Stenographisches Protokoll

689. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 27. Juni 2002

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

689. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 27. Juni 2002

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 27. Juni 2002: 9.03 – 21.31 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 1994, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslagergesetz, das Militär-Auszeichnungsgesetz, das Militärbefugnisgesetz und das Sperrgebietsgesetz 2002 geändert werden sowie das Tapferkeitsmedaillen-Zulagengesetz 1962 aufgehoben wird (Reorganisationsbegleitgesetz – REORGBG)

2. Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Paßgesetz 1992, das Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen und das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (SPG-Novelle 2002)

3. Beschluss der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 27. Februar 2002 über die finanziellen Folgen des Ablaufs der Geltungsdauer des EGKS-Vertrags und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl samt Anhängen und Anlagen sowie Erklärungen der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten

4. Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlussakte und Erklärungen

5. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Volksrepublik China über kulturelle Zusammenarbeit

6. Bundesgesetz, mit dem ein Forstliches Vermehrungsgutgesetz 2002 erlassen wird und das Düngemittelgesetz 1994, das Futtermittelgesetz 1999, das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, das Pflanzgutgesetz 1997, das Rebenverkehrsgesetz 1996, das Saatgutgesetz 1997, das Sortenschutzgesetz 2001, das Weingesetz 1999 und das Qualitätsklassengesetz geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2002)

7. Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

8. Bundesgesetz über die betriebliche Mitarbeitervorsorge (Betriebliches Mit-arbeitervorsorgegesetz – BMVG) und mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Angestelltengesetz, das Arbeiter-Abfertigungsgesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtbehördengesetz, das Investmentfondsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das ORF-Gesetz, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Journalistengesetz geändert werden

9. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung parlamentarischer Mitarbeiter (Parlamentsmitarbeitergesetz) geändert wird

10. Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

11. Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Berufsausbildungsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Neugründungs-Förderungsgesetz und das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert werden

12. Bundesgesetz, mit dem das Postsparkassengesetz 1969, das Alkoholsteuergesetz und das Genossenschaftsrevisionsgesetz geändert wird und zur Ergänzung von Übergangsbestimmungen im HGB

13. Internationales Kaffee-Übereinkommen von 2001 samt Anhang

14. Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen von 1999 samt Anhängen

15. Bundesgesetz über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 – BStMG)

16. Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2002

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Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend die Nominierung der österreichischen Kandidaten für die kommende Funktionsperiode des Wirtschafts- und Sozialausschusses der Europäischen Union entsprechend der Bestimmung des Artikels 23c Abs. 5 B-VG 31

Schreiben des Ersten Präsidenten des Kärntner Landtages betreffend Mitglieder und Ersatzmitglieder des Bundesrates 33

Trauerkundgebung 10

Schlussansprache der Präsidentin Uta Barbara Pühringer 10

Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2002 178

Besprechung einer Anfragebeantwortung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1774/AB-BR/02 37

Durchführung einer kurzen Debatte 161

Redner:

Albrecht Konečny 161

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 163

Personalien

Krankmeldungen 10

Entschuldigungen 10

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 36

Ausschüsse

Zuweisungen 31 und 36

Fragestunde

Bundesministerium für Landesverteidigung 13

Josef Saller (1258/M-BR/02); Klaus Gasteiger, Mag. John Gudenus

Harald Reisenberger (1262/M-BR/02); Engelbert Weilharter, Alfred Schöls

Dr. Vincenz Liechtenstein (1259/M-BR/02); Harald Reisenberger, Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger

Mag. John Gudenus (1256/M-BR/02); Ing. Walter Grasberger, Mag. Melitta Trunk

Klaus Gasteiger (1263/M-BR/02); Ing. Gerd Klamt, Johann Ledolter

Mag. Gerhard Tusek (1260/M-BR/02); Mag. Melitta Trunk, Christoph Hagen

Ferdinand Gstöttner (1264/M-BR/02); Mag. John Gudenus, Dipl.-Ing. Hannes Missethon

Leopold Steinbichler (1261/M-BR/02); Klaus Gasteiger, Dr. Peter Böhm, Stefan Schennach

Engelbert Weilharter (1257/M-BR/02); Franz Wolfinger, Harald Reisenberger

Stefan Schennach (1265/M-BR/02); Herta Wimmler, Ulrike Haunschmid

Dringliche Anfragen

der Bundesräte Alfredo Rosenmaier, Klaus Gasteiger, Manfred Gruber und KollegInnen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Österreichische Postbus-AG (1944/J-BR/02)

der Bundesräte Alfredo Rosenmaier, Klaus Gasteiger, Manfred Gruber und KollegInnen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Österreichische Postbus-AG (1945/J-BR/02)

Begründung: Alfredo Rosenmaier 108

Beantwortung: Staatssekretär Dr. Alfred Finz 110

Bundesminister Ing. Mathias Reichhold 114

Redner:

Roswitha Bachner (tatsächliche Berichtigung) 120

Klaus Gasteiger 120

Johann Ledolter 125

Manfred Gruber 129

Ing. Gerd Klamt 132

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann 133

Albrecht Konečny 135

Entschließungsantrag der Bundesräte Klaus Gasteiger, Manfred Gruber und KollegInnen betreffend Sicherstellung der Versorgung des ländlichen Raumes mit öffentlichen Verkehrsmitteln 125

Ablehnung 137

Entschließungsantrag der Bundesräte Johann Ledolter, Dr. Peter Böhm und KollegInnen betreffend Fortsetzung der erfolgreichen Politik der zuständigen Mitglieder der Bundesregierung für den ländlichen Raum, insbesondere im Bereich der Verkehrspolitik 129

Annahme (E/180-BR/02) 138

der Bundesräte Albrecht Konečny und KollegInnen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Debakel bei der Krankenkassensanierung (1946/J-BR/02)

Begründung: Albrecht Konečny 138

Beantwortung: Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 142

Redner:

Hedda Kainz 145

Dr. Ferdinand Maier 149

Roswitha Bachner 152

Engelbert Weilharter 154

Reinhard Todt 156

Jürgen Weiss 157

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 159

Entschließungsantrag der Bundesräte Hedda Kainz, Roswitha Bachner und KollegInnen betreffend Einholung einer Zustimmung der Länder zu dieser Maßnahme, Prüfung der Verfassungskonformität 146

Ablehnung 160

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung 160

Verhandlungen

(1) Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 1994, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslagergesetz, das Militär-Auszeichnungsgesetz, das Militärbefugnisgesetz und das Sperrgebietsgesetz 2002 geändert werden sowie das Tapferkeitsmedaillen-Zulagengesetz 1962 aufgehoben wird (Reorganisationsbegleitgesetz – REORGBG) (658/A und 1119/NR sowie 6670 und 6671/BR d. B.)

Berichterstatter: Engelbert Weilharter 37

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Reinhard Todt 37

Dr. Vincenz Liechtenstein 38

Herbert Würschl 41

Mag. John Gudenus 43

Stefan Schennach 45

Bundesminister Herbert Scheibner 47

Mag. Gerhard Tusek 53

Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger 54

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 56

(2) Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Paßgesetz 1992, das Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen und das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (SPG-Novelle 2002) (1138 und 1170/NR sowie 6666 und 6672/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Walter Grasberger 56

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Karl Boden 56

Alfred Schöls 59

Mag. Melitta Trunk 61 und 73

Christoph Hagen 64

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 66

Stefan Schennach 69

Dr. Vincenz Liechtenstein 71

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 74

Entschließungsantrag der Bundesräte Karl Boden und KollegInnen betreffend Aufforderung an die Bundesregierung, die für sinnvolle Reformen notwendigen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen 58

Ablehnung 74

Gemeinsame Beratung über

(3) Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend einen Beschluss der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 27. Februar 2002 über die finanziellen Folgen des Ablaufs der Geltungsdauer des EGKS-Vertrags und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl samt Anhängen und Anlagen sowie Erklärungen der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten (1099/NR sowie 6673/BR d. B.)

(4) Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlussakte und Erklärungen (1127/NR sowie 6674/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Walter Grasberger 75

[Antrag, zu (3) und (4) keinen Einspruch zu erheben]

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (3) und (4) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 75

(5) Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Volksrepublik China über kulturelle Zusammenarbeit (1070/NR sowie 6675/BR d. B.)

Berichterstatter: Josef Saller 75

(Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen)

Redner:

Dr. Vincenz Liechtenstein 76

Johanna Auer 76

Mag. John Gudenus 77

Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner 79

Annahme des Antrages des Berichterstatters, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 80

(6) Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Forstliches Vermehrungsgutgesetz 2002 erlassen wird und das Düngemittelgesetz 1994, das Futtermittelgesetz 1999, das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, das Pflanzgutgesetz 1997, das Rebenverkehrsgesetz 1996, das Saatgutgesetz 1997, das Sortenschutzgesetz 2001, das Weingesetz 1999 und das Qualitätsklassengesetz geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2002) (1133 und 1154/NR sowie 6667 und 6676/BR d. B.)

Berichterstatterin: Anna Höllerer 80

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Alfredo Rosenmaier 81

Georg Keuschnigg 82

Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger 84

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 85

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 87

(7) Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1136 und 1163/NR sowie 6677/BR d. B.)

Berichterstatter: Horst Freiberger 88

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Maria Grander 88

Mag. Melitta Trunk 89

Ing. Gerd Klamt 90

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 91

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 92

Gemeinsame Beratung über

(8) Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz über die betriebliche Mitarbeitervorsorge (Betriebliches Mitarbeitervorsorgegesetz – BMVG) und mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Angestelltengesetz, das Arbeiter-Abfertigungsgesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Investmentfondsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das ORF-Gesetz, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Journalistengesetz geändert werden (1131 und 1176/NR sowie 6665 und 6678/BR d. B.)

(9) Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung parlamentarischer Mitarbeiter (Parlamentsmitarbeitergesetz) geändert wird (1177/NR sowie 6679/BR d. B.)

(10) Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1178/NR sowie 6680/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Thomas Ram 93

[Antrag, zu (8), (9) und (10) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Margarete Aburumieh 93

Roswitha Bachner 95

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 97

Dr. Renate Kanovsky-Wintermann 98

Alfred Schöls 101

Ulrike Haunschmid 103

Hans Ager 104

Engelbert Weilharter 106

Staatssekretärin Mares Rossmann 107

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (8), (9) und (10) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 164

Gemeinsame Beratung über

(11) Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Berufsausbildungsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Neugründungs-Förderungsgesetz und das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert werden (1117 und 1149/NR sowie 6668 und 6681/BR d. B.)

(12) Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postsparkassengesetz 1969, das Alkoholsteuergesetz und das Genossenschaftsrevisionsgesetz geändert wird und zur Ergänzung von Übergangsbestimmungen im HGB (1150/NR sowie 6682/BR d. B.)

(13) Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Internationales Kaffee-Übereinkommen von 2001 samt Anhang (1037 und 1152/NR sowie 6683/BR d. B.)

(14) Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend das Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen von 1999 samt Anhängen (1038 und 1153/NR sowie 6669 und 6684/BR d. B.)

Berichterstatter: Engelbert Weilharter 165

[Antrag, zu (11), (12), (13) und (14) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Manfred Gruber 166

Leopold Steinbichler 167

Mag. Thomas Ram 168

Johann Ledolter 169

Staatssekretärin Mares Rossmann 171

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (11) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 172

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (12), (13) und (14) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 172

(15) Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 – BStMG) (1139 und 1164/NR sowie 6685/BR d. B.)

Berichterstatter: Christoph Hagen 173

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Georg Keuschnigg 173

Mag. Dietmar Hoscher 174

Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger 175

Johann Ledolter 176

Bundesminister Ing. Mathias Reichhold 177

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 178

Eingebracht wurden

Anfragen

der Bundesräte Alfredo Rosenmaier, Klaus Gasteiger, Manfred Gruber und KollegInnen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Österreichische Postbus-AG (1944/J-BR/02)

der Bundesräte Alfredo Rosenmaier, Klaus Gasteiger, Manfred Gruber und KollegInnen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Österreichische Postbus-AG (1945/J-BR/02)

der Bundesräte Albrecht Konečny, Hedda Kainz, Roswitha Bachner und KollegInnen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Debakel bei der Krankenkassensanierung (1946/J-BR/02)

der Bundesräte Herbert Würschl und KollegInnen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Liegenschaftsangelegenheiten der Pensionsversicherungsanstalten (1947/J-BR/02)

der Bundesräte Albrecht Konečny und KollegInnen an den Bundeskanzler – ergeht auch an alle anderen Mitglieder der Bundesregierung – betreffend Inanspruchnahme der "Chance 55" (1948/J-1959/J-BR/02)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Frage der Bundesräte Gottfried Kneifel und KollegInnen (1771/AB-BR/02 zu 1928/J-BR/02)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konečny und KollegInnen (1772/AB-BR/02 zu 1930/J-BR/02)

des Bundesministers für Justiz auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss und KollegInnen (1773/AB-BR/02 zu 1931/J-BR/02)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konečny und KollegInnen (1774/AB-BR/02 zu 1938/J-BR/02)

Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich eröffne die 689. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 688. Sitzung des Bundesrates vom 6. Juni 2002 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet haben sich die Mitglieder des Bundesrates Herbert Thumpser und Johann Kraml.

Entschuldigt haben sich die Mitglieder des Bundesrates Günther Kaltenbacher, Johanna Schicker, Ernst Winter, Dr. Robert Aspöck, Wilhelm Grissemann und Mag. Harald Himmer.

Trauerkundgebung

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, sich von den Sitzen zu erheben.

Mit tiefer Betroffenheit haben wir die traurige Nachricht erhalten, dass das langjährige Mitglied unseres Bundesrates Professor Josef Rauchenberger verstorben ist.

Josef Rauchenberger, der Ende 1999 von der Länderkammer als Abgeordneter in den Wiener Landtag und als Mitglied in den Gemeinderat der Stadt Wien gewechselt ist, denen er bis zu seinem frühen Tod angehörte, war ein Mandatar, dessen Tätigkeit durch seine sozialdemokratische Einstellung geprägt war, der sich mit besonderem Engagement den Belangen der Bildung und der Justiz gewidmet und in allen Fraktionen dabei große Anerkennung gefunden hat.

In den zahlreichen politischen Funktionen des Verstorbenen ist nicht das Persönliche, sondern das Wohlergehen der Menschen, für die er sich immer eingesetzt hat, im Mittelpunkt gestanden.

