nicht mehr so dornigen Weg erfahren, ob sie eine Invaliditätspension bekommen, ob sie Rehabilitationsleistungen erhalten, ob sie eine vorläufige Alterspension bekommen oder ob sie Umschulungsmaßnahmen des Arbeitsmarktservice angeboten bekommen, weil sie noch arbeitsfähig sind, aber für ihre derzeitige Tätigkeit die Gesundheit nicht mehr mitbringen, um diese Tätigkeit weiterhin ausüben zu können.

Es sind derzeit vor den Arbeits- und Sozialgerichten Prozesse anhängig, die von Versicherten gegen die Träger angestrebt werden, wobei nachgewiesen wird, dass nicht nur in Ausnahmefällen, sondern sehr häufig Begutachtungen erst nach Zeiträumen von sechs bis fünfzehn Monaten erfolgen, sodass sich der Gesundheitszustand auf Grund der langen Dauer entweder verschlechtert oder verbessert hat, weshalb diese Verzögerungen nicht zuträglich sind. Daher liegt es meiner Ansicht nach auch im Interesse der Versicherten, dass durch diese Synergieeffekte nicht nur Geld eingespart wird, sondern auch das umgesetzt wird, was Häusermann und die Nachfolgestudie 1997 schon lange nachgewiesen haben, nämlich endlich das One-Desk-Prinzip, die bürgernahe Begutachtung und das schnellere Verfahren in diesem wichtigen Bereich für die Lebensplanung zu erreichen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Herr Bundesrat! Wünschen Sie eine Zusatzfrage? (Bundesrat Ing. Gruber: Danke, nein!)  – Nein.

Zu einer Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Bachner gemeldet. – Bitte.

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Sie haben jetzt in kurzen Ausführungen die Vorteile dieser Zusammenführung kundgetan. (Bundesrätin Schicker: In langen!) Meine Frage dazu lautet: Sind die Betriebsratskörperschaften der beiden Pensionsversicherungsträger bei dieser Zusammenführung mit eingebunden, und wann denken Sie daran, die Versicherungsanstalt der Bauern mit jener der Gewerblichen zusammenzuführen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Wenn Sie sich die Diskussion um den Gesetzestext der 59. ASVG-Novelle und die zugehörigen medialen Begleiterscheinungen ansehen, dann zeigt sich, es ist sichergestellt, dass die derzeitigen Personalvertreter beider Anstalten, nämlich jener der Angestellten und jener der Arbeiter, in den Personen unverändert diese Zusammenlegung begleiten.

Es war für mich als ehemaligen Angehörigen des Rechnungshofausschusses des Nationalrates und in Kenntnis der Rechnungshofberichte sowohl über die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter als auch über die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten immer wichtig, dass die Einsparungspotenziale, die in beiden Häusern liegen, fair verteilt werden. Dazu darf ich Folgendes kurz ausführen:

Im Bereich der Begutachtungen und der Bürgernähe haben die Arbeiter eindeutige Vorteile, und auch im Bereich der gesetzlichen Abhandlung des ASVG haben die Arbeiter Vorteile. Im Bereich der Bürgernähe, im Bereich der Erreichbarkeit, im Bereich der Nachbegutachtungen und anderer Dinge im EDV-Bereich hat die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten deutliche Vorteile.

Für mich als Bundesminister wird es wichtig sein – darauf habe ich meine Kommissare schon hingewiesen –, darauf zu achten, dass bei der Zusammenlegung die Vorteile, die die Rechnungshofberichte für beide Anstalten klar und deutlich aufgelistet haben, im Interesse der Versicherten ebenso klar und deutlich als Schwerpunkte der zukünftigen Zusammenarbeit unter einem Dach gesehen werden.

Ich habe nachweislich schon im März des Vorjahres Präsident Sallmutter und alle seine Herren gebeten, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, dass man sinnvolle Sozialpläne für den Bereich der Zusammenlegung in Erwägung zieht und vorbereitet, um die in der Versicherungsanstalt arbeitenden Menschen nicht von einem Tag auf den anderen in unwägbare Zukunftsängste zu versetzen. Eine Anstalt hat das getan. Die andere Anstalt hat es leider nicht in dem Umfang gemacht, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich glaube daher, es ist besonders wichtig, dass die Betriebsräte in unveränderter Form daran mitarbeiten und mitwirken.

Es sollte aber auch nicht vergessen werden, dass auf Grund der 59. ASVG-Novelle in den ersten sechs Monaten die derzeitigen 23 Verantwortlichen beider Häuser in entsprechender Form zusammenarbeiten und die erste Phase gestalten werden. Danach wird, um ein arbeitsfähiges Gremium zur Verfügung zu haben, ab Juli 2003 ein verkürztes Lenkungsgremium von 15 Personen die weitere Arbeit durchzuführen haben.

Ich erhoffe mir, dass bis dahin wenigstens in manchen der Köpfe der leitenden Damen und Herren sowie in den Köpfen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkannt wird, was die Arbeitnehmervertretung in Österreich schon immer angestrebt hat: dass Arbeiter und Angestellte eine Berufsgruppe sind und daher die Mitarbeiter in dem neuen Haus auch eine Mitarbeiterschaft sind, sodass sie mit all ihren Wehwehchen und all ihren Sorgen gleich zu behandeln sind. Ich setze sehr auf die Erfahrung der Damen und Herren, die diesen Führungsgremien angehören, dass sie das, was sie in den letzten Jahren für ihre Mitarbeiter des eigenen Hauses an sozialer Wärme empfunden haben, in der wichtigen Übergangsphase auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des gesamten neuen Hauses an den Tag legen werden.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Bitte, Frau Bundesrätin Bachner.

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Meine Frage hat auch beinhaltet, wann die Sozialversicherungsanstalt der Bauern mit jener der Gewerblichen zusammengeführt wird.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Ich verweise darauf, dass die Sozialversicherungsanstalt der Bauern derzeit einen Umstrukturierungsplan hat, der noch während der nächsten zweieinhalb Jahre laufen wird. Sie wissen, es gibt in den Landesstellen eine entsprechende Regionalisierung mit einer Abspeckung der Verwaltung und der Nutzung von Einsparungspotenzialen im Bereich der Rehab-Einrichtungen, die dann, wenn sie obsolet sind und nicht mehr modernisiert werden können, verkauft werden, sowie eine Zusammenarbeit mit den anderen Trägern im Bereich der Rehabilitationsleistungen.

Ich bin es nicht gewohnt, einer Anstalt den Auftrag zu geben, von sich aus ein Einsparungspotenzial zu nutzen, und dann in der Umsetzungsphase dieses Vorhabens die Anstalt aufzulösen. Genauso wenig bin ich auch bereit, das zu tun, was in der Öffentlichkeit immer angeführt wird, nämlich die kleinen Sozialversicherungsträger – etwa von Pengg, Austria Tabak, Semperit und wie sie alle heißen – aufzulösen. Diese kleinen Träger haben durch ihre Nähe zum Versicherten und ihr berufsspezifisches Angebot erhebliche Vorteile.

Da der größte "Makel" der bäuerlichen Sozialversicherungsanstalt darin besteht, dass sie sich auf Grund der Strukturprobleme des bäuerlichen Berufsstandes, der sich in den letzten Jahrzehnten – man kann es betrachten, wie man will – so stark wie kein anderer Berufsstand reduziert hat, parallel entwickelt hat, so ist es meiner Ansicht nach fair, dass man zuerst den bäuerlichen Berufsstand in seinem eigenen Bereich die vorgeschlagenen, von der vorangegangenen Bundesregierung und jener Bundesregierung, der ich angehöre, akzeptierten Umsetzungen erledigen lässt und nicht schon während der Reform wieder mit einer neuen und einer übernächsten Reform die Diskussion anheizt. Denn auch die Protagonisten im Bereich der bäuerlichen Sozialversicherungsanstalt haben ein Recht darauf, in aller Ruhe nach den dort ausgearbeiteten Sozialplänen und Zielen arbeiten zu können.

Ich halte nichts davon, auf halbem Wege wieder mit Reformen zu beginnen. Wir haben das beim österreichischen Bundesheer gesehen. Bevor eine Reform fertig war, ist die nächste gekommen – aber nicht, um zu zeigen, dass die erste Reform nicht ausreichend war. Ich bin aber durchaus dazu bereit, für den Fall, dass die eine Reform vielleicht nicht ausreichend war, eine nachfolgende durchzuführen. Wenn diese Frage gestellt wird, dann möchte ich auch Fragen wie die folgenden stellen: Wann werden wir die bergmännische Sozialversicherungsanstalt mit einer anderen zusammenlegen? Wann werden wir die Sozialversicherungsanstalt der Eisenbahner mit einer anderen zusammenlegen?

Sie wissen, dass wir in den letzten ASVG-Novellen im Interesse der Wiener Verkehrsbetriebe auch Lösungen getroffen haben, die von manchen in den Regierungsparteien nicht 100-prozentig goutiert, aber trotzdem mitgetragen worden sind, weil man die Versichertennähe als wichtiges Ziel der Sozialversicherung mit berücksichtigt hat. Ich bitte darum, das, was für den Bereich der Wiener Verkehrsbetriebe, für die bergmännische Sozialversicherungsanstalt und die Versicherungsanstalt der Eisenbahner gilt, auch bei den Bauern zu akzeptieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Weilharter gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Gibt es Erklärungen dafür, warum Ihre Vor-Vorgänger im Sozialministerium durch Zusammenschlüsse im Sozialversicherungsbereich keine Synergien und keine Einsparungen erzielt haben?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Herr Bundesrat Weilharter! Es hat immer wieder Versuche innerhalb der Sozialversicherungsanstalten gegeben, eine größere Bürgernähe und auch im Interesse der Versichertengemeinschaft eine Leistungsharmonisierung zu erreichen. Man muss auch klar sagen – vielleicht ist gerade der Bundesrat das richtige Gremium dafür (Bundesrat Mag. Hoscher: Er ist immer das richtige Gremium!)  –, es hat innerhalb der relevanten politischen Gruppen im österreichischen Hauptverband immer zwei Strömungen gegeben: jene, die eine stark zentralistische Sicht gehabt haben, und jene, die eine stark föderalistische Sicht gehabt haben.

Meiner Ansicht nach war es vernünftig, darauf zu achten, was man bei den einzelnen Trägern föderal, also vor Ort hervorragend machen kann. Dafür gibt es in den Krankenversicherungsträgern gute Beispiele, etwa das Medicom-System, den medizinischen Dialog der Steirischen und der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, das Benchmarking für die Versicherten ihren Vertragspartnern gegenüber, das die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse gemacht hat, oder EDV-Leistungen, die die Wiener Gebietskrankenkasse anderen angeboten hat, und ähnliche Dinge mehr – um nicht erschöpfend aufzuzählen.

Es ist sinnvoll, die einzelnen Programme, die es dort gibt – vor Ort, wo sie entwickelt worden sind, wo sie im Computer vorhanden sind, wo sie auf hohem Niveau für alle anderen Leistungsträger kostengünstig angeboten werden –, weiter zu vervielfältigen, im Bereich der Rehabilitation und der Begutachtung vom zentralistischen System abzurücken, damit die Leute nicht aus acht Bundesländern nach Wien fahren müssen, insbesondere Menschen, die nicht in bestem Gesundheitszustand sind – denn aus Jux und Tollerei will niemand die Invaliditätspension oder eine Rehabilitation antreten –, und endlich in allen neun Bundesländern vor Ort Begutachtungen einzuführen.

Ich glaube daher, dass die Zielsetzung bereits in der Vergangenheit gegeben war. Etwa die Studie Häusermann, die unter Hesoun veranlasst worden war, oder die Aufbesserung unter Hums, die dann bei Hostasch in einer Nachfolgestudie finalisiert wurde, sind beredte Zeichen dafür, dass es diese Bemühungen gegeben hat. Was zu dieser Zeit gefehlt hat, war der föderalistisch-zentralistische Schulterschluss, um im Interesse der Versicherten einen vernünftigen Kompromiss zu schließen.

Ich hoffe, dass der vernünftige Kompromiss, der jetzt auf dem Tisch liegt – dass man nicht alles zerschlägt, um dann aus einem Tohuwabohu etwas Neues aufzubauen, sondern in einem vorsichtigen Umgang mit den bestehenden Strukturen diese dort, wo sie sich bewährt haben, mit aller Behutsamkeit in ein neues System überführt –, nicht nur im österreichischen Parlament mehrheitsfähig ist, sondern in Zukunft auch für alle vier Parlamentsparteien mehrheitsfähig wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen nun zur 4. Anfrage.

Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Haunschmid, um Verlesung der Anfrage.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1216/M-BR/01

Wie läuft die Umsetzung der Behindertenmilliarde?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Die Umsetzung der Behindertenmilliarde läuft so, dass nach derzeitigem Stand 320 Projekte mit 550 Millionen Schilling genehmigt sind, 46 eingereichte Projekte mit 36 Millionen Schilling vor der Genehmigung stehen, 44 Projekte in Planung sind, die 50 Millionen Schilling erwarten lassen, und 91 der eingelangten Anträge zurückgelegt worden sind.

Was diese 91 zurückgelegten Anträge betrifft, so darf ich feststellen, dass ich in meinem Ministerium eigens zwei aus dem Behindertenbereich kommende Personen angestellt habe, die auch die zurückgelegten Programme der einzelnen Bundessozialämter aus zentralistischer Wiener Sicht betrachten, weil unter Umständen das eine oder andere, was in Oberösterreich, Tirol, Salzburg, Steiermark, Kärnten, Wien, Niederösterreich oder Burgenland für nicht interessant befunden wird, vielleicht österreichweit als Behindertenprojekt dort, wo die Rahmenbedingungen unseres sehr zerrissenen Sozial-Umfeldes anders gelagert sind, als interessante Bereicherung für den Bereich der Behindertenmilliarde zu erachten ist.

Wenn man sich die Schwerpunkte ansieht, zeigt sich, dass derzeit für Jugendliche 237 Millionen Schilling ausgegeben werden, für ältere Menschen 30 Millionen, für Personen mit speziellen Schwierigkeiten 418 Millionen, für begleitende Maßnahmen zur Sensibilisierung und Ermutigung von Unternehmen im Hinblick darauf, Beschäftigte am Arbeitsplatz zu halten, 22 Millionen und für das soziale Umfeld Wohnen und Mobilität 76 Millionen Schilling. Meines Erachtens ist in diesem Bereich die Behindertenmilliarde sehr gut angelaufen.

Es soll aber nicht verborgen bleiben, dass wir, da das primäre Ziel die Arbeitswelt ist, eine Anlaufphase von etwa vier Monaten gehabt haben, bis die Projekte vorlagereif waren, sodass sich im Verhältnis zur gesamten Milliarde ein gewisser Verzögerungseffekt ergeben hat.

Ich mache mir jedoch kein Kopfzerbrechen darüber, dass die Projekte im nächsten und übernächsten Jahr so weiterlaufen werden, weil die Behindertenmilliarde, solange diese Bundesregierung im Amt bleibt, auch nach den Wahlen 2003 Bestand haben wird und die Zusagen innerhalb der Bundesregierung auf politischer Ebene für das Jahr 2003 ebenfalls verbindlich sind, sodass die Behindertenmilliarde nicht, wie fälschlicherweise behauptet wird, 2002 auslaufen wird. Es wird eine Angelegenheit der nächsten Bundesregierung sein, ob sie die Behindertenmilliarde weiterführen wird oder ob dies eine einmalige Investition zugunsten der Behinderten für die Dauer dieser Bundesregierung, bestehend aus ÖVP und FPÖ, bleiben wird.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Bundesrätin! Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Wir alle wissen, dass es behinderte Frauen viel schwerer haben, ins Berufsleben integriert zu werden. Sind Frauen in dieser Behindertenmilliarde berücksichtigt?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Wenn man sich die Zahlen in diesem Bereich ansieht, so zeigt sich, dass derzeit 47 Prozent der Frauen mit Behinderungen in den Genuss der Behindertenmilliarde kommen. Die Arbeitsmarktmaßnahmen der vergangenen Legislaturperiode für Frauen mit Behinderungen haben 35 Prozent der Frauen umfasst, wie sich zeigt, wenn man sich die Zahlen des Arbeitsmarktservice für die entsprechenden Gruppen ansieht. Es ist daher nach den mir derzeit zur Verfügung stehenden Zahlen für diese Gruppe im Verhältnis zur letzten Legislaturperiode eine Verbesserung im Zugang zur Arbeit im Ausmaß von 12 Prozent feststellbar. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Ledolter gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Ich hätte gerne noch einmal gehört, welche besonderen Schwerpunkte Sie bei der Umsetzung der Behindertenmilliarde sehen, vielleicht auch noch einmal im Hinblick auf die Integration in den Arbeitsmarkt.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Schwerpunkt der Behindertenmilliarde ist die Integration im ersten Arbeitsmarkt, auch die Begleitung von der Schule bis hin zur Lehre. Ich glaube, dass sich in diesem Bereich die Behindertenmilliarde besonders positiv ausgewirkt hat.

Ich stelle immer wieder fest, dass wir bei der Konzipierung der Behindertenmilliarde einem Bereich vielleicht zu wenig Augenmerk geschenkt haben, nämlich dem Bereich des Wohnens der Behinderten und damit des Umfeldes, um sie in den ersten Arbeitsmarkt besser integrieren zu können. Es kommt oft zu Umsiedlungen im ländlichen Raum, um den Arbeitsplatz näher dem Wohnort zu haben, um so die unüberbrückbaren Distanzen für behinderte Menschen gerade in den Wintermonaten kürzer zu halten, um nicht in der Früh einen erschöpften Behinderten am Arbeitsplatz vorzufinden. Daher ist eine Vernetzung zwischen Wohnort und Arbeitsplatz dringend erforderlich.

Ich werde daher innerhalb der Bundesregierung vorschlagen, die Behindertenmilliarde auf den Bereich Wohnen auszuweiten, damit ich mit den derzeit vorliegenden Förderungsrichtlinien diesen Bereich besser ausstatten kann, weil ich hier ein Defizit auf Grund der Rahmenbedingungen, so wie das Gesetz derzeit lautet, feststelle.

Weiters darf ich hinzufügen, dass neben der Behindertenmilliarde zusätzlich auch die Mittel des Arbeitsmarktservice, die ATF-Mittel und die ESF-Mittel, ungehindert eingesetzt werden, weil öffentlich häufig behauptet wird, dass das eine das andere ersetzt. Ich bitte, sich die entsprechenden Zahlen des Arbeitsmarktservice anzusehen und die entsprechenden Benchmarks zu machen. Sie werden sehen, dass auch meine wiederholten Behauptungen in diesem Bereich richtig sind.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Thumpser gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Sind Ihnen Berichte von Behindertenorganisationen, die zunehmend Probleme mit der Finanzierung von Behindertenprojekten haben, bekannt?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Es ist mir bekannt, dass sehr viele, die in der sekundären Arbeitswelt tätig sind und früher aus anderen Töpfen finanziert wurden, von den Ländern nur mehr so quasi auf die Behindertenmilliarde verwiesen wurden. Ich halte das, ganz offen gestanden, für unzulässig.

Jeder, der den Gesetzestext lesen kann, weiß, dass die Behindertenmilliarde primär für den primären Arbeitsmarkt und nicht für den sekundären Arbeitsmarkt einzusetzen ist und die stationäre Betreuung im sekundären Arbeitsmarkt nur dann im Rahmen der Behindertenmilliarde möglich ist, wenn der Durchgang in den ersten Arbeitsmarkt gewährleistet ist oder zumindest erwartet werden kann.

Ich bitte daher durchaus um Verständnis, dass hier mein Appell an die Länder erfolgt, in der Beratung nicht bei manchen Organisationen einen falschen Background zu erwecken. Das, was sekundärer Arbeitsmarkt ist, bleibt wie bisher. Dort, wo auf Grund der Strukturen des Handicaps, der Persönlichkeit und der Fähigkeiten kein Zugang zum ersten Arbeitsmarkt zu erwarten ist, erfolgt eine Förderung wie bisher.

Im Zusammenhang mit der Behindertenmilliarde – das sage ich auch in aller Offenheit – haben manche Behindertenorganisationen Verwaltungseinsparungs-Vorstellungen, denen ich mich nicht annähern kann.

Es gibt hervorragende Projekte, die schon lange bei mir anhängig sind, weil die Behindertenorganisationen nicht bereit sind, mit Unterstützung auch von öffentlichen Beratungen ein Abrechnungssystem aufzubauen, auf Grund dessen ich dann weiß, dass die Fördermittel nach bestem Wissen und Gewissen ordnungsgemäß eingesetzt sind.

Von einer wichtigen Organisation Österreichs wurde an mich der Wunsch herangetragen, ihr für ein gutes Projekt 2,5 Millionen Schilling zu überweisen, und dann wird sie mir rücküberweisen, was sie abgerechnet hat. Ich bitte hier um Verständnis meiner Sicht und bitte, bei den Behindertenorganisationen Werbung zu machen: Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist besser! Ich kann da auf die Kontrolle nicht verzichten.

Ich habe in zwei Bundesländern gegen einige Mitarbeiter im Bereich der Bundessozialämter Disziplinarverfahren eingeleitet, weil Mitarbeiter der Bundessozialämter entgegen den Gepflogenheiten des österreichischen Dienstrechtes Behindertenorganisationen gefördert haben, bei denen sie selbst im Vorstand sitzen, sich selbst also Förderungen zugeteilt haben. Die Beamten wären besser beraten gewesen, ihre Unvereinbarkeit, die im Gesetz klar formuliert ist, zu erklären und den Akt einem anderen Kollegen oder einer anderen Kollegin zur Bearbeitung zu geben.

Es tut mir Leid, dass solche Missinterpretationen der bestehenden Rechtslage möglich sind, weil dadurch insgesamt wieder das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Abwicklung der Behindertenmilliarde erschüttert wird. Daher bitte ich auch um Verständnis dafür – bei aller Diskussion um Planstellen und Einsparungspotenziale –, dass ich mittels Werkvertrag und einer Planstelle zwei Personen, die aus dem Behindertenbereich kommen und wissen, wie es den Behinderten geht, als zusätzliche Revisoren eingesetzt habe, um schon im Keime solche Inkompatibilitäten dort, wo sie nicht gesehen werden – obwohl eigentlich jedem außerhalb des Amtes klar ist, dass das nicht vereinbar ist, sich selbst, einer Organisation, in der man als Kassier, als Präsident oder als Vizepräsident sitzt, Genehmigungen zu erteilen –, zu ersticken.

Bei aller Liebe zu meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern muss ich einen strengen Maßstab anlegen, auch im Interesse der behinderten Menschen, damit diese sicher sein können, dass ihnen die Behindertenmilliarde zugute kommt und nicht einigen von uns in ihrem privaten Betätigungsfeld der Ehrenarbeit.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir jetzt nicht ganz die Hälfte der Anfragen erledigt haben, greife ich auf § 42 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung zurück, der besagt, dass die Fragestunde auf 120 Minuten ausgedehnt werden kann. Ich hoffe, dass wir bis dahin dann alle Fragen erledigt haben werden.

Wir kommen nun zum Aufruf der 5. Anfrage an den Herrn Bundesminister. Diese Frage wird von Frau Bundesrätin Trunk gestellt. Ich bitte um die Verlesung.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1214/M-BR/01

Ab wann werden Sie als FPÖ-Sozialminister aktiv an der Umsetzung der ÖGB-Urabstimmungsforderung "Abfertigung Neu" mitarbeiten?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Ich werde meine Beantwortungen kürzer halten, ich habe den versteckten Hinweis verstanden.

Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Die Beamten meines Hauses sind bereits in die Vorarbeiten des Bundesministers Bartenstein, der für das Arbeitsrecht zuständig ist und in dessen Bereich mehr als 95 Prozent der Forderungen zu verwirklichen sind, mit eingebunden. Für jenen Bereich, für den ich zuständig bin, bin ich mit Kollegen Bartenstein in interkoalitionären Gesprächen auf Ministerebene, und meine Beamten arbeiten bereits mit.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Bundesminister! Bleibt Ihre Einschätzung hinsichtlich der Vorlage betreffend "Abfertigung Neu" – erarbeitet von den Sozialpartnern –, dass sie eine hervorragende Grundlage ist? Sind Sie auch heute noch dieser Auffassung, stehen Sie noch dazu?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Frau Bundesrätin! Ich stehe nach wie vor dazu, dass die "Abfertigung Neu" ein Quantensprung in der österreichischen Sozial- und Wirtschaftspolitik sein kann, wenn das voll wirksam wird, was heute gesetzlich für die breite Mehrheit der Arbeitnehmer versprochen ist, nämlich in den Abfertigungsgenuss zu kommen, denn derzeit kommen nur 12 Prozent der Arbeitnehmer tatsächlich in diesen Genuss.

Ich bin nach wie vor ein Anhänger des Systems meiner Fraktion, dass wir auch schauen sollten, ältere Arbeitnehmer für die Betriebe kostengünstiger zu machen, denn wir haben erhebliche Probleme, die Menschen von 55 bis 65 Jahren in Beschäftigung zu halten oder wieder in Beschäftigung zu bringen. Daher glaube ich, dass im Rahmen des Modells "Abfertigung Neu" eine Kostenreduktion zum Tragen kommen muss, dass die Wirtschaft weniger Scheu hat, ältere Arbeitnehmer anzustellen, die heute nach drei Jahren, wenn sie den Betrieb verlassen, ihre ersten Abfertigungsansprüche haben, sodass sich die Betriebe lieber jüngere Arbeitskräfte suchen. Auch dieses Ressentiment gegenüber älteren Arbeitnehmern in der Wirtschaft, das mir gegenüber häufig formuliert wird als Grund dafür, warum die Betriebe nicht bereit sind, ältere Arbeitnehmer anzustellen, muss endlich wegfallen.

Daher meine und hoffe ich, dass mit diesem Projekt mehrere soziale Probleme endlich beseitigt werden.

85 Prozent der Arbeitnehmer bekommen heute keine Abfertigung, obwohl sie einen Abfertigungsanspruch haben. Ich denke, dass die entsprechende Abwicklung der "Abfertigung Neu" ab dem ersten Tag, so wie sie jetzt unbestritten innerhalb der Koalitionsregierung und der Parlamentsparteien auf der Tagesordnung steht und auch von den Sozialpartnern mitgetragen wird, eine wichtige Basis ist, um dieses Projekt endlich im Jahr 2002 in die Praxis umzusetzen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Hagen gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Inwieweit sehen Sie positive Auswirkungen aus der "Abfertigung Neu" für die Alterssicherung?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Ich sehe dort eine positive Absicherung, wo Arbeitnehmer in jungen Jahren bereits daran denken, ihre Abfertigung nicht für das neue Wohnhaus oder eine Urlaubsreise zu verwenden, sondern von der Möglichkeit Gebrauch machen, das Geld in eine Pensionskasse für die eigene Zusatzversorgung einzuzahlen. Wir sehen in sehr vielen europäischen Ländern, dass sich dort die Modelle der besseren Altersabsicherung und zur Erhaltung des Lebensstandards durchaus bewähren.

Sehr viele der Pensionisten, die mit ihren Pensionen nicht zufrieden sind, haben in ihrer Zeit als Arbeitnehmer, also als sie aktiv waren, eigentlich nicht realisiert, dass ein Teil ihres Nettogehaltes aus Zulagen besteht, die nicht pensionspflichtig sind, und daher waren sie dann, als sie in die Pension kamen, negativ überrascht, wie gering ihre Pension ist.

Ich meine daher, dass es wichtig ist, die Abfertigung sinnvollerweise gerade für diesen vorher genannten Bereich zu verwenden und dass die Arbeitnehmer dazu auch bereit sein sollen.

Etwas anderes habe ich schon zur Frage von Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk ausgeführt: Ich erwarte mir damit auch eine längere Stabilisierung am Arbeitsmarkt für ältere Arbeitskräfte und in weiterer Folge eine deutlich bessere Pension, weil sich auf Grund der vermehrten Beitragsjahre die Höhe der Pensionen für die Arbeitnehmer gegenüber heute verbessern wird.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Mag. Tusek gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Mit welchem zeitlichen Horizont kalkulieren oder rechnen Sie, bis die "Abfertigung Neu" in Kraft treten wird?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Ich möchte Herrn Kollegen Bartenstein, der dafür die Hauptarbeit trägt, nicht vorgreifen, aber innerhalb der Bundesregierung gehen wir von dem zweiten Halbjahr des Jahres 2002 aus.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 6. Anfrage, die Frau Bundesrätin Höllerer stellt. Ich bitte um die Verlesung.

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1211/M-BR/01

Wie weit sind die Vorbereitungen für die Umsetzung des Kinderbetreuungsgeldes, das mit 1. 1. 2002 in Kraft tritt, gediehen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Nachdem ich Anfang November 2001 von Seiten der einzelnen Träger und des Arbeitsmarktservice die Rückmeldung bekommen habe, dass nunmehr alle EDV-Unterlagen, die Informationen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Krankenversicherungsträgern betreffen, bei den Trägern sind, hoffe ich, dass mit 31. Dezember dieses Jahres, also mit Beginn der Umsetzung des Kinderbetreuungsgeldes, auch alle, die vor Ort damit zu tun haben, einen ordnungsgemäßen, gesetzeskonformen Informationsstand haben, um die Umsetzung nicht zu gefährden, sondern sie zügig voranzutreiben.

Innerhalb der Bundesregierung ist auch daran gedacht, nach Weihnachten, vor Jahresbeginn, einen Informationsfalter mit allen Details und den wichtigsten Fragen zu diesem Bereich zu erstellen. Wenn Sie sich die Internetseite meines Hauses ansehen, werden Sie auch feststellen, dass dort heute schon die Antworten zu den Fragen betreffend das Kinderbetreuungsgeld – auch zu jenen Fragen, die mein Haus nichts angehen, die aber immer wieder an das Sozialministerium gerichtet werden, nämlich Fragen des Arbeitsrechtes – interessierten Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stehen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Beim Bezug von Kinderbetreuungsgeld kann es auch, wenn man die Rahmenbedingungen nicht einhält, zu Rückforderungen und dadurch zu besonderen Härtefällen kommen. Wie wird die Verordnung ausschauen, nach der solche Fälle behandelt werden?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Es ist eine Verordnung des Finanzministeriums geplant, mit der Bagatellüberschreitungen, welche nicht vorhersehbar waren, in entsprechender Form sanktioniert werden, mit der aber Rückzahlungsforderungen dort, wo es geplante Überschreitungen gibt, in entsprechender Form, wie sie gesetzlich formuliert sind, dargestellt werden.

Interessierte können dann – auch ab 1. Jänner 2002 – über die Rahmenbedingungen der 200 000-S-Grenze, wo dann entsprechende Rückzahlungen möglich und vorstellbar sind, eine entsprechende Aufklärung über ihre individuelle Lage haben.

Wir haben durchaus die gleiche Ansicht wie der Herr Finanzminister hinsichtlich Gehaltsüberschreitungen etwa bei Teilzeitarbeit mit Beteiligung am Verkaufserlös als Prämie und Provision – zum Beispiel in den großen Handelshäusern, im Möbelgeschäft, ohne eine Handelsmarke zu nennen, ist das vor Weihnachten gang und gäbe. Hier gehen sehr viele temporär – neben der Kinderbetreuung –, am Freitag und Samstag der Arbeit nach und arbeiten derzeit an der Geringsfügigkeitsgrenze. Das Öffnen der Geringfügigkeitsgrenze mit Provisionsanteilen hat für solche Frauen einen positiven Effekt der Stabilisierung ihres Einkommens, aber auch den negativen Effekt, dass man nicht an jedem Samstag zusammenzählen kann, ob man jetzt unter den 200 000 S liegt oder knapp darüber. Daher haben wir bei den Vorberatungen mit dem Herrn Finanzminister auch in diesem Bereich Bagatellgrenzen eingeführt, die für die Bürger dann auch transparent gemacht werden können.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wird von Frau Bundesrätin Mag. Trunk gewünscht. – Bitte.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Bundesminister! Sehen Sie auch die Notwendigkeit, dass Maßnahmen zum Wiedereinstieg nach der Zeit der Inanspruchnahme des Kindergeldes insbesondere für vormals berufstätige Frauen auch mit öffentlichen Mitteln unterstützt werden müssen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Die wichtigste Maßnahme im Bereich des Kinderbetreuungsgeldes und für den Wiedereinstieg von Frauen ist, dass sie zum Wiedereinstieg, wie es im Fachjargon leider heißt, berufsfähig und voll qualifiziert kommen.

Ich glaube, dass es auch für Frauen eine besondere Bedeutung hat, dass mit der jetzigen Initiative der Bundesregierung die Beschäftigung in Österreich angekurbelt wird und der Knick in der Konjunkturkurve möglichst abgeflacht werden soll.

Es ist besonders wichtig, dass sowohl vom Herrn Finanzminister als auch von Minister Bartenstein klargestellt wurde, dass auch für das nächste Jahr dem Arbeitsmarktservice 500 Millionen Schilling für gezielte Berufsausbildung und Berufsqualifikation zur Verfügung stehen, weil gerade diese Mittel für die Frauen in der Wiedereinstiegsphase von besonderer Bedeutung sind.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wird von Frau Bundesrätin Haunschmid gewünscht. – Bitte.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Die Neuregelung des Kinderbetreuungsgeldes bringt mich sich, dass zum Beispiel laut Berechnungen des Landes Oberösterreich in Oberösterreich rund 4 100 Väter und Mütter, deren Kinder zwischen 1. 7. 2000 und 31. 12. 2001 geboren wurden, keinerlei Unterstützung seitens des Bundes erhalten. Diese Mütter und Väter würden also kein Karenzgeld oder keine Teilzeitbeihilfe beziehen. – Auf Initiative von Familienreferent Hiesl und Landesrätin Ursula Haubner wurde nun für diese 4 100 Eltern in Oberösterreich ein außerordentlicher Familienzuschuss in der Gesamthöhe von 47 Millionen Schilling gewährt.

Können Sie sich vorstellen, dass es eine Möglichkeit gibt, dass diese so wichtige Entscheidung und Vorgangsweise auch andere Bundesländer – außer Kärnten und Steiermark, die bereits Ähnliches erhalten haben – übernehmen und durchführen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Ich kann mir das vorstellen. Ich möchte mich aber nicht allzu stark in die Maschinerie des Föderalismus einmischen, denn ich war schon dankbar dafür, dass alle Familienreferenten aller Bundesländer mit ihren Finanzreferenten und Landesregierungen erreicht haben, dass die Mittel, die durch das Kinderbetreuungsgeld in der Altersstufe von ein bis drei Jahren frei geworden sind, wieder dem Bereich der Familien zugeführt werden.

Ich betrachte die drei Modelle, in der Steiermark, in Oberösterrreich und Kärnten, wo man diese Stichtagsproblematik auch für jene, die wie bisher keine Unterstützung bekommen würden, weil ihre Kinder eben in diesem 6-Monate-Zeitraum geboren wurden, erkannt hat, eher als gute Unterstützung, um die Akzeptanz des Bundesmodells des Kinderbetreuungsgeldes auch in allen Bevölkerungsschichten zu verbreiten und den Familien zu helfen, die es notwendig haben. – Ich würde mir wünschen, dass die anderen Bundesländer diesem Beispiel folgen, aber es steht mir nicht zu, mich in die Hoheit der Länder einzumischen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 7. Anfrage, die Frau Bundesrätin Kainz stellt. Ich bitte um die Verlesung.

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1215/M-BR/01

Wie hoch ist der erwartete Abgang in der Krankenversicherung im Jahr 2002?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Ich möchte die Antwort in zwei Teile teilen: Der erwartete Abgang, den Kollege Sallmutter im Februar dieses Jahres präsentiert hat, war 5,9 Milliarden Schilling. Der erwartete Abgang auf Grund der Zahlen, die derzeit vorliegen, beträgt 3,2 Milliarden Schilling, das sind also um 2,7 Milliarden Schilling weniger als jene Prognose beinhaltet, die Kollege Sallmutter und alle Träger im Februar dieses Jahres getätigt haben. Bereinigt um die Rücklagen und andere zu bereinigende Dinge liegt der Nettoabgang knapp über 1,2 Milliarden Schilling. Der anfangs erwähnte Betrag war der Bruttoabgang. Der Nettoabgang beträgt nach dem heutigen Stand 1,274 Milliarden Schilling.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Frau Bundesrätin.

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Sie haben heute schon einige Möglichkeiten, den Abgang einzuschränken, aufgezeigt. Steht hinter der Aktion, die Sozialversicherungsträger nach ihren satzungsmäßigen Leistungen zu fragen, auch die Absicht, die Krankenversicherungen in ihren satzungsmäßigen Leistungen einzuschränken?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Ich sage es in aller Offenheit: Ich habe mit einem Träger sehr große Probleme, weil ich glaube, dass die Träger der Krankenversicherung nicht gut beraten sind, die Mittel, die sie für den Härtefonds haben, nicht für Härten auszugeben. Es gibt nämlich in der Versichertengemeinschaft sehr viele Härtefälle, für die nichts ausgegeben wird, und bei einem Träger wird eine Sparsamkeit an den Tag gelegt, die im Umfeld anders gesehen wird.

Wenn ich die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, die Wiener Gebietskrankenkasse und die Burgenländische Gebietskrankenkasse betrachte, sehe ich die beiden nicht zentral gelegenen Träger hinsichtlich der Regelung des Härtefonds und des Härteausgleichs ihren Versicherten gegenüber als durchaus kundenfreundlicher, als es die Situation in der Bundeshauptstadt ist.

Ich bemühe mich daher zu erfahren, warum die Haltung einzelner Träger hier vom Gesamtverhalten der Versichertengemeinschaft und der Selbstverwaltung abweicht, und dazu ist es notwendig, auch das zusätzliche Leistungsspektrum zu erheben.

Sie werden mir Recht geben, dass ich, wenn ich in vielen anderen Dingen sehr großzügig bin, bei meinen Härtefondsregelungen zugeknöpfter sein kann. Wenn ich aber das Umfeld der freiwilligen Leistungen sehr knapp halte, werde ich klarerweise bei den Härtefondsregelungen großzügiger sein müssen.

Diese Frage will ich endlich auf Datenbasis der Sozialversicherungsträger ordnungsgemäß beantwortet haben, um auch hier eine faire Diskussion zu führen und nicht unter Umständen den Wienern Unrecht zu tun.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Hagen gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie hoch – prozentuell – sind die Kosten für Personal und Verwaltung in den Krankenversicherungen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Ich darf hier hinzufügen, dass die Kostensituation innerhalb der Träger immer ein Streitpunkt zwischen mir und den Trägern selbst ist.

Wenn man die gesamten Ausgaben im Gesundheitsbereich ansieht, dann liegen wir bei 10,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes; damit sind wir im europäischen Spitzenfeld. Wenn man die Träger gesondert ansieht, liegen wir mit knapp 8,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Mittelbereich der 15 EU-Staaten. Rechnet man hinzu, was von Privatversicherungen in Österreich und von den Ländern und Gemeinden sowie dem Bund als Krankenhauserhalter noch zusätzlich zu den Trägern hinzukommt, so liegen wir neben der Bundesrepublik Deutschland mit nicht ganz 12 Prozent im Spitzenfeld.

Auch bezüglich der Aufwendungen gibt es sehr große Streitigkeiten, ob der kontrollärztliche Dienst jetzt tatsächlich eine medizinische Leistung ist oder ob er das ist, als was ich ihn immer sehe, nämlich eine verwaltungsökonomische ärztliche Kontrolle, die nur zu einem geringen Bereich medizinischen Leistungen zuzurechnen ist.

Auf Grund der Ausweismöglichkeiten gibt es daher innerhalb der Träger schon seit Jahren die eigene Rubrik des kontrollärztlichen Dienstes. Die Träger rechnen ihn stets zu den medizinischen Leistungen, mein Haus rechnet ihn zum überwiegenden Teil zu den Verwaltungskosten. Daher treten auch Diskrepanzen in den Verwaltungskostenabrechnungen zu Tage.

Wenn man sich etwa die Praxis am Wienerberg oder in anderen Stellen der Sozialversicherungsträger ansieht, dass Patienten mit ihren Rezepten und Befunden warten, um sie chefärztlich genehmigt zu bekommen, sie aber dann nicht den Chefarzt sehen, sondern irgendwann einmal – nach einer halben, dreiviertel oder ganzen Stunde – das bestätigte oder nicht bestätigte Formular wieder in die Hand gedrückt bekommen, ohne den Chefarzt gesehen zu haben, dann wird man – wie viele Patienten in Österreich und mein Haus – auch der Meinung sein, dass das eine verwaltungsökonomische Barriere und keine medizinische Leistung ist. Wenn es nämlich eine medizinische Leistung wäre, so müsste jeder einzelne Patient dem Kontrollarzt vorgestellt werden, um sein Krankheitsbild und alles darzustellen.

Ich denke, wir brauchen nicht lange darüber zu diskutieren, denn die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher, die jemals beim Kontrollarzt waren, wird meinem Haus und nicht den Trägern Recht geben. (Beifall der Bundesrätin Haunschmid. )

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 8. Anfrage. – Kollegin Giesinger ist nicht im Saal.

Daher kommen wir zur 9. Anfrage, die Herr Bundesrat Weilharter stellt. Ich bitte um die Verlesung.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1217/M-BR/01

Welche Vorteile erwarten Sie von der Zusammenlegung der Pensionsversicherungen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Herr Bundesrat Weilharter! Von der Zusammenlegung der Pensionsversicherungen erwarte ich mir, dass endlich die Verwaltungsprozesse so beschleunigt werden, dass die Versicherten relativ bald wissen, wie hoch ihre definitive Pension sein wird.

Als ich in das Amt gekommen bin, habe ich leider mit Erstaunen feststellen müssen, dass sich sowohl bei der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter als auch bei der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten nach der Antragstellung, in die definitive Pension zu gehen, die Zuerkennung – nicht nur in Fällen, die Auslandszeiten mit berücksichtigen und bei denen es durchaus verständlich ist, dass auf Grund der Datenerhebungen im Ausland Verzögerungen nicht nur möglich, sondern systemimmanent sind – bei rein österreichischen Verwaltungsabläufen verschlechtert hat.

Ich glaube, dass es unzumutbar ist, dass jemand, der bei einem oder zwei Dienstgebern war, länger als einen Monat warten muss, bis er endlich seine definitive Pension bekommt.

Ich habe auch schon ausgeführt, dass ich mir eine bessere Begutachtung vor Ort wünsche, um gleiche und einheitliche Standards für alle Berufsgruppen zu bekommen. Die Hilfsarbeiter fühlen sich heute meiner Ansicht nach zu Recht in der Begutachtung benachteiligt. Bei den anderen Berufsgruppen ist es sehr unterschiedlich. Ich meine, dass es nur sozial verträglich ist, wenn endlich die Standards möglichst gerecht für die Versicherten gestaltet werden, sodass sie nicht monatelang von einem Experten zum anderen laufen, bis sie dann ihre Begutachtung bekommen, sondern dass diese sehr kurz und sehr schnell vor Ort verfasst wird. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Ich darf dazu noch bekannt geben, dass wir derzeit für 2 500 invalide Personen einen Probelauf für die Neuordnung des Invaliditätsrechtes in Österreich haben, wonach Personen, die um Invaliditätspensionen oder Rehab-Maßnahmen nach dem derzeitigen System ansuchen, nach dem im Arbeitskreis konzipierten neuen System begutachtet werden. Damit haben wir hier einen Feldversuch, wie sich das sozial und auf die Lebensqualität des Einzelnen auswirkt, wie sich das auf die einzelnen Sozialtöpfe auswirkt und wie schlussendlich die soziale Verträglichkeit des neuen Systems im Verhältnis zum heutigen System ist. Ich verlasse mich nicht mehr nur auf die Fachleute, sondern ich möchte hier auch, um das wissenschaftlich auszudrücken, eine Feldstudie haben, um eine bessere Bewertung zu erzielen. (Beifall der Bundesrätin Haunschmid. )

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht, Herr Bundesrat Weilharter? – Nein, danke.

Zu einer Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon gemeldet. Diese entfällt, da er nicht anwesend ist.

Die nächste Zusatzfrage wird von Bundesrat Horst Freiberger gestellt. – Bitte.

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister! Sie haben in Ihren Ausführungen auf die Einsparungen oder die Einsparungspotenziale im Bereich der Verwaltung hingewiesen. Im Rahmen der dritten Anfrage ist schon einiges in diesem Zusammenhang diskutiert worden.

Ich möchte darauf hinweisen, dass der Zuschussbedarf des Bundes pro ausbezahlte Pension und pro Monat bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft 6 883 S, bei den Bauern 5 952 S, im Gegensatz dazu aber bei den Angestellten zum Beispiel nur 1 215 S beträgt. Die Motivation, Einsparungspotenziale zu lukrieren, müsste also bei den Pensionsversicherungen der Selbständigen ungleich höher sein, wenn dies damit zu erreichen ist.

Ich frage Sie deshalb, warum die Regierungsparteien und damit auch Sie den Entschließungsantrag der SPÖ, mit dem Sie aufgefordert wurden, bis zum 31. 12. 2002 diesbezüglich eine Regierungsvorlage zu erstellen, um das Ziel so schnell wie möglich zu erreichen, abgelehnt haben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Ich darf noch einmal wiederholen, dass im Bereich der bäuerlichen Sozialversicherung derzeit die Umsetzung eines Einsparungspotenzials auf Grund von Vorschlägen dieser Bundesregierung, der vorangegangenen Bundesregierung und der bäuerlichen Sozialversicherungsanstalt selbst im Gange ist.

Ich wiederhole noch einmal klar und deutlich, dass ich nicht bereit bin, in einem laufenden Einsparungsprozess einen zusätzlichen Einsparungsprozess neu zu formulieren. Ihnen und mir ist in gleicher Weise klar, dass man Leute, die sich in einem Schrumpfungsprozess befinden –die sozialen Rahmenbedingungen sind ohnehin schon schwierig genug, um die Einsparungsziele zu erreichen –, nicht durch eine neuerliche Reform der Reformen so verunsichert, dass gar nichts mehr geht.

Das Gleiche gilt für den Bereich der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass die Haltung meines Hauses zum jetzt laufenden Rechnungshofbericht und zur Einschau dazu hinsichtlich so mancher Vergaben innerhalb der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und der dort nicht lukrierten Einsparungspotenziale durchaus gleich kritisch ist.

Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft hat jetzt ihre Gegenäußerungs-Frist. Wir rechnen damit, dass etwa im Februar des nächsten Jahres der Rechnungshofbericht fertig gestellt werden kann und dann im nächsten Jahr ins Parlament kommt. Ich denke, wir sind gut beraten, innerhalb der Bundesregierung nicht aus politischen Gründen an einem Datum festzuhalten, sondern an einer bestehenden Einschau, und das Einschauergebnis und die dortige Kritik dann zum Gegenstand einer Reform zu machen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich bedanke mich.

Die Fragestunde ist damit beendet.

Einlauf

Vizepräsident Jürgen Weiss: Eingelangt ist ein Schreiben der Ersten Präsidentin des Oberösterreichischen Landtages betreffend die Nachwahl eines Ersatzmannes in den Bundesrat.

Ich ersuche die Schriftführerin um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Ilse Giesinger: "An den Präsidenten des Bundesrates

Nachwahlen zum Bundesrat

Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich teile mit, dass das Mitglied des Bundesrates Mag. Michael Strugl mit Ablauf des 7. November 2001 auf seine Mitgliedschaft im Bundesrat verzichtet hat und das am 4. Oktober 2001 gewählte Ersatzmitglied Prof. Mag. Gerhard Tusek ex lege nachgerückt ist. Auf Grund dieses Verzichtes hat der Oberösterreichische Landtag in seiner Sitzung am 8. November 2001 gemäß Artikel 35 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 und Artikel 29 Oö. Landes-Verfassungsgesetz die erforderliche Nachwahl eines Ersatzmannes durchgeführt.

Es wurde gewählt:

als Ersatzmitglied an 10. Stelle:

Mag. Michael Strugl, geboren am 28. 8. 1963

4040 Linz, Hazodstraße 12

Mit freundlichen Grüßen!

Angela Ortner"

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Dies dient zur Kenntnis.

Eingelangt sind auch vier Beschlüsse des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert wird (8. BFG-Novelle 2001),

ein Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 2001 bewilligt werden (Budgetüberschreitungsgesetz 2001 – BÜG 2001),

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2002 geändert wird (BFG-Novelle 2002), und

ein Bundesgesetz über die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 2000.

Gemäß Artikel 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz unterliegen diese Beschlüsse des Nationalrates nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates.

Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung der vorliegenden Beschlüsse durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Eingelangt sind Anfragebeantwortungen 1720/AB bis 1722/AB, die den Anfragestellern übermittelt wurden.

Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen.

In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Eingelangt sind ferner jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind, sowie die Beschlüsse des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend

einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Italienischen Republik über die Instandhaltung der Grenzzeichen sowie die Vermessung und Vermarkung der gemeinsamen Staatsgrenze samt Schlussprotokoll, Notenwechsel und Anlagen,

einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über den Verlauf der gemeinsamen Staatsgrenze im Grenzabschnitt "Salzach" und in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts "Scheibelberg-Bodensee" sowie in Teilen des Grenzabschnitts "Innwinkel" samt Anlagen,

Annahmeerklärung des Beitritts der Republik Belarus zum Übereinkommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht,

Zweites Protokoll zur Haager Konvention von 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten, Den Haag, 26. März 1999, samt Interpretativer Erklärung der Republik Österreich und

ein Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2001 geändert wird.

Der Präsident hat alle diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen.

Die Ausschüsse haben – mit Ausnahme der soeben erwähnten Beschlüsse – ihre Vorberatungen darüber sowie über die bereits früher eingelangten und zugewiesenen Berichte

der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich sowie

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit gemäß § 222 des Mineralrohstoffgesetzes und

über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2000

aufgenommen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Die in den zuständigen Ausschüssen erledigten Vorlagen hat der Präsident auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Behandlung der Tagesordnung

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich beabsichtige die Debatte über die Punkte 1 bis 3, 5 und 6, 7 und 8, 9 bis 11, 12 und 13, 17 und 18, 19 bis 23, 24 und 25, 26 bis 29, 32 und 33 sowie 35 bis 41 der Tagesordnung jeweils unter einem abzuführen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir werden in diesem Sinne vorgehen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Ankündigung von dringlichen Anfragen

Vizepräsident Jürgen Weiss: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Hedda Kainz und GenossInnen betreffend die Pensionsanpassung für das Jahr 2002 an den Herrn Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen vorliegt.

Weiters liegt mir ein zweites Verlangen im Sinne der erwähnten Bestimmung auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Ferdinand Gstöttner und GenossInnen betreffend Verunsicherung der österreichischen Bevölkerung durch widersprüchliche Aussagen der Mitglieder der Bundesregierung zu brisanten politischen Themen an den Herrn Bundeskanzler vor.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung der ersten, an den Herrn Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen gerichteten, dringlichen Anfrage an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

Die Behandlung der zweiten, an den Herrn Bundeskanzler gerichteten, Anfrage wird unmittelbar in Anschluss an die erste dringliche Anfrage erfolgen.

1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Zustellgesetz, das Forstgesetz 1975, das Wasserrechtsgesetz 1959, das Abfallwirtschaftsgesetz, das Immissionsschutzgesetz – Luft, das Strahlenschutzgesetz, das Epidemiegesetz 1950, das Tuberkulosegesetz, das Ärztegesetz 1998, das Dentistengesetz, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das MTD-Gesetz, das Hebammengesetz, das Apothekengesetz, das Arzneimittelgesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz, das Krankenanstaltengesetz, das Tierseuchengesetz, das Kraftfahrgesetz 1967, das Schifffahrtsgesetz, das Luftfahrtgesetz, die Gewerbeordnung 1994 und das Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen geändert, ein Bundes-Berichtspflichtengesetz erlassen sowie das Rattengesetz, das Bazillenausscheidergesetz, die Durchführungsverordnung zum Bazillenausscheidergesetz und das Bundesgesetz über natürliche Heilvorkommen und Kurorte aufgehoben werden (Verwaltungsreformgesetz 2001) (722  und 885/NR sowie 6488 und 6496/BR der Beilagen)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über einen Deregulierungsauftrag erlassen sowie das Eisenbahngesetz 1957, das Rohrleitungsgesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (Deregulierungsgesetz 2001) (886/NR sowie 6489/NR und 6497/BR der Beilagen)

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956 und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2001) (842 und 887/NR sowie 6498/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Punkten 1 bis 3, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Verwaltungsreformgesetz 2001,

ein Deregulierungsgesetz 2001 und

eine 2. Dienstrechts-Novelle 2001.

Die Berichterstattung über alle diese Punkte hat Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber übernommen. – Bitte.

Berichterstatter Ing. Franz Gruber: Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Zustellgesetz, das Forstgesetz 1975, das Wasserrechtsgesetz 1959, das Abfallwirtschaftsgesetz, das Immissionsschutzgesetz – Luft, das Strahlenschutzgesetz, das Epidemiegesetz 1950, das Tuberkulosegesetz, das Ärztegesetz 1998, das Dentistengesetz, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das MTD-Gesetz, das Hebammengesetz, das Apothekengesetz, das Arzneimittelgesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz, das Krankenanstaltengesetz, das Tierseuchengesetz, das Kraftfahrgesetz 1967, das Schifffahrtsgesetz, das Luftfahrtgesetz, die Gewerbeordnung 1994 und das Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen geändert, ein Bundes-Berichtspflichtengesetz erlassen sowie das Rattengesetz, das Bazillenausscheidergesetz, die Durchführungsverordnung zum Bazillenausscheidergesetz und das Bundesgesetz über natürliche Heilvorkommen und Kurorte aufgehoben werden (Verwaltungsreformgesetz 2001).

Der Bericht liegt allen Bundesrätinnen und Bundesräten in schriftlicher Form vor, daher erübrigt sich dessen Verlesung.

Ich komme nun zum Ausschussantrag.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich erstatte des Weiteren den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über einen Deregulierungsauftrag erlassen sowie das Eisenbahngesetz 1957, das Rohrleitungsgesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (Deregulierungsgesetz 2001).

Dieser Bericht liegt ebenfalls allen Bundesrätinnen und Bundesräten in schriftlicher Form vor, daher erübrigt sich auch dessen Verlesung.

Ich komme nun zum Ausschussantrag.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ferner erstatte ich den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956 und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2001).

Dieser Bericht liegt gleichfalls allen Bundesrätinnen und Bundesräten in schriftlicher Form vor, daher erübrigt sich auch dessen Verlesung.

Ich komme nun zum Ausschussantrag.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich bedanke mich für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Herbert Würschl das Wort. – Bitte.

12.09

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! Der niederösterreichische Landeshauptmann hat heute zur Verwaltungsreform eine schöne Sonntagsrede gehalten, und Kollege Grasberger hat als Ministrant mitgewirkt. Diese schöne Sonntagsrede war allerdings ohne konkrete Inhalte. Es gab darin Wunschaussagen, und theoretisches Beiwerk wurde mitgefahren.

Der einzige konkrete Punkt, meine Damen und Herren, war der Hinweis des niederösterreichischen Landeshauptmannes, dass es in Niederösterreich zur Einrichtung eines Bürgerbüros kommen wird.

Da frage ich mich: Sind öffentliche Sekretariate beziehungsweise öffentliche Büros nicht auch Bürgerbüros? – Es müsste also jedes öffentliche Amt ein Bürgerbüro sein. Warum das gerade in Niederösterreich zusätzlich eingerichtet werden soll, entzieht sich meiner Kenntnis.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten sind natürlich für eine effiziente Verwaltung, für eine bürgernahe Verwaltung, für eine sparsame Verwaltung, und wir treten dafür ein, dass den Bürgern, den Menschen dieses Landes Behördenwege erspart bleiben und sie durch öffentlich Bedienstete nicht schikaniert werden.

Wir sind für Vereinfachungen im öffentlichen Bereich – das ist für uns gar keine Frage! Aber wenn wir diese so genannte Verwaltungsreform dieser Bundesregierung anschauen, dann sehen wir eigentlich nur Personalabbau. Es gibt einen Personalabbau bei der Polizei, bei der Gendarmerie, und das bedeutet ein Weniger an Sicherheit für unsere Menschen.

Ich selbst komme aus dem Schulbereich und musste zur Kenntnis nehmen, dass nicht nur in Kärnten, sondern in ganz Österreich Hunderte von Lehrerinnen und Lehrern mit dieser Reform eingespart wurden. Das heißt: Für unsere Kinder wird weniger Qualität in der Bildung gewährleistet.

Meine Damen und Herren! Wenn wir uns den ländlichen Raum anschauen, dann müssen wir feststellen, dass es sich da um eine Zusperrpolitik handelt. Diese können wir nicht mittragen! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Eine weitere Reform dieser Bundesregierung besteht darin, dass Gebühren erfunden oder erhöht werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Beim dritten Tagesordnungspunkt, nämlich der 2. Dienstrechts-Novelle 2001, steht folgende recht interessante Sache zur Diskussion: Es sollen Hunderte Beamte mit 55 Jahren zwangspensioniert werden, in die Pension geschickt werden, obwohl sie das nicht wollen. (Bundesrat Grissemann: Sind Sie sich da so sicher?) Sie bekommen eine 92-prozentige Pensionsabfertigung pro Monat.

Sehr geehrte Damen und Herren! Damit findet eine Kostenverschiebung vom Personalaufwand zum Pensionsaufwand statt. Besonders weh tut mir aber, dass damit ein inhumaner Akt vollzogen wird. Es werden nämlich Menschen aus dem Erwerbsleben genommen und automatisch durch diese Bundesregierung zwangspensioniert.

Ich frage mich: Warum ist man nicht bereit, Menschen, die arbeiten wollen, im Arbeitsprozess zu belassen? Warum will man diese Ressourcen nicht nützen?

Angesichts dessen verwundert es mich überhaupt nicht, sehr geehrte Damen und Herren, dass seriöse Journalisten – den Namen der Zeitung brauche ich hier nicht zu nennen, aber es ist eine seriöse Zeitung (Bundesrätin Haunschmid: "NEWS", "Standard", "Format"!)  – in diesem Zusammenhang von Tricks der Reformer reden.

So meint beispielsweise Herr Clemens Jabloner, seines Zeichens Präsident des Verwaltungsgerichtshofes – Sie werden zugeben, dass das ein rechtschaffener Mensch ist –, dass diese so genannte Reform ein Schmarren sei. Er meint, er könne nicht nachvollziehen, wo da Deregulierungen stattfänden.

Eine weitere Kritik lautet: Die 4 000 ausgegliederten Beamten werden nur vom Personal- in den Sachaufwand abgeschoben. Auch in anderen Bereichen der Verwaltungsreform fallen Aufgaben nicht weg, sondern werden nur aus dem Bundesbudget verlagert.

Sehr geehrte Damen und Herren! So stellen wir Sozialdemokraten uns eine Verwaltungsreform nicht vor.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister Haupt hat hier heute in der Fragestunde von der Einführung der Chipkarte gesprochen. Es ist an ihn die Frage gestellt worden: Kommt sie? – Darauf antwortete er, er wisse es nicht, wann sie kommen wird oder ob sie überhaupt kommen wird. Er sagte, das sei eine Erfindung des Herrn Bundesministers Bartenstein von der ÖVP, der wolle das, und der wolle auch, dass gleichzeitig Gebühren eingehoben werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde mir wünschen, dass diese Regierung endlich einmal sinnvolle Reformen auf den Tisch legen würde (Bundesrätin Haunschmid: 30 Jahre haben wir uns das gewünscht!), dann könnten auch wir Sozialdemokraten zustimmen. Aber bei diesem Gesetzeswerk werden wir das sicher nicht tun! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.14

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Herwig Hösele das Wort. – Bitte.

12.15

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Würschl! Ich habe das große Privileg gehabt, bereits um 9.07 Uhr, also noch vor Beginn der Ausführungen des Herrn Landeshauptmannes von Niederösterreich – diese waren übrigens ganz ausgezeichnet –, Ihre Rede in der APA schon lesen zu dürfen. (Rufe bei der ÖVP: Na sowas!)

Aber leider haben Sie uns einen großen Teil dessen, was Sie laut APA gesagt haben, verschwiegen.

Ich zitiere wörtlich: "Zu einer Abrechnung mit der so genannten Verwaltungsreform der blau-schwarzen Bundesregierung holte heute im Bundesrat der Kärntner SPÖ-Landesgeschäftsführer Herbert Würschl aus." – Das war um 9.07 Uhr. – Hier im Bundesrat sagten Sie etwas anderes, aber das macht nichts, ich finde es nur interessant! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Zweite ist: Sie haben anscheinend Landeshauptmann Pröll nicht zugehört oder nicht zuhören wollen, sonst wüssten Sie, dass Herr Landeshauptmann Pröll ein Zitat des Herrn Vizepräsidenten des Verfassungsgerichtshofes Korinek gebracht hat, der etwas Gegenteiliges von der Kritik, die der Herr Präsident des Verwaltungsgerichtshofes Jabloner geäußert hat, gesagt hat.

Mir liegt auch eine Äußerung des Herrn Rechnungshofspräsidenten Dr. Fiedler vor, der meint, dass er diese Reform außerordentlich schätze.

Jetzt lese ich Ihnen einen Text vor, der folgendermaßen lautet:

"Das hat mit parteipolitischen Überlegungen nichts zu tun, wenn wir mit Vertretern der Bundesregierung in der Sachpolitik zusammenarbeiten. Natürlich sind wir gegenüber sinnvollen Reformen aufgeschlossen und sprechen mit Vertretern der Regierung. Die Aufwertung der Bezirkshauptmannschaften, das New-Public-Management – das sind notwendige Reformen." – Was glauben Sie, von wem das stammt? – Von Herrn Landeshauptmann Niessl. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was glauben Sie, wer am 23. Oktober 2001 in Baden, nach einem sehr langen Verhandlungsprozess, auch zugestimmt hat? – Herr Landeshauptmann Häupl. (Hört-hört-Rufe bei der ÖVP.) Es ist nämlich eine einstimmige Beschlussfassung in der Landeshauptleutekonferenz notwendig, um diese wichtigen Maßnahmen durchzusetzen. Aber hier sagen Sie: Wir sind dagegen!  – Gut, soll so sein.

Zweiter Fall: Gewisse Dinge gehen nicht, weil man eine Verfassungsmehrheit dazu braucht. – Herr Kollege Schennach ist jetzt leider nicht im Hause. – Ich kann mich noch – aus meinem Brotberuf – an die Vorbereitungen für die viel zitierte, gescheiterte Verfassungsreform 1994 erinnern. Diese ist nämlich nicht an der Verfassungsmehrheit, die möglicherweise gefehlt hat, gescheitert, sondern deswegen, weil die SPÖ unter anderem nicht haben wollte, dass die Landeshauptleute in der Verfassung als Konferenz genannt werden. So ist es! (Zwischenrufe und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Halten Sie es für denkmöglich, dass in dieser Republik über Verfassungsreformen und über Verwaltungsreformen sehr lange geredet worden ist, dass aber relativ lange nichts gemacht wurde? Ob das möglicherweise einen Zusammenhang damit hat, wer 30 Jahre die Regierungsmannschaft gestellt hat? – Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es da nicht einen Zusammenhang gibt!

Es hat im Jahre 1999 einige ganz bedeutende Kommentatoren in Österreich gegeben, und da ist auch ein Buch – herausgegeben von Alfred Payrleitner – mit dem Titel "Aufbruch aus der Erstarrung" erschienen.

Dieser Aufbruch ist erforderlich, denn wir hatten nämlich in dieser Republik sehr lange einen Stillstand. Dieser Stillstand hat dazu geführt, dass gewisse Strukturen petrifiziert und damit fast unfinanzierbar geworden sind. Ich will Ihnen jetzt nicht die Geschichten aus Ihren Bereichen vorhalten, aber so ist es eben.

Es sind Schulden angehäuft worden, und es sind Strukturen konserviert worden. Dreißig Jahre wurde die Reformbremse gezogen. Jetzt werden Reformen gesetzt, und zwar jene Reformen, die ohne Verfassungsmehrheit möglich sind. Man könnte viele Dinge auch mit Verfassungsmehrheit machen, zum Beispiel im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung oder mit einer weiteren Erfüllung des Perchtoldsdorfer Paktums, aber Sie wollen das nicht. Sie wollen zum Beispiel auch keine unabhängige Medienbehörde. Diese ist auch viele Jahre verlangt worden. Dazu bedurfte es eines Verfassungsgesetzes, dessen Schaffung an Ihrer Ablehnung gescheitert ist.

Die heute auch im Bundesrat zu beschließenden Maßnahmen, vor allem im Verwaltungsreformgesetz 2001, sind jedenfalls ein großer Schritt, der ohne Verfassungsmehrheit gegangen werden kann und der einstimmig von der Landeshauptleutekonferenz unter Vorsitz des Herrn Landeshauptmannes Pröll in seinen Grundzügen mit beschlossen wurde. Das ist uns nach sehr langen Verhandlungen, die hauptsächlich der Herr Bundeskanzler, die Frau Vizekanzlerin und Herr Landeshauptmann Haider in der ersten Halbzeit des heurigen Jahres geführt haben, gelungen. Mit dabei waren auch die anderen Landeshauptleute. Es konnte dabei insbesondere auch auf die Expertise unseres verehrten Herrn Präsidenten Weiss, der viele Monate in dem wichtigen Koordinationskomitee tätig war, zurückgegriffen werden.

Oberste Priorität bei diesen Reformmaßnahmen muss der Bürger haben. Die eigentliche Frage ist: Wie können Staat und Verwaltung dem Bürger am besten dienen? – Es geht um den bestmöglichen Zugang des Bürgers zum Recht, um Bürgernähe, um Effizienz, um Raschheit und um Sparsamkeit.

An dieser Stelle darf ich noch einmal auf das, was Herr Landeshauptmann Pröll sehr ausführlich und sehr eindrucksvoll dargestellt hat, hinweisen.

Die Konzentration möglichst vieler bürgerserviceorientierter Verwaltungsabläufe auf die Bezirkshauptmannschaften ist dabei ein zentrales Element. So wie die Gemeinden die erste und bürgernächste Ebene der Politik sind, geht es um die Stärkung der Bezirkshauptmannschaften als die bürgernächsten Servicecenter der Landes- und der Bundesregierung.

Ich darf kurz auch unsere eigene steirische "Ware" loben: In diesem Sinn haben wir im Jahre 1997 in der Steiermark das erste Bürgeramt ganz Österreichs an einer Bezirkshauptmannschaft eingerichtet, das pionierhaft die Serviceleistungen im Zusammenhang mit Führerschein und Passausstellung nach dem One-Stop-Shop-Prinzip vorgenommen hat. – Kollege Freiberger ist leider nicht anwesend. – Das ist im Bezirk Fürstenfeld geschehen. Dem ist dann eine weitere Bezirkshauptmannschaft gefolgt, und zwar die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg. Wir schauen nicht nach, welcher Bezirkshauptmann das gerade macht, ich darf Ihnen aber Folgendes verraten: Der Bezirkshauptmann von Deutschlandsberg war langjähriger Büromitarbeiter des SPÖ-Landeshauptmannstellvertreters Professor Schachner-Blazizek.

Welche Gesinnung er hat – außer seiner Gesinnung für den Dienst am Bürger –, das möchte ich nicht untersuchen. Jedenfalls hat er es ganz hervorragend gemacht. Ich glaube, dass das die richtigen Schritte des One-Stop-Shop-Prinzips und der Bürgernähe sind.

Ein zweiter, vor allem wirtschaftsorientierter Schwerpunkt in der Steiermark war die Verfahrens- und Verhandlungskonzentration in den Bezirkshauptmannschaften. Wir haben uns in der Steiermark das Ziel gesetzt, all das in drei Monaten abzuwickeln. Es wurden Anlagenreferate im Sinne von Benchmarking und Best-Practice-Modellen eingerichtet.

Das erste Anlagenreferat wurde in der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen in Oberösterreich eingerichtet, dem weitere in ganz Österreich folgten, insbesondere auch bei uns in der Steiermark, wo schon mehrere eingerichtet worden sind. Die steirische Initiative ist in diesem Zusammenhang mit dem Speyerer Preis der dortigen Hochschule für Verwaltungswissenschaften ausgezeichnet worden.

Zusammenfassend darf ich feststellen: ein Ja zu den heute zu beschließenden Reformschritten, die im Interesse der Bürger liegen, die aber insgesamt auch einen Solidarbeitrag der Länder für das Staatsganze im Sinne des später noch zu beschließenden Stabilitätspaktes darstellen.

Daher sage ich ein klares Ja zur Staatsreform. Aus der Sicht der Länder darf aber eine Staatsreform nicht mit einer Zentralisierung verwechselt werden. Das wird es in diesem Punkt auch ganz ausdrücklich nicht. Der Chef der von der Frau Vizekanzlerin eingesetzten Aufgabenreformkommission, Professor Bernhard Raschauer, stellte fest, dass das größte Einsparungspotenzial in der Zentralverwaltung, also auf der Ebene der Ministerien, bestünde. Ich weiß, dass dazu auch sehr viele Schritte unternommen werden. Insgesamt geht es darum, dass nicht eine Ebene auf Kosten einer anderen Ebene belastet wird, sondern dass es zu Win-Win-Situationen für Bund, Länder, Gemeinden und vor allem für die Bürger kommt. Dies wird mit den heute zu beschließenden Schritten getan.

Wir haben noch beachtliche Potenziale für weitere Reformschritte, für die allerdings teilweise die schon angesprochene Verfassungsmehrheit notwendig ist. Alle sind eingeladen, auf diesem Weg mitzugehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.25

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Anna Schlaffer das Wort. – Bitte.

12.25

Bundesrätin Anna Schlaffer (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren! Wir feiern heute den Tag des heiligen Nikolaus. Ich gehe daher davon aus, dass heute viele Nikoläuse im Sinne des Kinderreims "Der Nikolaus bringt den Kleinen wie den Großen die schönsten Gaben" unterwegs sind.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Ich würde mich freuen, wenn sich dieser Spruch auch heute hier in diesem Hohen Haus bewahrheiten würde – eine Hoffnung, die wohl unerfüllt bleiben wird, denn das, was Sie heute als großen Verwaltungsreformschritt präsentieren und was uns von Landeshauptmann Pröll in großen Tönen angepriesen wurde, würde wohl in keinem Gabensack Platz finden. (Beifall bei der SPÖ.)

Das klingt viel eher wie ein Brief an das Christkind und beweist, dass zumindest Landeshauptmann Pröll noch an das Christkind glaubt.

Es mag stimmen – (Zwischenrufe bei der ÖVP) ich komme darauf zurück, Herr Kollege –, dass das One-Stop-Shop-Prinzip entscheidende Erleichterungen für die BürgerInnen mit sich bringt, doch werden die geänderten Bestimmungen für die so genannten NormalbürgerInnen wenig spürbar sein, denn es wird eine NormalbürgerIn kaum einen Güterweg bauen oder ein Schotterwerk betreiben wollen.

Was diese Menschen, die sich im Dschungel der Gesetze kaum zurechtfinden, brauchen, ist Beratung und Hilfestellung bei ihren Anliegen. Sie mögen es noch so lächerlich finden, aber eines habe ich Ihnen sicher voraus: fast 29 Jahre Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung. (Beifall bei der SPÖ.) Ich habe viele Verwaltungsreformen erlebt, darunter auch solche, in die Unsummen von Geld investiert wurden und bei denen genau das passiert ist, was da auch passiert: Die durchführenden BeamtInnen wurden nicht beigezogen. Ich kenne einen Landesbeamten, der im Expertenteam dabei war, und der hat gestaunt, mit welcher Unkenntnis der Realität da vorgegangen wurde. Vielleicht nehmen Sie das zur Kenntnis und beziehen Sie das in Ihre Überlegungen mit ein. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich werde Ihnen in Ihrem Bereich nicht dreinreden, also unterlassen Sie es bitte auch, mir in meinem dreinzureden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

Nochmals zurück: Menschen Beratung und Hilfestellung zu bieten, bedarf keiner Verwaltungsreform. Das kann jedes Land in seinem Verwaltungsbereich selbst einführen. Es bedarf vor allem auch innovativer und verantwortungsbewusster Dienststellenleiter, so wie wir sie im Burgenland in unseren Bezirkshauptmannschaften schon seit Jahren vorfinden, wo engagierte und motivierte BeamtInnen für eine rasche und unbürokratische Erledigung Sorge tragen, wo die sofortige Ausstellung eines Reisepasses schon lange Usus ist. Landeshauptmänner wie Hans Niessl zeichnen dafür verantwortlich, und im Sinne dessen, was im Burgenland schon im Jahre 1995 eingeleitet wurde, ist auch seine Aussage zu verstehen.

Der Inhalt dieser Verwaltungsreform wurde heute schon ausführlich debattiert. Besser geworden ist sie dadurch nicht, und ich werde daher nicht mehr näher darauf eingehen. (Bundesrätin Haunschmid: Bitte! – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Eines vielleicht noch: Ich hoffe, dass die BürgerInnen die Auswirkungen dieser Reform in einer ebenso positiven Form spüren werden, wie sie im negativen Sinne die Anhebung der Verwaltungsabgaben spüren.

Der Herr Bundeskanzler hat in seiner parlamentarischen Rede vom 21. November 2001 gesagt, dass mit dieser Verwaltungsreform die Voraussetzung für eine moderne, eine schlanke, eine gut finanzierte und eine motivierte Verwaltung geschaffen worden wäre. (Bundesrat Hensler: So ist es!)

Was verstehen der Herr Bundeskanzler und Sie unter einer "motivierten Verwaltung"? – Eine Verwaltung ist keine Sache, kein Gegenstand, sondern kann immer nur so gut sein, wie die ihr zugrunde liegenden Gesetze und Verordnungen sind und wie es gelingt, die ausführenden Bediensteten zu entsprechenden Leistungen zu motivieren.

Können Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, eine Motivation für BundesbeamtInnen erkennen, wenn ihnen mit der beabsichtigten Schließung der Verwaltungsakademie des Bundes die Möglichkeit einer höher qualifizierenden Aus- und Weiterbildung genommen wird?

Oder erkennen Sie eine Motivation, wenn Sie, Frau Vizekanzlerin, in eben dieser vorher erwähnten Sitzung im Zusammenhang mit dem Bundesbediensteten-Sozialplangesetz von einer Regelung für öffentlich Bedienstete, für die Sie keine Aufgabe und Verwendung mehr haben, sprechen?

BeamtInnen, die jahrelang Erfahrungen gesammelt haben und damit über unverzichtbare Ressourcen verfügen, sollen zwangsweise in Karenzurlaub vor der Ruhestandsversetzung geschickt werden – möglicherweise nur deshalb, weil sie nicht regierungskonform sind. Sind das vielleicht jene Spitzenbeamte, die seit der Bildung dieser Bundesregierung ihre Dienstzeit ohne ernsthaften Aufgabenbereich verbringen? Gilt auch hier das Motto: "Rot raus und Schwarz-Blau rein!"? Wie verträgt es sich mit Einsparungsmaßnahmen, wenn zugleich in den Ministerien eine zum Teil nicht unerhebliche Anzahl von MitarbeiterInnen mit so genannten Leihverträgen tätig ist und zumindest einige davon – wie wir hier in diesem Haus auch schon erfahren durften – überhöhte Gehälter ausbezahlt bekommen?

Tatsache ist, dass eine Verwaltung ohne Spitzenbeamte nicht funktionieren kann. Sie können daher nicht eingespart werden, sondern sind jeweils zu ersetzen, und wir werden zu gegebener Zeit die Frage stellen, ob sie schon und durch wen sie ersetzt worden sind.

Gleichzeitig werden durch dieses Gesetz aber auch alle von den ASVG-Bestimmungen betroffenen ArbeitnehmerInnen Österreichs verhöhnt. Dort, wo dieser Bundesregierung immer mehr grausame Verschlechterungen einfallen, rückt das Gefühl einer Pensionsgerechtigkeit in immer weitere Ferne.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß, dass derartige Reaktionen, die meine Worte bei Ihnen jetzt hervorgerufen haben, oft auch aus einem Gefühl der Unsicherheit heraus entstehen und das niedermachen sollen, was der Wahrheit entspricht. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist eine Gesprächstaktik, die ich auch sehr gut beherrsche.

Mit dem vorliegenden Bundesbediensteten-Sozialplangesetz ist wirklich ein Meisterstück gelungen (Bundesrat Hensler: Na also, bravo!)  – ein Meisterstück, das in einer Geringschätzung, wenn auch für Außenstehende schwer erkennbar, von Beamten, aber auch in jener von ASVG-Versicherten gipfelt; ein Werk, dem im Gegensatz zu Ihren Aussagen auch die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst die Zustimmung verweigert! Dazu heißt es – ich zitiere –: "Das am 15. 11. 2001 im Verfassungsausschuss behandelte Bundesbediensteten-Sozialplangesetz wurde ohne Zustimmung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst beschlossen. (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Weil’s ihnen zu wenig ist!) Die Ankündigungen des Sozialplangesetzes haben bei vielen Kolleginnen und Kollegen eine Erwartungshaltung hervorgerufen, die bedauerlicherweise nicht erfüllt wird."

Wenn Sie, Frau Vizekanzlerin, hier in einem Zwischenruf anmerken, es sei ihnen zu wenig gewesen (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Der Gewerkschaft war es zu wenig!), dann kann ich Ihnen ein kleines Rechenbeispiel anbieten (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Der Gewerkschaft war es zu wenig!): Der Verlust bei vorzeitigem Ruhestand unter der Annahme, dass jemand 80 Jahre alt wird, beträgt bei A-Bediensteten 1,7 Millionen Schilling, bei B-Bediensteten 1,1 Millionen Schilling, bei C-Bediensteten schwache 400 000 S und bei D-Bediensteten noch immer 350 000 S. Angesichts dessen von einem sozial ausgewogenen Gesetz zu sprechen, werden Ihnen – wenn es sich weiter herumspricht – auch andere nicht mehr abnehmen. (Bundesrat Dr. Böhm: Was wollen Sie jetzt? Was glauben Sie jetzt wirklich?)

Ich kritisiere eines (Bundesrat Dr. Böhm: Sie kritisieren alles in unlogischer Weise!): dass dieses Gesetz – wie schon so oft geschehen – auf der einen Seite das Leben der Beamten rosig darzustellen versucht, ihnen sozusagen mit einem "Zuckerl" ein Angebot macht, das beim näheren Betrachten aber kein so positives Angebot ist, und dass dieses Gesetz auf der anderen Seite die Möglichkeit schafft, unliebsame Beamte loszuwerden. Wir werden daher unsere Zustimmung verweigern, und wir tun dies auch aus Achtung und Wertschätzung aller ArbeitnehmerInnen Österreichs. (Beifall bei der SPÖ.)

12.35

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Christoph Hagen das Wort. – Bitte.

12.35

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Vizekanzlerin! Hohes Haus! Kollegin Schlaffer hat vorhin vom Nikolaus gesprochen. Ich war viele Jahre lang Nikolaus, und ich darf Ihnen als Nikolaus sagen: Diese Verwaltungsreform bringt jedem etwas! (Bundesrat Gasteiger: Einen Nikolaus!)

Wenn wir heute die uns vorliegende Verwaltungsreform beschließen, so ist dies ein historischer Tag für Österreich. Ich spreche deshalb von historisch, da diese Verwaltungsreform schon seit über zehn Jahren von vielen SPÖ-Politikern ausgesprochen, angedacht und versucht wurde, aber das Ergebnis der SPÖ-Versuche, eine Verwaltungsreform herbeizuführen, war vernichtend. Nicht Verwaltungsabbau, sondern Verwaltungsvermehrung war das Ergebnis.

Liebe Genossen! Außer Spesen nichts gewesen! (Bundesrat Gasteiger: Seit wann "Genossen"?) Außer Schulden anzuhäufen haben Sie nichts zu Stande gebracht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)  – So viel sei zu den Ausführungen des Kollegen Würschl betreffend die Forderung der SPÖ nach einer sparsamen Verwaltung gesagt.

Diese FPÖ/ÖVP-Regierung hat diese von der SPÖ so oft angesprochene Verwaltungsreform geschafft. Dieser Regierung ist somit ein historischer Durchbruch gelungen.

21,2 Milliarden Schilling Einsparung, für die der Steuerzahler nicht mehr aufkommen muss – das ist doch wirklich eine Verwaltungsreform. Das entspricht einem Gegenwert von 14 134 Einfamilienhäusern. Wenn das kein Erfolg ist, dann verstehe ich die Welt nicht mehr.

Meine Damen und Herren! Allein 2,6 Milliarden Schilling können durch Einsparungen in den Ministerien erbracht werden. "Einsparen statt aufblähen", das ist die Devise dieser Bundesregierung, und das unterscheidet diese Regierung so deutlich von früheren Regierungen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Diese Regierung ist anders, diese Regierung ist besser als all die früheren Regierungen zusammen! Schreiben Sie sich das hinter die Ohren, liebe Genossen der früheren Verschwendungspolitik!

In den Ministerien wurden 17 Sektionen, 52 Gruppen, 142 Abteilungen und 185 Referate eingespart. (Bundesrat Gasteiger: Bravo! Super habt’s das g’macht!) Auch wenn die SPÖ laut ihrem Bundesobmann Gusenbauer dafür eintritt, dass diese Leute auf die Straße gesetzt werden sollen, werden wir das nicht tun. Wir haben einen Sozialplan entwickelt, wonach jeder der betroffenen Beamten, wenn er das 55. Lebensjahr überschritten hat und in keinem anderen Bereich Verwendung findet, mit 80 Prozent seiner Bezüge in Pension gehen kann. (Bundesrat Thumpser: Wo ist das gestanden?)

Ich glaube, es ist besser, wir bezahlen diesen Leuten 80 Prozent des Gehaltes an Pension statt 100 Prozent fürs Nichtstun! (Beifall und Bravorufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Sagen Sie das einem ASVGler!) Ganz zu schweigen von den Kosten für Büros, die sie benötigen, für Ausrüstung, und was die so genannten Spaziergänger auf Staatskosten noch alles brauchen. (Oh-Rufe bei der SPÖ.)  – Ich gratuliere Ihnen, Frau Vizekanzlerin! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger:  ... da werden sie schauen, die anwesenden Beamten im Raum!)

Kollege Würschl hat davon gesprochen, dass Hunderte Beamte in Frühpension geschickt, sprich gezwungen werden, obwohl sie das nicht wollen. Ich glaube, es steht jedem frei, ob er geht. Wir alle wissen, dass die Beamten geschützt sind und dass jeder selbst entscheiden kann. Hat Kollege Würschl vielleicht das Gesetz nicht gelesen oder bezieht er seine Informationen aus den Revolverblättern wie "NEWS" und "Format", die natürlich etwas anders darüber berichten? (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Als wichtiger Schritt in dieser Verwaltungsreform ist auch der Bürokratieabbau durch die BH neu zu sehen. Doppelgleisigkeiten und Mehrfachzuständigkeiten gehören der Vergangenheit an. Das beschleunigt Verfahren und bringt Erleichterung für den Bürger.

Das so genannte One-Stop-Shop-Prinzip lässt den Akt und nicht den Bürger laufen.

Erleichterung für den Bürger und Einsparung von Steuergeldern, meine Damen und Herren von der Opposition – so werden Reformen gemacht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Ein schwacher Applaus!)

Meine Fraktion wird diesem Bundesgesetz gerne die Zustimmung geben. Liebe Frau Vizekanzlerin! Ich kann dir zu diesem wirklich großen Wurf dieser Verwaltungsreform recht herzlich gratulieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Hagen bedankt sich bei Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer mit Handschlag und Bussi auf die Wange. – Oh-Rufe bei der SPÖ.)

12.40

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer das Wort. – Bitte.

12.41

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzler Dr. Susanne Riess-Passer: Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Nur kein Neid, dass es bei uns noch Kavaliere gibt. Das ist etwas Schönes, nicht wahr?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich die Verantwortung für dieses Ressort, für die öffentliche Verwaltung in Österreich übernommen habe, haben wir – auch das war schon ein Signal – es umbenannt, und zwar in Ressort für öffentliche Leistung. Die Regierung wollte damit auch zum Ausdruck bringen, dass wir die öffentliche Verwaltung als Dienstleistung, als Service für den Bürger verstehen und dass wir den Bürger auch als Kunden dieser Verwaltung betrachten und nicht als Untertan, wie das in den vergangenen 30 Jahren der Fall war. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Bürgerorientierung, die Beschleunigung der Verfahren, die Konzentration staatlicher Leistungen sind die Zielsetzungen dieser Reform gewesen. Am Beginn dieser Reform haben wir uns die Fragen gestellt: Welche Aufgaben muss und soll der Staat überhaupt erledigen? Welche können anderswo besser, schneller, billiger und effizienter erledigt werden?

Kollege Hösele hat schon die Aufgabenreformkommission unter Professor Raschauer erwähnt, die eingesetzt wurde. Das Interessante an dieser Kommission – und deswegen ist sie auch zu solch guten Ergebnissen gekommen – war, dass in dieser Kommission eine ganze Bandbreite von Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft, aber auch von Bürgerinteressen versammelt war –Konsumentenschützer aus den verschiedensten Bereichen –, die als Ziel vor Augen gehabt haben: Was wird für den Einzelnen ganz konkret billiger und besser?

Einer meiner Vorredner – ich weiß jetzt nicht mehr wer, Schlaffer oder Würschl – hat erwähnt, das sei nur etwas für Unternehmer. Dazu muss ich Ihnen ehrlich sagen, Sie haben nicht verstanden oder nicht gelesen, worum es in diesem Gesetz genau geht. Ich lade Sie aber herzlich ein, mit mir zum Beispiel zur Bezirkshauptmannschaft Korneuburg zu gehen, dort bekommen Sie einen Pass innerhalb von 20 Minuten. Dort können Sie einmal persönlich miterleben, wie schnell das geht, und das ist genau das, worauf es ankommt.

Wir haben in den letzten Jahren verschiedenste Diskussionen über die Verwaltungsreform erlebt. Auch ich hier in diesem Haus, dem ich sieben Jahre angehören durfte, habe verschiedenste Diskussionen über Bundesstaatsreform und Verwaltungsreform erlebt – legendär ist das "Perchtoldsdorfer Paktum" –, das Ergebnis war immer deswegen schütter, weil es Widerstand von einer ganz bestimmten Seite gegeben hat, nämlich von dieser Seite (in Richtung SPÖ) des Hauses, von Seiten der Sozialdemokratie. Daher habe ich mich besonders amüsiert über Ihre Aussage, Herr Kollege Würschl, die ich wörtlich mitgeschrieben habe: Wir Sozialdemokraten sind für eine sparsame Verwaltung.

Ich frage mich, Herr Kollege Würschl, wofür waren die Sozialdemokraten in den 30 Jahren, in denen sie regiert haben? – In dieser Zeit hätten Sie nämlich die Gelegenheit gehabt, genau das, nämlich eine sparsame Verwaltung, umzusetzen, aber Sie haben genau das Gegenteil getan! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Fragen Sie Ihren Koalitionspartner!) Sie haben genau das Gegenteil getan, lieber Herr Kollege, denn das Ergebnis Ihrer Politik in 30 Jahren war ein aufgeblähter Verwaltungsapparat, der nicht die Schuld der Beamtinnen und Beamten ist, sondern die Schuld der politisch Verantwortlichen, die einen Apparat aufgebläht und aufgebläht haben, ihn ineffizient und teuer für den Steuerzahler gemacht haben. (Bundesrat Gasteiger: Fragen Sie Ihren Koalitionspartner!)

Es waren Ihre Finanzminister (Bundesrat Gasteiger: Fragen Sie Ihren Koalitionspartner, dort drüben sitzt er! Einstimmige Beschlüsse im Ministerrat, Frau Vizekanzlerin! So schaut’s aus!), eine ganze Legion sozialistischer Finanzminister, beginnend bei Hannes Androsch bis zu Rudi Edlinger, die Steuern für die Bürger erhöht haben, weil die Kosten für die Verwaltung so hoch waren. Das war Ihre Politik. Wir machen das Gegenteil: Wir schaffen eine sparsame Verwaltung, um die Fehler der Vergangenheit wieder gutzumachen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Das wird sich erst herausstellen!)

Herr Kollege! Ich weiß, dass es weh tut, wenn man die Wahrheit gesagt bekommt, aber ich kann all das anhand von Zahlen belegen, aber ich erspare Ihnen das jetzt. Wir können die Ausgabendynamik in der öffentlichen Verwaltung in den letzten 30 Jahren gerne einmal diskutieren, und dann erklären Sie mir, warum Sie es in den letzten Jahren nicht geschafft haben, diese Ausgabenexplosion in den Griff zu bekommen. Und dass das so ist, ist nun einmal Faktum. (Bundesrat Gasteiger: Schulen gebaut, Straßen gebaut, Kindergärten gebaut, alles gebaut – und ihr sperrt zu, sperrt zu, sperrt zu!)

Mein lieber Herr Kollege! Sie haben gebaut und gebaut und gebaut, aber Sie haben es in Ihrem Bereich der Verwaltung leider verabsäumt ... (Bundesrat Gasteiger: Finanzämter, Gendarmerieposten und und und!) Ist das jetzt eine Diskussion oder eine Schreierei? Wie handhaben Sie das hier? (Bundesrat Gasteiger: Nein, nein! Sie sind jetzt am Wort!) Ich würde Ihnen vorschlagen, da Sie so wahnsinnig interessante Dinge zu sagen haben, dass Sie nach mir ans Rednerpult kommen und uns allen das erzählen; die Öffentlichkeit soll doch wissen, was Sie alles zur Verwaltungsreform beigetragen haben.

Wir haben Verwaltungsreform jedenfalls unter dem Gesichtspunkt gesehen ... (Bundesrat Gasteiger: Nicht einseitig angreifen!)  – Natürlich darf ich Sie angreifen, das ist das Recht der Demokratie. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Sie verlangen jetzt aber nicht, lieber Herr Kollege, dass ich Sie hier lobe, noch dazu gibt es keinen Grund, Sie zu loben! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Aufgabenreformkommission unter Professor Raschauer, aber auch die Finanzausgleichsbegleitkommission haben eine Reihe von Vorschlägen zur Verwaltungsreform erarbeitet. Und – das ist mir besonders wichtig – ein Großteil dieser Vorschläge beruht auf den Ideen und den konstruktiven Vorschlägen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung. Ganz im Gegenteil dazu, was hier gesagt wurde, waren die Mitarbeiter selbstverständlich in die Verhandlungen eingebunden.

Die Achterrunde zwischen Bund und Ländern war besetzt auf Länderseite durch Landeshauptmann Haider, Landeshauptmann Pröll, Landeshauptmann Sausgruber und den Wiener Vizebürgermeister Rieder, den ich in diesem Zusammenhang nicht gerne unter den Tisch fallen lassen möchte, weil er einer der wesentlichen Mitverhandler dieses Paketes war und auch zum Ergebnis beigetragen hat, und auf Bundesseite neben mir durch den Finanzminister, Bundesminister Molterer und Staatssekretär Finz. Die Vorbereitung für diese Runde wurde von einer reinen Beamtenrunde übernommen.

Ich darf Ihnen sagen, dass zum Beispiel das Deregulierungspaket, das wir heute auch vorliegen haben, ausschließlich auf den von den Beamten erarbeiteten Vorschlägen beruht, wofür ich mich an dieser Stelle auch sehr herzlich bedanken möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben in dieser Beamten- und Expertenrunde 40 Gesprächsrunden geführt, fünf Gesprächsrunden mit dem Städte- und Gemeindebund und elf Gesprächsrunden in der Achterrunde, und das Ergebnis ist das Verwaltungsreformgesetz 1, das Ihnen heute vorliegt und das in wesentlichen Bereichen die Umsetzung des "One-Stop-Shop"-Prinzips enthält, und das heißt, die Bezirkshauptmannschaften zur zentralen Bürgeranlaufstelle zu machen.

Ich könnte Ihnen jetzt unzählige Beispiele dafür aufzählen, welchen Behördenmarathon Bürger früher zu bewältigen hatten – das müssen Sie von der SPÖ besonders gut wissen –, um eine Betriebsanlage auch nur von einer Straße in die andere zu verlegen. Ein Tischler, der mit seinem Betrieb in derselben Gemeinde von einer Straße in die nächste übersiedelt ist, hat ein behördliches Martyrium zu bewältigen gehabt. Genauso ist es in vielen anderen Bereichen gewesen.

Das wird jetzt durch eine Konzentration der Verfahren bei der Bezirkshauptmannschaft, durch eine Verkürzung der Instanzenzüge und durch eine Verkürzung der Verfahren bereinigt. Die Aufwertung des UVS und die Konzentration der Verfahren in diesem Bereich sind erarbeitet worden. Auch das sollte nicht unter den Tisch fallen. Der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes Jabloner, den Herr Würschl aber leider Gottes falsch zitiert hat, hat das UVS-Modell ausgearbeitet, hat es auch beim Reformdialog in der Hofburg vorgestellt, bei dem Sie allerdings nicht zugegen waren; ich empfehle Ihnen, sich bei Ihren Kollegen Gradwohl und Gaßner, Abgeordnete der sozialdemokratischen Fraktion zum Nationalrat, zu erkundigen, die waren anwesend und werden Ihnen das auch selbstverständlich gerne bestätigen.

Jabloner hat dieses UVS-Modell gemeinsam mit dem Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes Pesendorfer und dem Vizepräsidenten des Verfassungsgerichtshofes Korinek erarbeitet, und ich glaube nicht, dass Sie bei dieser geballten Fachkompetenz der bedeutendsten Verwaltungs- und Verfassungsjuristen dieses Landes wirklich daran zweifeln können, dass das kein gutes Modell ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Interessant ist aber auch die Haltung der sozialdemokratischen Fraktion, gerade was die Bezirkshauptmannschaften betrifft. Das hat mich wirklich erstaunt, denn im Zuge der Verhandlungen zur Verwaltungsreform war es die sozialdemokratische Fraktion, die plötzlich vorgeschlagen hat: Schaffen wir doch die Bezirkshauptmannschaften ab! Historisch völlig unrichtig wurden sie auch noch als ein Produkt des Ständestaates bezeichnet. Es würde jetzt zu weit führen, würde ich Ihnen die österreichische Verwaltungsgeschichte erläutern, aber Sie können das gerne nachlesen. Es ist diese Äußerung jedenfalls schlicht und einfach falsch.

Die Idee war, die Bezirkshauptmannschaften abzuschaffen und dafür Gemeindeverbünde zu schaffen. Jetzt frage ich Sie, Herr Kollege Würschl: Glauben Sie allen Ernstes, dass es Sinn macht, eine funktionierende Verwaltungseinrichtung dieses Landes abzuschaffen und Gemeindeverbünde zu schaffen, die wieder nur eine Aufblähung der Bürokratie bringen?

Es war für mich sehr interessant, als bei einem "Hallo Minister!"-Tag im Burgenland – das sind Bürgersprechtage freiheitlicher Regierungsmitglieder, Sie haben sich in 30 Jahren nie die Mühe gemacht, mit den Bürgern zu reden (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP)  – ein SPÖ-Personalvertreter (Bundesrat Gasteiger: Namen, Frau Vizekanzlerin!) einer burgenländischen Bezirkshauptmannschaft zu mir gekommen ist und gesagt hat (Bundesrat Gasteiger: Namen, Frau Vizekanzlerin!)  – den liefere ich Ihnen jetzt nicht an die Garrotte, Herr Kollege –: Bei uns wird erzählt, die Regierung will die Bezirkshauptmannschaften abschaffen. Ich bin ein roter Personalvertreter, ich komme aber jetzt zu Ihnen, weil ich Sie um Hilfe bitten möchte. Ich will nicht, dass die Regierung die Bezirkshauptmannschaften abschafft, weil ich der Meinung bin, dass sie die wichtigste zentrale Anlaufstelle für den Bürger sind. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich habe ihn dann aufgeklärt und gesagt: Der Einzige, der das abschaffen möchte, ist Kollege Wittmann von der SPÖ-Fraktion. – Insofern würde ich um Meinungsbildung innerhalb der Sozialdemokratie bitten. (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger. ) Herr Kollege! Wenn Sie schreien, dann kann ich mit Mikrophon immer noch lauter schreien; also es macht nicht wirklich viel Sinn.

Die Bezirkshauptmannschaften sollen eine zentrale Bürgeranlaufstelle sein. Ich glaube, dass das auch deswegen wichtig ist, weil die Überbürokratisierung und die langen Behördenverfahren in diesem Bereich auch für den Wirtschaftsstandort Österreich abträglich sind. Für Unternehmensgründungen und damit auch für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen ist das eine ganz wichtige Frage.

Wir sind auch sehr froh darüber, dass es uns gelungen ist, nach jahrelangen Diskussionen über die Bundesstraßen B mit den Ländern eine Einigung im Sinne der Übertragung der Bundesstraßen an die Länder zu erzielen. (Bundesrat Gasteiger: Noch ist sie nicht da!)  – Das ist, bitte, mit den Landeshauptleuten vereinbart. (Bundesrat Gasteiger: Noch geht es ums Geld!) Ich weiß nicht, wie die Kommunikation in Ihrer Partei funktioniert, Herr Kollege, aber ich würde Ihnen als Gesprächspartner Niessl, Rieder, Häupl empfehlen – alles Leute, die diese Dinge mitbeschlossen haben, namhafte Vertreter Ihrer Partei, Ihrer Fraktion, die werden Ihnen gerne nähere Auskünfte geben können.

Ich habe im Übrigen auch schon mit Herrn Stix, als er noch Landeshauptmann von Burgenland war, sehr konstruktive Gespräche über die Verwaltungsreform geführt, weil er jemand war, dem das über alle Parteigrenzen hinweg ein echtes Anliegen war, ein Anliegen, das er nie für den parteipolitischen Kleinkrieg missbraucht hat, sondern das er im Sinne der Bürger mit uns gemeinsam vorangetrieben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben ein sehr umfangreiches Deregulierungspaket beschlossen, das, wie gesagt, von den Beamtinnen und Beamten, von Bund und Ländern gemeinsam erarbeitet wurde und das letztendlich dazu führen wird, dass es auch zu einer Rechtsbereinigung in vielen Bereichen kommt.

Wir haben durchgesetzt, dass es eine gemeinsame Prüfung von Lohn- und Kommunalsteuern und Sozialversicherungsabgaben in den Betrieben geben wird. Auch das ist ein wesentlicher Schritt im Sinne der klein- und mittelständischen Unternehmer, die unter der Plage gelitten haben, dass, kaum war der eine Prüfer draußen, der nächste schon wieder gekommen ist. Das bindet Zeit, Geld und Arbeitskraft, und deshalb werden diese Prüfungen jetzt zusammengefasst. – Auch das ist ein gutes Ergebnis unserer gemeinsamen Beratungen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Der elektronische Akt stellt sicher, dass nicht so wie bisher die Akten im Laufe der Kompetenzen und Zuständigkeiten von Stelle zu Stelle getragen werden müssen, sondern dass ein Akt an mehreren Stellen gleichzeitig bearbeitet und daher rascher abgeschlossen werden kann.