Seine menschlich freundliche Art, mit der er seinen Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat begegnet ist, wird uns immer unvergessen bleiben. Für seine volksbildnerische Tätigkeit wurde Josef "Pino", wie ihn seine zahlreichen Freunde genannt haben, 1999 der Berufstitel Professor verliehen. Als Herausgeber und Mitautor zahlreicher Handbücher und Nachschlagewerke zeichnete er für ein wichtiges Informationsrüstzeug für Mandatare und darüber hinaus für alle an Politik Interessierten verantwortlich. Seine zahlreichen Publikationen sind schon zu unentbehrlichen Klassikern der politischen Dokumentationsliteratur geworden.

Unser Mitgefühl für Josef Rauchenberger gilt vor allem seiner Familie, seiner Ehefrau und seinen Kindern, die einen sehr schmerzlichen Verlust erlitten haben.

Der Verstorbene war allen Mitgliedern des Hohen Hauses als geschätzter, als sehr engagierter und im hohen Maße als liebenswerter Parlamentarier in allerbester Erinnerung.

Ich darf Sie zum Zeichen unserer Trauer um ein kurzes stilles Gedenken ersuchen. (Alle Anwesenden verharren einige Zeit in stummer Trauer.) – Ich danke Ihnen.

Schlussansprache der Präsidentin

9.06

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Bevor wir nun mit der Fragestunde beginnen, erlauben Sie mir bitte, dass ich ausnahmsweise nicht erst am Ende, sondern gleich zu Beginn unserer Sitzung einige Worte zum Abschluss dieses Halbjahres meiner Präsidentschaft an Sie richte, um vor allem Dank zu sagen und auch mit Ihnen Rückschau zu halten.

Der Grund dafür ist, ich muss zu Mittag zu einer Parlamentspräsidentenkonferenz der Europäischen Senate nach Laibach reisen. Das wird für mich der letzte offizielle Anlass in meiner Funktion sein.

Sechs Monate sind ein sehr kurzer Zeitraum – ich glaube, da geben mir alle, die diese Funktion vor mir innegehabt haben, Recht – für die Ausübung einer so interessanten, einer schönen, spannenden und natürlich auch ehrenvollen Aufgabe.

Ich habe zu Beginn des Halbjahres – damals hat mein Landeshauptmann einen Empfang für mich gegeben – zum Ausdruck gebracht, dass ich sicher bin, dass die Erfahrungen und die Begegnungen in diesem Halbjahr mein Leben sehr bereichern werden. Das ist für mich in einem unvorhersehbaren großen Ausmaß eingetroffen. Mein Kalender – ich habe ihn durchforstet – hat zumindest alle äußeren Anlässe festgehalten.

Zum Ersten hat es die Sitzungen hier in der zweiten Kammer gegeben, auf die ich nicht näher eingehen möchte, denn Sie selbst haben sie miterlebt und vor allem auch mitgestaltet, und Sie bekommen in den nächsten Tagen darüber eine Übersicht.

Ich danke Ihnen, dass Sie sich um eine sachbezogene und kollegiale Zusammenarbeit bemüht haben, auch – das ist mir klar – wenn das Ergebnis nicht immer eine einhellige Meinung war.

Ich darf mich auch bei den Mitgliedern der Präsidiale bedanken, bei den beiden Vizepräsidenten, den Fraktionsführern und bei Ihnen, Herr Dr. Labuda, dass bei unseren Sitzungen und Verhandlungen immer ein gemeinsames Bemühen spürbar war. Das hat letztlich gezeigt, dass wir immer an einem Strang gezogen haben, wenn es um den Bundesrat, um seine Bedeutung, um seine Stellung hier im Parlament, um seine Glaubwürdigkeit und vor allem auch um sein Ansehen in der Öffentlichkeit ging.

Ich danke natürlich auch den Bediensteten der Bundesratsdirektion, die mich mit großer Herzlichkeit, mit Verlässlichkeit und mit Loyalität professionell unterstützt haben.

Zum Zweiten: Ich durfte Veranstaltungen in das Parlament bringen, mit denen ich etwas Charakteristisches aus meinem Bundesland vorgestellt habe. So wie mein Vorgänger Bundesrat Schöls als Präsident seine Freiwilligenorganisationen ins Haus gebracht hat, habe ich eine Veranstaltung unter dem Titel "Schatzkammer Oberösterreich" im Parlament gemacht mit der Idee, dass unser größter Schatz unsere Jugend ist. So haben oberösterreichische Schulen viel Farbe, Musik, Tanz, Buntheit und vor allem Bewegung ins Haus gebracht.

Der Veranstaltungsdienst hat bei dieser Veranstaltung ein sehr aufwändiges und gelungenes Projekt bewältigen müssen, und ich danke dafür. Ich glaube, das war wirklich etwas, was in diesem Ausmaß noch nie da war, und ich bin dankbar, dass die Veranstaltungsabteilung zu all diesen Vorschlägen und Ideen gesagt hat: Jawohl, das schaffen wir, das bringen wir zusammen. Und es ist auch gut geglückt.

Zum Dritten: Viele ausländische Delegationen sind im Parlament zu Gast gewesen, die zum Teil beide Kammern besucht haben. Es waren sehr interessante, prominente Gäste dabei. Alle Besuche sind in einer wirklich guten Gesprächsatmosphäre verlaufen. Wir haben eine herzliche Verbundenheit gespürt, aber auch das Wissen um die Probleme und das gemeinsame Bemühen um Lösungen zum Ausdruck gebracht. In ganz besonders angenehmer Erinnerung ist mir dabei der Besuch der australischen Senatspräsidentin bei uns in der Präsidiale des Bundesrates geblieben.

Ein vierter Punkt meiner vielen Erfahrungen waren Reisen, mit denen wir Einladungen aus dem Ausland gefolgt sind. Ein Höhepunkt für uns, die wir dabei waren, für die Mitglieder der Präsidiale, war sicher der Besuch des südafrikanischen Parlaments, im Rahmen dessen wir nicht nur interessante Gespräche zum Beispiel über die Verfassung Südafrikas mit Parlamentariern hatten, sondern auch einen Einblick in die schwere Zeit der Apartheid und in die gegenwärtigen Probleme dieses Landes bekommen haben. Ich darf nur dazu sagen, dass rund ein Drittel der Bürger Südafrikas arbeitslos und ebenso viele HIV-positiv sind. Das sind Probleme, die wirklich schwer zu bewältigen sind. Außerdem haben wir Einblick in das parlamentarische System in Südafrika bekommen.

Wir haben dort auch österreichische Projekte besucht, die sehr interessant und berührend waren. Wir sind in einer Schule gewesen, die von der Stadt Wien gebaut wurde, die vor wenigen Jahren mit nur 20 Schülern begonnen hat und jetzt mittlerweile auf 400 Schüler angewachsen ist. Weiters haben wir ein Gemeindezentrum besucht, das vom Außenministerium aus Mitteln der Entwicklungshilfe finanziert worden ist, und ein Dorf für schwerst behinderte Kinder und sterbende Aids-Kranke, geführt von einem Südtiroler Pater namens Kuppelwieser. Vielleicht haben Sie von ihm schon gehört, er ist ständig mit der Bitte um Spenden unterwegs.

Von jeder dieser Stationen sind wir mit dem Gedanken weggegangen, wie gut es uns vergleichsweise dazu geht und wie notwendig diese Menschen die Hilfe anderer und vor allem auch unsere Hilfe haben. Wenn manche sagen, das sei ein Tropfen auf einem heißen Stein, dann denke ich doch, dass viele solche Tropfen den Menschen dort helfen könnten, ihr Leben selbst in den Griff zu bekommen.

Wir sind stolz, dass wir die erste Delegation und auch die erste Delegation des Bundesrates waren, die seit den ersten freien Wahlen – das war 1994 – in Südafrika waren. – Der Internationale Dienst dieses Hauses hat alle diese Reisen bestens vorbereitet, und wir waren auch bei den Reisen bestens betreut. Danke dafür.

Ein fünfter Erfahrungsbereich waren die Konferenzen der europäischen Parlamentspräsidenten. Es gab anfangs eine in Athen, eine in Zagreb und dann eine in Madrid, bei der auch die Bewerber um die Erweiterung der EU anwesend waren. Morgen beginnt eine – die für mich letzte – in Laibach, bei der die Parlamentspräsidenten der zweiten Kammern, der Senate zusammenkommen. Es wird dort, wie auch bei allen anderen, unter anderem auch um den Bikameralismus gehen. Ich habe vor allem in Madrid bei den Wortmeldungen gehört, dass immer dann, wenn sich ein Parlamentspräsident eines Landes, in dem es nur eine Kammer gibt, zu Wort gemeldet hat, dieser die Meinung vertreten hat, eine zweite Kammer sei nicht notwendig. Auch überall dort, wo sich von einem Zweikammernsystem jemand zu Wort gemeldet hat, hat man sofort gemerkt, ob er aus der ersten oder der zweiten Kammer kommt. Derjenige, der der ersten Kammer angehört hat, hat eher die Meinung vertreten, dass das nicht so notwendig sei, schon gar nicht in Richtung EU, wo man auch überlegt, ob man eine zweite Kammer – das wäre dann an sich die dritte, wenn man den Rat miteinrechnet – einrichten soll. Alle Vertreter der zweiten Kammern haben natürlich gesagt, das sei eine notwendige Einrichtung im Sinne einer Kontrolle, im Sinne der Qualität des Produktes, das in den Parlamenten entsteht.

Der sechste Bereich meiner Kontakte ist ein ganz wichtiger Bereich, den ich mir für den Schluss aufgehoben habe; und damit komme ich jetzt aus dem Ausland und von den Konferenzen wieder zurück hier her ins Hohe Haus. Es ist dies ein Bereich, dem ich und, so denke ich, auch Sie alle sehr zu Dank verpflichtet sind. Jeder, der – das meine ich jetzt bildlich gesprochen – oben steht, steht auf den Schultern anderer, die großteils unsichtbar bleiben und seltener, als ihnen zukommt, für ihren unersetzbaren Dienst anerkannt werden. Ich habe einige schon genannt: die Bundesratsdirektion, den Internationalen Dienst und die Veranstaltungsabteilung. Den Reinigungsdienst möchte ich da natürlich auch einschließen. Es sind also viele Menschen, die hier in den Dienststellen des Hauses ihre Arbeit verrichten. Ich habe viele von ihnen besucht und habe dadurch erst Einblick in ihre Arbeit bekommen. Wir haben keine Vorstellung davon, was hier alles geleistet wird, was notwendig ist, damit der Betrieb in diesem Haus läuft.

Ist Ihnen zum Beispiel bewusst, was die Damen und Herren des Stenographendienstes vollbringen, wenn Sie unsere manchmal spontanen, mitunter holprigen und nicht immer schlüssigen und flüssigen Reden in eine Form bringen, die man dann bedenkenlos ins Internet stellen kann, damit die kritischen und neugierigen Surfer diese Reden dann auch lesen können, ohne allzu große Kritik äußern zu müssen?! Dazu gehört, so glaube ich, nicht nur eine sprachliche Gewandtheit, mitunter Phantasie, vielleicht einmal auch eine literarische Ader, sondern auch – und das war mir nicht so bewusst – Fachwissen über die Inhalte der Wortmeldungen, die Inhalte dessen, was wir hier vorbringen. Denn, wenn man darüber nicht Bescheid weiß, wie soll man das dann sinnvoll und richtig formulieren. Und vom Stenographendienst soll das, was wir gesagt haben, im Sinn nicht verändert werden. – All diesen Damen und Herren Bediensteten des Hauses sage ich einen herzlichen Dank für alle ihre Mühen, die sie im Rahmen des Betriebes des Hauses und mit uns haben.

Ich selbst habe mich bemüht, in diesem Halbjahr nicht nur die Arbeit hier im Parlament gut zu machen, sondern vor allem auch den Bundesrat in der Öffentlichkeit und im Ausland gut zu vertreten. Ich habe sehr viel erlebt – Sie haben das jetzt, so glaube ich, ein bisschen herausgehört –, ich habe noch mehr gelernt, und ich habe viele positive Begegnungen mit interessanten Menschen gehabt. Es hat mir Freude gemacht, und – das betone ich noch einmal – es hat mein Leben bereichert, und ich bin dankbar für die Chance, die ich bekommen habe. Ich danke vor allem auch für die Unterstützung aller, die mich in diesem Halbjahr begleitet haben.

Mein Nachfolger, Ludwig Bieringer, ist nicht mehr neu in dieser Funktion, sondern er ist als ehemaliger Präsident und vor allem auch als Fraktionsvorsitzender lange Jahre hindurch schon erfahren, und er weiß, was auf ihn zukommt.

Lieber Ludwig! Ich wünsche dir dafür alles Gute und vor allem viel Erfolg, denn dein Erfolg wird auch unserer hier im Bundesrat sein. – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

9.18

Fragestunde

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.

Bundesministerium für Landesverteidigung

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Ich beginne jetzt – um 9.18 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Wir kommen zur 1. Anfrage, 1258/M, an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Josef Saller, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1258/M-BR/02

Wann wird die Reorganisation im Bundesministerium für Landesverteidigung abgeschlossen sein?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Sie wissen, dass die Reorganisation der Zentralstelle von der oberen und obersten militärischen Führung hinsichtlich der Planungen und auch der Umsetzung sehr weit gediehen ist. Wir sind jetzt gerade dabei, die Personalbesetzungen vorzunehmen. Insgesamt sollte die gesamte Neuorganisation in diesem Bereich bis 1. Dezember abgeschlossen und eingenommen sein.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Wie viele Planstellen werden im Zuge dieser Reorganisation von der Zentralstelle zur Truppe verlagert werden?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Wir haben in der Zentralstelle etwa 531 Planstellen eingespart, ich sage deshalb etwa, weil sich im Bereich der Buchhaltungen noch die eine oder andere Planstelle verschieben kann. Von diesen 531 Stellen ist geplant, dass 289 Planstellen in diesem Bereich tatsächlich gestrichen werden, die anderen werden in den nachgeordneten Bereich verschoben. Das heißt, diese 289 Planstellen können über die erreichten Controllingpunkte dann für die Truppe genutzt werden.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Klaus Gasteiger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Herr Bundesminister! Sie haben vorher gesagt, zirka 1 500 Mitarbeiter gibt es im Ministerium, davon sollen zirka 500 eingespart werden, das ist ein Drittel. Da drängt sich mir die Frage auf: Glauben Sie, dass mit einem Drittel weniger an Mitarbeitern im Ministerium die Arbeit im Ministerium effizient bewältigt werden kann? Die zweite Frage – ich ersuche Sie, mir diese zu beantworten – lautet: Werden die 290 Mitarbeiter im Ministerium, deren Pensionierung Sie vornehmen wollen – wahrscheinlich sind es Frühpensionierungen –, damit zu rechnen haben, dass gegen sie, so wie es die Frau Vizekanzlerin bei ÖBB, bei der Post und so weiter gemacht hat, irgendwelche Maßnahmen getroffen werden oder dass sie irgendwie verfolgt werden, wenn sie in Frühpension gehen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Minister! Ich darf darauf aufmerksam machen, dass eine Zusatzfrage gestattet ist, es sind aber zwei gestellt worden. Ich weiß nicht, ob Sie sich eine davon aussuchen oder gleich die erste nehmen. – Bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Für mich ist das Interpellationsrecht so wichtig, dass ich beide Fragen beantworten werde.