Dass die Bürger darüber hinaus ab dem Jahr 2003 für das Veranlagungsjahr 2002 ihre Steuererklärung sozusagen aus dem Wohnzimmer abgeben können, ist ein weiterer Vorteil. (Bundesrat Gasteiger: Das sagen Sie einem Mindestrentner!) Mein lieber Herr Kollege! Wollen wir jetzt ins Mittelalter zurück? (Bundesrat Gasteiger: Vom Wohnzimmer aus eine Steuererklärung, das sagen Sie einem Mindestrentner!) Sie können sicher sein, dass diese Bundesregierung gerade im Bereich der Vernetzung dafür sorgen wird, dass besonders jene Bevölkerungsgruppen – und das hätten Sie schon viel früher tun können, Herr Kollege, als Sie in der Regierung gewesen sind –, die keinen Zugang zu den neuen Kommunikationsmöglichkeiten haben, selbstverständlich entsprechend versorgt und beraten werden, damit ihnen kein Nachteil entsteht. Das ist erst in unseren Gesetzen festgeschrieben worden, das war bei Ihnen nie ein Thema, Herr Kollege! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Natürlich, das habe ich vergessen!)  – Sie regen sich heute aber ordentlich auf, Sie müssen ein sehr schlechtes Gewissen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Reform der Zentralstellen in den Ministerien ist schon erwähnt worden. Ich glaube, dass das auch deswegen ganz wichtig ist, weil wir natürlich glaubwürdig sein müssen, wenn es darum geht, auch bei uns selbst zu sparen. (Rufe bei der SPÖ: Oha!) Das ist überhaupt keine Frage. (Ironische Heiterkeit und weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Sie haben eine ganz sonderbare Diskussionskultur. Normalerweise hört man zu und sagt dann seinen Standpunkt.

Zu den Zentralstellen – und jetzt komme ich zu Ihrem Lieblingsthema –: 30 Jahre Sozialdemokratie in der Regierung haben dazu geführt, dass wir riesige, aufgeblähte Apparate in den einzelnen Ressorts haben. Jedes Ministerium hat eine eigene Druckerei, einen eigenen Fuhrpark, eigene Einlaufstellen, eigene Telefondienste, eigene Handwerksdienste, eigene Buchhaltungen und so weiter. Das führt dazu, dass wir allein im Bereich dieser Supportprozesse über 4 000 Beschäftigte haben, dass es 79 Buchhaltungen gibt, was in Zeiten einer modernen EDV überhaupt keine Notwendigkeit ist. Durch entsprechende Zusammenlegungen erzielen wir in Summe eine Einsparung in der Höhe von fast 22 Milliarden Schilling. Und das ist, so glaube ich, etwas, was für den Steuerzahler zur Entlastung des Haushaltes von unnötigen Ausgaben wirklich ein schönes Ergebnis ist, auf das wir stolz sein können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Jetzt ist es so, Herr Kollege – wenn ich Ihnen das an einem praktischen Beispiel vorführen darf –, dass wir zum Beispiel im Bereich der Ressortverwaltung 17 Sektionen dadurch einsparen, indem wir Overheads zusammenlegen und Synergien in diesem Bereich nutzen. Und es ist selbstverständlich, dass dadurch auch entsprechende Überkapazitäten im Personalbereich gegeben sind. Das ist aber – ich habe es schon gesagt – nicht die Schuld der Mitarbeiter, das ist die Schuld der Politik der vergangenen Jahre!

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten für den Steuerzahler. Entweder sagen wir dem Steuerzahler: Wir haben hier zwar eingespart, aber wir haben eine Menge Leute, für die wir keine Arbeit mehr haben, die wir aber trotzdem zu 100 Prozent weiter bezahlen, weil der Steuerzahler ohnehin nichts dagegen einzuwenden hat!, oder wir versuchen, eine Regelung zu finden, die sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Steuerzahler akzeptabel ist, nämlich mit Vorruhestandsmodellen entsprechende Regelungen zu erzielen.

Lieber Herr Kollege Würschl! – Ist er da? – Ja, er ist da! (Bundesrat Würschl: Natürlich ist er da!) Vorhin war er eine Zeitlang nicht da; gleich nachdem er seine Rede beendet hatte, ist er einmal verschwunden, aber das hätte ich auch getan, wenn ich diese Rede gehalten hätte. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Würschl hat von – ich zitiere wörtlich – "Zwangspensionierung" gesprochen. Lieber Herr Kollege Würschl! Sie haben die Diskussionen in den vergangenen Wochen wirklich total verschlafen! Das ist eine freiwillige Inanspruchnahme von Mitarbeitern. (Rufe bei der SPÖ: Freiwilliger Zwang!) Mitarbeiter können freiwillig dieses Modell in Anspruch nehmen. (Rufe bei der SPÖ: Freiwilliger Zwang!) Niemand, weder Sie, noch ich, noch sonst irgendjemand, kann die Leute zwingen. Also von Zwangspensionierung zu sprechen ist geradezu hanebüchen.

Frau Kollegin Schlaffer hat überhaupt die bemerkenswerteste Argumentation gehabt. Sie hat gesagt, die ASVG-Versicherten fühlten sich verhöhnt, und dann hat sie gleich im nächsten Satz gesagt, das sei aber viel zu wenig, was jene, die in den Vorruhestand gehen, bekommen. (Bundesrat Gasteiger: Nicht die Wahrheit verdrehen, Frau Vizekanzlerin!) Für eines von beiden müssen Sie sich entscheiden, Frau Kollegin. Entweder Sie wollen mehr für die Vorruhestände oder Sie wollen weniger, aber beides zugleich geht nicht.

Mir ist es darum gegangen, dass wir einen Weg finden, der verträglich ist, und zwar sowohl für die Mitarbeiter als auch für den Haushalt und für die Steuerzahler, und ich glaube, dass wir diesen Weg gefunden haben. Diese Maßnahme ist zeitlich begrenzt, sie beinhaltet, dass die Planstelle, die durch den Vorruhestand frei wird, selbstverständlich nicht nachbesetzt wird und auch nicht nachbesetzt werden muss  – das erkläre ich Ihnen jetzt auch noch einmal –, weil Aufgaben wegfallen. Wir wollen nicht virtuell Beschäftigung züchten, sondern Aufgaben, die wegfallen, müssen auch nicht mehr erledigt werden, deswegen braucht man auch nicht nachzubesetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ganz anders ist es – was Sie, Herr Kollege Würschl, angesprochen haben – im Bereich von Polizei, Gendarmerie. Ich möchte es Ihnen aber auch ersparen aufzuzählen, wie viele Gendarmerieposten in den vergangenen Jahren geschlossen wurden. Ich glaube, dass wir sichergestellt haben, dass wir dort, wo es um die Sicherheit vor Ort, nämlich auf der Strasse, geht, dort, wo es um die Sicherheit für den Bürger geht, auch die entsprechenden Personalressourcen zur Verfügung stellen, und dazu bekenne ich mich voll und ganz.

Gespart werden kann in der Verwaltung. Ich bin zum Beispiel nicht der Meinung, dass Polizisten und Gendarmen, die eine Spezialausbildung haben, dazu da sind, Verwaltungstätigkeiten, Schreibarbeiten zu verrichten, die genauso gut eine Verwaltungsbeamtin oder ein Verwaltungsbeamter billiger und auch schneller erledigen kann.

Das heißt, wir müssen die Exekutivbeamten von der Verwaltungstätigkeit entlasten, und wir müssen endlich auch einmal für die Exekutivbeamten ein Dienstrecht und ein Besoldungsrecht zu haben, das ihrer Leistung gerecht wird. Das ist meine Zielsetzung, Herr Kollege Würschl! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.) Wir möchten nicht – so wie in den vergangenen Jahren – einen Zustand perpetuieren, wonach Exekutivbeamte in diesem Land ein wirklich beschämend niedriges Grundgehalt haben, das bedeutet, dass sie im Krankheitsfall oder im Falle einer Suspendierung mehr oder weniger auf das Existenzminimum zurückfallen und nur auf Grund von Überstunden und Zulagen überhaupt überleben und ihre Familie erhalten können, sondern wir wollen ein ordentliches Dienst- und Besoldungsrecht gestalten, das ein höheres Grundgehalt und ein Zulagensystem vorsieht, das die Mehrleistung auch wirklich abdeckt, und zwar für jene, die im Außendienst sind, und damit auch Gerechtigkeit in diesem Bereich schafft. Das ist meine Zielsetzung, lieber Herr Kollege! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Da Sie die Lehrer angesprochen haben, verliere ich dazu auch noch ein Wort. Lieber Herr Kollege! Wenn Sie sagen, diese Bundesregierung setzt Maßnahmen, um die Bildung für unsere Kinder und Jugendlichen einzuschränken, dann darf ich Ihnen sagen: Noch nie waren in diesem Land die Bildungsausgaben so hoch wie unter dieser Bundesregierung! 7 Milliarden Schilling mehr wird für die Bildung ausgegeben, Herr Kollege! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Würschl: Tausend Lehrer weniger!) Und dazu bekenne ich mich, weil es da-bei um unsere Zukunft geht.

Wenn es aber darum geht, lieber Herr Kollege, dass wir von den AHS-Lehrern das verlangen, was wir mit den Pflichtschullehrern in einem wirklich sehr konstruktiven Dialog gemeinsam erarbeitet haben, dass wir nämlich auch den AHS-Lehrern dasselbe Jahresarbeitszeitmodell anbieten, wie wir es für Pflichtschullehrer im Einvernehmen mit der Gewerkschaft verhandelt und beschlossen haben, und diese dann sagen, das interessiert uns nicht, und sie dann Streiks in den Schulen organisieren (Bundesrat Gasteiger: Warum streiken sie? Warum?), Lehrveranstaltungen boykottieren, Wandertage boykottieren, Schiausflüge boykottieren (Bundesrat Gasteiger: Beweise! Beweise!), nur weil sie eine Stunde mehr unterrichten müssen, dann (Bundesrat Gasteiger: Beweise! Beweise!), Herr Kollege, muss ich Ihnen sagen, haben solche Lehrer ihren Beruf völlig missverstanden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Beweise! Beweise!) Diese haben nämlich nicht verstanden, dass Lehrer sein ein bisschen mehr heißt, als immer nur für die eigene ... (Bundesrat Gasteiger: Beweise! Beweise!) – Lieber Herr Kollege! Selbstverständlich beweise ich es. All das können Sie selbstverständlich gerne schriftlich haben. Das ist überhaupt kein Problem. (Bundesrat Gasteiger: Das sind alles nur Behauptungen!)

Das heißt, uns geht es darum, dass wir in diesem Bereich in der gesamten Bundesverwaltung motivierte und gute Mitarbeiter haben, deren Leistung auch belohnt wird und die nicht in einem System leben müssen, in dem es nur auf ihr Parteibuch und auf ihr Alter ankommt, sondern dass einzig und allein das zählt, was jemand an der Stelle, an der er sitzt, leistet. (Bundesrat Gasteiger: Und dann schickt man sie mit 55 in Pension!)

Ich kann Ihnen sagen, es gibt einen tiefen Graben zwischen Ihren Gewerkschaftern und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes (Zwischenrufe bei der SPÖ), die genau diesen Weg außerordentlich schätzen, die wollen, dass sie nach ihrer Leistung und nicht nach ihrer Parteizugehörigkeit bezahlt und befördert werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

So werden wir das auch in Zukunft handhaben, Herr Kollege! Ich bedanke mich bei allen, die mitgeholfen haben, dass diese Lösung möglich war, das heißt sowohl bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Länder, der Städte und Gemeinden, aber auch bei jenen des Bundes, bei den Verhandlern auf allen Seiten, die mitgeholfen haben, bei den Vertretern des Städte- und Gemeindebundes, bei den Mitgliedern der Aufgabenreformkommission, die ehrenamtlich viele Stunden investiert haben, um zu einem guten Ergebnis zu kommen, und insbesondere bei den Landeshauptleuten Haider und Pröll (Bundesrat Gasteiger: Ach Haider steckt dahinter!), die in diesem Jahr den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz innegehabt haben und ohne deren Engagement in diesem Bereich dieses große Ziel, das wir erreicht haben, nicht möglich gewesen wäre. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.04

Vizepräsident Jürgen Weiss: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich Sie um Folgendes bitten: Für eine ordnungsgemäße Vorsitzführung ist es nötig, den Ausführungen des Redners inhaltlich folgen und sie akustisch verstehen zu können. Das ist außerordentlich erschwert, wenn Zwischenrufe fortgesetzt wiederholt werden, und ich bitte Sie, darauf Rücksicht zu nehmen.

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Georg Keuschnigg. Ich erteile ihm das Wort.

13.05

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Hohes Haus! Herr Kollege Würschl! Ihre Ausführungen hier im Hohen Haus waren wirklich einigermaßen zwiespältig. Sie schicken, bevor die Diskussion überhaupt begonnen hat, eine APA-Meldung aus, allerdings offensichtlich mit einer falschen Rede oder mit einem anderen Inhalt, als Sie uns hier verkaufen. Das heißt, irgendjemand wird da getäuscht.

Nach dem Ende Ihrer Rede waren Sie eine Stunde lang, so nehme ich an, in der Cafeteria, aber jetzt sind Sie wieder da, und das freut mich, denn ich muss Ihnen sagen, dass Ihr Debattenbeitrag gleichfalls zwiespältig war, wenn Sie sagen, dass Sie selbstverständlich dafür sind, dass Sparsamkeit und Bürgernähe beachtet werden, aber dazuzusagen vergessen, dass Sie leider als damalige Regierungs- und Koalitionspartei in den letzten 30 Jahren nichts zu Stande gebracht haben. Das Paket, das jetzt vorliegt, ist ein unvergleichbares Paket, weil es nichts Vergleichbares gibt. (Bundesrat Würschl: Das ist wahr!) Da sind 30 Jahre lang Versäumnisse zu beklagen, jetzt ist man aber doch einigermaßen weitergekommen.

Zur Ausgangslage gehört natürlich auch die wirtschaftliche Situation, in der sich unsere Republik befindet. Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten Schulden angehäuft, die zu einer Zinsenlast in der Höhe von etwa 100 Milliarden Schilling geführt haben. Wenn hier so oft beklagt wird, dass Investitionen in die Bildung notwendig sind – da sind wir gleicher Meinung –, dann muss man dazusagen, dass durch die Reduktion dieser Zinsenlast viele Millionen und Milliarden Schilling für Investitionen in die Bildung, für Steuerreformen, für Investitionen in Wissenschaft und Forschung und vieles andere mehr frei werden.

Die Verwaltungsreform ist eine der wesentlichen Voraussetzungen dafür, dass wir zu einem schlanken Staat kommen, dass wir zu einer niedrigeren Steuerquote kommen und dass wir eine dauerhafte Sanierung des Staatsbudgets zu Stande bringen, dass wir damit eben Geld für neue Investitionen, für eine neue Sozialpolitik, für eine neue qualitätsvolle Bildungspolitik und für ein neues verbessertes Bürgerservice freispielen.

Mein besonderes Anliegen bei dieser Debatte ist aber vor allem, auf die Teile einzugehen, die den ländlichen Raum betroffen haben. Man tut gelegentlich so, als hörte sich im ländlichen Raum das Leben auf, weil einige Maßnahmen gesetzt werden. Für die SPÖ ist dieses Parkett an sich eher Neuland, weil der ländliche Raum in der Vergangenheit keine große Rolle gespielt hat (Bundesrat Gasteiger: Das ist eine Unterstellung!), aber die Instrumente ... (Bundesrat Gasteiger: Das ist eine Unterstellung, Herr Kollege!) – Herr Kollege Gasteiger! Wir haben dann bei einem sehr konkreten Punkt noch Gelegenheit, unsere Meinungen diesbezüglich auszutauschen.

Die Instrumente, die Sie verwenden, und die Argumente, die Sie vorbringen, erinnern sehr an die Vergangenheit, wenn ich an die verstaatlichte Industrie und an anderes denke. Es ist nämlich immer das Gleiche, es ist ein Festhalten an veralteten Strukturen.

Ich möchte als Beispiel die Post heranziehen. Es kann auch bei den Postämtern – ich sage das in aller Deutlichkeit und als Vertreter des ländlichen Raumes – nicht nur darum gehen, jede Struktur zu erhalten. Wenn die Struktur zur Geldvernichtung führt, muss man sich Neues über-legen, muss man neue Partnerschaften eingehen, muss man neue Organisationsmodelle anstreben. Aus Sicht der Bürger sind weniger die vier Wände des Postamtes das Entscheidende – es ist schmerzlich für jede Gemeinde, wenn ein Dienstposten in der Gemeinde verloren geht, das ist keine Frage –, sondern aus Sicht der Bürger ist die Dienstleistung das Wichtigste. Es ist wichtig für ihn, dass er die Post jeden Tag zugestellt bekommt und auch die anderen Dienstleistungen erhält. Es ist die Software zunehmend wichtiger als die Hardware, das kennen wir aus anderen Beispielen.

Jetzt schlägt also die Post so genannte Postpartnerschaften vor, und es schiene auf den ersten Blick, dass das an sich eine machbare Sache wäre, die eben diese Dienstleistung für die Bürger auch in Zukunft sichert. Beim konkreten Hinschauen stellt man aber fest, dass das mit einigen Havarien verbunden ist, dass zum Teil Umsätze erzielt werden, die sich nicht rechnen, dass die Kosten kaum hereinbringbar sind und dass das möglicherweise in vielen Dörfern auch keine Lösung sein wird. Man muss da sehr genau hinschauen. Aber der Skandal, der sich hinter dieser Politik verbirgt, ist, dass immer noch keine Grundlagen vorliegen. Man hat es jahrelang versäumt, Pilotprojekte zu machen. Man hat die Geschichte nie probiert. Man hat zehn Jahre Internet verschlafen. (Bundesrat Ing. Franz Gruber: Jetzt sagst nichts mehr, Kollege Gasteiger!) Kollege Gasteiger! Einer deiner Zillertaler Bürgermeister-Kollegen hat eine Privatpension zu Hause. Der hat früher jeden Tag stapelweise Post zum Postamt gebracht: Briefe, Gästeanfragen und alles Mögliche. Heute hat er zwei Briefe oder ein Paket. Das ist weg. Zehn Jahre Internet sind ins Land gezogen, und wir tun so, als ob es das nicht gäbe, und wir jedes Postamt erhalten müssten.

Da kann die SPÖ nicht so tun, als wäre ausschließlich die jetzige Bundesregierung schuld. (Bundesrat Gasteiger: 13 Jahre lang war die ÖVP Koalitionspartner! Da gab es einstimmige Ministerratsbeschlüsse!) Die Versäumnisse im Postbereich liegen ausschließlich in der Hand damaliger sozialdemokratischer Minister. (Bundesrat Gasteiger: Super! Waren Sie nicht auch in der Regierung? Es gab einstimmige Regierungsbeschlüsse, Herr Kollege Keuschnigg!) Heute haben wir nichts vorliegen. (Bundesrat Winter: Ihr wart ja nie dabei!) Bei den Postministern gab es beachtliche Kaliber: Caspar Einem, Lacina und Scholten. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber noch interessanter ist – und das weist auch auf die Versäumnisse hin, die hier getätigt wurden –, dass die Generaldirektoren seit 1979 ausschließlich Ministersekretäre der damaligen SPÖ-Minister waren. Das reicht von Dr. Übleis über Dr. Sindelka bis zum jetzigen amtierenden Postgeneral Dr. Wais. Ich möchte Ihnen nichts unterstellen (Bundesrat Winter: Einen Ditz hat es nie gegeben!), aber es ist nichts vorbereitet (Bundesrat Winter: Aber den haben Sie auch abgezogen!), um dem Strukturwandel, der global stattfindet und dem wir uns nicht entziehen können, begegnen zu können. Es ist null Vorbereitungstätigkeit gelaufen, sodass wir jetzt einen Strukturbruch erleiden, der dadurch bedingt ist, dass in der Vergangenheit Versäumnisse vorliegen.

Natürlich haben wir im ländlichen Raum die Notwendigkeit, gegenzusteuern. Wir verlieren im ländlichen Raum Wirtschaftskraft, nicht überall gleich, aber in sehr vielen Gebieten. Wir verlieren Gasthäuser, wir verlieren Nahversorger (Bundesrat Gasteiger: Da muss man gegensteuern! – Beifall des Bundesrates Winter )  – warten Sie nur, das kommt schon noch, nur nicht vorzeitig freuen –, wir verlieren öffentlichen Verkehr, wir verlieren Tankstellen. Es geht nicht nur darum, dass da ein Postamt erhalten wird. Die Zeit läuft derzeit gegen den ländlichen Raum, weil er dünner besiedelt ist und weil Wirtschaftskraft abhanden kommt. (Bundesrat Gasteiger: Da muss man eben gegensteuern!) Jetzt muss man gegensteuern, jetzt sind wir gleich dabei. (Bundesrat Winter: Aber nicht zusperren, zusperren, zusperren!)

Natürlich braucht der ländliche Raum Solidarität, aber er braucht die richtige, er braucht nicht die falsche, mit der falschen ist ihm nicht geholfen. (Bundesrat Gasteiger: Was ist die richtige Solidarität?) Mit Staatsstrukturen, die überholt sind und die nicht in die Zukunft getragen werden können, geht es nicht. (Bundesrat Gasteiger: Wie ist die richtige Solidarität? Wie ist die richtige?)

Beim Finanzausgleich wird die Nagelprobe für die SPÖ kommen, und ich möchte Sie einladen, diesem Gedankengang noch zu folgen. Ich bin der Meinung, dass die Entwicklung im ländlichen Raum über die Gemeinden führen muss. Die Gemeinden sind erstens demokratisch legitimiert, gewählt, sie sind am nächsten beim Bürger. (Bundesrat Winter: Und sie haben kein Geld!) Sie sind am engsten und nächsten beim Bürger, sie wissen, was wirklich gebraucht und in welcher Qualität es gebraucht wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir brauchen – um ein Beispiel des öffentlichen Nahverkehrs zu erwähnen – keine leeren Postbusse, die in irgendein Seitental fahren, wir brauchen aber öffentlichen Verkehr. Wir müssen neue Modelle finden, die nicht auf der einen Seite Geldverschleuderung mit sich bringen, die aber das Service für den Bürger aufrechterhalten. (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger. )

Beim letzten Finanzausgleich war die SPÖ gegen die ländlichen Gemeinden. Da hat Bürgermeister Häupl den Krieg ausgerufen, wenn die Ballungsgebiete eine solidarische Last zur Entwicklung der ländlichen Räume hätten tragen müssen. Beim nächsten Finanzausgleich – er kommt nicht so rasch, aber er kommt umso sicherer – darf ich Sie bitten, sich dann mit uns genauso stark zu machen. Wir werden Ihre Zitate da in diesem Haus und im Nationalrat selbstverständlich ausheben und verwenden, und ich hoffe sehr, dass das nicht eine Pirouette, eine Rolle rückwärts wird, wenn dann die Stunde der Wahrheit kommt. Immer dann, wenn es konkret wird, geht es auch um Geld, und ich hoffe, dass wir dann auch Ihre flammenden Reden für den ländlichen Raum in diesem Hause hier hören können. (Bundesrat Gasteiger: Die SPÖ war die Erste, die die Bergbauern richtig unterstützt hat! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Weiss gibt das Glockenzeichen.) – Herr Kollege Gasteiger! Darüber reden wir dann wieder, wenn der Grüne Bericht und die Maßnahmen der Bundesregierung auf der Tagesordnung stehen. Ich glaube, die Agrarpolitik steht heute nicht auf der Tagesordnung. (Bundesrat Würschl: Politik für die Großgrundbesitzer!)

Mein Gott, das ist wieder so ein alter Ladenhüter: Großgrundbesitzer. Sie haben keine Ahnung, was Großgrundbesitzer in Verbindung mit der österreichischen Landwirtschaft bedeutet. Fahren Sie einmal nach Amerika oder fahren Sie einmal sonst irgendwo hin, dann wissen Sie, was Großgrundbesitz heißt! Das hat mit der österreichischen Landwirtschaft nichts zu tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich habe deswegen so lange über den ländlichen Raum gesprochen, weil die Verwaltungsreform natürlich ein Meilenstein bei der Reorganisation unseres Staatsgebildes ist, und diese Reorganisation muss natürlich ständig fortgesetzt werden. Jeder, der einen Betrieb führt, weiß, dass es nicht irgendwann eine Reform braucht, sondern dass man Jahr für Jahr reformieren muss. Das heißt, dass wir dieses Reformpaket weiterführen müssen, dass es nicht bei diesen 33 Gesetzen bleiben kann, die jetzt geändert werden, sondern dass das weiterhin Schritt für Schritt und effizient gemacht werden muss.

Aber wir wissen ganz genau – und das ist mein Grundanliegen –, dass wir nur dann letztlich die Kraft haben werden, für eine gesamte, ausgewogene Entwicklung zu arbeiten, wenn wir eine moderne Verwaltung haben, wenn wir eine sparsame Verwaltung haben, wenn die Milliardenbeträge hereinkommen, die wir dann wieder brauchen, um eine Politik zu machen, die in die Zukunft führt.

Ich werde nicht müde werden, diese Solidarität für den ländlichen Raum einzufordern und vergleichbare Bedingungen in der Verwaltung und in den Dienstleistungsstrukturen zu schaffen. Es darf da mit Sicherheit kein Tabu geben. Wir werden uns aber für diese Politik, die wir da betreiben, gerne vor den Bürger und vor den Wähler hinstellen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

13.17

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Gerd Klamt. Ich erteile ihm das Wort.

13.17

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Tagesordnungspunkte 1 bis 3 zeigen, wie eine Verwaltungsreform abläuft: Abwerfen von überflüssigem Ballast in Punkt 1, Deregulierung in Punkt 2 und Einsparung von nicht mehr notwendigen Planstellen in Punkt 3. (Präsident Schöls übernimmt den Vorsitz.)

Diese Verwaltungsreform, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein Meilenstein der neuen Koalition. Es wurde nicht, wie in der Vergangenheit, nur geredet, es wurde etwas getan, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Die Freiheitlichen haben den Übergang von konstruktiver Oppositionspolitik zur Regierungsverantwortung geschafft, und sie haben jenen Druck erzeugt, der notwendig ist, damit sich etwas bewegt. (Bundesrat Gasteiger: Ach so!)

Es hat sich positiv bemerkbar gemacht, dass wir in erster Linie den Österreicherinnen und den Österreichern verantwortlich sind und nicht Vorfeldorganisationen, deren Umklammerung jene für Reformvorhaben notwendige Beweglichkeit einschränkt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Schwach! Sehr schwach!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Sie können nicht so tun, als wären Sie neugeboren. Sie haben federführend jahrzehntelang eine Flut von Gesetzen ausgelöst und das Ausufern der Verwaltung mitgetragen. Die Verlagerung von Arbeitsplätzen in die geschützten Bereiche der Verwaltung wurde von der Sozialdemokratie als Rezept gegen Arbeitslosigkeit angesehen. Geld spielte in diesen Zeiten keine Rolle.

Der hinterlassene Regelungsdschungel musste durchforstet werden. Unter Punkt 1 werden viele Gesetze geändert beziehungsweise aufgehoben. Im Wasserrecht wurden zum Beispiel Verfahrensverbesserungen erzielt, beim Rattengesetz erkannte man, dass eine bundesweite Regelung nicht erforderlich ist, und auch beim Bazillenausscheidergesetz wird laut Meinung vieler Experten kein Vakuum entstehen, weil die Problematik in anderen gesetzlichen Regelungen ausreichend abgesichert ist.

Unter Punkt 2 befassen wir uns mit Deregulierungen im Bereich der Errichtung und Inbetriebnahme von Rohrleitungsanlagen und mit der Umweltverträglichkeitsprüfung. Verfahrensschritte entfallen zu lassen und akkreditierte Stellen zur Entlastung der behördlichen Aufsichtstätigkeit heranzuziehen sind durchaus richtige Schritte auf dem Weg zu mehr Privat und weniger Staat. Fristen zu setzen für Umweltverträglichkeitsprüfungen ist notwendig, wenn wir wichtige Infrastrukturmaßnahmen nicht nur bereden, sondern auch umsetzen wollen.

Punkt 3 ist – das sei zugegeben, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie – für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der Privatwirtschaft eine Provokation (Bundesrat Gasteiger: Bravo! Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung!), führt uns aber das Ausmaß der über Jahrzehnte aufgebauten Privilegien der geschützten Bereiche deutlich vor Augen. Warum wurde die Verwaltungsreform in der Vergangenheit immer schubladisiert? – Weil man genau wusste, dass man im Zuge einer derartigen Reform draufkommen muss, dass Planstellen frei werden und dahinter Menschen stehen, denen man sagen muss, dass sie nicht mehr gebraucht werden. In der Privatwirtschaft läuft eine Restrukturierung nach anderen, nach bekannten Regeln ab, in den geschützten Bereichen sieht die Restrukturierung so aus, wie unter Tagesordnungspunkt 3 dargestellt. Da gibt es eben eine Ausweitung des bestehenden Vorruhestandsmodells auf Reorganisationsmaßnahmen ohne Zusammenhang mit einer Ausgliederung, die Möglichkeit der vorzeitigen Ruhestandsversetzung gegen Pensionsabschlag für Bedienstete ab einem Mindestalter von 55 Jahren – natürlich ist das eine Provokation für einen Menschen, der in der Privatwirtschaft tätig ist und von dem wir verlangen, dass er länger arbeiten muss –, Förderungen von freiwilligen Austritten aus dem Beamtendienstverhältnis durch angemessene Abschlagszahlungen, die Erhöhung der Attraktivität von Karenzierungen durch Anrechnung von maximal fünf Jahren für zeitabhängige Rechte ohne weitere Voraussetzungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was können wir daraus lernen? – Der in der Zweiten Republik über Jahre aufgebaute Privilegienstadl muss endgültig der Vergangenheit angehören. In diesem Sinne darf ich von dieser Stelle aus auch der Frau Vizekanzlerin sehr herzlich dazu gratulieren, dass sie den Mut und die Energie hatte, diesen doch sehr steinigen Weg der Verwaltungsreform zu gehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Es hat bei dieser Verwaltungsreform keine Alternative gegeben. Wenn man das Einsparvolumen von 21,2 Milliarden Schilling im Sinne der österreichischen Steuerzahler erreichen will, muss man auch zu diesen Sozialmaßnahmen stehen. In diesem Sinne wird die freiheitliche Fraktion den Tagesordnungspunkten 1 bis 3 die Zustimmung geben und weiterhin für einen schlanken Staat und mehr soziale Gerechtigkeit eintreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.25

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kneifel. Ich erteile es ihm.

13.25

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Meine Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Die Verwaltungsreform ist sicherlich ein Fortschritt. Das, so glaube ich, kann man neidlos anerkennen. Gerade im Hinblick auf mehr Bürgernähe und mehr Kundenorientierung ist viel geschehen. Einige Beispiele dazu sind schon genannt worden.

Landeshauptmann Pröll hat in diesem Haus vor wenigen Minuten gesagt, dass ein besonderes Beispiel auch die Verländerung der Bundesstraßenkompetenz ist. Ich glaube, dass hier auch ein wesentlicher Quantensprung in der Infrastrukturarbeit von dieser Regierung geleistet wurde.

Ich glaube, dass auch die Einsparung in der Höhe von ungefähr 21 Milliarden Schilling bei dieser Verwaltungsreform anerkannt werden muss. Aber wir sind nicht nur dazu da, das zu bejubeln, sondern ich glaube, es gibt immer noch einige Punkte, die bei aller Anerkennung und bei allem Fortschritt offen sind, etwa das Verhältnis zwischen der Verwaltungsarbeit der Bundesregierung einerseits und den Ländern andererseits.

Ich möchte das auf einen ganz konkreten Punkt bringen, der immer wieder für Irritationen sorgt und bei dem der Bürger nicht einsieht, warum in diesen Bereichen nicht mehr weitergeht, wovon auch die Bundesländer sehr stark betroffen sind und worüber die Bundesländer oft eine einheitliche Meinung haben, aber es geht sehr zäh weiter.

Ich meine zum Beispiel die Tempolimits auf Autobahnen, so etwa auf der Pyhrn Autobahn, auf der Innkreis Autobahn und auch auf der West Autobahn. Ich meine, dass diese Tempolimits noch aus einer Zeit stammen, in der die Autobahn gebaut wurde. In der Zwischenzeit sind viele Verbesserungen erreicht worden, aber es herrscht immer noch der alte Standard der Tempolimits. Ich meine konkret die 110 km/h-Beschränkung zur Nachtzeit von 22 Uhr bis 5 Uhr früh auf der Pyhrn Autobahn und auf der Innkreis Autobahn. (Bundesrat Gasteiger: Raser! Raser!) – Nein, das hat nichts mit Rasern zu tun, das hat mit Normalität zu tun. Ich verstehe Ihre Aggressionen nicht. Ich sage ja, dass vieles gut ist, dass vieles gelungen ist, aber ich glaube, wir sollten hin und wieder auch den einen oder anderen Verbesserungsvorschlag bringen und Mängel aufzeigen, die vom Bürger nicht eingesehen werden.

Ich nenne Ihnen ganz konkret ein Beispiel – ich habe eine Anfrage an Frau Bundesministerin Forstinger gerichtet, und sie ist hier sehr konsensbereit und will etwas verbessern, hat sie mir in ihrer Antwort berichtet –: Die West-Autobahn ... (Bundesrat Kraml: Das können Sie ja ändern! Dazu brauchen Sie keine Verwaltungsreform! – Bundesrat Gasteiger: Sie können das ja ändern! Sie hätten das schon ändern können!) – Schauen Sie, Sie machen immer Zwischenrufe, aber Sie wollen nicht wirklich zuhören. Das ist das Problem. (Bundesrat Kraml: Sie können es ja ändern!) Und es ist auch das Problem, dass man mit Ihnen dann zu keinen Ergebnissen kommt, denn dazu gehört es, dass man manchmal auch zuhört. (Bundesrat Kraml: Sie können es ja ändern!) Wissen Sie, die Voraussetzung dafür, dass wir zu Lösungen kommen, ist, dass wir einander anhören.

Zum Beispiel West Autobahn: Das Tempolimit von 100 km/h auf der West Autobahn im Bereich von Ansfelden und Linz rührt aus einer Zeit her, in der die Autobahn noch zweispurig befahrbar war. In der Zwischenzeit ist sehr viel investiert worden, es gibt einen dreispurigen Ausbau für beide Strecken, und ich sehe nicht ein, dass dort immer noch der alte Zustand ist, das alte Tempolimit gilt, obwohl es dank der Bundesregierung und dank der Landesregierung, die hier sehr offensiv vorgegangen sind, maßgebliche Veränderungen gibt. Das sieht der Bürger nicht ein, dass trotz verbesserter Infrastrukturmaßnahmen immer noch das alte Tempolimit gilt.

Ich bin der Frage nachgegangen – glauben Sie mir das –, woran das scheitert. Das scheitert nicht an bestimmten Sicherheitskriterien – Sie haben von Rasern gesprochen –, das hat nichts mit Rasen zu tun – 130 km/h ist die ganz normal erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn –, das hat nichts mit Raserei und nichts mit Gefährdung der Verkehrssicherheit zu tun, sondern das hat damit zu tun, dass vom Verkehrsministerium immer zuerst im Finanzministerium nachgeprüft werden muss: Was verlieren wir an Strafgeldern, wenn ein Tempolimit fällt?

Das ist die Eigenart, die Besonderheit. (Bundesrat Freiberger: Es ist höchste Zeit zu handeln! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es ist wirklich schwierig. Ich rede ja einer Verbesserung dieses Zustandes das Wort – Sie aber hören nicht zu und schreien immer dazwischen. (Bundesrat Kraml: Das müssen Sie nicht uns sagen, das müssen Sie in Richtung ÖVP und Freiheitliche sagen!) Also hört zu, dann sage ich euch das ganz genau!

Ich bin der Meinung, dass nicht die Probleme der Geldbeschaffung in den Vordergrund gestellt werden sollten, sondern in erster Linie die Argumente der Verkehrssicherheit und die Flüssigkeit des Verkehrs in Betracht gezogen werden. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

Ich halte nichts davon, dass das Finanzministerium zuerst erhoben haben will, wie viel Einnahmen aus Strafgeldern dem Bund entgehen, wenn die besonderen Geschwindigkeitsbeschränkungen aufgehoben werden. Ich habe das überprüfen lassen ... (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.) – Das ist gar keine Besonderheit, wenn ich so etwas sage. (Ruf bei der SPÖ: Oja, für euch schon!) Nein, das ist keine Besonderheit! Wir sind Ländervertreter und sollten die berechtigten Interessen der Länder hier anbringen und vertreten! (Ruf bei der SPÖ: Wenn man hineinschreit, ist es nicht in Ordnung, und wenn man applaudiert, auch nicht!) Wenn man da etwas ganz Normales berichtet, wird sofort applaudiert – ich finde das gar keinen Applaus wert, das ist ein ganz normaler Vorgang.

Unser Motto für diese Verwaltungsreform war: Der Akt soll wandern und nicht der Bürger! Manchmal braucht der Bürger auch eine gewisse Mobilität und will rasch an seinem Ziel sein. Auch in Verwaltungsangelegenheiten muss er manchmal mit seinem Auto unterwegs sein. Das Auto ist ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil unserer Gesellschaft. Deshalb müssen wir diese Mobilität, die Flüssigkeit des Verkehrs gewährleisten und überprüfen, ob diese Tempolimits wirklich noch notwendig sind. Wir sollten diesem Anspruch, so glaube ich, gerecht werden und diese Tempolimits beseitigen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.33

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Jürgen Weiss. Ich erteile es ihm.

13.33

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Vorsitzende der Landeshauptmännerkonferenz hat uns heute zu Beginn der Sitzung über das zur Debatte stehende Verwaltungsreformgesetz und darüber hinaus über das gesamte Verwaltungsreformpaket, das von Bund und Ländern am 23. Oktober zustimmend zur Kenntnis genommen wurde, informiert.

Das ist beispielgebend, und es passt ganz gut zu den Besonderheiten einer Länderkammer, dass diese Information von einem Vertreter der Länder gekommen ist.

Im letzten Finanzausgleichspaktum wurde bekanntlich festgelegt, dass durch die zwischen Bund und Ländern vereinbarten Aufgaben- und Strukturreformen ein Einsparungsvolumen von 3,5 Milliarden Schilling pro Jahr erzielt werden soll. Mit dem in langwierigen Verhandlungen erarbeiteten Reformpaket, in das auch die Länder wesentliche Anregungen eingebracht haben, ist nun klargestellt, dass die Länder vertragstreu geblieben sind – anders als die frühere Bundesregierung hinsichtlich der 1992 geschlossenen Vereinbarung über die Reform des Bundesstaates.

Mit dem Verwaltungsreformgesetz 2001 beginnt die konkrete Umsetzung des Reformpaketes, die großteils Maßnahmen des Bundesgesetzgebers erfordert. Aus Sicht der Länder ist daran festzuhalten, dass auch dafür das im Finanzausgleichspaktum vereinbarte Umsetzungseinvernehmen gilt.

Das heute ebenfalls zur Verhandlung stehende Deregulierungsgesetz 2001 ist Anlass, daran zu erinnern, und zwar richtet sich das nicht an die Adresse der Frau Vizekanzlerin oder der Bundesregierung, sondern an jene des Nationalrates. Neben einem bei der Vorbereitung von Bundesgesetzen zu beachtenden allgemeinen Deregulierungsauftrag, der zu begrüßen ist und zu dem auch gar nicht viel zu sagen ist, enthält es eine vor allem Nebenbahnen und Seilbahnen betreffende Änderung des Eisenbahngesetzes, die dem Deregulierungsauftrag in Artikel I gleich schon einmal deutlich widerspricht. Sie kann sich auch weder auf ein Verhandlungsergebnis mit den Ländern noch auf ein Begutachtungsverfahren stützen, durch die Kreation im Verfassungsausschuss des Nationalrates nicht einmal auf rechtzeitige Kenntnis der Länder. Mit dem Ausschussbericht wurden sie vor vollendete Tatsachen gestellt.

Das wäre zwar Grund für Kritik für sich allein, aber natürlich nicht Grund für eine Ablehnung. Sie ergibt sich seitens des Landes Vorarlberg – und nur für dieses spreche ich in diesem Punkt – vielmehr unter anderem daraus, dass die Zuständigkeit für Nebenbahnen an die Bezirkshauptmannschaften übertragen werden soll. Nun ist eine Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft in der Regel zweckmäßig – alle Reformen zielen auch darauf ab –, aber nicht Selbstzweck. Nebenbahnen haben es typischerweise an sich, dass sie durch mehrere Bezirke fahren, und daher ist schon zu hinterfragen, ob eine bezirksübergreifende Zuständigkeit nicht zweckmäßiger wäre; dies umso mehr, als es beim zweiten Teilbereich, nämlich bei den Kleinseilbahnen, hinsichtlich der Genehmigung von Betriebsvorschriften zu einer Zentralisierung beim Finanzministerium kommt, obwohl solche Kleinseilbahnen üblicherweise nicht über Bezirksgrenzen hinaus reichen.

Abgesehen davon gibt es auch begründete Bedenken hinsichtlich der Form, in der Aufsichts- und Überwachungsbefugnisse der Behörden durch Auslagerung in einer Weise entfallen, die hinsichtlich der Betriebssicherheit als problematisch angesehen werden kann.

Da bis zum 1. Mai des nächsten Jahres ohnedies eine Änderung des Eisenbahngesetzes zur Einarbeitung der einschlägigen EU-Richtlinie notwendig ist, besteht für eine überhastete und über den Kopf der Länder hinweg vorgenommene Änderung als nachträgliches Anhängsel zum Verwaltungsreformgesetz überhaupt kein Anlass. Das Deregulierungsgesetz sollte daher entsprechend bereinigt werden und so nicht in Kraft treten.

Daher werden die Vorarlberger Vertreter dem Antrag auf Nichtbeeinspruchung dieses Gesetzes nicht zustimmen.

Dieser gemeinsame "Seitensprung" des Verkehrsministeriums und des Nationalrates ändert aber nichts daran, dass der Bundesregierung bereits mit dem Verwaltungsreformgesetz eine beachtliche Reform gelungen ist. Als einen wesentlichen Punkt sehe ich die Zusammenführung behördlicher Tätigkeiten in den Bezirkshauptmannschaften, vor allem bei der Genehmigung von Betriebsanlagen. Von einem One-Stop-Shop wird man allerdings erst dann sprechen können, wenn auch die für solche Verfahren üblicherweise notwendigen Bauverfahren der Gemeinden integriert sind, was selbst in Vorarlberg, wo die Verfahrenskonzentration bereits Standard ist, erst für zwei Drittel der Gemeinden möglich war, weil wir auf Freiwilligkeit zählen und die Gemeinden in dieser Hinsicht nicht verfassungsrechtlich bevormunden wollen. Aber es sind alle herzlich eingeladen, daran mitzuwirken, dass möglichst viele Gemeinden die Zuständigkeit für Bauverfahren in gewerbebehördlichen Verfahren der Bezirkshauptmannschaft übertragen, damit wirklich das One-Stop-Shop-Prinzip umgesetzt werden kann.

Mit einem zweiten wichtigen Schritt werden rechtliche Grundlagen für den Eintritt in das e-Government-Zeitalter geschaffen. Es wurde schon ausführlich darüber referiert. Hinsichtlich der elektronischen Zustellung behördlicher Erledigungen begrüße ich es, dass der erste Formulierungsversuch der Länder – nobody is perfect – nachgebessert werden konnte. Der erste Entwurf hätte das technische Zustellrisiko in einem nicht vertretbaren Maße auf die Bürger überwälzt. Nunmehr gilt die Zustellung unter anderem auch dann nicht als bewirkt, wenn der Empfänger innerhalb der Abholfrist glaubhaft macht, dass ihm die Abholung vom Mailserver aus technischen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist, was in der Praxis gelegentlich vorkommt.

Ein dritter wichtiger Bereich ist die Vereinfachung des Berufungsverfahrens, durch die künftig die Unabhängigen Verwaltungssenate an die Stelle der Berufungsbehörden treten werden. Hinsichtlich ihrer Entscheidungsbefugnis wurde ein Kompromiss in der Weise gefunden, dass die UVS Bescheide nicht bloß aufheben, sondern auch in der Sache selbst entscheiden können. Die Möglichkeit der Behörde, sich die Entscheidung im Einzelfall dennoch vorzubehalten, entspricht übrigens der in der Schweiz geltenden Regelung.

Es wird beispielsweise dann von Bedeutung sein, wenn politische Vorgaben wie ein Landesraumplan zu beachten sind, die weder als Gesetz noch als Verordnung erlassen sind und daher keine rechtliche Bindungswirkung für den UVS haben. Sie haben wohl eine politische Bindungswirkung, aber die ist eben nur für die der politischen Kontrolle unterworfenen Behörden maßgeblich. Damit ist auch die für die Gewaltenteilung wichtige Möglichkeit der Landtage zur politischen Steuerung und Kontrolle des Verwaltungshandelns gewahrt.

Es ist auch ausdrücklich klargestellt, dass die UVS lediglich Rechts- und nicht auch Ermessensfragen zu entscheiden haben.

In der für die Entscheidungsbefugnis der UVS gefundenen Kompromisslösung sehe ich einen wichtigen "Feldversuch" für den notwendigen nächsten Schritt: die Einführung von Landesverwaltungsgerichten, für die wir dann allerdings die Verfassungsmehrheit benötigen. Die Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes und auch eine möglichst lückenlose Beschleunigung der Rechtsmittelverfahren werden nur auf diese Weise erreicht werden können. Den diesbezüglichen Wortmeldungen ist durchaus zuzustimmen.

Der vierte von mir zu nennende Bereich wird bei den Bezirkshauptmannschaften einen nennenswerten Einsparungseffekt bringen. Wenn bei einem Verwaltungsstrafverfahren die Verfolgung aussichtslos erscheint oder der hiefür erforderliche Aufwand in einem Missverhältnis zum Grad und zur Bedeutung der in der Verwaltungsübertretung liegenden Verletzung öffentlicher Interessen steht, können die Verwaltungsbehörden von der Erstattung einer Anzeige beziehungsweise von der Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens absehen. Damit wird künftig ein ganz beachtlicher bürokratischer Leerlauf vermieden werden.

Ich bringe ein Beispiel aus der Praxis, das ich früher hier schon einmal erwähnt habe. Bei der Vollziehung des Abfallwirtschaftsgesetzes, die EDV-unterstützt gemacht wird, kommt es vor, dass wegen Formalvergehen, Fristversäumnis und Ähnlichem der Computer lange Listen von Sündern ausdruckt, bei denen bisher in allen Einzelfällen nicht nur Anzeige erstattet werden musste, sondern auch ein Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen war. Man kann sich ausmalen, was das für einen bürokratischen Leerlauf bei der Bezirkshauptmannschaft mit dem absehbaren Ergebnis, dass nämlich nichts Relevantes vorliegt, bedeutet hat.

Diese Forderung der Länder ist bei früheren Bundeskanzlern auf entschiedenen Widerstand gestoßen, und ich freue mich, dass nun endlich eine Lösung gefunden wurde.

Der Herr Landeshauptmann von Niederösterreich hat schon darauf hingewiesen, dass es sich beim vorliegenden Verwaltungsreformgesetz um einen ersten Schritt handelt, und es ist tatsächlich so, dass der Großteil der notwendigen Gesetzgebungsarbeit noch vor uns liegt.

Das Schwergewicht des ersten Schrittes lag ohne Zweifel bei Umschichtungen von Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung zu den Bezirkshauptmannschaften. Keineswegs handelt es sich um eine Abschaffung der mittelbaren Bundesverwaltung, sondern es werden lediglich Zuständigkeiten bei der Ausübung der mittelbaren Bundesverwaltung durch Landesbehörden, in der Regel vom Landeshauptmann zu den Bezirkshauptmannschaften, verlagert.

Natürlich korrespondiert die Tendenz in der Beamtenschaft der Ministerien, den teilweise noch aus der Monarchie stammenden Besitzstand wahren zu wollen, mit Widerstand in den Landesverwaltungen, auch anderes als nur Rosinen übernehmen zu wollen. Das muss man ganz offen aussprechen. Aber wenn das zum Maßstab genommen wird, ist jede Reform von vornherein zum Scheitern verurteilt. Vielleicht hätte man, Frau Vizekanzlerin, das Vorruhestandsmodell für von der Reform Betroffene bereits am Beginn der Reformdiskussion lancieren sollen, damit die Sorge mancher etwas gemildert worden wäre.

Ein kurzes Wort zu diesem Modell, das ja auch hier heftige Diskussionen ausgelöst hat. Ich habe bei all der Kritik daran die Alternativen dazu vermisst. Es gibt natürlich Alternativen. Die eine Alternative wäre, man unterlässt Reformen und lässt den Fall gar nicht eintreten. Damit verunmöglicht man aber auch die Erreichung des Ziels, das allseitig anerkannt wird, den Verwaltungsaufwand zu senken.

Die Variante 2 würde bedeuten, dass man – wie das gelegentlich in anderen Bereichen vorkommen mag – überzählige Mitarbeiter kündigt. Das löst das Problem auf eine Weise, die wahrscheinlich von niemandem hier vertreten wird, und geht in der Mehrzahl der Fälle an der Lösungskapazität rechtlich vorbei, weil es sich um pragmatisierte Mitarbeiter handelt, bei denen sich eine solche Variante von vornherein verbietet. Ich habe aber auch nicht gehört, dass jemand in diese Richtung argumentieren wollte.

Das heißt, es bleibt tatsächlich nur übrig, den Aufwand für nicht mehr benötigte Tätigkeiten zu minimieren, und es ist rechnerisch evident, dass das mit dem vorliegenden Modell gelingt. Dass es natürlich viele gibt, die das auch gerne für sich individuell in Anspruch nehmen wollten, ist nur ein Hinweis darauf, dass das Pensionsversicherungssystem hinsichtlich Flexibilität besser an die Erfordernisse der heutigen Zeit angepasst werden sollte.

Nach einer beim Reformdialog 1 der Bundesregierung verteilten Unterlage sank der Personalstand des Bundes in den drei Jahren zwischen 1999 und 2001, in denen die Weichenstellungen für den Verwaltungsaufwand noch in der Hand der früheren Bundesregierung lagen, um 9 334 Planstellen. Aber lediglich 352 Planstellen davon stammten aus den Zentralstellen, der überwiegende Teil wurde im nachgeordneten Bereich eingespart. – Nur so viel zu Ihrer Sorge, dass an der Peripherie gespart werde. Das war nämlich Verwaltungsreform à la frühere Bundesregierung.

Auch ein die unterschiedlichen Bezugsgrößen berücksichtigender Prozentvergleich zeigt, dass der Stellenabbau in den Zentralstellen in dieser Zeit geringer ausfiel als in der Peripherie. Wir können davon ausgehen, dass das Verwaltungsreformgesetz 2001 und auch die nachfolgenden Gesetze diesen Trend umkehren werden.

Ich wollte nun eigentlich auf die Ausführungen von Kollegen Schennach replizieren. Er ist jetzt aber wieder – so wie das häufig der Fall ist, wenn man auf etwas antworten will – nicht da; ich tue es trotzdem. Er hat die Frage aufgeworfen: Wer kontrolliert denn die Bezirkshauptmannschaften?, und es klingt – so wie in früheren Aussendungen von ihm – dabei leise die Feststellung mit: eigentlich niemand. – Das ist natürlich nicht richtig.

Abgesehen davon, dass sie vom Landeshauptmann kontrolliert werden, teilweise auch vom Kollegium der Landesregierung, unterliegt die Tätigkeit der Bezirkshauptmannschaften selbstverständlich der politischen Kontrolle durch die Landtage. Wir alle kennen aus dem eigenen Landtag solche Fälle, bei denen das relevant wurde. Die Tätigkeit der Bezirkshauptmannschaften unterliegt der Kontrolle des Rechnungshofes sowohl des Bundes als auch des Landes, wenn einer eingerichtet ist, unterliegt der Kontrolle der Volksanwaltschaft des Bundes und – dort, wo eine eingerichtet ist – auch der Länder und schließlich auch der Rechtskontrolle durch die Obersten Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, den Verwaltungsgerichtshof, den Verfassungsgerichtshof, und abgesehen davon auch der Kontrolle durch die Unabhängigen Verwaltungssenate der Länder. Das heißt, es gibt eine ganze Reihe von Instanzen, die die Bezirkshauptmänner kontrollieren.

Herr Kollege Schennach hat auch darauf hingewiesen, dass man im Gegensatz zur jetzigen Reform im Jahre 1994 verhandelt habe. Herr Kollege Hösele hat schon darauf verwiesen, welcher Art diese Verhandlungsführung war. Die Verhandlungen sind damals nicht zuletzt deshalb gescheitert, weil die Einbeziehung der Grünen eine Zustimmung der Länder verunmöglicht hat. Sie wollten nämlich die Bundesstaatsreform in wesentlichen Teilbereichen verwässern und ins Gegenteil verkehren, ganz abgesehen davon, dass es damals eine Bedingung für die Verhandlungsführung war, die FPÖ nicht einzubeziehen. Das muss man der historischen Wahrheit halber auch dazu sagen. Das unterscheidet sich von der heutigen Situation.

Herr Kollege Schennach hat unter anderem auch eine Entmündigung der Landtage befürchtet. Ich habe nicht gehört, dass sich irgendein Landtag entmündigt fühlt, zumindest hat das keiner artikuliert. Was die Landtage artikuliert haben, war Reformbedarf, und diesem wird mit dieser Reform – das wird von den Landtagen durchaus auch anerkannt – nachgekommen.

Zu guter Letzt ist Herr Kollege Schennach auch auf eines seiner Steckenpferde zu sprechen gekommen: die Landeshauptmännerkonferenz, die er als informelles Gremium abseits der Rechtsordnung bezeichnet hat. Er übersieht dabei Folgendes: Es ist noch nicht lange her – es war nämlich erst in der letzten Sitzung –, als mit den Stimmen der Grünen ein Bundesgesetz über die Einrichtung des Nationalen Sicherheitsrates beschlossen wurde, in dem die Landeshauptmännerkonferenz ausdrücklich erwähnt wird, erstmals sogar in der Weise, dass dem Vorsitzenden bestimmte Aufgaben zugeordnet werden.

Ich blicke nun etwas weiter zurück: Es gab auch Gesetzesanträge der Grünen im Nationalrat, in denen die Landeshauptmännerkonferenz explizit angeführt ist. Ich verstehe also nicht ganz diese Berührungsängste im Zusammenhang mit diesem Gremium.

Einen mir besonders wichtigen Punkt möchte ich zum Schluss noch kurz erwähnen. Der mit der Verwaltung verbundene Aufwand entsteht nicht aus sich selbst heraus, sondern weil er durch die Umsetzung gesellschaftlicher und politischer Interessen im Wege der Gesetzgebung angeordnet wird. Kostentransparenz und Effektivitätsprüfung haben außer dem Rechnungshof und, eingeschränkt, weil er auch politischen Zwängen unterliegt, dem Finanzminister keine wirkliche Lobby.

Ein in Deutschland und auch in der Schweiz wichtiges Korrektiv bleibt bei uns weitgehend ausgeschaltet. Das ist die Vollziehungserfahrung der ausführenden Behörden. Wenn man sieht, wie häufig praxisbezogene Einwände im Begutachtungsverfahren, sofern ein solches überhaupt ernsthaft stattfindet, beiseite geschoben werden, darf man sich über hohen Verwaltungsaufwand nicht wundern.

Es gibt natürlich auch Gründe dafür, das in Deutschland und in der Schweiz gegebene Ausmaß an Dezentralisierung und vor allem Deregulierung politisch nicht haben zu wollen. Das verstehe ich. Dann gibt es allerdings auch keinen guten Grund dafür, den gleich niedrigen Verwaltungsaufwand haben zu wollen. Das sind dann eben politische Kosten und nicht Folgen einer zu teuer arbeitenden Verwaltung. Zu diesen politischen Kosten müssen Sie sich, wenn Sie Reformen dieser Art ablehnen, dann eben auch bekennen.

Insgesamt gesehen sind wir mit dem vereinbarten Reformpaket und dem ersten gesetzgeberischen Umsetzungsschritt, mit dem Verwaltungsreformgesetz 2001, auf dem richtigen Weg. Dem Bundeskanzler und der für viele Bereiche ressortzuständigen Frau Vizekanzlerin, die in diesem Bereich die undankbarste Aufgabe mangels wirklicher Durchsetzungskompetenz hat, sind für den sichtbar gewordenen Reformschwung zu danken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da der eingeschlagene Weg steinig und gelegentlich auch abschüssig sein wird, ist der Bund gut beraten, wenn die Reformpartnerschaft mit den Ländern fortgesetzt wird. Dass das auch der Vorsitzende der Landeshauptmännerkonferenz heute bekräftigt und für die weiteren Diskussionen über Verwaltungs- und Staatsreform eingefordert hat, verdient ebenso wie das Verwaltungsreformgesetz unsere volle Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.52

Präsident Alfred Schöls: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Frau Kollegin Pühringer, bitte.

13.52

Bundesrätin Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte in aller Kürze nur einige Zahlen bekannt geben und damit dort anschließen, wo Kollege Würschl von einer Einsparung bei den Lehrerposten gesprochen hat; das lesen wir sehr oft in den Medien. Dabei wird natürlich immer der Eindruck erweckt, dass damit auch das Unterrichtsangebot für die Schüler geringer geworden ist, dass es eine Einsparung im Angebot an die Schüler gegeben hat.

Es ist uns Lehrern im vergangenen Jahr immer wieder prognostiziert worden, dass es heuer zu vielen Kündigungen kommen werde. Wie hat sich nun die Situation zu Schulbeginn tatsächlich dargestellt? – Ich spreche für den Pflichtschullehrerbereich.

In zwei Bundesländern hat es tatsächlich einen großen Überhang an Lehrern gegeben, aber nicht deswegen, weil die Bundesregierung eingespart hat, sondern weil in den vergangenen Jahren der Dienstpostenplan etwas zu großzügig gehandhabt worden ist. Diese beiden Bundesländer waren Steiermark und Kärnten. In der Steiermark musste man tatsächlich 170 Lehrer kündigen beziehungsweise konnte man diese nicht mehr weiter verwenden. Das Land Steiermark hat Millionenbeträge für eine Stiftung zur Verfügung gestellt, um diesen Lehrern zu helfen. Aber wie ich eben gehört habe, wird diese Hilfe nur sehr wenig in Anspruch genommen. Offensichtlich haben die betroffenen Lehrer beruflich eine andere Möglichkeit gefunden.

Das zweite Bundesland, in dem die Situation so war, war das Bundesland Kärnten. Da kenne ich die Zahlen leider nicht. Mich würden sie interessieren.

Wie hat es nun in den anderen Bundesländern ausgesehen? – Aus dem Burgenland haben wir gehört, dass man dankbar darüber war, dass man alle Lehrer weiter beschäftigen konnte. Man konnte aber keine neuen einstellen.

In allen anderen Bundesländern waren Neuanstellungen nötig: in Niederösterreich 30, in Salzburg 30, in Tirol 90, in Wien angeblich 250, in Oberösterreich 170, und in Vorarlberg, einem sehr kleinen Bundesland, das ich von der Anzahl der Lehrer mit einem unserer größten Bezirke in etwa vergleichen könnte – es ist auch jenes Bundesland, von dem in dieser Lehrerfrage sehr viele Unruhen ausgegangen sind –, musste man zu Schulbeginn 175 Lehrer einstellen.

So viel sei also zur Anmerkung über die Kürzung bei den Lehrerposten gesagt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.55

Präsident Alfred Schöls: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend das Verwaltungsreformgesetz 2001.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend das Deregulierungsgesetz 2001.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend die 2. Dienstrechts-Novelle 2001.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäfts- und Rechtsverkehrs geregelt (E-Commerce-Gesetz – ECG) und das Signaturgesetz sowie die Zivilprozessordnung geändert werden (817 und 853/NR sowie 6499/BR der Beilagen)

Präsident Alfred Schöls: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäfts- und Rechtsverkehrs geregelt und das Signaturgesetz sowie die Zivilprozessordnung geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Dr. Robert Aspöck: Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Der Herr Präsident hat den Titel bereits verlesen. Im Übrigen liegt Ihnen der Text vor, meine Damen und Herren!

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Alfred Schöls: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher. Ich erteile es ihm.

13.58

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Hohes Haus! Erlauben Sie mir kurz noch eine Bemerkung zum Kollegen Keuschnigg, der, so glaube ich, jetzt selbst in der Cafeteria ist. Es ist etwas ganz Erstaunliches passiert: Kollege Keuschnigg hat auch kurz über die Schuldenpolitik der vorigen Bundesregierung gesprochen und in diesem Zusammenhang den Ausdruck "wir" gebraucht. Er hat wörtlich gemeint: Wir haben Schulden gemacht. Ich gratuliere der ÖVP zur offensichtlichen Wiedererlangung ihres Gedächtnisses. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun aber zum E-Commerce-Gesetz: Das Fortschreiten moderner Kommunikationsformen stellt auch an gesetzliche Regelungsbedürfnisse hohe Anforderungen, und gerade der elektronische Geschäftsverkehr bedarf hier genauerer Betrachtung – sei es zum Schutz der Konsumenten oder zur Aufrechterhaltung fairer Wettbewerbsbedingungen. Ich glaube, in diesem Licht ist das E-Commerce-Gesetz als Umsetzung der EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 4. 5. 2000 zu sehen.

Grundsätzlich sind gesetzliche Regelungen in diesem Bereich sehr zu begrüßen, da bis dato in vielen Belangen erhebliche Unsicherheit bestanden hat. Leider wird aber auf einigen Gebieten weder durch die Richtlinie der EU noch durch das ECG selbst erheblich mehr Licht ins Dunkel der täglichen E-Commerce-Praxis gebracht.

Ich glaube, dass die Experten des Justizministeriums beim Entwurf hervorragende Arbeit geleistet haben. Das konkret im Nationalrat beschlossene Gesetz weicht aber in für uns entscheidenden Punkten von diesem Entwurf ab, und auch die Richtlinie selbst lässt – wie erwähnt – einiges offen.

Die Absicht der EU-Richtlinie liegt zum einem in der Verwirklichung der Dienstleistungsfreiheit bei den Online-Diensten, zum anderen in der Normierung von Transparenzpflichten zur Sicherung der Rechtssicherheit in diesem Bereich. Anwendungsbereich sind die Dienste der Informationsgesellschaft, wie sie etwa bereits in der Transparenzrichtlinie normiert sind oder auch in der Richtlinie über zugangskontrollierte Dienste angeführt werden. Da finden wir zum Beispiel den Begriff "elektronisch", auf den bezieht sich das Ganze. Der ist dabei so definiert, dass sowohl beim Sender als auch beim Empfänger eine Speicherung und Verarbeitung elektronischer Daten erfolgen muss.

Weiters ist auch eine individuelle Abrufbarkeit erforderlich. Auf diese Weise soll also abgegrenzt werden: auf der einen Seite von den Telekommunikationsdiensten, auf der anderen Seite von den Fernsehdiensten.

Das hat in der konkreten Auswirkung zur Folge, dass SMS-Dienste nicht unter die gegenständliche Richtlinie fallen und beispielsweise auch bei Fragen von Video on demand bereits erhebliche Auslegungsschwierigkeiten bestehen.

Österreich hat hier eine andere, und zwar sinnvollere Definition vorgeschlagen und wollte das Begriffsmerkmal "auf individuellen Abruf", wie es jetzt heißt, durch das Kriterium "interaktive Dienste" ersetzen. Das wurde allerdings von der Kommission leider nicht aufgegriffen.

Wie üblich gibt es in der Richtlinie etliche Ausnahmen. Generelle Ausnahmen betreffen etwa das Steuerwesen, den Datenschutz oder auch das Kartellrecht. Ausnahmen gibt es des weiteren aber auch zum Beispiel für Notare bei der Ausübung öffentlicher Befugnisse und für Rechtsanwälte bei der Vertretung vor Gericht.

Wenngleich es gute Gründe geben mag, derartige Ausnahmen zu statuieren, kann man sich nicht ganz des Eindrucks erwehren, dass hier gewisse Wettbewerbsfragen auch eine Rolle gespielt haben – gerade bei jenen, die diese Richtlinien auch mitverhandelt haben –, und zwar auch vor dem Hintergrund, dass von österreichischer Seite noch weitergehende Ausnahmen gefordert wurden, gerade für diese beiden Berufsgruppen.

Erhebliche Diskussion gab es aber über einen Punkt, der besonders wichtig ist, nämlich über die Anwendbarkeit des Internationalen Privatrechtes. Auf Grund des in der Richtlinie und damit auch im ECG verankerten Herkunftslandprinzips ist grundsätzlich das Recht des Niederlassungsstaates des Diensteanbieters anzuwenden, was etwa im Online-Bereich das Marktortprinzip, das ansonsten gilt, völlig umdreht. Nun bestehen aber zum Internationalen Privatrecht durchaus bereits umfassende Regelungen. Ich erinnere nur an das Römer Schuldrechtsübereinkommen. Die Europäische Kommission hingegen betrachtet das Internationale Privatrecht aber als Hemmnis für den Dienstleistungsverkehr.

Der Kompromiss, der erzielt wurde, lief darauf hinaus, einerseits in der Richtlinie keine speziellen Aussagen über das Internationale Privatrecht zu treffen. Auf der anderen Seite geht die Kommission vom Günstigkeitsvergleich aus. Das bedeutet, dass bei Verweis auf ein bestimmtes Sachrecht vom Gericht ein Günstigkeitsvergleich anzustellen ist.

Dementsprechend war auch im Entwurf zum ECG im § 20 Abs. 3 vorgesehen, dass Privatrechtsverhältnisse des Diensteanbieters und privatrechtliche Ansprüche gegen den Diensteanbieter sich auch im koordinierten Bereich nach jenem Recht richten, auf das die Bestimmungen des Internationalen Privatrechts eben verweisen – natürlich anschließend dann unter Beachtung des erwähnten Günstigkeitsvergleiches.

Diese Bestimmung wurde aber in den Ausschussberatungen wieder fallen gelassen, was zur Konsequenz hat, dass das Recht des Niederlassungsstaates des Diensteanbieters in Österreich automatisch zur Anwendung gelangt, was insbesondere für Verträge von Bedeutung ist, die Unternehmer untereinander abschließen, da vertragliche Schuldverhältnisse betreffend Verbraucherverträge ausgenommen sind.

Ich gebe schon zu, dass ein Günstigkeitsvergleich ohne Zweifel gewisse Probleme, gewisse Auslegungsprobleme aufwirft, aber diese Auslegungsprobleme wirft die EU-Richtlinie selbst auch auf, und man begibt sich nun der Chance, zumindest in Einzelfällen doch die Anwendbarkeit österreichischen Rechts zu ermöglichen.

Es ist klar, dass die EU-Kommission Kritik an diesem Entwurf und an diesem Absatz geübt hat. Aber Österreich lässt sich auch auf anderen Gebieten nicht immer von einer derartigen Kritik im Sinne eines vorauseilenden Gehorsams beeindrucken. (Der Redner blickt zur Regierungsbank. Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer schweigt.) – Danke für die "Zustimmung". (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Das war keine! Das ist ein Missverständnis!)

Auch hinsichtlich der Auslegung des Spannungsverhältnisses zwischen dem gemeinschaftlichen Schutzniveau und dem dieses Schutzniveau umsetzenden nationalen Recht wird der EuGH wohl tätig werden müssen. Es wird da sicher Vorab-Entscheidungsverfahren geben. Treten nämlich zum Beispiel Geschäftspartner zweier Staaten der EU im Sinne dieser Richtlinie miteinander in Beziehung, dann kann es passieren, dass trotzdem keines der beiden nationalen Rechte anwendbar ist, nämlich dann, wenn beide nationalen Rechte strenger sind als das harmonisierte Schutzniveau der Richtlinie. Das heißt, dass die Rechtssicherheit in manchen Fällen von der EU offenbar nicht als schutzwürdiges Gut angesehen wird.

Unklarheiten werden des weiteren bei der Haftung der Host-Provider auftreten. Für die Host-Provider besteht keine Haftungsbefreiung, sondern eine Haftungsbeschränkung, und der Host-Provider haftet dann nicht, wenn er keine tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information hatte. Fraglich ist aber, wann diese tatsächliche oder aktuelle Kenntnis gegeben ist.

Der ursprüngliche Vorschlag, einen qualifizierten Hinweis auf konkrete rechtswidrige Tätigkeiten oder Informationen zu normieren, der den Provider dann verpflichtet, diesem Hinweis nachzugehen und sich Kenntnis darüber zu verschaffen, ist im Gesetz ebenfalls nicht mehr enthalten.

Damit entstehen aber große Probleme: etwa dann, wenn der Provider zwar einen Hinweis erhält, dass eine rechtswidrige Tätigkeit oder Information vorliegt, aber untätig bleibt, weil alle Rechtsexperten davon ausgehen, dass auch § 2 StGB nicht anwendbar ist, also in diesem Fall keine Begehung durch Unterlassung gegeben ist.

Ich glaube – und das sehen wir auch in der Praxis –, dass freiwillige Vereinbarungen auf diesem Gebiet sicherlich kein gleichwertiger Ersatz sein können.

Noch eine Anmerkung: Übrigens sind auch Anzeigepflichten der Provider nicht vorgesehen.

Ein weiterer wesentlicher Punkt, der im Entwurf enthalten war, liegt im Bereich der Aufsicht. Die Mitgliedstaaten sind auf Grund der Richtlinien verpflichtet, eine effiziente Aufsicht über die Diensteanbieter einzurichten und sicherzustellen, dass die Zusammenarbeit zwischen den einzurichtenden Verbindungsstellen funktioniert.

Die im Entwurf des ECG noch enthalten gewesenen Bestimmungen über die Aufsichtsstelle sowie die Zuständigkeit und die Aufsichtsmaßnahmen finden sich im vorliegenden Text ebenfalls nicht mehr. Mit der nunmehrigen Regelung ist nicht hinreichend geklärt, ob damit der Verpflichtung zur Umsetzung der Richtlinie in einem für uns relativ wichtigen Bereich nachgekommen wird. Das ist umso bedauerlicher, als zumindest hinter vorgehaltener Hand von Justizexperten zu hören ist, man wollte dies schlicht und einfach aus Kostengründen nicht machen.

Meine Fraktion hat zu einigen kritisierten Punkten im Nationalrat einen entsprechenden Abänderungsantrag eingebracht, der im Wesentlichen auf dem von der Regierung ursprünglich vorgeschlagenen Text basiert. Bedauerlicherweise fand dieser Antrag keine Mehrheit. Somit werden wir auch hier im Bundesrat – ebenfalls mit Bedauern, weil, wie ich glaube, das E-Commerce-Gesetz ansonsten einige sehr gute Bestimmungen enthält – dieser Vorlage nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.07

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thomas Ram. Ich erteile ihm dieses.

14.07

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der rapide Siegeszug des Internet begleitet uns in den letzten Jahren. Es dient mittlerweile breiten Bevölkerungsschichten als Informationsmedium, vor allem im beruflichen Bereich, und wir alle nutzen das Internet. Zunehmend bietet es der Bevölkerung und den Konsumenten eine große Hilfe und Unterstützung.

In Österreich nutzen derzeit schon 3 Millionen Menschen dieses neue, innovative Medium. Auch die Geschäfte im Internet haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Besonders jetzt im Weihnachtsgeschäft spürt man den Boom, der das Internet begleitet, und immer mehr Konsumenten und Unternehmer nutzen das Internet als persönliche Plattform für ihre Geschäftsbeziehungen.

Gerade deswegen ist es notwendig, Maßnahmen zu setzen, um Transparenz, Rechtssicherheit und die Klärung von Haftungsfragen zu gewährleisten. Besonders notwendig, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es aber, die Konsumenten zu schützen. Daher einige Worte zu den sehr ausführlichen und sicherlich sehr überdachten Ausführungen des Kollegen Mag. Hoscher bezüglich des Internationalen Privatrechtes.

Die Regelung, die hier normiert wird, bezieht sich auf das Herkunftsland. Diese Regelung ist zwischen den Unternehmen vorgesehen. Das bedeutet, jeder Anbieter muss sich nach dem Recht seines Heimatlandes richten und orientieren. Bei den Konsumenten als Vertragspartner wird dieses Prinzip jedoch umgedreht, sodass auch für den Konsumenten das Recht seines Heimatlandes gilt. Das ist, so meine ich, ein sehr wesentlicher Schritt, ein sehr wichtiger Schritt in Richtung vermehrten Konsumentenschutz in Bezug auf dieses neue Medium.

Alles in allem ist dieses E-Commerce-Gesetz für uns von der freiheitlichen Fraktion ein sehr gelungenes Gesetz. Es bietet die Voraussetzungen dafür, dass auch in Zukunft weiteren Bevölkerungskreisen die Teilnahme an den modernen Kommunikationsmitteln ermöglicht wird und dass dabei auch zielgerichtet vorgegangen wird. Daher wird meine Fraktion gerne zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.09

Präsident Alfred Schöls: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Johanna Auer. Ich erteile ihr dieses.

14.09

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Hohes Haus! Wir diskutieren hier die Vorlage zum ECG, in der die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr umgesetzt wird. Dass wir grundsätzlich einer solchen Regelung in Österreich zustimmen, wurde bereits von Abgeordnetenkollegen zum Ausdruck gebracht.

Es wurde von den Verfassern im Nationalrat Dank für diesen exzellenten Begutachtungsentwurf geäußert, und es wurde ihnen auch gratuliert. Dieser Gratulation möchte ich mich anschließen.

Anschließen möchte ich mich aber auch der Kritik meiner Fraktion an der Regierungsvorlage, denn diese ist etwas anders verfasst: Sie ist unvollständig, und es fehlt, so könnte man sagen, die Begleitforschung.

Einig sind wir uns – so behaupte ich einmal – über die Annehmlichkeiten der Anwendung des Internet. Es öffnet uns allen den Zugang zu verschiedenen neuen Welten. Die Einladung zum Verweilen in diesem Medium birgt aber auch viele Tücken und erfordert deshalb Verbraucherschutzmaßnahmen, die leider noch nicht oder zu wenig vorhanden sind. Auch in Richtung Konsumentenschutz für die im Internet Surfenden und vor allem für die Käuferinnen und Käufer via Internet gibt es viel zu wenig Verbraucherschutzmaßnahmen, und es gibt auch viel zu wenig Kontrollen.

Wie schon zuvor von Herrn Kollegen Hoscher festgestellt, war im Ministerialentwurf ausdrücklich vorgesehen, dass es hiefür eine Aufsichtsstelle gibt, und zwar die Aufsichtsstelle "KommAustria" – aber nicht nur diese allein, sondern sie hätte sich auch einer weiteren Gesellschaft bedienen können, um ihrer Verpflichtung nachzukommen. Es ist mir unerklärlich, warum von dieser effizienten Form eines Konsumentenschutzes Abstand genommen wurde. Eigentlich wäre es doch naheliegend gewesen, eine bundeseinheitliche Lösung zu finden, die einen Konsumentenschutz auf einheitlichem Niveau im gesamten Bundesgebiet sicherstellt. Das war im ursprünglichen Entwurf auch so vorgesehen, wurde aber einfach ignoriert und nicht in die Regierungsvorlage eingearbeitet.

Der Konsumentenschutz wird dadurch auf Kosten der Konsumenten unterlaufen, und es gibt eine Art Freibrief für alle Anbieter im Internet. Ich finde, es gibt eine regelrechte Einladung, den Konsumentenschutz zu missbrauchen! Diesbezüglich vermisse ich die Initiativen von Seiten der Regierungsparteien, und deshalb stimmt meine Fraktion dieser Regierungsvorlage nicht zu. (Beifall bei der SPÖ.)

14.13

Präsident Alfred Schöls: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Vizekanzlerin. Ich erteile es ihr.

14.13

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzler Dr. Susanne Riess-Passer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe die Ehre, heute den Justizminister zu vertreten, der sich beim GI-Rat in Brüssel befindet, und darf an seiner Stelle zum vorliegenden Gesetzentwurf Stellung nehmen.

Der Gesetzesbeschluss des Nationalrates für das zur Verhandlung stehende Bundesgesetz behandelt einige wichtige Rechtsfragen, die sich im Zusammenhang mit Online-Diensten in den letzten Jahren auch aus der Praxis ergeben haben. Dieses Gesetz regelt nicht alle juristischen Probleme, die sich im Zusammenhang mit elektronischen Diensten ergeben, es behandelt nur einzelne Aspekte des E-Commerce, die allerdings für die weitere Entwicklung dieses Kommunikationsmittels, für das Vertrauen der Verbraucher in das Internet und für den Wirtschaftsstandort Österreich von großer Bedeutung sind.

Einen wichtigen Teil dieses E-Commerce-Gesetzes bilden die Regelungen über die von Online-Anbietern einzuhaltenden Informationspflichten. Vielfach weiß der Nutzer nicht, wer sein Gegenüber ist, nähere Angaben zum Unternehmen fehlen, und häufig werden redaktionelle Inhalte von Werbeeinschaltungen nicht getrennt, sodass die Seriosität einer Angabe kaum hinterfragt werden kann. Und es ist auch schon vorgekommen, dass Nutzern, die sich an sich nur über das Angebot informieren wollten, Bestellungen unterschoben wurden.

Diesen Unzukömmlichkeiten soll durch detaillierte Informationsverpflichtungen entgegengewirkt werden. Das Gesetz ist bestrebt, im Internet transparente Verhältnisse zu schaffen. Der Verbraucher und Nutzer soll wissen, mit wem er es zu tun hat, er soll wissen, wohin er sich im Falle von Reklamationen wenden kann, und er soll darüber informiert werden, wenn eine Einschaltung von einem Unternehmen gesponsert wird.

Besonders wichtig sind auch die Regelungen über den Vertragsabschluss über Online-Shops. Hier verpflichtet das Gesetz die Anbieter dazu, die Nutzer zum Vertragsabschluss hinzuführen und ihnen den Bestellvorgang zu erklären. Irrtümer, die gerade bei der Abgabe einer Bestellung über die Tastatur leicht einmal passieren können, sollen rechtzeitig aufgeklärt werden, indem dem Nutzer einfache Korrekturmöglichkeiten eröffnet werden.

Diese Regelungen zum Schutz der Verbraucher sollen vor allem das Vertrauen der Konsumenten stärken. Sie sollen auch solchen Nutzern, die in den modernen Medien noch nicht so versiert sind, die sich nicht so gut auskennen und die deshalb das Internet scheuen, die neuen Medien nahe bringen.

Der zweite wichtige Teil des Gesetzes besteht aus den Regelungen über den Ausschluss der Verantwortlichkeit von bestimmten Anbietern. Einige Verfahren und Entscheidungen von Gerichten haben hier hohe Unsicherheiten erzeugt – in Österreich ebenso wie in anderen Ländern. Konkret geht es dabei um die Frage, ob und inwieweit Online-Anbieter für fremde, rechtswidrige Informationen haftbar gemacht werden können – sei es, dass sie strafrechtlich verantwortlich sind, sei es, dass sie zivilrechtlich Schadenersatz leisten müssen.

Das E-Commerce-Gesetz schlägt da differenzierte Regelungen vor, die einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Provider und den Interessen der in ihren Rechten Verletzten vorsehen.

Anbieter, die nur einen Zugang zum Internet bieten oder einen Suchdienst zur Verfügung stellen, werden von der Verantwortlichkeit befreit, weil sie die von ihnen vermittelten Informationen nur weiterleiten, aber inhaltlich nichts damit zu tun haben. Anbieter, die fremde Inhalte speichern und ausstrahlen oder die einen Link auf eine andere Seite setzen, haften dann nicht, wenn sie keine Kenntnis von rechtswidrigen Informationen haben oder diese bei Kenntnis sperren oder entfernen. Wichtig ist dabei, dass sich die in ihren Rechten Verletzten trotz des Ausschlusses der Verantwortlichkeit mit einer Unterlassungsklage zur Wehr setzen können.

Das E-Commerce-Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr. – Ich verstehe nicht ganz, Herr Bundesrat Hoscher, warum die Umsetzung einer EU-Richtlinie für Sie kritikwürdig ist. Das ist kein Übereifer, sondern das ist schlicht und einfach eine Notwendigkeit.

Dieses Gesetz soll elektronische Dienstleistungen im Binnenmarkt erleichtern. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Hoscher. )  – Das ist gerade von einer Partei, die sich sonst so rühmt, dass sie alles immer so schnell wie möglich auf europäischer Ebene haben möchte, eine bemerkenswerte Aussage gewesen. Ich bin der Meinung, dass Österreich den Rechtsbestand umsetzen soll, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind, und diese sind nun gegeben.

Das Gesetz soll elektronische Dienstleistungen im Binnenmarkt erleichtern, indem es auch die vielfach extrem schwierige Frage regelt, welches Recht nun auf den Online-Dienst anwendbar sein soll. Grundsätzlich soll es dabei auf das Recht des Herkunftslandes ankommen, in dem sich der Anbieter niedergelassen hat. Damit erspart sich der Anbieter, dass er vor der Aufnahme seines Dienstes 15 oder mehr Rechtsordnungen untersuchen muss.

Das Gesetz sieht aber Ausnahmen von diesem Herkunftsprinzip vor. Vor allem kommt es dann nicht zur Anwendung, wenn ein Verbraucher im Ausland eine Bestellung abgibt. In solchen Fällen ist das Recht des Landes, in dem sich der Verbraucher befindet, maßgeblich. – Auch dabei geht es darum, das Vertrauen der Konsumenten in grenzüberschreitende Dienstleistungen zu stärken.

Die Regelungen des E-Commerce-Gesetzes sind zum einen von den Gerichten zu vollziehen, zum anderen sind die gesetzlichen Bestimmungen aber auch von den Verwaltungsbehörden zu beachten, namentlich von den Gewerbebehörden im Rahmen der Gewerbeaufsicht oder von der Finanzmarktaufsicht im Rahmen der Aufsicht über Banken, Versicherungen oder andere Finanzdienstleister.

Die Frage der behördlichen Aufsicht hat im Justizausschuss des Nationalrates und auch im Plenum Wellen geschlagen, weil es die sozialdemokratischen Abgeordneten den Bezirksverwaltungsbehörden nicht zugetraut haben, die Aufsicht über die Online-Anbieter zu übernehmen. – Sie haben offenbar überhaupt nicht sehr viel Vertrauen in die Bezirksaufsichtsbehörden, wie ich sehe.

Diese Bedenken sind meiner Ansicht nach nicht stichhaltig, weil die Bezirkshauptmannschaften und Magistrate natürlich sehr wohl in der Lage sind, auch mit schwierigen Fragen, die die neuen Medien und insbesondere das Internet aufwerfen, fertig zu werden. Es wäre auch kontraproduktiv, mit der Aufsicht über die Bestimmungen des E-Commerce-Gesetzes die "KommAustria" als Medienbehörde zu betrauen, wenn im Rahmen der Verwaltungsreform danach getrachtet wird, die Bezirksverwaltungsbehörden zu stärken.

Gerade im Internet verhält es sich so, dass sich die Verhältnisse überaus rasch ändern, dass neue Angebote auf den Markt kommen und die Nutzer ihre Vorlieben und Favoriten rasch wechseln. Das Bundesministerium für Justiz wird daher den Vollzug und die Handhabung des Gesetzes mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln sehr genau beobachten und evaluieren.

Österreich nimmt – das stellt man fest, wenn man auch den internationalen Umfragen Glauben schenkt – bei der Nutzung der modernen Medien im internationalen Vergleich einen vorderen Rang ein. Daher wollen wir auch zur künftigen Entwicklung dieses noch jungen Rechtsgebietes beitragen und Anhaltspunkte dafür gewinnen, wo sich ein weiterer Bedarf ergibt. Es geht dabei primär um Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sowie um klare und transparente Regeln, die nicht nur im Interesse der Unternehmen, sondern auch im Interesse der Nutzer liegen. Das E-Commerce-Gesetz ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.20

Präsident Alfred Schöls: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (Mietrechtsnovelle 2001 – MRN 2001) (533/A und 854/NR sowie 6500/BR der Beilagen)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird (855/NR sowie 6501/BR der Beilagen)

Präsident Alfred Schöls: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (Mietrechtsgesetznovelle 2001) und

ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 5 und 6 hat Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Dr. Robert Aspöck: Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zu Tagesordnungspunkt 5: Der Herr Präsident hat den Titel bereits verlesen. Es geht um die Mietrechtsnovelle. Der Text liegt Ihnen vor.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 6: Hiezu liegt Ihnen der Text ebenfalls vor, und es wurde der Titel bereits verlesen.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Alfred Schöls: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Harald Reisenberger. Ich erteile es ihm.

14.22

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Hoher Bundesrat! Wenn man sich die Novelle zum Mietrechtsgesetz ansieht, dann kommt einem ein bisschen das Gruseln. Das beginnt mit folgendem Punkt: Als die Diskussion begonnen hat, habe ich mir zuerst gedacht: Warum gibt es das ohne Begutachtungsverfahren? Warum macht man keines? – Und siehe da, man schaut ein bisserl rein und kommt relativ schnell drauf, warum es keines gibt.

Jeder Experte, mit dem man spricht und der sich das anschaut – dazu braucht man keine große Experten –, weiß, was dahinter steckt. Wenn man ein Begutachtungsverfahren gemacht hätte, dann hätte diese Sache ganz anders ausgesehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein alter Spruch sagt: Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. – Auf die Vorlage umgemünzt müsste es heißen: wenn Blau-Schwarz es nicht will. – Das haben Sie hier schon gezeigt.

Aber man kann auch mit der Tante Jolesch sprechen, die immer wieder gesagt hat: Es gibt nichts Gutes, was nicht auch etwas Schlechtes hat. – Das ist mit dieser Novelle auch passiert. Das "Gute" ist dadurch entstanden, dass man sich in erster Linie damit beschäftigt hat, den Hauseigentümern und Immobilientreuhandgesellschaften in die Hand zu arbeiten, es ihnen zu erleichtern und den Mietern ganz einfach eine Verschlechterung in jeder Form zuzumuten, beginnend von den einfachen Mietern einer Wohnung, bis hin zu Unternehmen, vor allem Klein- und Mittelbetrieben – ich werde noch darauf zurückkommen –, die auch – unter Anführungszeichen – einen "Unterschlupf" anmieten müssen.

Das einzig Gute, das Sinnvollste an dieser Neuregelung, die wir hier vor uns liegen haben, ist die Zielsetzung des § 1: Diese Neuregelung nimmt Wohnungen oder Wohnräume, die von einer kreativen oder humanitären Organisation im Rahmen von sozialpädagogisch betreuten Wohnens vermietet werden, vom Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes aus.

Gut, das ist sinnvoll. Aber selbst dazu muss man bereits wiederum kritisch vermerken, dass das Anlass geben könnte, Umgehungsversuche anzustellen, und dass es besser gewesen wäre, auch in diesem Fall klar und deutlich festzustellen, was karitative und humanitäre Organisationen sind. Eine Möglichkeit, diese Umgehungsverträge weitgehend auszuschließen, wäre etwa dadurch gegeben gewesen, dass die Landesregierung karitative oder humanitäre Organisationen im Sinne dieses Gesetzes formell anerkannt hätte und somit diese Auslegungsformalitäten auf ein Mindestmaß reduziert, wenn nicht unmöglich gemacht worden wären. Aber offensichtlich hat man auch da schon Hintergedanken gehabt, um dieser Formulierung oder diesen Klarstellungen nicht nachkommen zu können.

Es gibt Verschlechterungen für die Mieter und Verbesserungen für Hauseigentümer und Immobilientreuhänder. Nun ja, das ist eben die Richtung, in die man für die Zukunft scheibchenweise weiterarbeiten will. Was da passiert ist, ist ganz klar und deutlich zu sehen, wenn wir nur ein paar Punkte aus dieser Novelle herausgreifen.

Man kann zum Beispiel feststellen, dass die Verfahrenskosten im Außerstreitverfahren von 330 S auf 550 S angehoben wurden. – Dazu kann man sagen, eine Kleinigkeit, aber immerhin ist das ein nicht unwesentlicher Betrag.

Aber bereits am 1. April 2001 – und das ist kein Aprilscherz, es ist tatsächlich wahr – hat man dann den Betrag in der Höhe von 550 S auf 600 S erhöht: Also innerhalb von 15 Monaten hat man auf diese Art und Weise Geldbeschaffung betrieben.

Abgeschafft hat man das Hausbesorgergesetz. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass das ganz bewusst gemacht wurde, um vor allem in jenen Bereichen, in denen es gut funktioniert hat, in denen es sinnvolle Regelungen gab, in denen vor allem für die Beschäftigten Sicherheiten gegeben waren, alles abzuschaffen.

Man hat aber auch gleich in einem Aufwaschen die so genannten Studentenmietverträge abgeschafft. Studenten brauchen auch nichts Besonderes, gerade wenn sie vom Land in die Stadt zum Studieren kommen – egal, ob das jetzt in Wien ist oder in einer anderen Stadt, in der wir Universitäten haben.

Sie haben in dieser "sozialen" Regierung ohnehin für die Studenten etwas gemacht, Sie haben noch 5 000 S pro Semester zusätzlich für das Studieren eingeführt! Sie meinen ja: Wir machen schon etwas für die jungen Leute! Wir sind darum bemüht, der Jugend eine bessere Zukunft zu bieten! – Sie zeigen uns tagtäglich, wie es gemacht wird, Frau Vizekanzlerin! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie denken aber auch daran, dass vor allem unsere Hausherren und Immobilientreuhänder – diese sind in vieler Hinsicht noch viel stärker daran interessiert, dass Sie diese Umsetzungen machen – profitieren und die Mieter mit ihren Mietverträgen möglichst angreifbar bleiben.

Sie haben es zum Beispiel geschafft, dass jetzt auch Kettenmietverträge gemacht werden können. Das heißt, der Vermieter sagt, ich gebe dir meine Wohnung für drei Monate, für fünf Monate, und dann sage ich dir, wie es weitergeht. Das machen wir zum Beispiel auch mit Betrieben. Sehr schön! Man kann "wunderbar" weiterdenken, "wunderbar" für die Zukunft planen, wenn man nicht einmal weiß, wie lange man diesen Vertrag für diese Wohnung haben wird.

Sie haben aber auch – auch das haben Sie mit System gemacht – die Dachbodenwohnungen ausgenommen vom Recht, überprüfen zu lassen, wie die Betriebskostenabrechnung aussieht, ob sie in Ordnung ist oder nicht. Das ist nicht mehr enthalten, Frau Vizekanzlerin, und Sie wissen das! Wir sind damit in der neuen Situation, dass wir nicht mehr kontrollieren lassen können, ob die Ablösen, die für diese Dachbodenwohnungen – schon richtig, "nur" Dachbodenwohnungen, aber da gibt es eine Menge davon – bezahlt wurden, in Ordnung sind, ob sie vom Preis her gerechtfertigt sind und ob sie auch ordnungsgemäß versteuert worden sind. – Sie sagen: Brauchen wir nicht mehr, weg damit! Das ist Vereinfachung!

Es gibt eine Neuordnung im Befristungsrecht. Es gibt jetzt Kurzzeitbefristungen bei den Mietverhältnissen. Das ist für die Mieter natürlich als Negativum zu sehen. Und da kann man sagen, was man will: Es kommt vor allem bei den Befristungen bei Geschäftsräumlichkeiten zu einer Situation, an der in erster Linie Klein- und Mittelbetriebe zu knabbern haben werden. Es wird weniger Investitionswillen geben, und im Grunde genommen stellt das vor allem für Jungunternehmer eine Behinderung bei ihrer Unternehmensgründung dar. Denn wenn man keine Sicherheit hat, wenn man nicht weiß, wie lange einem dieses Mietobjekt zur Verfügung steht, dann wird man sich vielfach auch die Unternehmensgründung überlegen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Himmer. )

Wir haben im Juni 2001 eine Indexanpassung zum Kategoriezins durchgeführt, die sich auf Grund der rasch steigenden Inflationsrate mit mehr als 5 Prozent niedergeschlagen hat. Auch das ist hier logischerweise enthalten.

Es gab dann noch eine ganz tolle Idee: Man hat gesagt, es gibt so viele Wohnungen, Mietwohnungen, die die Mieter sicherlich gerne kaufen würden, die die Mieter sehr gerne im Eigenbesitz haben würden. Man hat dabei vor allem bundeseigene Wohnungen herangezogen und gesagt, die kann man jetzt kaufen.

Interessanterweise hat sich das Interesse am Kauf dieser Wohnungen mehr als in Grenzen gehalten. Wenn ich mir allerdings anschaue, in welche Kategorien die Einteilung erfolgte und welch "einfache finanzielle Mittel" – unter Anführungszeichen –hiefür notwendig sind, dann, muss ich sagen, ist es mir schon verständlich, dass kein allzu großer Andrang auf diese Wohnungen gegeben ist.

Für Einfamilienhäuser, Wohnungen und Zweifamilienhäuser gilt das Mietrecht nicht mehr. Das ist auch etwas "Schönes". Dies betrifft sicherlich verstärkt den ländlichen Raum. In Wien wird dies weniger zum Tragen kommen, aber ich habe zum Beispiel Verwandte in Tirol, die alle entweder dort, wo die Möglichkeit bestanden hat, ein Haus bauen haben müssen, oder in einem Haus Untermieter sind oder sich eingemietet haben. Da ist es natürlich schon eine sehr "angenehme" Situation, wenn für diese Menschen, die ein ganz normales Mietverhältnis haben, kein Mietrecht mehr gilt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben damit im Grunde genommen zwei Klassen von Mietern geschaffen. Es muss uns klar sein, was in diesem Fall diese Bundesregierung gemacht hat, und zwar nicht ohne Hintergedanken gemacht hat, ich sage es noch einmal. (Bundesrat Dr. Böhm: Alter Mieterschutz!)

Befristete Mietverträge mit einem Jahr Kündigungsfrist – früher war es so, dass man nach einem Jahr auch für längere Zeit abgeschlossene Mietverträge kündigen konnte –gibt es auch nicht mehr. Einen Mietvertrag, der für zehn Jahre abgeschlossen war, konnte ich nach einem Jahr (Zwischenruf des Bundesrates Grissemann – lieber Kollege, fragen Sie nicht, Sie wissen es doch selbst – kündigen, und zwar mit Angabe eines wichtigen Grundes: Ortswechsel meines Betriebes, Ortswechsel aus beruflichen Gründen. Das war ein Kündigungsgrund. Wenn ich das in Zukunft nach zwei Jahren machen will, dann ist es rechtlich gesehen so, dass ich bei einem Zehnjahresvertrag die restlichen acht Jahre die Miete weiter zu bezahlen habe, meine Damen und Herren! – Sehr sozial, Hochachtung, auch das ist wunderbar!

Es gibt mehr Abhängigkeit und weniger Flexibilität. Das ist die Richtung, in die gearbeitet wurde. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen gerade von der freiheitlichen Fraktion! Plakate auf die Wände picken, auf denen steht: Mieten senken!, ist gut. Es ist nur relativ schnell durchschaut worden, dass das wahre Ziel nichts anderes ist, als die Mieten zu erhöhen. Mieterschutz scheibchenweise abbauen, demontieren, aushöhlen – das ist Lobbyismus, meine sehr verehrten Damen und Herren, um nicht zu sagen Freunderlwirtschaft im Bereich der Immobilientreuhänder und Hauseigentümer. (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: No, no!)

Wir lehnen dies ab. Deshalb werden wir diesem Antrag auch keine Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.33

Vizepräsident Jürgen Weiss: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich Folgendes bekannt geben, damit sich der Schrecken in Grenzen hält: Es wurden dringliche Anfragen verteilt. Es handelt sich nicht um zwei weitere, sondern es bleibt bei den zwei eingebrachten dringlichen Anfragen. Es sind beim Kopieren einzelne Seiten vertauscht worden. Um Missverständnisse auszuschließen, wurde der Text in richtiger Form noch einmal verteilt.

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. Ich erteile ihm das Wort.

14.34

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geschätzte Frau Vizekanzlerin! Hohes Haus! Ich teile die Sorge meines Vorredners in seiner kritischen Haltung gegenüber den Hausherrn, zumal der größte Hausherr in Wien bekanntlich die Gemeinde Wien ist. Deswegen ist eine kritische Haltung immer sehr wichtig.

Was Ihre Bedenken betrifft, gerade bezogen auf Jungunternehmer, die jetzt angesichts der schlimmen Mietverträge vertraglich nahezu nicht mehr länger als drei Monate planen können, würde ich Sie schon bitten, die Intelligenz der Jungunternehmer nicht zu unterschätzen. Da es sich dabei um ein zweiseitiges Rechtsgeschäft handelt, werden sie sehr wohl überlegen, welche Verträge sie zu unterschreiben bereit sind.

Der ÖGB hat am 15. November beschlossen, dass es ein Sofortprogramm zur Sicherung der Arbeitsplätze und zur Ankurbelung der Wirtschaft geben muss. Daher möchte ich Ihnen sehr ans Herz legen, insbesondere jenen, die dem Gewerkschaftsbund angehören, diesem Gesetz auch zuzustimmen, weil letztendlich auch die Forcierung des Ausbaus von Dachbodenwohnungen – um das als Beispiel herauszunehmen – der Ankurbelung der Bauwirtschaft dient und dadurch auf viele Jahre Milliardeninvestitionen getätigt werden. Insofern wäre das der Umsetzung Ihrer Forderung nach Ankurbelung der Konjunktur bestens dienlich.

Die Bundesregierung hat kein Problem mit dem Begriff des Eigentums. Eigentum ist ein Wunsch der Menschen. Das haben auch bereits einige Spitzenfunktionäre der SPÖ Favoriten, so glaube ich, erkannt, indem sie ihre GESIBA-Villen in Eigentum umgewandelt haben. Ich möchte das nicht kritisieren, dies entspringt offensichtlich auch dem Wunsch nach Eigentum. Die Regierung und die Regierungsfraktionen stehen auf dem Standpunkt, dass es Eigentum für alle geben soll und nicht nur für die Genossen aus Favoriten.

Ich bin überzeugt davon, dass mit der vorliegenden Novelle ein richtiger Weg eingeschlagen worden ist, die sich nicht in erster Linie daran orientiert, dass öffentliche Subventionen fließen sollen, sondern es soll privates Kapital für sozialen Neubau, für Qualitätsverbesserungen im Wohnbau und auch für ökologisch notwendige Sanierungsmaßnahmen mobilisiert werden. Daher wird meine Fraktion dieser Mietrechtsnovelle auch sehr gerne ihre Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.37

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Johanna Auer das Wort. – Bitte.

14.38

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren! Zum Thema Mietrechtsgesetz würde ich mir von den Kollegen der Freiheitlichen Partei und der ÖVP endlich eine klare Aussage erwarten. Sie sollten nicht, so wie sie es machen, Ziele angeben, die sie dann nicht erreichen können.

Es werden immer der freie Markt und die freie Vereinbarung im Mietenrecht, im Mietenbereich angesprochen. Eine Abschaffung des Mietrechtsgesetzes gelingt aber nicht.

Sie gehen lediglich den Weg einer schrittweisen Aushöhlung. Zum Beispiel bei den Dachbodenausbaumaßnahmen gelten – wie schon erwähnt – nur die Kündigungsschutzregeln. Alle anderen Mietrechtsschutzregeln werden einfach außer Kraft gesetzt.

Es ist bedauerlich, dass bei so komplexen und komplizierten Rechtsmaterien, von denen viele Menschen betroffen sind, eine Regelung vorgezogen wird, nach der diese Rechtsmaterie nicht in Begutachtung geht. Gründe dafür müssen Sie sicher haben, Expertenmeinungen wären wahrscheinlich niederschmetternd.

Es ist eindeutig, dass es im Bereich des Mietrechtsgesetzes Verschlechterungen für die Mieter gibt und sich dadurch die Situation der Mieter verschlechtert. Kollege Reisenberger hat dies schon angesprochen. Auch ich kann den Grund dafür nur darin erkennen, dass beabsichtigt ist, die Situation für die Hauseigentümer und vor allem für die Immobilientreuhänder zu verbessern.

Die Mieter werden in Mietverhältnisse gezwungen, und sie können in Zukunft aus diesen nicht mehr aussteigen. Schlichtweg gesagt: Sie verschlechtern die Situation der Mieter, Sie erschweren den Rechtszugang der Mieter eklatant. Die von Ihnen propagierte Senkung der Mieten beinhaltet eine versteckte Aussage: In Wirklichkeit werden Mieten erhöht, der Mieterschutz demontiert und ausgehöhlt. Geben Sie offen zu, dass all dies heute und in Zukunft auf dem Rücken der Mieter passieren wird!