Herr Bundesrat! Bei dieser Reorganisation war nicht das Ziel, jetzt als Selbstzweck Personal einzusparen, sondern es ist darum gegangen, die Führungsstruktur des österreichischen Bundesheeres auf eine neue Basis zu stellen, auch international kompatibel zu machen. Jede Aufgabe wurde evaluiert, auf die Notwendigkeit hin überprüft, Doppelgleisigkeiten wurden beseitigt, und es sind auch in der zentralen Stelle nur diese Aufgaben belassen worden, die unbedingt auf dieser Ebene zu lösen sind. Und all das hat dieses Einsparungspotenzial ergeben.

Zu Ihrer zweiten Frage: Ich habe es nicht ganz verstanden, ich habe Verfolgung oder Folter verstanden. (Bundesrat Gasteiger: Folter habe ich nicht gesagt!) Ich sage Ihnen eines: Es werden Mitarbeiter des österreichischen Bundesheeres weder gefoltert noch verfolgt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Es wird auch niemand gekündigt und entlassen im öffentlichen Dienst. Ich glaube, auch das ist wichtig, hier klarzustellen, aber ... (Bundesrat Gasteiger: Angezeigt wird auch niemand?) – Wer soll angezeigt werden? (Bundesrat Gasteiger: Die Frühpensionisten!)

Bei uns wird niemand angezeigt, bei uns wird auch niemand mit irgendwelchen ärztlichen Attesten in den Vorruhestand – vielleicht auch gegen seinen Willen – geschickt, sondern es ist, Herr Bundesrat (Bundesrätin Mag. Trunk: Also nur bei Reichhold!), notwendig, alles zu versuchen, dass die eingesparten Planstellen auch tatsächlich eingespart werden, dass also auch das Personal eingespart wird. Deshalb gab oder gibt es Rahmenbedingungen dafür, das ist etwa das Vorruhestandsmodell, das all jenen, deren Arbeitsplatz von der Auflösung bedroht ist, freiwillig angeboten wird.

Es gibt auch – das ist auch wichtig für eine Armee – eine Altersgrenze von 60 beziehungsweise 61,5 Jahren für die Zivilbediensteten, es gibt das Lehrermodell, und es gibt Karenzierungsmöglichkeiten. Das ist also ein umfassendes Paket als Angebot für die Bediensteten, andere Funktionen oder andere Aufgaben zu übernehmen, damit wir das Einsparungspotenzial, das wir auf dem Papier dargestellt haben, zum Wohle des österreichischen Steuerzahlers auch wirklich realisieren können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus zu Wort gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Wie lange dauerte bei den beiden vorangegangenen Reorganisationen die Phase von der Auftragserteilung bis zur endgültigen Einnahme der jeweiligen Neugliederung des Bundesheeres?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Es hat im letzten Jahrzehnt zwei große Reformen bei der Truppengliederung des österreichischen Bundesheeres gegeben: die Heeresgliederung-Neu und die Heeresgliederung-Neu-STRAN, also Strukturanpassung. Bei der Heeresgliederung-Neu gab es eine Umfeldanalyse im Jahr 1991. Der Ministerratsbeschluss ist im Jahr 1992 erfolgt, und der Abschluss der Einnahme war Ende 1995.

Bei der HG-STRAN gab es eine Umfeldanalyse im Jahr 1995. Der Ministerratsbeschluss war im Jahr 1998, und im Jahr 2000 ist diese HG-STRAN eingenommen gewesen.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir kommen nun zur 2. Anfrage, 1262/M.

Der als krank gemeldete Herr Bundesrat Johann Kraml hat nach § 63 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates sein Einverständnis bekannt gegeben, dass Herr Bundesrat Harald Reisenberger in das Fragerecht eintritt. Ich bitte den Anfragesteller um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Ich glaube, gerade in den letzten Tagen ist die Frage aktuell geworden, die lautet:

1262/M-BR/02

Wie ist der Stand der Beschaffung von Kampfflugzeugen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Die Nachbeschaffung für unsere Abfangjäger vom Typ Saab Draken, die für unsere Luftraumüberwachung unbedingt notwendig sind, ist eigentlich seit Mitte der Achtzigerjahre aktuell, denn damals ist schon der Beschluss gefasst worden, nach Ende der Einsatzdauer oder der Einsatzmöglichkeit des Drakens ein neues Flugzeug zu beschaffen.

Jetzt befinden wir uns im Endstadium der Typenentscheidung. Es sind noch einige Parameter bei den Kosten, beim Preis, bei den so genannten Life Cycle Costs zu überprüfen, weil natürlich neben den technischen Kriterien auch der Preis und die Kosten für dieses Gerät wichtige Faktoren für die Entscheidung darstellen.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Danke.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Engelbert Weilharter zu Wort gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Welche positiven Auswirkungen der Kompensationsgeschäfte sind beim Ankauf von Abfangjägern für die Steiermark zu erwarten?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Sie wissen (Bundesrat Konečny: Werden grün gestrichen!), dass die Frage der Kompensationsgeschäfte in die Zuständigkeit des Wirtschaftsministers fällt, und wir eine konkrete Antwort auf diese Frage erst dann geben können, wenn die Typenentscheidung getroffen worden ist, weil natürlich jede Anbieterfirma ihr spezifisches Kompensationspaket eingebracht hat. Man kann aber in etwa sagen, dass gerade – natürlich haben sich die Firmen bemüht, und das war auch durchaus in unserem Interesse – die Steiermark besonders in die Pakete einbezogen wird, weil der Abfangjäger auch in der Steiermark stationiert wird und es dort schon auf Grund vorheriger Beschaffungsvorgänge einige Standorte im Bereich der Industrie, der Autozulieferung und so weiter gibt.

Man kann in etwa – ich sage in etwa – davon ausgehen, dass etwa 20 Prozent dieses Kompensationsvolumens, das in etwa bei 3 Milliarden € liegen wird, für die Steiermark zur Verfügung stehen werden.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Alfred Schöls gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Wenn die Opposition schon meint, mit dem Begriff "Kampfflugzeuge" Ängste schüren zu können, dann frage ich Sie: Über wie viele Kampfflugzeuge verfügen andere europäische Länder, die mit Österreich vergleichbar sind?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Der Begriff "Kampfflugzeuge" ist interpretierungsbedürftig. Es hat schon einmal eine Diskussion darüber gegeben, was ein Kampfhubschrauber ist. Wenn man davon ausgeht, dass es sich um bewaffnete Flugzeuge handelt, die militärische Kampfaufgaben zu erfüllen zumindest in der Lage sind, dann kann man sagen, dass die Schweiz etwa über 154 Kampfflugzeuge verfügt, davon 35 vom modernsten Standard F 18, Finnland über 64 derartige Flugzeuge verfügt, Schweden 250 derartige Flugzeuge in Betrieb hat und die Slowakei 84 Flugzeuge hat.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke. – Wir kommen zur 3. Anfrage,1259/M.

Anfragesteller ist Herr Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage lautet:

1259/M-BR/02

Ab wann wird die verbesserte Lufttransportkapazität des Bundesheeres durch den Ankauf der Transporthubschrauber sowie der Herkules-Flugzeuge für das Bundesheer zur Verfügung stehen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Ich bin sehr stolz darauf, dass es gelungen ist, bei den Transporthubschraubern ein hochwertigstes, technisch modernes Gerät zu beschaffen, nämlich den Transporthubschrauber vom Typ Black Hawk. Dieser Transporthubschrauber wird in etwa mit August ausgeliefert werden, und bis Jahresende werden die neuen, jetzt beschafften Transporthubschrauber in Österreich vorhanden sein.

Beim Transportflugzeug vom Typ C 130 – auch das ist ein wichtiges Projekt zur Abdeckung des eklatanten Mangels bei der Transportkapazität – ist es so, dass das erste Flugzeuge mit Dezember 2002 ausgeliefert werden wird und die beiden anderen in der ersten Jahreshälfte des nächsten Jahres.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): In welchem Zustand werden die drei gebrauchten Flugzeuge des Typs Herkules von der britischen Armee direkt erworben?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Meinen Sie, wie wir sie bekommen? (Bundesrat Dr. Liechtenstein: Ja genau!) – Diese drei Transportflugzeuge sind gebrauchte Flugzeuge, werden aber gerade jetzt auf einen modernen Stand gebracht, generalüberholt, auch mit der entsprechenden Avionik und Technik versehen, sodass wir davon ausgehen, dass wir diese Flugzeuge etwa 20 bis 25 Jahre im Dienst des österreichischen Bundesheeres haben können. (Bundesrat Dr. Liechtenstein: Danke sehr!)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Eine weitere Zusatzfrage kommt von Herrn Bundesrat Harald Reisenberger. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Werden diese Geräte auch für Einsätze der KIOP, also der Kräfte für internationale Operationen, eingemeldet, oder sind sie in einer anderen Ebene zu sehen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Diese Transportkapazität kann natürlich umfassend genützt werden. Die prioritären Aufgaben sind im militärischen, aber auch im Assistenzbereich für zivile Organisationen in Österreich zu sehen. Nicht nur die Lawinenkatastrophe von Galtür hat gezeigt, dass da eine absolute Notwendigkeit im Sinne der Sicherheit der Österreicher besteht.

Es ist aber natürlich auch möglich, einen Teil dieser Kapazität für die europäischen Peacekeeping-Aufgaben einzumelden. Auch das ist, so glaube ich, eine sinnvolle und notwendige Aufgabe, weil wir jetzt auf die Transportkapazitäten anderer Nationen angewiesen sind.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Eine weitere Zusatzfrage kommt von Herrn Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Welche Einsatzaufgaben sollen die Transporthubschrauber und Flugzeuge unter anderem in Bezug auf Assistenzleistungen des Bundesheeres in Zukunft wahrnehmen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Wie schon gesagt gibt es umfassende Aufgaben, etwa Evakuierungsaufgaben. Es sind etwa bei den Hubschraubern Löscheinsätze möglich, jede Art von Transportleistungen ist möglich, natürlich auch Transporte von Truppen in Einsatzgebiete im In- wie im Ausland. Es gibt also ein sehr umfassendes Einsatzgebiet. Mit diesem modernen Gerät, vor allem mit dem Transporthubschrauber, können wir praktisch bei fast allen Wetterbedingungen jetzt auch diese Leistungen erbringen.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir kommen zur 4. Anfrage, 1256/M.

Anfragesteller ist Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. – Bitte.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1256/M-BR/02

Welche Gefahrenpotenziale sehen Sie nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Der 11. September vorigen Jahres wird immer als Wende in der Sicherheitspolitik betrachtet. In Wahrheit hat sich – nur im negativen Sinn – eindrucksvoll ein Gefahrenpotenzial dargestellt, das natürlich seit langem bestanden hat.

Wir alle müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Bedrohung durch einen international agierenden, oft militärisch organisierten Terrorismus uns alle betrifft, dass diese Bedrohung nicht vor Staatsgrenzen halt macht, auch nicht irgendwelche völkerrechtlichen Verträge einhält und deshalb auch für Österreich von ganz besonderer Bedeutung ist.

Diese Bedrohung vor allem unter der Perspektive, dass diese Organisationen oder diese Gruppen unter Umständen auch Massenvernichtungswaffen zum Einsatz bringen könnten, ist nur gemeinsam mit der Internationalen Staatengemeinschaft zu bewältigen. Wir werden auf nationaler, aber auch auf internationaler Ebene einiges mit dazu beitragen müssen, damit derartige Vorfälle und Bedrohungen zwar sicherlich nie ganz zu verhindern sein werden, aber dass wir doch den bestmöglichen Schutz für die Bevölkerung geben können.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Wie oft mussten ABC-Abwehrkräfte des Bundesheeres seither bei Anthrax-Alarm Assistenz leisten?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Wir hatten seit dem 11. September etwa 400 Einsätze unserer ABC-Abwehrspezialisten, um Verdachtsmomente, dass es irgendwelche Anthrax-Bedrohungen gibt, auszuräumen. Ein Fall dieser 400 war real. Sie wissen es, es handelte sich um die kontaminierten Postsäcke in der Amerikanischen Botschaft.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass diese ABC-Einheiten im österreichischen Bundesheer hoch qualifiziert sind, unverzichtbare Leistungen in Österreich erbringen, aber ein sehr kleines Kontingent darstellen. Wir haben in ganz Österreich etwa 140 derartige Spezialisten, die diese 400 Einsätze bewältigt haben.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie schätzen Sie im Lichte der Erfahrungen des 11. September 2001 die Notwendigkeit für das Funktionieren des Heeres-Nachrichtenamtes und des Heeres-Abwehramtes ein?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Diese aktuellen Bedrohungen zeigen und auch die konkreten Anschläge haben gezeigt, dass es notwendig ist, Informationen zu haben, vor einem derartigen Anschlag Informationen darüber zu haben, welche Bedrohungen es gibt und wo sie möglicherweise auch realistisch werden könnten. Zu reagieren, ist ein sicherlich unbefriedigendes Instrument, und deshalb ist es notwendig, die Nachrichtendienstkapazitäten zusammenzuführen, vor allem auf der europäischen Ebene im Rahmen der Europäischen Union, aber auch diese Kapazitäten zu fokussieren und natürlich im Rahmen des Rechtsstaates mit den notwendigen und entsprechenden Rechten auszustatten, damit sie für uns alle rechtzeitig Warnungen geben können. Wir können nur dann Schutzmaßnahmen ergreifen, wenn wir zumindest potenziell wissen, wo es derartige Anschläge geben könnte.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Von Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk kommt die nächste Zusatzfrage. – Bitte.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Bundesminister! Sind Sie der Ansicht, dass – um mit Finanzminister Karl-Heinz Grasser zu sprechen – Kriegsgeräte – er meint damit offensichtlich Abfangjäger – und Auslandseinsätze wie die des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider bei Saddam Hussein geeignet sind, das Terrorrisiko für Österreich zu minimieren?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Frau Bundesrätin! Ich bin nicht der Meinung, dass das Gerät und die Infrastruktur, die das österreichische Bundesheer betreibt, als Kriegsgerät zu bezeichnen sind. (Bundesrat Konečny: Das müssen Sie Kollegen Grasser sagen!) – Ich sage Ihnen, ich bin nicht der Meinung, dass dieses Gerät als Kriegsgerät zu bezeichnen ist. (Bundesrat Dr. Böhm: Er ist kein Fachmann! – Bundesrat Konečny: Oh, er ist kein Fachmann? Er ist kein Fachmann? – Bundesrat Dr. Böhm: Nein, er ist Finanzminister!)