Ich bin zwar für eine Reform des Mietrechts, für eine teilweise Verbesserung des Mietrechts, aber ich bin keinesfalls für eine permanente Aushöhlung.

Lediglich im Zusammenhang mit dem Einkommensteuergesetz dürfte Ihnen doch noch klar geworden sein, welche Veränderungen zweckmäßig sind, denn einzig und allein dabei haben Sie zugunsten der Mieter eine Gesetzesänderung vorgenommen. Nur diese Entscheidung erfährt auch meine Zustimmung. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.41

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Wilhelm Grissemann. Ich erteile ihm das Wort.

14.41

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Hoher Bundesrat! Kollege Reisenberger hat das alte Feindbild Hausbesitzer wieder ausgegraben. Er hat von “Hausherr” gesprochen. Er hat dabei vielleicht nicht bedacht, dass wir einen sehr prominenten Hausbesitzer in unseren Reihen haben, nδmlich Herrn Kollegen Konečny. Ich bitte, bei ihm Rat und Tat zu suchen und Erkundigungen einzuholen. Es ist vielleicht bezeichnend, dass er nicht da ist. Ich könnte mir vorstellen, dass ihm dieser Tagesordnungspunkt zu pikant ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich kann mich noch sehr gut an meine Studien- und Ausbildungszeit in Innsbruck und Dornbirn erinnern. Gewohnt hat man damals vorwiegend in Untermiete bei Hof- und Regierungsratswitwen. Diese waren in diesem Metier absolute Vollprofis. Während sie aus ihrer Mieterschutzwohnung damals locker das Zehnfache ihrer Miete herauspressten – wohlgemerkt: zusätzlich als Taschengeld zu ihrer schon sehr gut dotierten Pension! –, mussten junge Ehepaare damals noch jahrelang auf eine Wohnung warten und horrende Mieten zahlen. Es standen eben diese Wohnungen nicht zur Verfügung. (Bundesrat Gasteiger: Das ist schon lange her! – Bundesrätin Schicker: Das war nicht frauenspezifisch!)

Frau Kollegin! Ich bringe Ihnen ein zweites Beispiel aus meiner Heimatstadt Imst: ein leer stehendes Geschäftslokal, Miete 1 000 S – Sie haben richtig gehört: Miete 1000 S! –; in bester Lage der Bezirksstadt. Der Mieter lässt das Lokal bewusst schon seit Jahren leer stehen, macht im Schaufenster noch Werbung für ein Einkaufszentrum, in dem er jetzt arbeitet, und der Hausbesitzer hat keine Chance, das Lokal zurückzubekommen, obwohl er es selbst dringendst benötigen würde. Noch dazu gibt dies auch kein gutes Bild in der Stadt selbst, weil das Lokal eben leer steht. Es gibt keine Chance, diesen Mieter rauszubekommen!

Es ist kein Wunder, dass Tausende Wohnungsbesitzer ihre Wohnungen heute noch immer lieber leer stehen lassen, als sie zu vermieten. Wir alle wissen, dass selbst notariell beglaubigte Mietverträge nicht gehalten haben und damit der Rechtsstaat – ich empfinde das so – auf bedenkliche Art in Frage gestellt wird.

Wir Freiheitliche sind weit davon entfernt, den freien Markt bei den Wohnungen einführen zu wollen, aber Vertrag muss Vertrag bleiben. Ich verstehe nicht, Herr Kollege Reisinger, wieso Sie immer so tun, als würden jetzt schreckliche Zeiten anbrechen und die Mieter zu Tausenden aus den Wohnungen fliegen. Es gibt doch Mietverträge. Man müsste nur diesen Sinn dafür haben ... (Bundesrätin Schicker: Bei uns gibt es keinen Reisinger! – Bundesrat Konečny, den Saal betretend: Sich die Namen merken können! – Vizekanzler Dr. Riess-Passer: Für das, dass Sie nicht da sind, sind Sie ein bisschen vorlaut!) – Herr Kollege Konečny! Ich habe gerade von Ihnen gesprochen. Sie kommen ein bisschen zu spδt. – Sie mόssen bedenken, dass die Vertragsfreiheit in Österreich auch Vertragsfreiheit bleiben sollte.

Nun aber zur Vorlage: Einfamilienhäuser mit ein bis zwei Wohnungen waren in Wahrheit nie das Problem. Das mag vielleicht da und dort in Einzelfällen im ländlichen Bereich vorkommen, aber es kann doch nicht so sein, dass der Hausbesitzer – man stelle sich vor, das ist ein Einfamilienhaus – unter Umständen nie mehr zu seinem Haus kommt, weil er praktisch enteignet ist. (Bundesrätin Schicker: Das kann nicht sein!)

Frau Kollegin! Ich will Ihnen etwas sagen: Es muss eben ein großer Unterschied sein. Da bin ich vielleicht bei Kollegen Reisenberger. Dass man für Mieter in einem großen, anonymen Wohnblock einen besseren Schutz einbaut, kann ich mir vorstellen, als für Mieter in einem Einfamilienhaus, bei dem der Fall eintreten kann, wenn es extrem kommt, dass der Einfamilienhausbesitzer nie mehr sein Haus betreten kann. Da muss einfach ein Unterschied sein.

Frau Kollegin! Ich sage Ihnen noch eines: Einfamilienhäuser waren schon immer nicht dem rigorosen Mieterschutzgesetz unterworfen, wie Sie selbst wissen. Wenn weiterhin eine leichtere Kündigungsmöglichkeit – diese gab es auch damals schon – gegeben ist, dann ist das gut, denn alles andere regelt doch der Vertrag. Wie gesagt, Sie wissen, worauf ich hinaus will. In Zukunft soll eben die Vertragsgestaltung das entscheidende Element sein.

Die Neuregelung für Dachböden, Dachbodenausbauten – das ist eine sehr beliebte und attraktive Wohnform –, stellt sicher, dass dies in Zukunft unbürokratischer möglich ist. Ich kann da keinen Fehler entdecken. Pikanterweise sind heute Gemeindewohnungen – das möchte ich auch noch dazu sagen – ohnedies schon teurer als vergleichbare Wohnungen auf dem freien Markt. Manche haben es sich eben richten können. Ich darf wieder auf die sozialdemokratische Seite schauen: 400 m2 Bürofläche in bester Lage Wiens um 54 S – da kann ich nur sagen, solche Mietverträge möchte ich auch haben. Manche haben es sich eben richten können. Das ist ein Traummietvertrag!

Abschließend: Mehr Markt hat noch immer zu einer Verbilligung geführt. Warum sollte das ausgerechnet auf den Wohnungsmarkt nicht zutreffen?, das frage ich mich. Wir sehen allerdings auch, wenn man wieder Gemeindewohnungen in Wien und den freien Wohnungsmarkt vergleicht, dass dies da schon eingetreten ist. Die Gemeindewohnungen sind gar nicht mehr so attraktiv, das ist bekannt, weil sie sowohl von der Miete her als auch von der Ausstattung her auf dem freien Wohnungsmarkt mit den modern gebauten Wohnungen nicht mehr mitkommen.

Hoher Bundesrat! Leider – ich habe es jetzt bei dieser Debatte wieder gemerkt – sind wir noch immer nicht so weit, dass bei diesem Gesetz eine ideologische Entkrampfung möglich ist. Jedenfalls ist es aber ein erster Schritt in die richtige Richtung, und wir Freiheitliche stimmen dem natürlich zu. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.47

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann das Wort. – Bitte.

14.47

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Abschließend möchte ich zu diesem Thema noch einige Bemerkungen machen.

Herr Kollege Reisenberger hat sich zwar positiv dazu geäußert, dass sozialpädagogisches Wohnen hier als Ausnahme statuiert wird, aber er meinte auch noch, man sollte die einzelnen Vereine aufzählen und deren Namen in das Gesetz schreiben.

Herr Kollege Reisenberger! Ich muss Ihnen sagen, diese Kasuistik ist eigentlich mit ein Grund dafür, warum unter anderem das Mietrechtsgesetz so schwer verständlich gewesen ist. Es ist für mich unverständlich, dass man versucht, diese Art von Kasuistik, die man im Mittelalter gehabt hat, jetzt wieder in ein neuzeitliches Gesetz hineinzunehmen. Wenn ein neuer Verein gegründet wird, würde das dazu führen, dass das Gesetz wieder geändert werden muss. Gott sei Dank sind jene, die diese Vorlage gemacht haben, nicht auf die Ideen gekommen, die Sie uns hier dargelegt und unterbreitet haben.

Zum Mietrechtsgesetz allgemein: Ich bin froh, wenn wir da ein bisschen mehr Klarheit schaffen, und bin dankbar, dass das gemacht wird. Wer sich mit dem Mietrechtsgesetz beschäftigt hat – und das sind hier sicher einige –, der wird mir zustimmen, dass dies wirklich eines der unverständlichsten Gesetze ist, die ich jemals gelesen habe, und ich habe auch einmal so etwas Ähnliches studiert. Wenn sich schon Juristen nicht auskennen, weil das ganze Mietrechtsgesetz inhaltlich so verworren und auch in sich unlogisch ist, dann stellt sich für mich die Frage, wie der einfache Bürger, als dessen Vertreter Sie von der SPÖ sich immer gerne bezeichnen, mit diesen Gesetzen zurechtkommen soll. Der Bürger allein kann sich nicht mehr auskennen, wie ein Mietvertrag aufgelöst werden kann, denn da muss er zuerst hinterfragen, wann das Haus gebaut wurde, da in diesem Fall das Datum entscheidend ist, ob öffentliche Mittel zu Hilfe genommen worden sind und so weiter. Ich meine, jeder Ansatz, hier etwas zu verändern, ist positiv zu sehen. Ich kann den Verantwortlichen nur dazu gratulieren, dass endlich etwas gemacht wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Hinsichtlich der Dachböden wurde schon einiges gesagt. Ich kann das nur unterstreichen. Es ist doch sinnvoll, wenn man brachliegende Wohnobjekte, die vorhanden sind, Wohnungssuchenden leichter zuführt. Was daran falsch sein sollte, verstehe ich nicht. Herr Reisenberger! Sie konnten mir das in Ihren Ausführungen nicht darlegen. Sie haben zwar lange gesprochen, aber Sie konnten mir nicht sagen, was daran falsch sein soll.

Ich habe Ihnen sehr genau zugehört, aber ich habe nicht entnehmen können, was da wirklich falsch ist.

Zuletzt wurde auch die Baubewirtschaftung angesprochen; auch das kann ich unterstreichen. Ich meine, dass es richtig ist, gerade bei solchen Branchen Akzente zu setzen. Dieses Gesetz wird mit dazu dienen, Impulse für die Bauwirtschaft zu setzen. Das halte ich auch für ganz wichtig. Wir haben gehört, dass es gerade für diese Branche im Moment sehr wichtig ist, Akzente zu setzen.

Noch einmal: Ich meine, dass mit diesem Gesetz Rechtsgrundlagen entwickelt wurden, die in Zukunft hoffentlich leichter für jene verständlich sind, die sie anzuwenden haben. Es sollte eigentlich die Grundlage jedes Gesetzes sein, dass es Rechtsnormen beinhaltet, die auch jenen verständlich sind, für die sie erlassen wurden.

Bereits vorhandener Wohnraum wird Wohnungssuchenden zugeführt, und es kommt zu einer Belebung der Bauwirtschaft. Diese drei Positiva durfte ich jetzt zum Schluss noch erwähnen. Daher ist dieses Gesetz ein gutes Gesetz.

Ich bitte ebenfalls, ähnlich wie mein Vorredner das auch gesagt hat, ein bisserl diese parteipolitische Brille, die Sie sich vielleicht über Jahre angeeignet haben, abzulegen und zu sagen, das ist eine gute Sache. Gehen wir gemeinsam den Weg der Modernisierung, der Liberalisierung und der Belebung der Wirtschaft! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.52

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer das Wort. – Bitte.

14.52

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzler Dr. Susanne Riess-Passer: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die durch die Mietrechtsnovelle 2001 eingeführten Neuerungen lassen sich im Wesentlichen in ihren Auswirkungen mit drei Stichworten festmachen: Konjunkturbelebung, Liberalisierung und Rechtsbereinigung.

Wenn sich im internationalen Umfeld die konjunkturellen Determinanten verschärfen – und das ist nun zweifellos der Fall –, ist die Politik gefordert, bestmögliche Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung in Österreich zu schaffen. Um dies zu bewerkstelligen, müssen Anstrengungen auf allen Ebenen unternommen werden, wie die Bundesregierung dies gestern zum Beispiel auch im Rahmen des Konjunkturgipfels getan hat mit einer ganzen Reihe von konjunkturbelebenden Maßnahmen, zum Beispiel gerade in der Bauwirtschaft, die in der jetzigen Situation besonders betroffen ist. Aber auch zivilrechtliche Maßnahmen können einen Beitrag dazu leisten.

Mit dieser Mietrechtsnovelle 2001 werden künftige Dachbodenausbauten mit Ausnahme des Kündigungs- und Befristungsschutzes aus dem Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes herausgenommen. Damit wird ein erhebliches rechtliches Hindernis für solche Dachbodenausbauten beseitigt und ein wichtiger Anreiz für Investitionen auf diesem Gebiet des Wohnbaus gegeben. Davon werden vor allem im urbanen Raum bedeutende Impulse für die Bauwirtschaft und verbunden damit auch positive beschäftigungspolitische Effekte ausgehen, die gerade in der Gegenwart besonders vordringlich sind.

Herr Kollege von der sozialdemokratischen Fraktion! Ich darf Ihnen sagen, dass wir damit auch dem Wunsch des Vorsitzenden der Gewerkschaft Bau-Holz Driemer entsprechen, der gestern die Bundesregierung dringend aufgefordert hat, alle Hindernisse zu beseitigen, die Baumaßnahmen verzögern oder verhindern könnten. Und das ist genau so ein Punkt, bei dem es um eine solche Sache geht. Bei aller Kritik, die Ihnen selbstverständlich frei steht, das ist überhaupt keine Frage, möchte ich Sie schon bitten, wirklich in der Sache zu diskutieren. Wenn man Ihnen zuhört, hat man das Gefühl, Eigentum ist Raub – so weit sind wir in dieser Republik nicht –, sondern Eigentum ist immer noch ... (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es gibt auch noch so etwas wie Privatautonomie bei der Gestaltung von Verträgen und Vertragsbeziehungen. Ich würde Sie auch bitten, die Bürger nicht für so unmündig zu halten. Ich glaube, dass Bürger in der Lage sind, ein relativ einfaches Vertragsverhältnis – und über diese reden wir hier – auch autonom selbst abzuschließen. Man muss ihnen nicht jede Mündigkeit absprechen, denn das ist, so glaube ich, auch ein Versäumnis der Vergangenheit, dass man viel zu oft geglaubt hat, man muss alles und jedes regeln, und viel zu wenig auf die Regelungsfähigkeit der Bürger untereinander in ihren privaten und auch Geschäftsbeziehungen vertraut hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Umwandlung der bisherigen Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge in einen Teil des Hauptmietzinses ist als ein Akt der Rechtsbereinigung zu verstehen, weil damit der bisherige Etikettenschwindel beim Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag sein Ende findet.

Insgesamt bringt diese Mietrechtsnovelle 2001 zwar nur punktuelle Änderungen mit sich, doch werden mit diesen Änderungen schon kurzfristig wichtige beschäftigungs- und rechtspolitische Ziele erreicht.

Schließlich gliedert sich diese Novelle auch harmonisch in die langfristige Entwicklung dieses Rechtsgebiets ein, indem sie da und dort schon verwirklicht, was später durch einen größeren Reformschritt für die gesamte Materie umgesetzt werden soll. Diesbezüglich setzen wir in die Bemühungen des Justizministers großes Vertrauen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.55

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (Mietrechtsnovelle 2001).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend einen Vertrag von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte samt Protokollen, Schlussakte sowie Erklärungen (600 und 888/NR sowie 6502/BR der Beilagen)

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über Regelungen zur partnerschaftlichen Durchführung der Regionalprogramme im Rahmen der EU-Strukturfonds in der Periode 2000 bis 2006 (564 und 889/NR sowie 6503/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 7 und 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Vertrag von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte samt Protokollen, Schlussakte sowie Erklärungen und

eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über Regelungen zur partnerschaftlichen Durchführung der Regionalprogramme im Rahmen der EU-Strukturfonds in der Periode 2000 bis 2006.

Die Berichterstattung über beide Punkte hat Herr Bundesrat Hensler übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Friedrich Hensler: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich bringe Ihnen den Bericht zum Vertrag von Nizza. Er liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Bundesverfassungsgesetzes über den Abschluss des Vertrages von Nizza die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Der Bericht zu Punkt 8 liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Hösele. – Bitte.

14.59

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unter diesem Tagesordnungspunkt wird auch die Artikel 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern betreffend das EU-Strukturprogramm 2000 bis 2006 verhandelt und beraten, wozu ich eingangs eine kurze Bemerkung machen möchte.

Diese Förderprogramme geben wichtige regionalpolitische Impulse für den ländlichen Raum. Allein die EU-Mittel für die Ziel 2-Gebiete, die in den Jahren 2000 bis 2006 2 Millionen Einwohner in Österreich umfassen werden, betragen 9,36 Milliarden Schilling. Wenn ich die dazu bewegten Mittel, die die Gebietskörperschaften und die Privaten einbringen werden, hinzuzähle, dann muss ich sagen, es wird damit im ländlichen Raum ein Investitionsvolumen in der Höhe von 35 Milliarden Schilling bewegt. Ich glaube, dass das eine der wichtigsten Impulsmaßnahmen für den ländlichen Raum Österreichs ist, das ist ein wirklicher Investitionsstoß.

Aus der Sicht der Steiermark und Kärntens freue ich mich, in diesem Zusammenhang feststellen zu können, dass es im innerösterreichischen Interessenausgleich eine sehr positive Entwicklung für den Süden Österreichs gegeben hat. Für diese Solidarität ist allen anderen Bundesländern und dem Bund zu danken.

Sehr positive Impulse dürfen sich die österreichischen Grenzregionen auch aus der neuerlich zur Diskussion stehenden Aufstockung der Grenzlandförderungsmittel erwarten. Sie werden verstehen, dass ich auch hier sehr gerne ein klares Ja zu der Artikel 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern sage.

Nun zum Nizza-Vertrag: Wir haben schon in der letzten Sitzung des Bundesrates anlässlich der verfassungsrechtlichen Ermächtigung grundlegende Fragen debattiert. Es bestand, so glaube ich, allgemeiner Konsens darüber, dass dieser Vertrag, bei all den sehr großen Mängeln, die er beinhaltet, gleichzeitig einen wichtigen Schritt zur Vollendung des europäischen Projektes darstellt. Der Nizza-Vertrag bringt gerade auch aus Sicht Österreichs – ich wiederhole das noch einmal – wesentliche Fortschritte im Zusammenhang mit Artikel 7, der sicherstellt, dass es nie mehr so ungerechtfertigte Sanktionen geben kann wie jene gegen Österreich im ersten Halbjahr 2000. Die EU wird künftig ein faires und qualifiziertes Verfahren durchführen. Eine europäische Politjustiz mit Nacht-und-Nebel-Aktionen kann es nicht mehr geben. Es wurde auch sichergestellt, dass die kleinen und mittleren Staaten nicht von einem Direktorium der großen überstimmt und bevormundet werden können.

Insgesamt möchte ich Folgendes feststellen – und damit komme ich nun zu den Mängeln sowohl in der Vorbereitung als auch in der Formulierung des Vertrages, weil damit genau das Gegenteil dessen bewirkt wird, was notwendig ist, nämlich das Projekt Europa zu erklären und nicht anonym und undurchschaubar erscheinen zu lassen und damit Erweiterungsskeptikern, Globalisierungsgegnern sowie Extremisten und Populisten Zulauf zu verschaffen –: Es ist meiner Meinung nach die Aufgabe verantwortungsbewusster Politik, das notwendige Vertrauen zu schaffen und den mühsamen Prozess des Erklärens und Diskutierens für Europa auf allen Ebenen wahrzunehmen. Ein Europa der Bürger kann nur ein Europa der Regionen sein.

Gerade auch in dieser Hinsicht ist der in der letzten Sitzung des Bundesrates eingebrachte und heute neu eingebrachte, erweiterte Entschlieίungsantrag der drei Fraktionsvorsitzenden Bieringer, Professor Konečny und Professor Bφhm besonders wichtig. Ich mφchte aus dem letztmalig eingebrachten Antrag Punkt 2, nδmlich die Forderung nach Verwirklichung des Subsidiaritätsprinzips, Vereinfachung der Verträge, Stärkung des demokratischen Prinzips, Verankerung der Grund- und Menschenrechte, einschließlich Informations- und Mitwirkungsrechte, besonders hervorheben.

Ganz besonders freut mich der neue Punkt 5 des gemeinsamen Entschließungsantrages, der heute eingebracht wurde, in dem es heißt, "die Bundesregierung wird ersucht, im Prozess der Vorbereitung der Regierungskonferenz der Europäischen Union weiterhin die Bundesländer in geeigneter Weise einzubinden und diesbezüglich auch die Gemeinsame Länderstellungnahme vom 23. Oktober 2001 zu berücksichtigen". – Dass dieser Punkt in dem heutigen Entschließungsantrag beinhaltet ist, zeigt auch die Wichtigkeit der Länderkammer.

Die Landeshauptleute und die Landtagspräsidenten haben in diesem Zusammenhang eine ganz klare Entschließung gefasst, in deren Präambel es heißt:

"Die Länder bekräftigen ihre Bereitschaft, als Gliedstaaten des Mitgliedstaats Österreich und als Regionen mit legislativen Kompetenzen ihren Beitrag zum Aufbau eines bürgernahen Europas zu leisten. Leitgedanken sind dabei das Subsidiaritätsprinzip, das Prinzip der Nachhaltigkeit, die Prinzipien von Transparenz und Zurechenbarkeit von Verantwortlichkeit und tatsächlicher politischer Verantwortung. ... Die Länder gehen davon aus, in alle Phasen der innerstaatlichen Meinungsbildung und der Diskussion einbezogen zu werden und an der Positionierung Österreichs mitwirken zu können."

Auch in Deutschland wird die Diskussion ähnlich geführt. So hat zum Beispiel der sozialdemokratische Ministerpräsident des großen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, Wolfgang Clement, in einem Grundsatzartikel der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vor zwei Wochen unter dem Titel "Eine neue Architektur für das Haus Europa – Die Institutionen müssen von Grund auf erneuert werden" insbesondere die Stärkung der Regionen und die Stärkung der Mitwirkung des Organs der Regionen gefordert und festgestellt:

"Die Regierungskonferenz von Nizza hat endgültig klargemacht, dass Vertragsreformen nicht mehr nach dem Muster der klassischen Diplomatie erfolgen können. Sie müssen offener, politischer und damit auch besser vorbereitet werden. ... Wenn wir das offensichtliche Defizit an Akzeptanz bei den Bürgern beheben wollen, müssen wir sie an der Debatte über die Zukunft der EU beteiligen. ... Die Zukunft Europas" ist "kein Thema für juristische Hauptseminare, sondern eine eminent politische Aufgabe". Eine neue Architektur für das Haus Europa lässt sich nur gemeinsam mit den Menschen planen und errichten, die darin leben.

Das ist eine Meinung, die ich voll unterstützen kann und die auch in dem Entschließungsantrag der Fraktionsvorsitzenden zum Ausdruck kommt, den ich zu behandeln und zu beschließen bitte.

Herr Professor Konečny! Gestatten Sie mir, abschließend eine ganz kleine Bemerkung zur letzten Debatte zu machen – ohne dass ich damit jetzt eine Neutralitätsdebatte herausfordern möchte – (Bundesrat Konečny: Gerne!): Sie haben das letzte Mal einen Ausspruch von Bundeskanzler Raab auf einem Taferl präsentiert, und ich habe über das lange nachgedacht und habe einige Tage später den Staatssekretär a. D. Ludwig Steiner bei der Verleihung des "Dr. Alois Mock Europaringes" getroffen. Ludwig Steiner ist der letzte überlebende Zeitzeuge des Staatsvertrages. Von ihm ist überliefert, dass der damalige SPÖ-Vorsitzende, Vizekanzler und spätere Bundespräsident Dr. Adolf Schärf (Bundesrat Konečny: ... eh ein Skeptiker!) ursprünglich dagegen war und abreisen wollte und sich dann aber dazu bekannt hat, weil die Neutralität nach dem Vorbild der Schweiz angesichts der damaligen weltpolitischen Situation (Bundesrat Konečny: Ihn versöhnt hat!) ganz sicher eine Königsidee war. – Das wollte ich nur für mich auch angemerkt haben, und es gibt wahrscheinlich sehr viele weitere Entwicklungen, weil vieles im Fluss ist.

Vor kurzem habe ich in den "Salzburger Nachrichten" ein Interview einer Dame gelesen, die Sie auch kennen werden und die, was ich auch sehr interessant finde, gesagt hat – ich möchte das nur erwähnen, damit wir das nicht tabuisieren –: "Das Ende des Weges ist die NATO-Mitgliedschaft." – Ich wollte das nur "naseweiserweise" kurz anmerken, dass es hier also verschiedene Möglichkeiten gibt, dieses Thema zu debattieren. (Bundesrat Gasteiger: Das wissen wir eh, dass ihr hineinwollt in die NATO! – Zwischenruf des Bundesrates Konečny. )  – Das ist Frau Dr. Nowotny, Eva Nowotny die frühere Beraterin des Herrn Bundeskanzlers Dr. Vranitzky, wie Sie wissen.

Insgesamt freue ich mich aber, dass wir einen sehr breiten Konsens zum Thema Nizza und Post-Nizza-Konvent haben, und ich bitte um Zustimmung auch zu diesem Entschließungsantrag. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesrat! Die Geschäftordnung verlangt, dass Sie nicht nur auf den Entschließungsantrag Bezug nehmen, sondern ihn auch verlesen. – Bitte.

Bundesrat Herwig Hösele (fortsetzend): Der Entschließungsantrag lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der Bundesrδte Ludwig Bieringer, Albrecht Konečny, Dr. Peter Bφhm und Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung eines “Konvents” fόr den Post-Nizza-Prozess

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht,

1. zur Erstellung eines Entwurfes für eine weitere Reform der Verträge der Europäischen Union für ein ‚Konventmodell‘ einzutreten, an dem Mitglieder der nationalen Parlamente, des Europäischen Parlamentes, der Kommission, Vertreter der Regierungen, des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses teilnehmen und das die Beitrittswerber einbezieht. Damit soll ein strukturierter Verhandlungsprozess zur Zukunft Europas eingeleitet werden;

2. auf ein breites Mandat für diesen Prozess hinzuwirken, das die Erstellung von Vorschlägen für eine umfassende Demokratie-, Institutionen- und Verfahrensreform der Europäischen Union umfasst. Dazu gehören jedenfalls die Verwirklichung des Subsidiaritätsprinzips, die Vereinfachung der Verträge, eine Präzisierung der europapolitischen Rolle der nationalen Parlamente sowie die Stärkung des demokratischen Prinzips im institutionellen Gefüge der Europäischen Union, eine Normenhierarchie, die Öffentlichkeit der Rechtssetzung, politische und rechtliche Kontrollmöglichkeiten für die Politiken und Entscheidungen der EU-Institutionen, die Verankerung der Grund- und Menschenrechte, sowie der Bürgerrechte auf europäischer Ebene (einschließlich Informations- und Mitbestimmungsrechte);

3. darauf hinzuwirken, dass die Zusammensetzung des ‚Konvents‘ eine starke parlamentarische Vertretung gewährleistet und dass die Arbeit des Konvents transparent und in laufender Verbindung mit den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament sowie mit der Öffentlichkeit, insbesondere Vertretern der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft und der Regionen erfolgt, sodass der vom ‚Konvent‘ erarbeitete Entwurf bzw. die erarbeiteten Optionen als Grundlage der Regierungskonferenz anerkannt werden können und dass sich der ‚Konvent‘ Geschäftsordnung, Strukturierung und Reihenfolge der Tagesordnung selbst geben möge;

4. darauf hinzuwirken, dass die Kommission ein Konzept zu Struktur, Moderation und Auswertung der öffentlichen Debatte entwickelt, wobei vorgesehen werden soll, dass die öffentliche Debatte an den ‚Konvent‘, die nationalen Parlamente und die Regierungen der Mitgliedstaaten gerichtet wird;

5. im Prozess der Vorbereitung der Regierungskonferenz der Europäischen Union weiterhin die Bundesländer in geeigneter Weise einzubinden und diesbezüglich auch die Gemeinsame Länderstellungnahme vom 23. Oktober 2001 zu berücksichtigen."

*****

Ich bitte um Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

15.11

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Verlesung dieses Entschließungsantrages, der genügend unterstützt ist und daher mit in Verhandlung steht.

Als Nδchster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konečny. – Bitte.

15.11

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist ein interessanter Scheidepunkt, wenn wir über den Vertrag von Nizza sprechen, weil er auf der einen Seite eine bestimmte Entwicklung der Europäischen Union tatsächlich, wie das Kollege Hösele gesagt hat, ermöglicht hat und irgendwie zu einem Kulminationspunkt geführt hat; gleichzeitig hat dieser Vertrag aber auch die Grenzen des bisherigen Entscheidungssystems der Europäischen Union klar und deutlich aufgezeigt, diese aber nicht – oder in den zentralen Punkten nicht – überwunden. So wird er vielleicht als ein solcher möglicher Wendepunkt länger in Erinnerung bleiben als andere Zwischenstufen der Weiterentwicklung der europäischen Verträge, weil er zugleich eine Art demokratischer Handlungsauftrag ist.

Bevor man nun allzu schnell auf diesen Zug aufspringt und sagt: Eine bürgernähere, demokratische Europäische Union ist doch das, was wir alle wollen!, muss man sich – und da kann es durchaus unterschiedliche Antworten geben, und sie müssen auch nicht entlang der Parteilinien ausfallen – mit der Frage auseinander setzen, was denn nun in unserem österreichischen Interesse liegt oder liegen kann und welche Verzichtserklärungen – ich nenne es ganz bewusst so – wir abzugeben bereit sind, wissend, dass damit die nationale Vetomacht reduziert wird, aber die nationale Vetomacht eben auch ein Stück europäische Bremse ist.

Insofern hat der Vertrag von Nizza auch bei seiner relativen Ausweitung der Möglichkeit von Mehrheitsentscheidungen manches eben nicht gelöst, aber die Fragestellungen auf den Punkt gebracht. Niemand – und ich werde das am allerwenigsten versuchen – sollte eine Antwort aus der Hüfte schießen. Diese Antwort ist sehr gründlich zu diskutieren, und wer am Ende zu einem Ergebnis kommt, das sich von seiner ersten Wortmeldung unterscheidet, sollte nicht kritisiert, sondern gelobt werden.

Deshalb möchte ich auch hier keine Postulate aufstellen, sondern einfach resümierend sagen: Ja, wir alle haben von unserem ganzen Politikverständnis her ein starkes Bestreben, von der Europäischen Union mehr Demokratie einzufordern, wir alle sind emotional irgendwo an dem Punkt angesiedelt, in dem wir von der Europäischen Union mehr Gestaltung in Richtung eines normalen, uns im nationalen Rahmen vertrauten Politikgefüges verlangen, also: mit einer Art Regierung – ob das Kind jetzt "Kommission" heißt, ist nicht so wichtig –, mit eben nicht nur einer "Art Parlament", sondern einem wirklichen Parlament und möglicherweise auch weiterhin mit wie auch immer zusammengesetzten zweiten quasi-parlamentarischen Ebene, auf welcher, senatsähnlich, die Interessen der Mitgliedstaaten stärker vertreten sind.

Das ist ein gutes Modell – ein Modell, mit dem ein nicht ganz unbedeutender Kleinstaat wie die USA seit 200 Jahren so übel nicht lebt –, aber es bedeutet natürlich eine gewaltige Portion nationalen Verzichts in diesem Europa, in dem sich derzeit 15 Nationalstaaten, wenn auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten, auf denselben Weg gemacht haben. Wie gesagt: Gerade der Werdungsprozess von Nizza ist der Beweis dafür, dass die Entscheidungsmechanismen der Europäischen Union ausgereizt sind. Es geht nichts mehr! Wir sind mit diesem Kräfteparallelogramm an jenen Punkt angelangt, dass nunmehr dieses Fünfzehneck – ich war nie so gut in Mathematik; wie man ein Fünfzehneck mathematisch bezeichnet oder gar berechnet, darin will ich mich nicht versuchen – keine Lösungen mehr liefert: Es ist nicht in der Lage, Boykotte, Vetos, sehr ausgeprägte Standpunkte zu überwinden.

Ein kleiner Staat wie Österreich, Politiker eines kleinen Staates wie Österreich haben sich daher zu fragen – wie gesagt, mit offener Antwort, und diese ist auch heute nicht zu geben, wir sind dazu auch nicht aufgerufen –: Wie kann denn eine Entwicklung aussehen für einen Kleinstaat, der sich an seine Vetomöglichkeiten klammert? – Ein Szenario ist, zu sagen: Wenn ich Europa mit soundso vielen Millionen Menschen nach einem vermutlich in Zukunft egalitärer gestalteten System der Zuerkennung von Parlamentariern durch die Maßzahl dividiere, dann bleiben eben 14 oder wie viele auch immer Österreicher über. Das ist eine Minigruppe in einem 600-köpfigen Parlament, das ist mit Sicherheit kein Zünglein an der Waage, sondern irgendwo ein kleiner Faktor unter vielen.

Wenn wir das Parlament kurz halten – was wir alle öffentlich immer dementieren, indem wir sagen: Nein, das muss ein wirkliches Parlament werden! –, dann ist es nicht so wahnsinnig wichtig, ob darin 21, 16, 14 oder wie viele auch immer Österreicher sitzen, wenn wir auf der anderen Seite die Blockadehoheit in dem jetzigen reduzierten Ausmaß behalten.

Die Frage ist nur: Was gewichten wir höher? – Eine solche, sehr absolut zu nehmende Interessenvertretung – es gibt gute Beispiele dafür – oder unsere Bereitschaft, am europäischen Prozess dynamisch teilzunehmen?

Wir können auf der Ebene darunter die Frage gleich noch einmal stellen: Was trauen wir uns zu? Ist es wirklich vorstellbar, dass wir große europäische Prozesse mit solchen Blockadehaltungen auf Dauer aufhalten können, oder wird in einer Europäischen Union, die sich außerdem noch vergrößert, der Druck auf dieses eine Mitgliedsland so viel stärker werden, dass irgendwann einmal die Nachteile, die man sich durch die Blockadehaltung einhandelt, stärker sind als der Erfolg dessen, dass man etwas verhindert?!

Wie gesagt, es ist eine Diskussion mit offenem Ausgang, aber wir sollten diese Diskussion offen und ehrlich führen. Beide Hüte zusammen kann man nicht aufsetzen: Entweder wir treten für eine weitgehend demokratisierte, wie gesagt, nach dem Modell der Nationalstaaten entwickelte Europäische Union ein – Klammer auf: wobei in Wirklichkeit der Europäische Rat die Funktion der zweiten Kammer erfüllt; ob man das irgendwann einmal mit konkreten Menschen anfüllt oder die Regierungschefs die Aktienpakete hochhalten lässt, ist in Wirklichkeit nicht so bedeutsam –, oder wir wollen eine Demokratisierung, ein gestärktes Parlament. Wollen wir diesem Parlament – was besonders wichtig wäre – auch das Initiativrecht zuerkennen, ihm all das geben, was das Wesen eines Parlaments ausmacht – nämlich selbst aktiv zu werden und nicht nur reaktiv auf die Vorschläge der Kommission reagieren zu können –, dann müssen wir konsequenterweise sagen: Wir werden ein im Wesentlichen, außer bei Vertragsveränderungen, durchgehendes Mehrheitsprinzip auch im Rat hinnehmen müssen.

Wenn wir das andere wollen und sagen: Putzt euch alle!, wir haben unsere klaren Standpunkte, und über die lassen wir mit uns nicht reden!, dann ist die Forderung nach mehr Demokratie hohl, denn diese beiden Prinzipien schließen einander aus.

Wir haben also – und hier möchte ich die von Kollegen Hösele vorgelesene Entschließung dann auch in meinen Ausführungen thematisieren – mit dem Vertrag von Nizza einen Prozess ausgereizt. Wir haben damit die Grundlagen für die Erweiterung geschaffen – was von dieser Erweiterung zu welchen Zeitpunkten stattfinden kann, ist letztlich in der Hand der Beitrittsstaaten und ihrer Fähigkeit, sich dem gemeinsamen Rechtsbestand und auch dem ökonomischen Niveau der Europäischen Union anzunähern –, aber der Vertrag weist darüber nicht hinaus.

Die Europäische Union und ihre weitere Entwicklung ist nicht zufällig nicht primär in die Hände einer neuen Regierungskonferenz gelegt worden, sondern eben in etwas, was lange umstritten war, jetzt aber klar zu sein scheint, nämlich in die Hände eines Konvents – ohne bindende Beschlüsse, aber, wenn er funktioniert, mit einer hohen moralischen Kraft.

Die Debatte um die Europäische Grundrechts-Charta, die in einem Konvent geführt wurde, zusammengesetzt aus Parlamentariern und Regierungsvertretern der Mitgliedstaaten und Parlamentariern des Europäischen Parlaments, wurde auf einem Niveau geführt, das – wie ich das nur von außen beurteilen kann – sich sehr vorteilhaft von den "Viehhändler-Methoden" von Ratssitzungen unterschieden hat, und hat zu einem Ergebnis geführt, das ganz offensichtlich den Rat so erschreckt hat, dass die Verbindlichkeit, die Einklagbarkeit dieser Charta nicht zuerkannt wurde.

Irgendwie haben die Ratsmitglieder wohl schon gemeint: Das passiert uns kein zweites Mal!, und daher hat es eines langen politischen Kampfes bedurft, dass wir doch erneut zu einer Konventslösung für die Designation der Zukunftslandkarte der Europäischen Union gekommen sind. Ich möchte hier für das österreichische Parlament, aber auch für die Parlamente der anderen Mitgliedstaaten unterstreichen, dass das ein solidarischer Kampf des Europäischen Parlaments und fünfzehnmal nationaler Parlamente gewesen ist, in dem wir uns gemeinsam dafür eingesetzt haben – zum Beispiel bei der COSAC in Stockholm unter ziemlich unfreundlichen Rahmenbedingungen –, dass es nunmehr zu dieser Konventslösung kommt.

Ich verstehe, dass sich dort, wo am Ende Vertragsänderungen stehen müssen, der Rat vorbehält, das Ergebnis nicht tel quel übernehmen zu müssen, aber ich verlange auch, dass das, worauf sich dieser Konvent einigen kann, mit jenem moralischen Gewicht ausgestattet wird – und zwar durch politische Akteure, zum Beispiel durch uns –, dass sich der Rat schwer tut, es vom Tisch zu fegen und etwas anderes zu tun.

Der Entschließungsantrag, dem ich Sie bitte, zuzustimmen – und angesichts der Unterzeichner habe ich keinen Zweifel daran –, versucht, vier Dinge "festzuklopfen", wie man das so sagt:

Erstens: nochmals unser Bekenntnis zum Konventsmodell, zur Zusammenarbeit von Parlamentariern der europäischen und der mitgliedstaatlichen Ebene und Regierungsvertretern. Es ist selbstverständlich, dass wir verlangen, hiezu auch die Vertreter der Regionen und der "europäischen Sozialpartnerschaft", wenn ich das so sagen kann, also des Wirtschafts- und Sozialausschusses, einzuladen.

Zweitens: ein breites Mandat, das tatsächlich in der Lage ist, einen neuen Bauplan für das gemeinsame europäische Haus zu erstellen.

Drittens: einen Dialogprozess, wobei auch wir aufgefordert sind, daran mitzuwirken, denn so schätzenswert der Konvent ist, es ist doch erst die Rückkoppelung der nationalen und europäischen Vertreter in diesem Konvent in die öffentliche Diskussion ihrer Heimatstaaten, wodurch Ideen, wenn sie dort erarbeitet werden, materielles Gewicht erlangen. Es muss auch die Öffentlichkeit der Mitgliedstaaten dahinter stehen, und diesen Dialog gilt es, nationalstaatlich zu organisieren, und – zu guter Letzt – es gilt auch, in einem föderalistisch verfassten Land wie Österreich – und wir beziehen uns hier ausdrücklich auf die Gemeinsame Länderstellungnahme vom 23. Oktober 2001 –, die Bundesländer in diesen Diskussionsprozess entscheidend einzubinden.

Ich gebe zu, dass die Entwicklung der Europäischen Union etwas anders verläuft, als man das sonst gewohnt ist. Wenn man normalerweise einen Zug besteigt, kann man dem Fahrplan entnehmen, wann er wegfährt, wo er stehen bleibt und in welchem Ort er zu welcher Zeit ankommt. – Was den Punkt "zu welcher Zeit" betrifft, so gibt es manchmal Differenzen – nicht nur bei den Österreichischen Bundesbahnen –, aber im Wesentlichen hält er sich an die Strecke.

Das europäische Vehikel unterscheidet sich davon grundlegend: Da treffen sich die Passagiere mit dem Personal und diskutieren darüber, ob sie losfahren sollen. Wenn sie einmal im Zug sind, diskutieren sie, ob sie auf der Westbahn oder auf der Südbahn fahren und wo sie stehen bleiben sollen oder ob sie schneller oder langsamer fahren sollen. Was man schon gar nicht weiß, ist, wo der Zug zu guter Letzt ankommt, und am allerwenigsten weiß man, wann der Zug ankommt.

Ich gebe zu, dass das ein ungewöhnlicher Prozess ist, aber es ist – so paradox es klingt – eine Erfolgsgeschichte: Die Europäische Union hat eine gute Strecke gewählt. Die Entscheidungen von Personal und Passagieren waren im Regelfall richtig. Die Union ist größer und stärker geworden, und sie hat Gestalt angenommen.

Ich gebe zu: Jetzt, da wir in der vorletzten Station stehen, wäre es vielleicht ganz gut, doch einmal einen wirklichen Fahrplan zu erarbeiten, und dazu soll dieser Konvent, der auf Nizza notwendigerweise folgen muss, beitragen.

Ich bitte Sie daher, nicht nur der Vorlage selbst, sondern auch dem Entschließungsantrag Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster ist Herr Bundesrat Professor Dr. Böhm zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.28

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir werden heute der im Nationalrat bereits beschlossenen Ratifikation des Vertrages von Nizza zustimmen.

Aus der Sicht des Bundesrates als Länderkammer bedauert meine Fraktion allerdings, dass der seit längerem vorgetragenen Forderung der Bundesländer, sie in Vorhaben der Europäischen Union einzubinden, die in den Bereich ihrer Gesetzgebung und Vollziehung eingreifen, vom Bund erneut nicht entsprochen worden ist. Darauf zielt ja auch der von uns allen heute gestellte Entschließungsantrag ab.

Was den Vertrag von Nizza selbst anlangt, so ist er insofern als durchaus historische Weichenstellung einzuschätzen, als er die institutionellen Voraussetzungen für die so genannte EU-Osterweiterung schafft.

Freilich werden inhaltliche Substanz wie auch Form und Struktur dieses Regelwerks einmal mehr der politischen Bedeutung dieses ursprünglich als Institutionenreform geplanten Vorhabens in keiner Weise gerecht. Die in mühevollsten Kompromissen und härtestem Ringen erzielten Ergebnisse stellen nach allen Analysen und Kommentaren nicht im Geringsten den von Präsident Chirac angekündigten großen Wurf dar. – Das ist noch freundlich formuliert.

Im Blick auf die Regelungs- und Verweisungstechnik des Vertrages, wenn man ihn einmal – selbst als geschulter Jurist – gelesen hat, müsste man weit schärfere Kritik üben.

Das organisationsrechtliche Gefüge der Europäischen Union als Staatenverbund ruft die böse Bezeichnung in Erinnerung, die der vernunftrechtliche Staatsdenker Samuel Pufendorf dem Heiligen Römischen Reich seinerzeit gewidmet hat, nämlich jene als ein Gebilde "monstro simile", "einem Monster gleich".

Es wird daher zweifellos die unabdingbare Aufgabe des so genannten Post-Nizza-Prozesses sein, erstmals eine systematische, übersichtliche und lesbare Neufassung des EU-Vertrages zu erarbeiten. Vor allem aber – und damit ist ein zentrales Anliegen von uns Freiheitlichen berührt – muss künftig endlich von den schwammig formulierten politischen Zielvorgaben abgegangen werden, die nur dazu dienen, dass unter Verletzung des Subsidiaritätsprinzips die Zentralorgane der Europäischen Union schleichend und unter der Hand ihre Funktionen und Regelungsbefugnisse zunehmend ausweiten.

Diese vagen Zielvorgaben müssen durch einen klaren Kompetenzkatalog ersetzt werden, der eindeutig die Kompetenzen der Europäischen Union von jenen der Mitgliedstaaten abgrenzt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der den Nationalstaaten verbliebene Bereich ihrer Souveränität muss klar umschrieben sein und darf sich nicht nur als Residualgröße im Differenzweg ergeben. Zugleich müsste das erwähnte Subsidiaritätsprinzip ernster genommen und mit Leben erfüllt werden (Bundesrat Mag. Gudenus: So ist es! Das muss viel stärker betont werden!)  – mit anderen Worten hätte in Zukunft die Europäische Union allein das zu normieren, was für die Funktionsfähigkeit der Europäischen Union notwendig ist oder was als grenzüberschreitende Problematik einer europaweiten einheitlichen Regelung bedarf.

Hiebei denke ich nicht zuletzt an die ja jetzt höchst aktuelle Erstellung einheitlicher Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke. Der Regelungsbedarf für diese hätte ganz anderes Gewicht als die Sicherheit von Traktorsitzen oder gar der Krümmungsradius von Gurken.

Aber zurück zu den Neuerungen des Vertrages von Nizza selbst: Anerkennung gebührt den österreichischen Verhandlungsbemühungen, bei den unvermeidlichen Strukturveränderungen die Interessen unseres Landes bestmöglich zu wahren. Das gilt vor allem – wie heute bereits erwähnt – für den erfolgreichen Kampf darum, das Einstimmigkeitsprinzip in wesentlichen Sachbereichen – insbesondere in für uns lebenswichtigen Bereichen wie der gemeinsamen Bewirtschaftung der Wasserressourcen, der Raumordnung oder der Bodennutzung – beizubehalten.

Auch in der Frage der künftigen Stimmgewichtung im Europäischen Rat ist ein akzeptables Ergebnis erreicht worden, ebenso bei der Anzahl der Mandatare im Europäischen Parlament. Wir haben bis auf Weiteres auch den Anspruch behauptet, einen Kommissar in der EU-Kommission zu stellen sowie im Europäischen Gerichtshof repräsentiert zu sein.

Dass das Ergebnis aus österreichischer Sicht nicht ungünstiger ausgefallen ist, schreibe ich nicht zuletzt auch der klaren und festen Position meiner Fraktion zu. Gewiss hat überdies dazu beigetragen, dass die Bundesregierung und die österreichische Bevölkerung geeint in der Periode der rechtswidrigen Sanktionen der EU 14 Rückgrat und Haltung bewiesen haben. Möge sich das auch im Konflikt um das Atomkraftwerk Temelín wiederholen!

Zu hoffen ist auch, dass die Brüsseler Zentralorgane künftig das Subsidiaritätsprinzip, das Gebot demokratischer Legitimität und Transparenz und die kulturelle Vielfalt Europas, insbesondere seine nationalen und regionalen Traditionen besser respektieren werden als bisher.

Die Ablehnung des Euro durch die Volksabstimmung in Dänemark und die Ablehnung des Vertrages von Nizza durch ein Volksreferendum in Irland müssen Warnsignale gegenüber möglichen Fehlentwicklungen allzu großer Bürgerferne und allzu hohen Integrationstempos bilden. Selbstbewusste Völker verweigern sich eben einem zentralistischen Bundesstaat – Stichwort: "Vereinigte Staaten von Europa"; sie neigen vielmehr dem Konzept eines "Europas der Vaterländer" zu, wie es auch uns Freiheitlichen vorschwebt.

Nicht weniger gefährlich für eine gedeihliche Weiterentwicklung der Europäischen Union wäre es, sollte über den Zwischenschritt eines "Europas der zwei Geschwindigkeiten" in Wirklichkeit das Bestreben nach einem "Direktorium" Frankreichs, Deutschlands und gegebenenfalls auch Großbritanniens weiterverfolgt werden. Gegen solche Tendenzen hat sich Österreich auch jüngst wieder mit Nachdruck verwahrt; heißt es doch in dem auch vom Nationalrat am 21. November auf Grund eines Drei-Parteien-Antrages beschlossenen Entschließungsantrages zutreffend: "Die europäische Einigung kann nur so stark sein, wie sie von den Bürgern Europas getragen ist."

Lassen Sie mich daher das Resümee ziehen, sehr verehrte Damen und Herren! Der Vertrag von Nizza war für all jene eine Enttäuschung, die sich von und mit ihm eine zukunftsweisende und in sich stimmige Neuordnung der Europäischen Union erhofft hatten. Er hat aber zumindest die unerlässlichen institutionellen Vorkehrungen getroffen, um die EU-Erweiterung – also die Aufnahme weiterer Beitrittskandidaten – zu ermöglichen.

Da meine Fraktion diesen Prozess im Ergebnis bejaht – freilich keineswegs "ohne Wenn und Aber", also ohne ausreichende Beitrittsvorbereitungen –, wird sie der Ratifikation dieses Vertrages ihre Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.36

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster ist Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.36

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Auf Grund eines Handicaps – ich bin nicht gut bei Stimme – werde ich mich kurz fassen.

Professor Konečny hat gemeint, wir befδnden uns nun mit der Ratifizierung des Vertrages von Nizza in der vorletzten Station. – Herr Konečny muss ein grenzenloser Optimist sein! Ich denke, wir befinden uns vielleicht eine halbe Station oder eine Station weiter in Richtung eines Zusammenwachsens in Europa, in Richtung einer Vertiefung in Europa. Die Debatten in Österreich über Veto oder kein Veto zeigen, wie tief hier noch – nach wie vor! – die Gräben zwischen Nachbarländern sind. In der vorletzten Station befinden wir uns also bei weitem nicht.

Der Weg nach Europa auch in den Herzen und im Bewusstsein – also nicht nur formal in den Unterschriften – wird noch ein langer werden, so denke ich. Die ersten Wochen des Jahres 2002 werden die Österreicher ein großes Stück in Europa weiterbringen, wenn nämlich der Euro als Währung real sein wird; bisher ist er für die Bevölkerung nur ein philosophischer Begriff.

Nun zur Bedeutung dieses Vertrages von Nizza: Ich bin zumindest froh darüber, dass der Bundesrat stolz darauf sein kann, diesen Vertrag im Zuge einer Enquete vertieft zu haben. Der Nationalrat hat diesen ganzen Prozess eher in den Abendstunden und auf relativ kurzem Wege erledigt.

Als seinerzeit der Kanzler aus Nizza zurückgekommen ist, hat er – und auch die Frau Außenministerin – versprochen, welch enormen Post-Nizza-Informations- und Diskussionsprozess wir in Österreich erleben würden. – Viel ist davon nicht übrig geblieben. Die Behandlung des Vertrages von Nizza und der Geist, der eigentlich in Nizza entstehen hätte sollen, hatten vielleicht jenes Handicap zu tragen, das in seiner Werdung begründet ist, nämlich einem nationalen Basar ähnlich zu sein, der wohl eines der beschämendsten Kapitel in der Geschichte der EU ist. Was da in Nizza stattgefunden hat, war, dass man Hauptstadtrechte gegen Stimmrechte, Fischrechte gegen andere Fragen der Mitbestimmung getauscht hat.

Viele Fragen wurden in Nizza angerissen, wenige Lösungen gefunden. Die Institutionenreform ist in meinen Augen und in den Augen vieler politischer Bewerter überhaupt nicht gelungen. Manche Dinge wurden mangelhaft umgesetzt. Vom "großen Wurf" kann bitte beim Vertrag von Nizza nicht die Rede sein! Das, was wahrscheinlich das bedeutendste Ergebnis ist, ist, dass eine Regierungskonferenz, so wie sie in Nizza stattgefunden hat, kaum mehr in Europa stattfinden wird.

Man kann eine Verfassung nicht von oben nach unten diktieren. Verfassungsprozesse verlaufen immer von unten nach oben. Dass sich die Präsidenten und Kanzler zusammensetzen und der europäischen Bevölkerung eine Verfassung von oben nach unten geben, solche Wege gehören längst der Vergangenheit an und muten fast wie halbaristokratische Formen an.

Der "große Wurf" ist es also nicht: Die EU ist weder bürgernäher noch transparenter noch demokratischer geworden. Allerdings – und das halte ich für positiv, deshalb kann man dieser Ratifizierung auch zustimmen – ist in der EU das Bewusstsein gereift, dass das, was in Nizza passiert ist, nie wieder geschehen darf. Es kommt nun zu einem Konvent, zu einem echten Verfassungsprozess, der eben nicht von oben aufgesetzt wird, sondern auf einer breiten Beteiligung legitimierter Volksvertreter und -vertreterinnen fußt. Die Erkenntnis, dass so etwas wie in Nizza nie mehr passieren darf, ist meiner Meinung nach wirklich ein Erfolg.

Der zweite Grund, aus dem es in meinen Augen notwendig ist, dieser Ratifizierung zuzustimmen, ist das große Projekt des vereinigten Europas. Das ist immerhin das größte Friedensprojekt, das es gibt. Dieser Vertrag bietet zumindest die Leiter dafür, dass es weitergeht. Deshalb ist dieser Vertrag mit allem Wenn und Aber, mit sehr viel Bauchweh zu ratifizieren.

Aber dieser Verfassungsprozess in Europa wird die Akzeptanz der Bevölkerungen brauchen. Die Liste mit den Dänen und den Iren ist beliebig fortzusetzen. Das können die Italiener, die Österreicher, die Deutschen oder auch die Franzosen sein: Ich weiß nicht, wie es ausgegangen wäre, hätten sie über die gemeinsame Währung abzustimmen gehabt.

Das heißt, dass wir uns nach wie vor um die Akzeptanz bei den Bevölkerungen bemühen – und deshalb ist es auch wichtig, dass dieser Prozess in den Mitgliedsländern selbst eine Vertiefung erfährt. Da nützt es uns nichts, wenn wir eine alte Aufrechnungspolitik mit Vetotaktiken und Anti-Europastrategien verbinden.

Meine Damen und Herren! Trotz aller Irritationen, die das Werden dieses Vertrages ausgelöst hat, befinden wir uns auf dem Weg der Vertiefung und der Erweiterung Europas, und das ist ein richtiger und guter Weg. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

15.42

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Staatssekretär. – Bitte.

15.43

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte meine Freude über die positive Grundhaltung, die dieser Debatte innewohnt, die den letzten Schritt in Richtung Ratifizierung des Vertrages von Nizza darstellt, nicht verhehlen. Die Kritik an diesem Vertrag war vielfältig und wurde auch heute von Herrn Kollegen Schennach formuliert: Der Vertrag sei unlesbar und schwer verständlich.

In der Zwischenzeit – das kann man auch an dieser Debatte ablesen – ist hier ein realistischeres Augenmaß eingekehrt, denn der Vertrag stellt das dar, was er in Wirklichkeit ist, nämlich ein realistischer politischer Kompromiss. Es ist trotz allem – und auch das ist hier in dieser Debatte durchgeklungen – seit 40 Jahren das erste Mal, dass sich die Institutionen in größerem Ausmaß der Entwicklung angepasst haben.

Das Ziel wurde erreicht, die notwendigen technischen Voraussetzungen für die größte Herausforderung der letzten Jahrzehnte für die EU wurden geschaffen. Die Details sind in den Diskussionen schon angeklungen. Ich erwähne sie noch einmal: ein Kommissar pro Mitgliedstaat. Ab dem Jahr 2005 werden die großen Mitgliedstaaten auf den zweiten Kommissar verzichten. Diese Regelung bleibt bis zum 27. Beitrittsland aufrecht. Erst dann wird über eine Verkleinerung der Gremien abgestimmt, und zwar – das ist auch festzuhalten – einstimmig.

Die Durchsetzung des Prinzips der Vertretung, dass jedes Mitgliedsland in jeder europäischen Institution, im Parlament wie im Gerichtshof, einen Vertreter hat, ist – das sei hier noch einmal erwähnt – der österreichischen Beharrlichkeit und jener unserer Verhandler zuzurechnen.

Auch die Stimmgewichtung ist von Herrn Professor Böhm und Herrn Bundesrat Hösele thematisiert worden. Ich darf es kurz ausführen: Österreich hat zehn Stimmen. Das bedeutet ein Stimmgewicht von 3 Prozent bei einem Bevölkerungsanteil von 1,5 Prozent und einem Budgetanteil von 2,6 Prozent. Das Blockadegewicht liegt nunmehr bei 11 Prozent. Ich glaube, das ist für die kleinen Länder und damit auch für Österreich ein gutes Ergebnis.

Die sensiblen Bereiche hat Professor Böhm auch schon angesprochen: Wasserressourcen, Raumordnung, Bodennutzung und die Verkehrsprobleme. Sie sind weiterhin einstimmig zu lösen.

Artikel 7 wurde ebenfalls erwähnt. Es ist dies, wie ich meine, das Ergebnis des Prozesses, der gegen Österreich stattgefunden hat. Wenn wir das Positive stehen lassen wollen, dann bedeutet das, Österreich hat innerhalb dieses schmerzhaften Prozesses, den wir durchgemacht haben, die Europäische Union weitergebracht.

Aus Sicht der Bundesregierung ist aber trotzdem festzuhalten, dass weiterhin die inhaltlichen Fragen der Zukunft Europas vor den Fragen der institutionellen Ausgestaltung Vorrang haben, denn ein Mehr an Europa bedeutet – auch das ist heute angeklungen – mehr Sicherheit in Europa durch Vergemeinschaftung der Außen-, der Sicherheits- und der Verteidigungspolitik.

Die Fragen der inneren Sicherheit haben gerade mit dem 11. September eine neue Bedeutung gewonnen. Das ist auch ein Plädoyer für eine grenzüberschreitende Kooperation der Exekutive.

Lassen Sie mich zum Schluss noch sagen – wir haben heute noch einige Anfragen vor uns, deswegen sollten wir etwas auf das Tempo und auf die Zeit schauen –: Was Sie heute hier tun, ist ein wichtiger Schritt hin zu einem gemeinsamen Europa, zur Öffnung neuer Märkte, nämlich der unserer mittel- und osteuropäischen Nachbarn, zu mehr Sicherheit, zu mehr Stabilität und zu mehr Frieden in diesem unserem Europa. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schennach. )

15.47

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Gruber. Ich darf darauf hinweisen, dass es 13 Minuten vor 16 Uhr ist. Wenn Sie sich bitte an die vorgesehene Zeit halten, da wir um 16 Uhr die dringliche Anfrage aufrufen. – Bitte.

15.47

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Der Vertrag von Nizza, die Grundlage für die Osterweiterung der Europäischen Union und die partnerschaftliche Durchführung der Regionalprogramme im Rahmen des EU-Strukturfonds, ist ein wichtiger Fortschritt für Europa und für Österreich im friedens- und sozialpolitischen Bereich.

Der Vertrag verdeutlicht aber auch, dass es eine Reihe von sensiblen Bereichen gibt. Als ländlicher Vertreter werde ich versuchen, den Menschen in unserer Region die Ängste vor der Osterweiterung zu nehmen. Meine Vorredner haben hochwissenschaftlich gesprochen – ich werde das ein bisschen einfacher machen.

Es muss gesagt werden, dass die Landwirtschaft keine Gewinnerin der EU-Osterweiterung sein werde. Es darf nicht sein, dass ein Sektor, eine Bevölkerungsgruppe die Last der Osterweiterung überproportional zu tragen habe. Entsprechende Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsbildung sind dringend notwendig. Die Kärntner Landwirtschaft muss mit Ertragseinbußen und Marktanteilsverlusten bei Rindern und im Milchbereich rechnen. Die Forstwirtschaft wird sich behaupten. Es wird unumgänglich sein, die nationalen Referenzmengen und Quoten beizubehalten. Der Luftdruck der Traktorsitze – wie wir es vorher gehört haben – wird nicht unbedingt geregelt werden müssen.

Für Kärnten wäre es aber trotzdem eine Katastrophe, im Milchbereich die Quoten zu verlieren. Mengenregulative am Agrarmarkt sind unverzichtbar. Die Einschränkungen im Bereich Umwelt-, Tier- und Pflanzenschutz müssen von allen Beitrittsländern nicht nur übernommen, sondern auch vollzogen und kontrolliert werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Da soll der Zug, Herr Konečny, so wie Sie vorhin gesagt haben, sicherlich ein bisschen gebremst werden.

Es soll keinen Blockeintritt geben, bei dem dann die Staaten mitkommen, die die Bedingungen nicht erfüllen. Kärntens, Österreichs landwirtschaftliche Betriebe bieten hohe Qualität, und diese gilt es zu nutzen und zu forcieren.

Im Bereich des Bio-Marktes ist eine grenzüberschreitende Kooperation mit Slowenien und Friaul ein weiterer Weg für die Zukunft. Grenzregionen und ländliche Regionen müssen besonders gefördert werden.

Wenn im ländlichen Raum die Wirtschaft funktioniert, bleiben die Leute auch in der Landwirtschaft. Der ländliche Raum braucht eine Zukunft, die den Menschen auch abseits der großen Ballungszentren Wohlstand, Sicherheit und Lebensqualität bietet. Dabei geht es ebenso um ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeitsplätzen wie um eine funktionsfähige Infrastruktur und Nahversorgung oder um den Erhalt des kulturellen, sozialen und ökologischen Gefüges auf dem Land.

Für Österreich sind diese Fragen von zentraler Bedeutung: Beinahe 80 Prozent der Landesfläche – und da braucht ihr (zur SPÖ gewandt) nicht zu lachen so wie vorhin! – in Österreich zählen zum ländlichen Raum.

Mit dem Ziel, auch die EU-Mittel optimal zur Stärkung der ländlichen Regionen zu nutzen, hat Österreich Ende Juni 48 Regionen für das EU-Programm "Leader Plus" angemeldet, die nun in die Projekt-Phase eintreten werden. "Leader Plus" ist ein Regional-Förderprogramm, das neue Impulse für starke und innovative ländliche Regionen geben wird.

Österreich ist der erste EU-Mitgliedstaat, der seine "Leader Plus"-Förderregionen festgelegt hat und somit in die konkrete Projekt-Phase eintreten kann. Verlangt werden professionelles Management, ein entsprechendes Organisationskonzept und die verbindliche Zusage, dass ausreichend Eigenkapital zur Kofinanzierung der Projekte aufgebracht werden kann.

Weitere Merkmale von "Leader Plus" sind die besondere Betonung des aktiven Mitwirkens der Bevölkerung sowie eine intensive Zusammenarbeit und Vernetzung in den ländlichen Gebieten.

Um eine nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raumes durch eine Vernetzung von Landwirtschaft, Wirtschaft, Kultur und Tourismus abzusichern, ist ein zusätzliches, von der EU kofinanziertes Grenzregionenprogramm vorzusehen; Bundesrat Hösele hat darüber ausführlich berichtet.

Im Zusammenhang mit der bevorstehenden Erweiterung der Europäischen Union gilt es, das Bewusstsein für ein vereintes Europa ohne Grenzen noch zu stärken. Dieses Bewusstsein könnte durch eine von der Kärntner Volkspartei geforderte Europa-Ausstellung in einer Kärntner Grenzgemeinde gegeben sein – dies insbesondere auch deshalb, weil bei uns eindrucksvoll die Rolle Kärntens am Schnittpunkt dreier Kulturkreise dargestellt wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.54

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesrat Gasteiger! Kommen Sie mit 6 Minuten Redezeit aus? (Bundesrat Gasteiger: Ja!)  – Bitte, dann erteile ich Ihnen das Wort.

15.54

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Wir werden heute als letzte gesetzgebende Körperschaft, ohne die laut österreichischer Verfassung gar nichts oder fast nichts läuft, dem Vertrag zur Erweiterung der Europäischen Union – besser als der Vertrag von Nizza bekannt – die gesetzmäßig notwendige Zustimmung erteilen. Ich bin gespannt, wie sich die Freiheitlichen bei der Abstimmung verhalten werden.

Warum erwähne ich das, sehr geehrte Damen und Herren der freiheitlichen Fraktion? – Eines sei Ihnen ins blaue Parteibuch geschrieben: So, wie Sie Europapolitik betreiben, kann das Schiff Österreich, das ohnehin schon einen schwachen Kapitän und eine schwache Mannschaft hat (Widerspruch bei der ÖVP)  – mit Ausnahmen (weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen)  –, nur sehr schwer, wenn überhaupt durch die Wogen der Europa- und Weltpolitik gesteuert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zu einigen Argumenten – damit wir den Freiheitlichen, wie es bei uns daheim heißt, "ein bisschen auf die Hinterfüߒ helfen können" –, warum die Erweiterung so notwendig und wichtig für Österreich ist. Das große Problem der Landwirtschaft – das ist vorher von Kollegen Gruber schon angerissen worden –, das große Problem des Transits – Ost-West-, Nord-Süd-Achse – kann nur – und da müssen Sie uns Tirolern bitte Verständnis entgegenbringen! – europäisch gelöst werden. Gleiches gilt für die großen Probleme der Kriminalität, der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. All das kann nur europäisch gelöst werden, ganz zu schweigen vom letzten, vom jüngsten, vom neuesten Kapitel: der Energiepolitik.

Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, kennen diese Argumente, die für Österreich und Europa so wichtig sind, und daher ist Ihre Veto-Linie, Ihre populistische Art, Politik zu betreiben, schändlich und kontraproduktiv für Österreich!

"Österreich ist Gewinner der Erweiterung", stand am 20. Juni in einem großen österreichischen Magazin zu lesen. – Laut einer Studie wird die heimische Konjunktur durch weitere EU-Beitritte am stärksten wachsen. Innerhalb der EU werden die Nettozahler-Länder, allen voran Österreich, gefolgt von Italien und Deutschland, von der EU-Erweiterung am meisten profitieren.

Das – zugegeben subjektive – Gefühl lässt sich in mir nicht unterdrücken, dass den Beitrittskandidaten einmal mehr von den Freiheitlichen jeder Prügel in den Weg geschmissen wird, der sich finden lässt. Der Umgang mit dem Umweltminister passt ins Bild, ganz zu schweigen von den Vorgängen um Temelin in den letzten Tagen: Bundesminister Molterer hatte den Mut auszusprechen, dass die Abschaltung von Temelin ein schöner, aber wahrscheinlich nicht zu realisierender Traum ist. Was fällt den freiheitlichen Regierungspartnern dazu ein? – Es wird auf Herrn Bundesminister Molterer "eingehackt", wie die Geier auf das Aas einhacken!

Die Konsequenz dieses FPÖ-Schlitterkurses zeichnet sich bereits ab: Österreich gilt in der EU, ohne die heute in kaum einem wirtschaftspolitischen Feld etwas läuft, als ein Synonym für Zaudern und Jammern.

Für mich noch unverständlicher ist, dass die so genannte "Kleine-Leute-Partei" – also die Freiheitlichen, deren Reihen hier etwas gelichtet sind – nicht akzeptieren will, dass die Exporte in die Beitrittskandidatenländer um 100 Prozent gestiegen sind und dadurch sehr viele neue Jobs geschaffen werden konnten. Das gemeinsame Ziel der beteiligten Länder – hüben und drüben natürlich – liegt auf der Hand: Alle wollen von der Erweiterung profitieren.

Bei allem Optimismus darf man freilich den Blick auf die Realität nicht verlieren. Einschnitte in manchen Wirtschaftssektoren werden zweifellos nicht zu vermeiden sein; die gesamtwirtschaftliche Entwicklung allerdings wird letztendlich den Befürwortern der Erweiterung Recht geben.

Angesichts der Einzigartigkeit dieser Chance ist es umso enttäuschender, dass im Vorfeld dieses Schrittes regionale und lokale Politiker – meistens freiheitliche – politisches Kleingeld im Zusammenhang mit der Erweiterung wechseln wollen. Es ist nicht verständlich, warum die Freiheitlichen so agieren. Während man in der heutigen EU bereits auf eine Rezession gefasst ist und nur noch über ihre möglichen Ausmaße diskutiert, haben wir mit den künftigen Mitgliedsländern einen echten Wachstumsmarkt vor der Haustür. Die Volkswirtschaften unserer Nachbarländer wachsen moderat, aber stetig. Je stärker sich unsere Unternehmen in diesem Zukunftsmarkt engagieren, desto mehr wird für Österreich von der EU der Zukunft profitieren können – mit den entsprechenden positiven Folgen für den Arbeitsmarkt und den Wohlstand.

Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendein Mitgliedstaat zum Zeitpunkt des österreichischen Beitrittes ein lautes Veto eingebracht hat. Das, was wir für uns in Anspruch genommen haben, sehr geehrte Damen und Herren speziell der freiheitlichen Fraktion, sollten wir im Umgang mit unseren Nachbarn und künftigen Mitgliedern der Europäischen Union ebenso einbringen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.59

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich werde jetzt die Sitzung bis 16 Uhr unterbrechen.

Wir nehmen um 16 Uhr unsere Verhandlungen wieder auf und kommen zum Aufruf der dringlichen Anfrage an den Herrn Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen.

(Die Sitzung wird um 15.59 Uhr unterbrochen und um 16.03 Uhr wieder aufgenommen. )

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir nehmen die Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Hedda Kainz und GenossInnen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die Pensionsanpassung für das Jahr 2002 (1890/J-BR/01)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die dringliche Anfrage der Bundesräte Hedda Kainz und Genossinnen und Genossen betreffend die Pensionsanpassung für das Jahr 2002 an den Herrn Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen.

Diese Anfrage ist inzwischen allen Bundesräten zugegangen, daher erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Frau Bundesrätin Hedda Kainz als erster Anfragestellerin zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte.

16.03

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Anpassung der heurigen Pensionen sollte unter Einbeziehung eines Gutachtens oder Testgutachtens der Kommission zur langfristigen Pensionssicherung vorgenommen werden. Diese Vorgangsweise entsprach nicht den Vorgaben, und es wurde ein Anpassungsfaktor gewählt, der niedriger ist als der, der diesen Vorgaben entsprechen würde.

Damit nicht genug: Es gibt jetzt einen Antrag der Abgeordneten einer Regierungspartei, die genau das einfordern, was eigentlich bestehendes Recht ist und hätte passieren müssen. Man könnte dies als groteske Situation abtun, wenn diese Groteske nicht einen Realwert von 1,6 Milliarden Schilling bedeuten würde, eine Summe, die unseren Pensionisten vorenthalten wird. Meine Damen und Herren! Ich bezeichne das als Pensionsraub! (Beifall bei der SPÖ.)

Das geschieht noch dazu vor dem Hintergrund, dass bereits durch erschwerte Zugangsbedingungen und durch Leistungskürzungen 53 Milliarden Schilling in diesem Bereich eingespart werden. Das wird einer Gruppe von Menschen vorenthalten, die, wenn sie männlichen Geschlechts sind, durchschnittlich 15 800 S Pension haben, und die, wenn sie weiblichen Geschlechts sind, 9 200 S zu ihrer Lebensführung zur Verfügung haben.

Von der sozialen Kälte, die das ausdrückt, ganz abgesehen ist das auch eine Vorgangsweise, die den immer wieder zitierten Wirtschaftsstandort Österreich ganz entscheidend schwächt, weil diese Beträge der Wirtschaft in Form der entgangenen Kaufkraft fehlen.

Die Kaufkraft schwächen, die Inflation anheizen – ein Teufelskreis, meine Damen und Herren der Regierungsparteien, den Sie zu verantworten haben, ein Teufelskreis, aus dem sich die Gruppe der Pensionisten nicht befreien kann, weil gerade diese Gruppe keine Gestaltungsmöglichkeiten hat. Sie sind also gezwungen, die Folgen dieser Belastungswelle hinzunehmen, verschärft noch durch all die Belastungen, die im Gesundheitsbereich zu tragen sind. Rezeptgebühren von einigen hundert Schilling, so wird von Pensionisten berichtet, sind keine Seltenheit. 20 Prozent Selbstbehalt auf alle Leistungen sind einerseits im Regierungsübereinkommen festgeschrieben, und andererseits lässt sich auch die Befürchtung nicht von der Hand weisen, dass das Schreiben des Herrn Staatssekretärs Waneck an die Pensionsversicherungsanstalten unter Umständen bedeutet, dass diese 20-prozentigen Selbstbehalte demnächst einer Realisierung zugeführt werden sollen.

Die Ambulanzgebühren sind nach meiner Einschätzung eine der unsinnigsten Maßnahmen überhaupt. Gerade diese Maßnahmen beweisen aber deutlich die Klientelpolitik dieser Regierung. Weniger Verantwortung des Staates, dafür mehr Verantwortung für andere Gruppen: Ärzte, Versicherungen, Banken, denn es könnte durchaus der Umstand eintreten; dass man sich für einen Spitalsaufenthalt an die Banken wenden muss, um für diese Kosten einen Kredit zu bekommen. Nur: Bekommen wird man ihn dann nicht! (Widerspruch und ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Sie brauchen sich nur die Selbstbehalte anzusehen, die bedeuten würden ... (Bundesrat Bieringer: Seit 1970 ...!) – Gott sei Dank, Herr Kollege, sind Sie noch kein Pensionist, den das treffen wird! (Beifall bei der SPÖ.)

20 Prozent Selbstbehalt bei einer Mandeloperation würden 10 000 S bedeuten. – Sie können mich gerne berichtigen, hier gibt es sicher unterschiedliche Berechnungsgrundlagen. Nur werden einzelne Pensionisten mangels Kreditwürdigkeit wahrscheinlich diesen Kredit nicht bekommen.

Das ist nicht der Staat, der die Verantwortung für jene Menschen wahrnimmt, die uns zu einem der reichsten Länder dieser Erde gemacht haben! (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

Weiters: Eine Teuerungsrate von 2,9 Prozent, eine Abgeltung für die Pensionisten von 0,8 Prozent. – Sie brauchen mich nicht dahin gehend zu berichtigen, dass ich nicht diese Einmalzahlung dazugerechnet habe. Aber diese Abgeltung ist auf eine Weise zu Stande gekommen, die nicht dem entspricht, was bereits an gesetzlichen Grundlagen vorhanden ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte nur kurz diesen Umstand angesprochen haben, den Sie ausführlich in unserer dinglichen Anfrage nachlesen können. Ich hoffe, dass uns der Herr Bundesminister jetzt Aufklärung in der Form geben kann, dass wir uns dem, was ich eingangs gesagt habe, nicht anschließen müssen, dass jene Gruppe, die diesen Staat – ich habe es schon gesagt  – zu einem der reichsten Länder dieser Welt gemacht hat, nicht das tragen muss, was jetzt auf nicht gesetzeskonforme Art und Weise zu Stande gekommen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden der Beantwortung unserer dringlichen Anfrage sehr aufmerksam folgen und unsere weiteren Schlüsse und Vorgangsweisen aus diesen Antworten ziehen. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

16.11

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zur Beantwortung hat sich der Herr Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

16.11

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich darf zunächst, ehe ich auf die konkrete Anfragebeantwortung eingehe, zu den Ausführungen meiner Vorrednerin einige Anmerkungen machen.

Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass die Pensionisten in der Zeit, als die Sozialdemokratie federführend in der Regierung tätig war, für den Anteil der Kosten des Arztbesuches – das haben wir heute Vormittag bereits diskutiert – eine Erhöhung von 0,2 Prozent ihrer Leistungen, Monat für Monat, 14 mal im Jahr, in Kauf nehmen mussten. Dem gegenüber ist eine Leistung von 50 S für den Krankenschein gestanden. Die damalige Zahlung der Aktiven hat nicht ganz 600 Millionen Schilling betragen, die damalige Leistung der Pensionisten betrug auf Grund der Erhöhung knapp über 1 Milliarde Schilling.

Wenn Sie sich die Verteilung der Pensionisten und der Aktiven im ASVG-Bereich – und nur um diesen Bereich geht es – ansehen, so werden Sie bemerken, dass die Lastenverteilung zwischen den Pensionisten – also jener Generation, die Sie heute dankenswerter Weise in Schutz nehmen – und jener Generation, die aktiv gearbeitet hat, im Verhältnis 2: 1 zu Ungunsten der Pensionisten war. Ich sage das deswegen so klar, damit man auch einmal Transparenz in dieses System bekommt.

Sie haben damals genauso wie ich heute das System der Gesundenversorgung und der Krankenversorgung in Österreich auf hohem internationalen Niveau stabilisieren müssen. Sie sind damals folgenden Weg gegangen: Sie haben auf der einen Seite einen Selbstbehalt in der Höhe von 50 S und auf der anderen Seite einen verschleierten Selbstbehalt in Form der 0,2-prozentigen Erhöhung eingeführt – Monat für Monat, 14 mal im Jahr –, um so die notwendigen Mittel für das System zur Verfügung zu stellen.

Wir sind einen anderen Weg gegangen, indem wir einen einheitlichen Selbstbehalt bei den Ambulanzgebühren in der Höhe von 150 S und 250 S mit sozialen Ausnahmeklauseln eingeführt haben. Die Klauseln, die es für die Regelungen im Ambulanzenbereich gibt, sind im Gesetz nachlesbar und mehrfach diskutiert worden. Aber eines ist auch klar: Die Ausnahmeregelungen sind sozialer gestaltet als die Ausnahmeregelungen jener Sozialversicherungsgesetze, die bis dato schon Zuzahlungen gekannt und diese Zuzahlungen in wichtigen Bereichen nicht nach oben limitiert haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube daher, dass auch in der Betrachtungsweise einiges zurechtzurücken ist. Ich glaube, dass Transparenz im System, Teilnahme an der Transparenz im System und Kontrolle des Systems durch den Patienten etwas Wichtiges sind. Diese Bundesregierung hat sich der von ihr umgesetzten Möglichkeiten, das System zu stabilisieren, bedient. Sie haben sich anderer Möglichkeiten bedient. Aber eines ist klar: Die Seniorengeneration haben Sie zu Ihrer Zeit nicht entlastet, sondern überproportional belastet, was auch durchaus verständlich ist, weil auch die Inanspruchnahme von Leistungen der Krankenversicherung durch Senioren überproportional erfolgt als durch alle anderen Generationen, von null bis 60 herauf. Es ist verständlich, warum man das so gestaltet hat. Aber man sollte sich von den Gestaltungsmöglichkeiten, die man selbst hier im Parlament vertreten hat, nicht verabschieden, sondern man sollte das auch im Sinne der Fairness sehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Sie auch auf die Pensionssteigerungen und Inflationsraten der vergangenen Jahre verweisen: 1980 betrug die Inflation 6,4, die Pensionssteigerung 5,6; 1981: 6,8 – 5,1; 1984: 5,6 – 4,0; 1988: 2,0 – 1,1; 1992: 4,1 – 4,0; 1994: 3,0 – 2,5; 1997: 1,3 – 0,0. – Die entsprechenden Kaufkraftverluste können Sie sich selbst ausrechnen. Angesichts dessen sollte man nicht so tun, als ob die ältere Generation von der Sozialdemokratie in den 30 Jahren, in denen sie federführend Verantwortung in diesem Staat gehabt hat, gleich behandelt worden wäre wie heute. Ich bin Ihnen durchaus dankbar dafür, dass Sie Ihre Sicht ändern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich darf Sie auch darauf aufmerksam machen, dass das System der Nettoanpassung, das noch immer der derzeitigen Pensionsanpassung zu Grunde liegt, keine Erfindung dieser Bundesregierung ist, sondern im Gesamtpaket der Jahre 1995 bis 1997, also in einem Generationen-vertrag, in dessen Rahmen die Aktiven mit den Pensionisten in unserer Gesellschaft eingebettet sind, auf Grund der gesamten Rahmenentwicklungen unserer Demokratie enthalten ist.

Wir sollten uns, auch wenn es jetzt im tagespolitischen Gezänk opportun ist, nicht darüber unterhalten, mit welchen Details und Prozentpunkten dieser Generationenvertrag zu welchem Zeitpunkt einzuhalten ist, sondern ich sage klar, dass mit der Pensionsanpassung 2002 auch für die Senioren das enge Gürtelschnallen im Sinne des Generationenvertrages endlich beendet ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dem, was laut Nettoanpassungssystem des Jahres 1996 und laut Einsparungspotenzialen der Gutachter in den Jahren 1999, 2000, 2001, 2002, 2003 zu berücksichtigen war und ist, wurde mit der Pensionsanpassung für das Jahr 2002 mit Ausnahme von 0,1 Prozentpunkten, wenn Sie sich die Gutachten durchlesen, voll Rechnung getragen. Daher bleiben die 1,1 Prozent Pensionsanpassung für alle in aller Zukunft als Faktor bestehen.

Sie wissen es selbstverständlich und haben auch das Gutachten, so wie alle anderen, die in der Kommission waren und es übermittelt bekommen haben, gelesen. Sie wissen, dass wir uns mit den 1,1 Prozent in der Bandbreite zwischen 1,0 und 1,7 Prozent befinden, wie es die Experten vorgeschlagen haben. Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass die Opposition zum heutigen Zeitpunkt keine große Freude damit hat, weil sie weiß, dass mit den 1,1 Prozent auch pro futuro die Einsparungsziele der Nettoanpassung und der Rahmengesetze eingehalten werden, und weil sie weiß, dass nunmehr in Zukunft die Pensionsanpassung linear mit den Inflationsraten erfolgen wird. Daher versucht man heute schon – auch in den Medien –, das, was auf der gesetzlichen Grundlage, die zugegebenermaßen für sehr viele in diesem Staat in ihren Details nicht nachvollziehbar und schon gar nicht nachrechenbar ist, steht, mittels einer Verschleierungstaktik als zukünftiges Wahlzuckerl prophylaktisch zu denunzieren.

Es wird keine Wahlzuckerln geben, sondern es wird eine kontinuierliche Entwicklung des Generationenvertrages geben, der den Senioren und den Pensionisten in der Zukunft wieder einen Zuwachs ihrer Einkommen gewährleisten wird, ebenso werden das gesamte Volkseinkommen, das Einkommen der Wirtschaft in Österreich, das Bruttoinlandsprodukt und die Steigerungen und Benchmarks, die dem Gutachten zu Grunde liegen, entsprechend ausgestattet werden.

Ich glaube und weiß es auch aus persönlichen Gesprächen mit sehr vielen Pensionisten, auch aus Gesprächen mit Leuten, die mich über die Hotline im Büro erreichen, aber ich weiß es auch deshalb, weil meine Nummer nach wie vor erreichbar ist und mich sehr spät in der Nacht Leute mit ihren Sorgen anrufen, dass sehr viele der Pensionisten durchaus Verständnis dafür haben, dass sie auch ihren Anteil zum Abbau der Staatsschulden zu tragen haben. Ich habe kein Verständnis dafür, dass jene, die federführend und maßgeblich an der Anhäufung dieser Staatsschulden beteiligt waren, nunmehr die Verantwortung dafür nicht mehr tragen wollen und auch den Abbau dieser Staatsschulden im Sinne einer nachhaltigen Politik der Generationen und einer nachhaltigen Pensionspolitik nicht mittragen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Mancher prominenter Sozialpartner wie etwa Herr Abgeordneter Nürnberger hat auch in der Öffentlichkeit klar gesagt, dass er – ich darf auf seine seinerzeitigen Äußerungen betreffend die Gründung dieser Bundesregierung und das Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen Sozialdemokraten und ÖVP, eine neue Zusammenarbeit zu planen, eingehen – die Verantwortung für diese Phase bewusst nicht mitübernommen und daher nicht für den ausverhandelten Koalitionspakt gestimmt hat und somit die Möglichkeit einer Weiterführung der alten Koalition verhindert hat.

Ich sage das deswegen dazu, damit auch in der Öffentlichkeit die eine oder andere Äußerung auch für jene, die die Protokolle des Bundesrates nachlesen, klar nachvollziehbar ist.

Wenn Sie sich die großzügigen zusätzlichen Leistungen zur Pensionsanpassung seit Einführung der Nettoanpassung ansehen, so werden Sie bemerken, dass sich diese Bundesregierung durchaus nicht verstecken muss. Die zusätzlichen Ausgleichszulagen von Jänner bis Juli des Jahres 1997 – zur Erinnerung: 2 000 S und nochmals 3 000 S – haben insgesamt 646 Millionen gekostet. Die zusätzlichen Ausgleichszulagen des Jahres 1998 haben 441 Millionen Schilling gekostet, die zusätzlichen Ausgleichszulagen des Jahres 1999 haben inklusive der besonderen Pensionszulage insgesamt 588 Millionen Schilling betragen. Die zusätzlichen Ausgleichszulagen und der Wertausgleich des Jahres 2001 werden insgesamt 1,917 Milliarden Schilling betragen.

Ich glaube also, dass sich neben der Nettoanpassung die durchschnittlichen Wertausgleiche und Zulagen dieser Pensionsanpassung sehen lassen können.

Es ist mir auch gelungen, im Rahmen dieser Bundesregierung endlich auch die von allen Oppositionsparteien des Parlaments geforderte Lösung für die westalliierten Gefangenen und die zivilinternierten Gefangenen zu erreichen, es ist damit zu rechnen, dass die Vorlage am 11. Dezember den Ministerrat passieren und anschließend dem Nationalrat übermittelt werden wird. Dass dieses Problem der älteren Generation einer Lösung zugeführt wird, dass ihre Leistungen im Hinblick auf den Aufbau der Zweiten Republik in Geld anerkannt werden, erfüllt mich als Vertreter dieser Bundesregierung mit Freude, weil ich lange dafür gekämpft habe. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Ich habe hier ein Schreiben einer Bürgerin vorliegen. Sie lesen solche auch jetzt in den Tageszeitungen, also nicht mehr nur Empörungsschreiben, sondern offensichtlich auch solche Schreiben, in denen die Sache kritischer betrachtet wird. Es gibt Schreiben von Personen, die mehrere Jahre in Pension sind und – unsere Senioren sind gewissenhaft – ihre Beitragszettel aufbewahrt haben. Ich darf in diesem Zusammenhang auf ein Schreiben verweisen, das ich auch schon im Nationalrat zitiert habe.

Darin teilt mir eine Mitbürgerin ihre Pensionsentwicklung in den Jahren 1991 bis 2001 mit. Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Die Höhe der Pension betrug damals 12 039 S, hat in den Jahren der Sozialdemokratie bis 1999 einen Zuwachs in der Höhe von 881 S erfahren und lag damit bei 12 920 S. Dann stieg sie auf über 13 044 S, dann auf 13 148,50 S und liegt nunmehr bei fast 13 500 S. Das ist, so glaube ich, ein beredtes Zeichen. Sie haben den Menschen in zehn Jahren das gegeben, was diese Bundesregierung den gleichen Personen in drei Jahren zukommen hat lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, dass solche Beispiele, weil sie real sind, weil darüber am Biertisch gesprochen werden kann, weil man damit in der Öffentlichkeit auftreten kann, ein gutes Signal für die öffentliche Meinungsbildung sind. Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass die derzeitige Pensionsanpassung, so wie sie erfolgt ist, so wie sie im Verordnungswege erfolgt ist, auch einen durchaus positiven Frauenaspekt hat.

Als Sie, sehr geehrte Damen und Herren, in der Bundesregierung waren, haben Sie zwar mehrfach – und das ist dankenswert – die Ausgleichszulagengrenzwerte erhöht, teilweise sogar Gott sei Dank kräftig erhöht, wir haben das Gleiche gemacht, aber wir haben bei den Ausgleichszulagengrenzsätzen mit 2,9 Prozent die volle Inflation abgegolten. Und ich werde, so glaube ich, auch bei Ihnen dafür Verständnis finden – auch wenn Sie sonst nur Kritik an der Pensionsanpassung haben –, dass das innerhalb der Pensionsanpassung eine notwendige und wertvolle Maßnahme ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben noch etwas gemacht, was es in der Vergangenheit so nicht gegeben hat: Wir haben nämlich auch die Einkommen, die unter diesen Ausgleichszulagenrichtsätzen liegen, um 2,9 Prozent angehoben. Es gibt sehr viele Frauen in diesem Lande, die 15, 16, 17, 18 Jahre lang gearbeitet haben – das können Sie in den Statistiken, auch in der Ihnen zur Verfügung stehenden Statistik der Arbeiterkammer feststellen – und Pensionen in der Höhe von 5 400 S und 7 200 S beziehen. Die bäuerliche Frauenpensionen betragen 2 300 S, 2 400 S, 2 600 S. Diese Frauen bekommen, weil sie in einer aufrechten Partnerschaft sind und der Ehegatte unter Umständen 10 000 S oder 11 000 S verdient und die Pensionen zusammengelegt werden, keine entsprechende 2,9-prozentige Inflationsabgeltung wie jene, die unter diesem Ausgleichszulagenrichtsatz liegen. Das ist aber genau jene soziale Schicht, die knapp darüber liegt und daher sehr viele Bonifikationen nicht bekommt. Sie bekommen keine Rezeptgebührenbefreiung. Sie haben keine Befreiung von der Rundfunkgebühr. Sie bekommen in den Bundesländern keine Heizkostenzuschüsse, weil sie eben keine Ausgleichszulagenrichtsatzbezieher sind.

Ich glaube daher, dass ich als Sozialminister bei dieser Pensionsanpassung auf eine Schicht gesehen habe, die Sie in Ihrer Verantwortungszeit nicht so berücksichtigt haben. Wenn Sie sich die Statistik in diesem Bereich ansehen, dann werden Sie draufkommen, dass dieser Schritt, die volle Inflationsabgeltung allen Einkommensschichten bis 10 500 S zu geben, so wie es in der Verordnung vorgesehen ist, auch aus frauenpolitischer Überlegung ein durchaus begrüßenswerter sozialer Schritt ist. Jene, die es sich nicht leisten können, in dieser Zeit zu sparen, haben die volle Inflationsabgeltung bekommen, die im Zwischenraum sind, haben mehr bekommen, als ihnen das Gutachten der Experten nach der Nettoanpassung zugebilligt hat, und 16 Prozent, die 1,1 Prozent bis 1,6 Prozent bekommen, haben zugegebenermaßen einen Umverteilungseffekt.

Aber Hand aufs Herz, Frau Kollegin: Haben nicht auch Sie, die Vertreter der Sozialdemokratie und auch Kollege Blecha dafür plädiert, dass auf die untersten Einkommen und gerade auf die untersten Einkommen zu schauen ist?!

Wir haben uns bemüht, den untersten 54 Prozent der Einkommensbezieher im Bereich der ASVG-Pensionen die Inflationsrate voll abzugelten und die anderen zumindest mit 1,6 Prozent, also mit dem höchst vorliegenden Ergebnis nach dem Gutachten der Experten, zu bedienen.

Ich glaube daher, sehr geehrte Damen und Herren, dass sich diese Bundesregierung für die Pensionsanpassung nicht zu genieren braucht, sondern dass wir verpflichtet sind, die Leistungen der älteren Generation für diese Staatsgründung, für den Wiederaufbau, für den sozialen Frieden und die soziale Sicherheit anzuerkennen und dass wir damit auf der anderen Seite aber auch langfristig im Budget das gesichert haben, was wir in den nächsten Jahren für die Pensionssicherheit brauchen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir brauchen bis zum Jahr 2005 rund 25 Milliarden Schilling, um den heutigen und den zukünftigen Pensionsbeziehern in den nächsten drei Jahren die Pensionen in der gleichen Höhe absolut – nicht in der gleichen Höhe real – zu erhalten. Die Differenz, die wir im Jahr 2005 absolut und real auseinander sein werden, werden wir noch zusätzlich im Budget bewegen müssen.

Ich glaube, wir wären schlecht beraten, wenn wir zum jetzigen Zeitpunkt die Pensionsanpassung nicht vorausschauend und langfristig absichernd machen würden, sondern dem einen oder anderen nachgeben und eine Pensionsanpassung durchführen würden, die uns in drei oder vier Jahren die nächste einschneidende Pensionsreform mit Verzichten in drastischer Form für alle Pensionisten bis hin zu den sozial schwachen Schichten bescheren würde. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Damen und Herren! In der Sozialpolitik ist es sicherlich auch wichtig, gegenseitig Vertrauen zu haben. Ich lade Sie alle ein – so, wie ich auch mit den Pensionisten mehrere Gespräche vor und auch bereits wieder nach den Anpassungen geführt habe –, hier mitzuarbeiten, um das Pensionssystem langfristig außer Streit zu stellen und es langfristig auch für die Bürger dieses Landes verständlich zu machen. Denn ich glaube nicht, Herr Professor Nowotny – und alle anderen hier im Saal ... (Bundesrat Konečny: Böhm’ ist Böhm’!) Nein, nicht Sie, sondern: alle anderen hier werden mir auch darin Recht geben. Ich gehe jetzt auf den Zeitungsartikel vom letzten Wochenende Ihres ehemaligen Kollegen aus dem Nationalrat ein, Herr Professor Konečny! Es ist das weder ein Versprecher, noch ist Ihre Person gemeint. Sie werden den Artikel von ihm in seiner neuen Funktion vielleicht auch gelesen haben. (Bundesrat Konečny: Ja!)

Ich glaube, dass es das Tödlichste für eine Gesellschaft ist, Sozialsysteme zu haben, die für die Mehrheit der Menschen nicht mehr transparent sind, die nicht mehr nachvollziehbar sind und für welche die Entscheidungen auf dem Altar der jeweiligen Tagespolitik sofort allen staatspolitischen Überlegungen geopfert werden. Ich darf Sie daher ersuchen, die Debatten in den nächsten Tagen auch unter Berücksichtigung Ihrer eigenen Zahlen, die Sie zu verantworten haben, und der derzeitigen Zahlen, die diese Bundesregierung zu verantworten hat – und wie sie objektiv nachlesbar sind –, zu führen.

Ich darf Ihnen nunmehr die Anfrage im Einzelnen beantworten.

Zur Frage 1:

Für das Jahr 2000 lautet der Anpassungsfaktor gemäß § 108f ASVG 1,006.

Zur Frage 2:

Gemäß § 584 ASVG war die Anpassung der Pensionen im Jahr 2000 nicht ausschließlich mit dem Anpassungsfaktor, sondern in Abhängigkeit von der Pensionshöhe in unterschiedlichem Ausmaß vorzunehmen. Das dabei erreichte Höchstausmaß betrug 2,5 Prozent, das Mindestausmaß 0,6 Prozent. Damit ist auf Grund dieser Regelung von einer durchschnittlichen Erhöhung der Pensionen von 1,1 Prozent für das Jahr 2000 auszugehen.

Zur Frage 3: "Wie hoch ist im Gutachten der Kommission für die langfristige Pensionssicherung für die Pensionsanpassung im Jahr 2002 der Anpassungsfaktor für das Jahr 2000 ausgewiesen?"

Im Gutachten der Kommission zur langfristigen Pensionssicherung für das Jahr 2002 ist der Anpassungsfaktor für das Jahr 2000 im Tabellenteil in der Übersicht 2 mit 1,06 ausgewiesen.

Zur Frage 4: "Ist dieser Anpassungsfaktor im Gutachten für das Jahr 2000 höher als der Anpassungsfaktor nach dem § 108f ASVG für das Jahr 2000?"

Nein.

Zur Frage 5: "Wenn ja, auf welche Rechtsgrundlage stützt sich diese Unterscheidung?"

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass für die Berechnung der Nettoanpassung nicht der Anpassungsfaktor des Jahres 2000 herangezogen wird, sondern die durchschnittliche Höhe des Anpassungsfaktors des Jahres 2000, wie es aus der Fußnote auf den Seiten 12 und 13 des ersten Teils des Gutachtens eindeutig hervorgeht, berücksichtigt worden ist. Der Grund für diese Vorgangsweise ist darin zu sehen, dass eine wörtliche Auslegung hier und die Zielsetzung des Gesetzgebers auf der anderen Seite in einer teleologischen Auslegung kompatibel sind.

Ich darf Sie darauf hinweisen, dass immerhin der Doyen des österreichischen Sozialversicherungsrechts, Professor Tomandl, zu diesem Tagesordnungspunkt und zu diesen Ausführungen im Rahmen der Kommission eindeutig Stellung bezogen hat. Diesen seinen Ausführungen als anerkannter Rechtsgelehrter schließe ich mich von Seiten der Bundesregierung an. Ich bin aber durchaus bereit, diesen Punkt auf Grund der Kritik, die der eine oder andere vorgebracht hat, mittels einer eindeutigen gesetzlichen Festlegung so zu regeln, dass ad infinitum die Pensionen, die Anpassungen und die Gutachten im rechtlichen Teil außer Streit stehen.

Zur Frage 6: "Wenn es keine Rechtsgrundlage für diese Unterscheidung gibt, wann werden Sie die Pensionsanpassung für die Jahre 2001 und 2002 gesetzeskonform, das heißt um 0,5 Prozent höher, durchführen?"

Wie ich unter Punkt 5 soeben ausgeführt habe, gehe ich davon aus, dass die Rechtsgrundlage gegeben ist. Ich werde aber, um allen semantischen und teleologischen Interpretationen keinen Raum mehr zu geben, mich bemühen, zum ehestmöglichen Zeitpunkt eine eindeutige und klare Rechtsgrundlage zu schaffen – im Hinblick auf die bestehende Bewusstseinsbildung innerhalb der Bundesregierung zu diesem Rechtsproblem und auch für die derzeit interessierten Kreise.

Zur Frage 7: "Wie hoch ist die Inflationsrate für den Zeitraum 1. August 2000 bis 31. Juli 2001?"

Die Inflationsrate beträgt im Sinne des § 299a ASVG 2,9 Prozent.

Zur Frage 8: "Mit welchem Prozentsatz werden die Pensionen im Jahr 2002 nach dem § 108f ASVG angepasst?"

Der Anpassungsfaktor gemäß § 108f ASVG ist 1,01.

Zur Frage 9: "Um wie viel ist das weniger als die Inflationsrate für den Zeitraum 1. August 2000 bis 31. Juli 2001?"

Das ist um 1,8 Punkte weniger.

Zur Frage 10: "Wie hoch war der Vorschlag für die Pensionsanpassung im Jahr 2002 im Gutachten der Kommission für die langfristige Pensionssicherung?"

Die Kommission zur langfristigen Pensionssicherung hat in ihrer Sitzung am 25. Oktober 2001 einen Rahmen von 1,0 bis 1,7 Prozent festgelegt, in dem die Erhöhungen der Pensionen durchgeführt werden können.

Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass sich daher der Wert von 1,1 Prozent im vorgesehenen Rahmen befindet.

Zur Frage 11: "Wie hoch ist der Wertausgleich nach § 299a ASVG für das Jahr 2002?"

Der Wertausgleich für Personen mit einem monatlichen Pensionseinkommen bis zu 10 500 S beträgt 1,8 Prozent ihrer Jahrespension als Einmalzahlung. Wie ich schon ausgeführt habe, erhalten damit 54 Prozent aller Pensionsbezieher nach ASVG den vollen Wertausgleich. Personen mit einem monatlichen Pensionseinkommen in der Höhe von mehr als 10 500 S erhalten eine Einmalzahlung, die das Ausmaß ihrer Jahres-Pensionserhöhung einheitlich auf 4 200 S aufstockt. Personen mit einem monatlichen Pensionseinkommen in der Höhe von mehr als rund 27 000 S erhalten keine Einmalzahlung. Im Bereich der Pensionsklassen von 29 000 S bis 30 500 S wird die Aufstockung geringfügig über 4 200 S liegen.

Zur Frage 12: "Ist der Wertausgleich für die Pensionen im Jahr 2002 gleich hoch oder unterschiedlich hoch gestaltet?"