Frau Bundesrätin! Sie haben mich gefragt, und ich habe Ihnen eine Antwort gegeben. Es fällt mir nur schwer, mich gegen andere Meinungen durchzusetzen. Das österreichische Bundesheer hat nicht den Auftrag, Kriege zu führen, sondern das österreichische Bundesheer hat den Auftrag, die Souveränität Österreichs zu Lande und auch in der Luft abzusichern und die österreichische Bevölkerung gegen militärische Bedrohungen zu schützen beziehungsweise zivile Organisationen in diesem Bereich im Wege der Assistenz zu unterstützen. Das dafür notwendige Gerät ist im entsprechenden Umfang darzustellen, aber, wie gesagt, für die Sicherheit und nicht für die Kriegsführung.

Frau Bundesrätin! Internationale Kontakte halte ich für unbedingt notwendig – gerade in einer Zeit, in der es darum geht, Krisenbewältigung zu betreiben. Da ist jeder Kontakt sicherlich hilfreich, sofern es eine Chance gibt, im humanitären oder auch im politischen Bereich krisendeeskalierend zu wirken. Deshalb ist es auch das Bestreben der österreichischen Bundesregierung gewesen, alle außenpolitischen Kontakte zu nützen – gerade jetzt in dieser Phase nach dem 11. September –, um auch einen Beitrag für diese Anti-Terror-Allianz zu leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir kommen nun zur 5. Anfrage, 1263/M.

Anfragesteller ist Herr Bundesrat Klaus Gasteiger. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Herr Bundesminister! Sie haben vorhin gerade gesagt, die Geräte, also die Kampfflugzeuge, werden die nächsten 20, 25 Jahre ihren Dienst tun. (Bundesminister Scheibner: Die Transportflugzeuge!) – Entschuldigung, die Transportflugzeuge. Das heißt aber auch – das haben Sie wahrscheinlich und auch ich den Medien entnommen –, es ist geplant, über die Kampfflugzeuge oder über die Nachfolgegeräte der Draken, wenn man es so sagt, eine Volksbefragung abzuhalten.

Herr Bundesminister! Konkret lautet meine Frage:

1263/M-BR/02

Werden Sie die Meinung der Bevölkerung, die zu zwei Drittel die Beschaffung von Kampfflugzeugen ablehnt, respektierend eine Rücktrittsklausel in den Vertragstext aufnehmen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Wir haben die Verpflichtung, und eine Bundesregierung hat die Verpflichtung, die notwendigen Aufgaben des Staates im sozialen Bereich, im Bereich etwa der demokratischen Institutionen, die auch Geld kosten, und auch natürlich im Bereich der Sicherheit sicherzustellen.

Wir alle wissen es – vor allem jene, die sich mit dieser Materie beschäftigen –, dass es in Friedenszeiten oder dann, wenn eine Bedrohung nicht aktuell greifbar ist, immer wieder Diskussionen gibt, ob entsprechende Anschaffungen notwendig sind. Möglicherweise gibt es dann bei punktuellen Abfragen der Meinungsforscher eine negative Stimmung in der Bevölkerung. Wenn derartige Bedrohungen aber aktuell greifbar sind, dann kippt dieses Stimmungsbild sehr rasch, und dann fordert die Bevölkerung von uns, von der Regierung, aber auch von Ihnen als dem Gesetzgeber und den Volksvertretern, dass wir genau den Schutz und die Hilfe geben können, für die wir letztlich gewählt und eingesetzt sind.

Wir können uns nicht nach Meinungsumfragen richten, sondern wir müssen uns nach den Notwendigkeiten und nach dem Bedrohungspotenzial richten, sodass wir immer – so weit es geht – diese Aufgaben erfüllen können.

Bei Meinungsumfragen ist auch immer wieder die Frage, was man und wie man fragt. – Ich sage Ihnen, wir haben eine Meinungsumfrage in Auftrag gegeben, bei der die Fragestellung gelautet hat, ob die Bevölkerung für eine Überwachung des österreichischen Luftraumes eintritt. Da waren 55 Prozent dafür und 36 Prozent dagegen, 83 Prozent dieser Befürworter sind für die Überwachung des österreichischen Luftraumes durch das österreichische Bundesheer. – Also, wie gesagt: Es kommt darauf an, wie man fragt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Betreffend Rücktrittsklausel, Herr Bundesrat, ist es so, dass es solche natürlich immer in derartigen Verträgen etwa auch für gesetzliche Rücktrittsmöglichkeiten im Gewährleistungsrecht gibt. – Das, was Sie ansprechen, nämlich dass es eine allgemeine Rücktrittsklausel gibt, die uns in jedem Fall ermächtigt und es ermöglicht, vom Vertrag zurückzutreten, halte ich nicht für sinnvoll, denn es ist ein Käufer niemals verpflichtet, das gekaufte Gerät auch abzunehmen, aber er ist immer verpflichtet, den Kaufpreis zu bezahlen. Das würde uns auch bei einem Rücktritt von dem Vertrag nicht erspart bleiben, denn es handelt sich bei diesem militärischen Gerät nicht um Gerät, das auf Halde produziert wird und das man wieder zurückgeben kann, wie bei einem Supermarkt-Produkt, sondern diese Produkte werden auf Grund des Auftrages und erst nach Vertragsabschluss neu produziert.

Es werden Sub-Verträge mit den Lieferanten abgeschlossen, und all diese Dinge müssten selbstverständlich auch bei einem Kaufrücktritt bezahlt werden. Ich glaube, es ist nicht sinnvoll, den Kaufpreis zu bezahlen, aber den Vorteil, nämlich das Gerät für unsere Sicherheit zu erhalten, dann nicht in Anspruch zu nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesrat! Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Das heißt, Herr Bundesminister, im Klartext: Eine allgemeine Rücktrittsklausel wird nicht enthalten sein?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Ich halte diese Rücktrittsklausel nicht für sinnvoll.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Eine weitere Zusatzfrage kommt von Herrn Bundesrat Ing. Gerd Klamt. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Welche finanziellen Auswirkungen hätte ein derartiger Rücktritt aus einem bereits abgeschlossenen Vertrag?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Wie schon gesagt, wir müssten den Kaufpreis oder zumindest einen großen Teil des Kaufpreises bezahlen (Bundesrat Gasteiger: Nicht messbar!), ohne die notwendigen Gegenleistungen zu erhalten. Das war wohl auch der Grund, warum man in den "Draken"-Vertrag unter einer SPÖ-geführten Bundesregierung keine derartige Rücktrittsklausel aufgenommen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Eine weitere Zusatzfrage kommt von Herrn Bundesrat Johann Ledolter. – Bitte, Herr Bundesrat. (Bundesrätin Mag. Trunk: Wieviel kostet es wirklich? – Rufe und Gegenrufe bei ÖVP und SPÖ.) – Ich habe Herrn Bundesrat Ledolter um seine Zusatzfrage gebeten.

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Bundesminister! Ich hätte gerne gewusst, wie die Staatsaufgabe der Überwachung beziehungsweise Verteidigung des österreichischen Luftraumes überhaupt erfüllt werden könnte unter der Annahme, es gäbe keine Abfangjäger, beziehungsweise sie stünden nicht zur Verfügung.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Es werden hier immer wieder Varianten in die Diskussion mit eingebracht, etwa dass es ausreichen würde, eine Radar-Überwachung und Lenkwaffen zu haben. Das halte ich nicht für sinnvoll, denn dann müsste man jedes nicht identifizierte Luftfahrzeug mit diesen militärischen Mitteln sozusagen bedrohen, und das, so glaube ich, sind Wild-West-Methoden, die man nicht anwenden kann, nämlich dass man zuerst schießt und dann fragt.

Eine weitere Möglichkeit, die eingebracht worden ist, ist die Luftraum-Überwachung durch fremde Nationen. Das ist für ein bündnisfreies Land wie Österreich nicht möglich. Ich halte es auch nicht für sinnvoll, weil es zum einen sehr teuer wäre und zum anderen das andere Land natürlich einen entsprechenden Vorteil aus dieser Aufgaben-Übernahme möchte. Ich sage Ihnen, nicht nur als österreichischer Minister, sondern auch als österreichischer Staatsbürger ist es mir lieber, dass diese wichtige Sicherheitsaufgabe durch Kräfte des österreichischen Bundesheeres und auch durch österreichisches Gerät übernommen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir kommen zur 6. Anfrage, 1260/M.

Anfragesteller ist Herr Bundesrat Mag. Gerhard Tusek. – Bitte.

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Sie haben bereits in einer vorhergehenden Beantwortung festgestellt, dass dieser 11. September ein entscheidendes Datum für die Sicherheitspolitik und das Sicherheitsverständnis der Bevölkerung war. Die Regierung und das Parlament haben entsprechend reagiert, daher lautet meine konkrete Frage:

1260/M-BR/02

Welche Maßnahmen des nach dem 11. September 2001 von der Bundesregierung geschnürten Anti-Terrorpakets wurden für den Bereich des Bundesheeres bereits umgesetzt?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Es hat eine Reihe von legistischen Maßnahmen gegeben, auch in anderen Ressorts – etwa im Justizressort –, um einige Folgen dieses 11. September aufzuarbeiten. Es hat das von Ihnen angesprochene Anti-Terrorpaket in einem Ministerratsbeschluss gegeben, und es gibt natürlich auch Maßnahmen im österreichischen Bundesheer, um auf derartige Einsätze besser vorbereitet zu sein.

Die Maßnahmen im österreichischen Bundesheer sind etwa eine Ausstattung für den Selbstschutz für alle Bediensteten des österreichischen Bundesheeres im ABC-Bereich – das ist in Realisierung –, wir haben neue, moderne Spürgeräte für unsere ABC-Truppe, es gibt eine Aufstockung der Medikamentenbevorratung, und auch die Bereiche der Spezial- und Sondereinsatzkräfte werden besser vorbereitet. Auch in den Kommandostrukturen werden wir ein eigenes Kommando für diese Spezialeinsatzkräfte schaffen, und auch die Lufttransport-Kapazität, die heute schon in Diskussion war, ist hier zu nennen.

Das Anti-Terrorpaket im Ministerratsbeschluss – das sage ich hier ganz deutlich – umfasst ein breites Spektrum von aus meiner Sicht notwendigen Maßnahmen für den Schutz der Bevölkerung der Republik Österreich. Hier sind die notwendigen Budgetmittel noch nicht entsprechend garantiert – das wird im Zuge der Budgetverhandlungen des Jahres 2003 auszuhandeln sein.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Sie haben zuletzt die Budgetsituation und die Budgetmittel angesprochen. Kann man ungefähr größenordnungsmäßig jetzt schon abschätzen, wie viel Kosten für diese für die Sicherheit der Bevölkerung so wichtigen Maßnahmen anfallen werden?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Wir haben dieses Anti-Terrorpaket modulartig gestaltet: von einer notwendigen Grundausstattung, etwa die Aufstockung unserer ABC-Abwehrtruppe – wie gesagt, derzeit stehen nur 140 entsprechende Soldaten zur Verfügung –, über Ausrüstungen für Spezialeinsatzkräfte, auch für den Sicherungseinsatz. Auch das ist wichtig. Eine der wichtigen Aufgaben ist auch in Zukunft, dass wir, wenn es Terrorwarnungen gibt, die Möglichkeit haben, gemeinsam mit der Exekutive die notwendigen Einrichtungen der Republik Österreich – Wasserversorgung, Energieversorgung – absichern zu können. Auch dazu brauchen wir entsprechend flankierende Maßnahmen im Bereich Personal und Ausrüstung.

Es geht auch darum, die Laborkapazitäten für die Überprüfung derartiger Verdachtsmomente auszubauen – qualitativ und auch quantitativ –, bis hin natürlich auch zur Luftraumüberwachungs-Komponente, bei der neben den Flugzeugen auch andere Notwendigkeiten bestehen würden.

Die Kosten dafür sind, wie gesagt, sehr breit gefächert; das geht von einigen Millionen bis – ich sage es einmal so – in dreistellige Euro-Millionenbeträge. Es wird die Entscheidung der Bundesregierung sein, welche Module aus diesem Paket dann herausgenommen und auch finanziert werden können.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Eine weitere Zusatzfrage kommt von Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk. – Bitte, Frau Bundesrätin.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Bundesminister! Wie viel – in Summe und konkret in Zahlen – Euro geben Sie bereits derzeit für zusätzliche Sicherungsmaßnahmen im Bereich des Bundesheeres aus, und wie hoch wird das zusätzlich von Ihnen beim Finanzminister angemeldete Budget für Sicherheitsmaßnahmen sein?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Frau Bundesrätin! Die Maßnahmen, die jetzt passieren, sind im Großen und Ganzen natürlich im jetzigen Budget und auch in unserem Aufgabenspektrum enthalten. Natürlich gibt es Zusatzkosten seit dem 11. September, etwa im Bereich der Luftraumüberwachung waren das 127 000 €, im Bereich der ABC-Abwehrtruppe waren es etwa 520 000 €. Ein Teil davon wurde im vorigen Jahr über eine Budgetüberschreitung ersetzt. Ich sage, das sind ungefähre Zahlen, die etwa durch Überstunden und so weiter angefallen sind.

Wie sich das Budget 2003 gestalten wird, werden die Budgetverhandlungen zeigen. Ich sage Ihnen ganz klar: Es wird die Entscheidung der Bundesregierung und dann auch des Nationalrates sein, klar zu definieren: Welche Aufgaben soll das österreichische Bundesheer in Zukunft übernehmen? – Dafür müssen auch die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen.

Wenn man der Meinung ist, diese Aufgaben sind nicht zu erfüllen, und deshalb die Mittel nicht zur Verfügung stehen, dann wird auch klar sein, dass wir diese Aufgaben auch nicht erfüllen können. Im Krisenfall muss auch entsprechend klar sein, dass andere Institutionen, so weit das möglich ist, diese Sicherheit geben müssen.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesrat Christoph Hagen hat sich für eine weitere Zusatzfrage zu Wort gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Christoph Hagen (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Welches sind die aus Sicht des Bundesministeriums für Landesverteidigung wichtigsten Maßnahmen zur Steigerung der Anti-Terror-Kapazitäten des Bundesheeres?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Einiges habe ich schon gesagt. Zusammenfassend ist für uns wichtig – das machen wir auch laufend in Alarmübungen –, dass das Alarmierungssystem erweitert und effizienter gestaltet wird, sodass wir möglichst rasch mit möglichst viel an Kapazität auf derartige Warnungen reagieren können. Wir hatten – Sie wissen das wahrscheinlich – vor einigen Wochen einen Hinweis, dass ein derartiger Terroranschlag auch in Österreich möglich wäre. Gott sei Dank hat sich dieser Hinweis dann nicht als richtig herausgestellt, aber wir müssen davon ausgehen, dass wir von einer Minute auf die andere gefordert sein werden, entsprechende Sicherungs- und Schutzaufgaben übernehmen zu können.