Wie den Ausführungen zu Punkt 11 zu entnehmen ist, ist der Wertausgleich in Abhängigkeit zur Pensionshöhe gestaltet.

Zur Frage 13: "Wenn die Pensionen unterschiedlich hoch angepasst werden (Wertausgleich nach § 299a), auf welche rechtliche Grundlage stützen Sie Ihre Vorgangsweise, wenn in vergangenen Zeiten dafür eine gesetzliche Regelung notwendig war?"

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass es eine Rechtsänderung gegeben hat und dass daher die derzeitige Gesetzesänderung im bestehenden § 299a ASVG, die eine Verordnungsermächtigung für eine Gestaltbarkeit von Einmalzahlungen in der derzeit gültigen Form vorsieht, rechtskonform ist. Die weiter zurück liegenden gesetzlichen Regelungen sind auf Grund des damaligen Rechtsbestandes erfolgt.

Zur Frage 14: "Wie viel Steuergeld hat die Inseratenkampagne vom 4. Dezember dieses Jahres – aufgeschlüsselt nach Medien – gekostet?", und zur Frage 15: "Wie viel Steuergeld haben Sie und Ihr Ressort seit Ihrem Amtsantritt für Werbekampagnen und Inserate – aufgeschlüsselt nach Printmedien und anderen Medien – insgesamt ausgegeben?"

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass die Kosten für die Öffentlichkeitsinformation in diesem Bereich in allen verwendeten Tageszeitungen – das sind "Kronen Zeitung", "Kurier", Kleine Zeitung", "Salzburger Nachrichten", "Vorarlberger Nachrichten", "Tiroler Tageszeitung", "Oberösterreichische Nachrichten" – einschließlich Agenturkosten und Kosten für die Inseratschaltung in den Tageszeitungen 1 007 000 S betragen haben.

Ich darf Sie weiters darauf hinweisen, dass es mir in der Kürze der Frist nicht möglich war (Bundesrat Würschl: Geldverschwender!), sämtliche Auflistungen zur Frage 15 zusammenzubringen. Was mir derzeit aus meinen Referaten vorliegt, beläuft sich auf 21 529 259,10 S. Ich darf aber darauf hinweisen, dass Frau Kollegin Hostasch im Jahr 1999 zum gleichen Zeitpunkt insgesamt 23 447 327,10 S aufgewendet hatte (Oh-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP), um Ihnen auch einen Vergleich zu geben, wie meine Praxis ist und wie die Praxis meiner Amtsvorgängerin der Amtsperiode 1995 – 1999 in ihrem letzten Amtsjahr war.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Sie ferner darauf hinweisen, dass zu meinem Hause auch die Frauensektion und die Gesundheitssektion gehören, sodass daher hier fairerweise auch die Zahlen von Frau Kollegin Prammer hinzuzufügen wären. Ich kann Ihnen diese gerne nachreichen, falls Sie sich dafür interessieren sollten. Aber ich nehme eher an, Herr Kollege Konečny, da sie Ihnen bekannt sind, dόrften Sie darauf verzichten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.40

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Albrecht Konečny das Wort. – Bitte.

16.40

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben mit großer Ausführlichkeit eine Erläuterung gehört, mit der versucht wurde, klarzustellen: "Ganz so arg sind wir nicht." – Bitte, das war nicht der Gegenstand unserer Anfrage!

Aber dort, wo wir Sie etwas gefragt haben, haben Sie im Wesentlichen zugeben müssen – und ich sage das im vollen Bewusstsein dessen, was das Wort bedeutet –, an einem bewährten System zum Nachteil der Pensionisten "herumgetrickselt" zu haben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

Die Paradoxie, eine Pensionserhöhung im Jahre 2000, die an bestimmte Menschen in bestimmter Höhe ausgezahlt wurde, zwei Jahre später – gemessen von der damaligen Verordnung an – per Verordnung um ein halbes Prozent hinaufzurevidieren, das macht Ihnen niemand nach, Herr Bundesminister! Das ist in der österreichischen Rechtsgeschichte einmalig! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

Ich weiß nicht, ob ich sagen kann: "Es ehrt Sie", aber immerhin sind Sie draufgekommen, dass das nicht wirklich die eleganteste Methode ist. Daher sind die letzten 24 Stunden des Parlamentarismus durch den – ich nehme an, jetzt langsam erfolgreichen – Versuch gekennzeichnet, unter, um nicht mehr zu sagen, Verwendung des § 27 der Geschäftsordnung des Nationalrates doch noch irgendwie eine gesetzliche Grundlage für diesen willkürlichen Eingriff zu Stande zu bringen. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist es das arme Rettungs-Sanitäts-Gesetz – oder umgekehrt –, das hier als Trägerrakete dienen muss für eine fiktive Pensionserhöhung, die man jetzt wieder abziehen kann. Herr Minister! Das ist gegen jedes rechtsstaatliche Prinzip, und das kann diese Republik nicht tolerieren! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

Sie wagen es, zu sagen, unser Pensionssystem müsse transparent sein – ein Pensionssystem, an dem Sie zwei Jahre später am Rädchen drehen, um etwas abziehen zu können! Was bleibt denn hier an Transparenz, wenn Sie mit Verordnungen in einen Rechtsbestand eingreifen und dann, wenn Ihnen von der Öffentlichkeit auf die Finger geklopft wird, sagen: Na ja, machen wir eben ein Gesetz über den Umweg des Artikels 27 der Geschäftsordnung!? – Herr Minister! Das ist unter dem Niveau österreichischen Regierens nicht nur der letzten 30, sondern der letzten 50 Jahre! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich gebe ja zu, es ist eine Materie, die nicht so einfach darzustellen ist, wie – und darüber können wir uns verständigen – im Bereich des Sozialrechtes transparentere Formulierungen und Regelungen denkbar wären. Aber Sie sagen – und das muss man einmal mitdenken; auch Sie, meine Damen und Herren, sind dazu eingeladen –: Es haben Pensionisten im Jahre 2000 Erhöhungen bekommen, die mindestens 0,6 Prozent ausmachten; es ging in bestimmten Bereichen bis 2,25 Prozent hinauf.

Jetzt reklamieren Sie 0,5 Prozent zurück – aber nicht nur von denen, die es damals bekommen haben, sondern auch von denjenigen, die es nicht bekommen haben! Denn dieser fiktive Anhebungssatz von 1,1 Prozent ergibt sich aus dem Durchschnitt. Das ist eine absolut unzulässige Rechtsoperation, und das wird sich auch noch herausstellen. Aber denjenigen, die damals 0,6 Prozent dazubekommen haben, jetzt 0,5 Prozent abzuziehen, heißt in Wirklichkeit, ihre damalige Pensionserhöhung nachträglich zu eliminieren – was eben 2002 passiert! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.  – Bundesrat Würschl: Unglaublich!)

Wenn die Pensionistenvertreter – Sie haben hier meinen Freund Karl Blecha zitiert – von Pensionsraub sprechen, dann ist das keine Übertreibung, sondern Sie sind mit der Hand in der Kasse erwischt worden, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Hagen. )

Herr Kollege! Dieser nicht sehr intelligente Versuch – den vor Ihnen schon die Frau Vize-kanzlerin unternommen hat –, Karl Blecha zum Interessenvertreter in eigener Sache zu machen, ist schon deshalb untauglich, weil Sie so gut wissen wie jeder andere, der in diesem Haus sitzt, dass Politikerpensionen nach einem völlig anderen System errechnet werden und daher mit dem hiesigen Verhandlungsgegenstand und den Forderungen, die jetzt von den Pensionisten aufgestellt wurden, absolut nichts zu tun haben. (Beifall bei der SPÖ.) Wie gesagt, Ihre politische Intelligenz ziehe ich nicht in Zweifel. Wenn Sie das Argument trotzdem verwenden, dann muss ich Ihre Ehrlichkeit in Zweifel ziehen.

Meine Damen und Herren! Hier wird also eine Pensionserhöhung willkürlich herabgesetzt. Ich sage auch dazu: So wenig berühmt die Meinungsäußerung des Beirates oder der Kommission zur langfristigen Pensionssicherung sonst war, kann man sie schon auch anders zitieren, als Sie es hier getan haben. Die Empfehlung des Beirates waren eindeutig 1,6 Prozent, aber nicht "von – bis". Er ist in seinen Berechnungen, die sich über viele Seiten erstrecken und die Sie besser als ich kennen, von diesem Prozentsatz ausgegangen. Das war sozusagen die Hauptempfehlung, und von dort haben Sie dies ... (Bundesrat Hagen: Hat das Kollege Blecha hineinreklamiert?)

Er sitzt nicht in dieser Kommission. Ganz im Gegenteil, er hat jetzt ihre Auflösung gefordert. Auch das wissen Sie, Herr Kollege! Sie können sich also aussuchen, ob Sie Ihre Ehrlichkeit oder Ihren Wissensstand bezweifelt haben wollen.

Tatsache ist, dass hier willkürlich in die Pensionsentwicklung eingegriffen wurde. Ich finde es besonders amüsant, Herr Bundesminister, dass Sie in jener "Kür" Ihrer Anfragebeantwortung, die Sie mit einem 85-prozentigen Anteil Ihrer Sprechzeit vorher abgeliefert haben, gemeint haben, die sozialdemokratisch dominierte Bundesregierung habe allemal zu wenig herausgerückt. Herr Bundesminister! Da darf ich Sie aber schon fragen: Wo kommt dann, bitte, der Übergenuss her, denn Sie jetzt den Pensionisten wieder wegnehmen? (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

Es gibt daher zwei Möglichkeiten: Entweder haben sozialdemokratisch geführte Regierungen – wozu ich mich vorbehaltlos bekennen würde – Pensionisten einen Übergenuss zugeschanzt, oder sie haben zu wenig hergegeben. Nur gilt auch hier wieder, Herr Bundesminister: Sie müssen sich für eines von beiden Argumenten entscheiden. Beide zusammen erschlagen sich gegenseitig, und das werden Ihnen die Pensionisten nicht abnehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sind der festen Überzeugung – und darauf baut dieses System auf –, dass die Pensionisten an der Wohlstandsentwicklung dieses Landes teilnehmen sollen und dass dies permanent geschehen soll. Das System der Einmalzahlungen ist schon per se problematisch, weil zwar Geld ausgezahlt, aber die Basis für künftige Pensionsveränderungen nicht positiv verändert wird. Man könnte es auch als Lösegeld bezeichnen. Die Tatsache, dass immer darauf Wert gelegt wurde, prozentuelle Erhöhungen durchzuführen – und zwar unterschiedlich hohe; man kann denjenigen, die wenig haben, auch mit höheren prozentuellen Erhöhungen etwas dazugeben, Einmalzahlungen sind wahrlich nicht die einzige Möglichkeit –, bedeutet, ihnen auch eine bessere Grundlage für ihre künftige Pensions- und Einkommensentwicklung zu schaffen.

Sie haben das nicht getan, sondern Sie haben sich mit diesen Einmalzahlungen, die besser sind als nichts – das sei schon zugegeben –, ein bisschen davongestohlen, weil diese niedrigen Pensionen im nächsten Jahr von der niedrigen Basis ohne Einmalzahlung erhöht werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wenn Hunderttausende Pensionisten, Millionen Pensionisten wirklich empört sind, dann nicht darüber, dass die Frage diskutiert wird, ob und in welcher Form auch Pensionisten an bestimmten Lastenverteilungen negativ teilzuhaben haben – darüber kann man mit unseren älteren Mitbürgern problemlos diskutieren, davon bin ich auch überzeugt. Was sich diese Menschen verwahren – und das mit unserer vollen Unterstützung –, ist genau diese Trickslerei an einem bewährten System. Man soll offen und ehrlich vor die Pensionisten hintreten – und nicht als zusätzliche Argumentation dann noch ein Inserat nachschießen mit dem Inhalt: Ist eh alles nicht so arg!, denn das ist nicht die Form, die sich diese Generation verdient hat.

Hier wird willkürlich und unserer Überzeugung nach rechtswidrig in die Rechte der Pensionsempfänger eingegriffen. Wenn Sie das jetzt gesetzlich sanieren, sehen wir uns wahrscheinlich vor dem Verfassungsgerichtshof wieder. Ich nehme an, der Umstand, dass Sie es bisher nicht getan haben, hat viel damit zu tun, dass es paradoxerweise technisch, nicht juridisch, viel schwieriger ist, eine Verordnung vor das Hohe Gericht des Verfassungsgerichtshofes zu bringen als ein Bundesgesetz. Die Tatsache, dass Ihnen das erst in zweiter Linie eingefallen ist, mag ja möglicherweise mit diesem Treffpunkt Verfassungsgerichtshof etwas zu tun haben.

Sie werden mir all das nicht glauben, davon bin ich überzeugt. Sie haben sich Ihre Meinung gebildet, sonst hätten Sie nicht so agiert, wie Sie agiert haben.

Es gibt andere Stimmen, die, wenn auch nicht mit der politischen Pointierung, die der Opposition zusteht, inhaltlich denselben Standpunkt vertreten. Ich höre, dass der Kärntner Landeshauptmann öffentlich erklärt hat: Das kann nicht das letzte Wort gewesen sein!

Herr Sozialminister! Ich fordere Sie auf: Wenn Sie schon mir nicht glauben, dann glauben Sie dem zwar in der österreichischen Bundesverfassung nicht vorgesehenen, aber immerhin existenten einfachen Parteimitglied, dass das eine höchst ungerechte Lösung ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Bemühen Sie sich nicht um eine bundesgesetzliche Sanierung, sondern lassen Sie dieses Projekt fallen! – Zurück an den Start, probieren wir es noch einmal! Probieren wir eine angemessene und auch dem Geist des Gesetzes entsprechende Pensionserhöhung – sie müsste wohl 1,6 Prozent betragen, mit welchen Abstufungen auch immer –, verzichten wir auf die Einmalzahlungen, geben wir durch unterschiedlich hohe Prozentsätze jenen Pensionisten, die eine geringere Pension bekommen, mehr drauf!

Die Pensionisten werden es in Kauf nehmen, dass sie das, was ihnen zusteht, vielleicht zwei Monate später, dafür aber in voller Höhe bekommen.

Drehen Sie um auf diesem wirklich das österreichische Sozialsystem bedrohenden Kurs! Versuchen wir, vom Punkt Null ausgehend zu einer fairen und für die Pensionisten gerechten Lösung zu kommen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

16.54

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Mag. Herbert Haupt das Wort. – Bitte.

16.54

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich darf zu Ihren Ausführungen einiges aus meiner Sicht anmerken.

Ich gebe Ihnen darin Recht, dass der Weg der Prüfung einer Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof sicher bedeutend schwieriger ist, noch dazu, da die unterschiedlichen Zahlen nicht in meiner Verordnung, sondern nur indirekt in der Verordnung, nämlich im Rechtsgutachten, enthalten sind.

Wenn wir hier eine semantische Diskussion führen wollen, dann bin ich durchaus auch dazu bereit, aber dann sollte man nicht die Verordnung heranziehen, sondern ausschließlich jene Berechnungsgrundlage, die man meint und die unbestreitbar in der Form zu interpretieren ist, wie sie von der Bundesregierung und auch von Professor Tomandl von Seiten des Beirates interpretiert worden ist.

Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass der Gang zum Verfassungsgerichtshof ein Problem mit sich bringen wird, das auch Kollege Blecha durchaus sieht, nämlich dass diese Zahl schon einmal im Gutachten enthalten war, und zwar für die Pensionsanpassung 2001. Zum damaligen Zeitpunkt haben die Pensionistenverbände diese Berechnung anerkannt.

Ich bin also daher davon ausgegangen, weil auch die entsprechenden Anerkennungen aktenkundig sind – auch Zeugen sind hier vorhanden –, auch wenn sie später auf Grund einer Rechtsmeinung, die im März 2001 erschienen ist, wieder aufgehoben wurden. Ich sage das so wertfrei.

Daher ist es kein Taschenspielertrick von mir – verzeihen Sie mir bitte, dass ich hier etwas polemischer in die Schublade greife –, sondern tatsächlich die rechtzeitige Erkenntnis im Bewusstsein, dass in einem Rechtsstaat Rechtssicherheit samt eines ordnungsgemäßen Rechtsweges auch Rechtsbestandteil der Verwaltungspraxis sind.

Ich glaube, Herr Kollege Kammerhofer (dieser spricht mit Bundesrat Konečny ) wird Ihnen Recht geben – es wird an diesen meinen Worten nichts ändern.

Ich glaube, dass wir mit der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage und nicht einer Verordnung, die im Inhalt, wie es zur Verordnung gekommen ist, und nicht in der Verordnung selbst diese Rechtsunsicherheit betrifft, einen Rechtsweg beschreiten, der eindeutig rechtsstaatlich ist. Denn einen Klageweg auf einer rechtlichen Basis einzuräumen, das ist eine ganz andere Rechtsqualität, als eine Verordnung über den Umweg des bestehenden Rechtssystems vor dem Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof anzufechten (Bundesrat Konečny: Warum haben Sie dann zuerst die Verordnung gemacht?), noch dazu, wenn es, wie Sie wissen, Herr Professor Konečny – Sie sind zweifelsohne der berufenere Rechtsexperte als ich als Tierarzt –, in entsprechender Form in diesen Punkten auch die Rechtsberatung gibt, die Kollegen Blecha und allen anderen Interessierten zur Verfügung steht, weil es auch einige Arbeiten dazu gibt, um so Rechtssicherheit zu schaffen.

Auch wenn wir uns in vielen Punkten durchaus unterscheiden, auch in der Betrachtungsweise zwischen Opposition und Regierung, haben wir in unserer Arbeit das rechtsstaatliche Bemühen, eine Rechtsgrundlage zu schaffen. Auf dieser Grundlage können wir dann das, was in einem Rechtsstaat etwas durchaus Normales ist, bekommen, nämlich ein einwandfreies Rechtsgutachten. Sie und ich haben den Ausführungen etwas gesagt, was ich mir genau gemerkt habe: Die ältere Generation hat ein Recht, Rechtssicherheit für ihre Zukunft und ihre Pensionszahlungen zu haben.

Ich lade Sie dazu ein, auch im Namen des Konsenses in der Bundesregierung, hier eine verfassungsmäßige Absicherung zu machen, denn auch die Bundesregierung weiß, dass dieses ein wichtiges Instrument wäre, die Verunsicherung der Senioren endlich zu beenden.

Ich sage aber auch in aller Klarheit dazu: Eine verfassungsmäßige Absicherung des österreichischen Pensionssystems in der österreichischen Bundesverfassung bedeutet nicht, dass damit die heutige Form der Pensionen verfassungsmäßig abgesichert ist, denn von den 13 europäischen Staaten, die ihre Pensionen in der Verfassung abgesichert haben, haben 13 Staaten ihr Pensionssystem auf einem Drei-Säulen-Modell aufgebaut.

Ich möchte nicht von der ersten Minute an bei der Frage der verfassungsmäßigen Absicherung den falschen Eindruck erwecken, dass damit das österreichische Pensionssystem mit einer sehr starken ersten Säule, einer durch die Ausgleichszulage in der ersten Säule teilweise integrierten zweiten Säule, einer vorhandenen rudimentären zweiten und einer schlecht ausgerüsteten dritten Säule ad infinitum mit diesen Unterschieden einzementiert ist. Selbstverständlich ist so wie in den anderen 13 europäischen Staaten, in denen die Verfassung die Pensionen garantiert, eine Veränderung zwischen den Säulen und innerhalb der Pensionen möglich. Ich halte nichts davon, nur Verfassungsgarantien abzugeben, auf Grund des Rechtsvergleichs aber zu wissen, dass wir in der Rechtspraxis und im Benchmark-System der Sozialversicherungssysteme diese Unterschiede haben – und die Systeme dieser 13 Staaten weisen sehr große Unterschiede zwischen erster, zweiter und dritter Säule auf.

Es wird da eine oberflächliche Diskussion geführt, um den Leuten Sicherheit einzureden, die jedoch allein mit der verfassungsmäßigen Garantie nicht gegeben ist.

Ich darf daher zu den in den Raum gestellten Fragen noch eines anführen: Die 1,6 Prozent, die Sie zitiert haben, sind, wenn Sie fair zitieren und den Bericht auch fair sehen, mit dem zu vergleichen, was im Budget vorgesehen war. Im Budget waren 4,8 Milliarden vorgesehen. Es sind nun, umgerechnet auf das Gutachten, 1,6 Prozent vorgesehen. Der Rahmen wurde mit 1,0 bis 1,7 Prozent festgesetzt. Derzeit ist die Bundesregierung bereit, um 1,3 Milliarden Schilling mehr in der direkten Pensionsabsicherung nach ASVG auszugeben als die 4,8 Milliarden Schilling, die im Budget vorgesehen waren, und darüber hinaus endlich auch noch für die Westalliierten- und die Zivil-Gefangenen zusätzliche Summen zu geben, die sich insgesamt über die Generationen und unter Berücksichtigung der Lebenserwartung auf eine zusätzliche Leistung von 1,1 Milliarden Schilling belaufen werden.

Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir in dieser Zeit, in der wir im Spannungsfeld gestanden sind, einen Wunsch zu erfüllen und auch eine sinnvolle Anpassung vorzunehmen, einen Weg mit Augenmaß gegangen sind. Ich würde mir wünschen, noch im Jahr 1971 bei 78 Milliarden Schilling Defizit zu sein, denn dann könnte ich großzügiger sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.01

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger. Ich erteile ihm das Wort.

17.01

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich erlebe die Diskussion mit Pensionisten eigentlich vφllig anders, als sie Kollegin Hedda Kainz und Herr Professor Konečny hier dargestellt haben. (Bundesrätin Kainz: Dann diskutieren Sie nicht mit den Leuten! – Bundesrat Marizzi: Dann sind Sie im falschen Land oder am falschen Stern! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich erlebe sie so, dass die älteren Menschen als Pensionsbezieher in erster Linie das gesellschaftspolitische Problem voll erkannt haben: dass immer mehr ältere Menschen immer noch älter werden und ein sehr starker Rückgang der Geburtenrate gegeben ist. – Das ist Faktum. Wir können uns in dieser Republik glücklich schätzen, dass wir – etwas, was vor einigen Jahrzehnten nicht denkbar gewesen wäre – ein Lebensalter erhoffen können, das unsere Vorfahren nicht annähernd hätten erreichen können.

Zugegebenermaßen war das möglicherweise ein Kreis von Menschen, die das doch klarer sehen und nicht so sehr einem parteipolitischen Aspekt verhaftet sind, und die meinen, dass es wichtiger ist, dass das Ganze hält, sodass keine Bruchlinien entstehen, die letztlich in Folge den Generationenvertrag aufkündigen würden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Auf den Punkt gebracht geht es darum, dass Menschen, die Pensionen beziehen, durchaus das eine oder andere Zehntelprozentpunkterl weniger an Pensionserhöhung in Kauf nehmen (Bundesrätin Kainz: Weil ihnen nichts anderes übrig bleibt!), wenn sie wissen, dass gleichzeitig für die Bezieher von Kleinstpensionen enorm mehr gemacht wird, und wenn sie auch wissen (Bundesrat Freiberger: Die Masse ist "gewaltig"!), dass ihre Kinder und Enkelkinder bessere Zukunftsmöglichkeiten haben. Auf Grund meiner Erfahrung kann ich sagen, dass ältere Menschen die Dinge viel realistischer sehen, als es heute Professor Konečny und Frau Hedda Kainz hier dargestellt haben.

Die Nettoanpassung wurde 1993 eingeführt, und ich darf hier in Erinnerung rufen: Es gab zum damaligen Zeitpunkt sowohl einen sozialdemokratischen Sozialminister als auch einen sozialdemokratischen Finanzminister. Im Grunde hat sich am Fortsetzen dieser Nettoanpassung nichts Wesentliches geändert. Ich darf auch daran erinnern, dass gerade die Ausstattung der Mindestpensionsbezieher mit so genannten Sockel- oder Grundbeträgen die Handschrift der damaligen Regierung, gemeinsam mit den Sozialdemokraten also, trägt. Das möchte ich nur der Form halber in Erinnerung rufen. Man sollte mit Formulierungen sehr aufpassen, die dahin gehen, dass nun, lediglich weil jetzt die Volkspartei mit den Freiheitlichen eine Regierung bildet, all die Dinge, die schon früher grundsteinmäßig gelegt wurden, plötzlich nur mehr anderen angelastet werden.

Eines noch, das, so glaube ich, auch sehr wesentlich ist: Ich höre auch immer wieder das Argument – denn ältere Menschen sind im Grunde genommen sehr sparsame Leute –: Erstmals seit mehr als 30 Jahren ist in dieser Republik keine Neuverschuldung mehr gegeben. Es gibt keine neuen Schulden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Für Sie als Sozialdemokraten ist das – das gebe ich schon zu – wahrscheinlich um ein Jahr zu früh gekommen, aber ich merke, dass ältere Menschen das sehr zu schätzen wissen.

Es wurde heute gesagt – ich glaube, von Ihnen, Frau Kainz –: Wir sind selbstverständlich aus innerstem Herzen dieser älteren Generation dankbar dafür, was sie nach dem Krieg aufgebaut hat! – Ich darf aber folgenden Vergleich ziehen: Es ist wie ein Haus, das aufgebaut wurde und das dann durch lange Jahrzehnte hindurch verschuldet worden ist. Erstmals wird nun dieses Haus wieder entschuldet, und das gelingt der Bundesregierung, gebildet von Volkspartei und Freiheitlichen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich behaupte auch noch etwas: Die Forderung von plus 4,1 Prozent, die vom Pensionistenvertreter der Sozialdemokraten, Herrn Blecha, hier schriftlich vorgelegt wurde, würde, würde sie erfüllt werden, selbst von Pensionisten, die dann das Geld bekämen, für nicht gerechtfertigt erachtet werden. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Thumpser: Walter! – Weitere Zwischenrufe.) Ich behaupte, dass sie kein gutes Gefühl dabei hätten.

Ich komme wie Kollege Thumpser, der jetzt, so glaube ich, auch etwas in Bewegung gekommen ist, aus einem Bezirk, in dem sehr viele Metallarbeiter leben. Die Metaller haben 3,4 Prozent Lohnerhöhung, wie Sie angeführt haben. Stellen Sie sich eine Familie vor, in der die Pensionistin oder der Pensionist plus 4,1 Prozent, wie die Forderung von Herrn Blecha ausmachen würde, bekommt und der Metallarbeiter, der aktiv im Leben steht und zur Sicherung des Generationenvertrages höchst notwendig gebraucht wird, eben weniger! Ich bin überzeugt davon, dass damit das Gefühl der älteren Menschen sehr negativ getroffen werden würde.

Zu den Zahlen: Ich brauche sie im Grunde nicht zu wiederholen. Die Kernpunkte der angepeilten Pensionserhöhung liegen darin, dass gerade die kleinsten Pensionsbezieher bis 10 000 S die volle Inflationsabgeltung bekommen und Pensionsbezieher, die mehr als 27 000 S im Monat haben, keinen Wertausgleich mehr erfahren und plus 1,1 Prozent erhalten werden. Damit wird – um das auch in Relation zur Zahl der Pensionen zu bringen – 54 Prozent aller Pensionsbezieher die Inflationsrate voll abgegolten, und im nächsten Jahr werden es bei einer voraussichtlichen Inflationsrate von 1,5 Prozent drei Viertel aller Pensionisten sein, die eine volle Inflationsabgeltung erhalten.

In diesem Sinne denke ich, dass das durchaus eine für die Pensionistinnen und Pensionisten tragbare Pensionserhöhung ist. Für Worte, wie sie heute in einer Pressekonferenz von Herrn Kollegen Blecha und Herrn Konečny gebraucht wurden, kann wirklich kein Verstδndnis aufgebracht werden.

Es wurde gesagt: Der "Pensionsraub stellt" einen "glatten Gesetzesbruch dar". "Der Dieb ist ertappt" (Bundesrat Konečny: Das habe ich da auch gesagt!) und Ähnliches. – Mir ist in psychologischer Hinsicht dazu eingefallen, dass es wahrscheinlich so ist, dass man sich, wenn man älter wird, immer stärker in die Heimat zurücksehnt und dass Sie sich immer stärker in die politische Heimat zurόcksehnen, denn aus dem ehemaligen “Rentenklau” – Professor Konečny war damals sicher ein junger agierender Sozialdemokrat (Bundesrat Konečny: So alt bin ich noch nicht!)  – ist mittlerweile ein "Pensionsraub" geworden.

Wir distanzieren uns davon. (Bundesrat Konečny: Wovon? Vom Rentenklau?) Ich bin überzeugt davon, dass sich die Mehrheit der Pensionistinnen und Pensionisten in gleichem Maße von dieser unwürdigen Wortwahl distanzieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.10

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk das Wort. – Bitte.

17.10

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sie verzeihen mir drei Anmerkungen zu meinem Vorredner, Kollegen Grasberger, den ich in keinster Weise angreifen möchte oder dem ich sonst auch nicht widersprechen will, weil er eine sehr ruhige Sprache führt, aber in drei Punkten muss ich mich sprachlich von ihm distanzieren.

Punkt 1: Herr Bundesrat! Sie standen hier am Rednerpult und erklärten die Neuigkeit, dass ältere Menschen älter werden, und taten dies in einer Sprache und in einem Kontext, in dem Sie Ihr Bedauern darüber zum Ausdruck brachten. Sie haben gesagt, dass ältere Menschen älter werden, das sei ein Faktum, und dass das ein Problem darstelle, sei auch eines. (Bundesrat Ing. Grasberger: Ich habe gesagt, wir könnten uns glücklich schätzen, dass ...!) Ich distanziere mich von dieser Wortwahl, denn Sie sprechen von jener Generation, die meine Mutter und meine Großmutter darstellt, und ich glaube, darunter sind auch Ihre Eltern und Ihre Großeltern. Ich meine, Politik sollte den Ansatz haben, dass wir sehr glücklich darüber sein müssen, dass wir ein Gesundheits- und Sozialsystem haben, in dem Menschen älter werden, und zwar gesund älter werden! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Natürlich, aber ein Finanzierungsproblem ist es!)

Ich glaube nicht, dass Kollege Grasberger den FPÖ-Assistenzeinsatz braucht, er wird sich schon selbst zu Wort melden. (Bundesrat Dr. Böhm: Das überlassen Sie uns!)

Punkt 2: Kollege Grasberger hat heute am Vormittag Gespräche und Befindlichkeiten der Postler wiedergegeben. Er hat im Namen von Menschen gesprochen, bei deren Demonstration er nachweislich gar nicht war. – Herr Kollege! Das haben Sie damit dokumentiert, dass Sie sich darüber so aufgeregt haben. Daher meine ich, Sie sollten in sich gehen und fragen, welche Pensionisten da gemeint sind und in wessen Namen Sie hier sprechen.

Wenn der Herr Minister hier Briefe zitiert, dann hat er tatsächlich den Brief, und damit ist das in Ordnung. Sie sprechen aber von und über Pensionisten, mit denen Sie offensichtlich gar nicht gesprochen haben. Daher meine ich, dass es nicht schlecht wäre, wenn Sie das noch tun würden.

Punkt 3: Sie sind der Meinung, wir sollten uns darüber freuen, dass die Metaller mit einem Durchschnittseinkommen in der Höhe von 15 000 S – oh Gott!, oh Gott! – 3,4 Prozent Anpassung bekommen. Ich glaube, das ist keine Unverschämtheit! Dafür verdienen weder Sie noch der Herr Minister einen Rosenstrauß, denn das haben sich diese Menschen ganz einfach verdient. Ja es ist sogar noch ein bisschen zu wenig, als sie verdient haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Herr Minister hat mich heute leider dazu verleitet, mein Redekonzept wegzulegen, weil er einen Ausflug in die Vergangenheit gemacht hat. Herr Minister! Sie kennen mich und wissen, dass ich genau zuhöre. Sie haben dreimal einen Schlenkerer gemacht, und auf diese Schlenkerer möchte ich jetzt eingehen. Für das, was Sie bei Ihrem Blick in die Vergangenheit kritisiert haben, müssen Frau und Mann sich nicht genieren. Aber diesen Blick in die Vergangenheit werde ich jetzt mit Ihnen gemeinsam machen.

Herr Minister! Es gibt kein Argument beziehungsweise keinen Grund dafür, dass Sie einen Schlenkerer in die Vergangenheit machen, indem Sie sagen: Na ja, Hostasch und die Frauenministerin haben 29 Millionen Schilling für eine Inseratenkampagne ausgegeben. Wir brauchen davor die Augen nicht zu verschließen, Herr Minister!

Herr Minister! Es gibt einen großen Unterschied: Wenn ich eine Kampagne gegen Gewalt in der Familie mache, wenn ich eine Kampagne gegen Drogenmissbrauch und gegen Drogengebrauch mache, wenn ich eine Kampagne zur Bewusstseinssteigerung von Lehrlingen und anderen mache, dann erfülle ich damit klassische Aufgaben der Politik. Ich würde auch Sie unterstützen, wenn Sie eine Anti-Gewalt-Kampagne in Angriff nehmen würden, die Bewusstsein schafft. Jeder Schilling, der in Bewusstsein und Prävention investiert wird, ist kein hinausgeworfenes Geld, sondern hilft dem Staat sparen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es sei Ihnen unbenommen, dass Sie sich als Beispiel für den Verbraucherpreisindex und für die jährliche Pensionsanpassung jene Jahre herausnehmen, die am deutlichsten dokumentieren, was Sie unterstreichen wollen. Ich gehe da nicht willkürlich vor, sondern ziehe einfach die Jahre 1995 bis 2000 als Beispiele heran. Es fiel mir auf, dass wir, da die Zahlen, die offiziell sind, nicht mit jenen, die Sie hier genannt haben, übereinstimmen, wahrscheinlich von zwei Dingen sprechen, und zwar einmal von Brutto und einmal von Netto, und das ist halt allemal ein Unterschied.

Ich beziehe mich hier auf die Statistik, die die Bruttobeträge umfasst. Im Jahre 1999 betrug die Verbraucherpreisindexsteigerung 2,2 Prozent, die Pensionsanpassung 2,8 Prozent. Im Jahre 1996 betrug die Verbraucherpreisindexsteigerung 1,9 Prozent, die Pensionsanpassung 3,2 Prozent. Im Jahre 1997 betrug die Verbraucherpreisindexsteigerung 1,3  Prozent, die Pensionsanpassung leider 0,0 Prozent.

Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen die Statistik, damit ich die anderen nicht langweile. Ich denke, dass es wichtig ist – und ich sage das nicht nur, damit es im Protokoll steht –, hier klar und unmissverständlich festzustellen, dass keine Anpassung jene ist, von der Sie meinten – und das war der zweite Schlenkerer, den Sie gemacht haben –, dass viele Frauen davon betroffen seien.

Herr Minister! Sie wissen es, und ich weiß es auch, aber wenn wir Ihnen jetzt dankbar sein sollen oder Ihnen Rosen streuen sollen für die Tatsache, dass jene Menschen, die schrecklich wenig verdienen, jetzt durch eine Einmalzahlung auf die Inflationsabgeltung kommen, dann muss ich Ihnen sagen: Das ist kein Qualitätssprung, das ist keine Verbesserung der Lebenssituation von Menschen, sondern das ist die größte Selbstverständlichkeit der Welt!

Dass Sie es mit anderen anders gemacht haben, bedeutet nicht, dass die Inflationsabgeltung in diesem Fall inklusive Einmalzahlung in der Höhe von 2,9 Prozent eine großartige sozial- und pensionspolitische Leistung ist. Das ist eine schlichte Normalität und keine frauenpolitische Maßnahme. Eigentlich gibt es auch Männer, die sehr schlecht verdienen und unterhalb dieser Grenze liegen – da könnten wir von beiden Geschlechtern sprechen. Es ist eine Selbstverständlichkeit und keine große frauenpolitische Tat! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zu einem weiteren Punkt, zu Vergleichen: Jörg Haider, der Kärntner Landeshauptmann, hat im Jahre 1994 mit anderen Worten, aber im Wesentlichen das Gleiche gesagt wie jetzt im Jahre 2001. Herr Minister Haupt hat im Jahre 1994 etwas Anderes gesagt. Das liegt wahrscheinlich daran, dass Jörg Haider, der Nationalrat war, Landeshauptmann ist und der Herr Minister vom Sozialsprecher seiner Partei zum Minister avanciert ist.

Ich zitiere nun Jörg Haider und Herrn Minister Haupt.

APA, 3. November 1994: "Pensionserhöhung: Haider für 3,4 Prozent. FPÖ-Bundesparteiobmann Jörg Haider hat (...) die Regierungsparteien aufgefordert, die Pensionen im kommenden Jahr um 3,4 Prozent und nicht – so wie vom Pensionsbeirat vorgeschlagen – nur um 2,8 Prozent zu erhöhen."  – So geht das weiter.

Dann heißt es: "Haider verband diese Forderung (...) mit massiven Vorwürfen an SPÖ und ÖVP, ihre ,budgetären Nöte auf dem Rücken der Schwächsten auszutragen’". – (Bundesrätin Haunschmid: 20 Jahre!) Weiters zitiere ich ihn nicht, denn das ist nicht meine Wortwahl.

Faktum ist – und ich werde Ihnen dann sagen, wie hoch die Inflationsrate war und wie viel die reale Pensionserhöhung betrug –, dass am 4. November ... (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Jetzt kommen Sie mir nicht mit der Kriegsentschädigung! Gott sei Dank gibt es auch schon Pensionisten, die nicht im Krieg waren.

Am 4. November 1994 brachte die FPÖ im Nationalrat eine Petition für eine ausreichende Pensionsanpassung im Nationalrat ein. Ich lese nur den ersten Punkt dieser Petition vor: "Die Pensionsanpassung für 1995 muss zumindest 3,2 Prozent betragen, jedenfalls aber 0,5 Prozent über der Inflationsrate liegen. Der Ausgleichszulagenrichtsatz muss um den Fixbetrag von 500 S angehoben werden." – Soweit die FPÖ-Petition im Nationalrat.

Die APA vom 18. November 1994 zitiert Jörg Haiders Aussage zur Tatsache, dass 1995 die Inflationsrate 2,2 Prozent betragen hat und die Pensionserhöhung 2,8 Prozent ausgemacht hat. Ich gebe zu: Das war nicht viel, aber immerhin ein Plus von 0,6 Prozent. Diese 0,6 Prozent mehr hat Jörg Haider damals als "pure Verhöhnung" bezeichnet. Er meinte, offenbar wolle die Regierung die Pensionisten "hinters Licht führen und täuschen". Und Herr Stadler hat es einen "faulen Trick" genannt.

Herr Minister! Ich meine, auch eine scharfe Wortwahl der Sozialdemokraten und der anderen Oppositionspartei ist heute die reinste politische Kultur im Verhältnis zu jenen Aussagen, die damals getroffen worden sind! (Beifall bei der SPÖ.)

APA, 20. November 1998 – damit wir in die jüngere Geschichte kommen –: "Für Haider ist die Erhöhung um 1,5 Prozent ,in Wahrheit eine Farce’. Für den FPÖ-Obmann stellt sich auch die Frage nach der Existenzberechtigung des Seniorenbeirates."

Bei einer Erhöhung um 1,5 Prozent fragt Herr Haider: Haben die Seniorenbeiräte noch eine Existenzberechtigung?

Anmerkung: 1999 betrug die Inflationsrate 0,6 Prozent und die Pensionserhöhung 1,5 Prozent.

Damals hat sich auch der damalige Nationalratsabgeordnete Haupt zu Wort gemeldet. Herr Minister! Ich zitiere Sie. Sie haben damals die Realpensionserhöhungen "als Verrat am eigenen Klientel" bezeichnet. (Oh-Rufe bei der SPÖ.)

Ich zitiere weiter: "Die Beschönigungsversuche von Blecha" – das ist derselbe Mann, von dem er heute gesprochen hat – "und Knafl, die minimale Erhöhung der Pensionen als Erfolg zu verkaufen", bezeichnet Haupt "als Verrat am eigenen Klientel". (Bundesrat Winter: Das glaubt man gar nicht!)

Herr Minister! Ich muss Ihnen sagen: sehr mutig! (Beifall und ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich muss das nicht ausführen und nicht zitieren, weil schon sehr viel zitiert wurde, mein Klubobmann hat dies auch angesprochen, aber ich darf Ihnen sagen: Der Landeshauptmann von Kärnten – vielleicht haben wir nächste Woche einen gemeinsamen Allparteien-Antrag im Kärntner Landtag zu beschließen, vielleicht befassen wir uns wieder damit, das wäre durchaus denkbar – hat am 5. Dezember, also vor sehr kurzer Zeit, gesagt, dass er weitere Pensionserhöhungen haben wolle und dass Haupt – Sie wissen das ohnehin, Sie haben es selbst gelesen – schon noch mit den Pensionisten reden werde.

Herr Minister! Jetzt sage ich, was ich mir denke in Kenntnis der Tatsache, dass wir uns nicht nicht kennen, und zwar seit vielen Jahren, und besonders den Herrn Landeshauptmann: Herr Minister! Wenn Sie glauben, dass vielleicht doch noch eine Gesprächsbereitschaft da sein wird und dass sich die "bösen" Pensionisten dann um Brosamen, die über die Verhandlungstischkante fallen, bücken und Ihnen dann dafür danken werden, dann täuschen Sie sich. Das wird es nicht spielen!

Herr Minister! Es gibt die Forderung – ich muss sie nicht wiederholen; sie wurde vom Klubobmann der Sozialdemokratischen Partei formuliert –, in welcher Form bestehende Pensionssysteme politisch zu behandeln sind und wie politisch mit den Pensionisten der Republik Österreich umgegangen werden muss.

Herr Minister! Das war – ich erspare mir den Begriff dafür – jedenfalls keine Haupt-Leistung Ihrer Tätigkeiten, und ich denke, dass Sie sehr gut beraten wären, wenn Sie die ausgestreckte Hand und das Angebot der Oppositionsparteien, zurück an den Start zu gehen und Neuverhandlungen zu machen, annehmen würden. Das wäre die einzige Chance für die Pensionisten, aber auch für den Minister! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister! Sie und auch andere Personen haben gemeint, dass auch in der SPÖ-Regierung – die Alleinregierungszeit der SPÖ war relativ kurz – und in der SPÖ/ÖVP-Regierung nicht alles so hervorragend gelaufen sei, die Pensionsanpassungen nicht so hoch wie erwünscht gewesen seien. – Das stimmt! Aber wissen Sie, warum Herr Kollege Grasberger kaum mit einem Pensionisten geredet haben kann? – Weil diese Menschen wissen, dass sie neben dem, was ihre Pension betrifft, was sie nicht bekommen, aber was ihnen in Wirklichkeit zustehen würde, noch andere Punkte treffen.

Herr Minister! Sie sollten sich vielleicht Folgendes zu Gemüte führen und sich fragen: Wie schaut es denn bei der Invaliditätspension aus? – Damals war der Kärntner Landeshauptmann da, als wir dieses Thema debattiert haben. Das war allerdings noch vor der Wiener Gemeinderatswahl. Damals haben wir das verteidigt und gesagt, das sei alles notwenig. Sie wissen, wovon ich spreche!

Dann war die Wiener Gemeinderatswahl, dann kam Haider auch nach Wien, und dann hat er gesagt, diese Geschichte mit der Invaliditätspension und deren Besteuerung sei sozial ungerecht, man müsse das reparieren.

Vor 14 Tagen trafen wir uns bei einem erfreulichen Anlass – es wurde nämlich der Gleichbehandlungsbeauftragte in Kärnten installiert –, und derselbe Herr Landeshauptmann Haider begrüßte Minister Haupt und sagte dann: Gott sei Dank haben wir Herbert Haupt in Wien, denn er hat die Sache mit der Invaliditätspension und deren Besteuerung verhindert und abgeschafft.

Das ist die Wirklichkeit einer politischen Praxis von innerhalb einem halben Jahr! (Bundesrat Winter: "Einfach ehrlich, einfach Jörg"!) Herr Minister! Das können Sie mit uns nicht machen, und das können Sie auch mit ganz normalen Zeitungslesern nicht machen!

Der Herr Minister war es leider, der das durchgeführt hat, und dann hat er die Notbremse gezogen. Das ist ein Faktum! Bitte ziehen Sie auch in dieser Frage die Notbremse, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt: die Reduktion bei Witwen- und Witwerpensionen. – Das ist ein Faktum, und das ist spürbar!

Dritter Punkt: die Verschärfung bei den Abschlägen bei vorzeitigem Pensionsantritt von 2 auf 3 Prozentpunkte. – Das ist nichts Abstraktes, sondern das ist sehr konkret spürbar!

Nächster Punkt: die Anhebung des Pensionsalters bei vorzeitiger Alterspension um 18 Monate. – 18 Monate sind ein langer Zeitraum und konkret spürbar.

Herr Minister! Sie haben unsere dringliche Anfrage und auch deren Begründung vor sich liegen. Ich denke, es wäre politisch klug – aber ich erteile keine Ratschläge, denn Ratschläge "schlagen" immer, ich schlage daher nur vor –, das zu machen, was der Klubobmann der Sozialdemokratischen Fraktion vorgeschlagen hat, nämlich: Zurück an den Start und hin zu seriösen Verhandlungen mit den Pensionisten! Wir wollen eine Pensionsanhebung, die diese Menschen auch verdient haben! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. )

17.26

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

17.26

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine tatsächliche Berichtigung ist sehr kurz. Frau Kollegin! Ich habe mit Sicherheit nicht das Bedauern ausgedrückt darüber, dass wir alle zunehmend mehr Lebensjahre erreichen können, sondern ich kann mich erinnern, gesagt zu haben, dass wir uns glücklich schätzen dürfen, dass wir immer älter werden können.

Sie haben richtig vermutet: Ich habe Eltern, die schon älter sind, und zwar ist mein Vater schon über 70 Jahre. Sie können mir glauben, ohne dass ich Ihnen das anhand meines Kalenders jetzt beweise, dass ich tatsächlich mit älteren Menschen Gespräche geführt habe, deren Inhalt sich mir so dargestellt hatte, wie ich ihn hier geschildert habe.

17.27

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Mag. Herbert Haupt das Wort. – Bitte.

17.27

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte einige Anmerkungen zur Wortmeldung der Kollegin Mag. Melitta Trunk machen.

Frau Kollegin! Sie haben die Zitate sehr gut recherchiert, aber Sie haben – ich erlaube mir, das hier zu sagen – in didaktisch sehr kluger Weise das ausgelassen, was dazwischen gestanden ist und was meine Wortmeldung hervorgerufen hat, nämlich die Pensionistenbriefe Ihrer jeweiligen Regierungschefs.

Ich sage auch ganz klar: Meine damaligen Aussagen und Forderungen und die Versprechungen, die Sie den Pensionisten gegeben haben, sind, wenn Sie es fair vergleichen, durchaus kompatibel, nachvollziehbar und auch in der Tradition der damaligen Zeit.

Wenn der Herr Bundeskanzler den Pensionisten in Vorwahlzeiten die ungesicherten Pensionen und die Pensionsanpassung gemäß der Inflationsabgeltung und darüber hinaus gemäß den Lohnabschlüssen garantiert und sie dann unter deren Höhe erfolgen, so verzeihen Sie mir, dass meine Kommentare dazu dann auch im Lichte der getätigten Versprechungen Ihrer Fraktion vor der Wahl und im Lichte der Umsetzung dieser Ihrer Zusagen zu sehen sind.

Ich möchte hier nicht werten, aber ich bin gerne bereit, diese Diskussion, wann immer Sie wollen, weiter zu führen, und zwar angereichert mit den entsprechenden Zitaten, Briefen und all den Dingen, die in Rückschauen wichtig sind. Das ist leicht möglich, weil wir sehr gute Archive im Parlament und bei den Tageszeitungen haben.

Schlussendlich nützt die eigene und die fremde Nabelschau den Pensionisten nichts, sondern den Pensionisten nützt einzig und alleine, wie die Anpassung pro futuro läuft.

An dieser Stelle sage ich auch in aller Klarheit: 4,8 Milliarden Schilling waren im Budget, 1,3 Milliarden Schilling werden jetzt mehr aufgewandt. Ich glaube nicht, dass man das als Brosamen, die vom Tisch fallen, bezeichnen kann, sondern das ist durchaus auf die Bemühung des Sozialministers, für die Pensionisten und im Interesse der Pensionisten mehr finanzielle Mittel zu bekommen, zurückzuführen.

Ich glaube auch, dass ich kein schlechtes Gewissen zu haben brauche, wenn ich mir die diesbezüglichen Bemühungen meiner Vorgängerinnen ansehe. Ich glaube, dass man in diesem Bereiche durchaus "Wahrheit – Aussage – Gegenaussage" nachvollziehbar gestalten soll.

Ich bin Ihnen durchaus nicht gram, nur eines bitte ich auch zur Kenntnis zu nehmen: Die Aussagen Ihres ersten Fraktionssprechers habe ich nicht kritisiert in der Richtung, wie Sie es dargestellt haben, sondern ich habe sie wertfrei im Raum stehen gelassen und habe alle gebeten, in Zukunft eine fairere Pensionsdebatte auf der Grundlage der Tatsachen und nicht auf der Grundlage der Emotionen, die dann sehr schwer einzufangen sind, zu führen. Das gilt für Sie genauso wie für alle anderen, die irgendwann einmal in dieser Republik hier auf der Regierungsbank sitzen werden.

Ich glaube, dass endlich auch ein Argument in die Debatte eingebracht werden soll, Frau Kollegin Trunk: Wir alle, die wir hier im Saal sind, gehören schon Generationen an, die sich mehr mit dem Thema Pension – wenn man annehmen darf, dass sich die Menschen etwa ab 40 Jahren mit der Pension zu beschäftigen beginnen und nur einige wenige hier im Saal unter diesem magischen Alter sind – beschäftigen. Wir sollten auch peinlichst vermeiden, durch Erhöhungen den Generationenvertrag zu gefährden, indem die junge Generation nämlich die Beitragszahlungen verweigert. Ich glaube, dass die Belastung für die junge Generation in diesem Bereich über den Steuertopf einerseits und über die Beitragszahlungen andererseits genügend ausgereizt ist, sodass wir andere Möglichkeiten schaffen müssen. (Präsident Schöls übernimmt den Vorsitz.)

Ich gebe Ihnen durchaus Recht, dass 0,3 Prozent Erhöhung von 0,2 Prozent für vorzeitigen Antritt der Alterspension eine Aggravierung ist, aber ich möchte Sie auch darauf aufmerksam machen, dass dann, wenn jemand einen sicheren Arbeitsplatz hat und er etwa als Lehrer oder als pragmatisierter Beamter vorzeitig diese Möglichkeit in Anspruch nimmt – im vollen Bewusstsein, dass er es in Anspruch nimmt und keinen Verlust des Arbeitsplatzes in Kauf zu nehmen hat –, die Situation anders aussieht, als dann, wenn Menschen arbeitslos sind und die Abschlagszahlungen in Kauf genommen werden sollen. Man sollte daher auch bei diesen Regelungen beide sozialen Gruppen unterscheiden, denn bei einem sicheren Arbeitsplatz und voller Arbeitsfähigkeit darauf zu verzichten, diese 0,2 oder 0,3 Prozent mehr Pension zu haben, ist eine Eigenentscheidung, bei dem, der arbeitslos ist, ist es unter Umständen eine Notlösung, da gebe ich Ihnen Recht.

Ich glaube, man sollte die Zeit finden – und im Bundesrat ist Gott sei Dank die Zeit dazu; im Nationalrat auf Grund der Zeitkonzepte leider nicht –, die unterschiedlichen Sichten nicht nur schwarzweiß zu sehen, sondern innerhalb der Schwarzweißmalerei auch das, was man positiv anerkennt, und das, was man negativ sieht, klarer zu Tage zu bringen. Dann werden wir vielleicht wieder mehr Sachlichkeit und weniger Konfrontation haben. – Ich glaube, dass wir uns alle, die wir der Demokratie verbunden sind, dieser Dinge mehr bemüßigen sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.33

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Gerd Klamt. Ich erteile es ihm.

17.33

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunδchst einmal eine Botschaft in Richtung von Herrn Professor Konečny: Ich meine, dass Sie mit dieser Flut von dringlichen Anfragen eine wichtige parlamentarische Mφglichkeit abwerten. (Bundesrätin Mag. Trunk: Zwei Anfragen sind eine Flut?)

Heute ist kein Fernsehteam mehr anwesend, und ich meine, Herr Professor Konečny, das sollte zu denken geben, vielleicht sollten Sie Ihre Strategie umstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrätin Mag. Trunk: Der Herr Minister hat das gerade jetzt als positiv erachtet, dass wir uns hier intensiv auseinander setzen!)

Auf verbale Entgleisungen der Sozialdemokraten möchte ich nicht näher eingehen (Bundesrat Gasteiger: Weil wir Recht haben!), obwohl mich solche Entgleisungen sehr stören, weil sie eigentlich nicht der Kultur entsprechen, die ich mir für dieses Hohe Haus vorstelle. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Winter: Vor drei Jahren hätten Sie die Frau Vizekanzlerin hier erleben sollen! Die hätten Sie erleben sollen!)

Wir schauen in die Zukunft! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiterkeit und Rufe bei der SPÖ: Oh Gott! – Bundesrätin Mag. Trunk: Riess-Passer ist die Vergangenheit! – Bundesrat Konečny: Wir sagen es ihr aber nicht!)

Ich kann natürlich auch auf die Vergangenheit eingehen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Sie haben über Jahrzehnte den Sozialbereich gestaltet (Bundesrat Winter: Deswegen geht es jedem gut!), und Sie haben immer stolz erklärt, dass wir in Österreich das beste Sozialsystem Europas haben. (Bundesrat Winter: Deswegen waren wir 30 Jahre in der Regierung!)

Dieses Sozialsystem, das Sie der neuen Koalition übergeben haben, hat nur einen Haken: Es ist mittel- und langfristig nicht finanzierbar!

Ich spreche jetzt über die Jugend. Die Jugend wird diesen immer wieder gepriesenen Generationenvertrag aufkündigen, wenn die Gehaltsabzüge Arbeit und Leistung in Österreich nicht mehr attraktiv machen. Diesem Punkt sind wir schon sehr nahe. (Bundesrat Freiberger: Die höchste Abgabenquote!)

Die Sozialdemokraten, die es zuließen, dass die Kluft zwischen den Beamten und den ASVG-Pensionisten immer größer wurde (Bundesrat Thumpser: Deshalb schicken wir sie mit 55 in Pension!), und die viele Versprechungen gemacht haben, die finanziell nicht abgesichert waren, lehnen sich zurück. Sie gehen in die beobachtende Phase – bis auf einige Ausnahmen – und reduzieren sich eigentlich auf Papier, auf langatmige Fragestellungen, die der Herr Bundesminister sehr sorgfältig beantwortet hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zum Thema Pensionsanpassung 2001: Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ! Es muss Ihnen doch aufgefallen sein, dass eine Pensionsanpassung aller Pensionen über einen fixen Prozentsatz eine nicht vertretbare soziale Ungerechtigkeit wäre! (Bundesrat Thumpser: Das hat keiner behauptet!) Die Bezieher hoher und höchster Pensionen wären die Nutznießer, und die Bezieher kleiner und mittlerer Pensionen würden durch die Finger schauen. (Bundesrat Thumpser: Wer hat das behauptet?)

Der in der Anfrage zitierte, sattsam bekannte Minister a.D. Karl Blecha müsste in diesem Sinne den Anspruch, Vertreter der Bezieher kleiner und mittlerer Pensionen zu sein, schon längst abgeben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Winter: Ofner! Ofner!)

Die Pensionsanpassung ist sicher kein Anlass zum Jubeln, aber sie ist ein Bemühen, unter Berücksichtigung der finanziellen Rahmenbedingungen mehr soziale Gerechtigkeit zu erzielen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Drei Draken weniger! – Bundesrat Thumpser: Oder F 16!)

Ähnliches gilt auch für den Bereich der Krankenversicherung. Einsparpotenziale – lange gefordert! – auf Grund der Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger wurden über Jahrzehnte nicht ausgeschöpft. Heute müssen wir Sorge dafür tragen, dass die Errungenschaften der modernen Medizin auch langfristig für die Österreicherinnen und Österreicher leistbar bleiben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Sozialdemokraten! Ich lade Sie ein, sich von Ihrer destruktiven, manchmal auch hilflosen Oppositionspolitik zu verabschieden (Ruf bei der SPÖ: Seit ihr deshalb so nervös?) und sich dort, wo Sie Möglichkeiten haben – und Sie haben diese Möglichkeiten –, für eine Reparatur der auch mit Ihrer Mithilfe über Jahre entstandenen Schäden einzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.40

Präsident Alfred Schöls: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Anna Schlaffer. Ich erteile es ihr.

17.41

Bundesrätin Anna Schlaffer (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Vor allem aber lieber Kollege Klamt! Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie uns die Legitimität unserer beiden dringlichen Anfragen wegen des Fehlens der Fernsehkameras abgesprochen. Verwechseln Sie uns nicht vielleicht mit Ihren Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen im Nationalrat, die sich fürwahr um Redezeiten während der Liveübertragungen reißen? – Die Tatsache, dass wir diese Themen auch ohne Fernsehkameras einfordern, beweist wohl, wie ernst wir es meinen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich habe heute bereits im Zusammenhang mit dem Bundesbediensteten-Sozialplangesetz von einer Verhöhnung aller ASVG-versicherten ArbeitnehmerInnen Österreichs durch diese Bundesregierung gesprochen, von einem Affront, der kaum überbietbar sein sollte. Doch zeigt der Anlass unserer heutigen Debatte, dass diese Bundesregierung immer wieder neue Grausamkeiten aus dem Stegreif herbeizaubert. Uns wird deutlich vor Augen geführt, wie diese Bundesregierung mit Menschen umgeht, obwohl ein Großteil von ihnen durch die Kriegswirren die Freuden der Jugend vermissen musste und trotz der vielen Entbehrungen in der Nachkriegszeit den Wiederaufbau Österreichs bewältigt hat – eine Bundesregierung, die den PensionsbezieherInnen nicht nur die rechtmäßige Abgeltung der Inflationsrate verwehrt, sondern wo Sie, Herr Bundesminister, in noch nie da gewesenem Zynismus eine permanente Kürzung der Pensionen als sozial ausgewogen bezeichnen!

Mit hohem finanziellem Aufwand haben Sie in den letzten Tagen, genau am 4. Dezember, in allen großen österreichischen Tageszeitungen – interessanterweise und warum wohl nicht im "Standard" und in der "Presse" – Inserate geschaltet. Darin halten Sie fest, dass die Pensionserhöhung für 2002 sozial ausgewogen ist, weil sie die kleinen und mittleren Pensionen bevorzugt und damit die Pensionen für alle langfristig sichert. Da Sie diese Aussage vermutlich selbst nicht glauben können, haben Sie im Inserat noch eine absolute und für vermutlich viele Ihrer KollegInnen neue Ankündigung festgehalten. Sie stellen für das Jahr 2002 in diesen Inseraten eine jährliche steuerfreie Entschädigung für Gefangene der Westalliierten in der Höhe von 2 400 S bis 6 000 S in Aussicht.

Meine Damen und Herren! Sie gestatten mir die Feststellung, dass ich dieses Inserat als Verschleierungstaktik bezeichne. Oder wie können Sie sich erklären, dass noch am 16. November dieses Jahres die Regierungsparteien im Sozialausschuss die Beratungen eines Antrages der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion verhinderten, in welchem diese, wie schon mehrmals vorher, eine solche Entschädigungszahlung beantragt haben? – Sie selbst, Herr Bundesminister, haben mir in einer Sitzung des Bundesrates im Juni dieses Jahres auf meine diesbezüglichen Wortmeldungen geantwortet, dass dafür kein Geld vorhanden sei. Würden Sie, Herr Minister, uns bitte aufklären, in welchem Gremium Sie die Zusage für eine derartige Entschädigung erwirkt haben! Denn nur mit einem gültigen Beschluss kann der Inhalt Ihres Inserates als Information gewertet werden, ohne Beschluss ist und bleibt es lediglich Propaganda!

Meine Damen und Herren! Können Sie es mir verdenken, dass ich diese Politik der Bundesregierung nicht nur als zynisch, sondern auch als doppelbödig bezeichnen muss?! Unsere Pensionistinnen und Pensionisten haben es nicht verdient, dass die Regierung zum Mittel des Gesetzesbruches greift, um sie dadurch um ihren Anspruch auf eine entsprechende Pensionserhöhung zu bringen.

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Da ändert eine Regierung rückwirkend – rückwirkend! – auf das Jahr 2000 eine Verordnung, um nicht dem Gutachten der Kommission für die langfristige Pensionssicherung Folge leisten zu müssen! Man kann es gar nicht oft genug sagen: Die FP/ÖVP-Koalition hat festgelegt, dass es Abzüge für einen angeblichen Übergenuss der PensionistInnen durch zu hohe Pensionsanpassungen in den Vorjahren gibt. Also haben eben dieselben beschlossen, in wissentlicher Kenntnis der Rechtswidrigkeit, eine Verordnung, die den Pensionsanpassungsfaktor regelt, abzuändern, um ihn rückwirkend auf das Jahr 2000 herabsetzen zu können; herabzusetzen um eben genau jenen Betrag, der notwendig war, um das Gutachten ohne zu große Belastung für das Budget umsetzen zu können.

Mit Taschentricks wurde versucht, dass von der ursprünglich errechneten Erhöhung von 1,6 Prozent 0,5 Prozent abgezogen werden konnten. Somit werden die Pensionen im Jahr 2002 lediglich um 1,1 Prozent angehoben, und mehr als 900 000 Pensionisten erleiden dadurch eine Kürzung ihrer Pensionen. Damit liegt die Pensionsanpassung um genau 1,8 Prozent unter der Inflationsrate von 2,9 Prozent, wie sie von der Statistik Austria für den der Berechnung zugrunde liegenden Zeitraum vom 1. August 2000 bis zum 31. Juli 2001 ausgewiesen wird.

Wenn, wie Sie, Herr Bundesminister, in Ihren Ausführungen zuvor erwähnt haben, 1,6 Prozent im Budget vorgesehen waren, dann frage ich Sie: Warum haben Sie die Pension nicht um diesen Betrag erhöht? – Das, was Sie, Herr Bundesminister, als sozial ausgewogen bezeichnen, ist nicht nur eine Mogelpackung, es ist eine doppelbödige Politik! Es ist kalter Pensionsraub, auch wenn es Kollege Grasberger anders darzustellen versucht hat.

Noch etwas, Herr Kollege Grasberger, Sie kommen gerade recht! Versuchen Sie nicht noch einmal zu suggerieren, dass sich Pensionisten für eine 4,1-prozentige Pensionserhöhung schämen würden. Denn das könnte auch so verstanden werden, dass sie sich gegebenenfalls zu schämen hätten. Eines möchte ich schon klar festhalten: Österreich ist ein Rechtsstaat, und in Österreich braucht sich niemand für etwas zu schämen, das ihm von Rechts wegen zusteht. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Grasberger! Lassen Sie sich noch eines sagen: Schämen muss sich nur Ihre Fraktion und jene Ihres Regierungspartners; schämen dafür, dass Sie eine solch unsoziale Politik zulassen, ja umsetzen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Beweis dafür ist für mich auch die Tatsache, dass der Anteil von über 60-jährigen arbeitslosen Männern seit dem Vorjahr – passen Sie genau auf – um 114 Prozent und jener der arbeitslosen Frauen ab 55 Jahren um 43 Prozent gestiegen ist. Nochmals: 114 Prozent bei Männern und 43 Prozent bei Frauen!

Sie haben nicht nur das Einkommen der PensionistInnen geschmälert, Sie haben auch auf dem Rücken dieser Menschen ein Nulldefizit zu Stande gebracht. Müssen da die älteren Menschen nicht zur Überzeugung gelangen, dass ihre Interessen und Bedürfnisse von dieser Bundesregierung auf dem Altar der Eitelkeiten zugunsten eines Schwindelnulldefizits geopfert werden?!

Herr Bundesminister! Machen Sie diesem Unrecht ein Ende, aber nicht, indem Sie versuchen, die Pensionsanpassungsverordnung durch entsprechende Änderungen von ASVG-Bestimmungen nachträglich zu legitimieren, sondern indem Sie sie als das, was sie ist, aufheben: als eine sowohl unsoziale als auch ungesetzliche Verordnung! (Beifall bei der SPÖ.)

17.51

Präsident Alfred Schöls: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Mag. Haupt. Ich erteile es ihm.

17.51

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Sie nur noch auf ein Detail bezüglich der 2,9 Prozent Inflationsabgeltung aufmerksam machen. Die Inflationsrate von 2,9 Prozent wurde im Sommer, wie Sie in Ihrer Anfrage beziehungsweise in der Präambel richtig dargestellt haben, mit Gesundheitskosten erläutert.

Ich darf noch etwas hinzufügen, was vielleicht vielen in Österreich verborgen geblieben ist, was ich aber auch für mitteilenswert halte: Die Statistik Österreich hat die Erhöhung der Gesundheitskosten ausschließlich – und das geht aus der Publikation der Statistik Austria über die Erhöhung der Gesundheitskosten hervor, wer dort nachfragen will, kann das gerne tun – aus Daten des Bundeslandes Wien erhoben. Ich darf Sie daher ersuchen, auch zu berücksichtigen, dass diese Inflationsabgeltung und die Inflationskosten in diesem Bereich der Steigerungen der Gesundheitskosten ausschließlich auf den Daten des Bundeslandes Wien und nicht der anderen acht Bundesländer basieren.

Vielleicht bringen Sie in der Vernetzung der Diskussionen von heute Vormittag und heute Nachmittag Ihren Wiener Freunden endlich einmal bei, dass Solidarität nicht nur verkündet, sondern auch gelebt werden sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.52

Präsident Alfred Schöls: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Ferdinand Gstöttner, Albrecht Konečny, Peter Marizzi und GenossInnen an den Bundeskanzler betreffend Verunsicherung der φsterreichischen Bevφlkerung durch widersprόchliche Aussagen der Mitglieder der Bundesregierung zu brisanten politischen Themen III (1891/J-BR/01)

Präsident Alfred Schöls: Wir gelangen weiters zur Verhandlung über die dringliche Anfrage der Bundesräte Ferdinand Gstöttner und Genossen an den Herrn Bundeskanzler.

Da diese inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Ferdinand Gstöttner als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte.

17.53

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! In der vorigen Bundesratssitzung wurden von der sozialdemokratischen Fraktion dringliche Anfragen betreffend die Verunsicherung der österreichischen Bevölkerung durch widersprüchliche Aussagen der Mitglieder der Bundesregierung zu brisanten politischen Themen eingebracht. Weder diese Bundesratssitzung am 8. November noch die Handlungen und Aussagen der Bundesregierung in den vergangenen Tagen haben wesentlich zur Klärung beigetragen, ja in der Frage Temelin eher das Gegenteil bewirkt.

Die Causa Temelin hat wirklich seltsame Formen angenommen. Der – man könnte es fast so nennen – Zickzackkurs, der teilweise von ÖVP und FPÖ und von der Bundesregierung gefahren wurde, ist bekannt, sodass ich keine Einzelheiten zu nennen brauche. Etwas unklar ist allerdings, welche Rechtswirksamkeit die Unterschrift hat, die vom Herrn Bundeskanzler jetzt geleistet wurde. Dazu darf ich um Aufklärung ersuchen. Das ist auch eine Frage.

Die Frage AKW Temelin ist uns allen zu wichtig, um so allgemein abgehandelt zu werden. Wenn es auch immer wieder anklingt, dass wir nur Angst verbreiten wollen, so möchten wir dem ganz klar widersprechen. Es ist das Gegenteil der Fall. Es muss Sachlichkeit in ein Thema gebracht werden, das unsere Bevölkerung – vor allem jene, die in unmittelbarer Nähe wohnt, also vor allem im Bundesland Oberösterreich, man darf aber auch Niederösterreich dazunehmen – wirklich beschäftigt. Unsere Bevölkerung hat ein Recht auf korrekte Informationen über den aktuellen Stand und die Zukunft.

Die Sachlage Temelin ist wirklich mehr als ernst. Unsere Bevölkerung ist verunsichert. Die widersprüchlichen Aussagen müssen ein Ende nehmen. Handlungen sind gefordert. Das Ziel muss sein: Aus für das AKW Temelin! Es geht um unser aller Zukunft, vor allem aber um die Sicherheit unserer Kinder. Wir warten gespannt auf die Beantwortung der von uns vorgelegten Fragen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.55

Präsident Alfred Schöls: Zur Beantwortung hat sich Herr Staatssekretär Franz Morak zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.

17.55

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Lassen Sie mich vorweg einige Bemerkungen machen, auch wenn ich weiß, dass es mir als Regierungsmitglied nicht zusteht, die Ausübung des Interpellationsrechtes einer gesetzgebenden Körperschaft, wie das der Bundesrat ist, zu beurteilen oder gar zu kritisieren! Ich möchte mir aber als ehemaliges Mitglied dieses Hohen Hauses die Frage erlauben, ob die Diktion und Wortwahl der vorliegenden Anfrage dazu geeignet sind, den Status des Bundesrates in diesem Land zu heben.

Wenn für Mitglieder der österreichischen Bundesregierung – wie auch immer man zu ihnen stehen mag – Begriffe wie "Hasardeure", "Egomanen", "Narzisse" gewählt werden, dann möchte ich das schon in aller entschiedenen Form zurückweisen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) In meinen Augen entspricht das nicht dem Stil und dem Niveau der Auseinandersetzung, die man sich in diesem Haus und für dieses Haus wünscht.

Ich möchte Sie in aller Entschiedenheit daran erinnern, dass wir innerhalb eines Jahres die Schulden der ÖIAG in der Höhe von 86 Milliarden Schilling auf 26 Milliarden Schilling reduziert und abgebaut haben (Bundesrat Würschl: Beantworten Sie die Frage!), unter denen sich auch das Intertrading-Debakel befunden hat. (Bundesrat Kraml: Darum geht es nicht! Das ist nicht gefragt!) Mit Worten wie "Hasardeure" und Ähnlichem sollten Sie, wie ich meine, durchaus vorsichtig umgehen angesichts dieser Altlasten aus den Zeiten der sozialistischen Regierungsverantwortung mit sozialistischen Finanzministern, die abzuarbeiten wir gerade angetreten sind. (Bundesrat Mag. Hoscher: Sie haben Ihre Regierungsbeteiligung vergessen, nicht?)

Lassen Sie mich zur Anfragebeantwortung kommen! Im heutigen "Standard" hat Hans Rauscher, dem man möglicherweise alles vorwerfen kann, aber sicher nicht, eine allzu große Nähe zu dieser Regierung zu haben, festgehalten, dass im Fall Temelin von einer ziemlichen Desorientierung der SPÖ gesprochen werden muss. Wörtliches Zitat: "Die große Oppositionspartei wusste nicht recht, wohin. Cap und Gusenbauer wissen, dass eine Stilllegung nicht drin war und ist, aber sie ließen sich vom eigenen Umwelt-Fundi-Flügel und der Aussicht auf ein paar Bildln in der ‚Krone’ in diese Richtung drängen." – Zitatende. (Bundesrat Mag. Hoscher: Jetzt schreibt schon Rauscher Ihre Anfragebeantwortungen?)

Dieser Analyse, die Sie sicher schon gelesen haben werden, ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Die große Oppositionspartei wusste nicht recht, wohin, und um von dieser Ratlosigkeit abzulenken, servieren sie uns heute die Anfrage als Ablenkungsmanöver.

Rauscher sieht gleichzeitig prophetisch Ihre dringliche Anfrage voraus und schon in der heutigen Ausgabe des "Standard" im Agieren der SPÖ folgendes "Ergebnis: Eine nicht recht darstellbare Linie in einer Frage, die sehr viele Menschen interessiert." – So ist es. Es gibt bei der SPÖ keine einheitliche Linie.

Die APA schreibt schon am 30. November (Bundesrat Würschl: Sie sollen die Fragen beantworten!): "Kritik gab es von der Opposition. Dabei wurden aber innerhalb der SPÖ auch unterschiedliche Einschätzungen hörbar."

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich meine, Sie sollten sich in dieser Frage schon für eine Position entscheiden. Ist es die staatspolitische Linie und Haltung von Nationalratspräsident Heinz Fischer, der Sie sich anschließen, sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte der SPÖ, oder ist es die populistische Position (Bundesrat Winter: Sie haben Rauscher zitiert! Fragen Sie doch ihn! – Präsident Schöls gibt das Glockenzeichen. – Bundesrat Winter: Lesen Sie nicht Rauscher vor, das können wir selbst!) – meine Damen und Herren, seien Sie doch ruhig; ich habe mir in Ruhe Ihre Anfrage durchgelesen, hören Sie mit Ruhe meine Antwort an – Ihrer Umweltsprecherin Sima, oder ist es doch die verantwortungsvolle Position, die Ihr Europaratsabgeordneter Swoboda hat, oder ist es die Position des Vorsitzenden Gusenbauer, der nach der Sitzung des Parteipräsidiums gestern erklärte, die SPÖ trete dafür ein, dass das Energiekapitel nicht abgeschlossen wird? Wollen Sie gemeinsam mit Ihrem Vorsitzenden die Tschechische Republik damit von der Verpflichtung entbinden (Bundesrat Mag. Hoscher: Welche Verpflichtung?), die von Bundeskanzler und Umweltminister erreichten Zusagen zur Nachrüstung von Temelin auf europäisches Sicherheitsniveau umzusetzen?

Ich hoffe, dass Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte der SPÖ, den verantwortungsvollen Kurs der Abgeordneten zum Europäischen Parlament, Berger, mitgehen, die in der Vereinbarung mit Tschechien ein gutes Ergebnis in Fragen der Sicherheit sieht. Wenn Sie es nicht aus Interesse für das Staatsganze tun wollen, so tun Sie es doch aus menschlichem Mitleid für jene, über die im "Kurier" am 3. Dezember steht: "Altgediente Sozialdemokraten krümmen sich vor Verzweiflung, wenn sie beobachten, wie ihre Partei bei konfusen Vorgaben des Obmannes auf Ulli Sima kommt."

Nun zu den Fragen im Einzelnen:

Ad 1): Ja.

Ad 2): Entfällt auf Grund der Antwort zu Frage 1.

Ad 3):

a) Nach herrschender Lehre handelt es sich nur dann um einen politischen Staatsvertrag im Sinne des Artikels 50 B-VG, wenn der Status oder die Unabhängigkeit des Staates berührt werden.

b) Nein.

c) Ja.

caa) Das Abkommen selbst spricht von der Tschechischen Republik und der Republik Österreich, weil völkerrechtliche Verträge, unabhängig davon, wer sie für den Staat abschließt, das völkerrechtliche Subjekt Staat binden.

cab) Das Einvernehmen des BMaA lag zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vor.

cb) Entfällt.

d) Die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten wird beim Rat für Allgemeine Angelegenheiten die notwendigen Schritte setzen, damit, bedingt durch das Energiekapitel, die Umsetzung der Maßnahmen des Vertrages begonnen werden können.

e) Ja.

Ad 4): Es wird die gleiche Vorgangsweise wie bei anderen Kapitelabschlüssen gewählt.

Ad 5): Die Bundesregierung unterstützt den Ausstieg aus der Kernenergie und ist bereit, jene Länder, die einen solchen Schritt planen, aktiv zu unterstützen. Ziel der Bundesregierung ist es, die Umsetzung der Maßnahmen des Vertrages mit Tschechien sicherzustellen. (Demonstrativer Beifall des Bundesrates Thumpser. )

Ad 6): Wie Sie auf Grund der Beantwortung der obigen Frage ersehen können, ist eine klare, koordinierte und zielgerichtete Vorgangsweise der Mitglieder der Bundesregierung erfolgt, die auch zu diesem für die Sicherheit Österreichs bestmöglichem Ergebnis geführt hat. Im Gegensatz dazu ist bis jetzt nicht klar, welche Haltung die SPÖ in dieser staatspolitisch für Österreich wichtigen Frage einnimmt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Bitte, gern geschehen! – Bundesrat Kraml: Bravo! Das war schnell gelesen!)

18.03

Präsident Alfred Schöls: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Prof. Konečny. Ich erteile es ihm.

18.03

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Tatsache, dass Herr Staatssekretär Morak Schiedsrichter in Sachen politischer Kultur ist und dabei die gute parlamentarische Tradition, dass man von der Regierungsbank nicht polemisiert, in grober Weise verletzt, gehört zu den vielen Überraschungen, die man mit dieser Regierung immer wieder erlebt. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Hoscher: So ist es!)

Ich weiß nicht, mit wem sich der Herr Staatssekretär in einem Schnellsprechwettbewerb befunden hat – mit mir nicht –, er unterliegt keiner Redezeitbeschränkung, er hätte das auch in weniger stakkatischer Weise abwickeln können. Aber wenn es ihm Spaß macht, soll er es tun. Auch das gehört zu den Dingen, die man in der Politik von dieser Regierung aushalten muss.

Die entscheidende Frage – Ihre Zitiererei lenkt davon nicht ab –, ist doch – Sie haben dazu verständlicher- und von Ihrem Standpunkt aus auch vernünftigerweise nicht Stellung genommen –, dass wir es mit einer politischen Situation zu tun haben, in der zwei völlig unterschiedliche politische Positionen in der Bundesregierung vertreten werden, und mit zwei unterschiedlichen politischen Positionen kommt man halt sehr schwer zu einem politischen Kurs.

Wenn es einem beim Schifahren den einen Fuß nach links und den anderen nach rechts zieht, dann ist üblicherweise eine Riesenbrezen die Folge, und in dieser Situation befinden Sie sich. Sie sind noch nicht hart aufgekommen, Sie sind noch im Flug, aber die Brezen kommt, Herr Staatssekretär! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Himmer: So wie zwischen Fischer und Sima!)  – Herr Kollege! Wenn Sie die Zitate wirklich kennen würden, auf die Sie sich hier beziehen, dann würden Sie draufkommen, dass das kein guter Vergleich ist, den Sie da anstellen. Was die SPÖ tut, das ist – das gebe ich freimütig zu –, differenziert zu argumentieren (ironische Heiterkeit bei der ÖVP), und manche einfachen Gemüter verstehen es nicht, aber es ist klar, wir haben – nein, wir nicht –, diese Regierung hat tatsächlich drei von vier möglichen Chancen vergeben. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Tusek. ) – Selbstverständlich, eins, zwei, drei, ganz klar.

Erstens hat sie ein ganzes Jahr Verhandlungsmöglichkeit nicht genützt, nicht nur gegenüber dem tschechischen Nachbarn, sondern auch gegenüber den EU-Partnern. Der Melker Prozess, als er denn angeworfen wurde, kam ein Jahr nach der Bildung dieser Bundesregierung, und – mit Verlaub gesagt – Temelin hat es Anfang 2000 auch schon gegeben. Da war aber die Bundesregierung mit ihrer eigenen Nabelschau beschäftigt; und im Nabel hat sie Temelin nicht getragen, daher ist ihr das nicht aufgefallen. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. ) – Herr Kollege, eine Menge. Auch darauf komme ich gerne zurück.

Die zweite Frage ist: Es hat eine Phase – und ich sage das so, wie es alle von uns meinen – einer unzulässigen, populistischen Zuspitzung gegeben, für die ausnahmsweise einmal nicht die FPÖ in die Verantwortung zu nehmen ist. Die Grenzblockaden gegenüber Tschechien haben mehr zur Zerstörung des Gesprächsklimas beigetragen, als alles, was sonst in diesem Jahr passiert ist.

Dritter Punkt: Es hat in dieser Phase der Verhandlungen, die jetzt endlich aufgenommen wurden, nachdem der Melker Prozess bisher eher ein Schattenboxen war, einen selbstauferlegten Zwang zum sofortigen Abschluss gegeben.

Sehen Sie, an genau diesem Punkt setzt unsere Argumentation ein! Es gibt keine sachliche Notwendigkeit, das Energiekapitel vorläufig abzuschließen. Die Verhandlungen über andere Kapitel können weitergehen, das ganze Jahr 2002 hindurch, auch mit einem offenen Energiekapitel. Aber es wäre ein klares Zeichen dafür gewesen, dass Österreich mit dem Verhandlungsresultat nicht zufrieden ist.

Nun kann man wie die FPÖ folgenden Standpunkt vertreten: Wenn man eine Gurke Birne nennt, dann ist sie etwas anderes. Ich würde Herrn Westenthaler nur vorschlagen, er soll einmal in die Gurke hineinbeißen. Der Geschmack verändert sich nämlich durch die Umbenennung überhaupt nicht, und die netten Wortbildungen, es sei "beiseite gelegt" – was immer das heißen soll –, gibt es halt nicht. Es ist entweder offen oder zu, wobei es sachlich richtig ist, dass in der letzten Konsequenz jedes Kapitel noch einmal Gegenstand der Verhandlungen ist.

Es haben viele, auch aus meiner Partei – das ist eine Einschätzung von Verhandlungsmöglichkeiten –, gemeint, die Chance, die Tschechen zu einem wirklichen Ausstieg zu drängen, sei mit dem fortschreitenden Bauabschluss und Probebetrieb tatsächlich geringer geworden, aber was dieser Zeitplan, mit dem uns die ÖVP-Hälfte der Bundesregierung drängt, das Energiekapitel abzuschließen, erstaunlicherweise nicht berücksichtigt, ist die Tatsache, dass Tschechien im kommenden Jahr wählt.

Wer immer dort nach der Wahl die Regierung bildet, welches Parteienbündnis, welche Parteien, eines ist klar: Der der Kernkraft im besonderen Maße verbundene Milos Zeman wird mit Sicherheit nicht der nächste Premierminister der Tschechischen Republik sein, weil er nicht mehr Spitzenkandidat sein ... (Bundesrat Dr. Maier: ... wie der Gusenbauer!) Bitte? – Ich habe Sie nicht verstanden. Der ist der nächste Bundeskanzler. Das ist der Unterschied! (Beifall und Heiterkeit bei der SPÖ.)

Aber selbst wenn Milos Zemans Partei gewinnt, der Kandidat für die Funktion des Ministerpräsidenten ist Vladimir Spidla, der in dieser Frage durchaus divergente Auffassungen hat.

Warum ich mit dem ausgewiesenen Befürworter der Kernkraft jetzt abschließen muss, obwohl ich vielleicht die Möglichkeit habe, in einem halben Jahr mit einem der Kernkraft sehr differenziert gegenüber stehenden Premierminister zu verhandeln, das habe ich überhaupt nicht verstanden.

Aber ich gebe zu, ich verstehe auch die andere Hälfte dieser Bundesregierung nicht, denn dieser bleierne Adler mit den beiden lädierten Schwingen ist nun wirklich nicht leicht nachzuvollziehen. Die FPÖ hat sich darauf festgelegt, klarzumachen, es gibt keinen tschechischen Beitritt, wir werden ein Veto einlegen, was sachlich möglich ist, politisch nicht. Damit hat sie jeden Anreiz für eine offene Gesprächssituation mit Tschechien von vornherein belastet, aber nicht zerstört, so wichtig sind Sie nicht!

Das sind die Rahmenbedingungen, unter denen das zu Stande kam, was man als ein sehr unzureichendes Papier bezeichnen kann. Dass gesprochen wurde, dass verhandelt wurde, dass es überhaupt einmal die Bereitschaft Tschechiens gab, sich auf das zu verständigen, das haben wir alle positiv beurteilt. Wenn Sie da so munter von der Regierungsbank herunter polemisieren, dann würde ich Ihnen vorschlagen, sich einmal die Stellungnahmen anzuschauen. Das ist, wenn man es so sähe, ein Beginn, aber kein Ende. Wir meinen, als Beginn wäre es gar nicht schlecht. Jetzt haben wir ein gutes Jahr Zeit, wenn wir das Energiekapitel nicht abschließen würden, an dem weiterzuarbeiten. Aber wenn die Republik Österreich nächste Woche dem Abschluss des Energiekapitels zustimmt, dann ist es zu!

Der sicherlich in dieser Frage Versierteste und den Akteuren der Bundesregierung nicht so fern stehende österreichische Botschafter bei der EU hat das ganz klar gesagt: Nur dann, wenn es neue Entwicklungen gibt, nur dann, wenn es ganz gewichtige Veränderungen gibt, kann ein Staat das Wiederaufmachen eines Kapitels eines Beitrittskandidaten verlangen – aber nicht deshalb, weil er es sich selbst noch einmal überlegt hat!

Wir halten es daher für einen schweren Fehler, auf der Basis dieses unzulänglichen Papiers das Energiekapitel vorläufig abzuschließen. Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Peter Marizzi und GenossInnen

Der Bundesrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Bundesrat hat beschlossen:

Die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten wird aufgefordert, sicherzustellen, dass in der Sitzung des Rates Allgemeine Angelegenheiten am 10. und 11. Dezember 2001 eine gemeinsame Position der EU-Mitgliedstaaten zum Energiekapitel mit der Tschechischen Republik noch nicht beschlossen wird.

*****

Kolleginnen und Kollegen auf der rechten Seite des Hauses! Ich werde nicht den Versuch unternehmen, Sie zu animieren, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Danke!) – Ja, Sie und Ihr Vorsitzender, Ihr Bundeskanzler haben sich zu einem politischen Kurs entschlossen, den ich für falsch halte, aber Sie werden ihn wohl tragen, und Sie werden es auch aushalten, dass ich ihn für falsch halte.

Anders ist es mit jener politischen Gruppe, die, zumindest räumlich, in der Mitte dieses Saales sitzt. Diese freiheitliche Fraktion, die sogar daran denkt, mit einem Veto, was ich für völlig unzulässig halte, den Beitritt Tschechiens zu blockieren ... (Bundesrat Dr. Böhm: Wieso ist das unzulässig? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Ich habe das vor fünf Minuten ausgeführt. Wenn Sie mir zugehört hätten ... (Bundesrat Dr. Aspöck: Wieso ist es unzulässig, wenn es Cap ständig fordert? Cap sagt selbst: Kein Abschluss!) – Des Energiekapitels – aber Beitritt, das ist ganz klar! Ich habe das vorhin ausgeführt, Sie hätten mir nur zuzuhören brauchen. Ich habe keinen geschäftsordnungsmäßigen Anspruch auf Ihr Gehör, aber Sie haben auch keinen Anspruch darauf, deshalb, weil Sie mir nicht zugehört haben, noch einmal zu fragen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Aspöck: Sie verstehen es, das Gegenteil zu sagen und den Widerspruch nicht offen zu legen!)

Herr Kollege! Sie verstehen es, nicht zuzuhören, aber das ist keine besonders qualifizierte Eigenschaft.

Sie haben die Möglichkeit, wenn Sie konsequent sind, die Fortsetzung der Gespräche zu erzwingen. Wenn es keinen vorläufigen Abschluss des Energiekapitels gibt, gibt es nichts, was diese österreichische Bundesregierung, der Sie angehören, daran hindert, Standpunkte, bei denen wir uns in der Sache alle drei sehr nahe sind, gegenüber der tschechischen Regierung mit massivster Unterstützung aller zu vertreten. Wir haben in diesem Haus, in den Landtagen, im Nationalrat Resolutionen und Entschließungen gefasst, in denen wir gemeinsam zentrale Punkte formuliert haben.

Jetzt zu sagen, es ist aus, ist nicht eine Einsicht in das Mögliche, sondern ist ein vorzeitiges "w. o."-Geben, ohne das Maximale zu erreichen versucht zu haben.

Sie, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, die in dieser Regierung sitzen, deren Sprecher sagen, nein, jetzt muss ein Volksbegehren her, stimmen, wenn Sie sich hier anders verhalten, dem Schließen des Energiekapitels und damit dem Ende der politischen Gesprächsbasis zu. Wie Sie das vor sich selbst und gegenüber den Menschen, die Sie wählen und von Ihren Haltungen überzeugt sind, vertreten wollen, das kann ich nicht nachvollziehen. Die Wortrabulistik des Kollegen Westenthaler mit dem Beiseitelegen wird Sie aus dieser Verantwortung nicht befreien.

Wenn nächste Woche diese Entscheidung fällt, dann ist das Buch der Geschichte "Österreichs Kampf gegen Temelin" geschlossen, was immer Sie (zu den Freiheitlichen) sich vormachen und Sie (zur ÖVP) sich vormachen. (Bundesrat Dr. Böhm: Wir machen uns nichts vor!) Das ist für dieses Haus die letzte Chance! Wenn Sie sie nicht nützen, dann fallen Sie dem, was Sie angeblich vertreten, in den Rücken. Aber nachdem ich gehört habe, dass Herr Haider auf einem Parteitag der FPÖ entgegen dem damaligen Parteikurs für die Kernkraft eingetreten ist, muss ich sagen, es ist vielleicht auch die wirkliche Absicht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

18.19

Präsident Alfred Schöls: Der von den Bundesräten Marizzi, Genossen und Genossinnen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Verunsicherung der österreichischen Bevölkerung durch widersprüchliche Aussagen der Mitglieder der Bundesregierung zu brisanten Themen ist genügend unterstützt und steht demnach in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Ferdinand Maier. – Bitte.

18.19

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wieder einmal so weit: Die sozialdemokratische Fraktion hat sich wieder einmal zu einer Dringlichen aufgeschwungen. Ich habe das letzte Mal schon darauf hingewiesen: Sie sollten sich auch ein bissel mit Kollegen Schennach ins Einvernehmen setzen, damit die Qualität der Dringlichen ein bissel besser wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit diesen, noch dazu vernadernden, Begriffen, die dieses Mal in der Dringlichen enthalten sind – der Herr Staatssekretär hat schon davon gesprochen –, werden wir in der Sache nicht weiterkommen, und inhaltlich wird es auch nicht besser.

Ich mache mir jetzt langsam Sorgen, dass Sie vom Klub der Sozialdemokraten hier im Parlament gar nicht mehr wahrgenommen werden, denn sonst müssten Sie darüber informiert worden sein, dass morgen im Hauptausschuss all das zur Debatte steht. Wenn Sie es wirklich ernst meinen, dann hätten Sie darauf gewartet, was Ihre Kollegen morgen im Hauptausschuss hören und allenfalls an Anträgen mittragen. (Bundesrat Konečny: Ich habe geglaubt, wir hören etwas vom Herrn Staatssekretär, aber der hat ja nichts gesagt!) So bringen Sie wieder einmal eine Dringliche ein, die wieder einmal eine Peinlichkeit ist. Aber auf der anderen Seite – man soll es auch positiv sehen – bietet sie die Möglichkeit, Ihnen wieder einmal zu sagen, wie es wirklich ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Herr Professor spricht hier immer so nett und glaubt, die außenpolitische Weisheit mit dem Löffel gegessen zu haben. Er hat auch den künftigen Spitzenkandidaten der Sozialdemokraten in Tschechien, Spidla, angesprochen. Wenn er aber wirklich wüsste, was los ist, hätte er das so nicht gemacht. Das ist aber nicht möglich, weil er auch mit seinem jetzigen Parteifreund Zeman nicht spricht und er auch seinen Parteivorsitzenden Gusenbauer nicht animiert, mit ihm zu reden. Daher kann er natürlich auch nichts wissen, ich verstehe es, und daher ist so eine Dringliche gut, weil wir Ihnen dann Informationen geben können. Vielleicht haben Sie einmal Gelegenheit, mit Spidla zu reden, aber jedenfalls hat er zu den Kritikern angesichts des Abschlusses gehört. Wenn man versucht, eine Problemlösung zu finden, dann müssen Sie mit einer Regierung verhandeln, die im Amt und auch paktfähig ist.

Ein Zweites: Ich verstehe natürlich, dass Sie ein bisschen ablenken wollen. Man wird langsam nervös, denn die Zeitungsberichte machen auch keine Freude. (Bundesrat Gasteiger: Wovon sollen wir nervös werden?) Ich lese Ihnen vor: Der am Freitag von SPÖ-Vorsitzenden Alfred Gusenbauer erhobene Vorwurf, die österreichische Verhandlungsdelegation habe es verabsäumt, auf die Nichtinbetriebnahme Temelins zu drängen, zeugt von tiefer Realitätsverweigerung oder von mangelndem Verantwortungsgefühl.

Dass man das nicht gerne liest, das verstehe ich. Wenn man aber in der gleichen Zeitung liest: Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat wieder einmal mit hohem Einsatz gepokert und gewonnen, oder: Schüssel darf sich über den bisher größten Erfolg seiner Kanzlerschaft freuen, kann Sie das nicht freuen. Das verstehe ich. Aber auf der anderen Seite zeugt es von einer gewissen Nervosität. Ich würde mir an Ihrer Stelle nicht die Arbeit machen, zu dokumentieren, was von der Regierung in den letzten Tagen und Wochen gesagt wurde. Sie sollten ein bisschen weiter gehen. (Bundesrat Gasteiger hält eine aufgeschlagene Doppelseite der Zeitschrift "News" in die Höhe, auf der als Überschrift zu lesen ist: "Mehrheit gegen den Schüssel-Kurs".) Schauen Sie sich doch einmal an, was von Ihren Bundeskanzlern Vranitzky oder Klima gemacht wurde? – Herr Kollege! Da gab es Gesprächsverweigerung! Da haben Sie weggeschaut! Warum haben Sie denn damals nicht Dringliche an Ihren Bundeskanzler gerichtet und gesagt: Dort ist eine Gefahr, macht doch etwas!

Der "Melker Prozess" ist erst durch diese Regierung eingeleitet worden. (Klubbedienstete teilen Abendausgaben der morgigen Tageszeitungen aus.) – Schauen Sie einmal, ob Sie vielleicht vorkommen, Herr Kollege Konečny, denn Ihre weit ausschweifenden Bemerkungen werden wahrscheinlich Glossen füllen! (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Konečny: Das war vor so kurzer Zeit, dass sie nicht drinnen sein können!)

Ihre bisherigen Kanzler Vranitzky und Klima haben Gesprächsverweigerung praktiziert und in Wirklichkeit einen Stillstand in diesen Fragen herbeigeführt. Ich frage Sie, warum Sie damals keine dringlichen Anfragen gestellt haben.

Wenn Herr Professor Konečny, der sich jetzt sucht und vermutlich nicht findet, hier von einer "Brezn" gesprochen hat, dann weiß man, dass er nicht Schifahren kann. Denn jeder, der das Problem hat, in eine schwierige Situation zu kommen, versucht entweder durch eine Rolle vorwärts oder durch einen saloppen Sprung, die Schi wieder parallel zu bekommen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Konečny: Herr Kollege, das hupfen Sie mir vor!)

In diesem Zusammenhang möchte ich zu Ihrer Beruhigung, damit Sie sehen, dass die Parteien der Regierung, die auch im Nationalrat einen Entschließungsantrag eingebracht haben, auch im Bundesrat in dieser Frage nicht untätig sind, gemeinsam mit Herrn Professor Böhm einen Entschließungsantrag einbringen, der wie folgt lautet:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Dr. Ferdinand Maier, Dr. Peter Böhm und Kollegen betreffend die Umsetzung des "Protokolls von Melk" bezüglich des KKW Temelin

Der Bundesrat wolle beschließen:

1. Die österreichische Bundesregierung wird ersucht, für den europaweiten Ausstieg aus der Kernenergie einzutreten und weiterhin den Ausstieg von den dazu bereiten Ländern zu unterstützen.

2. Die österreichische Bundesregierung wird ersucht, auf europäischer Ebene weiterhin nachdrücklich für die Schaffung einheitlicher und hoher Sicherheitsstandards von KKW-Anlagen einzutreten.

3. Die österreichische Bundesregierung wird ersucht, im Sinne der oben zitierten Entschließung des österreichischen Nationalrates dem vorläufigen Abschluss des Energiekapitels im Rahmen der Beitrittsverhandlungen mit der Tschechischen Republik nicht zuzustimmen, solange folgende Voraussetzungen nicht erfüllt sind:

Die Tschechische Republik verpflichtet sich, im Rahmen einer Neuverhandlung des bilateralen Nuklear-Informationsübereinkommens die Standards des Informationsaustausches auf ein neues, höchstmögliches Niveau anzuheben.

Die Tschechische Republik verpflichtet sich, die von Österreich in die Diskussion eingebrachten zentralen 7 Sicherheitsprobleme zu lösen und die Lösungen umzusetzen.

Die Tschechische Republik verpflichtet sich, die 21 im Bericht der tschechischen UVP-Kommission bezüglich der Umweltverträglichkeit des KKW Temelin definierten Maßnahmen genauestens umzusetzen.

Die Tschechische Republik verpflichtet sich, den vereinbarten Maßnahmen jenen hohen Grad der Verbindlichkeit einzuräumen, der die Umsetzung seitens der tschechischen Republik und insbesondere auch seitens der jeweiligen Eigentümer der Temelin-Betreibergesellschaft auch künftig garantiert.

Diese mit Tschechien bezüglich Temelin zu vereinbarende Vorgangsweise wird auch im Rahmen des Beitrittsprozesses auf wirksame Weise verankert.

4. Die österreichische Bundesregierung wird ersucht, vor dem Hintergrund der aktuellen Verhandlungen mit der Tschechischen Republik bezüglich des Kernkraftwerkes Temelin ihre Position im Hinblick auf die Nullvariante und ihre Bereitschaft, die Tschechische Republik – beispielsweise im Rahmen des Ausbaus von Energiepartnerschaften – bei konkreten Schritten zum Ausstieg aus der Kernenergie zu unterstützen, weiterzuverfolgen.

*****

Wir bringen diesen Antrag ein und laden Sie ein, mitzugehen. Sie haben zuerst schon gesagt, wir sind gar nicht so weit auseinander. Bei der Diskussion im Nationalrat wurde von Ihrer Seite Haarspalterei betrieben, weil Sie nicht auf diese Linie gehen durften oder nicht gehen wollten, weil – es ist schon gesagt worden – Präsident Fischer einen anderen Standpunkt vertritt als Herr Kollege Cap und Frau Sima wieder eine andere Meinung als Kollege Swoboda hat und dergleichen mehr.

In Wirklichkeit ist es bei Ihnen hausgemachte Ratlosigkeit. Herr Kollege Konečny! Wenn Ahnungslosigkeit wehtun wόrde, mόssten Sie schreien. Denn was Sie heute hier gesagt haben, war nichts anderes als Polemik. Ich lade Sie ein: Gehen Sie ein Stόck von Ihrer destruktiven Oppositionsrolle weg, stellen Sie sich auch ein bisschen gegen die Haltung Ihres Parteivorsitzenden, denn wenn Sie wirklich eine Europapartei sein wollen, dann dürften Sie den Beitrittsprozess nicht blockieren! Mit Ihrer Haltung machen Sie aber den Eindruck, dass Sie diesen Prozess, den größten Friedensprozess in Europa in diesem Jahrhundert, blockieren wollen. Und das ist Ihre Verantwortung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

18.27

Präsident Alfred Schöls: Der von den Bundesräten Dr. Maier und Dr. Böhm eingebrachte Entschließungsantrag betreffend die Umsetzung des "Protokolls von Melk" bezüglich des Kernkraftwerkes Temelin ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Peter Marizzi. Ich erteile es ihm.

18.28

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Maier! Sie haben auch nicht mit Polemik gespart, ebenso wie der Herr Staatssekretär. Ich meine, dass dieses Thema mit großen Emotionen verbunden ist, und glaube, dass es notwendig gewesen wäre, ein Jahr zu verhandeln. Mir persönlich ist bei dieser ganzen Diskussion rund um Temelin eines aufgefallen, und ich habe Ihnen schon einmal erzählt, dass ich selbst Kernkomponenten gebaut habe und in zehn Kernkraftwerken war und vom Atombefürworter zum Atomgegner wurde ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier. )  – Nein, nein, ich kenne mich da ein bisschen aus, Herr Kollege Maier, und ich würde Sie bitten, hier nicht polemisch zu sein, denn da geht es mir persönlich um die Sache. Glauben Sie mir das!