Wir werden natürlich auch, wie schon gesagt, die Kapazitäten im Bereich der Nachrichtendienste auf diese Aufgaben fokussieren müssen. Es wird darum gehen, die Spezialeinsatzkräfte infrastrukturell, aber auch personell besser auszustatten. Es geht natürlich auch insgesamt um den internationalen Bereich, das heißt, Kooperation und Koordination auf internationaler Ebene werden von ganz besonderer Bedeutung sein, ebenso wie auch unser Beitrag für die internationale Kapazität im Rahmen der Europäischen Union und der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir kommen zur 7. Anfrage, 1264/M.

Anfragesteller ist Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1264/M-BR/02

Wie hoch sind die zusätzlichen budgetären Aufwendungen, die pro Jahr aufgewendet werden müssen, um die internationalen Verpflichtungen im Rahmen der gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik einhalten zu können?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Dieses Projekt einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, aber nicht nur einer solchen Politik, sondern auch einer konkreten Struktur für das Krisenmanagement erachte ich als von ganz besonderer Bedeutung. Es wurde immer wieder kritisiert, dass Europa zu wenig für die eigene Sicherheit tut. Die eigene Sicherheit wird natürlich auch von Krisen und Krisenherden in Europa, aber auch rund um Europa sehr stark mitbestimmt.

Deshalb ist das ein wichtiges Projekt, das auch nach dem Kosovo-Krieg mit einer entsprechenden Dynamik entwickelt worden ist, das derzeit ein bisschen ins Stocken geraten ist, weil der Vertrag bezüglich einer Kooperation in diesem Bereich zwischen NATO und Europäischer Union noch nicht zu Stande gekommen ist, weil es zuerst Widerstände der Türkei und jetzt von Griechenland gegeben hat.

Das ist auch mit ein Faktor für unsere Kostenstruktur, weil wir sehen, dass sich die Realisierung unseres Beitrages, den wir voriges Jahr eingemeldet haben, wahrscheinlich auf eine längere Periode erstrecken wird, als wir es ursprünglich vorgehabt haben oder es ursprünglich eine Verpflichtung dargestellt hätte. Nach unseren Berechnungen ist die Jahrestangente zur Erreichung dieses Beitrages etwa 113 Millionen Euro, die für das österreichische Bundesheer erforderlich sind.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Die Landesverteidigungsbudgetsituation ist sehr angespannt. Dies wirkt sich inzwischen auch auf die personelle Situation bei der Truppe aus. Daher lautet meine Zusatzfrage: Sind die erforderlichen zusätzlichen Mitteln in den künftigen Budgets des Bundes sichergestellt?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Es freut mich, dass Sie anerkennen oder auch mit mir einer Meinung sind, dass das Verteidigungsbudget zu gering ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich hoffe, dass Sie alle dann auch die Stimme entsprechend erheben werden, wenn versucht wird, von Geschenken für die Landesverteidigung, für Rüstungsaufgaben oder für irgendwelche Heeresbereiche zu reden, und Aufgaben für die Sicherheit auf der anderen Seite Aufgaben im Sozialbereich gegenüber gestellt werden. Es ist notwendig, für die uns gestellten Aufgaben auch die notwendigen Budgetmittel bereit zu stellen.

Die internationale Kapazität ist eine Zusatzaufgabe, die an das Bundesheer gestellt wurde und wird. Es ist eine Verpflichtung, die schon die vorige Bundesregierung eingegangen ist und die jetzige mit dem konkreten Beitrag. Ich habe klar gelegt, dass diese neue Verpflichtung aus dem bisherigen Verteidigungsbudget nicht abgedeckt werden kann, sondern dass es notwendig sein wird, diesen Betrag, diese 113 Millionen € den nächsten Budgets auch entsprechend zuzumitteln, sonst kann das österreichische Bundesheer diesen Auftrag im internationalen Bereich nicht erfüllen. Ich glaube, wir sind auch einer Meinung, dass durch diese internationalen Aufgaben die Bereiche auf der nationalen Ebene nicht gefährdet sein dürfen.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesrat Mag. John Gudenus hat sich zu einer weiteren Zusatzfrage gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liegen die Eckdaten für das Budget 2003 für die Landesverteidigung schon vor?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Diese Eckdaten liegen noch nicht vor. Es gibt einige Vorgespräche mit dem Finanzministerium, um diese Eckdaten zu ermitteln. Die Budgetverhandlungen werden im Sommer weitergeführt werden. Der Finanzminister hat vor, im Herbst – Ende September oder Anfang Oktober – dieses Jahres die Budgetrede zu halten.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Eine weitere Zusatzfrage kommt von Herrn Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon. – Bitte schön.

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Welche Probleme, insbesondere hinsichtlich der Freiwilligkeit, sind bei der konkreten Aufstellung der Einheiten wie internationale Einsätze bislang aufgetreten?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Nach dem bisherigen System der Aufstellung für internationale Einsätze waren die Probleme bewältigbar. Es ist natürlich, wie Sie schon gesagt haben, notwendig, für jeden Einsatz ad hoc das notwendige Personal auf der Basis der Freiwilligkeit zu rekrutieren. Es hat eine Zeitlang Probleme gegeben, als wir Zypern, Kosovo und den Golan abzudecken gehabt hatten. Jetzt durch die Rücknahme der Mission in Zypern gibt es für die aktuellen Missionen kein Problem bei der Personalrekrutierung.

Für den Bereich der europäischen Sicherheits- und Verteidigungsstruktur müssen wir aber ein neues System einführen, das so genannte Contracting-Verfahren, also eine Art vertragliche Bindung – denn verfassungsrechtlich ist natürlich die Freiwilligkeit für derartige internationale Einsätze garantiert – des Soldaten, der sich für internationale Einsätze meldet, weil die rasche Verfügbarkeit gefordert ist, die auf eine andere Weise sonst nicht möglich wäre.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir kommen zur nächsten Anfrage, 1261/M.

Anfragesteller ist Herr Bundesrat Leopold Steinbichler. – Bitte.

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frag lautet:

1261/M-BR/02

Wie werden Sie sicherstellen, dass auch weiterhin die dezentrale Struktur der Einheiten des österreichischen Bundesheeres in vielen Garnisonen gewahrt bleibt?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Wir befinden uns hier in einem Spannungsverhältnis: Auf der einen Seite stehen Effizienz, Kostenersparnis und die Forderung, möglichst mit den Mitteln hauszuhalten, und auf der anderen Seite gibt es natürlich den föderalistischen Charakter Österreichs und auch die möglichst große Nähe der Einsatzkräfte zu den Einsatzorten. Da ist immer wieder ein Kompromiss zu treffen, der bis jetzt, so glaube ich, ganz gut gelungen ist.

Es ist klar, dass wir – auch das ist immer in Diskussion –, so lange wir neun Bundesländer haben, auch neun Militärkommanden, neun militärische Ansprechpartner brauchen, dass wir daher in Zukunft eine breiter gefächerte Garnisonierung haben werden, als das vielleicht nach den Gründen der Effizienz und Kostenersparnis notwendig wäre.

Ich bitte aber daher gerade bei Bundesländervertretern um Verständnis, dass wir auch das Erklärbare umsetzen müssen. Auf der anderen Seite müssen wir natürlich auch schauen, dass die notwendigen Geldmittel hereinkommen. Ich erinnere daran, dass in der Bundesverfassung ein Passus verankert ist, dass die Bundesländer bei der Garnisonierung des österreichischen Bundesheeres mitwirken. Das kann sich nicht darin beschränken, indem man die Bestandsgarantie für Standorte fordert, sondern das sollte sich auch darauf erstrecken, dass man bei der Finanzierbarkeit der Standorte mithilft.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Herr Minister! Können Sie konkret sagen, welche Kasernen noch in dieser Gesetzgebungsperiode geschlossen werden sollen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Mein Vorgänger hat ein Kasernenkonzept erarbeitet und auch umgesetzt und realisiert. Es ist eine ganze Reihe von Standorten bereits abverkauft beziehungsweise noch im Abverkauf.

Ich habe klar gesagt, dass in dieser Legislaturperiode keine weiteren Standorte geschlossen werden.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Klaus Gasteiger zu Wort gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Klaus Gasteiger: (SPÖ, Tirol): Herr Bundesminister! Welche Garnisonen beziehungsweise Kleingarnisonen sollen geschlossen und welche sollen zusammengelegt werden?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Ich habe diese Frage, so glaube ich, schon beantwortet: Das Kasernenkonzept, das mein Vorgänger ausgearbeitet hat, ist im Prinzip realisiert. Es sind noch nicht alle frei gewordenen Kasernen abverkauft. Ich habe klar gesagt, dass in dieser Legislaturperiode keine weiteren Kasernenschließungen vorgenommen werden.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Welche Einsparungspotenziale ergeben sich aus der geplanten Standortbereinigung beziehungsweise welche Umschichtungsmöglichkeiten für andere Aufgaben des Bundesheeres eröffnen sich dadurch?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Das österreichische Bundesheer hat bei der Bauinfrastruktur zwar schon in einigen Bereichen wichtige Fortschritte erzielt, aber in manchen Bereichen, etwa bei der Sanierung der Kasernen, ist noch ein großer Nachholbedarf gegeben. Ein Großteil der Erlöse, die das österreichische Bundesheer aus den Kasernenverkäufen erwirtschaftet, wird in die Erhaltung und in die Fortentwicklung der Bauinfrastruktur investiert.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Stefan Schennach zu Wort gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Da Sie bei den vorhergehenden Fragen relativ großen semantischen Aufwand betrieben haben, indem Sie darlegten, was ein Kriegsgerät ist und was nicht, werden wir wohl in der Meinung übereinstimmen, dass das Manöver die Verteidigung im Kriegsfall ist. Es werden in Österreich die Manöver dezentral beziehungsweise regional durchgeführt.

Meine Frage lautet: Wie sieht die Entwicklung aus, was Schäden durch Manöver, zum Beispiel Flurschäden, betrifft? Wer sind da die Geschädigten, und wie sieht da generell die Entwicklung aus?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Ich bin nicht Ihrer Meinung, dass ein Manöver eine Vorbereitung auf einen Kriegsfall darstellt. Ein Manöver oder eine Ausbildungsübung ist dafür da und unbedingt notwendig, um die Aufgaben, die es im Einsatzfall zu erfüllen gilt, auch entsprechend zu üben, damit die erforderlichen Einsätze durchgeführt werden können, und zwar in dem gesamten Spektrum, das unsere Bundesverfassung und auch die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin vorgeben.

Wenn Sie sich die letzten, vor allem auch großen Übungen ansehen, dann werden Sie merken, dass das realistische Szenarien sind. Das sind Peace-Keeping-Operations, das sind Übungen für humanitäre Einsätze, und das sind auch Sicherungsaufgaben. Wir haben uns im Rahmen der Europäischen Union verpflichtet, für das gesamte Spektrum der militärischen Aufgaben Kapazitäten einzubringen, und das ist auch zu üben.

Wir versuchen, diese Übungen zum Großteil auf Truppenübungsplätzen durchzuführen, sodass Flurschäden nicht anfallen. Gerade deshalb sind diese Truppenübungsplätze und auch deren Erhalt von ganz besonderer Bedeutung. Es ist aber auch notwendig, von Fall zu Fall im freien Gelände diese Übungen durchzuführen, weil verschiedene Bereiche eben auf Truppenübungsplätzen nicht zu simulieren sind. Vor allem geht es auch darum, zum Beispiel Sicherungsaufgaben unter Aufrechterhaltung des zivilen Lebens, so weit das geht, unter Aufrechterhaltung der zivilen Strukturen durchzuführen. Auch das muss geübt werden.

Es sind für die dann dabei nicht vermeidbaren Flurschäden klare Entschädigungssätze vorgesehen. Es werden entsprechende Kommissionen dafür eingesetzt, dass alle dadurch Geschädigten rasch und umfassend entschädigt werden. Ich glaube, dass die Sätze für diese Entschädigungen angemessen sind. Es hat bisher noch keine Klagen gegeben, dass Landwirte oder andere Privatpersonen in ihrem Vermögen durch Übungen des österreichischen Bundesheeres geschädigt worden wären.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir kommen zur 9. Anfrage, 1257/M.

Anfragesteller ist Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. – Bitte.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Obwohl sich meine Frage mit der 3. Anfrage inhaltlich beinahe deckt, stelle ich sie trotzdem, um dem Hohen Haus die Möglichkeit zu geben, Zusatzfragen zu stellen. Meine Frage lautet:

1257/M-BR/02

Wann werden die Black Hawk-Transporthubschrauber und die Herkules-Transportflugzeuge geliefert werden?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! So schöne Dinge kann man nicht oft genug sagen, weil es sich dabei wirklich um modernes und gutes Gerät handelt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Der erste Hubschrauber vom Typ Black Hawk wird, beginnend mit August, bis Jahresende ausgeliefert werden, und bei den Transportflugzeugen vom Typ C 130 Herkules ist es so, dass das erste Flugzeug im Dezember dieses Jahres ausgeliefert wird, und die beiden weiteren Flugzeuge werden in der ersten Jahreshälfte des nächsten Jahres ausgeliefert werden, und zwar genau bis zum Juli 2003.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Es wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Besteht darüber hinaus noch weiterer Bedarf, die Transportkapazität aufzustocken?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Gemäß unseren Pflichtenheften – und diese wurden nach dem Transportbedarf, den wir in Österreich haben, ausgerichtet – ist eine weitere Aufstockung notwendig. Wir haben eine Option auf drei weitere Hubschrauber vom Typ Black Hawk. Ich gehe davon aus, dass wir diese Option auch wahrnehmen werden. Insgesamt ergibt sich aber trotzdem noch ein Fehlbestand von einem Hubschrauber vom Typ 212, weil es einmal einen Defekt oder einen Absturz gegeben hat, und von 12 Hubschraubern vom Typ Black Hawk, für welche es noch kein Projekt und keine Finanzierung gibt.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Eine weitere Zusatzfrage kommt von Herrn Bundesrat Franz Wolfinger. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Bundesminister! Werden die neuen Transportkapazitäten auch für humanitäre Einsätze zur Verfügung stehen?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Ich weiß jetzt nicht, was Sie unter "humanitäre Einsätze" verstehen. Ich nehme an, dass Sie damit nichtmilitärische Einsätze meinen. (Bundesrat Wolfinger: Ja!) Selbstverständlich werden diese Transportkapazitäten auch für alle nichtmilitärischen Einsätze zur Verfügung stehen, sofern sie angefordert werden, denn das österreichische Bundesheer kann nur dann zu Hilfe kommen, wenn zivile Organisationen entsprechenden Bedarf bei uns anmelden.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Eine weitere Zusatzfrage kommt von Herrn Bundesrat Harald Reisenberger. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Ihre Überraschung wird wahrscheinlich groß sein, dass ich Ihnen Bezug nehmend auf Ihre vorhergehende Beantwortung mitteile, dass Budgetmittel, die notwendig sind, von unserer Seite her immer dann mitgetragen werden, wenn es darum geht, diese sinnvoll für unsere Kolleginnen und Kollegen beim österreichischen Bundesheer einzusetzen. Wir haben nur manchmal eine andere Perspektive dessen, was sinnvoll ist und was nicht, als Sie.