Wenn ich daran denke, dass Österreich von Atomkraftwerken umgeben ist, und wenn heute und bereits das ganze Jahr immer nur Temelin angesprochen wird, dann meine ich, wir müssen auch davon reden, Herr Kollege Maier, dass auch Ungarn ein EU-Beitrittskandidat ist. Die Ungarn wollen auch in die Europäische Union, haben aber bekanntlich vier Blöcke eines Ost-AKWs in Betrieb. Und diese Ost-AKWs, wissen wir alle, haben einen gewissen Unsicherheitsfaktor.

Wir reden fast nie von Krško – immer nur von Temelin. Ich glaube, Krško ist in Richtung Klagenfurt näher als Temelin. Über diese Problematik sollten wir auch einmal reden.

Wir sollten auch über die Kernkraftwerke in Mochovce und in Bohunice in der Slowakei reden. Ich will das jetzt gar nicht auf speziell gefährliche Kernkraftwerke ausdehnen, wie etwa Ignalina in Litauen, und eines der gefährlichsten ist Kosloduj. Aber ich glaube, es wäre sinnvoll, wenn man jetzt Zeit gewinnt und sagt: Wenn die Länder ein Einstiegsszenario in die Europäische Union wollen, dann sollten sie zumindest ein Ausstiegsszenario für ihre gefährlichen Kernkraftwerke formulieren. (Ruf bei der ÖVP: Der Vertrag ...!)

Moment! Der Vertrag kommt sehr spät, aber wir werden uns das anschauen. Wir haben das besprochen, wir werden ihn durchlesen, und wir werden ihn uns sachlich ansehen. Ich kann aber jetzt von hier aus nicht ja oder nein dazu sagen. Es wird eine Fraktionsbesprechung darüber geben, ob wir da mitgehen oder nicht. Aber es ist zumindest sinnvoll und ein erster Schritt, dass man sich das überlegt und das Kapitel nicht schließt, sondern beiseite legt.

Herr Staatssekretär! Zu dem, was Sie gesagt haben, muss ich ein bisschen in die "Kiste" greifen: Wenn ich mir die ÖVP-Linie anschaue, dann stelle ich Folgendes fest: Am 24. Juni fordert Haider das Veto. Zwei Tage später sagt Herr Bundeskanzler Schüssel: kein Veto. Dann wird die ÖVP-Linie im August verlassen. Am 14. August will Pröll ein Veto nicht mehr ausschließen. Am 19. August ist ein Veto für Pühringer vorstellbar. Görg gibt sich ebenfalls gesprächsbereit. Und am 2. September – all das ist nachlesbar! – zeigt Schüssel Verständnis für die Veto-Drohung – also ein echter Zickzackkurs.

Dann kommt der ÖVP-Schwenk. Zwei Wochen später schwenkt die ÖVP wieder um und vertritt abermals eine strikte Veto-Ablehnungslinie. Schüssel sagt am 17. September: Das Veto sei ein völlig falscher Weg, und auch Pühringer spricht sich jetzt wieder gegen ein Veto aus. – (Der Redner hält eine mehrseitige Unterlage in die Höhe.) Glauben Sie mir, wir haben das hier dokumentiert. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Ihre Anfrage, Herr Kollege! Lesen Sie die überhaupt? Mitglieder der Bundesregierung ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich komme schon dazu, warten Sie ein bisschen! Anfang November – damit wir gleich von der Bundesregierung reden – prägen Molterers Aussagen die Koalitionsauseinandersetzung. Zuerst plädiert Kollege Molterer für seriöse Verhandlungen, und danach erklärt er – das ist besonders lustig –, ein Ausstieg sei überhaupt nicht mehr realistisch. – Also die ÖVP fährt wieder, zum vierten Mal, eine Anti-Veto-Position. Glauben Sie mir, ich könnte das fortsetzen. All das ist dokumentiert.

Man kann natürlich alles beschönigen und alles, was die Regierung macht, "gutreden". Aber wenn man sich die Umfragen anschaut – aber diese müssen nicht stimmen –, dann stellt man fest, es sind nur 29 Prozent für diese Schüssel-Linie. Da kann man sagen, okay, Rauscher hat heute das erste Mal gegen die SPÖ geschrieben, aber wenn ich mir die Schlagzeilen der "Kronen Zeitung" der letzten Woche anschaue, dann könnte ich Ihnen mindestens fünf zeigen, in denen die ÖVP ihr Fett abbekommt. (Der Redner hält eine Ausgabe der "Kronen Zeitung" mit der Schlagzeile "Zu wenig, Herr Bundeskanzler" in die Höhe.)  – Herr Staatssekretär! So einfach haben Sie es nicht mit den Zeitungen, und so gut dürfte Ihre Linie nicht sein!

Der von mir geschätzte Herr Rauscher hat halt heute einmal der SPÖ, die natürlich eine schwierigere Position hat, in diesem Bereich eine verpasst. Warum auch nicht? – Aber unsere Linie ist seit eh und je klar, und wir sagen: Wir sind für ein kernkraftwerkfreies Mitteleuropa. Und ich sage Ihnen auch, warum.

Temelin ist sicherlich nicht nur ein Symbol, sondern Temelin ist aus meiner Sicht ein Schuhlöffel, um Ost-AKWs mit westlicher Technologie umzurüsten und um diese westliche Technologie dann auch bei den Ungarn, später vielleicht auch bei den Rumänen und bei allen anderen Reformstaaten einzusetzen.

Aber – Herr Professor Böhm, Sie haben mich angesprochen – diesbezüglich verstehe ich die Haltung der FPÖ nicht. Warum richtet sich Ihre Kritik nur gegen die Tschechen? Wann nehmen Sie endlich einmal andere gefährliche Kernkraftwerke in den Mund?

Warum reden Sie zum Beispiel nie von Krško? Warum reden Sie nie von Ungarn? Warum reden Sie nie von Mochovce, Herr Professor Böhm? Warum reden Sie nie von Dukovany? – Sie differenzieren, und das fällt auf. (Bundesrat Mag. Himmer, eine Unterlage in die Höhe haltend: Erster Punkt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierung! Herr Kollege Maier! Sie sagen, bei uns ist eh alles paletti. Lesen Sie einmal das heutige "NEWS", Herr Kollege, lesen Sie nur die eine Seite mit dem Interview! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Bitte schön, das ist ein Interview, das ist authentisch, das schreibt kein Ghost-Writer! Oder glauben Sie, das ist wieder ein Interview mit sich selbst? (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Darin heißt es zum Beispiel: "Drohungen beeindrucken mich nicht." Dann kommt die nächste Seite, da heißt es: "Das Anti-Temelin-Volksbegehren schadet." – Sind das alles mit sich selbst geführte Interviews, oder meinen Sie, dass die Journalisten das bewusst in den Raum gestellt haben?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, das Thema Kernkraft ist wirklich sehr ernst, und ich möchte Ihnen zum Abschluss Folgendes sagen. Ich war in Tschernobyl und bin dort vor dem Sarkophag gestanden. Dort stand ein ukrainischer oder damals russischer Soldat, obwohl Sommer war, im Wintermantel. Er hatte vielleicht die Hoffnung, das würde ihn vor den Strahlen schützen. Der Direktor dieses Kernkraftwerks hat uns erklärt, der Neutronenbeschuss schädige den Stahlmantel des Kraftwerks, er müsse also irgendwann wieder ersetzt werden, und unten, zirka 20, 30 Meter unterhalb des Sarkophages sei noch immer eine radioaktive Reaktion im Gange.

Das ist eine Giftsuppe, die eine Halbwertszeit von etwa 10 000 Jahren hat. Das heißt, fünf Mal die Zeitspanne von Jesus Christus bis jetzt müsste ein Wächter oder Soldat neben dem Sarkophag stehen und das bewachen. 10 000 Jahre!

Schauen wir uns an, welche gefährlichen Kernkraftwerke wir in unserer Nähe haben. Es spielt keine Rolle, ob das Temelin oder Kosloduj ist. Wenn der Betrieb in einem dieser Kraftwerke zusammenbricht, dann ist Europa von einem atomaren Fall-out bedroht. Es geht also nicht darum, ob jetzt eine Regierung nach Tschechien fährt und mit Herrn Zeman – in Haiders Diktion – eine Privatvereinbarung oder eine Regierungsvereinbarung abschließt oder etwas anderes macht. Ich meine, angesichts des vollen Ernstes der Lage muss man zumindest eine gemeinsame Vorgangsweise und nicht diesen Zickzackkurs wählen.

Wir haben heute über die Pensionen gesprochen. Im heutigen "Kurier" steht, dass 68 000 Wienerinnen und Wiener arbeitslos sind. Und über die Nachrichten erfährt man, dass im Semperit-Werk Traiskirchen wahrscheinlich bald die letzte Schicht gefahren wird. Ich muss Ihnen sagen, wenn ich mir anschaue, welchen Zickzackkurs manche Ihrer Regierungsmitglieder und Ihrer Partei fahren, dann habe ich direkt Angst um das Management dieser Republik.

Ich werde hier keine Aussprüche verwenden, die unter der Gürtellinie sind, aber glauben Sie mir, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist sehr ernst. Ich glaube, wenn wir alle gemeinsam die Nullvariante wollen, dann sollten wir dieses eine Jahr noch nutzen, und vielleicht bringen wir gemeinsam einen Erfolg für eine Nullvariante zu Stande, aber nicht nur für Temelin, sondern auch für alle anderen Kernkraftwerke! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.39

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Professor Dr. Peter Böhm. Ich erteile es ihm.

18.39

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Obwohl es natürlich nicht abgesprochen war, könnte ich meinen Vorredner, Kollegen Maier, fast paraphrasieren. In ermüdender Monotonie versucht die SPÖ, mit ihren dringlichen Anfragen der Bundesregierung die klare politische Linie abzusprechen. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat Gasteiger: Die Wahrheit hat noch nie ...!)  – So heute wieder einmal, und diesmal in der Frage des Atomkraftwerkes Temelin.

Gewiss hat es – ich will das gar nicht leugnen – zeitweilig durchaus unterschiedliche Auffassungen darüber gegeben, wie in Bezug auf das erwähnte Atomkraftwerk das für Österreich bestmögliche Ergebnis zu erzielen wäre.

Unterschiedliche Meinungsäußerungen hat es von Repräsentanten beider Regierungsparteien gegeben. (Bundesrat Gasteiger: Gibt es noch!) Aber, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, in diesem Punkt erliegen Sie freilich einer höchst selektiven Wahrnehmung: Keine Partei weist eine größere Bandbreite an Standpunkten zu Temelin auf als gerade die SPÖ! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Während Präsident Heinz Fischer und die Mandatare des Europaparlaments Hannes Swoboda und Maria Berger das in Brüssel von Bundeskanzler Schüssel erzielte Ergebnis lobten, zeigte sich die Umweltsprecherin der SPÖ, Ulli Sima, darüber geradezu entsetzt. Während sich die einen Abgeordneten der SPÖ mit eventuellen Verbesserungen des Sicherheitsniveaus des Atomkraftwerkes abfinden, streben andere – nicht zuletzt Parteiobmann Gusenbauer und wohl auch Klubobmann Cap – die Nullvariante, also die Stilllegung, an. Wieder andere wollen bis dahin – so auch Sie heute – den vorläufigen Abschluss des Energiekapitels mit der Tschechischen Republik blockieren.

Sie nennen das bloß nicht "Veto"! Da sind wir schon ehrlicher. Sie haben schon Recht: Der vorläufige Abschluss ist kein endgültiger Abschluss. Sie haben auch Recht, dass bei Schlussverhandlungen die Sache nochmals verhandelt werden kann. Aber Sie selbst haben ja mit Recht zitiert und sich dabei auf gemeinschaftsrechtlich kundige Beamte bezogen: So einfach geht das nicht! (Bundesrat Konečny: Eben! Darum sind wir ja dagegen!) Wenn der vorläufige Abschluss einmal vollzogen ist, wäre es geradezu ein Verhalten wider Treu und Glauben, wenn man ohne gute Gründe, insbesondere wegen nachträglicher Änderung der Verhältnisse, neu verhandeln wollte.

Oder nehmen wir beispielsweise Bezug auf die Brüsseler Vereinbarung. Wenn nachweislich die Tschechische Republik die dort übernommenen Vereinbarungen nicht eingehalten haben sollte, nur dann könnten wir das nochmals in Frage stellen, wenn einmal der vorläufige Abschluss erfolgt ist.

Aber eben das müssen Sie auch gegen sich gelten lassen! Denn wenn Sie selbst ja davon ausgehen, dass Sie meinen, diese Sicherheitsstandards der EU sind bei Temelin nicht erreicht, und daher dürfe jetzt keinesfalls der vorläufige Abschluss erfolgen – und Sie haben keinerlei Gewähr, dass sich in der Zwischenzeit Grundlegendes ändert –, dann müssten Sie ja auch, falls das so ist und meine pessimistische Einschätzung hier zutrifft, bei den Schlussverhandlungen nein sagen. Und bei den Schlussverhandlungen nein zu sagen, ist dasselbe wie ein Veto! Das können Sie ja nicht bestreiten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Klubobmann Cap ging insofern noch viel weiter, fordert er doch sogar ein EU-weites Ausstiegsszenario. – Darin wollen Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, eine klare politische Linie Ihrer Partei erkennen? Darin sehen Sie keine "Verunsicherung der österreichischen Bevölkerung durch widersprüchliche Aussagen zu brisanten politischen Themen"? – Allein diese Doppelbödigkeit macht die Fragwürdigkeit Ihrer dringlichen Anfrage vollends deutlich.

Nun zu dem von mir sehr geschätzten Kollegen Marizzi (Bundesrat Marizzi: Danke!) – Sie haben mich ja angesprochen –: Zum Ersten konnte ich Ihre Bemerkung nicht nachvollziehen, als Sie gemeint haben: Die SPÖ sei ja in einer viel schwierigeren Situation. – Ich würde das Gegenteil behaupten. Die von mir aufgezeigte Diversifizierung der Aussagen ihrer führenden Repräsentanten erklärt sich ja nur daraus, dass die SPÖ die Freiheit hat, zu sagen, was sie will, weil sie keinerlei Verantwortung dafür zu übernehmen hat!

Aber nun zu Ihren Sachargumenten, die leider doch keine ausreichende Information erkennen lassen. Mir persönlich – ich habe das bei einer früheren Debatte, die sich darauf bezogen hat, schon festgehalten – werden Sie sicherlich niemals nachsagen kφnnen, dass ich nicht auf mehreren Ebenen die Anti-Atompolitik mitgetragen habe. Herr Kollege Konečny wird sich vielleicht daran erinnern, dass ich schon einmal darauf hingewiesen habe, dass ich von Beginn an, nämlich seit seiner Umstrukturierung unter Kanzler Vranitzky dem Forum für Atomfragen angehöre und schon zu einer Zeit angehört habe, als das Forum Bundeskanzler Vranitzky und in weiterer Folge Bundeskanzler Klima als Beratungsgremium zur Verfügung stand; heute steht es Bundesminister Molterer zur Seite.

Von Anfang an, seit dieser Zeit bis heute, gehöre ich diesem Forum an und war selbstverständlich bei allen Prüfungen und Überlegungen, was man in Bezug auf die Atomkraftwerk Krško, Bohunice und Mochovce unternehmen könne, stets eingebunden; natürlich nicht als Experte der Atomenergie, der ich freilich nicht bin, sondern in rechtlicher Hinsicht war ich in diesem Forum beratend tätig und bin es bis heute. Ich stehe bis heute auch in engster Zusammenarbeit mit dem Ihnen sicher bekannten Professor Kromp.

Aber ich muss auch etwas anderes dazu sagen: Sie übersehen auch Folgendes und widersprechen sich damit zugleich, denn Sie selbst haben ja gesagt, dass bei Temelin eine Besonderheit dazukommt: der "Mix" mit westlicher Nachrüstungstechnologie. Sie haben mit Recht gesagt, das könnte ein Einstiegsprojekt sein, und daher hat das eine ganz andere Symbolik. Für die anderen Modelle trifft das bei weitem nicht zu. (Bundesrat Marizzi: Wieso nicht?!)

Sie haben noch eine Differenzierung unter den Tisch fallen lassen: Es gibt bereits längst ein zwischen der EU und bestimmten Beitrittskandidaten ausgehandeltes Ausstiegsszenario, wonach Ignalina in Litauen jedenfalls zu schließen ist, wonach Kosloduj in Bulgarien jedenfalls zu schließen ist, und wonach Bohunice nicht sofort, aber doch in einem vertretbaren Zeitraum zu schließen sein wird.

Sie müssen bei Temelin aber noch zwei Dinge bedenken: Zum einen ist das AKW Temelin derzeit bitte im Testbetrieb, im Probebetrieb. (Bundesrat Marizzi: 27 Störfälle!)  – Nein, das ist ja nicht für Temelin gesagt, sondern ich will eine andere Schlussfolgerung daraus ableiten. (Bundesrat Marizzi: Und Sie wollen das Energiekapitel abschließen und beiseite legen!)  – Wer sagt das? – Lassen Sie mich den Gedanken zu Ende führen.

Es geht darum, dass die von Ihnen genannten AKWs, bei denen kein unmittelbares Ausstiegsszenario bevorsteht, nicht im Probebetrieb sind, sondern sich seit Jahren im Vollbetrieb befinden und daher eine weitaus kürzere Restlaufzeit haben, während Temelin ja 40 Jahre beziehungsweise, wie manche schon sagen, 60 Jahre lang laufen würde.

Etwas anderes müssen Sie auch noch sehen: Wenn wir die Bezugnahme auf die EU-Standards haben, dann haben wir zwar auf der einen Seite das Problem, dass es EU-einheitliche Standards derzeit leider nicht gibt, aber den so genannten Stand der Technik kennen wir natürlich auch in der EU; und da erhebt sich eine Streitfrage:

Unser strenger Standpunkt – ich bin überzeugt, darin sind wir uns parteienübergreifend einig – wäre natürlich jener Sicherheitsstandard, wie er derzeit dem aktuellen Stand der Technik entspricht. Und den, meinen wir, kann man beim AKW Temelin fordern, weil es eben erst im Probebetrieb ist. Es hat insofern als neues AKW zu gelten, aber die EU sieht das anders. Jedes AKW, das in irgendeiner Form läuft, versteht sie als Alt-AKW, auf das man natürlich nicht denselben Stand der Technik rückwirkend anwenden, sondern bestenfalls Nachrüstungen einmahnen kann.

Der Vergleich hinkt, das weiß ich schon – auch von der Tragweite her –, aber das ist so ähnlich wie bei Autos, wenn der Katalysator eingeführt wird. Da muss man natürlich die alten Modelle auslaufen lassen, und nur bei Neuzulassungen verlangt man den letzten Stand der Technik. – Das ist der grundlegende Unterschied bei Temelin.

Ich komme zur dringlichen Anfrage zurück. Festzuhalten bleibt, dass gegenüber dem einleitend von mir Gesagten die Regierungsparteien, ungeachtet der vorhin von mir eingeräumten Auffassungsunterschiede, die ja an sich legitim sind, auf Regierungsebene immer zu einer einheitlichen Linie gefunden haben. Das zeigt sich auch auf parlamentarischer Ebene, wie der vorangegangene gemeinsame Entschließungsantrag unserer beider Parteien im Nationalrat und der heute inhaltsgleich gestellte gemeinsame Entschließungsantrag in unserem Hohen Haus, den Kollege Maier schon vorgestellt hat, beweisen.

In diesen Anträgen kommt vor allem mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, dass über die angestrebten Ziele der österreichischen Anti-Atompolitik innerhalb der Regierungspartner völlige Übereinstimmung herrscht.

Im Rahmen des Melker Dialoges konnte – und das ist bemerkenswert – die Erklärung des tschechischen Außenministers Kavan erreicht werden, dass das Atomkraftwerk Temelin nicht in Betrieb gehen wird, wenn es nicht den Sicherheitskriterien nach dem Stand der Technik in der Europäischen Union entspricht.

Ich weiß schon, er ging davon aus, es entspreche diesem, aber darum war es mir vorhin ja so wichtig (Bundesrat Konečny: Sie gehen auch davon aus, es entspricht!)  – nein, ich gehe nicht davon aus! –, auf diese Differenz hinzuweisen, dass man eben nicht Alt-AKW-Standards anlegen darf, sondern dass man bei Temelin vom Stand der Technik, wie er derzeit in der EU besteht, auszugehen hätte. Dann sieht die Sache ganz anders aus.

Damit ist unser primär angestrebtes Ziel der Stilllegung von tschechischer Seite selbst angesprochen worden, auch wenn manche Journalisten meinen, das sei ja völlig illusionär. Ausdrücklich ist im Melker Protokoll ferner die Vereinbarung festgehalten, dass einem vorläufigen Abschluss des Energiekapitels ohne ausreichenden Nachweis über die aktuellen Sicherheitsstandards entsprechend dem aktuellen Stand der Technik auf EU-Ebene und der Umweltverträglichkeit des Kernkraftwerkes Temelin nicht zugestimmt werden kann.

Beiden Regierungsparteien ist es darüber hinaus ein Anliegen, auf europäischer Ebene auch auf die Schaffung einheitlicher und hoher Sicherheitsstandards der EU auch für noch im Betrieb befindliche Kernkraftwerke hinzuwirken. Auch das Fernziel, nämlich der EU-weite Ausstieg aus der Atomindustrie, ist beiden Parteien und damit dieser Bundesregierung völlig gemeinsam.

Der gemeinsame Standpunkt der Regierungsparteien wird auch morgen im Hauptausschuss des Nationalrates zum Ausdruck kommen. Es wird da zweifellos eine für die Frau Außenministerin bindende Verhandlungsposition formuliert werden. Im Hinblick darauf und auch auf unseren eigenen heute gestellten Entschließungsantrag sieht sich meine Fraktion nicht veranlasst, dem Entschließungsantrag der SPÖ beizutreten.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Aus all dem drängt sich meiner Fraktion folgender Schluss auf: Wie schon die letzten dringlichen Anfragen ergeht sich auch diese weithin in finsterer Polemik, und erneut ist das eigentliche Ziel auch der heutigen dringlichen Anfrage offenkundig, nämlich einen Keil zwischen die Regierungsparteien zu treiben.

Wie Sie sie sich in diesem durchsichtigen Versuch monoton wiederholen, muss auch ich dies leider tun: Dieser Versuch mit untauglichen Mitteln ist zum Scheitern verurteilt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.53

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile es ihm.

18.53

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Minister kommen und gehen im Bundesrat, aber Herr Staatssekretär Morak ist immer bei uns. Dafür muss man ihn wirklich einmal ausdrücklich loben. (Allgemeiner Beifall.) Das fällt auch auf.

Wir sollten fast überlegen, in der Präsidiale der Bundesregierung so etwas wie einen Bundesratsminister vorzuschlagen, denn Herr Staatssekretär Morak hat sich doch auf Grund der vielen Tage und Stunden, die er hier im Bundesrat verbracht hat, meiner Ansicht nach mittlerweile politisch gesehen den Titel, das universellste Mitglied der Bundesregierung zu sein, durchaus erworben. Ich finde das beeindruckend, muss ich sagen.

Herr Kollege Professor Böhm! Ich kann mich erinnern, als die FPÖ in der Opposition war – die Grünen waren es ja immer, jetzt ist auch die SPÖ in der Opposition –, gab es auch Anfragen der FPÖ, die absolut kein Heuler waren (Beifall bei der SPÖ), die gemacht wurden, um Platzhalter zu sein. (Bundesrat Bieringer: Da waren Sie ja gar noch nicht da! Haben Sie das nachgelesen? – Bundesrat Gasteiger: Das spricht sich herum!) Ich habe gerade vom Nationalrat gesprochen. Ich kann aber auch nachlesen, welche Anfragen es hier gegeben hat, das ist kein Problem.

Diese Anfrage, Herr Professor Böhm, hat allerdings schon ihre Berechtigung. Immerhin tagt morgen früh der Hauptausschuss, und es besteht praktisch morgen und am Montag die letzte Chance, dass sich die Länderkammer zu einem Prozess äußert, den die Bundesländer Niederösterreich, Wien, Oberösterreich, Salzburg als elementar bezeichnen und in dessen Rahmen Landeshauptleute – heute hat sich Herr Landeshauptmann Pröll leider vor jeglicher Antwort gedrückt – mit der Vetodrohung durch das Land gelaufen sind, und zwar vor Herrn Bundeskanzler Schüssel. Insofern ist diese Anfrage, diese dringliche Behandlung eines Themas nicht einmal 24 Stunden vor einer wirklich entscheidenden Sitzung durchaus berechtigt.

Ich hätte vielleicht nicht die Verunsicherung, sondern mehr vom Problem einer enormen Desinformation gegenüber der Bevölkerung in den Vordergrund gestellt. Ich bin nicht einmal so sicher, ob die Bevölkerung so verunsichert ist oder ob sie diese Desinformationskampagnen nicht ohnedies durchschaut.

Lassen Sie mich aber noch etwas Grundsätzliches sagen: Jahrhundertelang waren wir, die Österreicher, die Tschechen und die Ungarn ein Staat und nur 80 Jahre – wie kurz das in der Geschichte ist – nicht. Wir führen eine Diskussion – als Tiroler kann ich es mir leisten, das sogar biblisch auszudrücken – gegenüber unseren Brüdern und Schwestern, nämlich den Tschechen, die einfach abenteuerlich ist. Ich sage das hier durchaus auch selbstkritisch, meine Damen und Herren: Alle Parteien haben in dieser Diskussion Fehler gemacht. Auch wir, auch die Opposition hat in dieser Diskussion Fehler gemacht. Aber im Vergleich zu dem, was die Regierung in den letzten Wochen und Monaten geboten hat, ist ein Flohzirkus eine geordnete Truppe. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Herr Professor Böhm! Sie sagen, der Opposition werde es nicht gelingen, einen Keil zwischen die Koalitionsparteien zu treiben. Sie haben völlig Recht, die Keiltreiber sitzen innerhalb der Regierungsparteien. Die Opposition kann hier ganz gemütlich zuschauen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber wir haben in dieser ganzen Debatte doch eines mit zu berücksichtigen – auch das sei hier kritisch anhand einer oppositionellen Anfrage gesagt –: Temelin existiert nicht seit einer Woche, seit einem Monat, seit einem Jahr. Die Chance, Temelin nicht ans Netz gehen zu lassen, ist sicher eine Geschichte von zehn Jahren. Ich erinnere daran, wie wir seinerzeit massiv gefordert haben, dass es zu keinen EBRD-Krediten kommt. Das war nämlich die Voraussetzung für die Fertigstellung und vor allem auch dafür, dass es gelingt, diesen noch nie erprobten und in Temelin erstmals versuchten Mix aus Osttechnologie und Westtechnologie – und das am Beispiel einer hochgefährlichen Technologie – zu versuchen. Das ist sicherlich durch die EBRD-Kredite zum ersten Mal passiert, und das ist schon eine Geschichte von zehn Jahren.

Herr Kollege Lindinger! Sie haben heute in der ersten Runde unserer Föderalismusdebatte die Absurdität des Abkaufens von Temelin erwähnt. Ich glaube, dass das der einzige Weg gewesen wäre. Wir hatten zehn Jahre Zeit. Wir hätten zehn Jahre lang das AKW Temelin Tschechien abkaufen können, wir hätten es umrüsten können, wir hätten daraus mit einem Nachbarland, mit dem uns doch so viel verbindet, ein interessantes energiewirtschaftliches Projekt machen können.

Aber was wir heute haben, ist eine Diskussion, in der wir Begriffe verwenden wie Grenzblockaden und Veto, und das in engster Nachbarschaft mit einem Land, mit dem wir jahrhundertelang eine Einheit gebildet haben.

Herr Dr. Böhm und insbesondere Herr Gudenus! Ich verstehe, dass Sie die Beneš-Dekrete hier immer wieder ins Spiel bringen. Aber sagen Sie doch dazu, worauf die Beneš-Dekrete eine Antwort waren, nämlich auf den Überfall der Nationalsozialisten auf Tschechien, auf die Kollaboration ... (Bundesrat Mag. Gudenus: Das ist ja ungeheuerlich, was Sie von sich geben!) Das gibt Ihnen nicht das Recht, jede kollektive Beschuldigung ... (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Mag. Gudenus. )  – Hören Sie mir einmal zu! Nicht jede kollektive Bestrafung ist rechtens. (Bundesrat Mag. Gudenus: Na eben!) Aber es ist eine Reaktion gewesen, eine unrichtige Reaktion, aber eine Reaktion. Und wenn ich B sage, muss ich das geschichtliche A dazu sagen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Warum fangen Sie nicht 1918 an mit der Verletzung des Selbstbestimmungsrechtes?)

Vor allem dürfen wir heute diese historische Aufrechnung nicht in einen Zusammenhang mit dem größten Projekt, das wir in Europa kennen, bringen. Das ist die EU-Erweiterung. Das ist ein Kapitel einer Geschichte, zu dem sich die Tschechen bekennen müssen, das sie aufarbeiten müssen. Das ist ganz klar. Aber das kann nicht von einem Nachbarland für eine Vetopolitik eingesetzt werden, nie und nimmer.

Eines habe ich ganz interessant gefunden. Als Otto Habsburg, mit dem mich nichts verbindet, seinen 85. Geburtstag feierte, war er Gast in einer "Pressestunde". Es waren Journalisten wie Andreas Unterberger da, wer der Zweite war, weiß ich nicht. Und Otto Habsburg hat eine bemerkenswerte Äußerungen gemacht, die mir zeigt, dass dieser alte Mann mit einer stockkonservativen Tradition eine europäische Verantwortung spürt. Er hat gesagt: Ich bete jeden Tag zu Gott, dass die linke Regierung in Italien möglichst lange an der Macht bleibt, damit Slowenien möglichst rasch Mitglied der EU wird, denn jede rechte Regierung beginnt historische Geschäfte und eine historische Aufrechnung zu machen. – Das ist für mich europäische Verantwortung! Das ist für mich ein europäischer Geist. Wir wissen, dass wir, sowohl was den Ersten Weltkrieg als auch den Zweiten betrifft, eine historische Aufarbeitung notwendig haben, auch wenn Fehler von uns und auch von anderen zu Tage treten. Aber das kann nicht jetzt, da wir an der Schwelle zu einem ganz großen Projekt stehen, mit einbezogen werden. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Es geht um den Rechtsbestand der EU!) – Ja, ja, alles, alles.

Nun aber zu Temelin: Bleiben wir bei dem Keil, den sich die Regierung gegenseitig hineintreibt! Etwas ist interessant: Herr Minister Grasser sagt am 2. 12.: Ich hätte ein, zwei, drei Milliarden Schilling zum Abkauf von Temelin "eingeparkt".

Riess-Passer, seine Chefin, sagt: Kein Schilling für Temelin, weder für die Sicherheit noch für die Stilllegung. – Zickzack- oder Flohzirkus oder was auch immer.

Kollege Westenthaler sagt: beiseite gelegt, nicht abgeschlossen. Aber ein weisungsgebundener Beamter hat das Energiekapitel geschlossen. Morgen und am Montag ist es das letzte Mal.

Herr Staatssekretär! Sie sind nicht für diese Politik verantwortlich, aber Sie haben sie auch ganz stark vertreten als Mitglied der Bundesregierung, zu der Sie sich uneingeschränkt bekämpfen. (Zwischenruf der Bundesrätin Giesinger. ) – Bekennen, pardon. Das glaube ich nicht, dass Sie dem Herrn Staatssekretär das unterstellen wollen. Er bekennt sich zu dieser Bundesregierung, dessen bin ich mir ganz sicher. (Heiterkeit.)

Ich glaube, dass die ÖVP die FPÖ in dieser ganzen Frage mit einem gewaltigen Rums über den Tisch gezogen hat und dass die Versuche, ein staatliches Übereinkommen als private Hobbyaktion des Herrn Schüssel in Brüssel darzustellen, im Grunde genommen bereits auf Grund ihrer Kläglichkeit gescheitert sind. Aber, liebe ÖVP, Sie haben es einfach von Anfang an aufgegeben, für die Nullvariante, das heißt für den Ausstieg, zu kämpfen. Sie haben Temelin einfach zur Kenntnis genommen und versucht, einen widerspenstigen Koalitionspartner unter die Decke oder in den Rucksack zu packen, um endlich von Temelin Ruhe zu haben. So sieht dieses Ergebnis auch aus.

Dieses Ergebnis von Brüssel ist nämlich – es handelt sich um sieben Punkte – in mindestens fünf Bereichen erschreckend. Meine Damen und Herren! Es bleiben nämlich mehr Fragen offen, als bei dieser Übereinkunft in Brüssel gelöst wurden. Aber – und das ist halt so eine Geschichte, seit wir EU-Mitglied geworden sind – das hat auch die Vorgängerregierung betroffen, aber jetzt streiten wir in einer unglaublich emotionalen Debatte um eine künftige Nachbarschaft in dieser EU. Bedenken Sie doch eines: Dieses Tschechien liegt eigentlich im Herzen zwischen Berlin und Wien, es riecht also gar nicht nach einer Osterweiterung, sondern es liegt mittendrin zwischen Berlin und Wien. In wenigen Tagen werden Sie seitens der Regierung wiederum auf einen Pro-Atom-Kurs setzen, nämlich dann, wenn Frau Ministerin Gehrer kein Veto zum Budget von Euratom einlegt und 500 österreichische Millionen in eine Pro-Atom-Politik fließen.

Das, meine Damen und Herren, ist nämlich eine dieser Wahrheiten, die versteckt sind, wenn wir in Österreich in eine – jetzt sage ich das so, wie ich mir das öfters denke – hysterische Debatte in Sachen Temelin eintreten, bei allen berechtigten Ängsten. Wir haben immer gesagt, nur ein stillgelegtes Atomkraftwerk – und wir können stolz sein, dass wir Zwentendorf gewonnen haben – ist auch ein sicheres AKW. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Die Grünen in Deutschland ...!)  – Diese haben zumindest ein Ausstiegskonzept. Das hat die Regierung Kohl nicht geschafft, Herr Kollege! Das ist das rot-grüne Ausstiegsmodell, das in der Welt derzeit einmalig ist. (Beifall bei der SPÖ.) Das tut Ihnen weh, aber das rot-grüne Ausstiegskonzept in Sachen Atom ist einmalig. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon. ) Entschuldigen Sie. Da haben Regierungen davor auf die Atomkarte gesetzt und ein Land von der Atomenergie abhängig gemacht und auch die Wirtschaft so positioniert-

Auch ich sage, mir wären 20 Jahre viel lieber gewesen, aber es gibt auch einen wirtschaftlichen Erpressungsfaktor, den Sie dazusagen sollten, und der gespielt wurde. Das wissen Sie ganz genau, wenn Sie die Berichte aus Deutschland gelesen haben. Ich möchte nicht sehen, was passieren würde, wenn die jetzige Regierung in Frankreich einen ähnlichen Kurs vorlegte wie hier die Atomwirtschaft, und wir haben immer gesagt, dass die Atomwirtschaft eine besonders aggressive und eine besonders gefährliche Wirtschaft ist. Diese Atomwirtschaft spielt ja bei Temelin eine maßgebliche Rolle.

Ich kann das, was Peter Marizzi hier gesagt hat, nur unterstreichen. Wir alle schauen nach Temelin, auch wenn die NGOs genauso wie die Parteien Fehler gemacht haben, aber es ist immerhin beachtlich, dass ein NGO, nämlich das österreichische Ökologieinstitut, dieser Tage während einer hysterischen Debatte in der Innenpolitik mit einer Studie aufgewartet hat und den Mut hatte, zu sagen: Aber Temelin ist nicht das Schlimmste, es gibt noch andere. Wir sollten nie übersehen, dass Kosloduj wahrscheinlich 40-, 50-, 60-mal gefährlicher als Temelin ist. (Bundesrat Dr. Böhm: Das wird geschlossen!)

Das heißt aber, das kann trotzdem nicht bedeuten, dass wir den Widerstand gegen Temelin aufgeben. Ich hoffe, meine Damen und Herren, dass es morgen eine solch unwahrscheinliche Achse gibt, nämlich eine rot-grün-blaue Achse im Hauptausschuss, die eine Bindung der Außenministerin zu Stande bringt, das Energiekapitel zum Zeichen der Diskussion, auch als Mittel der Diskussion offen zu lassen, und dass das Energiekapitel nicht am Montag geschlossen wird. Das wäre das Wünschenswerte, und ich hoffe, dass der Herr Staatssekretär, unser Staatssekretär des Bundesrates, das auch noch heute der Frau Außenministerin mitteilt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.10

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. Ich erteile es ihm.

19.10

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir haben jetzt gehört, dass es schon rot-grün-blaue Phantasien gibt. Ich finde es interessant, dass man im Zusammenhang mit solchen Entschließungsanträgen an Vertreter der Regierungsparteien, die man hier bei dieser dringlichen Anfrage, bei der sie auf Grund des Zitationsrechtes anwesend sind, als "Hasardeure", "Egomanen", "Narzisse", "Populisten" und "Edelstatisten" bezeichnet, dann im nächsten Schritt die Einladung ausspricht, gemeinsame Sache zu machen. Das finde ich wirklich interessant, wie stark Sie an der Zusammenarbeit mit "Egomanen", "Narzissen" und "Populisten" interessiert sind. Ich glaube, eine solche Einleitung zu einer dringlichen Anfrage war schon ein besonderer Ausdruck von Peinlichkeit und einer staatstragenden Partei absolut unwürdig!

Ich bin immer wieder überrascht, wie beleidigt Sie dann reagieren, wenn sich der Ton in der Auseinandersetzung etwas verschärft. Hätten sich jedoch die Regierungsparteien auf ein solches Niveau begeben, wie Sie dies getan haben, dann hätten wir uns noch in derselben Sekunde gemeinsam auf den Bauch werfen müssen.

Ich möchte hervorheben, dass ich die Ausführungen von Kollegen Marizzi als sehr ehrliche Ausführungen empfunden habe, in denen er auch seine persönliche Geschichte als Atom-Befürworter, der sozusagen vom Saulus zum Paulus geworden ist, dargestellt hat. Es ist an sich eine historische Tatsache, dass die Sozialdemokratische Partei keine traditionelle Vorreiterrolle bei wichtigen politischen Fragen innehat. (Bundesrat Winter: Also bitte!) Ich gehe nur etwa davon aus, dass die Sozialdemokratische Partei Außenminister wie Erwin Lanc gehabt hat, der heute noch Referate in unterschiedlichen – kleiner werdenden – Klubs hält, der einmal gemeint hat, dass ein ordentlicher Sozialdemokrat in der EG eigentlich nichts zu schaffen hat.

An den Ausführungen des grünen Kollegen fasziniert mich auch, mit welchem Herzblut er heute an diesem Projekt Europa hängt. Ich muss sagen, dieses Herzblut ist mir auch in der Phase, in der es um den Beitritt zur Europäischen Union gegangen ist, nicht begegnet. Ähnliches finden wir auch in anderen Politikfeldern, zum Beispiel in der Sicherheitspolitik: Diese ist historisch gesehen ein Bereich, mit dem einige ÖVP-Politiker verbunden sind, und heute sind die Grünen dort angelangt, haben aber die Adaptierung an die neuen Zeiten nicht ganz nachvollzogen.

Auf jeden Fall fällt mir, weil hier von "Egomanen", "Narzissen" und "Populisten" die Rede war – ohne dass wir jetzt diese Ausdrücke verwendet hätten –, ein, dass es vor dem jetzigen Bundeskanzler einen anderen Bundeskanzler gegeben hat, und ich hege die Vermutung, dass, wenn es Viktor Klima nur annähernd gelungen wäre, ein solches Verhandlungsergebnis nach Hause zu bringen, wie das Bundeskanzler Dr. Schüssel geschafft hat, Andi Rudas vermutlich hundert Photosessions, eine Plakatserie und eine eigene Event-Marketingkampagne über dieses Ereignis gemacht hätte. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Daher meine ich – es ist dies schon in vielfacher Weise von Vorrednern erörtert worden –, dass wir, was unseren Standpunkt betrifft, gar nicht so weit auseinander liegen. Ich möchte daher in aller gebotenen Kürze auf die vier Punkte eingehen, die unser Entschließungsantrag beinhaltet:

Das in Punkt 1 an die Bundesregierung gerichtete Ersuchen, für einen europaweiten Ausstieg aus der Kernenergie einzutreten, ist in eindrucksvoller Weise von Kollegen Marizzi und auch von unserem grünen Kollegen unterstrichen worden, da es nicht nur um Temelin, sondern auch um Krško, Bohunice und Kosloduj geht. Ich denke, was Punkt 1 betrifft, sind wir uns einig.

Punkt 2 betreffend die Schaffung einheitlicher und hoher Sicherheitsstandards hängt unmittelbar mit Punkt 1 zusammen. Ich habe auch dazu in der Debatte im Wesentlichen Einigkeit festgestellt. – Dasselbe gilt natürlich auch für den dritten Punkt.

Was den vierten Punkt anlangt, dass die langfristige Perspektive natürlich ein atomkraftfreies Europa ist, so glaube ich, dass wir uns auch in diesem Punkt einig sind.

Ich muss schon sagen, die Idee einer atomkraftfreien Welt ist nicht unbedingt ein grünes Patent. Ich erinnere mich zurück an die Zeit meiner Jugend, als die Volksabstimmung über Zwentendorf stattfand: Die Volkspartei war bereits damals kritisch gegenüber der Kernenergie, also zu einer Zeit, als es innerhalb der Sozialdemokraten noch glühende Befürworter gab. (Bundesrat Winter: Landeshauptmann Maurer hat sich gerühmt, in Niederösterreich das erste Kernkraftwerk zu haben! Kollege, das ist ja ein Unsinn, was du da sagst! Das gleicht ja schon einem Unsinn!)

Was die Kollegen von den Grünen betrifft, so muss ich schon sagen: Die Unterstützung der rot-grünen Regierung und die Unterstützung des Kollegen Fischer und des Kollegen Trittin sind nicht so "narrisch" – wenn ich es so ausdrücken darf. Dass eine Regierung, die auch grüne Regierungsmitglieder hat, in der derzeitigen Situation für uns in irgendeiner relevanten Weise hilfreich wäre, ist für mich nicht zu erkennen.

Ganz super habe ich aber gefunden, dass wir uns in den vier wesentlichen Punkten, die unser Entschließungsantrag beinhaltet, einig sind. Ich hoffe daher, dass der Bundesrat in dieser wichtigen Frage in der Lage ist, auch eine einstimmige Beschlussfassung zu Stande zu bringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

19.18

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Johann Kraml. Ich erteile es ihm.

19.18

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die verschiedenen Standpunkte und das Chaos in der Bundesregierung sind bereits von meinen Kolleginnen und Kollegen angesprochen worden. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Himmer hat nichts gesagt!) Mir als oberösterreichischem Bundesrat geht es natürlich auch um das Verhalten des oberösterreichischen Landeshauptmannes im Zusammenhang mit diesem Thema.

Meine Damen und Herren! Ich habe hier schon drei Mal auf die Grenzblockaden und auf die Grenzauftritte des Landeshauptmannes, auf seine starken Worte in Richtung der tschechischen Regierung und seine Sympathie für die Blockade-Teilnehmer hingewiesen. Aber dann war der Landeshauptmann wochen- und monatelang auf Tauchstation.

Jetzt ist er wieder da, und am 19. August hat er sich gleich im "Standard" zu Wort gemeldet und gesagt, dass er sich ein Veto vorstellen könne.

Am 19. September – vier Wochen später – hat er sich dann gegen dieses Veto verwahrt und gesagt, Österreich verliere dadurch Verbündete in Europa.

Am 9. November hat er dem "Neuen Volksblatt" mitgeteilt, dass es das oberste Ziel sei, dass das AKW Temelin abgeschaltet werde.

Und am 30. November 2001 schließt sich Dr. Pühringer der allgemeinen ÖVP-Diktion an und spricht von einem beachtlichen Verhandlungserfolg. Er meint: Mehr war da nicht herauszuholen.

Heute sehe ich in einer großen Tageszeitung unseren Landeshauptmann wieder einmal in Kämpferpose abgebildet, und er erklärt: ",Wir werden weiter gegen Temelin kämpfen. Für Oberösterreich bleibt die Stilllegung des Atomkraftwerkes oberstes Ziel.’" – Weiter heißt es, Pühringer wolle "mehr als das, was Schüssel und Molterer in Brüssel erreicht haben".

Aber damit es nicht ganz so scharf klingt, bezeugt er dann seine ",Wertschätzung’ für das Bemühen der beiden Bundespolitiker".

Meine Damen und Herren! Wenn der Herr Staatssekretär von der Desorientierung der SPÖ spricht, dann frage ich mich, was für eine Orientierung der Landeshauptmann und überhaupt der Koalitionspartner FPÖ hat. So kann es nicht gehen, dass man zu Hause im Bundesland den starken Mann, den Hardliner spielt und in Wien dann vollstes Verständnis für die Aktivitäten der Bundesregierung zeigt.

Der Oberösterreichische Landtag hat am 4. Dezember einen von allen vier Parteien unterstützten Initiativantrag beschlossen, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird:

"1. Im Ministerrat einen Beschluss herbeizuführen, dass ohne Verhandlung über die Nicht-Inbetriebnahme des AKW Temelin ("Null-Variante") dem Energiekapitel nicht zugestimmt wird,

2. die tschechische Regierung, EU-Kommissar Verheugen und die 14 EU-Staaten noch vor dem 10. Dezember 2001 davon in Kenntnis zu setzen, dass ohne zusätzliche Verhandlung über die Null-Variante dem Energiekapitel von Seiten Österreichs keinesfalls zugestimmt werden kann."

Meine Damen und Herren! Der Landeshauptmann fabuliert da von Weiterverhandeln und von einer Stilllegung als oberstem Ziel. Die Freiheitlichen erklären in ihrem Volksbegehren, dass nur die Stilllegung von Temelin in Frage komme, wenn Tschechien in die EU wolle. – Damit werden bloß Hoffnungen geweckt. Wenn der Hauptausschuss dem Brüsseler Abkommen zustimmt, dann ist, sprichwörtlich gesagt, der Deckel zu. Alles, was da noch heruminterpretiert wird, kann in den Bereich Märchenstunde und Täuschungsmanöver eingereiht werden! (Beifall bei der SPÖ.)

19.22

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Professor Konečny. Ich erteile es ihm. Die Restredezeit betrδgt fόnf Minuten.

19.23

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Ich habe festgestellt, ich habe 29 Sekunden geschenkt bekommen: Diese verbrauche ich jetzt, ohne inhaltlich etwas zu sagen – ich will nicht unfair sein.

Meine Damen und Herren! Die beiden Regierungsfraktionen haben einen etwas eigenartigen Entschließungsantrag eingebracht; eigenartig deshalb, weil sie hier vier – wir haben schon mehr gehabt – Punkte anführen, die offensichtlich ihrer Meinung nach erfüllt sind. Sie formulieren: Punkt eins – kein Problem; Punkt zwei – kein Problem. Es geht also darum, einem vorläufigen Abschluss nur dann zuzustimmen – das ist jetzt meine Formulierung –, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind.

Wir sind der festen Überzeugung, dass diese Punkte – fünf an der Zahl: drei inhaltliche und zwei ganz besonders wichtige formale Punkte – durch die Vereinbarung, die der Bundeskanzler mit dem tschechischen Ministerpräsidenten getroffen hat, in keiner Weise erfüllt sind. Einer gemeinsamen Antragstellung, in der das klar zum Ausdruck kommt, dass diese Bedingungen mit Stand von heute, 19.23 Uhr, durch die vorliegenden Vereinbarungen nicht erfüllt sind, wären wir selbstverständlich bereit zuzustimmen. Aber es wäre eine tiefe Unehrlichkeit, einen gemeinsamen Text zu beschließen – das ist ja das, was wir dem Abkommen mit Tschechien beziehungsweise mit Zeman vorwerfen, nämlich dass jeder es so lesen kann, wie es ihm Spaß macht –, wobei Sie sagen: Natürlich, es ist ja alles erfüllt!, und wir, wie ich glaube, mit einer höheren Glaubwürdigkeit sagen können: Das ist durch die Protokolle und vor allem durch die Anhänge ausdrücklich nicht erfüllt!

Unter diesen Umständen, meine Damen und Herren – außer es erfolgt von Ihrer Seite noch die Klarstellung, dass Sie das auch so sehen, dann könnten wir wieder darüber reden –, ist es wohl besser, der Bundesrat bleibt bei jener einstimmigen Beschlussfassung, die wir schon hatten (Bundesrätin Haunschmid: Aber doch nicht mit Hasardeuren!) und die unsere Auffassung sehr viel klarer zum Ausdruck bringt. (Bundesrätin Haunschmid: Aber doch nicht mit Narzissen und Hasardeuren!) Ich sage nur am Rande dazu: Es tut mir weh, dass in diesem Text die berechtigte Forderung, die Null-Variante zumindest von der tschechischen Seite durchgerechnet zu bekommen, nicht einmal mehr als Fußnote vorkommt. Landtage haben das beschlossen, und, wie ich höre, wird einer – interessanterweise der Kärntner Landtag – morgen genau diese Forderung noch einmal beschließen. Ich wundere mich, wie sich zwei Fraktionen, die so lässig sind, pausenlos die Wichtigkeit landespolitischer Entscheidungen für unsere Arbeit zu betonen (Bundesrat Marizzi: ... ein ÖVP-Antrag!), so bedenkenlos über eine Meinungsäußerung dieser Art hinwegsetzen können.

Lassen wir Bedingungen und Umschreibungen weg, sprechen wir uns in der klaren und bewusst – um es Ihnen nicht zu schwer zu machen (Bundesrat Winter: Redet mit uns, wenn ihr euch nicht auskennt!)  – ohne jegliche Begründung und inhaltliche Debatte festgelegten Formulierung aus, dass dieses Energiekapitel (Bundesrat Winter: Redet mit uns! Ihr kennt euch nicht aus! Ich sehe das! Haider schimpft euch morgen schon, ihr werdet sehen!), weil das schädlich für unsere Interessen ist, nicht vorläufig abgeschlossen werden darf! Meine Einladung, die ich schon einmal ausgesprochen habe, steht. Stimmen Sie diesem Antrag zu! (Beifall bei der SPÖ.)

19.27

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Restredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

19.27

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! So lange brauche ich gar nicht.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen – ich weiß, dass Sie hier im Bundesrat keine Koalition miteinander haben –, ich bedauere es, dass Sie nicht den Weg gegangen sind, Herr Dr. Maier und Herr Dr. Böhm, über diesen Entschließungsantrag, den Sie hier vorlegen, vorher mit den beiden anderen Parteien zu verhandeln. Wenn wir uns noch 10 oder 20 Minuten Zeit nehmen, dann bekommen wir einen gemeinsamen zu Stande. Ich denke, es wäre das Sinnvollste, hier einen gemeinsamen Entschließungsantrag zu Stande zu bringen.

Wenn ich mir Ihren Entschließungsantrag anschaue, dann stelle ich fest, dass darin ohnedies zum Ausdruck kommt, dass das, was in Brüssel geschehen ist, nicht so ganz astrein ist – um das höflich auszudrücken –, was Punkt 3 betrifft.

Ich habe hier eine Bewertung aus Brüssel betreffend die Auslegungsmängel:

Bei Item Nr. 1 bleibt – ich gebe hier die Sichtweise der EU-Ratsgruppe wieder – in diesem Abkommen offen, ob nachgerüstet wird oder nicht.

In Bezug auf Item Nr. 2 betreffend die funktionale Qualifizierung von sicherheitsrelevanten Ventilen heißt es: Ob eine Nachrüstung vorgenommen wird, ist unsicher.

Auch was die Integrität des Reaktordruckbehälters und die Thermoschockanalyse betrifft, verhält es sich so, dass jetzt auch Block 2, gemäß der Brüsseler Vereinbarung, in Betrieb genommen werden kann, ohne dass Sprödbruchanalysen durchgeführt werden – wie wir sie in allen Bundesländern, sage ich dazu, gefordert haben: Niederösterreich hat das gefordert, Oberösterreich hat das gefordert, Salzburg hat das gefordert! (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Item Nr. 4 – Integrität der Primärkreislaufkomponenten, zerstörungsfreie Werkstoffsprüfung –: Vereinbarung nicht klar.

Item Nr. 5 – Qualifizierung von Komponenten für Störfallbedingungen –: keine Bewertung möglich.

Item Nr. 6 – Erdbebensicherheitsbewertung –: Das ist okay. Da hat Tschechien zugesagt, einen bilateralen Workshop abzuhalten. Workshops sind okay, aber man hätte das natürlich wesentlich verbindlicher machen können.

Item Nr. 7 – schwere Unfälle –: Dazu kann man noch keine Bewertungen abgeben.

Nicht in der Vereinbarung enthalten – das wäre Item Nr. 8 – ist Containment-Integrität unter Unfallbedingungen. Das gibt es dort nicht, dieser Punkt ist komplett offen. – So weit zu diesem Papier.

Insofern: Werte Antragsteller! In zehn Minuten könnten wir hier mit Sicherheit eine einstimmige Entschließung fassen, die man morgen dem Hauptausschuss übergeben könnte. Wenn uns an der Sache gelegen ist, dann müssen wir sagen: Nützen wir diese gemeinsame Chance, wir sind hier nur Zentimeter voneinander entfernt! (Beifall bei der SPÖ.)

19.30

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär, bitte.

19.30

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Meine Damen und Herren! Ich möchte mich für die freundlichen Worte bedanken, die Herr Schennach für mich gefunden hat. Aber lassen Sie mich trotzdem erwähnen, dass das, was uns hier verbindet, sicherlich die Sorge um unser Land, die Sorge um unsere Zukunft und um die Zukunft unserer Kinder ist. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie an Folgendes erinnern.

Ich erinnere mich noch sehr dunkel daran – ich war damals nicht Mitglied des Nationalrates und nicht in der Politik –, wie wir damals Verbindlichkeit dafür eingefordert haben, dass jedes Land seine Energiepolitik selbst bestimmen kann. Sie alle werden sich daran erinnern, es ging darum, was mit dem Atommüll passiert. Dies ist jetzt Bestandteil des Europarechtes und Verfassungsrecht der Europäischen Union.

Lassen Sie mich Ihnen dazu aus dem Euratom-Vertrag vorlesen; darin heißt es: "Unter Verweis darauf, dass die die Europäische Union begründenden Verträge unbeschadet der Regeln für den Binnenmarkt ohne Diskriminierung für alle Mitgliedstaaten gelten, erkennen die Vertragsparteien an, dass die Mitgliedstaaten als Vertragsparteien des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft die Entscheidung über die Erzeugung von Kernenergie entsprechend ihren eigenen politischen Ausrichtungen treffen." Und als Nachsatz: "Was die Entsorgung im Kernbrennstoffkreislauf betrifft, so ist jeder Mitgliedstaat für die Festlegung seiner eigenen Politik verantwortlich."

Wir haben das damals getan, um nicht eine Atompolitik aufgezwungen zu bekommen, die wir nicht haben wollten, weil wir uns anders entschieden hatten. Nur möchte ich dazu anregen, dies, bitte, auch in die Bewertung der Arbeitsübereinkommen beziehungsweise in die Bewertung der Arbeit der Verhandler mit der tschechischen Regierung einzubeziehen, weil deren Tätigkeit vor diesem Hintergrund erfolgt ist.

Noch einmal: Der "Melker Prozess" hat Ergebnisse und Konsequenzen mit sich gebracht, die jetzt für die Sicherheit und Umweltverträglichkeit von Temelin umgesetzt werden. Das meint Kollege Khol, wenn er sagt: Das Kapitel ist jetzt für die CEZ und für Tschechien geöffnet; es gilt, das umzusetzen.

Die Bedingungen der Nationalrats-Entschließung vom 21. November 2001 sind durch die Ergebnisse von Brüssel erfüllt. Die Aufnahme dieser Verpflichtungen in das Energiekapitel gibt das Startzeichen für die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen. Auf diese Weise ist garantiert, dass jene Maßnahmen gesetzt werden, die auch nach Meinung der österreichischen Experten zur Nachrüstung Temelins erforderlich sind.

Damit hat der "Melker Prozess" einen Standard an Information und eine Verbindlichkeit von Sicherheitsgarantien erreicht, für die es kein vergleichbares Modell in anderen Ländern gibt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

19.33

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Peter Marizzi und Genossen auf Fassung einer Entschließung betreffend Verunsicherung der österreichischen Bevölkerung durch widersprüchliche Aussagen der Mitglieder der Bundesregierung zu brisanten Themen vor.

Hiezu ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 2 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Es wird daher in diesem Sinne vorgegangen.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit "Ja" oder "Nein".

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Kainz und Schriftführer Hagen geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten bekannt.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Die Stimmabgabe ist beendet.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt.

Demnach entfallen auf den Entschließungsantrag der Bundesräte Marizzi und Genossen 21 "Ja"-Stimmen und 35 "Nein"-Stimmen.

Der Entschließungsantrag der Bundesräte Marizzi und Genossen ist somit abgelehnt. (Bundesrat Konečny: War nicht so schlecht!)

*****

Mit "Ja" stimmten die Bundesräte:

Auer;

Bachner, Boden;

Freiberger;

Gasteiger, Gstöttner;

Haselbach, Mag. Hoscher;

Kainz, Konečny, Kraml;

Marizzi;

Reisenberger;

Schennach, Schicker, Schlaffer;

Thumpser, Todt, Mag. Trunk;

Winter, Würschl.

Mit "Nein" stimmten die Bundesräte:

Aburumieh, Ager, Dr. Aspöck;

Dr. Böhm;

Fasching;

Giesinger, Grander, Ing. Grasberger, Grissemann, Ing. Franz Gruber, Mag. Gudenus;

Hagen, Haunschmid, Hensler, Mag. Himmer, Höllerer, Hösele;

Dr. Kanovsky-Wintermann, Keuschnigg, Ing. Klamt, Kneifel, Köberl;

Ledolter, Dr. Liechtenstein, Dipl.-Ing. Lindinger;

Dr. Maier, Dipl.-Ing. Missethon;

Ing. Polleruhs, Pühringer;

Ram;

Saller, Schöls;

Mag. Tusek;

Weilharter, Weiss.

*****

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich möchte im Namen der Beamten dieses Hauses ganz herzlich darum bitten, bei Abstimmungen deutlich zu sprechen. Auch wenn es einem vielleicht schwer fällt, sich einer Parteimeinung anzuschließen, bitte ich darum, diese Meinung trotzdem deutlich kundzumachen. (Heiterkeit bei der SPÖ und den Freiheitlichen. – Beifall bei der SPÖ.)

Weiters liegt ein Antrag der Bundesräte Dr. Maier, Dr. Böhm und Genossen auf Fassung einer Entschließung betreffend die Umsetzung des "Protokolls von Melk" bezüglich des Kernkraftwerks Temelin vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher angenommen. (E/179-BR/2001)

Fortsetzung der Tagesordnung

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir nehmen jetzt die Verhandlungen zur Tagesordnung wieder auf und setzen mit den Tagesordnungspunkten 7 und 8 fort.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

19.41

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Zurück zum Vertrag von Nizza, oder: von Nizza wieder nach Wien.

Professor Raschauer hat in der "Juristischen Zeitung" vor gut einem Jahr geschrieben, dass das Verhältnis zwischen dem Europäischen Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Verfassungsrecht durch "konkurrierende Machtbehauptungen" gekennzeichnet ist, "die sich derzeit in einem Zustand der delikaten Balance befinden". Das hat er im April 2000 geschrieben, und darauf ist es zu beziehen, dass es sich derzeit in einer delikaten Balance befand. Es geht dabei um die Gewichtung nach der integrationsorientierten Sichtweise oder der nationalstaatlichen Sichtweise.

Wenn wir diesen Vertrag von Nizza lesen, würde Professor Raschauer heute wahrscheinlich nicht mehr von einer Balance, sondern vom Übergewicht der integrationsorientierten Sichtweise sprechen. Die Balance ist verloren gegangen.

Wenn wir den Bericht des Verfassungsausschusses zu diesem Thema etwas genauer lesen, erkennen wir auch, dass die Regierungskonferenz in der Zeit von 7. bis 11. Dezember 2000 nach nur zehn Monaten sehr intensiver Beratungen politisch abgeschlossen wurde. Aber es mussten schon am 26. Februar dieses Jahres die technischen und sprachlichen Überarbeitungen beschlossen werden.

Weiter hinten steht dann, dass dieser Vertrag inkonsistent ist; zumindest gilt dies in weiten Bereichen. Meine Abneigung gegen diesen Vertrag, die ich hier schon vor einigen Wochen angedeutet habe, ist durchaus – zumindest für mich – verständlich. Ich werde ihm aber zustimmen, weil sich das eben so gehört.

Der Vertrag hat auch manche Gutpunkte; das ist unbestritten. Es ist bereits beschlossen worden, wie groß die Kommission zukünftig sein soll, wenn die anderen Staaten dabei sein werden. Es wurde auch die Stimmengewichtung des Rates bei einer zukünftigen Erweiterung festgelegt. Dazu möchte ich – nur als Idee – Folgendes anbringen; vielleicht wurde es in dieser Form noch nicht gesagt:

Vor wenigen Tagen hat mich ein ausländischer Botschafter aus einem möglichen zukünftigen Mitgliedstaat der EU angesprochen und gefragt: Warum können wir nicht Mitglieder der EU werden? – Ich habe mir das überlegt und mir dann gedacht: Ja, warum können sie nicht Mitglieder der EU werden – nämlich so, wie man es oft in einem Verein macht: Mitglied ohne Stimmrecht zu sein; über einen Sitz zu verfügen, ohne ein Stimmrecht zu haben. Es wäre eine Überlegung, mit der ich mich durchaus abfinden könnte, dass diese Staaten später nach und nach, je nach deren Entwicklung und rechtstechnischem Vermögen, in die Europäische Union hineinwachsen können. Denn für mich ist es eine Arroganz, dass sich die Europäische Union als "Europa" bezeichnet und die anderen Staaten eigentlich nicht mehr unter "Europa" fallen; vielleicht reicht es gerade noch dazu, geographisch zur Kenntnis zu nehmen, dass auch dort Europa ist. Daher würde ich mir vorstellen können, dass man es so macht.

Es gibt für mich aber drei Ausnahmestaaten, für die ich das nicht gelten lassen kann; schade, dass Kollege Schennach jetzt nicht da ist. Es sind dies die drei Staaten Slowakei, Tschechien und Slowenien, welche die moralisch wirklich nicht vertretbaren Beneš-Dekrete beziehungsweise AVNOJ-Bestimmungen noch immer in ihrem Gesetzes- und Verfassungsstandard haben. Das ist Europa-unreif! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es hat heute Nachmittag hier in einem Ausschuss eine Besprechung mit ungarischen Diplomaten stattgefunden, wobei die Ungarn festgestellt haben: Für sie sind die Beneš-Dekrete ebenfalls nicht tragbar, und auch sie möchten von Tschechien, von der Slowakei die Gutmachungen, die Entschuldigungen haben, welche sich die Österreicher, die deutschen Österreicher erwarten und die uns auch rechtens zustehen. Wir Österreicher haben, bei Gott!, unsere Pflicht gegenüber denjenigen getan, die durch Handlungen unserer Väter und Großväter unrichtig behandelt worden sind.

Es gibt zu diesem Vertrag viele Punkte, die ich hervorheben könnte. Einer besteht zum Beispiel darin, dass Präsident Prodi – wahrlich nicht die große Leuchte der Europäischen Kommission (Bundesrat Gasteiger: He!)  – etwas fordert, was auch in der heutigen "Frankfurter" nachzulesen ist (Bundesrat Gasteiger: Das ist aber ein scharfes Urteil!): weitere "Souveränität abgeben". "Der im März 2002 für ein Jahr tagende so genannte Konvent zur Vorbereitung für die 2004 geplante Reform des Vertrages von Nizza habe die Aufgabe, überzeugende Leitlinien zu erarbeiten, dass das erweiterte Europa seine politische, wirtschaftliche und soziale Integration fortsetzen kann. ‚Wir jagen von einer Konferenz zur nächsten. Man hat die eine noch nicht einmal richtig verdaut, wird schon der Termin für die nächste Konferenz festgelegt.’ Das eigentliche Ziel der geplanten Reform besteht darin, die so genannten Gemeinschaftsmethoden zu sichern. Dazu zählt die Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen."

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist etwas, womit ich mich überhaupt nicht mehr abfinden kann. Zwar werde ich heute hier noch knurrend zustimmen, aber das nächste Mal werde ich nicht einmal mehr knurrend zustimmen, sondern nicht mehr zustimmen. Denn das bedeutet, die Republik Österreich scheibchenweise aufzugeben! Es ist so, als ob man eine Salami aufschneidet: Am Ende bleibt nur noch der Zipfel mit dem Metallstück übrig – das ist mir schlicht und einfach zu wenig! (Bundesrat Gasteiger: Bravo!)

Manche Bereiche – wie jener des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – werden bereits im Mai 2004 Mehrheitsentscheidungen unterworfen werden. Es besteht eine Fünfjahresfrist, die auf das Jahr 1999, den Vertrag von Amsterdam, zurückgeht, um diese Bereiche im Jahr 2004 aufzulösen. Ich denke, es kann nicht der Zweck dieser Einrichtung sein, die Nationalstaaten einfach aufzugeben. Uns wurde doch immer gesagt: Es wird ein Europa der Vaterländer und nicht ein Bundesstaat werden. Aber wenn wir weiterhin so verfahren, erkenne ich eigentlich nur noch, dass bereits der Bundesstaat Europa verhandelt wird und dass von uns erwartet wird, dem zuzustimmen. Dafür sind wir jedoch nicht hier hergekommen – zumindest ich bin nicht dafür hergekommen. Mag sein, dass andere mit ebenso guter Inbrunst etwas anderes verlangen.

In diesem Vertrag von Nizza werden auch die Bereiche der Außen- und Sicherheitspolitik angesprochen. Dazu kann ich nur sagen, es gibt zwei "Außenminister" in der EU: einmal den Hohen Beauftragten für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und als Zweiten den EU-Außenkommissar. Da müssen Überlegungen angestellt werden, die Funktionen zusammenzulegen, zumindest so, dass der eine der Stellvertreter des anderen wird. Denn beide müssen bezahlt werden, und sie haben zum Teil konkurrierende Aufgaben. Sie kommen diesen Aufgaben meines Erachtens auch nicht in dem Maße nach, wie es notwendig wäre. Leider Gottes – auch bei uns nicht!

Wenn man die Vorgänge in Palästina hernimmt – wie dort eine langjährige, seit dem Jahr 1948 bestehende Besatzungsmacht, nämlich Israel, Dörfer zerstört und Bewohner umbringt, nur weil vielleicht Angehörige bei den so genannten "Terroristen" sind –, dann muss man feststellen: Es gibt einen israelischen Staatsterrorismus gegen die Palästinenser. Die Zahl der Toten der letzten Intifada – seit dem Tag, als dieser geniale bluttriefende Scharon auf den Tempelberg gegangen ist – betrug 1 000, nämlich 800 Palästinenser und 200 Israelis. An dieser Feststellung erkennt man doch, welches Unrecht dort geschieht und wie die mitteleuropäischen Massenmedien eindeutig zugunsten Israels, nicht jedoch zugunsten einer ausgewogenen, Balance haltenden Berichterstattung das Wort ergreifen!

Ebenfalls in der "Frankfurter Allgemeinen" schreibt Mary Robinson von der UN-Menschenrechtskommission, dass ein fundamentales Problem in der Behandlung der Palästinenser darin besteht, dass es der palästinensischen Zivilbevölkerung an Schutz mangelt. Auch die Europäische Union kritisiert erstaunlicherweise schon den unterschiedslosen, unverhältnismäßigen Gebrauch von Zwang gegenüber den Palästinensern.

Weiters heißt es: "Dabei gerät auch aus dem Blick: Israel hat seit 34 Jahren fremdes Gebiet besetzt und dort Siedlungen errichtet, die international als illegal angesehen werden." Wir müssen doch den Palästinensern das Recht auf Selbstverteidigung zugestehen, wenn sie auf Grund des staatsterroristischen Betreibens Israels ständig kujoniert, beschossen und umgebracht werden! (Bundesrat Gasteiger: Bravo!) "Dieser Komplex und der palästinensische Terrorismus sind gefährlich miteinander verquickt, wie unlängst der amerikanische Außenminister sagte. Ein weitgehend ohnmächtiger Arafat steht jetzt einem Scharon gegenüber, von dem man schon in früheren Jahren weniger diplomatisches Gespür als militärisches Draufgängertum erwartet und gekannt hat." – Ich habe das schon erwähnt.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Unser Mann in Brüssel, Professor Hager, stellt zu dem Vertrag von Nizza Folgendes fest: "Es geht nicht an, dass die Entscheidungen von Fragen, die für die Entwicklung der Europäischen Union von größter Bedeutung sind, sozusagen vom Ermüdungsgrad der Verhandelnden und anderen Zufälligkeiten zufolge der herrschenden Stresssituation beeinflusst werden." – Auf diese Weise, so kommt es mir vor, wurde auch dieser Vertrag abgehandelt.

Wir fordern – und hier, glaube ich, können wir uns alle einig sein –, dass dieser Nach-Nizza-Prozess mehr Transparenz, größere Bürgernähe und mehr demokratische Entscheidungsabläufe haben muss. Denn innerhalb der Europäischen Union stellen diese Forderungen von jeher freiheitliche Kernforderungen dar – eine Politik, deren Forderung nach einer klaren Kompetenzabgrenzung mutwillig als antieuropäischer Nationalismus interpretiert wird. Wir sind nicht antieuropäisch, wie ich auch vorhin schon gezeigt habe mit meinem Vorschlag, jene Staaten, die zu EU-Europa wollen, zumindest zu kooptieren. Das ist doch eine großartige europäische Idee!

Wir wollen jedoch saubere Lösungen. Wir wollen keinen Schnellzug, der die einzelnen Stationen durchfährt, um das imaginäre Ziel eines europäischen Bundesstaates anzupeilen, sondern wir wollen ein Europa der Vaterländer! Dazu braucht man Zeit, aber nicht Eile. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: Der Mutterländer!)

19.54

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Weiss. – Bitte

19.54

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Meinungen zum Vertrag von Nizza sind heute und auch schon in vielfältigen früheren Debatten ausführlich dargelegt worden. Es gibt natürlich viele Gründe, sich ein besseres Vertragswerk zu wünschen. Für mich gehört etwa der Wunsch dazu, dass die Europäische Union der Sicherheit von Kernkraftwerken dieselbe intensive Aufmerksamkeit widmet wie der Sicherheit der steirischen Brettljause. Es gibt aber aus Sicht der Länderinteressen überhaupt keinen Grund, dem erzielten Kompromiss die Zustimmung zu versagen.

Kurz Stellung nehmen möchte ich zu dem Entschließungsantrag betreffend Einrichtung eines Konvents für den Post-Nizza-Prozess. Das Anliegen einer ausreichenden Einbindung der Parlamente in den Konvent ist ohne Zweifel begründet und auch zu unterstützen. Das Europäische Parlament wäre als Organ der EU für sich allein nicht geeignet, die notwendige Rückkoppelung mit den Gesetzgebungsorganen der Mitgliedstaaten und der Bevölkerung in den Staaten zu gewährleisten.

Es ist auch richtig, die Mitwirkung im Konvent selbst in die Hand nehmen zu wollen und sich nicht im Wege des Parlamentsbeteiligungsverfahrens auf eine entsprechende Mitvertretung durch die Regierung zu verlassen. Aus Sicht einer Länderkammer ist allerdings Folgendes nicht zu übersehen. Der Text der im Nationalrat gefassten Entschließung, der dann auch in Form des Selbständigen Antrages bei uns zur Diskussion gestellt worden war, lässt nicht erkennen, dass er aus einem Bundesstaat stammt. Zwar wird das Subsidiaritätsprinzip kurz angesprochen, aber wir wissen doch alle, wie vieldeutig dieser Begriff in der EU verstanden wird und dass er – durchaus auch zum Nachteil der Mitgliedstaaten – teilweise völlig offen lässt, welche Ebenen damit gemeint sind.

Die Länder haben am 23. Oktober in der Landeshauptmännerkonferenz und am 19. November in der Landtagspräsidentenkonferenz in einer gemeinsamen Länderstellungnahme zum Diskussionsprozess zur Zukunft Europas und zur Vorbereitung der Regierungskonferenz Position bezogen. Sie gehen davon aus, in alle Phasen der innerstaatlichen Meinungsbildung einbezogen zu werden und an der Positionierung Österreichs mitwirken zu können. Die Länder erwarten weiters, in die Gremien zur Vorbereitung der nächsten Regierungskonferenz mit einbezogen zu werden und in der österreichischen Delegation vertreten zu sein.

Das sind Anliegen, die nicht nur von den österreichischen Bundesländern vertreten werden. Abgesehen von den deutschen Ländern mit einer gleichartigen Haltung hat auch die Konferenz der gesetzgebenden Regionalparlamente in Europa, in der über die drei Bundesstaaten hinaus zahlreiche andere Mitgliedstaaten vertreten sind, am 30. Oktober dieses Jahres eine Einbeziehung auch dieser Ebene, der regionalen Parlamente, gefordert.

Aus einer streng pragmatischen Beurteilung heraus kann man sich bei Betrachtung der bisherigen österreichischen EU-Politik wohl nicht der Einsicht verschließen, dass der Bund mit einer intensiven Einbeziehung der Länder gut gefahren ist. Das gilt sowohl für die Beitrittsverhandlungen und die Volksabstimmung als auch für die bisherige Vertretung der österreichischen Interessen und deren Rückkoppelung mit der Bevölkerung. Es gibt keinen Grund, dies für die parlamentarische Ebene anders zu sehen.

Es handelt sich auch um keine neuartige Einmischung der Länder in die dem Bund verfassungsmäßig vorbehaltene Außenpolitik, sondern angesichts der für die Mitgliedschaft in der EU typischen Vermischung von Innen- und Außenpolitik lediglich darum, dass sich die Länder auch weiterhin in ihre eigenen Angelegenheiten einmischen können und dies nicht schleichend vom Bund an sich gezogen wird.

Ich halte auch nichts davon, dass in solchen Fragen der Bundesrat und die Landtage mit dem Argument gegeneinander ausgespielt werden, dass die Länder ja ohnedies durch den Bundesrat vertreten seien. Abgesehen davon, dass das weder verfassungsrechtlich noch realpolitisch zutrifft, schwächt uns eine solche Betrachtungsweise in Wirklichkeit wesentlich mehr, als sie uns vermeintlich stärkt. Die weitere Zweckmäßigkeit einer zweiten Kammer werden wir nur aus einer bundesstaatlichen Prägung und nur aus einem ganz engen Zusammenwirken mit den Landtagen ableiten können.

Daher begrüße ich es, dass – ausgehend von einem von Vorarlberg lancierten Ergänzungsantrag – die Entschließung neu gefasst wurde und offenkundig allseitige Zustimmung findet. Ich bedanke mich dafür und wünsche mir nur im Interesse der Länder, dass sie von der Bundesregierung auch entsprechend beachtet wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.59

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend einen Vertrag von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte samt Protokollen, Schlussakte sowie Erklärungen.

Da der vorliegende Beschluss der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf, stelle ich zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem vorliegenden Beschluss im Sinne des Bundesverfassungsgesetzes über den Abschluss des Vertrages von Nizza die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem vorliegenden Beschluss im Sinne des Bundesverfassungsgesetzes über den Abschluss des Vertrages von Nizza die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Es liegt ein Antrag der Bundesrδte Bieringer, Professor Konečny, Dr. Bφhm und Genossen auf Fassung einer Entschließung betreffend Einrichtung eines Konvents für den Post-Nizza-Prozess vor.

Ich lasse jetzt über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher angenommen. (E/172-BR/2001)

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz über Regelungen zur partnerschaftlichen Durchführung der Regionalprogramme im Rahmen der EU-Strukturfonds in der Periode 2000 bis 2006.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Dokumentation im Bildungswesen (Bildungsdokumentationsgesetz) (832 und 881/NR sowie 6504/BR der Beilagen)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Dezember 1987, BGBl. Nr. 656, über die Abgeltung von bestimmten Unterrichts- und Erziehungstätigkeiten im Bereich des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft geändert wird (643 und 883/NR sowie 6505/BR der Beilagen)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes geändert wird (644 und 884/NR sowie 6506/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte gleichfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz über die Dokumentation im Bildungswesen – Bildungsdokumentationsgesetz –,

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Dezember 1987, BGBl. Nr. 656, über die Abgeltung von bestimmten Unterrichts- und Erziehungstätigkeiten im Bereich des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 9 bis 11 hat Herr Bundesrat Saller übernommen. Ich bitte um die Berichte.

Berichterstatter Josef Saller: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Dokumentation im Bildungswesen – Bildungsdokumentationsgesetz.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich darf daher auf die Verlesung verzichten.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Dezember 1987, BGBl. Nr. 656, über die Abgeltung von bestimmten Unterrichts- und Erziehungstätigkeiten im Bereich des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Schließlich bringe ich den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben. – Ich ersuche um Einleitung der Debatte und Abstimmung.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mag. Trunk. – Bitte.

20.05

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits vom Berichterstatter formuliert wurde, geht es hier – Punkt eins – zunächst um ganz formale und notwendige Euro-Anpassungen. Bei Punkt zwei handelt es sich doch um ein etwas umfangreicheres Gesetz betreffend die Bildungsdokumentation.

Punkt eins, Euro-Anpassung, wird die sozialdemokratische Fraktion ihre Zustimmung geben. Bei Punkt zwei ist uns das leider nicht möglich, und zwar nicht, weil die grundlegende Konzeption einer solchen Bildungsdokumentation von uns abgelehnt wird, sondern weil die Frau Ministerin und die Regierungsparteien darauf verzichtet haben, mit den Oppositionsparteien in eine grundlegendere Auseinandersetzung zu diesem Thema einzutreten. Außerdem konnte, als diese Vorlage im Nationalrat schon in Verhandlung stand, noch nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass in dieser Datenbank der entsprechende Datenschutz in allen Fragen absolut gesichert ist.

Gestern allerdings konnte uns im entsprechenden Ausschuss ein Experte darüber aufklären beziehungsweise informieren, dass die Datenschutzsicherheit in diesem Fall – wie er es formuliert hat – so etwas wie ein Musterbeispiel darstellen soll. Dennoch ist anzumerken, dass man bei aller Datensicherheit nach dem Prinzip "Glauben an den Datenschutz ist gut, Kontrolle ist besser" vielleicht auch besondere Wachsamkeit auf eventuelle Kontrollmechanismen legen sollte. Daher gibt es, wie gesagt, zu dem Punkt Bildungsdokumentationsgesetz seitens der Sozialdemokraten leider keine Zustimmung.

Im dritten Bereich geht es um die Umsatzsteuerbefreiung für Lehrbeauftragte, insbesondere in Fachschulen für Sozialberufe und in landwirtschaftlichen Fachschulen. Auch dazu gibt es die Zustimmung der sozialdemokratischen Fraktion.

Lassen Sie mich in dem Sinn, dass wir eine lange Nacht vor uns haben, nur noch eine knappe und kurze Bemerkung machen!

Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kollegen! Bildungsdebatten sind, wenn sie mit der Perspektive einer Verbesserung der Situation geführt werden, grundsätzlich etwas Positives. Daher sollten auch verschiedene Positionen grundsätzlich als produktiver Ansatz gewertet werden. Aber ich meine, dass wir insbesondere in der zeitgenössischen Auseinandersetzung über den Bildungsstand und die Bildungssituation der Menschen in Österreich allzu oft in ein Lamentieren verfallen, dass auf Grund internationaler Richtwerte oder Messdaten jedenfalls nicht gerechtfertigt ist.

Erst letzte Woche ist international – nicht nur europäisch, sondern international – festgestellt worden – und das hat mich selbst sehr erstaunt, nämlich positiv erstaunt –, dass der Ausbildungsstand, die Ausbildungsqualität der Menschen in Österreich in Top-Position sind. Das bedeutet, Österreich liegt weltweit, wenn ich mich nicht irre, an zweiter oder dritter Stelle. Ich denke, das sollte auf der einen Seite beruhigen und uns sagen, es ist ein gutes Bildungssystem, das auch in den letzten Jahrzehnten ... (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Platz 10!) Jedenfalls ist es international und weltweit verglichen worden, und da muss ich auch bei Platz 10 sagen: Top-Position.

Ich denke, da sollten wir ein bisschen verweilen und sagen: Die Bildungspolitik von den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten kann so schlecht nicht gewesen sein! Denn wir wissen, dass Bildung und Ausbildung immer ein mehrperiodiges System ist und dass es dafür gute Ansätze gibt und gegeben hat. Daher meine ich, dass die Sozialdemokraten auch als Oppositionspartei von der Regierung in bildungspolitischen Fragen akzeptiert werden sollten und dass man da, wenn es um Konzeptionen geht, in ein stärkeres Miteinander-Streiten und eine bessere Auseinandersetzungskultur eintreten sollte.

Die Frau Ministerin wird es verschmerzen: Jedenfalls aus meiner Sicht ist ein sehr wesentlicher Grund dafür, dass die Allgemeinheit in Österreich verhältnismäßig gut und sehr gut ausgebildet ist – auch wenn wir uns das noch viel besser wünschen –, in der Tatsache zu erblicken, dass zu unseren öffentlichen Bildungseinrichtungen sowie auch zu den privaten Bildungseinrichtungen ein freier, großzügiger Zugang möglich war. Das gilt natürlich auch für die Universitäten.

Diese Regierung hat einen anderen Weg gewählt. Sie hat unter anderem die Notwendigkeit der Einführung von Studiengebühren erklärt. Ich denke, grundsätzlich ist mittel- und längerfristig der Weg, zusätzliche Barrieren aufzubauen – ob das jetzt finanzielle Barrieren sind, ob es regionale sind –, kein guter Weg. Er bedeutet ganz sicher nicht, dass alle Menschen in der Ausbildung ganz grundsätzlich eine freie und offene Wahlmöglichkeit haben sollten; dann erst kommen die Neigung, die Begabung, der Fleiß und das Engagement hinzu.

Dieser Weg der Vergangenheit ist, so denke ich, gut gewesen. Man sollte auch in Zukunft darauf achten, dass der freie Zugang zur Bildung – wie gesagt, die persönlichen Neigungen und Talente sind wieder etwas anderes – möglich bleiben soll. Der Herr Bundeskanzler hat einmal gesagt, diese Bundesregierung spart für die Zukunft und für die Jugend. Dazu meine ich, das Einsparen im Bildungsbereich ist nicht ein Sparen für die Zukunft der Jugend, sondern es ist in Wirklichkeit ein Kürzen der Chancengerechtigkeit für die Jugend. Daher wünsche ich mir, dass dies im bildungspolitischen Bereich in Zukunft Beachtung findet.

Frau Ministerin! Auch als Oppositionelle kann ich für die Sozialdemokratie sagen, Sie werden eine starke Lobby hinter sich haben, wenn es darum geht, auch um Mittel für den Bildungs- und Forschungsbereich zu kämpfen. Nehmen Sie dieses Angebot an, dann werden Sie eventuell auch in der Regierung, wenn es darum geht, Auseinandersetzungen um Mittel und Finanzen zu führen, eine breitere Unterstützung haben!

Denn der Weg, den Zugang zu schmälern, zu reduzieren und zusätzliche Selektionsmechanismen neben den bestehenden aufzubauen – Ausbildung bedeutet natürlich auch Lehre, Prüfung und Abschluss –, ist meiner Ansicht nach nicht der allerbeste Weg. Wir sollten sagen: Österreich sollte in diesem Ranking weiter hinaufklettern, aber nicht hinausklettern. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

20.11

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Köberl. – Bitte.

20.11

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Nach einer relativ langen Debatte werde auch ich versuchen, mich so kurz zu halten, wie es meine Vorrednerin getan hat. Ich darf mich bei ihr auch für die Sachlichkeit und für ihre zur Zusammenarbeit ausgestreckte Hand bedanken. Ich habe das in der heutigen Diskussion oftmals vermisst und möchte das hier zu Kollegin Trunk als sehr positiv anmerken.

Der so genannte Bildungsblock auf der heutigen Tagesordnung umfasst fünf Tagesordnungspunkte. Tagesordnungspunkt 10 betrifft, wie wir schon gehört haben, hauptsächlich die Anpassungen, die wegen des Akademien-Studiengesetzes 1999 und auf Grund der Weiterentwicklung der Schulorganisation erforderlich sind. Dazu kommt die fast schon obligatorische Umstellung der Schillingbeträge auf Eurobeträge.

Diese notwendige Neuregelung steht außer Zweifel und wurde daher, wie wir gehört haben, in allen Gremien einstimmig angenommen. Gleichfalls Einstimmigkeit – es freut mich, dass dies auch hier der Fall ist – besteht hinsichtlich der Gesetzesänderung über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens sowie der gesetzlichen Regelung der Entschädigung der Mitglieder der Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes.

Zusammenfassend gesagt, geht es auch hier um die Euro-Anpassung beziehungsweise die Neufassung der Bestimmungen im Bereich der Entschädigungen für Prüfungen an Pädagogischen Akademien als Folge der Neufassung der Studienvorschriften in den Studienplänen der Pädagogischen Akademien, der Berufspädagogischen Akademien und der Pädagogischen Institute.

Mehr oppositionellen Staub hat schon das so genannte Bildungsdokumentationsgesetz aufgewirbelt, welches als Tagesordnungspunkt 9 zur Beschlussfassung ansteht. Ich glaube, dass die Bereitschaft zur Zusammenarbeit, die Frau Kollegin Trunk im Bereich der Bildungspolitik signalisiert hat, auch ein guter Weg ist, der in Österreich fortgesetzt werden wird und fortgesetzt werden kann.

Frau Kollegin Trunk hat die Headline in der "Kleinen Zeitung" angesprochen. Dort und in vielen anderen Medien hat es geheißen – ich darf das auch unserer Frau Ministerin zeigen, sie wird es sicherlich kennen (der Redner hält eine Ausgabe der "Kleinen Zeitung" mit der entsprechenden Schlagzeile in die Höhe)  –, "Unsere Schüler zählen weltweit zu den besten". So titelt die "Kleine Zeitung", und das ist, wie gesagt, durch alle Medien gegangen. Ich glaube, dass das letztlich ein Erfolg und ein gutes Zeugnis für diejenigen ist, die im Ausbildungswesen in Österreich tätig sind. Es ist dies die Lehrerschaft, die mit viel Engagement versucht, unsere Jugend für die Zukunft vorzubereiten.

Ich darf noch einmal auf das Bildungsdokumentationsgesetz zurückkommen. Wie im § 1 festgeschrieben steht, regelt dieses Bundesgesetz die Verwendung von Daten der Schüler und Studierenden an Bildungseinrichtungen des Schul- und Unterrichtswesens sowie des Gesundheitswesens und die Erstellung von Bildungsstatistiken.

Auf Grund der Ausgliederung des Österreichischen Statistischen Zentralamtes in die Statistik Austria kann die bislang erstellte Statistik für Schulen und Hochschulen auf rechtlicher Basis nur noch als Übergangslösung bis Ende 2002 erstellt werden. Zumindest darüber, dass Österreich eine Bildungsstatistik braucht, herrschte in den bisherigen Diskussionen noch Einigkeit. Dass international gesehen eine Reihe von europäischen Staaten Register der Bildungsabschlüsse mit personenbezogenen Identifikatoren führen und daraus Statistiken über den Bildungsstand der Bevölkerung erzeugen, ist ein Faktum. Dies ist vor allem in den skandinavischen Ländern schon seit vielen Jahren erprobte und gängige Praxis. Wohl nur mit Oppositions-Scheuklappen zu negieren ist auch die Tatsache, dass zentrale und dezentrale Register als Grundlage für Planung, Steuerung und Wahrung der Aufsichtspflichten im Bildungsbereich notwendig sind.

Die Einbeziehung von personenbezogenen Daten, die mit dem Datenschutzrat abgestimmt wurde, dient jetzt manchen als Absprungbasis vor einer hohen Zustimmung. Es wäre damit zum Beispiel möglich gewesen, dass diese Erhebungen auch an Privatschulen durchgeführt werden müssen. Jetzt verursachen sie durch Einzelerhebungen einen wesentlichen Mehraufwand, der mit rund 6 Millionen Schilling beziffert wurde.

Die Verwendung der Sozialversicherungsnummer als Identifikator ist für den Registeraufbau notwendig. Die nicht rückführbare Verschlüsselung dieser Daten in der vorgesehenen Gesamtevidenz basiert auf modernsten Erkenntnissen und gewährleistet einen zuverlässigen Schutz gegen missbräuchliche Zugriffe. Zugegeben: Datenerfassung ist immer etwas Sensibles, besonders wenn sie ohne Wissen des Betroffenen erfolgt. Dennoch gewährleistet das ausgearbeitete Modell ein Höchstmaß an Sicherheit und bringt für die Betroffenen auch wesentliche Vorteile beziehungsweise Vereinfachungen mit sich. Das sollte auch an dieser Stelle einmal gesagt werden.

Die gesetzlichen Änderungen der neunziger Jahre bei Studienförderungen – betreffend Studienbeihilfe, Familienbeihilfe für studierende Kinder, Mitversicherung von Studierenden und so weiter – führten zu einer unüberschaubaren Formularfülle und damit zu einem erheblichen Mehraufwand im Verwaltungsbereich. Das INTERCOM School Office und Datentransportsystem bringt wesentliche Vereinfachungen für alle Betroffenen mit sich. Auch zwischen den Schulen, Schulbehörden und Schulerhaltern eröffnet die Möglichkeit des zertifizierten und verschlüsselten Datenaustausches viele Vorteile und Möglichkeiten.

Mehrgleisigkeiten und regelmäßig wiederkehrende Erhebungen erinnern noch heute viele an den Spruch "Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare, Formulare". In diesem Zusammenhang scheint auch interessant zu sein, dass in den skandinavischen Ländern auf Grund der guten Erfahrungen im Bereich der Bildungsdokumentation und vernetzten Register die Volkszählungen nicht mehr notwendig sind.

Aus diesen Gründen wird meine Fraktion dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.18

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann. – Bitte.

20.19

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Es ist von meinem Vorredner in sehr sachlicher und kompetenter Weise schon sehr viel gesagt worden. Auch ich möchte mich nur auf die wesentlichsten Dinge beschränken. Ich möchte gar nicht zu den Punkten Stellung nehmen, die ohnehin schon zu einer einheitlichen Stimmabgabe im Nationalrat geführt haben – also Euro-Anpassung, Prüfungsgebühren und so weiter –, sondern nur ganz kurz zur Bildungsdokumentation sprechen.

Ich muss sagen, es wundert mich wirklich, dass die Zustimmung der Opposition dazu nicht gegeben ist. Es wundert mich deshalb, weil vielfach gerade von Ihren Vertretern im Schulbereich immer wieder gefordert wurde, wir müssen eine bessere Registrierung und eine bessere Systematisierung der Schuldaten erreichen, die bis jetzt teilweise noch nicht so gut gegeben waren. Sie haben das immer wieder gefordert. Jetzt wird das mit einem sehr guten und absolut datenschutzsicheren System durchgeführt – und jetzt stimmen Sie aus Gründen, die uns wirklich nicht mehr einsichtig erscheinen, wieder dagegen.

Die Vorteile liegen für alle klar auf der Hand. Es gibt vermehrt – mehr als es bis jetzt der Fall war – die Möglichkeit, die Bildungsströme zu planen, zu steuern, entsprechende langfristige oder auch mittel- und kurzfristige Analysen durchzuführen und vieles andere mehr.

Es werden erstmalig auch andere Bildungsabschlüsse in dieses System hineingenommen. Ich denke zum Beispiel an Handwerksabschlüsse und daran, dass erstmalig Meisterprüfungen in diesen Bildungsraster einfließen sollen. Ich halte das für sehr wesentlich, vor allem, wenn man immer verlangt, dass lebenslanges Lernen auf verschiedenen Ebenen eine Rolle spielen und auch wesentlich für die Zukunft eines Staates sein soll.

Es wird eine Verwaltungsvereinfachung geben; auch das wurde schon angeschnitten. Ich verstehe nicht, warum man sich dagegen wehrt, wenn es zu einem Entfall von Doppel- und Mehrfacherhebungen kommen soll. Sie alle wissen genau – insbesondere Frau Kollegin Trunk, da sie selbst Lehrerin ist –, wenn man irgendeine Erhebung in Niederösterreich oder in Kärnten machen will, dann muss man zunächst einmal versuchen, die jeweiligen Landesschulräte zu erreichen. Diese erheben daraufhin ihrerseits, und dann muss irgendwo an zentraler Stelle mühselig eine Bündelung dieser Daten erfolgen. Ich glaube nicht, dass das der Sinn der Sache ist. Das kann auch nicht im Sinn unserer Bildungszukunft sein.

Zuletzt wurden auch die Datensicherheit und der Datenschutz angesprochen. Ich nehme diese Sorgen immer sehr ernst, weil ich weiß, dass dies hier ein Grundrecht ist. Ich stehe zu den Grundrechten, die wir in unserer Verfassung verankert haben. Aber gerade da wundert es mich dreifach, dass Sie nicht mitgestimmt haben, denn es ist hier erstmalig ein besonderes System zum Tragen gekommen, nämlich eine nicht rückführbare Verschlüsselung. Daher hat auch der Datenschutzrat diesem System ausdrücklich zugestimmt. Viel mehr kann man eigentlich gar nicht mehr anbieten. Ich hätte mir diesbezüglich eine sachlichere Diskussion gewünscht und mir erhofft, dass es auch bei den Oppositionsparteien zu einer Zustimmung kommt. Ich möchte auch in dem Zusammenhang die Ausführungen von Herrn Kollegen Köberl betonen und unterstreichen.

Dass Sie nicht zustimmen, mag vielleicht Ihrer jetzigen Trotzhaltung entsprechen, und es wird Sie sicherlich auch ein bisschen davon entfernen, dass Sie sich selbst eine zukunftsorientierte Partei nennen. Denn es ist nicht zukunftsorientiert, wenn Sie sich gegen solche Dinge wehren. Aber was noch schlimmer ist: Es ist damit letztlich die Tatsache gegeben, dass wir die Privatschulen nicht in diese gesamte Dokumentation einbinden können, was wiederum zu besonderen finanziellen Nachteilen führen wird. Auf diese hat Herr Kollege Köberl schon hingewiesen.

Das heißt, für mich ist es unverständlich, dass Sie hier nicht zugestimmt haben. Sie hätten im Bundesrat noch die Möglichkeit, eine andere Gangart einzulegen und zuzustimmen. Sie haben selbst zugegeben, Frau Kollegin Trunk, dass im Ausschuss auf Nachfrage gesagt wurde: Der Datenschutz ist so gut, dass es wirklich nicht möglich ist, diese personenbezogenen Daten im Nachhinein zu entschlüsseln, sondern diese werden schließlich anonymisiert.

Ich meine, wenn man eine solche Auskunft im Nachhinein erhält, hindert das nicht daran, gescheiter zu werden. Das hat auch Ihr Kollege und Ihr großes Vorbild Bruno Kreisky schon einmal gesagt. (Zwischenruf des Bundesrates Thumpser. ) Warum also stimmt ihr nicht zu, obwohl die Probleme oder die Bedenken, die ihr gehabt habt, letztlich ausgeräumt worden sind? (Bundesrat Thumpser: Er hat auch anderes gesagt!)

Jetzt noch zu dem Argument, das immer wieder gekommen ist und das ich erwähnen möchte, um es von Haus aus auszuräumen, nämlich dass andere Gebietskörperschaften nun Zugang dazu bekämen: Ich war selbst einmal kurz für ein Schulreferat zuständig. Was glauben Sie, warum jemand im äußersten Fall auf solche Daten zugreift? – Natürlich dann, wenn es darum geht, ob wir eine neue Schule bauen sollen, wie es mit dem Klassenraumbedarf ausschaut, und wenn es um andere Dinge dieser Art geht! (Bundesrat Thumpser: Aber die Zahlen haben Sie sowieso!) Es geschieht nicht aus Jux und Tollerei, dass das ein Schulreferent oder ein Bürgermeister macht, sondern es stehen ganz konkrete regionale und kommunale Bürgerinteressen dahinter. (Bundesrat Thumpser: Diese Zahlen kann ich mir auf Grund der letzten Geburten auch holen!)

Ich weiß, es ist Ihnen unangenehm, weil Sie überhaupt keine Argumente mehr finden, die dagegen sprechen. (Bundesrat Thumpser: Nein, nicht unangenehm! Ich sage es Ihnen nur aus der Praxis!) Nein, es ist leider so – und das ist wirklich traurig –, dass Sie irgendwie schon eine fossiliäre, eine versteinerte Haltung einnehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das ist wirklich seltsam. Ich habe immer gedacht, dass Sie eine Partei sind, die ein gewisses Fortschrittsdenken hat, aber heute habe ich mehrfach festgestellt: Sie sind gegen E-Commerce, Sie sind gegen eine Verwaltungsreform, und jetzt sind Sie gegen eine Bildungsdokumentation. (Bundesrat Mag. Hoscher: Gegen Atomkraft sind wir!) Ich weiß nicht, wogegen sonst noch alles Sie sind. (Bundesrätin Mag. Trunk: Gegen die Atomkraft!) Zu allem, was in Richtung Zukunft und moderne Ausblicke für die Jugend geht, sagen Sie: Nein, ich bin dagegen. – Da verstehe ich Sie nicht. Ich bitte Sie, Ihre Meinung ein bisschen zu überdenken.

Zuallerletzt zu dieser PISA-Studie, die heute schon zitiert worden ist: Ich freue mich wirklich – und damit komme ich wieder in die Nähe meiner Kollegin Melitta Trunk –, dass wir in Österreich so gute Noten bekommen haben. Das ist, so glaube ich, eine Auszeichnung für viele Menschen – Politiker, Lehrer, Eltern, Schüler –, die im Bildungsbereich mitgearbeitet haben. In diese gute Benotung gehören viele Menschen mit einbezogen.

Ich darf aber auch in diesem Zusammenhang mahnend erwähnen. Das soll jetzt kein Freibrief sein, zu sagen: Es ist ohnehin alles in Ordnung, wir brauchen nichts weiter mehr zu tun!, sondern gerade das soll eine Aufforderung sein, dass wir wieder auf dem neuesten Stand sein müssen. Warum sage ich das? – Deutschland hat immer gedacht: Wir sind so toll mit unseren Schulen, wir sind die Größten und Besten. Aber jetzt haben sie kein gutes Zeugnis ausgestellt bekommen und machen sich darüber sehr große Gedanken: Wir können wir diesen Problemen oder diesem Nachteil, dass wir die Entwicklung ein bisschen verschlafen haben, entgegentreten? Wie können wir diese Situation verbessern?

Daher bitte ich noch einmal: Ich glaube, es ist ein Zeichen einer zukunftsorientierten Bildungspolitik, wenn man rechtzeitig handelt, wenn man rechtzeitig Initiativen setzt, die eben in die Zukunft weisen, und nicht erst im Nachhinein, wenn schon alles verbockt ist, wenn die Situation verfahren ist, sagen muss: Jetzt müssen wir sehr rasch handeln, weil wir in einer schlechten Situation sind.

In diesem Sinn glaube ich, dass es ein richtiges, zukunftsweisendes Gesetz ist. Wir als Freiheitliche sind selbstverständlich dafür und würden uns in diesem Sinn freuen, wenn die Sozialdemokraten ihre Meinung vielleicht ändern und mitstimmen würden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Thumpser: Weihnachten kommt erst!)

20.27

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster ist Herr Bundesrat Mag. Tusek zu Wort gemeldet. – Bitte.

20.27

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr vieles ist über diese Gesetzesbeschlüsse von meinen beiden Vorrednerinnen und dem Vorredner bereits gesagt worden. Ich kann bezüglich der Fakten und Details durchaus mit dem Gesagten übereinstimmen.

Dort, wo ich noch ein wenig die Ausführungen von Frau Dr. Kanovsky-Wintermann ergänzen möchte, ist die Frage des Bildungsdokumentationsgesetzes. Ich sehe dieses Gesetz als eine einmalige Chance, mit modernen Mitteln und sozusagen auf Knopfdruck alle wichtigen und wesentlichen Daten – wie es schon erwähnt wurde: für Planungen, für Schülerstromanalysen und so weiter und so fort – verfügbar zu haben, und dies mit hoher Sicherheit und Verlässlichkeit.

Wir alle kennen die Problematik der Statistiken, zu der dieser Spruch herumgeistert: "Traue keiner Statistik außer der, die du selbst gefälscht hast." – Das soll hier keineswegs der Fall sein. Diese Statistiken sollen absolute Sicherheit und Verlässlichkeit haben. Aber, sehr geehrte Damen und Herren, wie erreicht man absolute Sicherheit und Verlässlichkeit? – Nur dann, wenn ich personenbezogene Daten verwende, kann ich diese Statistik – und das muss für uns im Bundesrat besonders wichtig sein – auch auf beliebige Regionen, seien es Länder, Teile von Ländern oder Gemeinden, anwenden. All das ist möglich.

Der Preis dafür ist natürlich die Angst wegen der Verwendung der Sozialversicherungsnummer. Ich weiß, es ist jeder von uns relativ heikel mit dieser Nummer, weil in uns die Angst wohnt, dass damit Missbrauch getrieben werden kann und dass mit den Methoden der modernen EDV über die Sozialversicherungsnummer auch Verknüpfungen möglich sind.

Im Ausschuss wurde uns aber – das wurde bereits auch von beiden Vorrednerinnen gesagt – sehr klar erläutert, wie das vor sich geht: Das Bildungsministerium – ich verwende jetzt die Kurzform – hat die Aufgabe, die Sozialversicherungsnummer in eine Bildungsevidenznummer umzuwandeln, und nur im Ministerium sind sowohl die Sozialversicherungsnummer als auch diese Bildungsevidenznummer bekannt.

Wir haben uns nicht gewehrt, dass auch andere Ministerien mit der Sozialversicherungsnummer arbeiten. Ich denke jetzt etwa an das Sozialministerium oder auch an das Bundesministerium für Landesverteidigung: Dort ist jeder Soldat mit seiner Sozialversicherungsnummer gespeichert, und man kann dessen Werdegang ebenso verfolgen.

Das wirklich Neue und Revolutionäre ist, dass die Sozialversicherungsnummer in die so genannte Bildungsevidenznummer umgewandelt wird und der Statistik Austria – ich habe noch das Statistische Zentralamt im Hinterkopf – nur diese verschlüsselte Nummer gegeben wird. Diese ist absolut nicht rückführbar. Nur das Bildungsministerium verfügt über Sozialversicherungsnummer und Bildungsevidenznummer, und beide Kennzahlen einer Person dürfen nie gemeinsam weitergegeben werden, sodass die Verschlüsselung nach dem heutigen Stand der Technik als perfekt zu bezeichnen ist.

Es geht, wie ich bereits sagte, um zwei Dinge, nämlich erstens um Sicherheit und um Verlässlichkeit der Daten, und dies ist durch dieses Gesetz gewährleistet. Zweitens geht es um den Schutz von Personen und Betroffenen, und durch dieses System ist auch dieser Schutz absolut gewährleistet, soweit man das nach dem heutigen Stand der Technik sagen kann. – Daher wird meine Fraktion diesem Gesetz sehr gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

20.33

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Lindinger. – Bitte.

20.33

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Ich möchte als letzter Redner in der Reihe zum Bildungsdokumentationsgesetz sprechen. Es ist mein Schicksal, dass ich die Dinge, die ich sagen wollte, gedanklich jetzt kürzen muss, um Ihnen Wiederholungen zu ersparen.

Bildungspolitik hat eine aktuelle Bildungsstatistik zur Voraussetzung. Die Zeiten, in denen man in klösterlicher Abgeschiedenheit Bildungsinhalte und Methoden erfunden hat, um die Bildung zum Volk zu transportieren, sind vorbei. Das war einmal modern, ist aber heute überholt. Es ist ebenso überholt, dass man sich in Parteizentralen oder in philosophischen Schulen Utopien ausdenkt und versucht, das Volk entsprechend zu bilden. Es gibt in der Geschichte – insbesondere in der Geschichte Osteuropas oder in der russischen Geschichte – genügend Beispiele, wohin solche Methoden führen: Sie führen direkt ins wirtschaftliche Chaos.

Die Schaffung rechtlicher Grundlagen für die Planung und Koordinierung verwaltungstechnischer Aufgaben ist der Sinn dieses neuen Gesetzes, denn dieses Gesetz dient in erster Linie der Verwaltungsvereinfachung. Die Statistik Austria kann laut Gesetz nur mehr bis zum 31. Dezember 2002 die bislang erstellte Statistik zur Verfügung stellen. Daher ist das vorliegende Gesetz notwendig geworden. Die Daten wurden bis jetzt bei den Volkszählungen erhoben, und wer jemals dabei war, der weiß, dass dabei auch sehr sensible Daten erhoben wurden. Ich weiß, dass die Leute immer Angst haben und sagen: Um Gottes Willen! Das darf ja niemand wissen! – Ich weiß aber, dass die Daten bei den Gemeinden aufliegen und man diese durchaus auch erfahren kann, wenn man unbedingt will.

Missbrauch ist immer möglich, und ich glaube, wir müssten alles abschaffen, wenn wir den Missbrauch überall ausschließen wollten. Dann dürfte man kein technisches Gerät mehr in Verwendung nehmen, weil natürlich auch ein simples Auto als Waffe gegen irgendjemanden verwendet werden kann.

Es kommt auch in diesem Zusammenhang, ebenso wie bei der Pharmazie oder der Chemie, vielfach auf die Dosis und darauf an, was man aus den Dingen macht. Man kann mit Salz eine Speise würzen, damit sie gut schmeckt. Wenn man jemanden aber überredet, 200 Gramm Salz zu essen, dann stirbt er daran. – Das ist auch bekannt.

Da es in diesem Zusammenhang auch eine Verwaltungsvereinfachung geben soll, müssen die laut Gesetz erstellten Daten auch zur Evaluierung der Planung, insbesondere auch der Personalplanung und -steuerung herangezogen werden können. Das ist enorm wichtig. Wir hören gerade derzeit immer wieder, dass es zu wenig Lehrer gebe. Dann hört man wieder, dass es zu viel Lehrer gebe und diese zu wenig leisten. So hört man zum Beispiel: In meiner Schule stehen sie nur herum und tun ohnedies nichts!

Meine Damen und Herren! Damit man das tatsächlich besser beurteilen kann, dazu sind diese Daten da. In Zukunft sollen diese Daten auf Knopfdruck abrufbar sein. Wir schaffen also ein Instrument, mit dem das Ministerium all das, worauf sich jetzt oft Vorwürfe beziehen, wirklich richtig in den Griff bekommen kann. Das soll doch kein Nachteil sein! Eine effiziente Verwaltung kann nur auf entsprechenden Daten fußen. Und diese Daten sind, wie meine Vorredner schon gesagt haben, anonym.

Es wird viel gesagt. Heute war in einer Zeitung zu lesen, dass die österreichischen Schulen an der Spitze liegen. Es ist aber noch nicht lange her, dass ich in einer bebilderten Zeitung las, dass wir ganz hinten lägen und unser Schulsystem so furchtbar schlecht sei. – Wer sich jemals mit Statistik beschäftigt hat, weiß durchaus, dass es immer darauf ankommt, welche Daten man in Korrelation bringt, und dass man mit Datenmaterial eigentlich alles machen kann, was man will: Man kann eine These und genauso deren Antithese damit beweisen.

Wenn es jetzt aber eine verbindliche staatliche und nicht irgendeine Statistik gibt – und ich nehme an, beide Zeitungen werden auf irgendwelche Statistiken zurückgegriffen haben –, dann können wir zu einer solchen Statistik meines Erachtens doch höheres Vertrauen beziehungsweise absolutes Vertrauen haben, denn diese Statistik unterliegt ja nicht nur der Kritik des Ministeriums, das dann mit diesen Daten umgehen muss, und anderer Stellen, sondern es unterliegt auch der Kritik der Betroffenen.

Es kann daher kein Weg daran vorbeigehen, diesem Gesetz zuzustimmen. – Von der sozialdemokratischen Fraktion sind nicht mehr allzu viele da. (Bundesrat Thumpser: Ungefähr ebenso viele wie bei der freiheitlichen Fraktion!) Von meiner Fraktion sind auch nicht viele da, aber Sie sind ja mehr, das weiß ich!

Ich meine, man sollte doch wirklich einmal über seinen Schatten springen, denn nur die Anonymisierung kann doch wohl kein Grund für eine Ablehnung sein. Es verhält sich jetzt aber wie so oft bei den Oppositionsparteien, dass ein Gesetzentwurf umso stärker angegriffen wird, je weniger Sachargumente dagegen angeführt werden können. Das entlarvt oft die Argumente als Totschlagkeulen. Diese treffen in diesem Fall aber sicherlich nicht, wie beabsichtigt, das Gesetz, das hier beschlossen werden soll, und damit indirekt die Regierungsparteien, sondern eher die Schüler und Studenten.

Es ist dies vergleichbar mit dem Gebäude der so genannten Spitzelaffäre, das dann auch wie ein Kartenhaus zusammengebrochen ist. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das Ganze hat nur dazu gedient, freiheitliche Mandatare zu diffamieren. Wenn Sie aber schon von Datenschutz sprechen, dann sollten Sie sich vielleicht Gedanken darüber machen, wie linkslastige Wochenmagazine zu ihren Enthüllungsdaten gekommen sind! Dort besteht, so glaube ich, Nachholbedarf betreffend Datenschutz. Dort könnten Sie wahrscheinlich leichter fündig werden, weil Ihnen vielleicht auch diese Kanäle nicht ganz unbekannt sind.

Die personenbezogenen Daten werden jedenfalls anonymisiert, und ich hoffe, dass dieses Gesetz eine Verwaltungsvereinfachung zum Wohle unserer Kinder und der Auszubildenden bringen wird. Es geht um unser aller Kinder, um die Kinder der Angehörigen aller Fraktionen, die hier sitzen. Und zu deren Wohl sollten wir das Gesetz beschließen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

20.39

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.

20.39

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich danke den Bundesräten für diese sachliche Diskussion! Es ist erfreulich, dass uns in der PISA-Studie  – es ist dies eine Studie über die Fünfzehnjährigen – bestätigt wurde, dass unsere Jugendlichen mit 15 Jahren im Lesen, Rechnen und in den Naturwissenschaften Spitze sind. Sie sind nicht Weltklasse, aber sie sind Spitze. – Ich glaube, das ist ein schönes Zeugnis für die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer, denen ich sehr herzlich danke. Und es ist ganz klar, dass wir in unseren Bemühungen keineswegs erlahmen dürfen, denn wir wollen ja zur Weltklasse vorstoßen!

Wir haben das Ergebnis analysiert, und es ist interessant, dass Fachleute festgestellt haben, dass ein Teil des Erfolges darauf zurückzuführen ist, dass man in Österreich Schule und Bildung ernst nimmt. Es gibt nicht die Beliebigkeit wie in anderen Ländern, dass es nämlich egal ist, ob man in die Schule geht oder nicht, ob man entschuldigt oder nicht entschuldigt fernbleibt, ob man Fehlstunden oder keine Fehlstunden hat. Bei uns wird Schule ernst genommen. Sie fängt um acht Uhr an und hört um zwölf oder 13 Uhr auf. Die Lehrer halten ihre Zeiten ein, und auch das macht einen Teil des Erfolgs aus: Schule und Bildung werden in Österreich ernst genommen.

Meine Damen und Herren! Ich freue mich auch darüber, dass von sozialdemokratischer Seite gesagt wurde, dass wir gerade im Bildungsbereich zusammenarbeiten sollten. Ja, ich wünsche mir diese Zusammenarbeit! Ich habe es deshalb auch sehr ernst genommen, als gesagt wurde, dass der Datenschutz nicht im vollen Umfang gegeben sein könnte. Wir haben deshalb den Datenschutzrat befragt und mit der Statistik Austria geredet, und Sie haben im Ausschuss gehört, dass alle Maßnahmen getroffen wurden, damit die Daten, die wir erfassen, sicher sind.

Es gibt eine nicht rückführbare Verschlüsselung. Zusätzlich haben wir mit der Statistik Austria noch vereinbart, dass der Schlüssel zu dieser Verschlüsselung im Safe der Statistik Austria aufbewahrt wird. Wir können das also gar nicht aufmachen, und ich meine, dass das oberste Maß an Datensicherheit gegeben ist. Von Datenschutzexperten wurde gesagt, dass dieses Modell der Verschlüsselung für künftige statistische Erfassungen zukunftsweisend ist.

Meine Damen und Herren! Warum brauchen wir diese statistischen Erfassungen? – Ich habe hier einen Erhebungsbogen, wie er bisher auszufüllen war, und wenn man sich diesen anschaut, dann muss man sagen: Die Möglichkeiten, die uns auf Grund der neuen Technologien gegeben sind, bringen enorme Verwaltungsvereinfachungen mit sich. Wir können jetzt sagen: Nicht die Menschen sollen laufen, sondern die Daten sollen laufen. Die Daten sollen vollautomatisiert zur Verfügung stehen. Wenn wir Verlaufsdaten für die Bildungspolitik haben wollen und zum Beispiel wissen wollen, wie viele Jugendliche aus ländlichen Gebieten in Gymnasien gehen und dann später studieren, dann brauchen wir eine Verlaufsstatistik. Mit dieser Verschlüsselung der Zahlen ist die Erstellung einer solchen Verlaufsstatistik möglich, und ich meine, dass wir mit diesen Bildungsdokumentationsgesetz den Weg gehen, Fakten und Unterlagen zu haben, aus welchen wir Schlüsse ziehen können, um Bildungsplanung zu machen. Automatisiert ist das auf dem einfachsten Wege möglich.

Meine Damen und Herren! Ich meine, dass dieses Bildungsdokumentationsgesetz für alle Parlamentarier ein ganz wichtiges Gesetz ist, denn dann kann ich auch die Anfragen, die Sie stellen, viel leichter, ausführlicher und besser beantworten. Deswegen würde es mich freuen, wenn dieses Bildungsdokumentationsgesetz auch von allen Bundesräten dieses Hauses nicht untersagt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

20.43

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Dokumentation im Bildungswesen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Dezember 1987, veröffentlicht im BGBl. Nr. 656, über die Abgeltung von bestimmten Unterrichts- und Erziehungstätigkeiten im Bereich des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz neu erlassen sowie das Forschungsorganisationsgesetz, das Bundesgesetz zur Errichtung einer Museumsquartier-Errichtungs- und Betriebsgesellschaft und das Bundesgesetz betreffend die Finanzierung des Erwerbs der "Sammlung Leopold" geändert wird (582/A und 850/NR sowie 6507/BR der Beilagen)

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Österreichische Bibliothekenverbund und Service Gesellschaft mit beschränkter Haftung (830 und 851/NR sowie 6508/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 12 und 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz neu erlassen sowie das Forschungsorganisationsgesetz, das Bundesgesetz zur Errichtung einer Museumsquartier-Errichtungs- und Betriebsgesellschaft und das Bundesgesetz betreffend die Finanzierung des Erwerbs der "Sammlung Leopold" geändert wird und

ein Bundesgesetz über die Österreichische Bibliothekenverbund und Service Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Die Berichterstattung über die Punkte 12 und 13 hat Herr Bundesrat Köberl übernommen. Ich bitte um die Berichte.

Berichterstatter Günther Köberl: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz neu erlassen sowie das Forschungsorganisationsgesetz, das Bundesgesetz zur Errichtung einer Museumsquartier-Errichtungs- und Betriebsgesellschaft und das Bundesgesetz betreffend die Finanzierung des Erwerbs der "Sammlung Leopold" geändert wird.

Der Inhalt des Berichtes liegt Ihnen schriftlich vor. Ich darf daher zum Antragstext kommen.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Österreichische Bibliothekenverbund und Service Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Auch dazu liegt der Bericht in schriftlicher Form vor. Ich darf daher zum Wesentlichen kommen.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die, wie gesagt, über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Hoscher. – Bitte.

20.40

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich bringe einige kurze Bemerkungen zu einem scheinbar unspektakulären Gesetz, und zwar zum Bundesgesetz über die Österreichische Bibliothekenverbund und Service Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Mit diesem Gesetz wird die bisher bestehende "Arbeitsgruppe Bibliotheksautomation" in eine 100-prozentige100prozentige Bundesgesellschaft ausgegliedert. Die im ehemaligen Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst angesiedelte "Arbeitsgruppe Bibliotheksautomation" selbst war Nachfolgerin der Planungsstelle für wissenschaftliches Bibliothekswesen, die mit dem In-Kraft-Treten der neuen Bibliotheksordnung der Nationalbibliothek am 29. Juni 1995 aufgelöst wurde. Die Reise dieser Serviceeinrichtung findet daher vorläufig ihr Ende in einer GmbH.

Was so einfach als "Arbeitsgruppe" – unter Anführungszeichen – tituliert wurde, ist in Wahrheit eine zwar kleine, aber doch sehr wichtige und effiziente Stelle, die unter anderem alle Angelegenheiten der verbundweiten übergreifenden Aufgaben der automationsgestützten Verfahren im Bereich der wissenschaftlichen Bibliotheken zum Ziel hat. Dazu zählen etwa Planung, Koordinierung und Umsetzung einheitlicher Automationskonzepte ebenso wie die Erstellung von Migrationskonzepten und die Durchführung von Vergabeverfahren bei der Einführung neuer Systemkomponenten.

In diesem Zusammenhang bietet sich nun gerade mit der Implementierung des neuen EDV-Systems ALEPH 500 die Möglichkeit, im Rahmen einer Organisationsprivatisierung weitere Geschäftsfelder zu erschließen. Die heute zu beschließende GmbH hätte etwa die Chance, ihr Know-how in Zukunft auch bei entsprechenden Ausschreibungen umzusetzen, und auch für die geplante Schnittstelle zwischen dem Verbund der öffentlichen und jenem der wissenschaftlichen Bibliotheken scheint die flexible Gestaltung der Servicestelle von Vorteil zu sein. In Zeiten zunehmender Dichte des Informationsbezuges über neue Medien ist es vor allem auch für die erwähnten Bibliotheken unerlässlich, dass sie ihr Angebot in entsprechender Form darstellen und zugänglich machen können.

Erfahrungen, die mit dieser neuen GmbH gewonnen werden, können möglicherweise auch international umgesetzt werden, dies allerdings unter der Prämisse, dass mit § 3 Abs. 1 der Vorrang der Bedürfnisse des österreichischen Bibliothekswesens normiert ist.

Ich glaube, dass hier einiges an Synergien erzielt werden kann, wenn man beispielsweise auch an den Betrieb lokaler Bibliothekssysteme oder an die Unterstützung beim Ankauf von für die einzelne Bibliothek oft teuren Datenbanklizenzen denkt. Für mögliche neu hinzukommende Verbundteilnehmer – etwa die Parlamentsdirektion wäre in diesem Fall denkbar – ist die Gestion über einen detaillierten Vertrag mit einer Kapitalgesellschaft wahrscheinlich praktikabler und leichter, als einer ministeriellen Dienststelle gegenübertreten zu müssen. Tatsache ist außerdem – und das findet sich auch in den Erläuterungen zum gegenständlichen Gesetz –, dass qualifizierte EDV-Mitarbeiter im Gehaltsschema des öffentlichen Dienstes kaum untergebracht werden können, vor allem nicht, wenn sie über 55 Jahre alt sind.

Alles in allem sind wir der Überzeugung, dass sich die ehemalige "Arbeitsgruppe Bibliotheksautomation" durchaus als Objekt für eine Organisationsprivatisierung eignet und somit ein nicht unwesentlicher Beitrag geleistet wird, das in den Bibliotheken gesammelte und bereitgehaltene Wissen in den technischen Anforderungen unserer Zeit entsprechender Art und Weise an den Nutzer heranzuführen.

Was für den Bibliothekenverbund zutrifft, gilt unserer Ansicht nach hingegen nicht für die Vollrechtsfähigkeit der Nationalbibliothek. Dabei geht es meiner Fraktion nicht so sehr um Details, sondern um die grundsätzliche Frage, welche Kernaufgaben der Staat selbst besorgen und dazu auch stehen sollte. Der Versuch, die finanzielle Unterausstattung der Österreichischen Nationalbibliothek, die im internationalen Vergleich ohne Zweifel gegeben ist, durch den Schritt in die Vollrechtsfähigkeit verschleiern beziehungsweise die dementsprechende staatliche Verantwortung auslagern zu wollen, ist ein untauglicher. Die Teilrechtsfähigkeit hätte hier genug an Flexibilität geboten. Und im Unterschied zum Bibliothekenverbund geht es hiebei nicht um eine Serviceeinrichtung, sondern um kulturelles Erbe.

So verfügt etwa die Bayrische Staatsbibliothek über ein jährliches Ankaufsbudget in der Höhe von 9,7 Millionen Euro gegenüber den lächerlichen 0,7 Millionen Euro der Österreichischen Nationalbibliothek, und ein solcher Unterschied lässt sich auch nicht durch Vollrechtsfähigkeit bereinigen. Es mutet geradezu skurril an, wenn als Vorteil der Organisationsreform in den Erläuterungen unter anderem angeführt wird, dass diese Organisationsreform keine Verschlechterungen für das Personal bringe beziehungsweise diese unter weitest gehender Zustimmung der Betroffenen stattfinde. – Das sind eigenartige Gründe für eine Organisationsreform!

Entlarvender ist da schon ein anderer Grund, der als – unter Anführungszeichen – "gestaltbare Budgetbelastungen für den Bund" festgehalten wird. Es wird wohl also letztlich auch die Österreichische Nationalbibliothek dem Fetisch Nulldefizit untergeordnet. Immerhin heißt es in § 15 Abs. 2, dass erhöhte Aufwendungsvergütungen durch den Bund unter Bedachtnahme auf Rationalisierungsmaßnahmen zu sehen sind. Allerdings sucht man im Gesetz vergeblich danach, welche Maßnahmen damit gemeint sind, welche Beurteilungsmaßstäbe angelegt werden, welcher Umfang ins Auge zu fassen ist und wie ein derartiger unverblümter Einfluss auf die Geschäftsführung mit dem angeblich so flexiblen Konzept der Vollrechtsfähigkeit in Einklang zu bringen ist.

Rechnungshofpräsident Fiedler meinte – in diesem Fall zu Recht –, dass die Zweckmäßigkeit von Ausgliederungen von Fall zu Fall überprüft werden müsse. – Wir haben dies – zumindest für uns – getan und werden daher der Bibliothekenverbund Gesellschaft mit beschränkter Haftung zustimmen, nicht jedoch der Vollrechtsfähigkeit der Nationalbibliothek. (Beifall bei der SPÖ.)

20.54

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Die Frau Bundesministerin hat sich als Nächste zu Wort gemeldet. – Bitte.

22.54

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst zur Nationalbibliothek: Die Nationalbibliothek wird in eine wissenschaftliche Anstalt umgewandelt. Das heißt, sie ist nicht mehr in der starren Budgetierung des Bundes enthalten. Sie erhält ein zugesichertes Budget. Und ich bitte Sie wirklich, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Basisabgeltung in der Höhe von 283 Millionen hoch ist und dass wir diese Basisabgeltung gegenüber dem ursprünglichen Budget um 53 Millionen erhöht haben – in diesen 283 Millionen sind also die zusätzlichen 53 Millionen enthalten! –, damit die Umstellungen bewältigt und zusätzliche Initiativen gesetzt werden können.

Meine Damen und Herren! Der Vorredner hat gesagt, dass die Nationalbibliothek kulturelles Erbe ist. – Selbstverständlich ist sie kulturelles Erbe, aber sie ist auch eine Serviceeinrichtung für jene Menschen, welche die Bibliothek benutzen wollen.

Es wird dabei überhaupt keinem Fetisch nachgelaufen, sondern wir wollen keine neuen Schulden machen! Trotzdem ermöglichen wir es, dass die Nationalbibliothek um 53 Millionen Schilling mehr bekommt, und das ist ein guter Weg, den die Regierung geht. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich verstehe nicht, warum das als negatives Argument hingestellt wird, dass die Betroffenen einverstanden sind, dass wir für das Personal beste Bedingungen geschaffen haben. Wir arbeiten mit den Menschen, mit unseren Angestellten, denn wir sind für diese Menschen verantwortlich und wollen ihnen beste Bedingungen geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Die Umwandlung der Museen in wissenschaftliche Anstalten ist eine Erfolgsstory. Jeder kann sich davon überzeugen, wenn er sich zum Beispiel die Ausstellung "Gold der Pharaonen" anschaut. Es ist dies eine hervorragende Ausstellung! Wir wollen diese Erfolgsstory mit der Umwandlung der Nationalbibliothek in eine wissenschaftliche Anstalt weiterführen. Wir haben eine tolle neue Direktorin, die mit vollem Elan für die Zukunft dieser Nationalbibliothek arbeitet.

Der Bibliothekenverbund ist ein wichtiger Bereich für die Digitalisierung, aber auch für die automationsunterstützte Verwaltung und für die Anwendung eines neuen Automationssystems. Sie haben es genannt: Es ist ALEPH 500.

Ich freue mich, dass diese Ausgliederung auf Zustimmung allgemeiner Art stößt, denn gerade dadurch wird es möglich, dass wir mit den öffentlichen Bibliotheken der Gemeinden und anderer Einrichtungen zusammenarbeiten, dass wir dieses zukunftsorientierte automationsunterstützte Bibliothekssystem auch anderen anbieten können, was einfach eine freiere Möglichkeit der Zusammenarbeit von Bibliotheken darstellt.

Bibliotheken – die Nationalbibliothek und alle anderen Bibliotheken – sind eine wichtige Basis für die Lesefähigkeit der Jugendlichen, und ich meine, dass die Tatsache, dass wir so gute und interessante Bibliotheken haben, auch ein Teil des Erfolges ist, den wir bei der letzten Studie gehabt haben. Und wir werden dazuschauen, dass unsere Bibliotheken auch in Zukunft die besten Angebote für die Bürgerinnen und Bürger und für die Jugend in diesem Land stellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

20.57

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die vorliegenden Beschlüsse getrennt erfolgt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz neu erlassen sowie das Forschungsorganisationsgesetz, das Bundesgesetz zur Errichtung einer Museumsquartier-Errichtungs- und Betriebsgesellschaft und das Bundesgesetz betreffend die Finanzierung des Erwerbs der "Sammlung Leopold" geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Österreichische Bibliothekenverbund und Service Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt –, zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben, ist somit angenommen.

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 geändert wird (532/A und 880/NR sowie 6509/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu Punkt 14 der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Mag. Tusek übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Mag. Gerhard Tusek: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 geändert wird. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, daher beschränke ich mich auf den Antrag.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke sehr.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herbert Würschl. Ich erteile es ihm.

21.00

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! Der Verfassungsgerichtshof hat einige Passagen des Fremdengesetzes 1997 wegen Unbestimmtheit und ungenauer Formulierung kritisiert und nicht zur Kenntnis genommen, weshalb eine Novellierung angestanden ist.

Wir bedauern grundsätzlich, dass nicht versucht wurde, in diesem Zusammenhang auf breiter Basis mit allen Parteien eine gemeinsame Formulierung sicherzustellen. Ich hatte den Eindruck, dass es kein Bemühen seitens der Regierungsparteien gegeben hat, bei dieser Novellierung Einvernehmen herzustellen.

Es geht hiebei um die Frage der sachlichen Richtigstellung von Reisedokumenten, und davon sind vor allem zwei große Menschengruppen unmittelbar betroffen, nämlich einerseits Fremde, die transportiert werden wollen, und andererseits eine Menschengruppe, die für den Transport dieser Menschen zuständig ist, nämlich die Beförderungsunternehmer.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, wir können davon ausgehen, dass alle ein Interesse daran haben, grundsätzlich für die Sicherheit der Bevölkerung einzutreten, und dass niemandem das Bemühen abgesprochen werden kann, dass er für diese Sicherheit unserer Bevölkerung eintritt. Wir Sozialdemokraten bekennen uns dazu, dass eindeutige und klare Formulierungen gefunden werden sollen. Es ist dies aber leider Gottes in dieser Gesetzesnovelle wieder nicht gelungen. Einerseits wird den Fremden, die transportiert werden wollen, die Beweislast auferlegt, wobei die große Gefahr besteht, dass diese Menschen, die durchaus zu den Ärmsten der Gesellschaft beziehungsweise der Bevölkerung überhaupt zählen, schikaniert werden. Offenbar versucht man, diese Menschen mit Schikanen davon abzuhalten, eine Reisebewegung durchzuführen. Auf der anderen Seite ist die Tatsache gegeben, dass den Beförderungsunternehmern Aufgaben aufgehalst werden, die sie in Wirklichkeit nicht bewältigen können, dass sie nämlich auf einmal eine vorgelagerte Kontrollinstanz sind und behördliche Aufgaben übernehmen sollen. – Ich glaube, dass es in einer demokratischen Gesellschaft nicht richtig ist, solche Aufgaben einer bestimmten Berufsgruppe zu übertragen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Deshalb ist mir der Antrag der grünen Fraktion, der im Nationalrat eingebracht wurde, ausgesprochen sympathisch. – Ich darf hier noch einmal kurz zur Kenntnis bringen, wie dieser Antrag formuliert war: "Bevor der Beförderungsunternehmer dem Fremden Zutritt zum Beförderungsmittel verschafft, muss dem Beförderungsunternehmer die sachliche Richtigkeit des Reisedokumentes auf Grund des Augenscheins und der Angaben des Fremden glaubhaft erscheinen." – Man redet hier von "Glaubhaftmachung" und bürdet nicht einer Gruppe etwas auf, was diese Gruppe nicht erbringen kann.

Auch der letzte Satz dieses Antrags stellt eine Formulierung dar, zu der wir als Demokraten und Humanisten selbstverständlich stehen müssen, und vor allem wir Sozialdemokraten bekennen uns dazu. – Der letzte Satz dieses Antrags der Grünen lautet: "Die Normen der Genfer Flüchtlingskonvention sind anzuwenden."

Herr Bundesminister! Ich habe auch nachgelesen, was Sie im Nationalrat gesagt haben, und das gefällt mir nicht, weil es so fordernd und einfach nicht zu erbringen ist. So haben Sie etwa gesagt: "Transportunternehmer haben die Identität der Passagiere festzustellen und den Sicherheitsbehörden zu übermitteln." – Ich glaube, dass man den Unternehmern, die für den Transport der Fremden auftreten, diese Bürde nicht aufoktroyieren kann. Aus diesem Grund lehnen wir diese Novellierung ab. Wir meinen, dass wir da größeres Bemühen an den Tag legen und eine gemeinsame Formulierung finden sollten. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.05

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger. Ich erteile ihm das Wort.

21.05

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoch geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wenn Kollege Würschl von einer "Schikane" gesprochen hat, dann möchte ich jetzt doch klar festhalten, was Inhalt dieser Fremdengesetz-Novelle ist, dass nämlich Menschen aus anderen Ländern, die bei uns einreisen, als auch die Unternehmer, welche die Transporte durchführen, den Namen, das Geburtsdatum, den Geburtsort, den Wohnort und die Staatsangehörigkeit innerhalb von zehn Tagen nach dem Einreisedatum zur Verfügung stellen. Wenn Sie das als Schikane bezeichnen, dann muss ich Sie fragen: In welcher Welt leben Sie? (Zwischenruf des Bundesrates Würschl. ) – Das sind Daten, die allgemein zugänglich sind! Wir als Einwohner der Republik Österreich haben das Anrecht, dass die Menschen, die zu uns kommen beziehungsweise diesen Transport durchführen, diese Daten zur Verfügung stellen. – "Schikane" ist also ein völlig unangebrachtes Wort zu diesem Thema!

Ich habe heute schon einmal erwähnt, dass, seit Bundesminister Ernst Strasser dieses Sicherheitsressort innehat, vieles rascher geht, als dies früher der Fall war. (Bundesrat Winter: Ja! Zum Beispiel das Zusperren von Gendarmerieposten!) Ich habe das im Zusammenhang mit den Ausführungen unseres Herrn Landeshauptmannes Dr. Erwin Pröll erwähnt. Ich habe geschildert, dass ein Bürgermeister mir mitteilte, dass er ein E-Mail an den Bundesminister für Inneres geschickt hat und zwei Stunden später eine Antwort erhalten hatte. Das sollen die Innenminister, die in Zeiten der SPÖ-Ära tätig waren, einmal nachmachen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Kraml. )

Ebenso rasch hat unser Innenminister auch bei der Fremdengesetz-Novelle aus dem Jahr 1997 reagiert, die dringend novelliert werden musste. Ich glaube, ich brauche vom Inhalt her nicht mehr zu wiederholen, was dabei wesentlich war.

Wir kommen beim nächsten Tagesordnungspunkt zum Sicherheitsbericht. Auch diesbezüglich unterscheidet sich unser Bundesminister Ernst Strasser deutlich von seinen Vorgängern: Er kann heute in wesentlich kürzerer Zeit als seine Vorgänger diesen Sicherheitsbericht vorlegen, und daher können wir auch früher darüber diskutieren.

Zum Schluss einige Daten, mit welchen das bewiesen werden kann. Wenn man die Aufgriffszahlen der vergangenen Jahre vergleicht, dann kann man feststellen, dass die Aufgriffszahlen insgesamt – und wir reden doch ständig von sicheren Grenzen – wesentlich gesteigert wurden. In diesem Sinne darf ich sagen, dass die Fraktion der Österreichischen Volkspartei selbstverständlich die Zustimmung zu diesem Gesetz geben wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.08

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Gerd Klamt. Ich erteile ihm das Wort.

21.09

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Tagesordnungspunkt 14 hat eine Änderung des Fremdengesetzes 1997, die auf Grund eines Verfassungsgerichtshoferkenntnisses notwendig wurde, zum Gegenstand.

Im Wesentlichen geht es darum, dass die Verpflichtung des Beförderungsunternehmers zur Prüfung der Reisedokumente nicht klar bestimmt war. Der 11. September dieses Jahres hat aus meiner Sicht uns alle – wie ich annehme auch meinen Kärntner Bundesratskollegen Herbert Würschl – sensibilisiert. Was vorher vielleicht als bürokratische Belastung oder auch als Schikane empfunden werden konnte, ist jetzt, so meine ich, Verpflichtung für jeden. Umfassende Sicherheit bedingt die Mitarbeit aller.

Der vorliegende Gesetzestext hat das Ziel, dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu entsprechen und auch den Reisenden mit in die Verantwortung zu nehmen. In diesem Sinne wird die freiheitliche Fraktion Tagesordnungspunkt 14 mittragen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

21.10

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

15. Punkt

Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2000) (III-223-BR/01 sowie 6510/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 15. Punkt der Tagesordnung: Sicherheitsbericht 2000.

Die Berichterstattung hat wieder Herr Bundesrat Mag. Gerhard Tusek übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Mag. Gerhard Tusek: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich – Sicherheitsbericht 2000.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich daher auf den Antrag.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Harald Reisenberger das Wort. – Bitte.

21.12

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Wir haben den Bericht vor uns liegen, und ich nehme an, Sie alle haben ihn gelesen. Es ist dies ein an und für sich recht interessanter Bericht. Ich glaube, man kann auf Grund der Ergebnisse dieses Berichtes einige Schlüsse ziehen.

Herr Minister! Es wurde jetzt gesagt, dass, seit Sie im Amt sind, alles viel schneller gehe. – Der Bericht ist tatsächlich relativ flott gekommen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.) Allerdings muss man auch zur Kenntnis nehmen, dass das Rumpfjahr für diesen Bericht aus verwaltungstechnischen Gründen bereits durch den Vorgänger des derzeitigen Innenministers festgelegt war. Gleichzeitig wurde das System so entworfen, dass sämtliche Eingaben hinsichtlich ihrer logischen Zusammenhänge überprüft werden und darüber hinaus Korrekturen nur mehr im zulässigen Ausmaß erfolgen können. Beispielsweise ist anzuführen, dass eine Klärung nur dann gemeldet werden kann, wenn der Fall vorher im System bekannt wurde und die Klärung tatsächlich die Identität des Täters beinhaltet. Das heißt, alle Fälle, die nicht in Richtung 08/15 gehen, können wir im Moment zumindest noch nicht hier herauslesen.

Ich glaube aber trotzdem, dass man sich einige Punkte in diesem Bericht genauer anschauen sollte. – Auf Seite zwölf des Sicherheitsberichtes 2000 heißt es: "Die bis 31. 1. 2000 geltende (polizeiliche) Kriminalstatistik existiert nur für angezeigte Tatverdächtige und somit für geklärte strafbare Handlungen, wobei diese Statistik in Folge der damals vorhandenen Ressourcen bloß die Minimalerfordernisse aufwies. Eine ganz wichtige Ergänzung, nämlich jene für ungeklärte strafbare Handlungen, wurde damals nicht verwirklicht." – Diese Aussage ist irreführend. In den Sicherheitsberichten der vergangenen Jahre ist die Aufklärungsquote bereits angeführt, und damit konnte auf die Quote der ungeklärten strafbaren Handlungen geschlossen werden.

Zu den Vergleichsmöglichkeiten: Da das Jahr 2000 im Sinne der Datenerfassung ein Rumpfjahr darstellt, ist eine statistisch 100-prozentig saubere Zusammenführung in Folge unterschiedlicher Detaillierungsgrade der Ausgangsdaten nicht möglich. Trotzdem ist der Vergleich von absoluten Zahlen und Prozentzahlen zulässig, da sich daraus eindeutige Trends und ihre Auswirkungen ablesen lassen. – Die daraus resultierenden Folgen sollte man sich schon überlegen.

Von der derzeitigen Ressortführung wurde darauf verzichtet beziehungsweise nicht einmal der Versuch unternommen, Vergleichsmöglichkeiten zu den Vorjahren zu schaffen. Veränderungen zum Vorjahr werden in diesem Bericht nicht ausgewiesen. Der Entwicklung bei den Aufklärungsquoten wird im Textteil sehr wenig Raum gegeben. Das geht zu Lasten der erforderlichen Schlussfolgerungen für die Gestaltung der polizeilichen Arbeit.

Trotzdem: Wenn man sich einige wenige Zahlen ansieht, dann sind aus den Vergleichswerten sehr wohl Folgerungen zu ziehen: Wir haben zwischen 1999 und 2000 eine steigende Kriminalität und eine sinkende Aufklärungsquote zu verzeichnen. Es ist ein Anstieg der strafbaren Handlungen um fast 14 Prozent festzustellen, und dieser Wert ist ziemlich hoch. Die Aufklärungsquote liegt hingegen im Vergleich zu den Vorjahren, in welchen sie immer über 50 Prozent lag, diesmal nur mehr bei 48,7 Prozent.

Es sind also ein Anstieg der strafbaren Handlungen und eine sinkende Aufklärungsquote festzustellen. Insgesamt ist die Aufklärungsquote bei gerichtlich strafbaren Handlungen um 2,7 Prozent gesunken. Bei Sachbeschädigung ist ein Anstieg um 16,8 Prozent zu verzeichnen, die Aufklärungsquote ist hingegen von 27,5 auf 27,2 Prozent gesunken. Auch bei Diebstahl und dergleichen mehr verhält es sich ähnlich.

Warum ist es sehr wichtig, dass man sich diese Zahlen anschaut? – Das hat für mich ganz eindeutig auch damit zu tun, dass man dann evaluieren kann, wie viele Möglichkeiten es für unsere Kolleginnen und Kollegen gibt, die vermehrten Aufwände tatsächlich zu bewältigen. Herr Minister! Als wir im Sommer hier ein ähnliches Gespräch führten, haben Sie mir vorgeworfen, dass die Zahlen, die wir hatten – aus Ihrem Büro und von den Kolleginnen und Kollegen aus den Betrieben –, falsch sind. Herr Minister! Im Nachhinein muss ich feststellen: Sie hatten Recht! Es waren wirklich falsche Zahlen! In der Zwischenzeit haben sie sich geändert, aber sie sind noch schlimmer geworden! Hinsichtlich des Zahlenmaterials, das damals vorhanden war, ist eine Veränderung im negativen Sinn festzustellen.

Ich bin Wiener Mandatar, und nach unserem Gespräch im Sommer – ich glaube, zwei Wochen später – ist in allen Medien ein Bild von Ihnen, Herr Minister, und unserem Bürgermeister beim Shakehands erschienen, um die Versicherung zu bekräftigen, dass in Wien sichergestellt wird, dass in jeder Beziehung Sicherheit herrschen wird. Das Shakehands war eine tolle Sache! Man hat gesagt: Es wird keine Verschlechterung in Bezug auf die Polizeidienststellen und Kommissariate geben und so weiter und so fort. Wir haben alles im Griff, und wir reden auch mit jedem darüber.

Herr Minister! Ich habe Ihnen damals vorgeworfen, dass das Reden mit Menschen nicht darin bestehen kann, dass man Diavorträge hält, und dass Kommunikation, wie sie im Grunde vor sich gehen sollte, nicht nur bedeutet, dass man etwas von sich gibt, auch wenn es noch so wichtig und gescheit ist, sondern dass Kommunikation auch bedeutet, dass man jemandem zuhört und versteht, was der andere mitteilt, und dass man ihm auch das Gefühl gibt: Ich habe dich verstanden. Erst dann kommt eigentlich ein richtiges Gespräch zu Stande, dann verläuft die Kommunikation so, wie sie vor sich gehen soll.

Ich glaube, dass diese Kommunikationsbereitschaft, über Probleme zu sprechen, nicht vorhanden ist. Erst vor ein paar Wochen fand wiederum ein Gespräch zwischen Ihnen, Herr Minister, und den Bezirksvorstehern der einzelnen Bezirke in Wien statt, das – so wurde mir berichtet, ich selbst war nicht selbst dabei – ein sehr nettes Gespräch gewesen sein soll. Aber als man sich zu diesem Gespräch einfand, lagen im Grunde genommen bereits vorgegebene Endergebnisse auf dem Tisch, und diese vorgegebenen Ergebnisse konnte man nach dem Motto diskutieren: Ihr könnt ruhig reden, das stört mich nicht, aber so wird es ablaufen, und das ist unveränderbar. – Ich meine, dass das bei solchen Gesprächen keinen Sinn macht! (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. )

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann Ihnen nachher viel erklären, wenn Sie wollen! Herr Kollege Himmer! Nachher sage ich Ihnen das noch ganz genau! Es ist halt das Problem, dass man Sachen oft verteidigen muss, und es gibt bei der Exekutive auch einige Kolleginnen und Kollegen, die Ihrer Fraktion angehören. Ich meine, dass es vielleicht sinnvoll wäre, sich mit diesen einmal zu unterhalten und zu schauen, was sich wirklich in Wien abspielt. Denn diese Daten zeigen nicht, dass schlecht oder weniger gearbeitet wird, im Gegenteil: Die Zahl der Überstunden ist nach wie vor immens hoch. Diese Kolleginnen und Kollegen leisten das Menschenmöglichste. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. ) Aber wenn der Bedarf größer wird – das verhält sich in anderen Zusammenhängen genauso – und man weniger Leute bekommt, die das machen sollen oder müssen, dann bleibt die Arbeit eben irgendwo hängen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! So verhält es sich ganz einfach! Es fehlen in Wien nach wie vor 750 Exekutivbeamte. Das wissen Sie, Herr Minister! Ich gebe schon zu, dass diese Zahl nicht nur seit dem letzten Jahr oder seit den letzten eineinhalb Jahren fehlt. Aber es hilft nichts, wenn man schon bei dem Stand eingestiegen ist, dass zu wenige Kolleginnen und Kollegen verfügbar waren, und das damit repariert, dass man noch zusätzliche Veränderungen vornimmt und nichts mehr nachkommt.

Sie haben uns im Sommer im Rahmen einer Bundesratssitzung gesagt, dass über 100 Beamte mehr in den Wachzimmern sein werden. Wie passt das zusammen? – Einerseits sollen laut Ihren Aussagen über 100 Kolleginnen und Kollegen mehr in den Wachzimmern sein, andererseits haben wir nach wie vor ein eminentes Maß an fehlenden Exekutivbeamtinnen und -beamten vor uns.

Es wurden Wachzimmer geschlossen, und es gab Zusammenlegungen von Kommissariaten, obwohl wir gesagt haben, dass jeweils unterschiedliche Voraussetzungen bestehen. Es ist eben nicht überall gleich, es besteht ein Unterschied zwischen einem Kommissariat im 14. Bezirk auf der Schmelz oder einem neuen Kommissariat in Simmering, weil dort andere Voraussetzungen herrschen.

Ich möchte nur ein Beispiel in Erinnerung bringen: Unser Liesinger Kommissariat ist wirklich ein Musterkommissariat, darüber sind wir uns wohl einig, und es könnte viele ähnliche Beispiele geben. Entsprechende Reformen sehe ich in Wirklichkeit aber nicht oder nur teilweise. Es fehlt mir ganz einfach der Glauben, dass sich in nächster Zeit etwas bewegen wird und kann, denn es fehlen Leute. Es besteht die Problematik, dass die Sicherheit in Wien so nicht besser wird, sondern dass sich auch das subjektive Gefühl der Menschen verschlechtert.

Ich sage es noch einmal ganz ehrlich: Die Zahlen in diesem Bericht bestätigen für mich, dass man im Grunde genommen versucht, mehr an Leistungen mit weniger Beamten zu Stande zu bringen. Und das geht ganz einfach nicht!

Herr Minister! Ich fordere Sie auf, dass wir wirklich versuchen – es ist nie zu spät, das wissen wir alle, die wir hier sitzen –, diese Sache in Ordnung zu bringen. Geben Sie sich einen Ruck! Ich glaube beziehungsweise hoffe, wenn ich Ihren Worten trauen darf, dass Sie sich im Innersten dessen selbst bewusst sind. Sie treffen immer wieder die Aussage, dass Veränderungen kommen werden und Beamte auf der Straße notwendig sind. Sie müssen das aber auch umsetzen! Worte und schriftliche Erklärungen sind zu wenig. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.22

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Vinzenz Liechtenstein. Ich erteile ihm das Wort.

21.22

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Sicherheitsbericht über das Jahr 2000 zeigt, dass die entscheidenden Themen und Vorbereitungen für die Sicherheit bereits ein Jahr vor den Ereignissen des 11. September, ohne dass man wusste, was kommen wird, aufgenommen und vorhanden waren.

In Richtung stete Modernisierung der Exekutive, um sie effizienter und schlagkräftiger zu machen und stets zeitgemäß zu halten, hat es jetzt sehr viele Initiativen gegeben. Mein Vorredner hat eingangs schon erwähnt, dass diesbezüglich viel geschehen ist und dass auch der Bericht sehr rasch vorlag.

Die Beamten sind und waren stets bereit, und es ging vor allem um die Schaffung der rechtlichen und organisatorischen Möglichkeiten, um deren Schlagkraft laufend zu stärken. Wichtig ist auch, die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sicherheit, ob in Form von Interpol oder Europol, zu stärken. Es ist auch im internationalen Zusammenhang klar ersichtlich, dass es ein Zusammenwirken der inneren und äußeren Sicherheit jedes Staates und damit auch unseres gesamten Kontinentes Europa geben muss.

Es sei daher eingangs gesagt, dass das Problem Terrorismus im Jahresbericht 2000 sehr eindringlich und klar bearbeitet wurde, und es ist auch zu sehen, dass an alle Möglichkeiten von Seiten unserer Sicherheitsexekutive gedacht wurde, auch wenn man noch nicht wusste, was noch passieren kann und was möglich ist.

Zum Kriminalitätsbericht 2000 neu – Statistik und Analyse: Mit 1. Februar 2000 wurde die statistische Erfassung von Kriminalfällen völlig umgestellt. Mit dem Kriminalitätsbericht 2000 wird das seit 1975 bestehende Verfahren anhand von Computerblättern und Stricherllisten abgelöst. Die Anforderungen haben sich natürlich verändert, und es gilt, sowohl der internationalen als auch der technischen Entwicklung Rechnung zu tragen.

Ziel des neuen Kriminalitätsberichtes ist es daher, unter sinnvoller Beschränkung der zu erfassenden Daten mit ökonomisch vertretbarem Arbeitsaufwand und insbesondere durch den Einsatz der elektronischen Auswertungsmethodik und Kommunikation ein möglichst umfassendes und realitätsgerechtes Bild des bekannt gewordenen kriminellen Geschehens in Österreich, in den Bundesländern und in den Bezirken zu bieten. Ich glaube, dass es sehr wesentlich ist, dass man gerade jetzt die neuen Möglichkeiten voll nützt, und zwar auch grenzüberschreitend und international.

Der Vorteil des neuen Verfahrens besteht im Übergang vom Aufzählungsinstrument zum Analyseinstrument. Es können wesentlich konkretere Aussagen zu Tatverdächtigen und den damit im Zusammenhang stehenden Strukturen getroffen werden. Die Pflichtfelder tragen dazu bei, Eintragungen zu präzisieren und vollständigere Aussagen zu ermöglichen. Es kommt zu einer Verbesserung der Aktualitätsechtheit durch Wegapplikation. Kontrollmechanismen können überprüft werden, und nachträgliche Korrekturen im System hinsichtlich logischer Zusammenhänge, Sonderanalysen und Sonderauswertungen sind möglich.

Im Allgemeinen kann man sagen: Österreich gehört zu den sichersten Ländern der Welt. Die Kriminalität befindet sich gerade im internationalen Vergleich Gott sei Dank auf einem konstant niedrigen Niveau. Auch das muss immer gewahrt werden, und dafür muss es auch eine Stärkung geben. Das ist auch der Fall, und dafür sind wir dem Herrn Minister, all seinen Mitarbeitern und allen Mitgliedern der Exekutive dankbar!

Ich darf nur ein paar Kriterien zur objektiven Sicherheit in Zahlen nennen: Die Zahl der Delikte pro 100 000 Einwohner beträgt in Österreich 579 pro Monat, in der Bundesrepublik liegt sie bei 665 pro Monat. Wir liegen also besser als die Bundesrepublik. In Wien liegt die Häufigkeit zum Beispiel bei 923 pro Monat pro 100 000 Einwohner, in Berlin bei 1 370.

Zur subjektiven Sicherheit möchte ich noch sagen, dass sich laut einer Fessl-Umfrage, die allerdings Anfang Juli dieses Jahres vorgenommen wurde, 91 Prozent aller Österreicher sehr sicher beziehungsweise ziemlich sicher fühlen. Auch diese Tatsache muss stets gewahrt bleiben, und das muss mit einer Stärkung der Exekutive einhergehen. Die Frage, die damals gestellt wurde, lautete: Wie schätzen Sie die Bedrohung durch Kriminalität ein? Fühlen Sie sich in Ihrer Wohnungsumgebung sehr sicher, ziemlich sicher, etwas unsicher oder sehr unsicher? – Damals haben sich von den Befragten 91 Prozent sehr sicher oder ziemlich gefühlt, 9 Prozent fühlten sich etwas unsicher oder sehr unsicher. Daran muss man aber, wie gesagt, stets arbeiten und natürlich alles tun, was möglich ist. In dieser Hinsicht ist vom Ministerium sehr viel ausgegangen, etwa dass die internationale Zusammenarbeit vertieft wird, aber auch betreffend die jetzt in Planung stehende konsequente Umsetzung des Bundeskriminalamtes.

Dazu darf ich noch ein paar Worte sagen, weil der Themenkomplex Bundeskriminalamt in den nächsten Tagen auch hier im Haus zu behandeln sein wird: Die Reform des Kriminaldienstes und die Schaffung eines Bundeskriminalamtes gelangen in die Endphase. Die Projektphase II soll planmäßig bis 20. Dezember 2001 abgeschlossen sein. Mit 1. Jänner 2002 soll das Bundeskriminalamtsgesetz in Kraft treten. Die Strukturen der Organisation werden gegenüber der ursprünglichen Planung leicht geändert, der Bundeskriminalamtsleiter wird von einer Stabstelle und dem Single Point of Contact als Anlaufstelle unterstützt werden.

Ich erlaube mir, einen weiteren Punkt dieses Berichtes 2000 zu erwähnen, und zwar Punkt 3 betreffend Extremismus und Terrorismus: Beim Extremismus geht es um Rechtsextremismus einerseits und um Linksextremismus andererseits. Besonders wesentlich ist jetzt aber sicherlich die Frage des Terrorismus. Es wurden von unserer Seite und von deinem Ministerium, obwohl man damals noch nicht wusste, was Entsetzliches auf die ganze Welt hereinbrechen wird, im Zusammenhang mit unserer Exekutive bereits sehr gute Vorschläge erarbeitet.

Ich glaube, man muss eines dazu sagen: Das, was am 11. September passiert ist, ist ein Wendepunkt, ein Wendepunkt der Weltpolitik. Dieser 11. September ist nicht nur eine menschliche Tragödie, sondern wir stehen auch an einem Wendepunkt der Weltpolitik mit bisher ungeahnten Herausforderungen auf Grund des internationalen Terrorismus, aber wir erleben auch eine bisher kaum für möglich gehaltene internationale Solidarität.

So wie das Jahr 1989 für das Ende des 20. Jahrhunderts steht, so könnte der 11. September 2001 für den Ausgangspunkt der Weltordnung des 21. Jahrhunderts stehen. Nach dem Ende des Kalten Krieges 1989 glaubten viele, die Werte unserer Gesellschaft – Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und Marktwirtschaft – hätten sich mit dem Untergang des Kommunismus endgültig durchgesetzt, sie seien heute selbstverständlich und nicht mehr bedroht, es gebe allenfalls noch einige regionale Konflikte. Doch unsere Werte sind nicht selbstverständlich. Der 11. September hat gezeigt: Diese Gewissheit war ein Fehler. Unsere Werte, Frieden und Freiheit, die Gesellschaft, in der wir leben wollen, sind weltweit bedroht.

Worin liegt denn eigentlich die Veränderung? – Die Bedrohung richtet sich gegen die Werte der gesamten zivilisierten Welt, und die zentrale politische Botschaft dieses 11. September lautet nach meiner Auffassung: Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaat müssen entschlossen vor ihren Feinden geschützt werden. Unsere Demokratie braucht nach innen und außen einen wehrhaften Staat. Deswegen ist – um das noch einmal zu erwähnen, und das findet auch im starken Ausmaß statt – die internationale Zusammenarbeit so wichtig. Unsere Demokratie und unsere Werte werden wir nur dauerhaft schützen können, wenn wir die internationale Zusammenarbeit und Solidarität suchen. Auch das steht im Jahresbericht 2000 – ein Jahr, bevor das passiert ist. Den global agierenden Terrorismus können wir nur global bekämpfen. Wir sind existenziell auf die Solidarität der internationalen Staatengemeinschaft angewiesen.

Österreich muss deshalb einen solidarischen Beitrag in der internationalen Staatengemeinschaft leisten, der der Größe und Bedeutung unseres Landes entspricht. In diesem Sinne, so glaube ich, ist es wichtig und auch notwendig, zu sagen, dass es eine sehr wesentliche Sache war, dass von unserer Seite her – von der Exekutive, vom Ministerium – die Gefahren, auf die wir zusteuern, genauso erkannt wurden wie die normalen Kriminalitätsfälle.

In diesem Sinn noch einmal herzlichen Dank für diesen Bericht. Dieser Bericht hat an sich die Entwicklung sehr genau vorausgeschätzt und damit zweierlei bewirkt: Auf der einen Seite konnte Österreich wirklich handeln, und auf der anderen Seite genießt es großes Vertrauen in der Welt. Deswegen nochmals danke für diesen Bericht. (Beifall bei der ÖVP.)

21.34

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Hedda Kainz. Ich erteile ihr das Wort.

21.34

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Nach den sehr umfassenden Ausführungen meines Vorredners werde ich jetzt in die Realität des täglichen Alltags zurückkehren – ich habe das nicht spitz gemeint, sondern ernsthaft – und mich auf den kleinen Raum beschränken, der mir unmittelbar zur Betrachtung obliegt, das heißt, ich möchte einige Bemerkungen zum Sicherheitsbericht aus der Sicht Oberösterreichs machen.

Wir haben, wie uns der Bericht bescheinigt, in Oberösterreich derzeit die höchste Aufklärungsquote, wobei leider bereits eine sinkende Tendenz zu verzeichnen ist, außerdem haben wir zum Beispiel im Raum Linz im Oktober dieses Jahres um 5,9 Prozent mehr Delikte aufzuweisen.

Die Situation Oberösterreichs ist, dass wir eine Schengen-Außengrenze besitzen, dass wir andererseits aber auch, wenn Sie so wollen, eine Warteschleife für jene sind, die sich illegal Deutschland als Einwanderungsziel auserkoren haben. Dies ist ein Umstand, der auch schon durchaus kritisch von unseren deutschen Nachbarn kommentiert wurde, weshalb wir also dort eine ganz besondere Verantwortung tragen.

Wir haben außerdem in Oberösterreich einen Industriestandort zu betreuen, der zum Teil auch von der Schwerindustrie bestimmt ist. Daraus ergibt sich zum Beispiel nicht nur die Frage eventueller Industriespionage und die Frage der Sicherheit, sondern natürlich auch die Frage der Überwachung der Gefahrenguttransporte.

Wir stehen aber derzeit der Situation gegenüber – der Herr Minister wird mich berichtigen, wenn das nicht der aktuelle Stand ist; ich gehe von den Faktoren aus, die mir zur Kenntnis gebracht wurden –, dass die Absicht besteht, 15 Gendarmerieposten in Oberösterreich zu sperren, womit für das Jahr 2002 auch eine Personaleinsparung von 44 Dienstposten verbunden ist. Ich möchte da jedwede Bezugnahme auf frühere Innenminister, die auch Veränderungen vorgenommen haben, gleich vorwegnehmen, denn bis jetzt hat es zwar Umorganisationen gegeben, durchaus auch Zusammenlegungen, aber keine Einsparung von Dienstposten.

In Linz würde sich die Schließung von Wachzimmern so auswirken, dass in Linz-Süd, ein Bereich, der mehr als die Hälfte der Linzer Wohnbevölkerung umfasst, nur mehr ein Wachzimmer zur Verfügung stünde. Ich darf Ihnen hiezu eine Zahl nennen: Wir haben im Oktober innerhalb von 24 Stunden 90 Einsätze zu verzeichnen gehabt – die Hälfte davon in Linz-Süd!

Es besteht die Absicht, das Mobile Einsatzkommando für den Zentralraum in Sattledt anzusiedeln – ein Ort, der etwa 30 Kilometer vom Zentralraum entfernt ist und in einer besonders verkehrskritischen Situation liegt. Staus sind dort an der Tagesordnung. Anhand eines Beispiels darf ich Ihnen schildern, wie die derzeitige Situation ist: Bei einem Bankraub, der vor kurzem stattgefunden hat, war es möglich, dass die erste Tranche des Mobilen Einsatzkommandos bereits nach 2 Minuten und 10 Minuten später das gesamte Mobile Einsatzkommando am Tatort waren. Im Lichte des vorher Gesagten bestehen natürlich berechtigte Befürchtungen, dass diese Leistung nicht mehr erbracht werden kann.

Es werden Planstellen nicht mehr besetzt – das habe ich schon angesprochen –, und es sind weitere Reduzierungen vorgesehen. Es gibt zu dieser Thematik eine einstimmig im Oberösterreichischen Landtag beschlossene Resolution, mit der der Herr Bundesminister aufgefordert wird, diese Situation, diese spezielle Situation der oberösterreichischen Gendarmerieposten beziehungsweise die geplante Verlegung des Einsatzkommandos zu überdenken, und in der natürlich auch die Situation der Statutarstädte Linz, Wels und Steyr angesprochen wird.

Wenn wir daneben noch feststellen müssen, dass in Zukunft keine Gendarmerieschüler mehr ausgebildet werden, so drängt sich damit – für mich zumindest – die Frage auf, wie wir in Zukunft die Sicherheit gewährleisten werden. Gibt es Überlegungen, die in Richtung Privatisierung gehen, die die Einstellung von Privat-Sheriffs bedeuten würden?

Wir haben zwar auf der einen Seite gerade jetzt vor kurzem gegen unseren Widerstand die Rasterfahndung und den Lauschangriff in eine definitive Einrichtung umgewandelt, wir haben aber weniger Exekutivorgane, die den Alltag unserer Bevölkerung sichern. Der Slogan "Die Polizei, dein Freund und Helfer" gerät auf diese Art und Weise für mich sehr stark in Gefahr, keine Gültigkeit mehr zu haben. Ich glaube, es muss alles darangesetzt werden, dass nicht nur Rasterfahndung und Lauschangriff für die Sicherheit der Bevölkerung sorgen, sondern dass das, was den Staatsbürger tagtäglich auf der Straße, an seinem Arbeitsplatz, in seiner Wohnung beschäftigt, sichergestellt ist: nämlich das objektive und subjektive Gefühl, in einem Staat zu leben, in dem Sicherheit garantiert ist, in dem aber auch die ausreichende Präsenz von Exekutivorganen und natürlich auch die Erreichbarkeit von Einrichtungen diese Sicherheit garantieren. (Beifall bei der SPÖ.)

21.40

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Christoph Hagen. – Bitte.

21.40

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Frau Kollegin Kainz hat vorhin angesprochen, dass bei ihr in der Gegend Exekutivbeamte eingespart wurden. Der Herr Minister hat uns versprochen, dass diese nicht im Außendienst eingespart werden, sondern in der Verwaltung. Ich will ihm das glauben, denn er hat das damals glaubhaft versichert. Ich werde das auch im Auge behalten, aber ich glaube daran. Bis jetzt ist mir auch nicht bekannt, dass im Außendienst irgendein Beamter entlassen oder sozusagen in die Wüste geschickt wurde.

Wenn wir heute über den Sicherheitsbericht 2000 sprechen, so möchte ich schon betonen, dass es mich sehr freut, dass diesmal die Vorlage dieses Berichtes etwas schneller erfolgt ist, und wir diesen Bericht schneller behandeln können als in den vergangenen Jahren. Das ist also ein glatter Fortschritt. Dieser Sicherheitsbericht ist ein interessantes und umfangreiches Nachschlagewerk, aber trotzdem – ich bin doch ein kritischer Exekutivbeamter – habe ich darin ein paar kleine Mängel entdeckt, die ich hier kurz erwähnen und aufzeigen möchte, damit man das vielleicht das nächste Mal verbessern kann.

Im Sicherheitsbericht 2000 sind für den Monat Jänner 2000 keine strafbaren Handlungen angeführt, also der Monat Jänner 2000 fehlt. Ein Vergleich mit den Vorjahren ist somit nur schlecht möglich.

Weiters fällt zum Beispiel beim Kapitel Schlepperei auf, dass nicht wie in den Jahren zuvor unterschieden wird, wie viele Schlepper beziehungsweise illegale Grenzübertritte oder Geschleppte es gegeben hat, sondern es wurde nur die Gesamtzahl der Personen, die angehalten wurden, angeführt. Das ist also nicht ganz übersichtlich.

Beim Kapitel Fremdenkriminalität ist bei der allgemeinen Tabelle kein Unterschied zwischen Verbrechen und Vergehen getroffen worden, und die Gesamtkriminalität bei Fremden wurde nicht exakt ausgewiesen. Es wäre wünschenswert, wenn das das nächste Mal ein bisschen besser wäre.

Beim Kapitel Extremismus ist beim Punkt Rechtsextremismus das Kapitel Einschätzung und Beurteilung enthalten, beim Linksextremismus fehlt dieses.

Ich meine, dass diese Punkte – nicht meinetwegen, weil ich sie anspreche – das nächste Mal detaillierter angeführt werden sollten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nun zu den Zahlen des Sicherheitsberichtes: Beim Punkt Gesamtkriminalität fällt auf, dass die Zahlen aller strafbaren Handlungen von 479 859 im Jahr 1998 auf 493 249 im Jahr 1999 und 516 929 im Jahr 2000 – ohne Jänner wohlgemerkt – doch nicht unwesentlich angestiegen sind, wobei sowohl Verbrechen als auch Vergehen deutlich zugenommen haben. Ich werte dies aber nicht als Zeichen einer schlechten Sicherheitspolitik, sondern als Zeichen einer größeren Gewaltbereitschaft. Nicht unwesentlich daran beteiligt waren auch militante Regierungsgegner. Bei den wöchentlichen Antiregierungsdemonstrationen ist es am laufenden Band zu einer größeren Anzahl von Strafdelikten wie zum Beispiel Sachbeschädigungen an Fahrzeugen Unbeteiligter, Beschmutzungen und Beschädigungen von öffentlichen Gebäuden, aber auch zu Übergriffen auf Polizei und deren Ausrüstung gekommen. Das sollte, so glaube ich, hier erwähnt werden. Wir alle wissen, was nach diesen wöchentlichen Demonstrationen abgelaufen ist. Es waren nicht nur friedliche Demonstranten, sondern da haben sich viele druntergemischt, die dann etwas aufgemischt haben.

Nicht zu vergessen ist aber auch der starke Anstieg an Fremdenkriminalität. Die Zahl von 39 645 im Jahr 1998 ist auf 40 848 im Jahr 1999 und auf 42 232 im Jahr 2000 – ohne Jänner – angestiegen. In dieser Statistik sind die organisierten ausländischen Banden, wenn sie geflüchtet sind, natürlich nicht angeführt. Man weiß zwar, wo etwas herkommt, aber das sind unbekannte Täter, die deshalb nicht zugeordnet werden können. Diese sind also noch nicht enthalten. Ich glaube, dass die Zahl sonst wesentlich höher wäre, denn der Großteil der ungeklärten Taten – das kann ich aus meiner beruflichen Erfahrung sagen –, vor allem der schweren Taten, wird von solchen Banden verübt.

Meine Damen und Herren! Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass Österreich von vielen Kriminellen aus nicht so wohlhabenden Staaten als gelobtes Land und als Selbstbedienungsladen gesehen wird. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass die Schleppertätigkeit und die illegalen Grenzübertritte gegenüber 1999 um beachtliche 17,1 Prozent zugenommen haben. Unter dem Schutzmantel Asylant verschaffen sich viele Kriminelle Zugang ins Bundesgebiet und gehen hier ihren kriminellen Erwerbstätigkeiten nach.

Die Zeitungen sind fast täglich voll mit solchen Berichten, und so verwundert es mich nicht, dass ich im morgigen "Kurier" lesen kann: "Großer Drogenring zerschlagen". Dann schauen mir drei Schwarze entgegen, aber keine ÖVPler, sondern ich glaube, die sind eher einem anderen politischen Lager zuzuordnen, denn Drogenliberalisierung ist das Thema der Jungsozialisten und auch der Grünen. Ich glaube, dass diese Herrschaften dort sicher gut aufgehoben wären, denn die würden auf sie schauen.

Zufällig sind es vier Asylwerber – es sind nur drei abgebildet –, die 100 Kilogramm hochprozentiges Kokain und Heroin ins Land geschmuggelt haben, aber nicht selbst natürlich, weil sie nicht selbst den Kopf hingehalten haben. Man hat zwei dumme Mädchen gefunden, die das gemacht haben, aber aufgezogen haben es diese Herrschaften.

Ich glaube, das zeigt wieder einmal deutlich, dass da Handlungsbedarf besteht. Abhilfe sehe ich nur mit einer Abnahme von Fingerprints bei Asylwerbern und auch bei Fremden, die hier im Bundesgebiet sind, wie dies im Antiterrorpakt der FPÖ gefordert wird.

Auch der Suchtgifthandel befindet sich, wie wir gesehen haben, fest in ausländischer Hand. Die Zahlen im Sicherheitsbericht sprechen eine deutliche Sprache. Eine 5,19-prozentige Zunahme bei Anzeigen gegen Fremde im Zusammenhang mit Suchtgift beweisen dies deutlich. Ich glaube, dass die Gesetze verschärft werden müssen, weil ausländische Drogendealer – Drogendealer sind für mich Mörder auf Raten, dessen muss man sich bewusst sein – rigoros und ohne Wenn und Aber abgeschoben gehören. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zur Information: Im Vorarlberger Landtag wird – das ist mir heute in die Finger gekommen – gerade ein parteiübergreifender Antrag zu diesem Thema vorbereitet, was mich sehr freut.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nun noch einige Worte zum Justizbereich: Im Jahr 2000 wurden von den österreichischen Staatsanwaltschaften 153 943 Straffälle erledigt; davon waren 91 045 gegen unbekannte und 62 898 gegen bekannte Täter. Auffallend dabei ist aber die Zahl der rechtskräftig Verurteilten. Diese ist von 41 624 Personen um 20 300 gegenüber 1999 zurückgegangen. Dieser Rückgang dürfte aber in erster Linie auf die mit 1. 1. 2000 in Kraft getretene Diversion zurückzuführen sein. Diese Diversion wurde im Jahre 2000 öfter geübt als förmliche Verurteilungen. In mindestens jedem zehnten Fall wurde Geringfügigkeit der Strafe angenommen und schlichte Diversion praktiziert. Es ist dies ein deutliches Zeichen einer Entkriminalisierung der österreichischen Bevölkerung bei kleinen Delikten, speziell Fahrlässigkeitsdelikten – wie ein Verkehrsunfall zum Beispiel –, welche durch diese Regierung herbeigeführt wurde. Andere reden nur davon, diese Regierung handelt.

Meine Damen und Herren! Ein schlichtes aber herzliches und ehrliches Danke an die Exekutivorgane in den Bundesländern, welche auch letztes Jahr wieder ausgezeichnete Arbeit geleistet haben, obwohl ihnen das nicht immer ganz leicht gemacht wird. Dank sei auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Justizbereich und nicht zuletzt den Beamten in den Ministerien, welche für diese erfolgreiche Sicherheitspolitik verantwortlich sind, gesagt.

Gestatten Sie mir abschließend noch ein paar Worte zu Ihnen, Herr Innenminister! Herr Minister Strasser! Ich möchte Ihnen noch etwas mit auf den Weg geben: Es hat mich etwas befremdet, als ich vor einigen Tagen einen Artikel in der Tageszeitung "Vorarlberger Nachrichten" gelesen haben, in dem Sie zur Personalnot der Vorarlberger Gendarmerie gesagt haben – ich zitiere –: "Ich würde lieber heute als morgen einen Gendarmeriekurs in Vorarlberg einberufen, aber die Frau Vizekanzlerin lässt mich nicht." – Ich glaube aber schon, dass Sie die Möglichkeit hätten, einen Kurs einzuberufen, da die Ressortzuständigkeit in Ihrem Ressort liegt. Wie Sie die Leute einteilen oder wo Sie Kurse abhalten lassen, das liegt bei Ihnen.

Ich darf Sie, Herr Minister, auch bezüglich dieser Belastungsstudie ansprechen, die Ihnen bekannt sein wird. Sie wurde unter einem sozialistischen Innenminister – entweder unter Schlögl oder noch davor unter Minister Einem, jedenfalls 1997 – ausgesetzt und nie wieder herangezogen. Wenn man diese Statistik hernehmen würde, würde man merken, dass in Vorarlberg sofort zwei bis drei Kurse einberufen werden müssten, um den Arbeitsanfall zufriedenstellend erledigen zu können. Das ist wirklich noch ein Manko und ein Ergebnis, das uns die SPÖ-Minister aufgebrummt haben. Aber ich lege es Ihnen in den Schoß und würde Sie bitten, das möglichst bald zu ändern.

Ich hoffe nicht, dass diese Verstärkung der Personalnot mit einem Spruch, Herr Minister, den Sie angeblich – ich sage angeblich, Sie werden mir sicher nachher die Antwort geben – im Landesgendarmeriekommando in Bregenz im Zusammenhang mit der geringen Anzahl von Postenschließungen in Vorarlberg getätigt haben, zusammenhängt. Sie sollen gesagt haben, dass die Vorarlberger Gendarmen noch betteln würden, dass man Posten schließt, denn Personal würden sie keines mehr bekommen. Ich glaube nicht, dass das aus Ihrem Munde stammt, aber Sie werden es mir sicher sagen. Damit würde ich auch verstehen, warum sechs Bundesländer angeblich neue Gendarmeriekurse bekommen und Vorarlberg mit der größten Personalnot keinen.

Ein weiteres Problem möchte ich auch noch ansprechen, und zwar möchte ich Ihnen zur neu geplanten Sondereinsatzgruppe Folgendes mitteilen: Die SEG der Länder, die Sondereinsatzgruppen der Länder, konnten bisher auch für kleinere Angelegenheiten – also etwa, wenn ein Gewalttäter in einer Wohnung war, der als gröberer Gewalttäter bekannt und eventuell sogar bewaffnet war – angefordert werden, und sie haben diesen Einsatz erledigt, damit der normale Postengendarm, der im Umgang mit Gewalttätern nicht so geübt ist, nicht den Kopf hinhalten musste. Aber die neuen GEKs, also die Gendarmerieeinsatzkommandos, die es künftig an den verschiedensten Standorten gibt, dürfen angeblich nur mehr für Terrorakte, Entführungen und Geiselnahmen angefordert werden. Dies stellt schon eine wesentliche Verschlechterung für den Postengendarmen dar, der dadurch wesentlich gefährdeter ist, weil er im Umgang mit Gewalt nicht so geschult und nicht so geübt ist. Ich bitte Sie, das noch einmal zu überdenken, dass vielleicht dieses Aufgabengebiet ausgeweitet wird.

Zum Abschluss aber noch ein Lob, Herr Minister, und zwar zur – ich will es einmal so nennen – Uniform-Reform  Diese neuen Uniformen kommen äußerst gut an. Da ist man wirklich einmal auf die Bedürfnisse der Beamten eingegangen. Es gibt nicht mehr diese zu 100 Prozent aus Polyester bestehenden Hemden, bei denen man, wenn Zigarettenasche draufgefallen ist, gleich ein Loch gehabt hat, sondern jetzt hat man, wie ich gehört habe, angenehme Baumwollhemden, die auch recht gut ausschauen. Das ist sicher eine tolle Sache, die schon lange notwendig war. Nicht nur ich freue mich darüber, sondern, ich glaube, sämtliche Gendarmerie- und Polizeibeamte in ganz Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.53

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Dr. Ernst Strasser das Wort. – Bitte.

21.53

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohe Mitglieder des Bundesrates! Ich habe mir erlaubt, mich zu Wort zu melden, nachdem die erste Runde der Vertreter der hier im Bundesrat vertretenen Fraktionen gesprochen hat. Da ich gesehen habe, dass der Vertreter der Grünen nicht hier ist und sich auch nicht in die Rednerliste eingetragen hat, hoffe ich auf Ihr Verständnis, dass ich mich jetzt zu Wort melde.

Zuerst einmal möchte ich jenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken – zu Recht wurde das teilweise in den Wortmeldungen erwähnt –, die in erster Linie dafür verantwortlich sind, dass wir heute den Bericht diskutieren können. Die Beamten sitzen hier. Allen voran darf ich Frau Dr. Gamsjäger für die Koordination herzlich danken, die dafür gesorgt hat, dass wir diese Diskussion heute schon durchführen können. (Allgemeiner Beifall. – Frau Dr. Gamsjäger erhebt sich von ihrem Platz und bedankt sich mit einer Verbeugung für den Beifall.)

Sie wissen – es wurde bereits gesagt –, dass eine völlige Umstellung der statistischen Erfassung durchgeführt worden ist, daher ist der Vergleich zu bisherigen Zahlen nicht wirklich möglich, wir können aber ein paar sehr wichtige Ableitungen für unsere Arbeit treffen: Erstens müssen wir festhalten, dass ein hoher Anteil an Gewaltverbrechen innerhalb der Familie oder im nahen Bekanntenkreis stattfindet, zweitens haben wir mit den Kfz-Diebstählen einen weiteren Problembereich. Das sind die zwei große Gruppen, bei denen wir ansetzen wollen.

Wir haben daraus auch eine Reihe von Konsequenzen gezogen. Wir werden eine Sonderauswertung für diese und andere einzelne Deliktsfelder durchführen – ich hoffe, dass das am Beginn des nächsten Jahres vorliegen wird –, und wir werden auch eine ressortübergreifende Steuerungsgruppe gerade zu dem Bereich Beziehungsdelikte einrichten, die uns entsprechende Vorschläge für Präventions- und andere Maßnahmen am Beginn des nächsten Jahres unterbreiten wird. Wir werden drittens die internationale Zusammenarbeit vertiefen. Das ist inzwischen geschehen, und ich werde noch berichten können, dass das seine guten Zwecke erfüllt hat, und wir werden konsequent an der Umsetzung des Bundeskriminalamtes arbeiten, das nächste Woche im Parlament – zuerst im Nationalrat und dann, so es hoffentlich beschlossen wird, auch im Bundesrat – zur Diskussion steht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf mir erlauben, zu versuchen, ein paar Klärungen zu einzelnen Bereichen aus meiner Sicht vorzunehmen. So hat Herr Bundesrat Reisenberger gemeint, dass wir nicht gesprächsfähig sind, egal, welcher Bereich angesprochen ist. Er hat insbesondere die Reform der Bundespolizeidirektion Wien gemeint. Ich darf Ihnen versichern: Jedes Argument, das uns geliefert wird, wird angenommen und geprüft.

Ich glaube nicht, dass es sehr viele Innenminister gegeben hat, die die Bezirksvorsteher aller Bezirke eingeladen haben, um über eine Weiterentwicklung der Polizei – der Wiener Polizei in diesem Fall – zu sprechen. Ich habe das selbstverständlich getan. Ich habe die Damen und Herren auch eingeladen, mir entsprechende Vorschläge zu liefern. Es ist leider bisher keiner eingetroffen. Die Zeit ist inzwischen etwas fortgeschritten, und das wissen die Damen und Herren auch. Es gibt aber jetzt, da das ein laufender Prozess mit der Personalvertretung ist, noch immer die Möglichkeit, gute Argumente wahrzunehmen. Wenn Sie also jemanden kennen, der ein gutes Argument hat, sagen Sie ihm, dass wir offen dafür sind.

Zum Zweiten zu Ihrem Punkt mit dem einzusetzenden Personal. Ich darf klipp und klar festhalten: Ich habe eine klare Vorgabe für die Reform der Polizei Wien gegeben. Das heißt: mindestens 100 Beamtinnen und Beamte mehr im Außendienst. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.) Ich darf Ihnen heute schon sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir dieses Ziel übertreffen werden. Es werden, nach dem, was mir heute vorliegt, mindestens 120 Beamte sein, die im Außendienst sind, und wir arbeiten hart daran, dass wir diese Zahl noch erhöhen.

Wenn Sie sich diese Dinge ansehen und prüfen, dann werden Sie bemerken, dass wir in der Verwaltung sparen, damit wir in die Sicherheit vor Ort – das sind die Straßen Wiens in diesem Fall – investieren können.

Zum Beispiel die Überführung des Meldewesens an den Wiener Magistrat oder an andere Magistrate oder die gute Zusammenarbeit mit den Beamten der Wiener Magistratseinrichtungen beim Passwesen wird Beamte im Verwaltungsbereich frei spielen, die dann für Tätigkeiten eingesetzt werden, die derzeit Polizeibeamtinnen und -beamte machen, die wir dann im Außendienst verwenden können.

Herr Bundesrat Reisenberger! Ich habe Ihr Zitat mitgeschrieben, dabei muss es sich aber um eine Verwechslung handeln. "Wir haben Wachzimmer geschlossen", so haben Sie gesagt. Mit Verlaub, mit "wir" können Sie nur die Sozialdemokratische Partei gemeint haben, denn unter dieser neuen Regierung wurde in Wien kein einziges Wachzimmer geschlossen, und es wird auch keines geschlossen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Es tut mir jetzt sehr Leid, dass ich Frau Bundesrätin Kainz keine Aufklärung geben kann, aber vielleicht besteht die Möglichkeit, dass eine der Damen oder einer der Herren diese Informationen entweder als Oberösterreicher zur Oberösterreicherin oder als Sozialdemokrat an die Sozialdemokratin weitergibt. Ich würde ihr gerne ein paar Informationen geben, zum Beispiel was die Neuorganisation der Gendarmerieposten betrifft. Das ist keine Absicht, das wird umgesetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und ich darf Ihnen aus Oberösterreich zwei Beispiele dazu bringen:

Der Gendarmerieposten Stadl-Paura und der Gendarmerieposten Lambach sind so weit voneinander entfernt, dass die beiden Postenkommandanten, wenn sie aus dem Gendarmeriepostenfenster hinausschauen, mit freiem Auge jeweils die Augenfarbe des anderen erkennen können. Mittendrin ist nur ein wichtiger Punkt: die Traun. Aber weil Stadl-Paura rot und Lambach schwarz ist, hat es keiner meiner Vorgänger gewagt, das Problem anzugreifen. Wir haben es gelöst.

Der Gendarmerieposten Weyregg, meine sehr geehrten Damen und Herren, war immer begehrt, und es war ganz wichtig, dass er erhalten bleibt. Wissen Sie warum? – Er liegt direkt am Attersee, und dort war direkt ein Badeplatz – der natürlich kein Badeplatz war, sondern der Garten rund um den Gendarmerieposten –, der von Gendarmerieoffizieren benutzt werden konnte. Nicht einmal einfache Gendarmeriebeamte durften diesen Badeplatz benutzen. Wir werden dafür sorgen, dass die Gendarmeriebeamten in Unterach oder in Seewalchen ihren Dienst machen können. Und ich lege Wert darauf, dass auch einfache Gendarmeriebeamtinnen und -beamte mit ihren Familien diesen Badeplatz benützen dürfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ein weiterer Punkt, den ich der Frau Kollegin gerne mitgegeben hätte, betreffend die Einsparung von Dienstposten ist: Jawohl, ich stehe dazu, wir sparen auch bei der Bundesgendarmerie Personal ein. Das ist richtig. Wir haben das in unserem gesamten Budgetprogramm vorgesehen, ich darf Ihnen nur sagen, wie wir das einsparen. Ich danke Herrn Bundesrat Hagen, dass er das in seinem Debattenbeitrag auch erwähnt hat.

Ich habe eine klare Vorgabe gegeben, dass im Gendarmeriezentralkommando, also in der Zentrale, mehr als 20 Prozent Personal eingespart wird. Wir haben jetzt das Ergebnis: Es sind 22 Prozent. Ich habe eine klare Vorgabe gegeben, dass im Landesgendarmeriekommando einschließlich einiger Bezirksgendarmeriekommandos 17 Prozent eingespart werden müssen. Es werden 17,5 Prozent des Personals dort eingespart. Es gibt eine klare Vorgabe an unsere Leute, was die Gendarmerieposten betrifft. Dort wird leider niemand dazukommen, aber es kommt auch niemand weg.

Das ist der Weg, den wir gehen: Wir sparen in der Verwaltung, damit wir in die Sicherheit vor Ort investieren können, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun zur Wachzimmersituation in Linz, die auch von der Frau Bundesrätin angesprochen wurde: Ja, ich freue mich, dass wir da einer Meinung sind. Ich bin auch nicht zufrieden mit den Vorschlägen, die von den Linzern gekommen sind. Deshalb habe ich gesagt, zurück zum Start, deshalb habe ich gesagt, das müssen wir neu ausarbeiten, und ich erwarte dringlich die Vorschläge der Linzer Kollegen, damit wir diese Dinge angehen können.

Die Argumente, die die Frau Bundesrätin dargelegt hat, sind teilweise außerordentlich berücksichtigungswürdig, und ich habe auch den Auftrag gegeben, diesen Argumenten Rechnung zu tragen. Das, was mir da geliefert worden ist, hat mich nicht mit Freude erfüllt. Deshalb hat es geheißen: zurück an den Start!

Bei einer Frage – ich meine, es ist durchaus möglich, dass ein Minister nicht immer alles weiß – wäre ich dankbar, wenn ich von der Frau Bundesrätin eine detaillierte Information bekäme. Sie hat uns gesagt, der Standort der Cobra neu ist in Sattledt. Mit Interesse habe ich das vernommen. Ich weiß nicht, woher sie das hat, denn das müsste über meinen Schreibtisch gehen und von mir entschieden werden. Ich weiß, dass die Planungen diesbezüglich anders sind, und ich schlage der verehrten Frau Bundesrätin vor, dass wir uns das Ergebnis ansehen und nicht irgendwelchen Gerüchten glauben, die an ihr Ohr gedrungen sind.

Nächster Punkt: keine Gendarmerieschüler. Vielleicht könnte sie so liebenswürdig sein und sich erkundigen, bevor eine entsprechende Wortmeldung hier abgegeben wird. Dafür stehen mein Büro und auch ich gerne zur Verfügung. Gerade jetzt, am 1. Dezember, sind wieder 20 Gendarmerieschüler eingerückt, um eine Ausbildung zu beginnen. Wir machen das Schritt für Schritt und etappenweise, so wie sich das gehört. Das Argument hält leider einer fachlichen Betrachtung nicht stand.

Was die Zahl der Gendarmeriebeamten im Außendienst betrifft, so muss ich sagen: Nach all meinen Unterlagen, die mir von meinen Beamten gegeben wurden, war die Zahl der Gendarmeriebeamten im Außendienst noch nie so hoch, wie sie jetzt unter dieser Bundesregierung ist, egal, in welcher Bundesregierung wir uns befunden haben. Ich möchte bitten, entweder diese Behauptung, dass die Zahl weniger geworden ist, zu beweisen oder sie in Zukunft zu unterlassen. (Bundesrat Mag. Hoscher: Zensur führen wir aber noch nicht ein?! Noch nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Personalnot: Wie Herr Bundesrat Hagen gemeint hat, gibt es diese überall, und sie ist überall am größten. Ich verstehe jeden Bundesrat, dass er als sehr verantwortungsbewusster Ländervertreter darauf schaut, dass bei der Gendarmerie, der Polizei, im Kriminaldienst, in den Sicherheitsdirektionen, wo auch immer, genügend Personal da ist.

Ich darf da einen Vorschlag machen, insbesondere an die Vorarlberger: Reden wir anders miteinander, dann geht das vielleicht leichter mit den Kursen! Sie wissen schon, Herr Bundesrat, was ich damit meine.

Zu SEG in Vorarlberg darf ich Ihnen Folgendes sagen – und zwar in aller Klarheit und Deutlichkeit –: Durch unsere Neuorganisation der Cobra neu wird es insbesondere im Westen Österreich ein höheres Ausmaß an Sicherheit geben. Sie als Gendarmeriebeamter wissen selbst am besten, wie es bei dem Einsatz zugegangen ist, als auf der anderen Seite der Grenze kürzlich eine Geiselnahme stattgefunden hat und Gefahr bestanden hat, dass der Geiselnehmer mit seinem Opfer auf österreichisches Staatsgebiet nach Vorarlberg kommt.

Was war die Notwendigkeit aus sicherheitstechnischer Sicht? – Nicht die SEG hat den Einsatzbefehl bekommen, sondern die Cobra in Wiener Neustadt. Die Cobra in Wiener Neustadt hat sich, so wie es sich gehört, mit zwei Fahrzeugen von Wiener Neustadt zur österreichisch-schweizerischen Grenze in Vorarlberg auf den Weg gemacht. Gott sei Dank haben die Schweizer Kollegen den Fall geklärt, als unsere beiden Autos gerade in Schwaz in Tirol waren.

Das ist nicht die Sicherheit, die ich mir vorstelle. Daher lege ich Wert darauf, dass die Cobra in ganz Österreich unter Einsatzbedingungen arbeitet, die gewährleisten, dass sie normalerweise in 70 Minuten an jedem Ort Österreichs ist. Das wird die Sicherheit in Österreich wesentlich erhöhen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

22.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Herbert Thumpser das Wort. – Bitte.

22.07

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich habe mich jetzt nur deshalb zu Wort gemeldet, weil ich ein Problem an Sie herantragen möchte und glaube, dass Sie uns tangential dabei helfen können.

Werte Damen und Herren! Wir sind zurzeit mit einem Problem konfrontiert, das wir bisher nur von den Straßenkindern Dritter-Welt-Staaten kennen. Ich bin draufgekommen, dass dieses Problem nicht nur in Lilienfeld oder im Umfeld von Sankt Pölten oder in Niederösterreich besteht, sondern österreichweit. Dieses Problem besteht darin, dass Kinder und Jugendliche vermehrt zu schnüffeln beginnen. Sie schnüffeln gefährliche Stoffe wie Benzin, Fleckbenzin – K2R ist da ein besonders beliebter Stoff –, aber auch Diesel und Lacke. Das Problem bei diesem Schnüffeln ist, dass keine unmittelbare Abhängigkeit entsteht, es aber zu Abhängigkeiten und – und das ist besonders schwerwiegend – zu unmittelbaren Sofortschäden bei den Jugendlichen kommen kann, und zwar sowohl im Gehirnfunktionsbereich als auch im Bereich der Lungenfunktion.

Meine Bitte, die ich an Sie, Herr Bundesminister, richte, geht dahin, Ihre Drogenbeauftragten in den Regionen, in den Bezirken vielleicht auch diese Form der Sucht zu lehren, damit sie dann die Jugendlichen entsprechend unterrichten und darauf aufmerksam machen können.

Ich sage deshalb nur "tangential", weil ich weiß, dass das ein umfassendes Problem ist. Wir sind auch in Gesprächen mit den Drogenbeauftragten des Landes, mit Streetworkern, mit der Wirtschaft, mit den Schulen, mit den Lehrern und mit den Eltern. Aber ich bitte Sie, soweit es in Ihrem Bereich möglich ist, den Drogenbeauftragten in den einzelnen Bezirken in Schulungen auch dieses Problem näher zu bringen, damit wir es gemeinsam in den Griff bekommen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

22.10

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Josef Saller das Wort. – Bitte.

22.10

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke allen sehr herzlich, die mitgeholfen haben, diesen Bericht so umfangreich und detailliert zu gestalten, denn er zeigt genau jene Dinge auf, die man einfach wissen muss, um etwas zu verändern, eine Lehre daraus zu ziehen und eventuell auch gegen bestimmte Dinge anzukämpfen.

Ich nehme in aller Kürze einen Teil heraus, denn ich habe nachgezählt, dass es heute noch 41 Wortmeldungen gibt, und weiß, dass es spät werden wird. Ich werde meinen Beitrag daher sehr kürzen.

Ich nehme nur einen Punkt heraus, und zwar das Thema Sucht und Suchtmittel, weil ich auch im schulischen Bereich damit befasst bin. Sucht muss man gemeinsam angehen. Um gegen Sucht anzukämpfen, braucht man keine Weltanschauung, sondern das muss ein Anliegen sein, das alle betrifft.

Österreich ist sicher, aber Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif, das wissen wir auch. Sucht und Suchtverhalten sind gesamtgesellschaftliche Phänomene, und gerade dieser Abschnitt ist im Sicherheitsbericht 2000 sehr gut dargestellt. Regionale Konzepte zur Suchtprävention und Suchtbekämpfung müssen auf die gesamtgesellschaftliche Realität Rücksicht nehmen. Gerade zu diesem Thema sind die Bundesländer derzeit sehr aktiv. Einiges haben wir ja schon gehört. Auch in der Steiermark bewegt sich etwas. In Salzburg hat gestern ein Sonderlandtag zu diesem Thema stattgefunden – ich war am Vormittag dort –, und es sind allein neun Anträge dazu behandelt worden. Salzburg nimmt sich also speziell dieser Sache an, und ein Sonderlandtag ist immerhin ein scharfes Mittel, um sich einem besonderen Thema zu widmen.

Gesellschaftliche Entwicklungen, die weltweit feststellbar sind, gehen an keinem Land vorüber, daher ist vom Ansatz her die Drogenproblematik vom einzelnen Land aus auf internationale Erfahrungen und regionale Bedürfnisse auszurichten. In dem Bericht wird festgestellt: Die internationale Lage hinsichtlich Suchtmittel ist Besorgnis erregend. Internationale kriminelle Organisationen weisen einen immer höheren qualitativen Organisationsstand auf. Dem muss man natürlich auch begegnen. Es hat viele politische Veränderungen gegeben – Öffnung der Grenzen, fortschreitende Globalisierung, politische Veränderungen in osteuropäischen Staaten –, und damit kommt es auch zu Besorgnis erregenden Steigerungen in allen Bereichen der Suchtkriminalität. Die Zahl der Lieferungen der Suchtmittel, ob aus dem südamerikanischen Raum, dem afrikanischen Raum oder dem asiatischen Raum, wird immer größer.

Nur aus der Sichtweise über alle Grenzen hinweg kann man dem begegnen. Nur in einer großen Gesamtsicht kann man dem Drogenhandel Einhalt gebieten und ihn zumindest teilweise wirksam bekämpfen. Der internationalen kriminalpolizeilichen Organisation kommt dabei natürlich eine besondere Bedeutung zu, und das Wort "Zusammenarbeit" gehört gerade in Bezug auf den gesamten Suchtmittelbereich doppelt unterstrichen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.14

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk das Wort. – Bitte.

22.14

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Auch ich werde mich kurz fassen und einen speziellen Bereich aus dem Sicherheitsbericht herausnehmen, weil er bisher noch nicht angesprochen worden ist, das ist der Bereich der Gewalt, die sich in direkten und indirekten Beziehungen im familiären Bereich abspielt.

Begrüßenswert und lobenswert ist, dass in diesem Sicherheitsbericht die Täter-Opfer-Beziehung herausgearbeitet wurde. Das heißt, es ist eine differenzierte Sichtweise vorhanden. Aus dem Bericht kann man auch, wie Vorredner schon formuliert haben, sehr konkrete politische Schlüsse ziehen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn Sie vielleicht müde sind, so denke ich, dass es wichtig ist, weil es immer noch zu oft tabuisiert wird, drei oder vier Zahlen zu nennen im Zusammenhang mit Tätern und Opfern in der Familie, weil wir alle Kenntnis haben, weil wir dieser Gewalt täglich begegnen und trotzdem – und auch ich bin nicht immer ganz frei davon – lieber unsere Ohren schließen, lieber unsere Augen schließen und damit sehr oft keine Hilfe leisten, etwa auch dann, wenn familiäre oder Beziehungsprobleme verharmlost werden.

Die Verharmlosung dieser Probleme – auch auf politischer und zwischenmenschlicher Ebene – bedeutet sehr oft, dass es dann zu ganz schwer wiegenden Gewaltübergriffen kommt. Ein familiäres Konfliktpotenzial entsteht nicht von einer Sekunde zur anderen, sondern über viele Jahre hinweg – wir haben Erfahrungswerte nicht nur aus den Kriseninterventionszentren, den Frauenhäusern und anderen Einrichtungen –, das ist eine Konfliktbiographie von Menschen, die sich über Jahre hinzieht.

In dieser Statistik wird ganz deutlich gemacht, dass strafbare Handlungen gegen Leib und Leben zu 17,48 Prozent in familiären Beziehungen passieren und zu 26,37 Prozent im Bekanntenkreis. Strafbare Handlungen gegen die Sittlichkeit – ich denke, beides ist gleichermaßen zu ächten, aber der zweite Punkt trifft sehr oft Minderjährige, Jugendliche, Kinder, aber auch Frauen – ereignen sich zu 29,48 Prozent in familiären Beziehungen. 29,48 Prozent aller Fälle! Das sind einmal jene Fälle, die angezeigt, behandelt und in die Statistik aufgenommen wurden. Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich doppelt so hoch. Das ist auch ein Bild, das andere Bild der Familien, der Beziehungen in Österreich.

Ich denke, es muss vornehmliche politische Aufgabe sein, nicht die Augen zu verschließen, nicht mit Drohgebärden zu handeln, mit Verboten und Geboten zu agieren, denn Gewalt, die besteht, lässt sich nicht mehr verhindern, weil sie existent ist. Insgesamt geschehen – und das wird nicht von irgendwelchen Feministinnen behauptet – 85 Prozent der Fälle der Deliktgruppen strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben im familiären Bereich.

Ich möchte kurz bleiben, und jeder versteht mich: Zu diesem Thema Gewalt in der Familie mit ganz dramatischen Vorfällen und Toten am Ende bitte ich Sie, die beiden Regierungsparteien, doch die Vorschläge der mittlerweile schon zehn Jahre arbeitenden Arbeitsgruppen bezüglich der Entwaffnung der privaten Haushalte zu berücksichtigen. Ich denke, wir haben da die Augen aufzumachen. Wir haben Waffenlobbys. Auch in Kärnten gibt es einen solchen Produzenten. Ich glaube nicht, dass Herr Glock weniger Millionen verdienen wird, wenn in privaten Haushalten nicht Tausende Pistolen vorhanden sind. Ich behaupte, und es stimmt ganz einfach: Wenn ich diese Waffe nicht zu Hause habe, dann kann ich auch nicht danach greifen. Es stimmt, es gibt auch immer andere Mittel, aber wir müssen uns der Tatsache der Entwaffnung der privaten Haushalte stellen.

Ich denke, wenn die Vereinigten Staaten da einen Weg gehen können, dann sollte sich auch Österreich den Luxus leisten, einmal ganz ohne Emotionen und ohne Mitsprache von Waffenlobbyisten nachzudenken, was für die Menschen, die Familien und die Beziehungen in Österreich gescheit wäre. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich kann und werde natürlich nicht nur den Innenminister darauf ansprechen, denn das Thema, das ich vor allem meine, betrifft die Prävention von Gewalt. Das ist nicht eine Angelegenheit des Innenministers allein, sondern das ist eine Querschnittsmaterie. Ich erläutere es nur anhand von drei Beispielen:

Die Form, wie wir Arbeitszeiten regeln, hat direkt etwas damit zu tun, wie Beziehungen in einer Gesellschaft ausschauen. Sie verstehen mich, wenn ich Folgendes sage: Wenn eine Familie zu Hause nur mehr die Adresse und den Postkasten gemeinsam hat, weil jeder zu anderen Zeiten in die Schule geht oder arbeitet, wenn diese Beziehung nicht mehr die Qualität hat, dass es bestimmte Zeiten des Zusammenseins gibt, dann gibt es keine Möglichkeit der friedlichen Auseinandersetzung, dann gibt es nur mehr die andere Form der Auseinandersetzung. Das heißt, Formen der Gestaltung von Arbeitszeiten und gewaltvolle Auseinandersetzungen im familiären Bereich haben eine direkte Beziehung.

Der zweite Bereich ist natürlich der Bildungsbereich. Ich meine damit nicht, dass man diese Probleme der Gesellschaft jetzt an die Polizisten und die Exekutive oder vielleicht an die Lehrer abschieben sollte, was sehr gerne gemacht wird. Diese öffentlichen Stellen sind dann sehr oft die Deponien der gesellschaftlichen Anliegen dieser Gesellschaft, denn dort deponiert man das gut und allzu gerne.

Wenn wir das behandeln wollen, dann müssen wir auch dazu stehen – ich habe es vorhin bei der Frau Bildungsministerin angesprochen –, was das bedeutet: Das bedeutet mehr Expertinnen und Experten in diesem Bereich. Wir brauchen – um dem Drogenproblem, um dieser neuen Thematik des Schnüffelns und des Gewaltproblems im positiven Sinne Herr zu werden – an allen Ecken und Enden Streetworker. Es ist nötig, auch in Bildungseinrichtungen – nicht nur in Schulen, also bei Pflichtschülern, sondern auch in Erwachsenenbildungseinrichtungen, und ich würde behaupten, auch uns Politikern würde es gut tun – Formen der zeitgemäßen Konfliktbewältigung zu erlernen, denn ich denke, mit der Sprache beginnt es. Worten der Gewalt folgen am Ende immer oder zu oft Gewalttaten.