Was ich zweifelsohne als sinnvoll empfinde, das ist die Anschaffung der Black Hawk-Transporthubschrauber und der Herkules-Transportflugzeuge. Dazu stelle ich die konkrete Frage: Mit wie viel Mann beziehungsweise Frau Besatzung sind diese Geräte unterwegs? Kann man auch in etwa sagen – da sie jetzt auf den letzten Stand gebracht werden, wie Sie berichtet haben –, mit wie viel Mann/Frau diese Geräte betreut und instand gehalten werden?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Es freut mich, dass Sie nun doch auch meine Entscheidung für den Black Hawk mittragen und unterstützen; damals, als die Entscheidung getroffen wurde, war das noch nicht so. Ich glaube aber, dass es gut und richtig war, das technisch beste Gerät entsprechend in Verwendung zu bringen.

Die Besatzung sieht so aus – meine Experten werden mich korrigieren, sollte ich das falsch sagen –: Bei der C 130 sind es vier Personen Besatzung, und beim Hubschrauber Black Hawk sind es drei Personen Besatzung. (Bundesrat Reisenberger: Wie sieht die Serviceleistung aus? Wie viel Leute sind damit in etwa beschäftigt?) – Das kann ich Ihnen jetzt auswendig nicht sagen, aber ich werde die Antwort nachbringen.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir kommen nun zur 10. Anfrage, 1265/M.

Anfragesteller ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. – Bitte.

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Durch den Einzug der Frauen in das Bundesheer beziehungsweise die Öffnung des Bundesheeres für Frauen hat sich das Bundesheer verändert. Sie planen jetzt auch weitere Umstrukturierungen. Deshalb meine Frage:

1265/M-BR/02

Nachdem Sie eine gravierende Umstrukturierung des Bundesheeres in Angriff nehmen, stellt sich die Frage, wie viel von den 44 verbliebenen Abteilungen von Frauen geführt werden?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Bundesrat! Die Möglichkeit für Frauen, Dienst in Uniform beim österreichischen Bundesheer zu machen, liegt im militärischen Bereich. Es ist hier, wie ich sehe, auch eine Vertreterin unter den Zusehern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) – Das ist von der Qualität her ein sehr erfolgreiches Projekt. Was die Quantität, also die Zahl der Soldatinnen betrifft, so würde ich mir durchaus wünschen, dass sich mehr Frauen für den Dienst beim österreichischen Bundesheer melden. Diese Aufgaben beziehungsweise diese Dienstverwendung in militärischen Funktionen ist natürlich auch eine Voraussetzung für viele höhere Funktionen, auch im Ministerium selbst, weil viele Abteilungen, Gruppen und auch andere Bereiche für Soldatinnen oder Soldaten reserviert sind.

Es sind natürlich auf Grund der Kürze dieser Möglichkeit noch keine Frauen in derartigen Funktionen auf der militärischen Ebene, außer im Sanitätsbereich, in dem es eine weibliche Person in einer Führungsfunktion gibt.

In der Zentralstelle werden die 44 neuen Abteilungen erst ausgeschrieben. Ich kann Ihnen jetzt sagen, dass sich für diese 44 Abteilungen zwei weibliche Bedienstete beworben haben. Ich kann Ihnen natürlich jetzt noch nicht sagen, wie diese Entscheidungen ausgehen werden, aber Sie können daran ersehen, dass es anscheinend noch immer ein Problem ist, weibliche Bedienstete auch im zivilen Bereich von dem Aufgabenspektrum im österreichischen Bundesheer oder im Bundesministerium für Landesverteidigung zu überzeugen oder dafür zu begeistern. Es sollte sicherlich ein Anreiz sein, da einiges zu investieren, um auch für Frauen diese Möglichkeiten zu eröffnen. Im zivilen Bereich steht diese Möglichkeit schon von Anbeginn offen.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Bundesminister! Wie sieht zurzeit im Bundesheerbereich unmittelbar – also nicht im Ministerium, sondern im Bundesheerbereich – prozentuell der Anteil von Frauen in Offiziers- und Unteroffiziersbereichen aus?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Im Offiziersbereich haben wir eine Führungsfunktion mit Offiziersrang mit einer weiblichen Person besetzt, und zwar im Sanitätsbereich.

Wir haben derzeit – ich kann Ihnen die Zahl jetzt auswendig nicht ganz genau sagen –sechs oder sieben weibliche Personen, die an der Theresianischen Militärakademie ihre Ausbildung zum Offizier machen, und wir haben derzeit in etwa 150 im Dienst des österreichischen Bundesheeres – also nach Absolvierung des Ausbildungsdienstes – befindliche Frauen, die in Unteroffiziersrängen sind. Aber wie gesagt: Das ist ein Projekt, das sich erst entwickeln muss und das auf Grund der doch notwendigen langen Ausbildungszeiten erst Schritt für Schritt dann auch von der Zahl her darstellbar sein wird.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Herta Wimmler gemeldet. – Bitte.

Bundesrätin Herta Wimmler (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Um wie viele Personen konnte der Anteil der Frauen im österreichischen Bundesheer in den letzten beiden Jahren erhöht werden?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Frau Bundesrätin! Sie meinen die Soldatinnen, also die Frauen in Uniform? (Bundesrätin Wimmler: Ja!) Wir hatten im österreichischen Bundesheer in jenem Bereich, in welchem der Ausbildungsdienst bereits erfüllt wurde, am 1. 1. 2001 76 Frauen, am 1. 1. 2002 117 Frauen und am 1. 6. 2002 127 Frauen in Uniform tätig. 59 Damen sind derzeit im Ausbildungsdienst, das heißt, sie sind sozusagen in der Warteposition, auch entsprechend aufgenommen zu werden.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Die nächste Zusatzfrage käme der sozialdemokratischen Fraktion zu. Ich habe keine Meldung. – Darf ich fragen, ob eine Zusatzfrage gewünscht wird? – Das ist nicht der Fall.

Die nächste Zusatzfrage kommt von Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid. – Bitte.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Welche frauenfördernden Maßnahmen wurden mit welchen positiven Auswirkungen im Bereich Ihres Ministeriums in den Jahren 2000 und 2001 gesetzt?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Frau Bundesrätin! Sie wissen, dass sich erst mit einer Gesetzesnovelle im Jahre 1998 für Frauen die Möglichkeit ergeben hat, auch in Uniform Dienst beim österreichischen Bundesheer zu machen und damit auch die entsprechende militärische Berufslaufbahn zu ergreifen – wie gesagt, von der Qualität her ein sehr erfolgreiches Projekt, von der Zahl her sicherlich ausbaubar.

Es war mein Bestreben – und das wurde auch im Jahr 2000 umgesetzt –, dass wir auch die Miliz-Laufbahn für Frauen öffnen, das heißt, dass die Frauen nach dem Ausbildungsdienst nicht in der Berufslaufbahn bleiben müssen, sondern auch neben ihrem Zivilberuf auf freiwilliger Basis Miliz-Dienstleistungen erbringen können und damit auch die Möglichkeit haben, etwa bei Auslandseinsätzen mit dabei zu sein und da auch die entsprechenden Chancen zu haben.

Wir haben die Eignungsprüfungen – vor allem bei den körperlichen Anfordernissen – angepasst. Insgesamt konnten dadurch die Ausfallsraten während der Ausbildungszeit reduziert werden.

Es gibt für unsere Bediensteten so genannte Integrativ-Seminare an der Landesverteidigungsakademie, um auch die Probleme, die sich aus diesem Dienst, aus dieser Möglichkeit ergeben und die Gott sei Dank sehr gering sind, anzugehen und dafür Lösungen anzubieten.

Es gibt darüber hinaus Schwerpunkt-Veranstaltungen, etwa bei Berufsinformationsmessen, auch an den Schulen und bei allen Informationsveranstaltungen des österreichischen Bundesheeres, bei denen speziell auf diese Karrieremöglichkeiten für Frauen beim österreichischen Bundesheer hingewiesen wird.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke, Herr Bundesminister. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Fragestunde ist damit beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Eingelangt sind vier Anfragebeantwortungen – 1771/AB bis 1774/AB –, die den Anfragestellern übermittelt wurden.

Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits Ihnen allen im Bundesrat zugegangen. – In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Herr Bundesminister Haupt hat bei der Beantwortung der dringlichen Anfrage 1938/J-BR/02 zwei Fragen einer schriftlichen Beantwortung vorbehalten. Diese schriftliche Beantwortung ist zwar am 18. Juni 2002 eingelangt und an alle Bundesräte verteilt worden, durch ein Versehen hat diese Beantwortung jedoch keine AB-Nummer erhalten.

Ich habe daher veranlasst, dass diese Anfragebeantwortung eine solche Bezeichnung erhält. Sie lautet: 1774/AB-BR/02.

Weiters habe ich veranlasst, dass diese in die Liste der Anfragebeantwortungen aufgenommen wird und noch einmal zur Verteilung gelangt. Diese Liste und diese Anfragebeantwortung liegen Ihnen vor.

Die eingelangten Berichte über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2001 und über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 2000/01 habe ich dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus beziehungsweise dem Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur weiteren geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zugewiesen.

Eingelangt ist weiters ein Schreiben des Bundeskanzlers betreffend die Nominierung der österreichischen Kandidaten für die kommende Funktionsperiode des Wirtschafts- und Sozialausschusses der Europäischen Union entsprechend der Bestimmung des Artikels 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführer Christoph Hagen:

"Dr. Wolfgang Schüssel, Bundeskanzler.

An die

Präsidentin des

Bundesrates

Uta Barbara Pühringer

Dr. Karl Renner-Ring

1017 Wien

Wien, am 19. Juni 2002

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

In Entsprechung der Bestimmung des Artikels 23c Abs. 5 B-VG darf ich Ihnen in der Anlage die Liste mit den österreichischen Kandidaten für die kommende Funktionsperiode des Wirtschafts- und Sozialausschusses übermitteln.

Das Mandat der Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses, die gemäß Artikel 258 EGV vom Rat einstimmig auf vier Jahre ernannt werden, läuft mit 20. September 2002 aus. Österreich stellt zwölf der zweihundertzweiundzwanzig Mitglieder. Das Ernennungsverfahren sieht gemäß Artikel 259 EGV vor, dass jeder Mitgliedstaat doppelt so viele Kandidaten nominiert, wie seinen Staatsangehörigen Sitze zugewiesen sind. Österreich hat daher vierundzwanzig Kandidaten für die ihm zustehenden zwölf Mitglieder zu benennen.

Entsprechend Artikel 23c Absatz 3 B-VG hat die Bundesregierung in Wahrnehmung der ihr obliegenden Nominierungspflicht, Vorschläge der gesetzlichen und sonstigen beruflichen Vertretungen der verschiedenen Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens eingeholt. Mit Beschluss des Ministerrates vom 28. Mai 2002 wurden diese Vorschläge von der Bundesregierung genehmigt.

Mit dem förmlichen Ernennungsbeschluss des Rates ist im Laufe des Juli zu rechnen.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Schüssel"

Ich verlese nun die Liste:

"Liste der österreichischen Kandidaten für den Wirtschafts- und Sozialausschuss für die kommende Amtsperiode ab 21. September 2002

1. Erstgereihte Kandidaten:

Gruppe I – Arbeitgeber:

Herr Mag. Dipl. Ing. Johann Költringer, geb.: 31. Dezember 1962, Hauptabteilungsleiter des Österreichischen Raiffeisenverbandes, Österreichischer Raiffeisenverband, Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Platz 1, A-1020 Wien

Herr Dr. Johannes Kleemann, geb.: 24. April 1933, Mitglied des Vorstandes der Industriellenvereinigung, Industriellenvereinigung, Schwarzenbergplatz 4, A-1031 Wien

Herr. Dr. Klaus Stöllnberger, geb.: 27. Oktober 1937, Vorstand der Firma "Gallia Mineralölprodukte-Vertriebsgesellschaft AG", Firma Gallia-Mineralölproduktion-Vertriebsgesellschaft AG, Blaasstraße 32, A-1190 Wien

Frau Mag. Christa Schweng, geb.: 12.  Mai 1965, Wirtschaftskammer Österreich, Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit, Wirtschaftskammer Österreich, Wiedner Hauptstraße 63, A-1045 Wien

Gruppe II – Arbeitnehmer:

Herr Mag. Wolfgang Greif, geb.: 11. November 1961, Internationaler Sekretär der Gewerkschaft der Privatangestellten, Gewerkschaft der Privatangestellten, Deutschmeisterplatz 2, A-1010 Wien

Frau Mag. Angela Orsolits, geb.: 4. September 1968, Mitarbeiterin des Volkswirtschaftlichen Referates des ÖGB – Schwerpunkt EU, Österreichischer Gewerkschaftsbund, Hohenstaufengasse 12, A-1010 Wien

Herr Gustav Zöhrer, geb.: 15. Juli 1962, Internationaler Sekretär der Gewerkschaft Metall – Textil, Gewerkschaft Metall –Textil, Plößlgasse 15, A-1040 Wien

Herr Thomas Delapina, geb.: 27. März 1956, Arbeiterkammer Wien, Prinz-Eugen-Straße 20-22, A-1041 Wien

Frau Mag. Eva Belabed, geb.: 19. November 1952, Arbeiterkammer Oberösterreich, Volksgartenstraße 40, A-4020 Linz

Gruppe III – Sonstige:

Herr Dipl.-Ing. Rudolf Strasser, geb.: 29. Oktober 1939, Generalsekretär-Stellvertreter der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, Löwelstraße 12, A-1014 Wien

Frau Dr. Anne-Marie Sigmund, geb.: 11. August 1941, Europabeauftragte des Bundeskomitees der freien Berufe Österreichs, Bundeskomitee Freie Berufe, Maria Theresien-Straße 5/3/14, A-1090 Wien

Herr Friedrich Dinkhauser, geb.: 16. April 1940, Präsident der Arbeiterkammer Tirol, Arbeiterkammer Tirol, Maximilianstraße 7, 6020 Innsbruck

2. Zweitgereihte Kandidaten:

Gruppe I – Arbeitgeber:

Herr Dr. Karl Guschlbauer, geb.: 14. Oktober 1946, Abteilungsleiter der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, Löwelstraße 12, A-1014 Wien

Herr Dipl.-Ing. Dr. Berthold Berger-Henoch, geb.: 14. Juni 1963, Leiter der Repräsentanz der Industriellenvereinigung in Brüssel, Repräsentanz der Industriellenvereinigung in Brüssel, 30, Avenue de Cortenbergh, B-1040 Brüssel

Herr MMag. Christian Mandl, geb.: 5. Juni 1963, Leiter der Stabsabteilung EU-Koordination in der Wirtschaftskammer Österreich, Wirtschaftskammer Österreich, Wiedner Hauptstraße 63, A-1045 Wien

Herr Dr. Stefan Pistauer, geb.: 7. Mai 1951, Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich bei der EU, Vertretung der Wirtschaftskammer Österreich bei der EU, Avenue de Cortenbergh 30, B-1040 Brüssel

Gruppe II – Arbeitnehmer:

Herr Karl-Heinz Nachtnebel, geb.: 6. Dezember 1947, Internationaler Sekretär des ÖGB, Österreichischer Gewerkschaftsbund, Hohenstaufengasse 12, A-1010 Wien

Herr Mag. Georg Kovarik, geb.: am 19. Dezember 1957, Leiter des Volkswirtschaftlichen Referates des ÖGB, Österreichischer Gewerkschaftsbund, Hohenstaufengasse 12, A-1010 Wien

Herr Mag. Ernst Tüchler, geb.: 5. September 1957, Mitarbeiter des Volkswirtschaftlichen Referates des ÖGB – Schwerpunkt EU, Österreichischer Gewerkschaftsbund, Hohenstaufengasse 12, A-1010 Wien

Frau Mag. Elisabeth Aufheimer, geb.: 28. Juni 1955, Büro der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte in Brüssel, Avenue de Cortenbergh 30, B-1040 Brüssel

Herr Fritz Freyschlag, geb.: 21. Oktober 1931, Arbeiterkammer Oberösterreich, Volksgartenstraße 40, A-4020 Linz

Gruppe III – Sonstige:

Herr Generalsekretär Dipl.-Ing. August Astl, geb.: 13. August 1951, Generalsekretär der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, Löwelstraße 12, A-1014 Wien

Frau Mag. Doris Vater-Dannhäuser, geb. 27. Mai 1963, Generalsekretärin des Bundeskomitees der freien Berufe Österreichs, Bundeskomitee Freie Berufe Österreichs, Maria Theresien-Straße 5/3/14, A-1090 Wien

Herr Mag. Martin Hirner, geb.: 13. September 1947, Direktor der Arbeiterkammer Tirol, Arbeiterkammer Tirol, Maximilianstraße 7, 6020 Innsbruck"

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Eingelangt ist weiters ein Schreiben des Ersten Präsidenten des Kärntner Landtages betreffend Mitglieder und Ersatzmitglieder des Bundesrates, vom Kärntner Landtag gewählt. Ich darf die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens ersuchen.

Schriftführer Christoph Hagen: "Erster Präsident des Kärntner Landtages Dr. Jörg Freunschlag, Landhaus, 9020 Klagenfurt, 26.6.2002

An die

Präsidentin des Bundesrates der Republik Österreich

Frau Uta Barbara Pühringer

Parlament, 1010 Wien

Hochgeschätzte Frau Präsidentin!

Ich darf mich recht herzlich für Ihren Brief vom 14.6.2002 und Ihr Bemühen um eine konsensuale Lösung in der Frage des Wegfalls eines Bundesrates für das Land Kärnten bedanken.

An der nahezu feststehenden Tatsache, daß die Ergebnisse der Volkszählung 2001 zu einer Reduktion des Bundesrates von derzeit 64 auf 62 Mitglieder führen und das Land Kärnten mit dem Verlust eines Bundesratsmandates hievon betroffen sein wird, werden auch die noch laufenden Auswertungen keine Änderungen ergeben.

Daß der Wegfall eines Bundesratsmandates für das Land Kärnten im Herbst dieses Jahres zu einem nicht vorhersehbaren Problem führt, ist darauf zurückzuführen, daß alle bisherigen Mitteilungen des Präsidenten des Kärntner Landtages über die Reihung der vom Landtag nach dem Verhältniswahlrecht gewählten Mitglieder des Bundesrates nach dem Stärkeverhältnis der im Landtag vertretenen Parteien erfolgt ist. Diese bisher übliche Vorgangsweise widerspricht den verfassungsmäßigen Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes unter Zugrundelegung des d’Hondtschen Verfahrens. Auch die jeweils eingebrachten Wahlvorschläge der Fraktionen – mit Ausnahme der ursprünglichen Nennung von Ing. Kurt Scheuch als Erstgenannten auf dem Wahlvorschlag der FPÖ in der konstituierenden Sitzung des Kärntner Landtages vom 8. April 1999, welche für die turnusmäßige Vorsitzführung im Bundesrat ausschlaggebend ist – enthielten keine Reihung.

Außer Zweifel steht, daß sowohl die Wahl in der konstituierenden Sitzung des Kärntner Landtages am 8.4.1999 wie auch alle Nachwahlen von Bundesräten und Bundesrätinnen nach dem Verhältniswahlrecht stattgefunden haben, wie es die Bundesverfassung und die Kärntner Landesverfassung unter Anwendung des Verfahrens nach d’Hondt vorsehen. Erläuternd sei erwähnt, daß die Wahlen jeweils mit einem Stimmzettel für jede im Landtag vertretene Partei – unabhängig von der Anzahl der ihnen zustehenden Mandate – durchgeführt werden und der Präsident bei der Bekanntgabe des Wahlergebnisses jeweils feststellte, daß die gewählten Bundesräte und Bundesrätinnen die erforderliche Wahlzahl erreichten. Auf den Stimmzetteln erfolgte keine numerische Reihenfolge." (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

"Die in den anschließend ergangenen Mitteilungen an die Präsidenten des Bundesrates vorgenommene numerische Festlegung der Reihenfolge widersprach den obgenannten Grundsätzen, da vom Stärkeverhältnis der im Landtag vertretenen Parteien ausgegangen wurde. Bei Nachwahlen wurde der Name an der bestehenden Nummer ersetzt.

Ausgehend von den im Kärntner Landtag verfassungskonform stattgefundenen Wahlgängen für die Vergabe der Bundesratsmandate hat nunmehr durch mich als Präsidenten des Kärntner Landtages eine den dargelegten Grundsätzen entsprechende Mitteilung der Reihenfolge der vom Kärntner Landtag gewählten Bundesräte und Bundesrätinnen zu erfolgen. Diese Richtigstellung ist, wie Sie in Ihrem Schreiben festhalten, zwingend erforderlich, da nach der zu erwartenden Entschließung des Bundespräsidenten das Bundesratsmandat der ÖVP in der Person von Ing. Franz Gruber wegfallen würde.

Nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes hat jedoch die SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht für das fünfte Mandat und wurde dieses mit Herbert Würschl besetzt. Hinsichtlich der internen Reihenfolge der auf Vorschlag der SPÖ gewählten Bundesräte ist festzuhalten, daß nach Verzicht von Mag. Harald Repar wie auch dessen Ersatzmitgliedes Ana Blatnik die weiterhin amtierende Bundesrätin Mag. Melitta Trunk vorgerückt ist. Auch diesbezüglich sind die ergangenen Mitteilungen mißverständlich.

Unter Zugrundelegung des bisher angeführten Sachverhaltes wird vom Präsidenten des Kärntner Landtages nachstehende Reihenfolge der vom Kärntner Landtag in der 28. Gesetzgebungsperiode gewählten Bundesräte und Bundesrätinnen bekanntgegeben:

1. Ing. Gerd Klamt (FPÖ)

Ersatzmitglied: Manfred Mischelin

2. Mag. Melitta Trunk (SPÖ)

Ersatzmitglied: Günther Molzbichler

3. Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (FPÖ)

Ersatzmitglied: Günther Arztmann

4. Ing. Franz Gruber (ÖVP)

Ersatzmitglied: Franz Richau

5. Herbert Würschl (SPÖ)

Ersatzmitglied: Ana Blatnik

Sehr geschätzte Frau Präsidentin, ich hoffe, daß der von mir vorgeschlagene Weg, der vor allem durch die konstruktive Zusammenarbeit mit Ihrem Bundesratsdirektor Dr. Walter Labuda gefunden werden konnte, dem an dieser Stelle herzlichst gedankt sei, auch eine Lösung in Ihrem Sinne ist.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg Freunschlag"

Ich verlese nun die Mitglieder:

"Mitglieder des Bundesrates und ihre Ersatzmänner

vom Kärntner Landtag gewählt

Stand: 26.6.2002

28. Gesetzgebungsperiode

1. Klamt Gerd Ing. (FPÖ) geb. 2.11.1942, Angestellter, 9500 Villach, Widmanngasse 4

Ersatzmitglied:

Mischelin Manfred (FPÖ) geb. 27.1.1960, Industriearbeiter, 9614 Vorderberg 69

2. Trunk Melitta Mag. (SPÖ) geb. 17.6.1955, Mittelschulprofessorin, 9020 Klagenfurt, Anzengruberstraße 36

Ersatzmitglied:

Molzbichler Günther (SPÖ) geb. 15.1.1953, Angestellter, 9800 Spittal/Drau, St. Sigmund-Straße 16a

3. Kanovsky-Wintermann Renate Dr. (FPÖ) geb. 17.3.1957, AHS-Lehrerin, 9020 Klagenfurt, Völkermarkter Straße 294

Ersatzmitglied:

Arztmann Günther (FPÖ) geb. 20.1.1972, selbständig, 9800 Spittal/Drau, Siebenbürgergasse 2

4. Gruber Franz Ing. (ÖVP) geb. 18.7.1956, Landwirt, 9321 Kappel am Krappfeld, Lind 1

Ersatzmitglied:

Richau Franz (ÖVP) geb. 15.12.1960, Gendarm, 9232 Rosegg, Dolintschach 9

5. Würschl Herbert (SPÖ) geb. 12.9.1952, Angestellter, 9063 Maria Saal, Trattenweg 7

Ersatzmitglied:

Blatnik Ana (SPÖ) geb. 19.7.1957, Berufsschullehrerin, 9072 Ludmannsdorf 49"

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Verlesung dieser Schriftstücke.

Den eingelangten Entschließungsantrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Manfred Gruber und Dr. Robert Aspöck betreffend die Unterstützung der Bewerbung der Stadt Salzburg für die Olympischen Winterspiele 2010 hat die Präsidentin dem Ausschuss für öffentliche Leistung und Sport zugewiesen.

Eingelangt sind jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Die Präsidentin hat diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

All diese Vorlagen und die Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das zweite Halbjahr 2002 wurden auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Behandlung der Tagesordnung

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Es ist beabsichtigt, die Debatte über die Punkte 3 und 4, 8 bis 10 sowie 11 bis 14 der Tagesordnung jeweils unter einem abzuführen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Es ist dies nicht der Fall.

Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Ankündigung von dringlichen Anfragen

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Rosenmaier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Österreichische Postbus-AG an den Herrn Bundesminister für Finanzen vorliegt.

Weiters liegt ein zweites Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Rosenmaier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Österreichische Postbus-AG an den Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie vor.

Gemäß § 61 Abs. 6 der Geschäftsordnung ziehe ich diese beiden dringlichen Anfragen zur dringlichen Behandlung zusammen. Die Zustimmung der unterzeichneten Bundesräte liegt dazu vor.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung der beiden Anfragen an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

Weiters gebe ich bekannt, dass ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Professor Konečny, Kolleginnen und Kollegen betreffend Debakel bei der Krankenkassensanierung an den Herrn Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung erfolgt die Behandlung dieser dringlichen Anfrage im Anschluss an die Behandlung der beiden zusammengezogenen dringlichen Anfragen.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1774/AB-BR/02

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Schließlich gebe ich bekannt, dass gemäß § 60 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates ein Verlangen der Bundesräte Konečny, Kolleginnen und Kollegen auf Besprechung der schriftlichen Anfragebeantwortung 1774/AB-BR/02 des Herrn Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vorliegt.

Im Sinne des § 60 Abs. 3 der Geschäftsordnung wird die Besprechung dieser Anfragebeantwortung im Anschluss an die Behandlung der dringlichen Anfragen durchgeführt werden.

1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 1994, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslagergesetz, das Militär-Auszeichnungsgesetz, das Militärbefugnisgesetz und das Sperrgebietsgesetz 2002 geändert werden sowie das Tapferkeitsmedaillen-Zulagengesetz 1962 aufgehoben wird (Reorganisationsbegleitgesetz – REORGBG) (658/A und 1119/NR sowie 6670 und 6671/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zu Punkt 1 der Tagesordnung: Reorganisationsbegleitgesetz.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Weilharter übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

Berichterstatter Engelbert Weilharter: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Landesverteidigungsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 1994, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslagergesetz, das Militär-Auszeichnungsgesetz, das Militärbefugnisgesetz und das Sperrgebietsgesetz 2002 geändert werden sowie das Tapferkeitsmedaillen-Zulagengesetz 1962 aufgehoben wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, sodass ich mit Ihrem Einverständnis auf einen inhaltlichen Vortrag verzichten darf und mich auf die Antragstellung beschränke.

Der Landesverteidigungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Reinhard Todt. – Bitte.

10.43

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Grundsätzlich ist zum Strukturreformgesetz zu sagen, dass man ihm zustimmen kann. Sie haben keine sündteuren Unternehmensberater hinzugezogen. Das passable Ergebnis ist das Verdienst der Beamten und der leitenden Offiziere Ihres Hauses. Für diese Arbeit gebührt auch mein Dank.

Die klassische Landesverteidigung hat nicht mehr den Stellenwert, den sie in der Vergangenheit hatte. Viele Aufgaben liegen immer mehr im internationalen Bereich, im Rahmen der internationalen Solidarität und auch im Zusammenhang mit der europäischen Sicherheitsarchitektur.