Ich denke, ich habe damit – nicht um oberflächlich zu sein, sondern knapp und kurz zu bleiben – diesen Themenbereich kurz umrissen, für den wir aus diesem Bericht sehr viele Konsequenzen für die Zukunft ziehen können. Das wäre eine Form der wirklichen Gemeinsamkeit. Da hätten wir Politikerinnen und Politiker – ganz ohne Mittel – sehr viel zu tun, denn nach wie vor sind Politiker, ob sie die Bevölkerung schätzt oder nicht, eine Form des Vorbildes. Wenn wir Gewalt, eine Radikalisierung der Sprache in der Politik beschränken, und zwar nicht nur knapp vor Weihnachten und in der Sitzung vor Weihnachten, sondern grundsätzlich, dann geben wir auch der Bevölkerung und der Gesellschaft ein anderes Vorbild.

Letzter Punkt: Sie werden mir zugestehen, dass ich als Kärntner Abgeordnete natürlich sehr starke Lobbyistin für Kärntner Interessen bin. Jene, die mich kennen, wissen, dass ich zuerst der Prävention und dann dem Herbeiholen von mehr Polizisten das Wort rede, weil ich das im Grunde genommen für sinnvoller und auch für kostengünstiger halte.

Geschätzter Herr Minister! Ich werde Ihr Gesprächsangebot annehmen, ich bitte aber auch Sie von dieser Stelle aus – es gibt Klagenfurt, es gibt Villach und viele andere Bereiche, die Briefe haben Sie erreicht, Unterschriften werden Sie bekommen – um Rücksicht. Ich möchte nur ein einziges Beispiel bringen, das mir als Bürgerin in Klagenfurt nicht verständlich ist, und das ist das Schließen – auch wenn die Beamten bleiben – etwa der Polizeidienststelle am Klagenfurter Bahnhof. Jeder, der die Stadt kennt, weiß, dass das ein problematischer Bereich ist. Es ist mir nicht verständlich, warum es dort keine Bahnhofspolizeistelle geben soll.

Ich habe Ihr Angebot vorhin gehört, Sie müssen es nicht wiederholen, ich mache es umgekehrt: Es gibt in Klagenfurt und für Kärnten einen guten Ansprechpartner, Jürgen Pfeiler – er könnte vom Äußeren her Ihr jüngerer Bruder sein und, ich denke, auch in der Schärfe sind Sie sich ziemlich ähnlich (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP)  –, und ich meine, dass Sie das Gesprächsangebot, das Sie, auch Kärnten betreffend, eröffnet haben, annehmen sollten, wenn es Ihnen angeboten wird. – Ein herzliches Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.24

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann das Wort. – Bitte.

22.24

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Als sechste oder siebente Rednerin habe ich das Problem, gewisse Dinge entweder überhaupt weglassen zu müssen oder sie nur kurz streifen zu können.

Die Suchtmittelkriminalität ist so wichtig, dass ich sie nur wiederholen, aber trotzdem noch einmal unterstreichen und betonen möchte, dass hier wirklich Obacht zu geben ist, weil die Zahlen tatsächlich ein verheerendes Bild geben. Wenn ich mir vor Augen halte, dass die Zahl der Drogenopfer in den letzten Jahren auf das Doppelte gestiegen ist und – ein Faktum, das, so glaube ich, heute noch nicht erwähnt wurde – die Drogenopfer auch immer jünger sind, dann muss ich sagen, gibt dies natürlich Anlass zur Sorge.

Der Tatbestand der Schlepperei ist von meinem Kollegen schon zur Genüge besprochen worden. Ich muss Ihnen sagen, wir haben, ohne uns abgesprochen zu haben, sehr ähnliche Fakten herausgeschrieben. Das lässt sich vielleicht doch damit erklären, dass wir gewisse Dinge genauso signifikant sehen oder als problematisch erkennen. Daher möchte ich dazu auch nichts mehr sagen, es ist schon von ihm genug gesagt worden.

Im Sicherheitsbericht auf Seite 240 heißt es wörtlich – ich möchte es nur noch einmal wiederholen –, dass eine kontinuierliche Zunahme der illegal nach Österreich eingereisten Personen seit 1993 zu verzeichnen ist. – Das ist ein wörtliches Zitat aus dem Sicherheitsbericht 2000.

Ein paar Punkte noch: Für mich ist es wesentlich, dass wir gewisse Dinge trotz der Sparmaßnahmen zur Kenntnis nehmen müssen. Ich gebe meiner Kollegin Frau Trunk sehr selten Recht, wir sind sehr häufig unterschiedlichster Meinung, aber für mich ist es auch nicht nachvollziehbar, Herr Bundesminister – und ich bitte Sie wirklich, dass Sie mir darauf eine befriedigende Antwort geben –, warum am Bahnhof ein Wachzimmer geschlossen wird. Ich habe bei vielen Dingen Verständnis, ich habe auch wirklich großes Verständnis für die problematische Situation der Bundesregierung, die einen großen Schuldenberg abtragen und deshalb überall verschiedene Einsparmaßnahmen durchführen muss. Aber das verstehe ich nicht. Nur am Bahnhof – also ich verstehe es nicht. Bitte erklären Sie uns, warum es am Bahnhof sein muss.

Ich sage Ihnen auch, warum ich es nicht verstehe: In den letzten Monaten haben sich die Straßenüberfälle, Vorfälle unter Jugendlichen und unter Erwachsenen im Innenstadtbereich von Klagenfurt gehäuft. Das ist in den entsprechenden Statistiken in Klagenfurt nachvollziehbar. Deshalb ist es meines Erachtens einfach notwendig, erstens keine Einsparmaßnahmen im Personalbereich vorzunehmen und zweitens – jetzt sage ich etwas, was meine Kollegen aus der Gendarmerie oder Polizei vielleicht nicht so gerne hören – vielleicht auch neue Möglichkeiten des Einsatzes zu überlegen.

Ich verstehe nicht beziehungsweise – ich sage es ganz offen – ist es für mich nicht klar, warum die Polizei ihre Tätigkeit hauptsächlich auf das Bestrafen oder Abmahnen von Fahrzeuglenkern, die falsch parken, beschränkt und nicht mehr patrouilliert oder zu wenig auf Streifengang geht. Dafür habe ich kein Verständnis, im Gegenteil, ich würde befürworten, dass verstärkt routinemäßige Streifengänge durchgeführt werden, und zwar aus verschiedensten Gründen. Es geht nicht nur darum, den bösen Buben, der gerade etwas anstellt, zu verhaften, es geht auch darum, dass die Menschen – vor allem Frauen, vor allem ältere Menschen – ein anderes Gefühl von Sicherheit bekommen. Ich würde auch befürworten, dass verstärkt Patrouillengänge mit Hunden durchgeführt werden – aus denselben Gründen. Auch ein Suchhund ist ausgezeichnet im Einsatz beim Erschnüffeln von Drogen.

Das ist nichts Neues, was ich Ihnen da erzähle, das ist an und für sich schon Allgemeinbildung. Ich würde mir wünschen, dass neue Projekte, dass vermehrt Projekte in diesem Sinn initiiert werden. Ich meine, an der Sicherheit darf nicht gespart werden, weil das ein Grundbedürfnis der Menschen ist. Die Menschen wollen ein sicheres Österreich haben, und das soll auch in Zukunft weiter so bestehen bleiben.

Zuletzt möchte ich noch einigen Mitgliedern der Bundesregierung meinen Dank sagen, die jetzt nicht da sind. Ich möchte mich bei Dr. Böhmdorfer für die Initiierung eines verschärften Strafausmaßes für Drogenhändler bedanken, das er im Sommer umgesetzt hat, weil ich glaube, dass es richtig ist, dass Drogenhändler mit schweren Strafen belegt werden. Erstmals gibt es auch lebenslänglich dafür, was früher nicht der Fall war. Ich glaube, dass auch die Frau Vizekanzlerin heute etwas sehr Wichtiges gesagt hat. Die Frau Vizekanzlerin hat heute gesagt, dass das Besoldungssystem der Polizei, der Gendarmerie einmal zu überdenken, zu verbessern wäre. Das Grundgehalt soll verbessert werden, jene, die im Außendienst sind und wirklich die schwere Arbeit vor Ort verrichten, sollen bessere Zulagen erhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich meine also, Herr Innenminister, dass Sie mit der Frau Vizekanzlerin und mit Herrn Dr. Böhmdorfer noch einige Arbeit vor sich haben. Ich habe – und das möchte ich abschließend sagen – wirklich Verständnis dafür, Sparmaßnahmen durchzuführen, aber ich habe kein Verständnis dafür oder sehe keinen Sinn darin, wenn man Wachzimmer an solch prekären Stellen schließt, wo man sagen muss, da muss die Polizei permanent anwesend sein, weil sonst die Gefahr für die Bevölkerung einfach zu groß ist. (Präsident Schöls übernimmt den Vorsitz.)

In diesem Sinn bitte ich um Aufklärung, Herr Bundesminister! Ich schließe gleich die Frage an, ob es, wenn diese Schließung am Bahnhof in Klagenfurt wirklich schon vorgesehen ist, nicht eine Möglichkeit gäbe, da noch einen Rückzieher zu machen und sich zu überlegen, dieses Wachzimmer – vielleicht in einem etwas kleineren Ausmaß oder wie auch immer – doch wieder zu eröffnen. Das ist meine Bitte und mein Ersuchen als Klagenfurterin und als Kärntnerin. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.30

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger. Ich erteile ihm dieses.

22.30

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Zahlen des Sicherheitsberichtes sind genügend oft genannt worden, ich brauche sie nicht zu wiederholen. Ich möchte nur auf einige Dinge eingehen, die für Niederösterreich relevant sind und im Zusammenhang mit dem Landtag stehen, der mich entsendet hat.

Man kann eine hohe Kriminalitätsrate in den Landeshauptstädten und auch in einigen Wiener Bezirken, besonders in den östlich gelegenen Wiener Bezirken, feststellen. In Niederösterreich selbst stechen der Bezirk Mödling und einige Bezirke im Wiener Umland, insbesondere auch im Weinviertel, heraus.

Diese Zahlen spiegeln sich auch in der Häufigkeitsstatistik wider. Die Aufklärungsquote in Österreich von 48,7 Prozent wird von Niederösterreich mit 55,5 Prozent übertroffen. Vor Niederösterreich liegt erstaunlicherweise lediglich noch das Burgenland.

Die hohe Kriminalitätsrate in Wien Umgebung ist, wie ich meine, sehr wohl auch auf die Kriminaltouristik in einer Großstadt zurückzuführen. Diesbezüglich ist die Zusammenarbeit mit Wien weiter zu intensivieren. Außerdem ist auch die Frage zu stellen: Was tun die Landessicherheitsdirektionen?

Die Suchtgiftanzeigen in Niederösterreich sind ebenfalls sehr stark im Steigen begriffen, und es ist insbesondere in den Schulorten ein offenes Geheimnis, wo Drogen zu bekommen sind. Auch bei der Statistik der Drogentoten liegt Niederösterreich im Spitzenfeld. Herr Bundesminister! In diesem Feld ist noch viel zu tun, und das sage ich jetzt mit Nachdruck! Dafür müssen nicht unbedingt Kriminalisten eingesetzt werden, denn diese Dealer kann wahrscheinlich jeder bezeichnen. Letztere sind in unseren Augen potenzielle Mörder, die das auch noch mit Absicht tun.

Auch die Fremdenkriminalität ist nach der Anzeigenstatistik stark gestiegen. Das zeigt, dass in Niederösterreich auch diesbezüglich umfangreiche Maßnahmen erforderlich sind. Das ist insbesondere in Niederösterreich auch deswegen erforderlich, weil wir eine lange Grenze nach Norden und auch nach Osten haben. Diese Grenze wird wohl bewacht, ist aber doch nicht so undurchlässig, wie man sich das wünscht.

Herr Bundesminister! Ich bin weit davon entfernt, den Sicherheitsbericht jetzt zum Anlass zu nehmen und zu sagen, dass es weitere Personalaufstockungen und mehr Wachstuben geben muss. Wenn man das nämlich zu Ende denkt, dann kommen wir zur Situation, dass hinter jedem österreichischen Bürger ein Wachorgan steht und möglicherweise vor jedem Bürger noch ein Wachorgan, das die Prävention wahrnimmt. Das kann sicherlich nicht der Weg sein! Die Sicherheitsstatistik zeigt nur besondere Erfolge oder vielleicht auch ein Versagen auf. Allerdings kann ich sicherlich kein Versagen feststellen, wenn auch die Raten gestiegen sind. In diesem Bereich muss, wie ich glaube, wesentlich radikaler übergreifend angesetzt werden, etwa auch in den Schulen und anderswo.

Wir befinden uns derzeit in einer Situation, dass es eine tägliche Kriminaltätigkeit gibt, die selbst in der Zeit der russischen Besatzung undenkbar gewesen wäre. Die Älteren werden sich an die spektakulären Morde erinnern, die es damals gegeben hat. Diese kennt man heute noch alle. Heute kann man sich jedoch alle Mörder, die in einer Woche auftreten, nicht merken, weil es schon so viele sind. Allerdings ist das auch kein Thema, das man sich merken sollte. Wir sollten es aber auch nicht wegstecken.

Der Sicherheitsbericht ist für mich lediglich ein Anlass, warnend den Finger zu heben und Prävention zu suchen, für die der Innenminister nicht allein sorgen kann. Diese muss vielmehr anderswo gesucht werden, etwa im schulischen Bereich und im gesellschaftlichen Bereich. Dass man diesbezüglich aktiv wird, dazu soll der Sicherheitsbericht dienen, und ich bitte Sie, Herr Bundesminister, das im Ministerrat einmal kundzutun! Vielleicht sage ich jetzt Dinge, die ohnehin selbstverständlich sind. Wir wollen allerdings einen entsprechenden Erfolg sehen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.35

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. Ich erteile es ihm.

22.35

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf kurz auf einzelne Wortmeldungen eingehen.

Herr Bundesrat Thumpser hat aus meiner Sicht völlig Recht, wenn er sagt, dass das Schnüffeln – wie es heißt – im Steigen begriffen ist. – Prävention ist hier ganz entscheidend, und das haben wir auch berücksichtigt. In diesem Sinn werden wir uns – entsprechend der Anregung des Herrn Bundesrates – in den Drogenaufklärungsbroschüren und im Rahmen unserer Präventionsarbeit mit diesem etwas jüngeren Phänomen intensiv befassen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch eine Bitte gerade an Herrn Bundesrat Thumpser als niederösterreichischen Bundesrat richten: Wir wissen, dass diese und andere Formen wichtige Einstiegsdrogen sind, um über leichte Drogen zu harten Drogen zu kommen. Daher möchte ich auch bei dieser Gelegenheit sehr klar sagen, dass es in dieser Bundesregierung, insbesondere bei den dafür Hauptzuständigen, dem Innenminister und dem Justizminister, ein Faktum ist, dass wir prinzipiell gegen die Freigabe von leichten Drogen sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Bundesrat Thumpser! Alles andere halte ich für kontraproduktiv. Als Niederösterreicher weiß ich selbst, dass insbesondere die Jugendorganisationen Ihrer Partei immer wieder die Freigabe von leichten Drogen verlangen und dass man in Ihren Kreisen aktiv dafür eintritt. Aus meiner Sicht wird auf diese Weise zum Schaden der niederösterreichischen Jugend agiert. Daher ist meine Bitte, diesbezüglich umzudenken.

Bei Herrn Dipl.-Ing. Lindinger möchte ich mich dafür bedanken, dass er die gesamte Facettengruppe des Drogenproblems aufgezeigt hat. Wir versuchen, das im Besonderen bei der organisierten Kriminalität anzugehen. Ich möchte mich bedanken, dass eine Reihe von Verantwortungsträgern aus dem Kriminaldienst, der Chef der Kriminalpolizei Österreichs und seine Mitarbeiter, hier anwesend sind. Gerade heute wurde wieder ein sehr wichtiger Schlag gegen in Niederösterreich arbeitende Drogendealer geführt. Bundesrat Hagen hat schon angesprochen, dass es sich durchwegs um im Asylverfahren stehende Schwarzafrikaner handelt, die aufgegriffen wurden, und es konnte dabei eine sehr große Menge – ich glaube über 20 Kilogramm – Heroin sichergestellt werden. Das ist das Ergebnis von wochenlanger genauer Aufklärungsarbeit, und wir müssen an die Ursprungstäter herankommen, nicht nur an die kleinen Fische, sondern an die großen Verteiler und Köpfe dieser mafiosen Vereinigungen!

Zu den Kärntner Beiträgen: Ich möchte das unterstützen, was Frau Dr. Kanovsky in ihrer Wortmeldung gesagt hat. Auch ich meine, dass wir daran weiterarbeiten müssen. Wir sind auf dem Weg dazu, die Fußstreifen zu verstärken. Es hat auch Wirkung, wenn das Polizei- oder Gendarmerieauto gesehen wird, es ist aber insbesondere in urbanen Zentren notwendig, dass die Fußstreifen – da und dort durchaus auch unterstützt von Hunden – zur Hebung des subjektiven Sicherheitsgefühles der Bevölkerung beitragen. Wir arbeiten daran, und ich glaube, dass insbesondere die Umsetzung unseres Konzeptes Cobra neu dazu führen wird, dass mehr Polizistinnen und Polizisten gerade in Villach und Klagenfurt Außendienst machen können werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Frau Bundesrätin Trunk! Sie haben angesprochen, wie es sich mit dem Wachzimmer auf dem Bahnhof Klagenfurt verhält. Ich habe mich jetzt schnell erkundet, und ich muss Ihnen sagen: Da zwitschern wieder einmal irgendwelche Vögel auf den Bäumen und legen ungelegte Eier. Ich darf in aller Klarheit sagen: Faktum ist, dass ich, wie immer, unsere Organisationen, die dort direkt vor Ort sind, gebeten habe, Vorschläge zur Weiterentwicklung der Organisation zu machen. Ich kenne die Vorschläge aus Klagenfurt nicht, sie sind aber derzeit bei uns im Haus in der Herrengasse vor Abschluss der Bewertung und werden mir wahrscheinlich in den nächsten Wochen vorgelegt werden. Ich danke Ihnen daher, dass Sie mich sozusagen für das Thema sensibilisiert haben! Ich habe das jetzt von Ihnen das erste Mal gehört. Es gibt darüber keine Entscheidung. Ich kann jetzt nicht einmal sagen, was genau in dem Vorschlag von Klagenfurt enthalten ist und was nicht. Jedenfalls werde ich aber Ihre Argumente sehr gerne mitnehmen und in die Bewertung mit einfließen lassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

22.39

Präsident Alfred Schöls: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Damit kommen wir zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag auf Kenntnisnahme des Berichtes ist somit angenommen.

16. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (780 und 868/NR sowie 6511/BR der Beilagen)

Präsident Alfred Schöls: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Johann Kraml übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Johann Kraml: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt schriftlich vor. Ich komme daher zum Antrag.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Alfred Schöls: Ich danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

17. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend eine Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Verstärkung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer Stabilitätspakt 2001) (829 und 857/NR der sowie 6512/BR der Beilagen)

18. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Staatsschuldenausschusses geändert wird (776 und 863/NR sowie 6513/BR der Beilagen)

Präsident Alfred Schöls: Wir gelangen nun zu den Punkten 17 und 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

der österreichische Stabilitätspakt 2001 und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Staatsschuldenausschusses geändert wird

Die Berichterstattung über die Punkte 17 und 18 hat Herr Bundesrat Robert Aspöck übernommen. – Bitte.

Berichterstatter Dr. Robert Aspöck: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zunächst zu Tagesordnungspunkt 17: Der Bericht liegt schriftlich vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Auch zu Tagesordnungspunkt 18 liegt der schriftliche Bericht vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Alfred Schöls: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Johanna Schicker. Ich erteile ihr dieses.

22.43

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ganz kurz zum Stabilitätspakt 2001: Der Herr Berichterstatter hat schon darauf hingewiesen, dass dem vorliegenden Bericht zu entnehmen ist, worum es geht. Durch die Vereinbarung des Stabilitätspaktes soll sichergestellt werden, dass die uns von Brüssel beziehungsweise Maastricht vorgegebenen Kriterien, nämlich dass es keine Neuverschuldung von über 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes beziehungsweise eine Gesamtverschuldung von höchstens 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes geben soll, erfüllt werden können.

Dies bedeutet, dass Gemeinden in Zukunft keine Neuverschuldung aufweisen dürfen, die Länder sich auf 0,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes beschränken müssen und der Bund sein Budget nur um 0,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes überziehen darf. – Ich hoffe, ich habe das jetzt richtig interpretiert, Herr Staatssekretär!

Auf Grund dieses ausgehandelten Aufteilungsschlüssels würde die Erreichung des Nulldefizits sozusagen sichergestellt sein. – So weit, so gut.

Der Herr Landeshauptmann von Niederösterreich hat heute hier im Hohen Haus in diesem Zusammenhang gemeint, dass das Staatsganze im Vordergrund stehen müsse und man das Staatsganze nicht aus den Augen verlieren dürfe. Auch diese Aussage könnte ich in dieser Form noch akzeptieren beziehungsweise ist dieses Argument einleuchtend, wenn dabei nicht die Länder beziehungsweise die Gemeinden und damit auch die Menschen, für die wir uns einzusetzen haben, auf der Strecke blieben.

Was meine ich damit, meine Damen und Herren? – Durch das In-Kraft-Treten dieses Stabilitätspaktes darf auch mein Bundesland, die Steiermark, monatlich – ich will jetzt keine genauen Zahlen nennen – rund 300 Millionen Schilling an den Bund abliefern, denn 3,3 Milliarden Schilling sind es im Jahr. Die Auswirkungen auf das Land und die Gemeinden sind, so meine ich, zum Teil fatal. Budgetär geht in unserem Land fast nichts mehr. Beispielsweise haben wir vor allem betreffend Infrastrukturmaßnahmen in der Steiermark auf Grund dieses Stabilitätspaktes wesentlich weniger Mittel zur Verfügung, vor allem im Zusammenhang mit der Verkehrssituation.

Ich darf jetzt wieder auf den Bund zurückkommen – wir springen vom Bund zum Land und vom Land zu den Gemeinden, das ist eben so beim Stabilitätspakt –: Im neuesten Entwurf zum Generalsverkehrsplan der Frau Ministerin Forstinger kommt die Steiermark überhaupt nicht vor beziehungsweise wird im Bereich der Schiene total vernachlässigt. (Zwischenruf des Bundesrates Hösele. ) Herr Kollege Hösele! Beweisen Sie mir das Gegenteil! (Bundesrat Hösele: Nachverhandeln!) Sie sagen, dass man nachverhandeln soll! Wir reden aber von jetzt, Herr Kollege Hösele! Die Schiene kommt in Bezug auf die Steiermark nicht vor, und wenn Sie mir das Gegenteil beweisen wollen, dann kommen Sie bitte heraus und erklären mir das!

Der Semmering und das Stichwort "Pyhrnkorridor" werden im Generalsverkehrsplan überhaupt nicht erwähnt, ebenso kommt auch das Stichwort "Schiene in Richtung Slowenien" nicht vor. Aber auch für Straßenprojekte ist zurzeit in der Steiermark kein Geld vorhanden, geschweige denn für Spitäler. (Zwischenruf des Bundesrates Weilharter. )

Um die notwendigen Gelder hiefür aufzutreiben, die aber im Landesbudget wegen der Darstellung eines Nulldefizits klarerweise nicht aufscheinen dürfen, werden diese Darlehensaufnahmen für die Spitäler – und das können Sie mir auch nur bestätigen! – am Landesbudget vorbeigeschwindelt. (Zwischenruf des Bundesrates Weilharter. ) Es wird sozusagen getrickst. Das ist die Realität! Es wird im Landesbudget getrickst, lieber Kollege Weilharter, und das weißt du auch! Es wird aufgenommen, übergeben und und und, aber es scheint im Landesbudget auf alle Fälle nicht auf, denn die Steiermark muss ja 300 Millionen Schilling im Monat abliefern! (Bundesrat Weilharter: 200 Millionen sind im Budget für Gesundheit und Sozialleistungen!)

Herr Finanzstaatssekretär! Die Besonderheiten, von denen wir in der Steiermark besonders betroffen sind, ergeben sich auch – und das wissen Sie auch – auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung. Die Steiermark ist wirklich von allen Bundesländern am stärksten betroffen, und wir bekommen das insofern zu spüren, als wir nicht nur weniger Ertragsanteile bekommen, sondern... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier. ) – Das hat jetzt mit dem Geld nichts zu tun! Wir reden jetzt vom Stabilitätspakt, Herr Kollege Dr. Maier!

Jedenfalls hat die Steiermark auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung jährlich geringere Ertragsanteile im Wert von zirka 550 Millionen Schilling zu erwarten, andererseits haben wir aber in Relation das Gleiche in den Stabilitätspakt zu zahlen wie andere Bundesländer, die keine solche Ertragskraftschmälerung beziehungsweise nicht schlechtere Ergebnisse auf Grund der Volkszählung aufzuweisen haben. Die Relation ist also gleich geblieben, und das ist meiner Meinung nach nicht gerecht!

Wenn dem seitens der Steiermärkischen Landesregierung und seitens unserer Frau Landeshauptfrau zugestimmt worden ist, dann müssen wir das zur Kenntnis nehmen. Ich bin nicht dafür, dass wir in der Steiermark trotz der schlechteren Ausgangsposition das Gleiche zu leisten haben. (Zwischenbemerkung des Staatssekretärs Dr. Finz. )

Das bedeutet – wie ich bereits erwähnt habe –, dass in der Steiermark budgetär fast nichts mehr geht, und wir merken das jeden Tag. Wir können uns viele Sozialprojekte nicht mehr leisten beziehungsweise werden diese, aus welchen Gründen auch immer, nicht genehmigt. Das will ich jetzt dahingestellt lassen, denn es ist dies keine Landtagsdebatte, sondern wir sind jetzt im Bundesrat, aber das muss auch aufgezeigt werden. Auch die neuesten Daten des AMS weisen darauf hin. (Zwischenruf des Bundesrates Hösele. ) Sie können zeigen, was Sie wollen, Herr Kollege Hösele! Ich vertrete hier meine Meinung, und Sie müssen sich mit meiner Meinung nicht identifizieren! Sie können dann gern herauskommen und das Gegenteil behaupten. Jetzt stehe aber ich hier und vertrete meine Meinung!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn bei einer derart angespannten budgetären Lage im Land und angesichts ständig wachsender Arbeitslosigkeit – das haben wir gestern auch aus der Presse erfahren – noch die Ankündigung der Schließung von Postämtern, Gendarmerieposten, Bezirksämtern, Bezirksgerichten und so weiter hinzukommt, dann kann man sich vorstellen, wie sich das auf die Menschen in unserem Land auswirkt. Kommen Sie in die Steiermark, und reden Sie mit den Menschen, wie sie sich fühlen! (Zwischenruf des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon. ) – Nein, ich zeige nur auf, Herr Kollege! Sie interessieren sich nicht dafür, dass die Postämter geschlossen werden. Wir gehen jedoch zu den Leuten hinaus und diskutieren mit ihnen. Sie sind nicht vor Ort. (Bundesrat Dr. Maier: Heute sind Sie sehr neugierig!) Herr Kollege! Ihnen sind die Bedürfnisse der Menschen wahrscheinlich kein Anliegen, uns aber sehr wohl! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier. ) Wir sind bei den Menschen, und Sie belasten die Menschen. – Danke.

Ich bin der Meinung, dass diesbezüglich aktiveres Handeln angesagt wäre. (Zwischenruf des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon.  – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Kann ich weitersprechen? – Ich bin der Ansicht, dass diesbezüglich aktiveres Handeln auf Bundes- und auf Landesebene angesagt wäre, denn die wirtschaftliche und soziale Sicherheit müssen im Land wiederhergestellt werden. Wenn man in einer Rezession wie der jetzigen vermehrt spart, dann hat das den gegenteiligen Effekt. Das kann in einer Zeit wie jetzt nichts bewirken!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus den vorhin genannten Gründen werde ich und wird auch mein Kollege, auch wenn er jetzt nicht da ist, werden aber auf alle Fälle die sozialdemokratischen Bundesräte ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier.  – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Darf ich jetzt weitersprechen? – Ich möchte Ihnen nur noch den Schlusssatz zur Kenntnis bringen. Aus den vorhin genannten Gründen werden die sozialdemokratischen Bundesräte der Steiermark dem vorliegenden Gesetzesbeschluss über den Stabilitätspakt 2001 nicht die Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.52

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber. Ich erteile ihm dieses.

22.52

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über die Verstärkung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik betrifft im Grunde die Haushaltspolitik. Das erste und die weiteren Budgets einer Regierung mit einem christdemokratischen Bundeskanzler, mit einem freiheitlichen Finanzminister und einem ÖVP-Staatssekretär leiteten die Wende zur dauerhaften Sanierung der Staatsfinanzen ein. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nach 30 Jahren sozialistischer Finanzpolitik, die Österreich auf einem gigantischen Schuldenberg in der Höhe von 1 700 Milliarden Schilling und einem Defizit im Ausmaß von 109 Milliarden Schilling sitzen ließ, saniert die neue Regierung schwierige Hinterlassenschaften. (Bundesrat Gasteiger: Nicht um diese Zeit!) Wir haben das ÖBB-Defizit verringert, das Finanzloch Verstaatlichte geschlossen, die Pensionen gesichert, die Krankenkassen abgesichert, und wir werden weiterhin so handeln! (Bundesrat Winter: Ja! Ja! Es ist eh alles okay! Es ist eh alles bestens!)

Finanzminister Edlinger hat ein schwieriges Erbe hinterlassen. Zuerst hat er gesagt, dass es kein Finanzloch gebe. Nach dem notwendigen Kassasturz konnte die neue Regierung jedoch feststellen, dass das rote Budgetloch 109 Milliarden Schilling betragen hat. – Jetzt haben wir ein Budgetcontrolling eingerichtet, damit so etwas nie mehr passieren kann. Das Budget 2000 war schwierig, musste schnell gemacht werden und bewirkte viele Einmaleffekte. (Bundesrat Winter: Fahr langsamer! Sonst kommst du ins Schleudern!) Beim Budget 2001 haben wir jene Löcher gestopft, die uns Edlinger hinterlassen hat. Wir müssen die Pensionen langfristig sichern, die Krankenkassen gesunden und das Arbeitsmarktservice zu einer tatsächlichen arbeitsplatzschaffenden Stelle machen.

Ich gebe schon zu, dass der Druck durch den neuen Finanzminister auf die Länder groß war. Aber die Nulldefizitpolitik war notwendig, um erstmals wieder Budgetstabilität nach 30 Jahren sozialistischer Politik zu erreichen. Als ÖVP-Finanzminister Koren 1970 das Finanzministerium an Minister Androsch übergeben hat – und er hat es wirklich übergeben und sich nicht durch die Hintertür davongeschlichen –, übergab er ein Budgetdefizit in der Höhe von 16 Milliarden. Unter dem SPÖ-Finanzminister betrugen allein schon die Zinsen 95 Milliarden pro Jahr. Wir konnten das nicht mehr verantworten. (Bundesrat Winter: Die Arbeitslosenrate wurde erhöht! Es kommt zu einem Ausverkauf der Republik! Das ist diese Politik!) Wir konnten nicht zusehen, wie die Zukunftschancen unserer Jugend zerstört wurden oder werden, deswegen werden wir dem Gesetz gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: So eine Brandrede! Und das um diese Zeit!)

22.56

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Gerd Klamt. Ich erteile es ihm. (Bundesrat Gasteiger: Jetzt wird es wenigstens wieder etwas gemütlicher!)

22.56

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Spätestens mit dem Beitritt zur Europäischen Union musste uns allen klar sein, dass wir auch in der Finanzpolitik nach gemeinschaftsrechtlichen Regelungen und Kriterien bewertet werden und agieren müssen.

Ausgeglichene gesamtstaatliche Haushalte können nur erreicht werden, wenn der Bund, die Länder und die Gemeinden an einem Strang ziehen. Die entsprechende Vereinbarung, der Österreichische Stabilitätspakt 2001, liegt uns jetzt vor. Der Bund verpflichtet sich, im Jahre 2001 ein Defizit in der Höhe von maximal 2,05 Prozent zuzulassen, und beschränkt sich für die Jahre 2002 bis 2004 auf Defizite in der Höhe von maximal 0,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die Länder wiederum verpflichten sich, von 2001 bis 2004 gemeinsam einen durchschnittlichen Haushaltsüberschuss im Ausmaß von 0,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, jedenfalls aber jährlich 23 Milliarden Schilling zur gesamtstaatlichen Konsolidierung beizutragen. Die Gemeinden verpflichten sich, für die Jahre 2001 bis 2004 jeweils landesweise zu einem ausgeglichenen Haushaltsergebnis. Unterschreitungen werden bei den Ländern bis 0,15 Prozent und bei den Gemeinden bis 0,1 Prozent toleriert.

Dieser 20 Artikel umfassende Österreichische Stabilitätspakt 2001 ist ein Meilenstein, der die konsequente Budgetpolitik des Finanzministers und des Herrn Staatssekretärs widerspiegelt. Wir alle wissen, dass der Weg zu diesem Stabilitätspakt kein leichter war und dass etliche Widerstände auszuräumen waren. Geld verschenken ist sicherlich leichter, als zum Sparen zu bewegen. Sanktionen einzuführen ist nicht populär, aber notwendig, wenn der Erfolg sichergestellt werden soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates! Ich bin stolz auf dieses Österreich, das im Zusammenwirken des Bundes, der Länder und der Gemeinden Stärke und Orientierung in eine gute Zukunft bewiesen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

22.59

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Jürgen Weiss. Ich erteile es ihm.

22.59

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Aus der Diskussion ist schon deutlich geworden, dass Verhandlungen über den Stabilitätspakt und Finanzausgleichsverhandlungen im Allgemeinen eine schwierige Angelegenheit sowohl für den Bund als auch für die Länder sind.

Es waren harte Verhandlungen, solche sind aber auch wichtig für ein gutes Verhandlungsergebnis, das von allen akzeptiert werden kann. Das ist bei diesem Stabilitätspakt erfreulicherweise gelungen, und die Länder haben einen wesentlichen Anteil daran, dass wir erstmals keine Nettoneuverschuldung mehr haben. Das wäre ohne den Beitrag der Länder und deren Haushaltsdisziplin im eigenen Bereich nicht möglich.

Ich möchte ganz kurz darauf eingehen, warum das Finanzausgleichsgesetz heute nicht auf der Tagesordnung steht. Es wurde im Finanzausschuss von der Tagesordnung abgesetzt, und das hat folgenden Hintergrund: Sie alle wissen – und Herr Landeshauptmann Dr. Pröll hat das am Vormittag auch erwähnt – um das Vorhaben der Übertragung der Bundesstraßen an die Länder, das zwei Teilaspekte hat. Im Finanzausschuss wurde der Antrag gestellt, dass der Katastrophenfonds eine Minderdotierung erfährt. Das ist der Inhalt des Gesetzesbeschlusses, der uns vorliegt. Im Verkehrsausschuss wäre der Antrag zu beraten gewesen, dass die Bundesstraßen mit einem Bundesstraßenübertragungsgesetz übertragen werden. Das wurde noch nicht beschlossen, weil es diesbezüglich noch keine Einigung gegeben hat, wohl aber der andere dazugehörende Teil, der für sich allein aber keinen Sinn macht. Es macht keinen Sinn, ohne Übertragung der Bundesstraßen an die Länder die Mittel des Katastrophenfonds geringer zu dotieren als bisher. Daher ist es sachgerecht, die Einigung über die Bundesstraßenübertragung abzuwarten, bevor wir einen Beitrag dazu leisten, dass die Dotierung des Katastrophenfonds verringert wird.

Ich gehe – nicht zuletzt nach den Wortmeldungen des Herrn Landeshauptmannes Dr. Pröll von heute Vormittag – davon aus, dass diese Einigung nächste Woche zu Stande kommen wird. Wir werden dann Gelegenheit haben, der Änderung des Finanzausgleichsgesetzes zuzustimmen. Sollte wider Erwarten die Einigung nicht zu Stande kommen, dann ist es geradezu ein exemplarischer Fall, gegen einen solchen vom Effekt her wohl nicht beabsichtigten Gesetzesbeschluss des Nationalrates dann allenfalls Einspruch zu erheben. Ich gehe aber davon aus, dass es nicht dazu kommen muss. Glauben ist in diesen Angelegenheiten gut, Gewissheit ist besser. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

23.02

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile es ihm.

23.02

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Schicker ist zurzeit leider nicht im Raum. Sie hat mich jedoch veranlasst, als steirischer Vertreter doch ein paar Dinge richtig zu stellen. Ich fühle mich als steirischer Vertreter nicht nur verpflichtet dazu, sondern ich glaube, dass unsere Steiermark, mein Heimatland, es nicht verdient hat, dass es von einer Vertreterin der Länderkammer in einer so schrägen Optik beziehungsweise in einem so schiefen Licht dargestellt wird! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Es wird schon etwas dahinter sein!)

Meine Damen und Herren! Kollegin Schicker hat hier Klage darüber geführt, dass im Landesbudget im Bereich Gesundheit und Soziales Kürzungen vorgenommen wurden. (Bundesrat Freiberger: Das ist richtig!) Herr Kollege Freiberger! Richtig ist, dass im Kapitel Gesundheit und Soziales der Voranschlag um 200 Millionen Schilling mehr beträgt. Richtig ist auch, dass in den anderen Bereichen des Landesbudgets keine Erhöhungen, sondern Einsparungen im Verwaltungsbereich vorgenommen wurden. Wenn jemand solche Unwahrheiten behauptet, dass Kürzungen vorgenommen worden sind, dann bedarf das einer Richtigstellung, um der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen!

Dritter Punkt: Kollegin Schicker hat auch Klage darüber geführt, dass auf Grund der Volkszählung für die Steiermark in Hinkunft im Rahmen des Finanzausgleichs weniger Mittel zur Verfügung stehen werden. Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich bitte, auch darüber nachzudenken! – Faktum ist: In den Ballungsräumen der Steiermark haben wir die größten Abwanderungen. Faktum ist aber auch, dass in den Ballungsräumen – sei es in Leoben, Bruck, Graz oder wo auch immer – die SPÖ meist über satte Mehrheiten verfügt. Denken Sie darüber nach, meine Damen und Herren von der SPÖ! Warum wandern die Menschen aus Ihren Gemeinden, in denen Sie die Verantwortung tragen, ab? – Ich meine, Sie wissen, warum! (Bundesrat Gasteiger: Das darf ja nicht wahr sein!) Die Menschen aus diesen Gemeinden in den steirischen Ballungsräumen flüchten vor dem Sozialismus! Das ist ein Faktum! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Kraml: So geht es nicht!)

23.04

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster ist der Herr Staatssekretär zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

23.05

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich möchte gerade vor der Länderkammer zum Österreichischen Stabilitätspakt gratulieren! Es ist dies ein gemeinsames Werk, das von allen Vertragspartnern – und ich bin froh, dass Frau Bundesrätin Schicker jetzt anwesend ist und das auch hört – einschließlich des Gemeindebundes und Städtebundes nach harten Verhandlungen freiwillig unterschrieben wurde. Am meisten tragen die Länder dazu bei, dass dieser Stabilitätspakt zu Stande gekommen ist, weil sich diese zu einem Überschuss von 0,75 Prozent des Bruttosozialproduktes – das sind 23 Milliarden Schilling – und zu einer Sonderzuweisung in der Höhe von weiteren 3 Milliarden verpflichtet haben. Gemeinsam ist es Bund und Ländern letztlich auch gelungen, zu einem Verwaltungsreformpaket von weiteren 3,5 Milliarden Schilling zu kommen, also zu einem Bruttoergebnis von nahezu 1 Milliarde.

Auch die Gemeinden haben etwas beigetragen. Die Gemeinden konnten nach dem alten Finanzausgleich ein Defizit in der Höhe von minus 0,1 Prozent machen. Nach dieser neuen Regelung müssen die Gemeinden jetzt einen ausgeglichenen Haushalt führen. Sie zahlen also nichts ein. Die Länder müssen einzahlen, aber die Gemeinden müssen nichts einzahlen. Das ist richtig zu stellen.

Ich gebe zu, dass in der Steiermark auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung Probleme entstehen. Diesbezüglich muss man sich bei der Gemeindefinanzierung über einen internen Finanzausgleich bei den Gemeinden den Kopf zerbrechen, denn es gibt rund um die Ballungsräume nun einmal das Problem der Speckbäuche, dass eine Lagerente bezogen wird, wie das zum Beispiel auch in Vösendorf bei Wien der Fall ist. Dort wohnen die Wiener, die ihren ganzen Lebensinhalt in Wien haben, deren Kinder in Wien zur Schule gehen, die dort arbeiten, die öffentliche Verkehrsmittel beanspruchen, jedoch die Wohngemeinde hat die entsprechenden Einnahmen. Dieses Problem muss man angehen. Das ist bei vielen Städten der Fall. Man muss sich die Struktur genau anschauen. Das ist ein Problem für sich bei der Gemeindefinanzierung.

Ich möchte weiters sagen: Wir werden das Schicksal der Gemeinden, die uns selbstverständlich wichtig sind, weiter im Beobachtungsfeld haben, und wir werden auch helfen. Wir sind mit dem Gemeindebund jetzt im Gespräch, dass die Prüfung der kommunalen Steuern von den Finanzämtern durchgeführt wird. Dafür sind in ganz Österreich ungefähr 60 bis 80 Gemeindeprüfer zuständig. Das würde vor allem für die Wirtschaft eine Erleichterung bringen. Derzeit ist es so, dass erst 200 Lohnsteuerprüfer die Lohnbuchhaltungen der Unternehmungen prüfen und dann 250 Sozialversicherungsprüfer wiederum dieselben Unterlagen prüfen. Dann kommen noch 60 bis 80 Kommunalsteuerprüfer in die Unternehmungen, und alle prüfen unabhängig voneinander nach etwas unterschiedlichen Regelungen. Wir bieten den Gemeinden nun an, dass wir diese Prüfung übernehmen und dann die Prüfungsergebnisse übermitteln. Der Einhebungsdienst verbleibt im Sinn der freien Gemeinde weiterhin bei den Gemeinden, und wir verlangen nichts dafür. Wir bieten lediglich einen Gratisservice an. – So kam es etwa auch durch den Vorwegabzug der Umsatzsteuer bei der Getränkesteuer praktisch zu einem Getränkesteuerersatz, und es ist dies eine befriedigende Lösung.

Das Schicksal der Gemeinden ist uns also nicht gleichgültig und wird uns auch in Zukunft nicht gleichgültig sein. Allerdings wird im Rahmen der Gemeinden und Städte auch intern noch viel über zukünftige Finanzierungslösungen zu sprechen sein. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.09

Präsident Alfred Schöls: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend eine Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Verstärkung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer Stabilitätspakt 2001).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Staatsschuldenausschusses geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Land Burgenland aus Anlass der 80-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich (778 und 856/NR sowie 6514/BR der Beilagen)

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Straßenbenützungsabgabegesetz, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz 1958 und der Artikel 34 des Budgetbegleitgesetzes 2001 geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2001, AbgÄG 2001) (827 und 859/NR sowie 6515/BR der Beilagen)

21. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Sonderregelungen zur Mittelstandsfinanzierung auf dem Gebiet der Gebühren sowie Verkehrsteuern geändert wird (860/NR sowie 6516/BR der Beilagen)

22. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz und das Bundesgesetz über die Gründung einer Bundespensionskasse AG geändert werden (775 und 861/NR sowie 6517/BR der Beilagen)

23. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994, das Kraftfahrgesetz 1967 und das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz der Verkehrsopfer geändert werden (782 und 862/NR sowie 6518/BR der Beilagen)

Präsident Alfred Schöls: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 bis 23 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Land Burgenland aus Anlass der 80-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich,

Abgabenänderungsgesetz 2001,

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Sonderregelungen zur Mittelstandsfinanzierung auf dem Gebiet der Gebühren sowie Verkehrsteuern geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz und das Bundesgesetz über die Gründung einer Bundespensionskasse AG geändert werden, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994, das Kraftfahrgesetz 1967 und das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz der Verkehrsopfer geändert werden.

Die Berichterstattung über die Punkte 19 bis 23 hat Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Dr. Robert Aspöck: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Berichte liegen Ihnen vor. Ich darf daher gleich zu den einzelnen Anträgen kommen.

Tagesordnungspunkt 19: Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Tagesordnungspunkt 20: Der Bericht liegt Ihnen auch vor. – Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Tagesordnungspunkt 21: Es gilt das vorher Gesagte. – Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Tagesordnungspunkt 22: Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Tagesordnungspunkt 23: Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Alfred Schöls: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Anna Schlaffer. Ich erteile es ihr.

23.14

Bundesrätin Anna Schlaffer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Das Jahr 2001 stand für uns BurgenländerInnen im Zeichen der 80-jährigen Zugehörigkeit unseres Heimatlandes zu Österreich. In verschiedensten Formen wurde dieses Jubiläum zum Anlass genommen, Rückschau zu halten auf den harten und mühsamen Weg, den das Burgenland gehen musste, um von einem wirtschaftlich und strukturell schwachen Land zu einer europäischen Musterregion zu werden.

Unter den sozialdemokratischen Landeshauptmännern Bögl und Kery begann in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts der Aufstieg des Landes. Wie kein anderes österreichisches Bundesland hat das Burgenland auch vom Fall des Eisernen Vorhangs sowie vom Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und vor allem von der Anerkennung als Ziel 1-Gebiet profitiert.

Jahrzehntelang als das Schlusslicht Österreichs bemitleidet, kann das Burgenland nunmehr auf ein deutlich über dem Durchschnitt liegendes Wirtschaftswachstum verweisen und hat bei der Kaufkraft bereits die Bundesländer Steiermark und Kärnten überholt. All dies wäre aber ohne den Fleiß meiner Landsleute und einer besonnenen und zukunftsorientierten Politik nicht möglich gewesen.

Wenn das Burgenland auch auf beeindruckende Fakten verweisen kann, ist die Politik eines Landeshauptmannes Niessl doch voll auf die Herausforderungen der Zukunft gerichtet. Schon bald werden sämtliche Nachbarstaaten des Burgenlandes der Europäischen Union angehören. Wenn auch diese Erweiterung dem Burgenland in erster Linie neue Chancen bringt, so sind doch vorweg entscheidende Schritte zu setzen, um die mit der Erweiterung verbundenen Risken zu minimieren.

In diesem Sinne wird auch die Jubiläumsgabe ihre Verwendung finden. Projekte zur Wahrung der Identität des Landes werden dabei ebenso beachtet wie die Förderung grenzüberschreitender Projekte. Besonders erwähnenswert sind Projekte im Rahmen einer Bildungs- und Qualitätsoffensive sowie solche, welche die Sicherung und Förderung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt im Burgenland zum Ziel haben.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann Ihnen einen sorgsamen Umgang der Burgenländischen Landesregierung mit dieser Jubiläumsgabe garantieren. Als Nachweis dafür mag Ihnen auch die Tatsache dienen, dass für eine große Jubiläumsveranstaltung inklusive einer 90-minütigen österreichweiten Live-Ausstrahlung der Festgala durch den ORF nur Kosten in der Höhe von 5 Millionen Schilling vorgesehen waren. Aus Solidarität mit den Opfern der schrecklichen Terroranschläge vom 11. September und auch aus Achtung und Wertschätzung der vielen in den USA wohnhaften AuslandsburgenländerInnen wurde die für 14. September vorgesehene Festveranstaltung jedoch kurzfristig abgesagt und wurden nur ein ökumenischer Gottesdienst und eine Festsitzung des Landtages durchgeführt.

Meine geschätzten Damen und Herren! Ich darf Ihnen im Namen meines Bundeslandes für Ihre Zustimmung zu dieser Jubiläumsgabe danken. (Beifall bei der SPÖ.)

23.18

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Paul Fasching. Ich erteile es ihm.

23.18

Bundesrat Paul Fasching (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie meine Vorrednerin in ihrer Rede bereits ganz deutlich mitgeteilt hat, feierte das jüngste Bundesland Österreichs heuer sein 80-jähriges Bestandsjubiläum. Aus diesem Anlass erhält das Land Burgenland von der Republik Österreich eine Jubiläumsgabe in der Höhe von 55 Millionen Schilling. Dieser Bundeszuschuss wurde am 22. November 2001 in der Sitzung des Nationalrates beschlossen.

Im Jahr 1921 kam das Burgenland als jüngstes Mitglied zu Österreich. Unter äußerst schwierigen Bedingungen glaubten die Menschen aber an dieses Land. Durch unermüdlichen Fleiß und Einsatzwillen haben die Menschen dieses Land sehr zum Positiven verändert. Nach Jahrzehnten ist an einer wahrhaft toten Grenze mittlerweile ein wachsendes und blühendes Land entstanden. Heute, 80 Jahre später, zeigen die Burgenländerinnen und Burgenländer zu Recht ihren Stolz auf ihre Heimat, denn seit Jahren hat das Burgenland überdurchschnittliche Werte beim Wachstum der Wirtschaft, der Arbeitsplätze, aber vor allem auch im Zusammenhang mit dem Tourismus zu verzeichnen. – Die Kraft für diese großartigen Leistungen schöpfen die Menschen im Burgenland zum einen aus dem Bestreben, immer das Gemeinsame zu suchen, zum anderen aus dem Willen zur Zusammenarbeit, liebe Frau Kollegin!

In den 80 Jahren der Zugehörigkeit zu Österreich haben die Menschen aus diesem Bundesland mit viel Fleiß und Einsatzwillen eine blühende und aufstrebende Region gemacht. Das Burgenland ist heute mehr denn je ein Land der Vielfalt und Toleranz. Das Zusammenleben der verschiedenen Volksgruppen ist ein Beweis für den ganz besonderen Geist der Offenheit, der im Burgenland herrscht.

Mit Freude kann heute das Burgenland der Öffentlichkeit vor Augen führen, wie Minderheiten mit der Mehrheit konfliktfrei und einvernehmlich zusammenwirken können. Diese burgenländische Vielfalt der Sprachen, der Kultur und der Volksgruppen hat auch wesentlich dazu beigetragen, dass dieses Land ein offenes, modernes und tolerantes Land geworden ist. Menschen aus anderen Regionen schätzen nicht nur die Schönheit der Landschaft, sondern auch die Offenheit und Gastfreundschaftlichkeit der Burgenländer.

Ganz Österreich kann darauf stolz sein, dass in 47 burgenländischen Gemeinden Ortstafeln in kroatischer Sprache und in vier Gemeinden in ungarischer Sprache stehen. Es ist gelungen, aus der Geschichte zu lernen und eine Umkehr einzuleiten.

"Aus dem Gegeneinander ist ein Nebeneinander und aus dem Nebeneinander ein Miteinander geworden." – Das erklärte Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel im Rahmen der Festsitzung des Burgenländischen Landtages. Diese selbstverständliche und überzeugende Toleranz gegenüber Sprachen und Volksgruppen sei beispielhaft, schloss der Kanzler. – Namens der vielen Bürgerinnen und Bürger des Landes Burgenland darf ich auch an dieser Stelle der Bundesregierung mit Dr. Wolfgang Schüssel an der Spitze sehr herzlich für einen Bundeszuschuss in der Höhe von 55 Millionen Schilling danken und gleichzeitig versichern, dass diese Jubiläumsgabe zweckmäßig und sinnvoll verwendet wird. (Bundesrat Marizzi: Vergelt’s Gott!)

Landeshauptmannstellvertreter Mag. Franz Steindl hat deutlich gemacht, dass dieses Geld keinesfalls im Landesbudget verschwinden darf, sondern dass es für sinnvolle identitätsstiftende und nachhaltige Projekte verwendet werden und so direkt den Burgenländerinnen und Burgenländern zugute kommen soll. (Bundesrat Winter: Wie viele Mandate habt ihr denn im Burgenland?)

Die Burgenländische Landesregierung hat daraufhin einen entsprechenden Grundsatzbeschluss gefasst, wonach 45 Millionen Schilling für allgemeine Projekte, die der Stärkung der Identität des Landes dienen beziehungsweise die sich mit dem Jubiläum an sich auseinander setzen, verwendet werden sollen. 5 Millionen Schilling wurden für die Förderung der Volksgruppen vorgesehen, und die restlichen 5 Millionen sollen für grenzüberschreitende Projekte verwendet werden, die auch der Vorbereitung der EU-Erweiterung dienen sollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Burgenland kann heute mit Zuversicht in die Zukunft schauen. Mit Hilfe aller Burgenländerinnen und Burgenländer und mit Unterstützung dieser Bundesregierung wird es uns gelingen, die positive Entwicklung unseres Burgenlandes weiter voranzutreiben, um vom Ziel-1-Gebiet zur Nummer eins in Österreich zu werden. – Herzlichen Dank. (Bravo-Rufe bei der ÖVP. – Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

23.24

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile es ihm. (Bundesrat Gasteiger: Aber nicht wieder so wie zuerst!)

23.24

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Ich spreche in aller Kürze zu den vorliegenden Gesetzesmaterien und im Speziellen zum Versicherungsaufsichtsgesetz sowie zum Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz, zum Kraftfahrgesetz und zum Bundesgesetz über den erweiterten Schutz der Verkehrsopfer.

Meine Damen und Herren! Wir alle kennen das leidige Problem: In der Vergangenheit war es sehr oft der Fall, dass man durchaus mit den nationalstaatlichen Gesetzen das Auslangen fand und es in der Vollziehung kaum Probleme gab. Wenn es nun aber zu Verkehrsunfällen außerhalb Österreichs, aber innerhalb der Europäischen Union und darüber hinaus in anderen Staaten kam, dann haben die Betroffenen meist sehr negative Überraschungen erlebt. So war etwa das Einbringen von Schadenersatzforderungen sehr oft ein Hürdenlauf, und wenn man die gerechtfertigten Forderungen platzieren konnte und in der Folge auch zu seinem Recht kam, dann gab es zuletzt sehr oft eine große Differenz zwischen der angefallenen Schadenswiedergutmachung im Wohnsitzstaat und der Leistung einer allfälligen Versicherung im Nichtwohnsitzstaat.

Meine Damen und Herren! Diese Diskrepanz entstand deshalb, weil die Schadensbewertung auf der jeweils nationalstaatlichen Rechtsgrundlage erfolgte und die jeweiligen Haftpflichtversicherer die Reparaturen oder die Entschädigungen nicht nach den Tarifen und Rechtslagen des Landes des Geschädigten durchführten. Allein die unterschiedlichen Kostensätze für Material und Arbeitsleistung geben genug Anlass, diese Novellen vorzunehmen.

Ebenso wissen wir, dass innerhalb der Europäischen Union und außerhalb der Mitgliedstaaten unterschiedliche Deckungssummen bestehen und die Mindestdeckungssummen zur Abdeckung der Schäden sehr oft nicht ausreichen. Daher ist es begrüßenswert, dass zumindest auf europäischer Ebene die gleichen Standards geschaffen werden, und vor allem scheint es für mich sehr positiv und erfreulich zu sein, dass innerhalb der Union mit der Person des Schadensregulierungsbeauftragten eine entsprechende nationalstaatliche Einrichtung geschaffen wird. Somit werden die Verkehrsopfer und die Geschädigten im Straßenverkehr in Europa und – wie ich hoffe – auch darüber hinaus sicherlich leichter zu ihrem Recht kommen. Es ist dies eine gute Gesetzesnovelle, der wir gerne zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

23.27

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Staatssekretär. Ich erteile es ihm.

23.27

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Im Zusammenhang mit der Gewährung eines Bundeszuschusses an das Land Burgenland war selbstverständlich auch von der EU-Erweiterung und den Chancen und auch Ängsten, die damit verbunden sind, die Rede.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch eine gute Nachricht überbringen: Wir hatten am 23. November 2001, also vor rund einem Monat, eine Sitzung beim EU-Haushaltsrat, bei welcher es um das nächstjährige EU-Budget gegangen ist. Bei dieser eine Nacht lang dauernden Sitzung ist es uns gelungen, für die Grenzregionen vor allem Finnlands, Deutschlands und Österreichs für das Jahr 2002 ein eigenes finanzielles Arrangement zu erreichen, dass nämlich 50 Millionen Euro für diese Grenzregionen als eigene zusätzliche Mittel im EU-Budget ausgewiesen werden. Diese 50 Millionen Euro werden im Jahr 2003 durch weitere 15 Millionen Schilling ergänzt. Es wird jetzt an den betreffenden Bundesländern liegen, für die Grenzregionen Programme für die Kofinanzierung zu entwickeln, damit wir diese Mittel auch wirklich ausnützen können.

Von diesen 50 Millionen sind speziell 14 Millionen für die Klein- und Mittelunternehmungen reserviert. Gerade diese sind am ärgsten von der Erweiterung betroffen. Sie wissen, dass sich insbesondere kleine Bauunternehmer, Spengler, Kfz-Unternehmungen et cetera dieser neuen Situation stellen müssen. Wir wissen, dass das Lohnniveau und das Preisniveau in den Beitrittsstaaten noch ganz anders sind, und es daher Übergangsfristen gibt. Langfristig gesehen werden die Chancen in Österreich aber sicherlich größer sein und werden wir mehr gewinnen als verlieren. Das ist ein gute Sache.

Ich möchte dem Land Burgenland nochmals zu dem Jubiläum gratulieren! Wir vom Bund sind überzeugt, dass diese Unterstützung dort äußerst gut angelegt ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

23.29

Präsident Alfred Schöls: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Land Burgenland aus Anlass der 80-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend das Abgabenänderungsgesetz 2001.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Sonderregelungen zur Mittelstandsfinanzierung auf dem Gebiet der Gebühren sowie Verkehrsteuern geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz und das Bundesgesetz über die Gründung einer Bundespensionskasse AG geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994, das Kraftfahrgesetz 1967 und das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz der Verkehropfer geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

24. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz – MinroG, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Erdöl-Bergpolizeiverordnung, die Verordnung zur Verhütung einer Vergeudung der Energie von Erdöl- und Erdgaslagerstätten und die Bergpolizeiverordnung für die Seilfahrt geändert sowie die Verordnung über Standorte und Amtsbezirke der Berghauptmannschaften, das IX. Hauptstück des Allgemeinen Berggesetzes und die Bergpolizeiverordnung über das Grubenrettungswesen aufgehoben werden (Mineralrohstoffgesetznovelle 2001) (833 und 844/NR sowie 6519/BR der Beilagen)

25. Punkt

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit gemäß § 222 des Mineralrohstoffgesetzes – MinroG, BGBl. I Nr. 38/1999, an den Nationalrat (III-212-BR/00 sowie 6520/BR der Beilagen)

Präsident Alfred Schöls: Wir gelangen nun zu den Punkten 24 und 25 der Tagesordnung, über welche die Debatte gleichfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies: eine Mineralrohstoffgesetznovelle 2001 und

ein Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit gemäß § 222 des Mineralrohstoffgesetzes – MinroG 1999 – an den Nationalrat.

Die Berichterstattung über die Punkte 24 und 25 hat Herr Bundesrat Ing. Klamt übernommen. Ich bitte darum.

Berichterstatter Ing. Gerd Klamt: Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Die Berichte zu den Tagesordnungspunkten 24 und 25 liegen in schriftlicher Form vor, sodass ich mich auf die Antragstellung beschränke.

Tagesordnungspunkt 24: Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Tagesordnungspunkt 25: Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Präsident Alfred Schöls: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher. Ich erteile es ihm.

23.34

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Es gibt ohne Zweifel auch in der heimischen legislativen Arbeit so etwas wie Dauerbrenner. Das Bergrecht, früher im Berggesetz geregelt und nunmehr im Mineralrohstoffgesetz normiert, gehört sicherlich zu diesen Dauerbrennern, womit auch die Schotterlobby zu einer Lebensstellung kommt, die ihr vergönnt sei.

Seit ich im Parlament als wirtschaftspolitischer Sekretär tätig war, stand in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen das Berggesetz ständig zur Novellierung an. Stets waren dabei die grundeigenen Rohstoffe, also Sand, Kies oder eben Schotter, einer der Hauptangriffspunkte. Immer wieder war die Begründung dieselbe. Es hat immer geheißen: komplizierte Regelungen, Widersprüchlichkeit, zu hoher Verwaltungsaufwand, wobei ich zugebe, dass auch der Abbau dieser Rohstoffe unter verschiedenen Gesichtspunkten gesehen werden kann, die für sich genommen durchaus legitim sind.

Im Endeffekt kommt es aber auf eine Güterabwägung an, und für die sozialdemokratische Fraktion stand und steht der optimale Schutz der Bevölkerung und der Umwelt im Vordergrund, die berühmten Nachbarrechte eben, und diese Schutzgüter sehen wir durch die vorliegende Novelle beeinträchtigt.

Im vorliegenden Gesetzentwurf wird zwar an der Abbauverbotszone von 100 Metern festgehalten, zugleich kommt es aber zu einer Flexibilisierung der Handhabung der 300-Meter-Schutzzone eben im Bereich der Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe. Durch zahlreiche Ausnahmeregelungen soll es in Zukunft möglich sein, die bisherige Mindestgrenze von 300 Metern auf 100 Meter zu verringern. Zwar gab es schon bisher Ausnahmemöglichkeiten, doch diese waren zum Ersten klarer definiert, etwa was den Begriff "besondere örtliche Gegebenheiten" angeht, und zum Zweiten waren sie sehr eingeschränkt. Nunmehr reicht zur Verringerung der 300-Meter-Zone etwa das Vorhandensein so genannter baulicher Einrichtungen, wobei von Bergbauexperten davon gesprochen wird, dass darunter zum Beispiel auch bloße Erdwälle zu subsumieren sind. Das heißt also, man schüttet vor den Fenstern eines Wohnhauses einen Erdwall auf und baut dahinter munter Schotter ab. Auch die Zustimmung der angrenzenden Gemeinden ist im Übrigen nicht mehr erforderlich.

Die Bestimmung, dass es bei einer Verringerung des Abstandes unter die 300-Meter-Grenze zu keinem Anstieg der Immissionen von Staub und Lärm kommen darf, ist in Wahrheit nicht mehr als ein beschönigendes Placebo, denn vor allfälligen Gegenmaßnahmen muss der betroffene Anrainer mittels eines Gutachtens beweisen, dass es im Vergleich zu vorher zu einer Steigerung der Immissionen gekommen ist. Nicht viele Anrainer werden sich einer derartigen zeit- und geldaufwendigen Prozedur annehmen können.

Ich kann mich noch gut erinnern, als Klubobmann Khol anlässlich der Beschlussfassung des Mineralrohstoffgesetzes 1998 eben diese 300-Meter-Schutzzone in der damaligen Fassung als große Errungenschaft pries. Im "Morgenjournal" des 1. Dezember 1998 zum Beispiel meinte er dazu: Umweltschutz, Raumordnung, Naturschutz, Flächenwidmung, Parteistellung der Gemeinden und der Eigentümer haben Vorrang vor den bergbaulichen Interessen. Das heißt, wir drehen genau um: Früher hat der Bergbau Vorrang über alles gehabt. – Zitatende. Diese Erkenntnis ist Klubobmann Khol wohl irgendwo in der Wüste Gobi abhanden gekommen.

Wer aber in der nunmehrigen Regierung wirklich das Sagen hat, ersieht man aus einem anderen Zitat, das wenige Wochen vor jenem Khols getätigt wurde: Eine gesetzliche Verankerung von festen Abbaugrenzen beziehungsweise Schutzzonen ist jedenfalls der falsche Weg, so heißt es in einer Aussendung vom 14. Dezember 1998, getätigt von Abgeordnetem Prinzhorn.

Aber es sind noch weitere Eingriffe vorgesehen. So ermöglicht nunmehr die Verleihung einer so genannten Überschar erleichterte Abbaurechte. Die bisher jedenfalls notwendige Zustimmung der Grundeigentümer entfällt ebenso wie die Parteistellung angrenzender Gemeinden. Auch die sinnvolle Einrichtung des Gewinnungsbetriebsplanes wird so nebenbei verwässert. Bisher war dieser Plan jährlich zu erstellen, nun wird dieser Zeitraum auf fünf Jahre erhöht.

Bisher den Ansuchen beizulegende Gutachten bezüglich der Gewährleistung von Immissionsgrenzwerten werden nunmehr durch bloße, nicht hinreichend definierte "technische Unterlagen", wie es heißt, ersetzt. Der Grund dafür sei gewesen, dass die Gutachten dem Ansuchenden einen Kostenaufwand verursacht hätten. Da ist man versucht, zu sagen: no na! Kostenvermeidung für Unternehmer ist demnach wichtiger als Umweltschutz.

All das geschieht ohne wirkliche Notwendigkeit, denn weder gab es in den letzten Jahren ein Massensterben von heimischen Bergbaubetrieben noch gab es massenhafte Kündigungswellen.

Ich stehe nicht an, zu betonen, dass die Novelle auch positive Aspekte zeigt, etwa wenn es um die Ausweitung der Besichtigung des Bergbaugeländes durch die Behörden oder die Sicherstellung von Maßnahmen zum Schutz der Oberfläche nach Beendigung des Abbaus geht. Das ist sicherlich zu befürworten, aber die tatsächliche Intention des Gesetzes ist eine gänzlich andere. (Beifall bei der SPÖ.)

23.39

Präsident Alfred Schöls: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. Ich erteile es ihr. (Bundesrat Mag. Hoscher: Jetzt sind wir neugierig!)

23.39

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Diese Mineralrohstoffgesetznovelle ist ein lebendes Beispiel dafür, wie wichtig meine langjährigen Forderungen sind, nämlich dass erstens bei Gesetzen beziehungsweise Regierungsvorlagen eine Kostenberechnung nicht nur für den Bund, sondern auch für die Länder, Städte und Gemeinden sowie für die Wirtschaft und Bevölkerung durchzuführen ist, zweitens Gesetze zu überprüfen sind, ob sie in der Praxis durchführbar sind, drittens Gesetze so zu formulieren sind, dass sie verständlich zu lesen sind, und viertens zu überprüfen ist, ob sie tatsächlich notwendig sind.

Ich belege dies wie folgt:

Zu Punkt eins meiner Forderung: Bei der Angabe der Kosten sind die finanziellen Auswirkungen nicht vollständig angeführt. Es fehlt nämlich die Angabe der Kosten für die Vollziehung des § 185 Bergbauinformationssystem. Im § 185 Abs. 9 haben die Bezirksverwaltungsbehörden und die Landeshauptmänner dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die für das Bergbauinformationssystem erforderlichen Daten aus ihrem Vollzugsbereich automationsunterstützt bekannt zu geben.

Ich möchte daher heute nochmals ausdrücklich auf die Stellungnahme des Landes Vorarlberg vom 2. 11. 2001 verweisen und hier deponieren, dass das Land Vorarlberg davon ausgeht, dass diese Kosten der vorher erwähnten Datenbekanntgabe durch die Bezirksverwaltungsbehörden und die Landeshauptmänner vom Bund getragen werden, denn im Sinne des Artikels 1 Abs. 3 der Vereinbarung über den Konsultationsmechanismus muss eine Kostendarstellung erfolgen und nach Artikel 4 Abs. 2 erster Satz den Ländern auch die Möglichkeit der Stellungnahme dazu gegeben werden. Dies ist bei dieser Gesetzesnovelle nicht der Fall gewesen, und daher geht das Land Vorarlberg auch davon aus – wie bereits erwähnt –, dass die Kosten für diese automationsunterstützte Datenerfassung und -übermittlung vom Bund zu ersetzen sind.

Zu Punkt zwei meiner Forderung: Laut § 222 des Mineralrohstoffgesetzes, das mit 1. 1. 1999, also vor knapp zwei Jahren, in Kraft getreten ist, muss der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit dem Nationalrat erstmals einen Bericht über den bundesweiten Vollzug dieses Gesetzes vorlegen. Durch diesen Bericht und auch durch Vorschläge der Wirtschaftskammer Österreich und der Bundesländer hat sich nun herausgestellt – ich zitiere wörtlich aus dem Ausschussbericht –, "dass die Bestimmungen über das Gewinnen grundeigener mineralischer Rohstoffe kompliziert, lückenhaft und widersprüchlich sind und einen hohen Verwaltungsaufwand nach sich ziehen". – Zitatende.

Auf Grund dieser und anderer Erkenntnisse aus der Praxis wurde nun diese Novelle des Mineralrohstoffgesetzes in Angriff genommen. Das heißt, wenn die praktische Durchführbarkeit schon bei der Regierungsvorlage im Jahr 1998 beziehungsweise 1999 überprüft worden wäre, müssten wir nicht heute schon wieder novellieren, was auch viel Arbeit und Kosten im Ministerium, bei den Ländern, bei der Wirtschaft und bei der Bevölkerung mit sich bringt, die meiner Meinung nach zu vermeiden gewesen wären.

Es ist ein Fortschritt und erfreulich, dass erkannte Fehler vom Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft und seinem Ministerium korrigiert werden, aber leider zu wenig. Es wurde nämlich auch die Chance vertan, noch mehr Verwaltungsvereinfachung und Kostenersparnis in diese Novellierung aufzunehmen, wie zum Beispiel auch die Forderung des Landes Vorarlberg und der Wirtschaft, obertägige Lockergesteinsabbauten aus dem Bergrechtsregime herauszunehmen und wieder der Gewerbeordnung zu unterstellen. Frau Staatssekretärin! Ich ersuche Sie daher, dies bei der nächsten Novellierung zu berücksichtigen.

Abschließend: Auf Grund des vorher Gesagten möchte ich nochmals die Wichtigkeit meiner anfangs gestellten Forderungen unterstreichen und alle Minister und Ministerien auffordern, diese auch in die Tat umzusetzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

23.44

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger. Ich erteile es ihm.

23.44

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Es geht hier um den Schotterabbau in Österreich, es geht hier um den Abbau von Tonen, um bergmännische Gewinnung von Rohstoffen von der Oberfläche her.

Die Forderung der Bürgermeister und des Städtebundes ist, eine 300-Meter-Schutzzone einzuhalten, demgegenüber stehen andere Vorstellungen, die in diesem Gesetz jetzt verankert werden sollen. Die Zone kann unterschritten werden, aber lediglich mit Zustimmung der Bürgermeister.

Das Gesetz, das novelliert werden soll, ist zwei Jahre alt. Es trägt auch den Namen "Lex Lassing", das heißt, dieses Gesetz ist damals wohl unter dem Eindruck dieser furchtbaren Katastrophe beschlossen worden. Es ist kompliziert, lückenhaft, widersprüchlich in vielen Dingen und zieht einen sehr hohen Verwaltungsaufwand nach sich. Fachleute sind sich einig, dass die diesbezüglichen Forderungen sehr stark überzogen sind.

Ich möchte das nur anhand eines Beispieles demonstrieren: Wenn in einer Grube zwei verschiedene Tonarten vorhanden sind, dann braucht man zwei verschiedene Verfahren von zwei verschiedenen Behörden, die dann diese Verfahren behandeln. Das ist ein Beispiel, dass dieses Gesetz, das zu novellieren ist, weit überzogen ist.

Wir Freiheitlichen sind sicher nicht die einzigen, die eine Novellierung verlangen. Es ist bekannt, dass vor fast genau einem Jahr Herr Sallmutter eine Novellierung verlangt hat, und auch Herr Heilingbrunner hat sich für eine Novellierung ausgesprochen. Ich korrigiere mich: Sallmutter hat es 1999 verlangt, Herr Heilingbrunner war es voriges Jahr.

Bei dem, was immer wieder zur Einhaltung der 300-Meter-Grenze angeführt wird, wird, so glaube ich, oft Emission mit Immission verwechselt. Die Emissionen 300 Meter weit weg sind nicht unbedingt ein Maß für die Immissionen, das heißt für die Beeinträchtigung eines Anrainers, der 300 Meter weit entfernt ist. Die Distanz von der Quelle der Emissionen kann doch nicht allein ausschlaggebend für die Beeinträchtigung des Nachbarn sein. Hier sind auch andere umweltrelevante Kriterien heranzuziehen, die dann aus dem Bild ein anderes machen.

Daher glaube ich, dass diesem Gesetz zuzustimmen ist, da es keinen Freibrief für die Grubenbesitzer ausstellt, zu tun und zu walten, wie sie wollen. Wenn diese 300-Meter-Zone beim Abbau unterschritten werden soll, ist immer noch die Zustimmung des Bürgermeisters vonnöten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.47

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Jürgen Weiss. Ich erteile es ihm.

23.47

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Nach Artikel 1 des heute am Beginn der Sitzung beschlossenen Deregulierungsgesetzes ist anlässlich einer geplanten Änderung eines Bundesgesetzes insbesondere zu prüfen, ob das zu ändernde Gesetz noch zeitgemäß ist oder ob die angestrebten Wirkungen nicht auch auf andere Weise erreicht werden könnten. Ebenso – und das ist der springende Punkt – ist zu prüfen, ob der Vollzug der in Aussicht genommenen Regelung keinen übermäßigen Aufwand in der Verwaltung nach sich zieht.

Bei einem Blick in die im Rahmen des Begutachtungsverfahrens abgegebenen Stellungnahmen der Länder kann man nicht zur Auffassung gelangen, dass der Intention dieses Gesetzesauftrages – der Buchstabe gilt noch nicht – Rechnung getragen worden wäre. Das bestätigt die Skepsis, was von solchen Wünschen an sich selbst zu halten ist.

Der gleichzeitig zur Beratung stehende Bericht über die Erfahrungen beim Vollzug des Mineralrohstoffgesetzes durch die Bezirksverwaltungsbehörden hat deutlich gemacht – Frau Kollegin Giesinger hat das schon erwähnt –, dass dieses Gesetz einen hohen Verwaltungsaufwand nach sich zieht. Diese Feststellung im Bericht ist nicht gerade Eigenlob für jene, die den seinerzeitigen Gesetzentwurf ausgearbeitet hatten, und bestätigt die damals vor allem auch von den Ländern vorgebrachte Kritik am Mineralrohstoffgesetz.

Dass der auf untertägige Bergbauanlagen und großflächigen Tagbau, dem eigentlichen klassischen Bergbau, zugeschnittene Teil des früheren Berggesetzes fachspezifisch sehr kompliziert ist, mag noch hingehen, richtet er sich doch an einen ganz kleinen Kreis von Fachleuten, die damit umzugehen wissen und die überdies den Gesetzestext durch ihre Interessenvertretungen erfahrungsgemäß auch ganz maßgeblich mitbestimmen.

Durch die 1990 vorgenommene Ausdehnung des Geltungsbereiches auf Massenrohstoffe werden folgende zwei über diesen klassischen Bereich des Bergbaus weit hinausreichende Probleme immer stärker virulent: Zunächst sind von bergrechtlichen Bestimmungen nun nicht mehr nur große Bergbaubetriebe, sondern auch viele Klein- und Mittelbetriebe betroffen, die dies für ihre kleine Kiesgrube nur schwer anwenden und sich auch nicht die erforderlichen Fachleute leisten können. Im Endeffekt fördert das einen Konzentrationsprozess, der die kleinen Abbauunternehmen schwächt und die großen begünstigt. Diese schleichende Beseitigung von Wettbewerb wird letztlich nicht nur die Bürger und die Bauwirtschaft, sondern auch die Gebietskörperschaften als große Auftraggeber teuer zu stehen kommen.

In weiterer Hinsicht ist problematisch, dass nach Auffassung der Länder für den ganz überwiegenden Teil der in den Anwendungsbereich des Mineralrohstoffgesetzes fallenden Anlagen vom gewerberechtlichen Betriebsanlageverfahren abweichende Regelungen sachlich nicht gerechtfertigt sind. Die meisten Gewinnungsanlagen werden von Unternehmen betrieben, die in ihrer übrigen Tätigkeit der Gewerbeordnung unterliegen, lediglich die Gewinnungsanlage – in der Regel in diesen Fällen eine Kiesgrube – unterliegt den Bestimmungen des Mineralrohstoffgesetzes. Das verursacht nicht nur bei den betroffenen Unternehmungen einen erheblichen Mehraufwand, sondern auch bei den mit der Vollziehung betrauten Behörden. Im Sinne einer Verfahrensvereinfachung und auch im Sinne des angestrebten One-Stop-Shop-Prinzips sollten Genehmigungsverfahren möglichst nach einem einheitlichen Verfahrensschema abgewickelt werden können. Jede Spezialregelung führt zu einem überproportional hohen Verwaltungsaufwand, an dessen Abbau auch die Montanbehörde interessiert sein sollte.

Die Katastrophe von Lassing hat ans Licht gebracht, dass bei den seinerzeitigen Bergbehörden des Bundes vieles im Argen lag. Das führte zu einer Neufassung des Bergrechtes in einem Mineralrohstoffgesetz, das bereits nach kurzer Zeit in dem vorliegenden Bericht vom Ministerium selbst als dringend sanierungsbedürftig dargestellt wird. In diesem Zusammenhang ist besonders die im Bericht getroffene Feststellung bemerkenswert, wonach das größte Problem die großen räumlichen Entfernungen der Montanbehörde im Bundesministerium von den Betrieben in den Bundesländern und das Nichtvertrautsein der Montanbehörde mit den örtlichen Gegebenheiten bilden. – So ein wörtliches Zitat aus dem Bericht. Dies führe, so der Bericht weiter, zu enormen Verfahrensverzögerungen und der Notwendigkeit umfangreicher Aktenversendungen.

Es ist leider nicht zu erkennen, dass der vorliegende Gesetzesbeschluss dieser Selbsterkenntnis in irgendeiner Weise Rechnung tragen würde, vielmehr haben die Länder im Rahmen des Begutachtungsverfahrens die Befürchtung geäußert, dass die Einfügung des Wortes "ausschließlich" in Artikel 171 Abs. 1 in der Praxis sogar zu einer Ausdehnung der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Ministeriums führen könnte.

Es soll nicht in Abrede gestellt werden, dass der Gesetzesbeschluss in einigen Punkten Vereinfachungen und Verbesserungen bringen wird. Im Übrigen aber passt das Mineralrohstoffgesetz auch nach der in Aussicht genommenen Novellierung überhaupt nicht zu den aktuellen Bemühungen um Verwaltungsreform und zu einer notwendigen Berücksichtigung der Vollziehungserfahrung jener, die das Gesetz in den Bezirkshauptmannschaften anwenden müssen. Mit Verwunderung habe ich in Länderstellungnahmen zum Gesetzentwurf vom Bedauern darüber gelesen – konkret beispielsweise von der Burgenländischen Landesregierung –, dass die Anregungen zu einem praxisbezogenen Erfahrungsaustausch vor Erarbeitung der Gesetzesänderung ausgeschlagen worden seien. – So die Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren.

Bemerkenswert ist auch die abschließende Feststellung im Bericht des Wirtschaftsministeriums, wonach der Änderungsbedarf dadurch unterstrichen sei, dass seitens mehrerer Länder Vorschläge für Verbesserungen herangetragen worden seien. Der Kernpunkt dieser Forderungen, nämlich die obertägigen Lockergesteinsabbauten aus dem Bergrechtsregime herauszunehmen und wieder in das Gewerberecht einzuordnen, bleibt allerdings unberücksichtigt.

Durch die vorliegende Novelle wird ein grundlegend schlechtes Gesetz in Teilbereichen ein bisschen besser, in manchen nicht; da stimme ich den Vorrednern durchaus zu. Es ist aus Sicht meines Landes eines der ersten Kandidaten für den im nächsten Schritt der Verwaltungsreform vorgesehenen Abbau von Regulierungsballast und für die Vereinfachung von Verwaltungsverfahren. Die aus meiner Sicht gerade noch vertretbare Nichtbeeinspruchung von leichten Verbesserungen kann daher auch nicht als Einverständnis mit den nach wie vor bestehenden groben Mängeln des Mineralrohstoffgesetzes missverstanden werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

23.54

Präsident Alfred Schöls: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Staatssekretärin Rossmann. Ich erteile es ihr.

23.54

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Ich möchte gleich auf meinen Vorredner replizieren, dass diese Stellungnahme aus dem Burgenland politisch nicht anders gewollt wurde. Das kann man auch so werten. (Bundesrat Weiss: Das sehen Sie so!)

In Anbetracht der späten Stunde möchte ich nur zwei Punkte herausgreifen:

Erstens möchte ich darauf hinweisen, dass das Gesetz mit der Neudefinition der 300-Meter-Grenze, so wie es jetzt vorliegt, wirklich eine Neudefinition im Sinne der Bürger darstellt. Es wurde heute schon der Unterschied zwischen Emissionen und Immissionen erwähnt und auch auf eine gewisse Vergleichbarkeit zu vorher hingewiesen. Wenn man bedenkt, was Autoverkehr, was Schienenverkehr an Lärm verursachen können, so sind das durchaus größere Beeinträchtigungen. Es ist auch erwähnenswert, dass eine gewisse Arbeitsplatzsicherung stattfindet, was, so glaube ich, heute noch nicht so dezidiert angesprochen wurde. Gerade die Bauwirtschaft verdient es, dass alles unternommen wird – auch die kleinen Kiesgrubenbetreiber, wie Sie gesagt haben. Ich glaube, dieses Gesetz kommt dem entgegen. Auch kostengünstigeres Bauen ist nur dann möglich, wenn Entfernungen möglichst kurz sind. Auch das ist damit gewährleistet. So kommt auch der sprichwörtliche kleine Häuselbauer zu günstigeren Rohstoffprodukten oder Baumaterialien, wenn man so will.

Ich glaube, in Summe ist das ein Gesetz, das sich durchaus sehen lassen kann. Es wurde erwähnt, dass drei Jahre daran gearbeitet wurde. Wenn verschiedene Interessen aufeinander prallen, dann dauert es eben eine gewisse Zeit, aber ich glaube, es wurde ein guter Mittelweg gefunden, der vor allem im Sinne der Bürger ist, und das war eigentlich der Ansatz in diesem Gesetz. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.56

Präsident Alfred Schöls: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über den vorliegenden Beschluss des Nationalrates und den vorliegenden Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Erdöl-Bergpolizeiverordnung, die Verordnung zur Verhütung einer Vergeudung der Energie von Erdöl- und Erdgaslagerstätten und die Bergpolizeiverordnung für die Seilfahrt geändert sowie die Verordnung über Standorte und Amtsbezirke der Berghauptmannschaften, das IX. Hauptstück des Allgemeinen Berggesetzes und die Bergpolizeiverordnung über das Grubenrettungswesen aufgehoben werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit gemäß § 222 des Mineralrohstoffgesetzes an den Nationalrat.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die den vorliegenden Bericht zur Kenntnis nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag auf Kenntnisnahme des Berichtes ist somit angenommen .

26. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Schutzzertifikatsgesetz 1996, das Halbleiterschutzgesetz, das Markenschutzgesetz 1970 und das Musterschutzgesetz 1990 geändert werden (Euro-Umstellungsgesetz Patent-, Marken- und Musterrecht – EUG-PMM) (800 und 845/NR sowie 6521/BR der Beilagen)

27. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird (739 und 846/NR sowie 6522/BR der Beilagen)

28. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird (816 und 847/NR sowie 6523/BR der Beilagen)

29. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird (815 und 848/NR sowie 6524/BR der Beilagen)

Präsident Alfred Schöls: Wir gelangen nun zu den Punkten 26 bis 29 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Euro-Umstellungsgesetz Patent-, Marken- und Musterrecht, EUG-PMM,

ein Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 26 bis 29 hat Herr Bundesrat Ing. Gerd Klamt übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Ing. Gerd Klamt: Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Die Berichte zu den Tagesordnungspunkten 26, 27, 28 und 29 liegen in schriftlicher Form vor, sodass ich mich auf die Antragstellung beschränken kann. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Tagesordnungspunkt 26: Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Tagesordnungspunkt 27: Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels  44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Tagesordnungspunkt 28: Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Tagesordnungspunkt 29: Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichte.

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates getrennt erfolgt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Schutzzertifikatsgesetz 1996, das Halbleiterschutzgesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Musterschutzgesetz 1990 geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird.

Da der vorliegende Beschluss in dessen Artikel 1 eine Verfassungsbestimmung enthält, bedarf dieser gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird.

Da der vorliegende Beschluss in dessen Artikel 1 eine Verfassungsbestimmung enthält, bedarf dieser gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

Ich stelle zunächst wieder die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird.

Da der vorliegende Beschluss in dessen Artikel 1 eine Verfassungsbestimmung enthält, bedarf dieser gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich wieder die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

30. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftskammergesetz 1998 geändert wird (501/A und 849/NR sowie 6490 und 6525/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 30. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftskammergesetz 1998 geändert wird.

Die Berichterstattung hat wieder Herr Bundesrat Ing. Klamt übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ing. Gerd Klamt: Der Bericht zu Tagesordnungspunkt 30 liegt in schriftlicher Form vor, sodass ich mich auf die Antragstellung beschränken kann.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Ager. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.

0.07

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzte Frau Vizepräsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen dieser Spätschicht! Es ist Mitternacht geworden, und da heute schon morgen ist, erlaube ich mir, vielleicht ein paar Sachen zur Auflockerung beizutragen. Da ich heute fast den ganzen Tag hier anwesend war, habe ich mir die Highlights aufgeschrieben, für die fast ausschließlich Sie, lieber Herr Kollege Konečny, verantwortlich sind.

So haben wir heute sehr eindringlich erfahren, dass der nächste Bundeskanzler Gusenbauer heißt. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Das ist es, was sich Konečny vom Christkind wόnscht!) Dazu werde ich nicht viel sagen. Der Applaus war relativ spärlich. Wenn ich mir vielleicht nur erlauben darf, Folgendes dazu zu sagen: Für den Zirkus, den wir da gehabt haben, ist eine Periode mit Sicherheit zu wenig. Das heißt, eine Periode werden Sie sicher noch warten müssen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Sie machen bei dem Zirkus mit, damit es länger dauert!) – Das glaube ich auch. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Dann haben wir vom selben Herrn Kollegen einen Anschauungsunterricht über das Schifahren bekommen. Es ist für mich als Tiroler besonders wertvoll gewesen, zu erfahren, wie man im Schnee eine "Brezn" reißt.

Dann hat es ein wenig Küchenkunde gegeben. Gurken schmecken nicht nach Birnen, sondern nach Gurken. Das war für mich als Koch auch interessant.

Zum Schluss eine kleine Ermunterung, für die Sie nicht mehr zuständig waren, Herr Kollege, sondern die Frau Vizekanzlerin, die sehr treffend gesagt und mich als Unternehmer damit erfreut hat: Besitz ist nicht Raub. – Das ist mir auch so haften geblieben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In dem Sinne beginne ich jetzt mit meinem Thema betreffend den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftskammergesetz von 1998 geändert wird; und das ist mit Garantie für die Zukunft der Interessengemeinschaft der Wirtschaft sehr wichtig.

Die Wirtschaftskammerorganisation ist nicht nur der Motor und der Eckpfeiler im Rahmen der Sozialpartnerschaft, sondern auch Servicestelle und Anlaufstelle für alle Belange unserer Wirtschaft.

Nun zu ganz wenigen Punkten, die in Erinnerung rufen, dass dies eine starke Organisation ist: Die über 80 Außenhandelsstellen der Außenwirtschaftsorganisationen leisten maßgeblichen Anteil am Erfolg im Export. Die Wifos haben für die Aus- und Weiterbildung unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch für die Unternehmer eine große Bedeutung. Die Kammern sind außerdem immer auch Mittler und Vermittler zwischen den Institutionen.

Ich darf nur an Folgendes erinnern: Die Kammerumlage wurde drastisch gesenkt, die Eintragungsgebühr wurde überhaupt abgeschafft, und die Ausgaben wurden reduziert, und zwar insgesamt um 30 Prozent, also um fast ein Drittel. In Schilling ausgedrückt sind das über 2,1 Milliarden. Ich glaube, das ist schon als Erfolg hinzustellen und auch für andere Kammern in Österreich nachahmenswert.

Dann darf ich noch vermelden, dass alle Mitglieder in diese Reform eingebunden wurden. Über 30 000 davon haben sich hier mit konstruktiven Vorschlägen eingeklinkt und so zur Kammerreform einen wesentlichen Beitrag geleistet. Hand in Hand mit einer straffen Organisation, die bei Karlheinz Kopf und seinem Team in guten Händen ist, darf ich an vorderster Stelle unseren Präsidenten Christoph Leitl erwähnen. Sie alle haben – in Zusammenarbeit mit Minister Bartenstein, bei dem ich mich auch sehr herzlich bedanken darf – zu diesem Erfolg beigetragen. (Bundesrat Grissemann: Haigermoser!)  – Alle haben sie in der Kammer dazu beigetragen, aber ich kann jetzt gerne alle Kammermitglieder namentlich nennen (Bundesrätin Mag. Trunk: Nein!), aber dann bin ich um 4 Uhr noch nicht fertig, Herr Kollege!

Lassen Sie mich noch einen Satz zum Schluss sagen: Die Organisation ist gut, die Zukunft ist aufbereitet, und der Garant für die Zukunft der Wirtschaftskammer, für die Wirtschaft sind die vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter, die kostenlos für ihre Branche und für ihre Mitglieder arbeiten. Das ist der Erfolg! Meine Fraktion wird diesem Gesetz gerne zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

0.13

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster ist Herr Bundesrat Kraml zum Wort gemeldet. – Bitte.

0.13

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Ager! Wenn Sie sich von 15 Stunden Sitzung nicht mehr gemerkt haben als das, was Sie uns hier jetzt kundgetan haben, dann ist das herzlich wenig. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Medien waren voll mit Lobeshymnen auf das neue Wirtschaftskammergesetz, und auch die Wortmeldungen im Nationalrat waren bis auf kleine Anmerkungen äußerst positiv. Meine Damen und Herren! Das Gesetz ist mit Sicherheit ein großer Fortschritt, weil die etwas verknöcherten Strukturen der Wirtschaftskammer, die in Jahrzehnten gewachsen sind, jetzt endlich aufgebrochen werden.

Die Wirtschaftskammer wird auch ein klein wenig demokratischer, und das ist auch schon ein Fortschritt. Mit "ein wenig demokratischer" meine ich, dass die Minderheitsrechte ausgebaut werden, und das wird sich auch auf das Wahlsystem positiv auswirken. Im Wahlrecht selbst sind Änderungen zur Beschleunigung und Vereinfachung vorgesehen. Im alten System war es so, dass erst Wochen nach der Wahl die Gremien festgestanden sind, und dass jetzt das d’Hondtsche Berechnungssystem Einzug hält, ist ebenfalls ein Fortschritt.

Ich glaube auch, dass es mit dem Gesetz gelungen ist, den Status der Kammern insgesamt anzuerkennen und dass jetzt den meisten klar ist, dass Interessenvertretungen wichtig sind, und zwar so wichtig, dass die Pflichtmitgliedschaft gerechtfertigt ist. Das gilt meiner Meinung nach für alle Kammern.

Die Wirtschaftskammer wird beweglicher, und auch das ist positiv zu bewerten. Ich selbst bin Mitglied der Wirtschaftskammer, und ich kann mich noch gut an meine eigenen Betriebsgründungsgespräche erinnern. Damals habe ich einmal den Begriff "Verhinderungskammer" für die Wirtschaftskammer verwendet. Ich bin zwar furchtbar gescholten worden, aber mir ist damals immer wieder gesagt worden, was ich alles nicht darf, und das hat mich eigentlich nicht interessiert, ich wollte vielmehr wissen, was ich tun darf.

Meine Damen und Herren! Es hat Hürdenläufe bei den Berechtigungen gegeben, und das war sicher keine gute Sache. All das soll jetzt besser werden, und ich hoffe, dass das auch so eintritt.

Ein weiterer Bereich sind die Beiträge der Kammermitglieder. Die Kammerumlagen wurden um insgesamt 30 Prozent oder in Summe um 2,1 Milliarden Schilling gesenkt. Ebenso gibt es eine Verminderung der Hebesätze bei den Kammerumlagen I und II. Ebenfalls reduziert werden die Höchstsätze bei der Grundumlage nach Umsatz und Lohnsumme.

Die Mindereinnahmen der Wirtschaftskammer führen zu einem straffen Sparprogramm, was natürlich auch Auswirkungen auf die Leistungen hat. Was früher für die Mitglieder gratis war, kostet jetzt etwas. Die Grundleistungen, meine Damen und Herren, sollten aber auch weiterhin gratis sein. Das ist ganz besonders für die kleinen Betriebe sehr wichtig. Darüber hinausgehende Leistungen werden kostenpflichtig oder sind es bereits jetzt. Es war auch bisher schon nicht einzusehen, dass sich Firmen für ihre Exporttätigkeiten von den Handelsdelegierten umfangreiche Studien anfertigen ließen und dafür nichts zahlen mussten.

Meine Damen und Herren! Positiv anzumerken ist auch noch die neue Geschäftsordnung, die zwar mit dem Wirtschaftskammergesetz nicht unmittelbar zusammenhängt, die aber Bestandteil der täglichen Arbeitsbedingungen ist. Auch da hat es Verständnis für die Wünsche der Minderheit gegeben.

Alles in allem gesehen ist es ein gutes Gesetz, und meine Fraktion wird daher auch zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

0.17

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster ist Herr Bundesrat Grissemann zu Wort gemeldet. – Bitte.

0.17

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die ganz große Euphorie kommt bei mir nicht auf. Ich bin nicht in solch einer euphorischen Stimmung wie vielleicht Herr Kollege Ager.

Ich kenne die Wirtschaftskammer jetzt 20 Jahre, zunächst als kleiner Funktionär bis jetzt hinauf als Bundeskammerfunktionär, und wenn so ein – wie soll ich mich ausdrücken – starrer, statischer Koloss, wie es unsere Wirtschaftskammer nun einmal ist, endlich in Bewegung kommt, dann ist das schon einmal grundsätzlich positiv, das ist keine Frage. Schaut man sich die Novelle genauer an, kommt fast bewunderndes Staunen auf, was möglich ist, wenn man den guten Willen hat, alles zu hinterfragen und neben echten Einsparungen auch der demokratischen Willensbildung in der Kammer zum Durchbruch zu verhelfen.

Ich habe in meinem Manuskript "die Zwangsmitglieder" geschrieben gehabt. Ich habe es durchgestrichen und schreibe und sage jetzt auch "die Pflichtmitglieder". Diese interessiert in erster Linie natürlich die Reduzierung der Mitgliedsbeiträge. Da tritt eine Senkung um fast 30 Prozent ein, das sind insgesamt über 2 Milliarden Schilling – die Vorredner haben es schon gesagt –, die sich die Betriebe ersparen. Das ist erfreulich.

Natürlich muss auch auf der Ausgabenseite kräftig gespart werden, da wird die Umsetzung noch schwierig werden, so fürchte ich, Herr Kollege Kraml, aber wir werden uns die Sache gut anschauen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch der Vorschlag, ausscheidenden Kammermitarbeitern, die sich beruflich verändern wollen, den Abgang mit einem Zuschuss zu erleichtern. Es ist die Rede von bis zu 30 Prozent Zuschuss zu ihrem künftigen Gehalt. Das ist ein ganz interessanter Vorschlag.

Alles in allem ist es eine erfreuliche Novellierung. Weitere Einsparungen, etwa im Bereich der Außenhandelsstellen, können durchaus noch erfolgen.

Kollege Haigermoser, einer der Väter dieser Novellierung – ich muss es deshalb sagen, weil ich, 20 Jahre auf der anderen Seite stehend, diesen gemeinsamen Kampf kenne, der erforderlich war, bis wir es so weit gebracht haben –, hat es das Bohren harter Bretter genannt. Es hat sich jedenfalls gelohnt, und wir Freiheitliche stimmen mit Freude zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.20

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

31. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über steuerliche Sondermaßnahmen zur Förderung des Wohnbaues geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2002 – WRN 2002) (529/A und 890/NR sowie 6526/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 31. Punkt der Tagesordnung: Wohnrechtsnovelle 2002.

Die Berichterstattung hat wieder Herr Bundesrat Ing. Klamt übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ing. Gerd Klamt: Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hoher Bundesrat! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 21. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über steuerliche Sondermaßnahmen zur Förderung des Wohnbaues geändert werden.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, sodass ich auf einen inhaltlichen Vortrag verzichten darf und mich auf die Antragstellung beschränke.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit dem Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Hoscher. – Bitte.

0.22

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Wenngleich die vorliegende Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes von den Regierungsparteien selbst um ihren ursprünglichen Kernpunkt entschärft wurde, bleiben genug weitere Punkte, das Gesetz aus unserer Sicht aus wohnpolitischen Gründen abzulehnen.

Doch zurück zur anfänglichen Stoßrichtung der Novelle, da diese symptomatisch ist für die wohnpolitische Ideologie der Regierung. Dazu ist eine kurze Rückschau auf vergangene Maßnahmen notwendig.

Mit den Budgetbegleitgesetzen 2001 und 2002 kam es zu massiven Eingriffen im Bereich der GBVs, der Gemeinnützigen Wohnbauträger. Es ging konkret um die Herausnahme der im ausschließlichen Eigentum von Gebietskörperschaften stehenden GBVs aus eben dieser Gemeinnützigkeit ab 1. April 2001. In Wahrheit ging es um die BUWOG, die WAG und einige gemeinnützige Wohnbaugesellschaften der Eisenbahner. Es war dies eine Aktion, die heute nicht nur den Verfassungsgerichtshof beschäftigt, sondern, was etwa die genannten Wohnbaugesellschaften der Eisenbahner angeht, dem Vernehmen nach auch gerichtsanhängig ist, spätere Amtshaftungsverfahren nicht ausgeschlossen – eine Angelegenheit, über die uns der damals anwesende Staatssekretär für Finanzen trotz mehrmaliger Nachfrage in diesem Haus bis heute keine Auskunft gegeben hat, und er wird wissen warum.

Interessant ist diesbezüglich auch, dass die betroffene Eisenbahnsiedlungsgesellschaft Villach nunmehr wieder eine gemeinnützige Gesellschaft gründet, um ihren Wohnbestand wieder in den gemeinnützigen Bereich zu integrieren.

Nachdem sich aber diese geplante Teilprivatisierung der Wohnungsgemeinnützigkeit nachträglich nicht nur als rechtlich bedenklich erwiesen hat, sondern in der praktischen Umsetzung auch ein Flop war, plante die Regierung mit der gegenständlichen Novelle den nächsten Coup. Gemeinnützige Wohnbauträger sollten mit privaten Firmen, etwa im Immobilienbereich, Tochtergesellschaften zur Verwertung gemeinnütziger Mietwohnungen gründen beziehungsweise sich daran beteiligen. Diese Tochtergesellschaften werden natürlich nur mehr hinsichtlich Mietzinsbegrenzung und Kündigungsschutz dem WGG unterliegen, freilich nicht mehr bezüglich Gewinnausschüttungsbeschränkung, Baupflicht, Vermögensbindung und so weiter. Damit würden letztlich geförderte Mietwohnungen etwa dem Prinzip der Kostendeckung entzogen. Gewinne aus Verkauf und Verwaltung würden an private Eigentümer fließen und nicht mehr für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung stehen.

Wie gesagt, die Koalitionsparteien haben letztlich selbst kalte Füße bekommen, wobei es dahingestellt sei, ob sich da das christlich-soziale Gewissen durchgesetzt hat oder das einfache Kärntner Parteimitglied. Was aber geblieben ist, sind zum Beispiel deutliche Verschlechterungen für Mieter von GBV-Wohnungen. Bisher hatten diese Mieter unter bestimmten, klar definierten Voraussetzungen die Möglichkeit, an ihren Wohnungen nach zehn Jahren Eigentum zu begründen, und sie hatten einen Rechtsanspruch darauf. Dies wird in Zukunft anders, denn nun gibt es im Wesentlichen nur mehr ein Vorkaufsrecht und auch das nur für fünf Jahre, was überdies ein Eingriff in bestehende Rechte ist. Das sei so nebenbei gesagt.

Die von manchen ins Treffen geführte Verantwortung, dass momentan die Anspruchsfrist etwa in Analogie zu § 15c WGG nur sechs Monate beträgt, ist bei nur halbwegs ernsthafter rechtlicher Würdigung schlicht lächerlich. Bei der Umstellung der Preisfestsetzung der Optionsmietwohnungen entfällt zudem der derzeitige Vermietungsabschlag für den Mieter beziehungsweise die klare Nachvollziehbarkeit der Preisfestsetzung im Sinne der bisherigen Berechnung, also Herstellkosten minus 1 Prozent Abschreibung pro Jahr. Nun kann die GBV mehr oder minder selbst über den Preis entscheiden, sofern sie nur behauptet, dieser liege zwischen dem Substanz- und dem Verkehrswert. Versuchen Sie als Mieter einmal, das zu hinterfragen!

Völlig verfehlt ist unserer Ansicht nach auch die Verschärfung der Bestimmungen über das steuerlich erlaubte Reservekapital. Hier wird die Frist, nach welcher eine Besteuerung einsetzt, einfach von fünf auf drei Jahre verkürzt und behauptet, damit würden die GBVs schneller investieren und die Baukonjunktur beleben. Wir alle wissen aber, dass gerade im geförderten Wohnbaubereich die Baubewilligungen zurückgehen, Hand in Hand mit den Landesförderungen, da die Länder zur Erfüllung des Stabilitätspaktes – wir haben kurz vorher darüber gesprochen – auch in diesem Bereich natürlich auf die Bremse steigen müssen. Es bleiben also nur zwei Möglichkeiten: Entweder die GBVs investieren in Grundstücke – zur Freude der Immobilienmakler –, oder sie bezahlen Steuer – zur Freude des Finanzministers –, aber weder die Konjunktur noch die Beschäftigten, noch die Mieter profitieren von dieser Maßnahme.

Es stellt sich die Frage, warum man nicht einfach die Möglichkeit schafft, diese Mittel, wenn man sie schon freisetzen will, zur Senkung der Mieten einzusetzen. Immerhin hat man das großflächig plakatiert. Stattdessen kam es zu einer Erhöhung bei den wohnungsmäßigen Energiekosten im Rahmen der Elektrizitätsabgabe, einer Steigerung der Kosten beim Bausparen durch den Wegfall bisher geltender Gebührenbefreiungen, Gleiches bei den GBV, und das Wifo hat im neuen Monatsbericht auch darauf hingewiesen, dass gerade die Wohnungskosten mit, so glaube ich, 3,3 Prozent zur Steigerung der Inflationsrate beigetragen haben.

Es gibt auch Politiker, die meinen, diese WGG-Novelle sei ein Schritt zu mehr Markt, aber gerade der Wohnungsmarkt ist ein nahezu klassisches Beispiel für Marktversagen, auch in der wissenschaftlichen Literatur. Wohnen gehört schließlich zur grundlegenden Infrastruktur, und zwar nicht nur individuell, sondern auch und vor allem sozioökonomisch betrachtet. Wohnrecht ohne ein vernünftiges Ausmaß an Regulierung schließt soziale Verantwortung aus und führt automatisch zu quantitativer und/oder qualitativer Unterversorgung. Es geht nicht darum, jeglichen Profit aus der Wohnwirtschaft zu verbannen, es geht aber sehr wohl darum, die damit verbundenen Belastungen fair auszugestalten. (Beifall bei der SPÖ.)

0.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Maier. – Bitte.

0.28

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf Grund der fortgeschrittenen Stunde lassen Sie mich zum Schluss kommen und zusammenfassen: Was der Kollege gerade gesagt hat, zeigt mir, dass er offensichtlich von jenen Eckpfeilern der sozialdemokratischen Wohnbaupolitik, die in Wien gemacht wird, noch wenig gehört hat oder wenig damit vertraut ist. (Bundesrat Würschl: Der Herr Oberlehrer ist am Werk! – Bundesrat Mag. Hoscher: Mir ist es verborgen geblieben, dass Sie etwas zu sagen haben zu diesem Thema!)

Ich habe einmal mit dem ehemaligen Wohnbaustadtrat Edlinger über Wohnbaupolitik diskutiert, und Edlinger hat immer darauf hingewiesen, wie schwierig es sei, den Markt zu beleben, und Sie haben jetzt gerade beklagt, dass der Markt so wenig belebt sei. Ich habe mit großem Interesse die Ausführungen Ihrer Frau Zentralsekretärin Bures im Nationalrat gelesen, die gemeint hat, dass sie es wirklich bedauert, dass dieses Gesetz wenig zur Eigentumsbildung beiträgt. (Bundesrat Mag. Hoscher: Lesen Sie sie noch einmal!) Ich lasse mir das auf der Zunge zergehen, dass sich Sozialdemokraten plötzlich Gedanken machen, was Eigentumsbildung anlangt. Aber Ihre Frau Kollegin Bures hat das gesagt, und das muss man schon festhalten, Herr Kollege! (Bundesrat Mag. Hoscher: Haben Sie sich überhaupt jemals mit dem Wohnbau beschäftigt? Ich war 15 Jahre dabei!)

Wo habe ich das schon je einmal gehört? – Ich habe sehr oft mit Rudi Edlinger diskutiert, und ihm ist das Wort "Eigentum" damals nicht einmal in den Sinn gekommen, aber Ihrer Frau Zentralsekretärin ist das aufgefallen, und sie hat erkannt: Das ist unter Umständen – aus ihrer Sicht – ein Problem fürs Eigentum. Ist es aber nicht, und man kann auch hier wieder Nachhilfe leisten: Diese Wohnrechtsgesetze, die uns hier vorliegen, haben natürlich den Markt belebt. Sie haben jetzt gemeint, sie hätten den Markt nicht belebt. Ich weiß gar nicht, was Sie über Markt wissen beziehungsweise unter Markt verstehen. (Bundesrat Mag. Hoscher: Mehr als Sie!)

Ich glaube sehr wohl, dass es zu einer Belebung dieses Marktes kommt, und wenn Sie die Wohnungskosten der letzten Jahre anschauen und den Verbraucherpreisindex dabei berücksichtigen, dann werden Sie sehen, dass es das erste Mal seit 1980 ein Abflachen der Kosten gibt. Das bedeutet offensichtlich, dass der Markt greift. Wenn Sie sich den Markt, Angebot und Nachfrage, ein bisserl anschauen, dann werden Sie sehen, dass auch die Mieten gefallen sind. Das haben Sie auch immer verlangt! Das ist aber nur dann möglich, wenn man den Markt auch zulässt, und diese Wohngesetze lassen Markt zu. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte abschließend zusammenfassend darauf hinweisen, dass ich glaube, dass auch der Impuls, der in diesem Gesetz enthalten ist, dass nämlich Investitionen in Dachböden ermöglicht werden, ganz wichtig ist. Das gilt nicht für ganz Österreich, das weiß ich. Dass aber Privatinitiativen im städtischen Bereich ausgelöst werden, ist ganz wichtig. Und dieses Gesetz leistet dazu einen Beitrag. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

0.32

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ram. – Bitte.

0.32

Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich noch sehr genau an den 21. Juni des Jahres 2000 erinnern: Auch damals führten wir eine Debatte zur Wohnrechtsnovelle, nämlich zur Wohnrechtsnovelle des Jahres 2000. Die Redner von der SPÖ damals waren Herr Mag. Hoscher und Herr Kollege Thumpser.

Damals vertraten diese Redner folgende Befürchtungen: Es wird zu Mietenerhöhungen kommen, das Wohnen wird teurer, und eine Berufsgruppe, nämlich die Berufsgruppe des Hausbesorgers, wird abgeschafft werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Kollege Maier schon dargelegt hat, sind all diese Befürchtungen nicht eingetroffen. (Bundesrat Mag. Hoscher: Das Wifo sagt etwas anderes!) Im Gegenteil: Durch diese Wohnrechtsnovelle des Jahres 2000 ist eine Umkehr gelungen, und die Mieten sind nicht mehr so eklatant gestiegen wie vor dieser Wohnrechtsnovelle. (Bundesrätin Mag. Trunk: Sind sie jetzt billiger geworden, oder ist es nicht mehr so eklatant? – Zwischenruf des Bundesrates Mag. Hoscher. ) – Es kommt auf den Bereich an, Herr Kollege Hoscher, den man betrachtet. Es gibt verschiedenste Genossenschaftswohnungen, es gibt verschiedenste Gemeindewohnungen, und es gibt den privaten Bereich. Es gibt vor allem auch SPÖ-Genossenschaften, bei welchen es eklatante Mieterhöhungen gegeben hat, aber dafür werden Sie uns hoffentlich nicht verantwortlich machen, Herr Kollege! (Zwischenruf des Bundesrates Thumpser. )

Wir haben daraus gelernt, dass man sich als Partei mit einer Wohnbaugenossenschaft nichts anfangen sollte. Ich glaube, das wäre vielleicht auch für euch für die Zukunft eine richtige Entscheidung! (Beifall des Bundesrates Dr. Böhm.  – Zwischenrufe bei Bundesräten der SPÖ.)

Bevor ich mich mit euch um diese Zeit über diese Themen unterhalte, die schon längst nicht mehr aktuell sind, möchte ich noch einmal zusammenfassend zur Wohnrechtsnovelle 2000 kommen. Wie ich schon gesagt habe: Die Wohnrechtsnovelle des Jahres 2000 brachte große Fortschritte für uns alle, und die Wohnrechtsnovelle des Jahres 2002 ist die Fortsetzung dieser Novelle mit folgenden Schwerpunkten:

Im Bereich des Erwerbs von Wohnungen durch Mieter werden Rechtsunsicherheiten beseitigt und der Erwerb erleichtert. Die Verkürzung der Reinvestitionsfrist für das Reservekapital wird von fünf auf drei Jahre gesenkt und soll die gemeinnützigen Bauvereinigungen zu Bau- und Sanierungsarbeiten animieren. Im Gegensatz zu dir, lieber Herr Kollege Hoscher, bin ich der Meinung, dass diese Maßnahme eine absolut positive Maßnahme ist, zumal diese, wie du wissen solltest, dem Genossenschaftsgedanken und dem Grundgedanken der gemeinnützigen Bauvereinigungen entspricht. Aber vielleicht hat man das bei der SPÖ schon verlernt, dass die Wohnbaugenossenschaften eigentlich bauen und nicht Kapital horten sollten! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Diese Verkürzung bringt auch notwendige Impulse für die Bauwirtschaft, und es ist auch ein Wunsch der SPÖ und vor allem auch des ÖGB, dass in die Bauwirtschaft investiert wird, dass die Bauwirtschaft gestärkt wird, und auch diesem Wunsch wird damit entsprochen. Daher verstehe ich nicht, warum du das so negativ siehst! (Bundesrat Mag. Hoscher: Du hättest zuhören müssen!)

Es wird mit dieser Novelle auch ermöglicht, Kapital aus Anleiheerlösen in Sanierungsmaßnahmen zu investieren. Das ist eine Notwendigkeit, da die meisten Bauten, die nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet wurden, gerade jetzt sanierungsbedürftig sind. – Alles in allem ist diese Wohnrechtsnovelle für uns ein richtiger Schritt im Interesse der Mieter und sollte deswegen auch eure Zustimmung finden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Thumpser. )

0.36

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Staatssekretärin. – Bitte

0.36

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage nur zwei kurze Sätze dazu.

Ich möchte noch einmal herausstreichen, dass zusätzliches Investitionskapital zwischen 6 und 9 Milliarden durch diesen Initiativantrag und diese Novelle möglich geworden ist.

Außerdem möchte ich festhalten, dass es keine Schlechterstellung für die Mieter gibt, sondern ganz im Gegenteil: Kaufwillige Mieter haben erstmals ein transparentes System zur Verfügung, um auch nachträglich noch Wohnungseigentum zu begründen. Und das ist, so glaube ich, legitim. Es wurde heute schon angesprochen, dass es legitim sein soll, Eigentum zu erwerben. (Bundesrat Thumpser:  Wie viel Prozent sind es denn bei den BUWOG-Wohnungen?) Man muss endlich einmal davon abgehen, dass Eigentumserwerb in diesem Staat etwas Verpöntes sein soll. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Wir wollen hiemit gerade auch langjährigen Mietern ermöglichen, dass sie Eigentum erwerben können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

0.37

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit. (Bundesrat Mag. Hoscher: Da bin ich mir nicht sicher!)

Wir können gerne auch auszählen, wenn es Bedenken gibt. Es soll nicht das Gefühl entstehen, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. (Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und der ÖVP.)

Ich bitte daher die Kolleginnen und Kollegen, die dafür sind, noch einmal die Hand zu heben. – Ich darf Ihnen nach Auszählung mitteilen, dass es eindeutig Stimmenmehrheit ist, auch wenn der Herr Präsident seinen Platz erst relativ spät eingenommen hat. (Beifall des Bundesrates Ing. Polleruhs. )

Somit ist der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, angenommen.

32. Punkt

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1999 (III-211-BR/00 sowie 6527/BR der Beilagen)

33. Punkt

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2000 (III-226-BR/01 sowie 6528/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 32 und 33 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

der Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1999 und

der Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2000.

Die Berichterstattung über die Punkte 32 und 33 hat Herr Bundesrat Ing. Klamt übernommen. – Bitte.

Berichterstatter Ing. Gerd Klamt: Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hoher Bundesrat! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1999.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, sodass ich auf einen inhaltlichen Vortrag verzichten und mich auf die Antragstellung beschränken darf.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2000.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor, sodass ich auch in diesem Falle auf einen inhaltlichen Vortrag verzichte und mich auf die Antragstellung beschränke.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die beiden Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über beide Berichte unter einem abgeführt wird.

Als erster Redner hat sich Herr Bundesrat Ager zu Wort gemeldet. – Bitte.

0.41

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzte Frau Vizepräsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Die Erfolgsgeschichte des Tourismus der letzten zwei Jahre in fünf Minuten verpackt zu bringen ist keine leichte Aufgabe, und um diese Uhrzeit ist es mit Sicherheit noch schwieriger.

Die Punkte 32 und 33 umfassen den Bericht des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft über die Lage Tourismus und Freizeitwirtschaft 1999 und 2000 in Österreich. – Ich möchte als Mitglied des Bundesrates, als Tourismusfunktionär, aber auch als Wirt und Tourismustreibender meine Sicht der Tourismusangelegenheiten in drei ganz kurze Abschnitte aufteilen: in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Ich beginne mit der Vergangenheit: Viele Leute in Österreich vergessen, dass Österreich einmal ein sehr armes Land war und dass es findige Tourismuspioniere waren, die zu dieser Zeit einen neuen Berufsstand erfanden, nämlich den Fremdenverkehr, wie er damals geheißen hat. Ich glaube, dass diese Leute sehr stark zu dem großen Wohlstand in unserem Land beigetragen haben und auf Grund ihrer Internationalität mit Sicherheit Vorreiter für ein gemeinsames Europa waren.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde vom Tourismus für die österreichische Volkswirtschaft, aber auch für die Einkommens- und Beschäftigungssicherung und für den Leistungs-bilanzausgleich ein großer Beitrag geleistet. Ich meine, diese Pionieren von damals, die sich sehr oft mit dieser Aufbauarbeit auch die Gesundheit ruiniert haben, waren die wahren Baumeister dieses Wohlstandes in dieser Zeit!

Nun zur Gegenwart: Ich verschone Sie heute mit Sicherheit mit Details und Prozentsätzen und all diesen Dingen und nenne nur zwei Zahlen. – 1999 erreichte man im Zuge einer positiven Entwicklung 112,7 Millionen Nächtigungen, im Jahr 2000 waren es noch um 700 000 mehr, also 113,4 Millionen, und ganz erfreulich ist die Steigerung des Anteils an Inlandsgästen um 8,5 Prozent.

In den letzten 20 Jahren war im Tourismus von einer ausgeprägten Qualitätsverbesserung die Rede, hauptsächlich betreffend die Hardware. Probleme sind nicht zu verschweigen. Vielerorts konnte der Preis, der erzielt wurde, die hohen Investitionen nicht ganz abdecken, und daher weisen heute einige Betriebe doch einen höheren Verschuldungsgrad auf, und daran müssen wir, wie ich glaube, gemeinsam arbeiten.

Nun im Zeitraffertempo zur Zukunft: Ich denke, wer mit offenen Augen durch unser schönes Land Österreich fährt, wird feststellen, dass es zum Tourismus als Motor der gesamten Wirtschaft keine Alternative gibt.

Lassen Sie mich noch etwas im Zusammenhang mit den schrecklichen Ereignissen am 11. September in Amerika sagen: Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen. – Um aber wieder zum Tourismus zu kommen, möchte ich sagen, dass ich glaube, dass dies eine ganz große Chance für Österreich darstellt, dass viele der Stammgäste auch aus den Nachbarländern wieder zurückgewonnen werden können, wenn wir alle an einem Strang – möglichst in die gleiche Richtung – ziehen.

Eine Bemerkung zur Österreich-Werbung: Ich glaube, die Österreich-Werbung sollte diese Botschaft in die Welt tragen, und ich glaube, dass bei der Umstrukturierung der Österreich-Werbung die Kernkompetenzen Berge, Seen, Stadt und Kultur, also alles, was uns einmal stark gemacht hat und noch stark macht, wieder in den Mittelpunkt gerückt werden sollten.

Ich möchte nicht auf die Gesamtproblematik des Tourismus eingehen, sondern nur das Segment herausnehmen, das uns momentan am meisten beschäftigt, nämlich die Situation der Mitarbeiter. Frau Staatssekretärin! Sie wissen das: Das ist alle Jahre immer wieder fast dasselbe Spiel. – In der Zeit um Weihnachten haben die Betriebe – wenn ich das jetzt etwas überspitzt formulieren darf – Gott sei Dank genug Gäste, aber viel zu wenig Mitarbeiter. Daher habe ich eine große Bitte auch an die andere Seite: Ich glaube, wir könnten bei allen Gegensätzlichkeiten, die es manchmal oder anscheinend manchmal gibt, dieses Problem in den Griff bekommen, und zwar nicht nur zum Wohle des Tourismus, sondern auch zum Wohle des ganzen Staates. Denn wenn das nicht richtig läuft, dann entgeht dem Staat bei diesen Dingen – Sie alle wissen, was ich meine – viel Geld. Ich bitte, zu ermöglichen, dass wir die Situation für den Winter gemeinsam bereinigen. Unter "gemeinsam" verstehe ich die Gewerkschaft, die Arbeiterkammer und die politischen Parteien: Wir sollten in einem gemeinsamen Feldzug dieses Problems Herr werden!

Wünsche hätten wir eine ganze Menge, ich nenne nur ein paar davon: Eine günstigere Besteuerung des im Unternehmen verbleibenden Gewinns ist ein lang gehegter Wunsch der Tourismusbranche. Weiters wären Erleichterungen bei Betriebsauf- und -übergaben sowie bei Neugründungen vonnöten. Außerdem haben wir noch das Problem des Fortbestands mancher Betriebe auf Grund der Nachfolge in den Betrieben.

Versuchen wir in der Zukunft, diesbezüglich Partner zu sein! Versuchen wir außerdem, im Sinne der Gemeinsamkeit ein besserer Partner für die Bauern zu sein! Das möchte ich hier auch einmal in aller Deutlichkeit sagen. Da haben wir noch große Reserven. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Abschließend möchte ich sagen: Versuchen wir, die Dinge, die uns im Tourismus stark gemacht haben, in den Mittelpunkt zu stellen, nämlich Gastgeber mit Hirn und Herz zu sein. Versuchen wir das aufs Neue!

Ich habe noch eine Bitte: Nicht jeder versteht auf Anhieb die Sorgen und Nöte der in der Tourismusbranche tätigen Menschen. Das ist auch nicht unbedingt notwendig. Begegnen Sie aber bitte diesen Leuten, die arbeiten, wenn andere Freizeit haben, mit gewissem Respekt und mit gewisser Achtung! – Das ist mein Wunsch, den ich hier heute habe. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich möchte mich noch sehr herzlich bei allen Beteiligten bedanken. Ich danke Herrn Minister Bartenstein und seinem Ressort für die Erstellung dieses Berichtes über den Tourismus der vergangenen beiden Jahre, insbesondere Frau Mag. Udolf-Strobl, die heute hier anwesend ist.

Ganz zum Schluss darf ich mich auch bei Ihnen bedanken, liebe Frau Staatssekretärin, und dann möchte ich auch noch etwas Nettes sagen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) So ist es! – Vielleicht können wir die erwähnte Mitarbeitersituation und all das, was damit im Zusammenhang steht, jetzt sofort gemeinsam erledigen! – Das ist jetzt ein Vorschlag von mir. Im April werden wir uns dann über die Gesamtsituation in Österreich unterhalten müssen (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.) Dazu haben wir jetzt keine Zeit mehr, weil die Häuser, wie Sie wissen, in den nächsten Wochen voll sind. Wenn wir uns aber schon jetzt darüber unterhalten, was dann kommen soll, dann sind wir bis Ende April fertig, und dann ist die Wintersaison gelaufen, und wir wissen, dass viele Betriebe zwei Drittel ihres Umsatzes in dieser Zeit machen müssen.

Jetzt zum Netten, was ich Ihnen sagen will: Wir könnten vielleicht mit einem "black Minister" gemeinsame Sache machen, dann gibt es "red roses for a blue lady". – Danke schön. (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

0.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist nun eine "red rose". – Ich bitte Frau Bundesrätin Mag. Trunk ans Rednerpult. (Bundesrat Mag. Gudenus: Sie ist wirklich eine "red rose"!) – Bitte.

0.52

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Erstens möchte ich Herrn Kollegen Maier, bevor er Kompetenzen von Kollegen anderer Fraktionen herabwürdigt, empfehlen – ich wollte es Ihnen schenken, beziehungsweise Sie sollten es sich kaufen –: Lesen Sie die Publikation unter dem Titel "Herausforderung Wohnen", erschienen im OracVerlag, herausgegeben von den Kollegen und Genossen Hoscher und Eder! (Bundesrat Mag. Gudenus: Wir sind doch keine Werbefirma!) Ich glaube, diese Lektüre würde Ihnen nicht schaden!

Zweitens – zu meinem direkten Vorredner: Ich glaube, dass Sie die Herabwürdigung betreffend Kollegen Hoscher und Ihr "Inkompetenz-Zitat" doch noch in Erinnerung haben, und ich denke, das gehört klargestellt. Wenn es Menschen gibt, die Kompetenz haben und das in einer Publikation auch unter Beweis gestellt haben, dann steht es einem Raiffeisen-General oder wem auch immer nicht zu, sein Nichtwissen dadurch unter Beweis zu stellen, dass er andere unqualifiziert herabwürdigt. Das ist so nicht möglich! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Es gibt auch andere, die Kompetenz haben, nicht nur die Genossen!)

Zu Kollegen Hans Ager und seinen angekündigten roten Rosen: Herr Kollege Ager! Sie haben von einem Erfolgsbericht gesprochen. Damit haben Sie Ihre Rede begonnen – ich habe Ihnen aufmerksam zugehört. Dann haben Sie – wenn man das charmant und liebevoll formuliert – ziemlich stark über die Situation der Beschäftigten und der Unternehmerinnen und Unternehmer im touristischen Bereich gejammert.

Herr Ager! Ich mache es jetzt so wie Sie: Sie dürfen sich bei den Kollegen Ihrer Fraktion bedanken, nämlich bei den ÖVP-Ministern, die seit Jahrzehnten – und jetzt auch bei Kollegin Rossmann von der Freiheitlichen Partei – ausschließlich und exklusiv für den Bereich Wirtschaft und Tourismus in der Republik Österreich verantwortlich waren und sind. Auch in meinem Land Kärnten waren und sind ausschließlich FPÖ- oder ÖVP-Regierungsmitglieder zuständig. Heute stehen Sie jedoch da und beklagen die Situation! (Beifall bei der SPÖ.)

Insbesondere haben Sie – Sigmund Freud schau herunter! – über eine bestimmte Situation gesprochen und gesagt: Es geht darum, das Problem mit den Mitarbeitern und dergleichen in den Griff zu bekommen, Sie alle wissen, was ich meine. – Ich frage Sie: Warum können wir Anliegen, Probleme und Fakten, wie sie sich darstellen, nicht beim Namen nennen? Worum geht es bei diesem Problem? – Ich meine, Sie werden wohl das Gleiche gemeint haben: Sie haben gesagt, dass dem Staat Geld entgeht. Tatsächlich geht es um das Problem der illegalen Beschäftigung im Tourismus. – So heißt dieses Problem, und als solches muss man es benennen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Frage dazu: Was haben Ihre Verantwortungsträger dazu beigetragen, um dieses Problem der illegalen Beschäftigung abzustellen? – Offensichtlich sehr wenig! Ein lebender Beweis sitzt leider neben uns als Staatssekretärin, die – und ich lege großen Wert darauf – Verwandtschaftsverhältnisse... (Bundesrat Keuschnigg: Es geht darum, Arbeitskräfte zu finden!) Da gibt es auch bei mir keine Form der Diskriminierung, und daher nenne ich jetzt keine Namen. Aber es ist Faktum, dass die Frau Staatssekretärin rechtzeitig über ganz krasse Formen von illegaler Ausländerbeschäftigung und angeblich auch Kinderarbeit informiert wurde. Sie ist mit dem Faktum konfrontiert worden, damit sie das abstellt. Wie hat sie reagiert? – Offensichtlich nicht effizient genug! (Bundesrat Würschl: Rücktritt! Skandal!)

Ich denke, wenn man an andere Predigten und Botschaften richtet, dann sollte man zuerst im eigenen Bereich dafür sorgen, dass so etwas nicht vorkommt! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Fasching: Das gilt aber auch für Sie! – Zwischenruf der Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann. )

Das ist keine Behauptung, sondern es liegt eine entsprechende Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien vor, und diese wird behandelt werden. (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Sie sind keine Staatsanwältin!) Daher äußere ich mich jetzt nicht weiter zu dieser Thematik. (Weiterer Zwischenruf der Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann. ) – Nein! Aber wenn Sie wollen, dann zitiere ich die Beschwerden. Es liegt ein entsprechender Akt bei der Staatsanwaltschaft. Aber wenn Sie Zeit und Interesse daran haben, dann lese ich Ihnen die Beschwerden vor. (Bundesrat Mag. Himmer: Ist eine Anzeige ein Beweis?)

In erster Linie gab es einen Beschwerdebrief an die Frau Staatssekretärin, mit der Bitte, die Missstände abzustellen. (Bundesrat Dr. Böhm: Können Sie einen Beweis liefern?) – Der lebende Beweis sitzt hier im Saal! Abgesehen davon ist Ihre Aufgeregtheit der beste Beweis dafür, dass etwas nicht in Ordnung ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Somit komme ich zum Tourismusbericht: Ich bedanke mich bei den zuständigen Beamtinnen und Beamten für die Arbeit, die sie geleistet haben. Grundlage eines Berichtes ist aber natürlich die dahinter steckende tourismuspolitische und wirtschaftspolitische Arbeit. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Gudenus. ) Sie müssen mich erst ausreden lassen, das war erst der Beistrich!

Ich möchte darauf hinweisen, dass man das vielleicht in Zukunft etwas konzeptiver gestalten könnte, denn das, was mir vorliegt, scheint mir doch eher eine Ansammlung von losen Blättern zu sein, deren Kontext und Auswirkung auf die jetzige und künftige Tourismuspolitik nicht leicht erkennbar sind. Das heißt, es ist dem keine Konklusion zu entnehmen.

Ich möchte nur ein Beispiel aus dem von Herrn Kollegen Ager zitierten Erfolgsbericht nennen. – Gott sei Dank ist kein Journalist hier, denn es sollte nicht der Verbreitung dienen, was darin steht! – Vor zwei Stunden war der Innenminister hier, und es gab viel Lob. Nun hören Sie mir aber zu. In dem von der Frau Staatssekretärin und dem Herrn Wirtschaftsminister herausgegebenen Bericht – ich bin sehr wohl für Kritik – steht: "Probleme und häufigste Beschwerden unserer Gäste." Ich kürze jetzt ab. – "Folgende Kritikpunkte wären hervorzuheben: ...". – Das ist wie in einem Schulaufsatz, aber es ist wirklich schlimm, was da steht! "Unfreundliches Auftreten und Verhalten der österreichischen Exekutiv- und Zollwacheorgane, mangelnde Fremdsprachenkenntnis, kein Ermessensspielraum bei der Verhängung von Strafen ..., andererseits Kritik, vor allem von deutschen Medien am Ermessensspielraum bei der Auslegung der österreichischen Führerscheingesetze." Es geht weiter unter der Überschrift "Service und Freundlichkeit" – Ich zitiere: "Ein Grundproblem stellt zumeist die Behandlung von Gästen in Konfliktfällen dar. Ein besseres Konfliktmanagement wäre geboten." – Ich erspare Ihnen die weitere Verlesung dieser Loseblattsammlung irgendwelcher Beschwerden. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn das der Wahrheit entspricht, Frau Staatssekretärin, dann ist es knallhart Ihr Job, dass Sie Ihre Aufgabe erfüllen und Unzulänglichkeiten, die es gibt, abstellen! Das Zauberwort dafür heißt erstens positive Motivation: Wie Sie richtig gesagt haben, stehen im Tourismusbereich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Erfolg und im Misserfolg so eng beieinander wie sonst kaum in einem anderen Wirtschaftsbereich. Wenn es die weite Verbreitung der so genannten "unfreundlichen Gastronomie" in Österreich tatsächlich gibt, wie das im eigenen Tourismusbericht steht, dann ist es Ihre Aufgabe, diesbezüglich positiv motivierend zu wirken und diese Missstände abzustellen. Wenn die beschriebenen Fakten zutreffen sollten, dann sind die in Österreich beschäftigten Menschen inklusive Zollwacheorgane und Polizisten schlechte Werbeträger für das Tourismusland Österreich! (Bundesrat Dr. Böhm: Dafür besteht doch keine Zuständigkeit!) – Das ist ein Teil ihrer Tätigkeit! Wenn sie dafür nicht zuständig ist, dann soll sie diese Unzuständigkeit nicht im Bericht formulieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Frau Tourismusreferentin! Es gibt keine roten Rosen. Ich wünsche Ihnen für den Berg an Arbeit, der Ihnen bevorsteht, viel Engagement und viel mehr Durchsetzungsvermögen, und ich freue mich auf einen konzeptiven Bericht im nächsten Jahr. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Ing. Gruber. )

1.01

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Ager zu Wort gemeldet. Ich bitte, die Bestimmungen der Geschäftsordnung für tatsächliche Berichtigungen einzuhalten. – Bitte.

1.01

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Selbstverständlich werde ich mich an die Bestimmungen halten.

Liebe Frau Kollegin Trunk! Ich möchte sagen: Ich habe hier nie von Schwarzarbeit geredet, und ich habe es auch nicht gemeint. (Bundesrätin Mag. Trunk: Sie haben es nicht ausgesprochen!) Es ist wunderbar, dass Sie wissen, was ich nicht ausgesprochen habe! (Bundesrat Dr. Böhm: Es war eine Unterstellung!) Das ist eine besondere Gabe, die Sie haben! (Bundesrätin Mag. Trunk: Sie haben ja gesagt, dass Sie es nicht aussprechen!)

Ich habe Folgendes gemeint: Wir werden uns darüber unterhalten müssen, dass gewisse Dinge zu ändern sein werden. Es gibt nach wie vor Zumutbarkeitsbestimmungen im Tourismus, die einfach nicht mehr zeitgerecht sind. Sie wissen, was ich meine. (Bundesrätin Mag. Trunk: Sagen Sie es mir doch!) Um Gottes Willen!

Jetzt darf ich noch etwas sagen: Es ist jetzt Advent, seien wir friedlich miteinander, auch wenn wir dann hoffentlich bald auseinander gehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. ) Ich sage Ihnen eines, Frau Kollegin: Sie gehören genau dieser Kategorie Menschen an, von der ich auch manchmal spreche, die leider keine Ahnung von Tourismus hat. Das muss ich hier einmal sagen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Wie Sie wissen, gibt es zwei Seiten im Tourismus: Die einen sind in dieser Branche beschäftigt und müssen arbeiten, die anderen kennen den Tourismus hingegen nur von der Seite des Gastes, und das ist der einfachere Weg. (Bundesrätin Mag. Trunk: Jetzt müssen Sie aber sehr aufpassen, wenn Sie von Menschen sprechen, deren Betätigungsfeld Sie überhaupt nicht kennen!) Aufpassen muss man immer im Leben! Da haben Sie Recht, Frau Kollegin! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege! Ich bitte Sie, zur tatsächlichen Berichtigung zu kommen!

Bundesrat Hans Ager (fortsetzend): Die tatsächliche Berichtigung habe ich schon gemacht, dass ich nämlich überhaupt nicht von Schwarzarbeit rede, sondern von Leuten, die jetzt vielleicht schon in Österreich sind und eine Aufenthaltsbewilligung, aber keine Arbeitsbewilligung haben. Vielleicht können wir da gemeinsam vorgehen. Das habe ich gemeint. Ich habe auch noch viele andere Dinge angesprochen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist aber eine lange Berichtigung! – Weiterer Zwischenruf bei der SPÖ.)

Sie wissen genau, dass wir mit dem Koalitionspartner auch über diese Dinge reden, aber Sie wissen ebenfalls genau, dass wir dazu auch die Gewerkschaft brauchen. Diese sind hauptsächlich bei Ihnen angesiedelt, oder liege ich da falsch?!

Ich möchte jetzt nur noch einen Punkt anbringen, dann bin ich wirklich fertig: Ich soll Ihnen Grüße von einer Wirtin im Oberland ausrichten, Frau Trunk! Ich habe jetzt nämlich genau die gefunden, die ich suchen soll, nämlich Sie. Daher soll ich Ihnen Grüße ausrichten. Dieser Wirtin fehlen nämlich noch vier oder fünf Mitarbeiter. Frau Trunk! Sie sind herzlich eingeladen, eine Woche im Betrieb zu wohnen. Sie sollten sich das einmal anschauen, damit Sie die Situation erleben und nicht mehr solche Dinge reden wie jetzt. – Vielen herzlichen Dank. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. – Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

1.06

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte

1.06

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es bedarf überhaupt keiner Antwort. Es ist üblich für Frau Kollegin Trunk, dass sie irgendetwas vermutet und behauptet, obwohl sie keinerlei Berechtigung dazu hat. Aber das ist ihre Art! Damit müssen wir leben, solange sie mit uns in diesem Hohen Haus ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Tatsache ist, dass um diese Zeit viele von Ihnen zu ruhen gewohnt sind. Es ist dies aber keine ungewöhnliche Zeit für eine Wirtin! Frau Kollegin Trunk hat das sogar als Beschwerde gebracht, als sie gesagt hat, dass die Mitarbeiter jetzt erst arbeiten müssen. Gott sei gedankt, wenn Sie oder Ihre Eltern zu Hause einen Betrieb haben und Ihre Mitarbeiter jederzeit um 9 Uhr oder 10 Uhr zu Bett schicken können. Wir können das nicht, denn wir müssen unsere Gäste bedienen.

Die Tourismusberichte 1999 und 2000 liegen Ihnen vor, sachlich klar und aufklärend. Daher liegen Ihnen auch die Zahlen vor, über die man, so glaube ich, nicht mehr lange reden muss. Fest steht, dass die gesamte Tourismus- und Freizeitwirtschaft 17 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmacht und nach wie vor einen der stärksten Wirtschaftszweige Österreichs darstellt.

Es ist eine Veränderung im Urlaubsverhalten festzustellen: Die Aufenthalte sind kürzer, aber häufiger. Die Umsätze sind gestiegen, was darauf zurückzuführen ist, dass natürlich auch das Qualitätsbewusstsein gestiegen ist.

Meine Damen und Herren! Lassen wir uns aber trotzdem nicht blenden! Umsatz ist nicht gleich Gewinn! Vier-Stern-Betriebe verkaufen sich oft auch unter ihrem Wert, und all das lässt erahnen, warum auch im Jahr 2000 die Entwicklung des Eigenkapitals in den Betrieben nach wie vor bedenklich erschien. Das heißt, man müsste sich fragen, ob es bei der Entwicklung im Zusammenhang mit dem Eigenkapital für die Gastronomie und die Hotel- und Tourismuswirtschaft Sinn macht, das Risiko zu tragen, 70 und 80 Stunden wöchentlich und mitunter noch mehr zu arbeiten und sich auf Grund von arbeitsrechtlichen Bestimmungen oft auch noch von der Gewerkschaft oder von einer Kollegin Trunk kriminalisieren zu lassen. – Es sind viele offene Fragen, die man sich stellen muss. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das war jetzt die nächste Unterstellung!) Was habe Sie denn gemacht? Was haben Sie denn da gezeigt? War das eine Kriminalisierung, oder war es das nicht? (Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist ein Faktum!)

In Zeiten wie diesen sind die Herausforderungen enorm groß, sodass man grundsätzlich Überlegungen anstellen muss. Ich sage Ihnen: Es macht Sinn! Es macht wieder Sinn! Es macht Sinn seit Februar 2000, als wir den Stellenwert bekamen, der uns gebührt, und uns eine Vertretung in der Regierung in Form eines Staatssekretariats zuerkannt wurde.

All das, was wir vorfinden, ist an Rahmenbedingungen geknüpft, die uns letztendlich die Politik vorgibt, und diese haben, wie ich meine, seit dem 4. 2. 2000 sehr wohl eine neue Qualität erhalten. Es war eine enorme Herausforderung, von der Politik des Stillstandes auf eine gestaltende Politik überzugehen und tatsächlich zukunftsorientiert, zukunftsgestaltend im positiven Sinne wirken zu können.

Aber was hört man von den Kollegen gerade von der Sozialdemokratischen Partei? – Speed kills! Das war und ist das neue Schlagwort. Das ist eine Warnung vor der Geschwindigkeit, in der jetzt Änderungen angepackt werden. (Bundesrätin Mag. Trunk: Der das gesagt hat, heißt Khol, und der gehört zufällig nicht zur SPÖ!)

Es ist auch nicht verwunderlich, dass wir bei der schnellen Gangart dieser Regierung bereits den Tourismusbericht 2000 in Händen haben, während es bei manchen Berichten auch der sozialdemokratischen Minister oft eineinhalb und zwei Jahre gedauert hat, bis sie vorlagen. (Zwischenruf des Bundesrates Konečny. )

Wir von meiner Fraktion können uns für dieses Papier, für dessen hervorragende Erstellung und auch für den enormen Arbeitsfortschritt und die größeren Erfolge, die wir zwischen 1999 und 2000 feststellen können, bei den Beamten nur herzlich bedanken.

Das Staatssekretariat ist sich der Bedeutung der Verantwortung für das Wohl und Wehe von rund 70 000 Betrieben, 250 000 Mitarbeitern und nochmals so vielen Zulieferern durchaus bewusst. Die Überlebenschancen der in Österreich zu einem überwiegenden Teil kleinst strukturierten Tourismusbetriebe liegen in einer Bündelung der Kräfte, in der überzeugenden Vermittlung einer Aufbruchstimmung und in der Vorgabe einer klaren Marschrichtung. – Und dafür bedanken wir uns ganz herzlich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die von Tourismus und Politik gemeinsam erarbeiteten Ziele und Perspektiven sind die Voraussetzung dafür, dass Energien und Engagement freigesetzt werden, um eine positive Stimmung zu erzeugen, dem Gast mit einem "Herzlich willkommen in Österreich" entgegenzukommen und ihm das Gefühl zu geben, dass hier selbstbewusste Gastgeber mit viel Freude für ihn da sind.

Zu diesen Gastgebern gehört auch das Staatssekretariat mit unserer Staatssekretärin und der Sektion Tourismus samt allen Mitarbeitern, und ich danke für all die Arbeit, die zum Wohle unserer Touristiker, zum Wohle des Tourismuslandes und seiner Gäste in diesen zwei Jahren geleistet wurde! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich nenne nur einige Maßnahmen: Entfall der Getränkesteuer, Strukturreform der Österreich-Werbung, Reform der Wirtschaftsförderung, in deren Rahmen im Sinne des One-Stop-Shop-Prinzips die Bündelung der Tourismusförderung insgesamt in die österreichische Hoteltreuhand vorgenommen wurde, anlassbezogene Maßnahmen wie Sofortmaßnahmen bei der Katastrophe von Kaprun, bei Tunnelkatastrophen und bei den Ereignissen rund um den furchtbaren 11. September im Bereich Sport, Urlaub und Kongresstourismus. – Das soll nicht heißen, dass wir in Österreich davon abhängig sind, ob es negative oder positive Ereignisse gibt. Aber wir werden es auf jeden Fall schaffen, gute und positive Betriebe mit Eigenkapital zu bilden, wenn es so weitergeht wie bisher.

Der Staatspreis, der Tourismusumweltpreis und alle Aktivitäten, die das Staatssekretariat mit der Sektion Tourismus jetzt gestartet hat, werden dazu beitragen, dass Österreich zum Gesundheitsland Nummer eins, zum Umweltland Nummer eins, zum Kongressland Nummer eins und vor allem zum Familientourismusland Nummer eins wird.

Meine Damen und Herren! Es bleibt noch viel zu tun, und viele Ressourcen sind noch nicht ausgeschöpft. Österreich hat noch viel zu bieten, etwa Österreich als Filmland und Österreich als Kulturland. Es sind dies alles in allem gesunde, kräftige Wurzeln, die Boden benötigen, der aber von jedem Einzelnen individuell genährt werden muss. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

1.13

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Meine Damen und Herren! Bevor ich der Frau Staatssekretärin das Wort erteile, möchte ich noch eine Kleinigkeit sagen.

Es hat jetzt Unruhe im Saal gegeben, und es ist darauf hingewiesen worden, dass es schwarze Schafe gibt. – Dazu möchte ich sagen: Dieser Hinweis war nicht so zu verstehen, dass jemand dezidiert hingestellt wurde, Unrecht getan zu haben. Es wurde gesagt, dass etwas bei der Staatsanwaltschaft anhängig ist. Wir alle bekennen uns aber dazu, dass, solange es kein Urteil gibt, die Unschuldsvermutung gilt. Daher sollte man in solchen Fällen, wenn die Emotionen etwas hoch gehen, nicht immer gleich von Unterstellungen sprechen. Ich würde bitten, dass wir versuchen, einen Ton miteinander zu pflegen, welcher der Würde unseres Hauses entspricht. Ich glaube, dass wir jetzt nicht zuletzt auch deshalb so heftig miteinander diskutieren, weil uns der Tourismus als österreichische Visitkarte wirklich am Herzen liegt.

Wenn ich die Worte des Kollegen Ager richtig verstanden habe, dann sollten wir jetzt auch daran denken, dass unser Herr Rudi in der Cafeteria seit halb neun Uhr Vormittag für uns da ist und uns die ganze Zeit bedient. (Allgemeiner Beifall.)

Frau Staatssekretärin! Seien Sie mir nicht böse, dass ich jetzt vielleicht etwas zu lange gesprochen habe. – Bitte, Sie sind am Wort.

1.15

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte jetzt gleich auch an Ihre Worte anschließen: Wenn es Bundesräte gibt, welche die Situation benützen, um Unterstellungen zu deponieren, die wirklich ungeheuerlich sind, dann habe ich auch das Recht, zu sagen: Es wäre der falsche Weg, Verleumdungsbriefen, die leider in der Politik Alltag sind, nachzugehen. Der richtige Weg ist, dass, wenn ein Verdacht vorliegt, die jeweils zuständige Stelle – in diesem Fall das Arbeitsinspektorat – unverzüglich einschreitet. (Bundesrat Würschl: Das hoffen wir auch!) Das ist im Fall des genannten Betriebs geschehen, und es gibt jetzt ein schwebendes Verfahren. – Deshalb verstehe ich die ganze Aufregung nicht!

Im Hinblick darauf sage ich persönlich betroffen, dass der Verdacht sehr nahe liegt, dass es sozialdemokratische Abgeordnete gibt, die immer noch glauben, wir haben Sippenhaftung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich möchte jetzt aber zum Tourismusbericht kommen: Es liegen Ihnen zwei Berichte vor. Die Vorredner haben dazu inhaltlich schon sehr viel gesagt. Ich möchte ein paar Punkte explizit herausgreifen.

Im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der Österreich-Werbung bedanke ich mich vor allem bei den Vertretern der Bundesländer, die großartig mitgewirkt und in vielen Arbeitssitzungen diese Umstrukturierung ermöglicht haben. Die Österreich-Werbung ist jetzt ein modernes, dynamisches Unternehmen geworden, und das ist sehr wichtig für die Tourismuswirtschaft, weil nur ein modernes, dynamisches Unternehmen auf dem Markt arbeiten und rasch reagieren kann.

Ich möchte auch betonen, dass es erstmals klare Gehaltsstrukturen gibt. Das Geschäftsführergehalt ist nicht mehr eines der bestgehütetsten Geheimnisse der Republik, sondern es ist transparent und stellt die Spitze einer Pyramide im Gehaltschema innerhalb der Österreich-Werbung dar, und zwar ohne Firlefanz, ganz exakt nach der Vertragsschablone des Rechnungshofes.

Ich glaube, wir sind auch bei der gesamten weiteren Umstrukturierung auf einem sehr guten Weg. Die Österreich-Werbung hat in diesem Jahr Unermessliches geleistet. Für die Mitarbeiter war es nicht leicht, auch den neuen Gedanken der Eigenverantwortung und somit auch Managementfunktionen so zu übernehmen: Es geht darum, dass in Zukunft Leistungen verkauft werden müssen. Es ist dies ein modernes Marketingunternehmen, und wir sind auf einem sehr guten Weg, wenn es uns gelingt, das zum jetzigen Zeitpunkt vorhandene Budget in den nächsten Jahren zu verdoppeln.

Ich möchte nun auf die – heute schon mehrfach angesprochene – Problematik der Mitarbeiter zu sprechen kommen: Ich glaube, dass in den vergangenen Jahren vor allem eine Ausbildung der Mitarbeiter verabsäumt wurde. Es wurde verabsäumt, moderne Lehrberufsbilder zu schaffen, um die Jugend wieder in die Branche zu bekommen, es wurde aber auch – das sage ich durchaus – verabsäumt, eine entsprechende Solidarität unter den Unternehmen zu schaffen, und zwar nach dem Motto: Nur wenn man Mitarbeiter ausbildet, dann hat man in Zukunft Mitarbeiter. Wir stehen jetzt vor der Situation, dass es im Tourismus nahezu keinen Nachwuchs gibt, jedenfalls viel zu wenig, als wir brauchen. In diesem Zusammenhang erwähne ich auch, dass seit dem 11. September Tourismus neu geschrieben wird und Österreich auf gutem Wege ist, eine der besten Wintersaisonen zu haben.

In diesem Spannungsfeld befinden wir uns. Wir haben das Saisonier-Kontingent bereits verdreifacht, wir haben heuer insgesamt 12 600 Saisoniers, laut Regierungsübereinkommen wären es nur 8 000. Allerdings ist es sehr schwer, jetzt noch einmal aufzustocken. Ich bekenne mich aber dazu, dass dort Saisoniers ermöglicht werden, wo das Arbeitsmarktservice dezidiert erklärt, dass es keine vermittelbaren Arbeitskräfte gibt. Ich glaube, dann ist es legitim, dass man sagt: Okay, da kann man noch Saisoniers vermitteln! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Diesbezüglich sind auch die Sozialpartner gefordert, einen klaren Vorschlag auf den Tisch zu legen, denn das muss Sache einer lebenden Sozialpartnerschaft sein. Es geht nicht an, dass sich die Sozialpartner immer dann, wenn es brenzlig wird, zurückziehen, in anderen Situationen aber sagen: Wir werden ja nicht gefragt! Das sage ich durchaus kritisch: In diesem Moment wären zielführende Verhandlungen mehr als dringend notwendig, denn die erste Runde hat noch nichts gebracht. Ich bin aber trotzdem optimistisch, dass es noch vernünftige Lösungen geben wird.

Die Eigenkapitalstruktur der österreichischen Betriebe ist dramatisch. Eine ganz einfache Erklärung dafür ist, dass die Auslastung der Ferienhotellerie nur 30 Prozent beträgt. Dass sich dabei keine Deckungsbeiträge erwirtschaften lassen, ist klar. Deshalb ist unser Credo, das über allem steht: Saisonverlängerung, Ganzjahrestourismus. Kollegin Haunschmid hat schon ausgeführt, was wir in diesem Bereich alles unternehmen. Ich will auf Grund der späten Stunde nicht weiter ins Detail gehen, kann aber sagen: Wir haben Erleichterungen für die Unternehmer geschaffen, allein etwa mit dem Entfall der Getränkesteuer. Ich möchte in Erinnerung rufen: Der Entfall der Getränkesteuer auf alkoholfreie Getränke entsprach dem Wunsch dieser Bundesregierung, sie würde sonst noch bestehen. Wir haben damit erreicht, dass die gesamte Getränkesteuerprüfung wegfällt. Dieses Thema gibt es nicht mehr. Daher gilt mein Dank für deren Verständnis auch den hier sitzenden Herren Bürgermeistern, denn das ist sicherlich nicht leicht für sie.

Wir haben es aber auch geschafft, den Postensuchtag und die Urlaubsaliquotierung abzuschaffen, woraus sich die erste Lohnnebenkostensenkung ergab. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. ) Die Lehrlingsbeschäftigung wurde erleichtert, drei Monate Probezeit sind einfach eine Erleichterung: So lernt man den jungen Menschen besser kennen.

Einerseits darf ein junger Mensch nicht länger als bis 23 Uhr arbeiten, andererseits lässt man sich aber sehr wohl bis zwei Uhr Früh an der Theke bedienen. – Wir haben nun die Lehrlingsbeschäftigung bis 23 Uhr ermöglicht, und dadurch sind die jungen Menschen auch in den Gesamtbetrieb besser integriert. Denn es kann nicht sein, dass der Lehrling um 22 Uhr geht und der Küchenchef am Schluss alles wegräumt, denn auch Wegräumen gehört zum Berufsbild.

Wichtig ist aber auch die Reduzierung der Pflichtmitgliedsbeiträge der Wirtschaftskammer um 2 Milliarden insgesamt. Diese 2 Milliarden sind in Summe ein ganz schöner Brocken, und davon profitieren gerade auch junge Betriebe.

Der Tourismusbericht, den Sie vor sich liegen haben, ist objektiv gestaltet. Damit möchte ich jetzt auch die Vorwürfe entkräften, dass wir irgendwelche negativen Inhalte transportieren. Es ist dies ein objektiver Tourismusbericht, der weder parteipolitisch noch sonst irgendwie eingefärbt ist. Dazu möchte ich sagen: Tourismuspolitik ist etwas hoch Politisches, hat aber mit Parteipolitik nichts zu tun, und das verwechseln vielleicht manche noch! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Zum Abschluss möchte ich sagen: Wenn Sie den Bericht durchlesen, dann werden Sie sehen, dass es Unterschiede zwischen dem Bericht 1999 und jenem von 2000 gibt. Der Bericht 2000 ist der erste von mir mitgestaltete Bericht. Er ist wieder etwas ausführlicher geworden, und zwar aus dem Grund, weil wir erstmals andere Sektoren mit aufgenommen haben: Wir haben etwa die Kongresswirtschaft oder die Seilbahnwirtschaft näher beleuchtet und haben durchaus auch Gastkommentare mit aufgenommen. Ich glaube, das macht Sinn. Das Schwerpunkthema für den nächsten Bericht ist – das kann ich jetzt auch gleich sagen – die Arbeitswelt einen Tourismus. Dieses ganz wesentliche Thema muss auch in diesem Zusammenhang einen Niederschlag finden.

Für weitere Detailfragen stehe ich selbstverständlich jedem zur Verfügung. Sie können auch von meinem Büro diverse Unterlagen bekommen, wenn Sie das wünschen, falls Sie diese für Ihren Wahlkreis oder als Bürgermeister für Ihre Gemeinde brauchen.

Ich möchte noch erwähnen, dass wir erstmals wirklich transparent gemacht haben, welche wirtschaftspolitische und volkswirtschaftspolitische Bedeutung der Tourismus hat, und zwar durch ein so genanntes Tourismus-Satellitenkonto. Das haben wir von der Europäischen Union übernommen. Wir sind einer der ersten Staaten, die das machen. Der Tourismus wird in seiner Gesamtwertschöpfung dargestellt, und wir kommen dabei auf 17 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und auf ein Umsatzvolumen von über 400 Milliarden im Jahr. – Ich muss sagen: Das ist großartig! Ich glaube, dass es wichtig ist, dass man das auch insgesamt erfasst, und wir arbeiten daran, in Zukunft das gesamte Datenmaterial dem Tourismus-Satellitenkonto unterzuordnen, wenn möglich auch nach Saisonen beziehungsweise auch noch länderbezogen. Das ist nicht ganz einfach, aber wir werden uns darum bemühen, denn es ist volkswirtschaftlich viel plakativer, wenn man zeigt, wie viel im Tourismus steckt, und nicht nur immer die Umsätze der Hotellerie und Gastronomie aufzählt.

In Anbetracht der späten Stunde beschränke ich mich mit meiner Wortmeldung. Allerdings möchte ich sagen, dass es auch für mich nicht sehr erfreulich ist, wenn ein so wesentlicher Sektor um halb zwei Uhr im Bundesrat behandelt wird und nicht mehr Öffentlichkeit findet. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

1.25

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Gestatten Sie mir, auch in Anbetracht der späten Stunde noch einmal eine Bitte an alle zu richten: Es gibt Worte, die man sich hundert Mal überlegen sollte, bevor man sie in den Mund nimmt. Dazu gehört auch das Wort "Sippenhaftung". Ich möchte nicht mehr dazu sagen, bitte aber wirklich, sich bei der Verwendung mancher Wörter genau zu überlegen, was man sagt.

Ich sehe, dass es noch einen Wortmeldungswunsch gibt. – Bitte

1.26

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Werte Damen und Herren! Frau Präsidentin Haselbach hat eingemahnt, dass nicht nur für alle Mitglieder dieses Hauses, sondern in einem ordentlichen Rechtsstaat generell die Unschuldsvermutung zu gelten hat, wenn es sich um schwebende Verfahren handelt. – Auch ich meine, dass man mit nicht belegten Vorwürfen sehr sensibel und sehr vorsichtig umgehen solle, vor allem wenn diese Anschuldigungen und Behauptungen keinem Verfahren unterliegen.

Frau Präsidentin! Ich bin mit dieser Aussage völlig bei Ihnen! Trotzdem möchte ich festhalten, meine Damen und Herren, dass die Wortmeldung unserer Kollegin Trunk an Unverfrorenheit grenzt, wenn sie hier sagt, dass eine Mitteilung an die Staatsanwaltschaft quasi mit einer Verurteilung gleichzustellen sei.

Frau Kollegin! Sie haben den Versuch einer Selbstjustiz unternommen, was auf das Schärfste zurückzuweisen ist! (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. ) Gegen eine derartige Vorgangsweise verwahren wir uns! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Freiberger:  Du hörst auch nur das, was du hören willst!)

Frau Kollegin Trunk! Sollten Sie Kenntnis haben, dass es eine Mitteilung an die Staatsanwaltschaft gibt, und sollten Sie weiterhin behaupten – was ich nicht glaube –, dass Sie eine entsprechende Information von der Staatsanwaltschaft haben, dann bitte ich Sie, Frau Kollegin, zu bedenken, dass Sie damit der Staatsanwaltschaft Indiskretion und vor allem Rechtsbruch vorwerfen! (Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist die absolute Unwahrheit!)

Frau Kollegin! Ich bitte Sie: Seien Sie mit solchen Äußerungen vorsichtig! Es muss für alle in diesem Haus und für alle Bürger in unserem Land die Unschuldsvermutung gelten! Ich ersuche Sie noch einmal eindringlich, das zu berücksichtigen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

1.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die vorliegenden Berichte.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich aus dem Jahr 1999.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag auf Kenntnisnahme des Berichts ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich aus dem Jahr 2000.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag auf Kenntnisnahme des Berichts ist somit angenommen.

34. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und das Bauarbeitenkoordinationsgesetz geändert werden (Arbeitnehmerschutz-Reformgesetz – ANS-RG) (802 und 898/NR sowie 6495 und 6529/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 34. Punkt der Tagesordnung: Arbeitnehmerschutz-Reformgesetz.

Die Berichterstattung hat wieder Herr Bundesrat Ing. Klamt übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ing. Gerd Klamt: Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hoher Bundesrat! Ich präsentiere den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und das Bauarbeitenkoordinationsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, sodass ich mich auf die Antragstellung beschränken kann.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben. (Beifall des Bundesrates Mag. Gudenus. – Heiterkeit.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, und ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die an der Abstimmung teilnehmen wollen, ihre Plätze einzunehmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

35. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (59. Novelle zum ASVG) (834 und Zu 834 und 892/NR sowie 6492, 6493

und 6530/BR der Beilagen)

36. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (26. Novelle zum GSVG) (835 und Zu 835 und 893/NR sowie 6494 und 6531/BR der Beilagen)

37. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (25. Novelle zum BSVG) (837 und Zu 837 und 894/NR sowie 6532/BR der Beilagen)

38. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (29. Novelle zum B-KUGV) (838 und Zu 838 und 895/NR sowie 6533/BR der Beilagen)

39. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger geändert wird (12. Novelle zum FSVG) (836 und Zu 836 und 896/NR sowie 6534/BR der Beilagen)

40. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (10. Novelle zum NVG 1972) (839 und Zu 839 und 897/NR sowie 6535/BR der Beilagen)

41. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bewertungsgesetz 1955 geändert wird (483/A und 899/NR sowie 6536/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 35 bis 41 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies: ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird – gemeint ist die 59. Novelle zum ASVG –,

ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird – es ist dies die 26. Novelle –,

ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird – es ist dies die 25. Novelle –,

ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird – es ist dies die 29. Novelle zum entsprechenden Gesetz –,

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger geändert wird – es ist dies die 12. Novelle zu diesem Gesetz –,

ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird – es handelt sich hier um die 10. Novelle zu diesem Gesetz –, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Bewertungsgesetz 1955 geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 35 bis 41 hat Frau Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann übernommen. Ich bitte um die Berichte.

Berichterstatterin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird, 59. Novelle zum ASVG.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird, 26. Novelle zum GSVG.

Auch hier liegt der Bericht in schriftlicher Form vor, und ich beschränke mich ebenfalls auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird, 25. Novelle zum BSVG.

Auch hier liegt Ihnen der Bericht in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird, 29. Novelle zum B-KUVG.

Auch hier liegt Ihnen der Bericht in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger geändert wird, 12. Novelle zum FSVG.

Auch hier liegt Ihnen der Bericht in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich daher auf die Antragstellung

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe nun den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird, 10. Novelle zum NVG 1972.

Auch hier liegt Ihnen der Bericht in schriftlicher Form vor. Ich stelle daher nur den Antrag.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Schließlich bringe ich den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bewertungsgesetz 1955 geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Horst Freiberger das Wort. – Bitte.

1.37

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Unter den Tagesordnungspunkten 35 bis 41 ist Tagesordnungspunkt 39, dem die sozialdemokratischen Bundesrätinnen und Bundesräte zustimmen werden. Es handelt sich dabei um ein Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger. Da ist eine Bestimmung aufgenommen worden, die vorsieht, dass bestimmte Sonderklassenhonorare, die jetzt aus dem ASVG als Entgeltbegriff herausgenommen wurden, dem FSVG zugeführt werden.

Das sind steuerrechtlich Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Wir halten das für eine richtige Entscheidung. Unser Ansatz dazu war immer, dass alle Entgelte in der Sozialversicherung zu erfassen sind. Im Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger sind nun diese Sonderklassenhonorare berücksichtigt. Deshalb werden wir Tagesordnungspunkt 39 die Zustimmung geben. (Beifall des Bundesrates Mag. Gudenus. ) Das ist durchaus vernünftig, ja. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nun zu einigen anderen Themen dieser Vorlagen: Einleitend möchte ich gleich festhalten, dass wir die übrigen Punkte aus diesem Paket ablehnen werden.

Hohes Haus! Die Chipkarte steht bei den Regierungsparteien anscheinend unter dem Motto: "Pleiten, Pech und Pannen". Wenn man nur an die Diskussion der letzten Wochen denkt, dann muss man sagen, kennt sich die Bevölkerung in Österreich sowieso nicht mehr aus. Einmal ist die FPÖ für eine Chipkartengebühr, dann ist die ÖVP dagegen, dann ist die FPÖ wieder dagegen und die ÖVP wieder dafür. Ich möchte das auf Grund der fortgeschrittenen Zeit nur ganz kurz behandeln. (Bundesrat Mag. Gudenus: Wo ist die SPÖ?) Wir haben das sehr gut recherchiert, ich kann dann selbstverständlich auch die SPÖ-Stellungnahmen vorlesen, aber es wird bekannt sein, was die SPÖ ... (Bundesrat Ing. Polleruhs: Aber bitte genau vorlesen!) Ist nicht bekannt? – Bitte sehr. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Nein, das ist mir dann doch zu viel Aufwand, aber ich lese dir das sehr gerne vor.

Kollege Sallmutter hat bereits 1998 gesagt: "Flächendeckend wird es die Chipkarte frühestens im Jahr 2000 geben. Wo kein Krankenschein, da auch keine Gebühr." – Das war Hauptverbandspräsident Hans Sallmutter. (Bundesrat Mag. Gudenus: Der hat ja nichts mehr zu reden!) Bitte? (Bundesrat Mag. Gudenus: Der hat ja nichts mehr zu reden, der Sallmutter!) Ich mache das genau. Wenn man das genau wissen will, mache ich das sehr genau. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Weilharter: Also die SPÖ war für die Chipkarte?) – Für die Karte, selbstverständlich. Das ist auch beschlossen worden. Der Beschluss der Chipkarte steht heute nicht zur Debatte.

Bundeskanzler Klima hat auch gesagt, wenn es keine Krankenscheine mehr gibt, dann gibt es keine Krankenscheingebühr mehr. Frau Sozialministerin Hostasch hat selbigen Inhalt zum Ausdruck gebracht, und diese Meinung der SPÖ-Vertreter hat sich bis heute selbstverständlich nicht geändert.

Aber ganz anders ist es bei den Vertretern der Regierungsparteien. Herr Bundeskanzler Schüssel, damals noch nicht Bundeskanzler, hat gesagt: "Je früher die Chipkarte eingeführt wird, desto schneller kann der Krankenschein nebst Gebühr verschwinden." – Das war im Jahr 1997.

Die FPÖ hat dazu eine ganz andere Haltung eingenommen. Herr Bundesminister Haupt hat gesagt, das sei eine gute Regelung: "Sozialminister Haupt sprach indes von einer guten Regelung betreffend die Chipkartengebühr."

Frau Vizekanzlerin Riess-Passer sagt zum Beispiel, es sei unverantwortlich, auf Einnahmen zu verzichten: "Ich glaube, es wäre unverantwortlich, in dieser Situation hier zu sagen, wir verzichten auf Einnahmen in der Höhe von rund 600 Millionen Schilling, die nicht gedeckt werden." – Das war am 13. November 2001.

Und dann hat es natürlich sofort die Meldungen gegeben: "FPÖ gegen Chipkartengebühren". – Es war ebenfalls Sozialminister Haupt, der im Juli behauptet hat: "Kleingroschen-Selbstbehalte wie Rezept- und Krankenscheingebühr sollen abgeschafft werden."  – Das war am 9. 7. 2001.

Herr Staatssekretär Waneck! Sie haben am 6. November auch eine Meldung diesbezüglich abgegeben, dass keine Gebühr vorgesehen sei: "Derzeit ist sicher keine Gebühr vorgesehen.", sagte Gesundheitsstaatssekretär Waneck am 6. 11. 2001.

Das geht so weiter. Einer hat eine besondere Kehrtwendung vollzogen, das war Kollege Pumberger. Das ist auch eine recht lustige Geschichte. "Eine Kehrtwende machte FPÖ-Gesundheitssprecher Alois Pumberger. Wollte er tags zuvor der Gebühr keinesfalls zustimmen, konnte er sich am Mittwoch ein Ja zur Gebühr sehr wohl vorstellen." – Alle diese Dinge sind auch im "Standard" gestanden.

Es ist so, dass sich die Bevölkerung anlässlich solcher Meldungen – einmal für, einmal dagegen – absolut nicht mehr auskennt. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Machen Sie so weiter! Die Wählerinnen und Wähler werden Ihnen dafür die entsprechende Rechnung präsentieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Ein weiterer Punkt zu diesem Paket ist die Erweiterung der Speichermöglichkeiten auf der Chipkarte. Das ist mit besonderer Vorsicht zu genießen. Darauf hat auch der Datenschutzrat skeptisch reagiert. Es gibt auch eine kritische Stellungnahme der AK, die ich kurz verlesen darf. (Bundesrat Weilharter: Von wem?) – Der Arbeiterkammer. (Bundesrat Weilharter: Da gibt es auch Karten!) Da sind aber keine Notfallsdaten drauf.

Die Stellungnahme der AK zur Chipkarte ist auf jeden Fall sehr ernst zu nehmen. Darin schreibt die AK: Die Erweiterung der Speichermöglichkeiten auf der Chipkarte verstößt gegen datenschutzrechtliche und verfassungsrechtliche Prinzipien und vermittelt den Eindruck eines unsensiblen Umgangs mit prekären Patientendaten. Befürchtet wird seitens der Arbeiterkammer außerdem, dass der Arbeitgeber bei Bewerbungen künftig die Herausgabe der Karte verlangt, um mit einfachen Lesegeräten die Daten abzulesen. Gesundheitlich beeinträchtigte Arbeitnehmer könnten dadurch erhebliche Nachteile erleiden.

Meine Damen und Herren! Das ist sehr ernst zu nehmen. Aber anscheinend wollen Sie die Menschen nur besser kontrollieren. Sie wollen sozusagen den gläsernen Menschen. Wir machen bei dieser Politik sicherlich nicht mit.

Hohes Haus! Als nächsten Punkt möchte ich kritisch anmerken, dass die Sozialversicherungsträger jetzt eine Informationsverpflichtung gegenüber dem Ministerium haben. Es gibt eine 48-stündige Auflage. Ich würde das als den so genannten Maulkorbparagraphen bezeichnen. Es gibt eine Zensurmöglichkeit für das Ministerium. Damit wird die Selbstverwaltung der Sozialversicherung schon weitestgehend in Frage gestellt.

Der Leitende Sekretär des ÖGB, Richard Leutner, sagt ganz eindeutig, dass die Bundesregierung politische Zensur plant: "Als einen Maulkorberlass und politische Zensur bezeichnete der Leitende ÖGB-Sekretär die geplante Informationsverpflichtung der Sozialversicherungsträger gegenüber dem Sozialministerium. Eine derartige Bestimmung ist aus demokratiepolitischen Grundsätzen strikt abzulehnen. Das ist Zensur. Die derzeitigen Kontroll- und Aufsichtsinstanzen sind mehr als ausreichend."

Es ist sicherlich so, dass die jetzigen Kontrollinstanzen im Rahmen der Selbstverwaltung selbstverständlich ausreichend sind und ausreichend vorhanden sind.

Meine Damen und Herren! Wir haben heute zu Beginn dieser Sitzung bei der Fragestunde dieses Thema schon kurz behandelt, aber es ist ein sehr wesentliches Thema im Zusammenhang mit diesen Novellen. Es geht um die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und der Angestellten. Es wird immer wieder ins Treffen geführt, dass Verwaltungskosten von rund 10 Prozent eingespart und Synergien bei der Zusammenlegung dieser beiden Sozialversicherungsträger erreicht werden können.

Wenn man diesen Spargedanken überall anlegte, dann müsste man auch zu dem Entschluss kommen, die Sozialversicherungsträger nicht nur auf der Arbeitnehmerseite, sondern auch auf der Selbständigenseite zusammenzulegen. Wenn man bedenkt, wie unterschiedlich die Höhe der Zuschüsse des Staates pro Pension und Monat sind, dann müsste die Motivation bei der Zusammenlegung der Selbständigen- und Bauernversicherungen viel größer sein. Pro monatliche Pension in der Pensionsversicherung der gewerblichen Wirtschaft wird ein Zuschuss in der Höhe von 6 863 S gewährt. Bei den Bauern beträgt der Zuschuss 5 952 S pro Monat. Im Vergleich dazu beträgt bei einem Angestellten der staatliche Zuschuss für eine Pension pro Monat 1 215 S und bei einem Arbeiter 1 782 S. Also der Staat schießt im Selbständigen- und Bauernbereich viel mehr Mittel pro Pension zu, und es sollte auch hier ... (Bundesrat Ing. Franz Gruber: Trotzdem hat ein Bauer nur 5 000 S Pension!) Wieso? Wenn der durchschnittliche Zuschuss 5 952 S beträgt? – Da stimmt deine Durchschnittszahl nicht ganz. (Bundesrat Ing. Franz Gruber: Deine auch nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sollten jetzt nicht um Groschen streiten, denn es geht um die grundsätzliche Sache. Ich glaube, dass es höchst an der Zeit ist, dass man, wenn man schon von Zusammenlegung und von Synergienutzung spricht, das nicht nur auf der Seite der Arbeitnehmer macht, sondern es geht auch darum, Strukturen zu schaffen, die den Versicherten zugute kommen, und das muss in allen Bereichen stattfinden, denn sonst müsste man möglicherweise parteipolitische Motivation unterstellen a lá so genannte Reform des Hauptverbandes unter dem Motto: Rot raus, Blau-Schwarz rein!

Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie ernst Sie Einsparungen in diesen Bereichen nehmen, das zeigt genau die Änderung im Hauptverband. Kürzlich war in einer Zeitung zu lesen, dass die neue Organisationsform wesentlich teurer ist als die alte, aber Hauptsache, es ist umgefärbt, Hauptsache, es ist Blau-Schwarz im Hauptverband, und Sie können über dieses Instrumentarium Ihre Politik durchsetzen.

Meine Damen und Herren! Wir machen bei dieser Chaospolitik sicherlich nicht mit. Wir stimmen deshalb gegen diese Vorlagen mit Ausnahme des von mir bereits angesprochenen Punktes 39. (Beifall bei der SPÖ.)

1.50

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Anna Höllerer. Ich erteile ihr das Wort.

1.50

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die 59. Novelle zum ASVG und die Novellierung der analogen Gesetze bedeuten eine besonders gute Modernisierung des österreichischen Sozialsystems.

Erlauben Sie mir, zuerst einmal darauf hinzuweisen, dass in der 25. Novelle zum BSVG gemäß dem Koalitionsübereinkommen eine Senkung des fiktiven Ausgedinges bei der Berechnung der Ausgleichszulage vorgenommen wurde, und zwar genau um einen Prozentpunkt auf mittlerweile 27 Prozent des jeweiligen Richtsatzes. Das bedeutet für alle Bäuerinnen und Bauern, die eine besonders niedrige Pension haben, einen gewissen Zusatz, der in diesem Fall wirklich notwendig ist. Genauso war es auch versprochen.

Die Zusammenführung der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und der Angestellten zu einer einheitlichen Anstalt für unselbständig Erwerbstätige, die ab 1. Jänner 2003 stattfinden wird, ist ein Schritt, der wieder etwas zur Gleichstellung der Arbeiter und Angestellten beiträgt. Das ist genau das, was Sie, meine Damen und Herren der sozialdemokratischen Fraktion, über Jahre versucht haben. Damit wird das noch ein bisschen besser fundiert und einzementiert. Das ist also ein positiver Schritt, den Sie durchaus auch so bewerten können.

Versichertennähe und serviceorientierte Betreuung sind, wie Sie wissen, weiterhin gegeben, da es ja auch zukünftig Einrichtungen von Landesstellen für die neue Pensionsversicherungsanstalt geben wird.

Zu Ihrem Anliegen bezüglich der Ausstattung der Chipkarte mit den Notfallsdaten auf freiwilliger Basis, die bereits 1999 beschlossen wurde, möchte ich sagen, dass das tatsächlich eine Art von Gesundheitsversicherung für manche Versicherte bedeuten kann, die eben auf Grund einer besonders schwierigen Krankheitssituation oder als Allergiker im Notfall auf kompetente und schnellste Hilfe und auch darauf angewiesen sind, dass die optimalsten Daten zur Verfügung stehen.

Ich habe hier ein Schreiben, in dem Ihr Kollege Sallmutter sagt: "Die Schreckgespenster vom totalitären Überwachungsstaat und dem gläsernen Patienten sind schlichtweg lächerlich. Datenmissbräuche werden durch die geschickte Konzeption des Systems ausgeschlossen."  – Und genau das ist auch passiert.

Diese hochsensiblen Daten – und das sind sie wirklich –, die auf dieser Karte gespeichert werden können – das ist immer wieder zu betonen: auf freiwilliger Basis gespeichert werden können –, dürfen nur für medizinische Zwecke abgelesen werden. Eine missbräuchliche Verwendung ist nach § 52 des Datenschutzgesetzes strafbar.

Diese Daten können, sobald sie der Versicherte nicht mehr auf seinem Datenträger haben will, auch wieder gelöscht werden. Es ist also auch möglich, diese Daten zu löschen, sodass wirklich niemand Einblick nehmen kann. Es ist so, dass diese sensiblen Daten, wenn es der Versicherte nicht will, auch tatsächlich nicht auf dieser Chipkarte gespeichert werden müssen.

Zu Ihrer Anmerkung, dass es zukünftig keine Chipkartengebühr geben soll: Sie alle wissen, dass ein gutes Gesundheitssystem etwas kosten muss und auch etwas kosten darf, und es die prekäre Situation unserer Krankenversicherungsträger letztendlich unumgänglich macht, dass auch in Zukunft eine Abgeltung, wenn man zum Arzt geht, stattfinden muss, egal, wie sie dann immer aussehen mag. Selbstverständlich darf man darüber diskutieren, welchen Weg man da in Zukunft einschlagen soll, aber die 600 Millionen Schilling, die bisher eingebracht wurden, müssen auch in Zukunft wieder zur Verfügung stehen.

Wenn Sie darauf zu sprechen kommen, dass es zukünftig auch eine Zusammenlegung der gewerblichen und der bäuerlichen Sozialversicherungsanstalten geben soll, dann muss ich Sie darauf hinweisen, dass es hier – ganz im Gegenteil zu den ASVG-Versicherten – keine gleichartige beitragsrechtliche Grundlage gibt, sondern dass da gewaltige Unterschiede vorhanden sind. Dazu kommt noch, dass gerade in der Bauern-Sozialversicherung gewaltige Reformen stattfinden, die noch nicht abgeschlossen sind. In ein System einzugreifen, das gerade in der Modernisierung steckt, das wäre bestimmt der schlechteste Weg.

Die Strukturprobleme, die in der bäuerlichen Sozialversicherung unumstritten vorhanden sind, hängen natürlich damit zusammen, dass wir eine Agrarquote haben, die mittlerweile 4 Prozent beträgt – das heißt, 4 Prozent der in Österreich tätigen Menschen arbeiten in der Landwirtschaft. Wir haben aber immer noch eine Familienstruktur, wonach die bäuerlichen Familien im Durchschnitt – statistisch gesehen – immerhin 2,7 Kinder haben, während es im österreichischen Durchschnitt lediglich 1,3 Kinder gibt. Alle weichenden Kinder der Bauernfamilien zahlen jedoch in ein anderes System ein.

Es kommen auf 52 Pensionisten 48 aktive Bauern als Beitragszahler. Das ist eine Struktur, die sich selbstverständlich nicht mehr selbst tragen kann. Das ist unumstritten. Trotzdem muss ich sagen, dass es sehr wichtig ist, dass auch in Zukunft eine berufsständische Versicherung aufrechterhalten bleibt. Das bedeutet aber, dass man sich auf Kernkompetenzen konzentrieren kann, dass man durchaus Synergieeffekte mit anderen Versicherungsträgern suchen kann, auch suchen wird und gerade dabei ist, das umzusetzen – in Zusammenarbeit mit der gewerblichen Wirtschaft –, und dass es auf diesem Weg in Zukunft sehr wohl große Einsparungseffekte geben kann.

Ich möchte Sie daher bitten: Unterstützen Sie diese Möglichkeiten, die es hier gibt, und reden Sie keine Schwierigkeiten herbei, die nicht selbstgemacht sind, nicht hausgemacht sind, sondern die einfach auf Grund von Strukturenveränderungen gegeben sind! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

1.57

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Hedda Kainz das Wort. (Bundesrätin Kainz: Ich habe zurückgezogen! – Ruf: Bravo!) Die Wortmeldung ist nicht mehr aufrecht.

Dann erteile ich Herrn Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck das Wort. – Bitte.

1.57

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Herr Präsident! Hohes Haus! Die 59. Novelle zum ASVG beinhaltet nicht nur die angesprochenen Punkte, sondern insgesamt 29 Veränderungen, wobei ich nur einige wenige kurz anreißen möchte: Rechtsbereinigung im Zusammenhang mit Gesetzesänderung, Euro-Werte, die selbstverständlich sind, Änderung des Startwertes für die Höchstbeitragsgrundlage, Einhebung eines Zusatzbeitrages für Angehörige von Pensionsbeziehern aus verwaltungsökonomischen Gründen, Änderung des Begriffes "Wartung" in "Pflege", Publikation von Rechtsakten im Internet statt in der Zeitschrift "Soziale Sicherheit", was mit deutlichen Geldeinsparungen verbunden ist, Sicherung der Qualität von Informationsmaßnahmen, bargeldloser Zahlungsverkehr, Festlegung der Geburtsdaten versicherter Personen, Ruhen des Knappschaftsoldes, Mindesthöhe des übergangsrechtlichen Kinderzuschusses, weitere Senkung des fiktiven Ausgedinges, redaktionelle Klarstellungen, Regelung der Übertragung der Kosten der Verfahrensschiedskommission, Leistungsanspruch gegenüber dem Dienstgeber für Angehörige von Dienstnehmern in Ausland, Erstellung eines Psychotherapiekonzeptes, eingekaufte Schul- und Studienzeiten bei freiwilliger Zahlung zur höheren Versicherung, erweiterte Datenübermittlung durch die Abgabenbehörden des Bundes zwischen Versicherungsträgern und Finanzverwaltung – die im Bereich der bäuerlichen Krankenversicherungen gesetzten beitragswirksamen Maßnahmen wurden schon angesprochen –, vorübergehende Einbeziehung geringfügig beschäftigter neuer Vertragsbediensteter, Erweiterungen des § 53a Abs. 4 ASVG betreffend Beitragsvorschreibung für mehrfach geringfügig Beschäftigte sowie § 76, pauschalierte Unterhaltsberechnungen und Neuregelungen der Sachleistungszuständigkeiten und redaktionelle Klarstellungen.

Sie sehen, dass hier ein umfassendes Reformwerk vorliegt, das aber natürlich einige Meilensteine enthält.

Die freiwillige Datenspeicherung bei den ELSY-Chipkarten, die angesprochen wurde, hat natürlich einen Hintergrund, der auch entsprechend geklärt wurde, und ich darf daran erinnern, dass alle im Begutachtungsverfahrung vom Datenschutzrat gemachten Einwendungen im Hinblick auf die hochsensiblen Gesundheitsdaten in dieser Novelle berücksichtig worden sind.

Hinsichtlich der Gebührendiskussion darf ich darauf hinweisen, dass es nicht darum gegangen ist, dass die Karte etwas kostet, sondern dass man ein Service damit verbindet. Denn für Service kann man etwas verlangen, für eine Plastikkarte allein ist das sicher schwieriger.

Gedacht ist dabei an Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen. Wenn ich davon ausgehe, dass in Österreich derzeit nur 700 000 Österreicher, also weniger als 10 Prozent, von Vorsorgeuntersuchungen Gebrauch machen, so muss ich sagen, haben wir einen hohen Nachholbedarf. Gerade die Einführung einer solchen Karte bietet eine Möglichkeit, mit einer solchen Gratisuntersuchung den Gesundheitszustand unserer Bevölkerung zu heben.

Ich wäre selbst nicht draufgekommen, aber es wurde von meinem Vorredner darauf hingewiesen, dass Präsident Sallmutter im Jahre 1998 gesagt hat, dass im Jahre 2000 die Chipkarte schon eingeführt sein würde. Sie war bei seinem Abgang noch immer nicht vorhanden. Wir haben sie umgesetzt. (Beifall des Bundesrates Weilharter. )

Ich kann mich auch noch erinnern, dass er gesagt hat, dass bis dahin die EDV-Vernetzung zumindest zwischen den zwei großen Pensionsversicherungsanstalten beendet sein würde. Das war noch immer nicht der Fall, aber wir haben sie umgesetzt. Er hat aber im Jahre 2000 seine vorzeitige Ruhestandsrede gehalten, indem er gesagt hat, es sei alles gemacht. Und wenn ich einmal sagen kann, ich habe alles gemacht, dann sage ich das in meiner Rede, die ich wahrscheinlich vor meiner Pensionierung halte.

Aber auch die organisatorische Zusammenführung der Aufgaben der gesetzlichen Pensionsversicherung ist sicherlich ein Meilenstein in diesem Gesetzeswerk.

Schon erwähnt wurde die Trennung der Ärztegehälter und der Sondergebühren. Auch das war ein Schritt, den ich früher schon während der vielen Jahre, in denen ich selbst verhandelt habe, sehr gern gehabt hätte und der jetzt endlich umgesetzt worden ist.

Ein weiterer Meilenstein, der nicht zu unterschätzen ist, ist die rollierende Gebarungsvorschaurechnung. Erinnern wir uns doch daran, welch desaströse Diskussionen wir hatten. Nachdem im Jahr 1999 ein Abgang in der Höhe von 3,9 Milliarden Schilling zuerst verschwiegen und dann festgestellt wurde, hat es im Jahre 2000 eine Prognose – ebenfalls vom Hauptverbandspräsidium – von 5,7 Milliarden gegeben. Ich kann mich erinnern, dass der Präsident in mehreren Pressekonferenzen diese Summe innerhalb von sechs Monaten zuerst von 5,7 Milliarden auf 5,5, dann auf 5 und im August des Jahres 2000 auf 4,5 Milliarden revidierte. Tatsächlich waren es dann 3,2 Milliarden oder, wenn ich nur den nicht gedeckten Abgang nehme, 1,7 Milliarden Schilling. Und das schaut doch wohl ganz anders aus.

Ich sehe drei Möglichkeiten, die dazu geführt haben: Entweder lag da eine politische Panikmache vor oder Unfähigkeit, oder unsere Maßnahmen haben gegriffen. Ich stehe nicht an, zu sagen, dass ich glaube, dass die Punkte 1 und 3 am wahrscheinlichsten zutreffen, und darf feststellen, dass im Jahr 2000 der Abgang 3,2 oder – ungedeckt – 1,7 Milliarden betrug. Dasselbe gilt für dieses Jahr. Es ist schon wieder etwas weniger. Sicherlich ist noch einiges zu leisten, aber ich glaube, da haben die Maßnahmen gegriffen.

Das Wesentliche dabei ist, dass die Controllinggruppe jetzt verpflichtet ist, nicht eine Gebarungsnachschau eineinhalb Jahre nach dem Ende des Geschäftsjahres zu machen, sondern eine Gebarungsvorschau, die auf einen dreijährigen Planungshorizont ausgelegt ist.

Zu guter Letzt noch eine wesentliche Sache, an die viel zu wenig gedacht wird, nämlich die Aufnahme der ARGE Selbsthilfe in das Sozial- und Gesundheitsforum Österreich, einem Teil des Verwaltungskörpers des Hauptverbandes. Wenn ich davon ausgehe, dass wir in Österreich in der glücklichen Lage sind – wir haben gerade das Jahr der Behinderten und der freiwilligen Hilfe hinter uns –, dass noch immer mehr als 60 Prozent der Bevölkerung bereit sind, freiwillige Dienste an der Gesellschaft zu leisten, während es zum Beispiel im Sozialstaat Schweden nur mehr 36 Prozent sind oder in unserem Nachbarstaat nur mehr 18 Prozent, dann darf ich sagen: Glückliches Österreich! Es ist selbstverständlich, dass wir diesen Selbsthilfegruppen jenen Wert in der Gesellschaft zugestehen, der ihnen zukommt, da ihre Arbeit durch nichts zu ersetzen ist, schon gar nicht durch materielle Beiträge.

Sie sehen also, dass hier ein sehr umfassendes Gesetzeswerk vorliegt, auf das man mit gutem Grund stolz sein kann.  – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

2.04

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile ihm das Wort.

2.04

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Ganz kurz noch einmal zurück zu Kollegen Freiberger. (Bundesrat Freiberger: Ich weiß, dass Sie mich lieben!) Er hat sich über verschiedene Gebühren im Sozialbereich wie Krankenscheingebühr, Ambulanzgebühr, Rezeptgebühr und vieles mehr alteriert. Herr Kollege Freiberger! Faktum und Tatsache ist aber, dass alle diese Gebühren unter einem sozialistischen Sozial- beziehungsweise Gesundheitsminister eingeführt worden sind.  – Erster Punkt. (Ruf: Meinen Sie die Ambulanzgebühr? – Bundesrat Freiberger: Da haben Sie Pech gehabt! Das habe ich nämlich gar nicht gesagt! – Lebhafte Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Konečny: Meinen Sie das ernst oder haben Sie das falsche Manus mit?)

Zweiter Punkt: Kollege Freiberger hat sich auch über die Einführung der Chipkarte alteriert. Er hat davon gesprochen, dass sie die Gefahr birgt, dass damit so quasi der gläserne Mensch geschaffen wird. (Bundesrat Freiberger: Durch die erweiterte Speichermöglichkeit, habe ich gesagt!)

Herr Kollege Freiberger! Mir ist es viel lieber, ich habe diese Chipkarte (Bundesrat Freiberger: Ja, bei dir sieht man nicht durch!) als jene Vorgangsweise und jene Methode, die die Arbeiterkammer in der Steiermark gewählt hat. Die Arbeiterkammer in der Steiermark hat auch eine Mitgliederkarte eingeführt, aber nicht für alle Interessenten, die sie zu vertreten hat, gleich, sondern die Arbeiterkammer in der Steiermark hat kategorisiert. Sie hat für die so genannten – unter Anführungszeichen – "normalen" kammerpflichtigen Mitglieder die normale grüne Arbeiterkammerkarte eingeführt und darüber hinaus für ihren erlauchten Kreis die AK-Card in Gold. (Der Redner hält eine entsprechende Karte in die Höhe.) Das ist Kategorisierung, Herr Kollege Freiberger! (Bundesrat Freiberger: Da sieht man, wie lange du schon Kammermitglied bist! – Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Herr Kollege! Daher verstehe ich auch Ihre Sorge bezüglich elektronischer Datenverarbeitung. (Bundesrat Thumpser: Typisches Eigentor! – Bundesrat Konečny: Sie sind auf dem falschen Dampfer!)

Meine Damen und Herren! Die vorliegenden Sozialgesetz-Novellen bringen einige notwendige und wichtige Anpassungen, die durchaus zeitgemäß und erforderlich sind. Alle vorliegenden Novellen haben folgende Punkte zum Ziel:

Erstens: Die Rechtslage soll durchschaubarer und sicherer werden. Dies gilt für die Versicherten und für die Versicherer.

Zweiter Punkt: Es sollen Verwaltungskosten reduziert werden. Dabei darf ich an die heutige Fragestunde erinnern. Wir haben gehört, welche Einsparungen getroffen werden, ohne dass Leistungen gekürzt oder beschnitten werden.

Drittes Ziel ist sicherlich auch, dass mehr soziale Treffsicherheit für die Versicherten und vor allem für die Bürger geschaffen wird.

Ich habe gesagt, die Rechtslage wird sicherer und durchschaubarer. Die vorliegende ASVG-Novelle beinhaltet zum Beispiel im § 49 die Anpassung an das Steuerrecht und dient daher der Vermeidung von Doppelgleisigkeiten von Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht bei der Lohnverrechnung.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Da können Sie vielleicht einwerfen, dies sei zu arbeitgeberfreundlich, aber verbunden damit ist auch, dass bei Dienstgeberdarlehen Zinserträge erwirtschaftet werden können, die zukunftssichernd für den Dienstnehmer sind, weil es Motivation in den Betrieben schafft, in die Zukunft und eben in die soziale Sicherheit der Arbeitnehmer zu investieren. Und das, meine Damen und Herren, ist sicherlich ein wesentlicher Vorteil für die Arbeitnehmer und für die Versicherten.

Ich habe auch gesagt, dass mit der vorliegenden Novelle Verwaltungskosten reduziert werden, ohne dass sich die Leistungen verringern. Im vorliegenden Entwurf zur 59. ASVG-Novelle wird im § 53a geregelt, dass künftige Zahlungen an die Pensionsversicherung bis zur monatlichen Höchstbeitragsgrundlage sind und nicht wie bisher der volle Betrag und dass im Nachhinein der die Höchstbeitragsgrundlage übersteigende Betrag über Verlangen des Versicherten rückerstattet wird. Dies, meine Damen und Herren, ist eine klare Definition und erspart einiges an Papier, an Anträgen und Ansuchen und vor allem an Hin- und Herüberweisungen von Geld.

Die vorliegende ASVG-Novelle ermöglicht endlich auch die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten der Arbeiter und Angestellten. Dies, meine Damen und Herren, ist sicherlich ein entscheidender Meilenstein in der Sozialpolitik. Wir wurden heute in der Fragestunde darüber informiert, aber auch Kollegin Bachner hat im Ausschuss hinterfragt, wodurch Synergien zu erzielen sein werden. Wir haben sowohl heute als auch im Ausschuss gehört, dass man damit rechnet, dass bis zu 10 Prozent Kosten eingespart werden können. Das ist ein wesentlicher Erfolg, meine Damen und Herren, dem Sie von der linken Hälfte hier im Haus durchaus zustimmen könnten.

Meine Damen und Herren! Mit der vorliegenden 59. Novelle wird natürlich auch der Einsatz eines zeitgemäßen Datentransfers ermöglicht. Die freiwillige Datenspeicherung auf der Chipkarte ist nicht nur zeitgemäß, sondern erspart einiges an Kosten und Zeit beim Datentransfer. Ich finde es daher nicht vertretbar, ich finde es eher doppelzüngig, sich dagegen auszusprechen, und ich möchte nicht wissen, meine Damen und Herren, welche Karten Sie alle haben, seien es Kreditkarten, Einkaufskarten, Vorteilskarten, Assistance-Karten, Klubkarten, Arbeiterkammer-Mitgliedskarten und was es alles in diesem Bereich noch gibt. (Bundesrat Freiberger: Schnapskarten!)

Dort, wo es um eine zeitgemäße Datenerfassung verbunden mit einem effizienten Transfer geht, um raschere und zielsicherere medizinische Leistungen bieten zu können, sollten Sie sich, meine Damen und Herren von der SPÖ, nicht für die Datenschützer aussprechen, sondern da sollten Sie auf der Seite der Versicherten sein.

Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ: Ist Ihnen der Mensch, ist Ihnen der Bürger und vor allem dessen Gesundheit kein Anliegen mehr, weil Sie diesem Bereich nicht zustimmen? (Bundesrat Gstöttner: Die Frage ist absolut falsch gestellt!)

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich habe auch die soziale Treffsicherheit angesprochen. Auch dazu eine kurze Bemerkung. Das ASVG, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundesgesetz für freiberuflich selbständig Erwerbstätige und das Notariatsgesetz werden novelliert. Allein das ist Beweis dafür, dass es unserer Bundesregierung um alle Versicherten geht, dass es um alle Berufsgruppen geht.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Da es unserer Bundesregierung um alle Versicherten, um alle Menschen geht, werden natürlich alle diese Gesetze novelliert und zeitgemäß adaptiert, um die soziale Treffsicherheit für die Bürger in diesem Land zu erreichen. Dieser sozialen Treffsicherheit in diesen Punkten wird sich meine Fraktion nicht verschließen, und wir werden gerne unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

2.13

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist offenkundig auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend die 59. Novelle zum ASVG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Antrag ist angenommen .

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend die 26. Novelle zum GSVG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit .

Der Antrag ist angenommen .

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend die 25. Novelle zum B-SVG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit .

Der Antrag ist angenommen .

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die 29. Novelle zum B-KUVG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit .

Der Antrag ist angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag ist angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit .

Der Antrag ist angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bewertungsgesetz 1955 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit .

Der Antrag ist angenommen .

42. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden (828 und 878/NR sowie 6537/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 42. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Harald Reisenberger übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Harald Reisenberger: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich darf den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden, bringen.

Der Bericht liegt schriftlich vor. Ich kann es mir also ersparen, vom Inhalt her darauf einzugehen, und möchte nur den Beschluss des Ausschusses zur Kenntnis bringen.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Ing. Franz Gruber das Wort. – Bitte.

2.17

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! (Bundesrätin Schicker: Wie bitte? – Ruf: Jetzt sind wir wieder munter!) Für meine fünf Kinder kommt diese Regierung, sprich das Kinderbetreuungsgeld, etwas zu spät. Jedoch von der Hartnäckigkeit der ÖVP haben meine fünf Buben schon profitiert, nämlich von der Mehrkinderstaffel, die die SPÖ abschaffen wollte.

Sehr geehrte Damen und Herren! Familienpolitik geht uns alle an. Mit dem Kinderbetreuungsgeld schenken wir den Eltern mehr Zeit für die Kinder. Jetzt bekommen endlich alle Eltern Geld für die Betreuung ihrer Kinder. Wir haben uns immer für eine Gleichstellung aller Mütter ausgesprochen. Deshalb freut es mich ganz besonders, dass die Diskriminierung der Bäuerinnen, der Hausfrauen, der Studentinnen, der Selbständigen, der Schülerinnen und der geringfügig Beschäftigten – ein SPÖ-Relikt – vorbei ist.

Das Kinderbetreuungsgeld ist ein wichtiger Beitrag zur Existenzsicherung für Eltern mit geringem Einkommen. Drei Jahre Kinderbetreuungsgeld, Familie und Beruf ist vereinbar, und auch für Alleinerzieherinnen wird es leichter. (Bundesrätin Schicker: Da irren Sie sich!) Weiters wird ab 2003 die Familienbeihilfe erhöht. Die ersten 18 Monate nach der Geburt eines Kindes werden als Beitragszeiten und 30 Monate als pensionserhöhende Ersatzzeiten angerechnet.

Eine Bemerkung darf ich noch zum Kärntner Schulstartgeld sagen. Im Jahre 1999 stellte die ÖVP den Antrag zur Einführung eines Schulstartgeldes, um die finanzielle Situation von Familien am Schulanfang 2001 zu verbessern. 1 000 S für jedes schulpflichtige Kind. 2002 soll aber das ÖVP-Schulstartgeld – Sie hören richtig – für die neue Kärntner FPÖ/SPÖ-Koalition geopfert werden.

Die Kärntner ÖVP hat durch das Schulstartgeld zur Armutsbekämpfung etwas beigetragen, und Österreich wird mit dieser Bundesregierung zu einem der kinderfreundlichsten Länder dieser Welt. Dem kann man wirklich nur zustimmen. (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

2.19

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk. Ich erteile ihr das Wort.

2.19

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auf meinen Vorredner aus Kärnten Kollegen Gruber zurückkommend: Sie werden verstehen, zum Schulstartgeld in Kärnten kann die SPÖ hier im Plenum keine Zustimmung geben, weil es nicht Materie ist, auch zum Kinderbetreuungsgeld können wir keine Zustimmung geben, weil es ebenfalls nicht Materie ist, aber der Erhöhung der Familienbeihilfe in der Höhe von 7,30 € ab 2003 können wir sehr wohl unsere Zustimmung erteilen. (Bravorufe und allgemeiner Beifall.)

2.20

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid. Ich erteile ihr das Wort. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP. – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

2.20

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das neue Kindergeld ist eine europaweit einmalige historische Familienleistung! Zehn Jahre lang haben die Freiheitlichen auf eine Wende in der Familienpolitik hingearbeitet. Jetzt kommt das Kindergeld, und ein zentrales freiheitliches Wahlversprechen wird damit umgesetzt. (Beifall des Bundesrates Weilharter. )

Klarerweise, meine Damen und Herren der Sozialdemokratischen Partei, werden wir diese Familienpolitik auch fortsetzen. Weg vom Privilegienstadl, weg von der Zweiklassengesellschaft! Gerade diese wollten Sie doch aufrechterhalten, wenn ich mich an den 20. Juli dieses Jahres richtig erinnere, an dem Sie den Anspruch von Unternehmerinnen auf das Kindergeld torpedieren wollten. Dieser Forderung nach einer Zweiklassengesellschaft kann man nur eine deutliche Absage erteilen. (Demonstrative Bravorufe bei der SPÖ.) Eine Schlechterstellung von Unternehmerfrauen werden wir auf keinen Fall zulassen, meine Damen und Herren der Sozialdemokratischen Partei!

Seit Februar 2000 ist diese Regierung an der Arbeit, um Ihre Verschleuderungspolitik, meine Damen und Herren der Sozialdemokratischen Partei, wettzumachen. Sie waren es, die durch die Sparpakete 1 und 2 den Familien 20 Milliarden – Sie hören richtig: 20 Milliarden Schilling – weggenommen haben in den vielen Jahren.

Meine Damen und Herren! All das wird aus dem Familienlastenausgleichsfonds beglichen. Wenn ich mich recht erinnere, so waren es Herr Finanzminister Edlinger und seine Vorgänger, die den Familienlastenausgleichsfonds jahrelang geplündert und Milliarden an Familiengeldern zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet haben. Damit ist jetzt Schluss, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Demonstrative Bravorufe bei der SPÖ.)

Aber zu Ihren Beschuldigungen im Nationalrat möchte ich gleich sagen – ich habe es heute in der Früh in der Fragestunde schon erwähnt –: Oberösterreich gehört mit Kärnten und der Steiermark zu jenen Ländern, die das für jene Väter und Mütter, die normalerweise – denn ein Stichtag muss natürlich eingeführt werden – keinen Anspruch haben, aufwerten und einen außerordentlichen Familienzuschuss geben. Sie berücksichtigen die Mehrlingsgeburten, also Zwillinge und Drillinge, und es gibt noch einen Familienzuschuss nach der Geburt jedes Kindes.

Meine Damen und Herren der Sozialdemokratischen Partei! Meine Damen und Herren der Koalitionsregierung! Ich glaube, das ist der richtige Weg, und meine Fraktion wird der Erfüllung dieses freiheitlichen Wahlversprechens aus freudigem Herzen zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

2.23

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile Herrn Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck das Wort. – Bitte.

2.23

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Herr Präsident! Hohes Haus! Nur eine ganz kurze Bemerkung: Man muss sich auch freuen können, und seitens der Bundesregierung darf ich meine Freude ausdrücken über die Einstimmigkeit, die hier herrscht, denn man kann eigentlich nichts dagegen haben, wenn der Familie, in welcher Form auch immer, Geld zugeführt wird. Viel zu lang haben wir in diesem Land nach dem Motto Zwei-Auto-ein-Hund-kein-Kind-Familie gelebt, und hier ist eine Trendumkehr eingetreten. Ich bedanke mich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

2.24

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall. – Danke.

Wir kommen zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag ist angenommen .

43. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich (Gehaltskassengesetz 2002) (770 und 869/NR sowie 6538/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 43. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz über die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich.

Die Berichterstattung hat wiederum Herr Bundesrat Harald Reisenberger übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Harald Reisenberger: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich darf Ihnen den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 23. November 2001 betreffend ein Bundesgesetz über die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich (Gehaltskassengesetz 2002) zur Kenntnis bringen und – da ich voraussetzen darf, dass der Bericht schriftlich vorliegt – Ihnen nur den Beschluss des Ausschusses vortragen.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Dezember 2001 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt zehn Anfragen, 1883/J bis 1892/J, eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung – (Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen) ich bitte noch um etwas Geduld – des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 20. Dezember, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen neben der Wahl der beiden Vizepräsidenten beziehungsweise der Schriftführer und der Ordner für das erste Halbjahr 2002 sowie den eingangs erwähnten bereits früher eingelangten und zugewiesenen Beschlüssen des Nationalrates vom 21. und 22. November 2001 jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 18. Dezember 2001, ab 14 Uhr, vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen .

Schluss der Sitzung: 2.27 Uhr