Sie haben aber die Änderung des Militärbefugnisgesetzes in dieses Gesetz mit hineingenommen, und das Militärbefugnisgesetz wird von uns aus grundsätzlichen Überlegungen abgelehnt. (Bundesrat Mag. Gudenus: Bis zur zweiten Lesung ist es im Nationalrat bei Ihnen befolgt worden!) – Das weiß ich natürlich, aber Sie haben einen Abänderungsantrag gestellt – zu dem komme ich jetzt –, der von uns nicht befürwortet werden kann.

Im Sicherheitspolizeigesetz wurde ein polizeiliches Spitzelsystem beschlossen; wir verhandeln das unter dem nächsten Tagesordnungspunkt. Im Militärbefugnisgesetz wird ein weiteres Spitzelsystem beschlossen werden. Das Heeresnachrichtenamt, das Abwehramt, hat genau die gleichen Möglichkeiten wie die Polizei nach dem Sicherheitspolizeigesetz. Sie können verdeckt ermitteln, Personen mit falschen Identitäten ausstatten. Das sind die letzten Bausteine einer totalen Überwachung. (Bundesrat Mag. Gudenus: Das ist unzutreffend, Herr Kollege!)

Privatsphäre ade, George Orwell lässt grüßen. (Bundesrat Schöls: Glauben Sie selbst, was Sie da jetzt sagen?)  – Ja, ich glaube das, genau das glaube ich! Dieses Gesetz gibt den Geheimdiensten das Recht, gegen Kritiker der militärischen Landesverteidigung zu ermitteln. (Bundesrat Mag. Gudenus: Geh, geh, geh!) Natürlich gibt es ihnen das Recht, gegen die Kritiker zu ermitteln. Es gibt das Recht, gegen Menschen, die gegen die militärische Landesverteidigung eintreten – und das Recht haben sie in dieser Republik! –, zu ermitteln. Das ist der Fall. (Bundesrat Dr. Aspöck: Wo steht denn das? Sagen Sie mir das!) Natürlich, es gibt verschiedene Auslegungen, und es schafft die Möglichkeit, das zu tun. Und wenn die Möglichkeiten geschaffen werden, dann wird es auch genügend Menschen geben, die das durchführen werden. (Bundesrat Mag. Gudenus: Herr Kollege, mehr Ernsthaftigkeit zum Thema!) Das glaube ich ganz ernsthaft: Wer militärische Landesverteidigung kritisiert, kann Gegenstand von Überwachung und Überprüfung werden. (Bundesrat Mag. Gudenus: Nehmen Sie sich doch ein Beispiel am Kollegen Gstöttner und am Kollegen Reisenberger, die sehr verantwortungsvolle Fragen hier gestellt haben!)

Es gibt jetzt eine weitere Neuerung, es geht nämlich nicht nur um die Durchführung von Observation und verdeckter Ermittlung, sondern es geht bereits um die Vorbereitung der Durchführung von verdeckter Ermittlung. Das heißt, das militärische Spitzelsystem schickt Leute, die mit einer falschen Identität ausgestattet worden sind, in Organisationen, zum Beispiel in Zivildienstorganisationen, in die Zivilgesellschaft und so weiter und so fort. (Bundesrat Mag. Gudenus: Ja, und so weiter und so fort!) Ja, so ist es! Wenn Sie die Möglichkeiten durch dieses Gesetz schaffen, wird es Menschen geben, die dieses Gesetz exekutieren, und sie werden es tun.

Diese Bundesregierung baut vom Prinzip her die Sicherheit, die soziale Sicherheit der Menschen Zug um Zug ab, während sie polizeiliche und militärische Überwachung Zug um Zug aufbaut, um die Überwachung missliebiger Menschen besser durchführen zu können. (Bundesrat Dr. Böhm: Eine skandalöse Unterstellung!) Und da spielen militärische Überwachung und polizeiliche Überwachung zusammen! Genau das ist der Punkt, und genau das kritisieren wir in diesem Fall! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Sozialdemokraten lehnen derartige Methoden schon aus demokratiepolitischen Gründen ab. Wir brauchen keine Einschränkung unserer demokratischen Rechte, wir brauchen mehr statt weniger Demokratie! (Beifall bei der SPÖ.)

10.48

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Liechtenstein. – Bitte.

10.49

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte, bevor ich auf das Reorganisationsbegleitgesetz sehr ausführlich eingehe, vorweg ein paar Sachen zu Kollegen Todt sagen.

Die eine Aussage von ihm habe ich sehr begrüßt, nämlich dass die Beamten im Ministerium die Reorganisation betreffend wirklich gute Vorschläge gemacht und gute Arbeit geleistet haben, was zeigt, dass sie fähig sind, perfekt und gut militärisch zu arbeiten. Das ist begrüßenswert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die zweite Sache ist natürlich schon eine etwas andere. Wir kommen heute noch beim zweiten Tagesordnungspunkt – Sie haben es erwähnt –, der Sicherheitspolizeigesetz-Novelle 2002, auf die Frage der Überwachung, Totalüberwachung oder Observation, wie Sie es nennen, zu sprechen.

Ich glaube, es ist wirklich notwendig – und der 11. September hat das ganz im Speziellen gezeigt –, dass es für die Polizei, für das Heeresnachrichtenamt sehr wohl Möglichkeiten geben muss, zu schauen, wo es Gefährdungen geben kann. Wenn man das verhindert, kann man höchstens auf einen Dankesbrief von Herrn Bin Laden warten.

Ich habe dazu auch einen Vortrag vom Generalsekretär der NATO Robertson gehört, der übrigens Mitglied der Labour Party in Großbritannien ist, der sehr wohl auf eine koordinierte Nachrichtendiensttätigkeit im westlichen Europa, im NATO-Bereich, aber auch darüber hinaus eingegangen ist und gesagt hat, dass man mit der Polizei zusammenarbeiten muss, um den Hauptfeind, den man heute leider Gottes hat, nämlich den Terrorismus, zu erkennen. Das gilt aber auch für andere Sachen. Deswegen halte ich es für notwendig, dass es sowohl der Polizei als auch dem Heeresnachrichtendienst möglich sein muss, zu observieren, wenn Gefahren drohen. Das ist ganz klar. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.) Ich glaube nicht, dass es dahin gehen wird, dass man bei irgendeiner Zivildienstkommission oder bei irgendeinem Zivildienstverein Nachschau halten wird, sondern man wird das dort tun, wo Gefährdungen vorhanden sind. (Bundesrat Manfred Gruber: Das Problem ist der Missbrauch! Wer schützt uns denn vor Missbrauch? Das ist das Problem, nicht die Überwachung, sondern der Missbrauch!)

Da gebe ich dir völlig Recht, es darf da zu keinem Missbrauch kommen. Aber man hat jetzt im Nachhinein rund um den 11. September eine Sache sehr klar gesehen: Hätten sich CIA und FBI nicht gegenseitig sozusagen misstraut, hätten diese konzentriert zusammengearbeitet, dann wäre es wahrscheinlich sehr wohl möglich gewesen, die Gefährdungen sehr viel rascher zu erkennen. Das, was jetzt Präsident Bush gemacht hat, nämlich ein einheitliches Koordinationsministerium zu schaffen, in dem alle nachrichtendienstlichen, sicherheitspolizeilichen Angelegenheiten zusammenlaufen, ist leider Gottes heute bei den ganzen internationalen Verflechtungen, die es gibt, eine unabdingbare Notwendigkeit. Ich glaube, da hat sich durch die Entwicklung etliches geändert. (Bundesrat Dr. Aspöck: Die SPÖ misstraut dem Terrorismus! – Bundesrat Manfred Gruber: Keine falschen Schlüsse, Herr Kollege!)

Nun aber zum Reorganisationsbegleitgesetz: Das Militär muss sich ständig auf die Spitze des Fortschrittes, der Modernität und auf die politische Situation ausrichten. 1989, mit Ende des Warschauer Paktes und der Erweiterung der EU, war eine Änderung der organisatorischen Strukturen nötig. Es wird heuer wahrscheinlich noch zum Beitritt Sloweniens zur NATO kommen. Höchstwahrscheinlich wird auch die Slowakei beitreten; das ist eine Entscheidung, die die slowakischen Politiker zu treffen haben. Die baltischen Staaten werden wahrscheinlich dieses Jahr auch noch aufgenommen werden, Rumänien und Bulgarien eventuell auch.

Wir stehen vor der Situation einer geänderten Mobilmachung, denn bisher waren wir legistisch darauf ausgerichtet, dass ein 300 000-Mann-Heer notwendig ist. Das ist natürlich heute nicht mehr der Fall. Wir müssen uns an die neuen Situationen, an die Notwendigkeiten der jetzigen Zeit modern und koordiniert anpassen.

Das Zweite sind die internationalen Einsätze. Sie müssen so gestaltet werden, dass sie geregelt und sachgerecht durchführbar sind. Das Reorganisationsbegleitgesetz strafft die Kommanden, strafft die Stäbe, Ämter und Zentralstellen. Das ist, so glaube ich, eine wirklich wichtige Sache: ob es die Umbenennung des Amtes des Generaltruppeninspektors auf Chef des Generalstabs, in Schaffung wieder eines Generalstabs, ist, ob es die Umbenennung des Heeresgebührenamtes auf Heerespersonalamt ist – ich will jetzt nicht auf alle Details eingehen, weil diese ohnehin allgemein bekannt sind –, ob es die Übertragung der erstinstanzlichen Behördenzuständigkeiten im Zusammenhang mit dem Auslandseinsatzpräsenzdienst auf das Heerespersonalamt ist, ob es die Übertragung verschiedener erstinstanzlicher Behördenzuständigkeiten des Bundesministers für Landesverteidigung auf nachgeordnete Behörden ist.

Die andere Sache ist schon angesprochen worden: die Frage der Durchführung verdeckter Ermittlungen, die Vorbereitung und Unterstützung der Durchführung von Observationen. Meine Meinung dazu habe ich bereits eingangs gesagt. Ich glaube, dass das eine absolute Notwendigkeit ist, die sowohl von Robertson gesehen wurde, die aber auch der 11. September in New York gezeigt hat. Es ist heute leider notwendig, dass man weltweit koordiniert diese Sachen überblickt, weil wir im Zusammenhang mit Bin Laden gesehen haben, dass die Terroristen teilweise in Hamburg und in anderen Ländern in Europa, in den USA und in Afghanistan et cetera gelebt haben.

Lassen Sie mich aber einige Sachen, die ich als wesentlich für das Bundesheer in der Zukunft ansehe, aus meiner Überzeugung sagen!

Art und Herkunft der Bedrohung für unsere Sicherheit haben sich seit dem Ende des Kalten Krieges wesentlich gewandelt. Die Trennlinien zwischen äußerer und innerer Sicherheit verwischen zusehends. Zu herkömmlichen Anforderungen an unsere Streitkräfte sind neue Aufgaben hinzugekommen. Darauf wird in diesem Gesetz eingegangen.

Gerade im Kampf gegen den internationalen Terrorismus wird die wachsende militärisch-technologische Lücke zwischen Europäern und Amerikanern offensichtlich. Was sich im Kosovo-Krieg 1999 bereits abzeichnete, hat sich inzwischen zu einer Gefährdung des militärischen Zusammenhaltes innerhalb der Atlantischen Allianz, der wir zwar nicht direkt angehören, aber mit der wir eng zusammenstehen, ausgeweitet.

Das Bundesheer muss voll einsatz- und bündnisfähig sein. Deshalb müssen wir die notwendigen Korrekturen vornehmen und eine glaubwürdige Finanzierung sicherstellen, denn das Bundesheer macht heute eine ideelle, personelle und materielle Auszehrung durch, die zu kaum wieder gutzumachenden Langzeitschäden führt. Aufgaben, Struktur und Finanzen passen nicht mehr zusammen, das Bundesheer leidet unter einer drastischen Unterfinanzierung.

Die Lücke zwischen den internationalen Zusagen und den tatsächlichen Fähigkeiten klafft immer weiter auseinander. Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik darf nicht wegen unzureichender Beiträge auch von kleinen Staaten, wie zum Beispiel Österreich, scheitern. Der Beitrag zu den in Helsinki vereinbarten europäischen Einsatzkräften muss endlich glaubhaft geleistet werden. Wir müssen wieder für volles Vertrauen der Angehörigen des Bundesheeres in ihre politische Führung sorgen. Den Soldaten und zivilen Mitarbeitern müssen wieder eine attraktive Perspektive sowie die bestmögliche Ausbildung und Ausrüstung gegeben werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Bundesheer als Institution muss überall öffentliche Anerkennung finden und muss auch bereit sein, in die europäische Verteidigungsgemeinschaft hineinzugehen und NATO-konform zu sein.

Unser Beitrag zur gemeinsamen Sicherheit muss der Bedeutung unseres Landes angemessen sein. Das Konzept der stetigen Bundesheerreform muss ergänzt und das Bundesheer in Wehrstruktur, in Umfang, in Ausrüstung so erneuert werden, dass es seine Aufgabe erfüllen kann: Landes- und nötige europäische Bündnisverteidigung, die neuen Aufgaben der Prävention, der Krisenreaktion und der Stabilitätstransfers und den Beitrag seiner spezifischen Fähigkeit zur zivil-militärischen Zusammenarbeit im Inneren. Eine zeitgemäße Bundesheerreform baut auf einer Neuorientierung und Anpassung der Zielkräfte unserer Streitkräfte auf.

Für die Zukunft wichtige Fähigkeiten sind rasche Einsatzfähigkeit schnell verlegbarer Verbände, personelle und materielle Durchhaltefähigkeit, höchster technischer Standard bei der Bewaffnung, bei der Führung, bei den Kommunikationsmitteln und bei der Aufklärung.

Zur Abwehr der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus sind mit Anti-Terror-Einheiten europaweit Spezialeinheiten notwendig. Es bedarf auch einer Verstärkung der Kräfte zum Objektschutz, des Pionierwesens, des ABC-Schutzes und des Sanitätswesens.

Vor dem Hintergrund der Gesamtheit der Aufgaben muss das Bundesheer einen Umfang an Wehrpflichtigen haben. Die allgemeine Wehrpflicht werden wir heute unter Aufrechterhaltung der Wehrgerechtigkeit beibehalten und weiterentwickeln müssen. Die Berufsheer-Frage kann in einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft geklärt werden, und dazu möchte ich sagen: Ich denke, dass wir einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft näher stehen, als wir glauben. Vor zehn Jahren hätte niemand geglaubt, dass wir heute in der EU sein werden, vor drei Jahren hätte niemand geglaubt, dass wir heute den Euro haben werden, und auch die Polizei kann heute, ob jetzt in Europol-Angelegenheiten oder Ähnlichen, nur noch international zusammenarbeiten. Daher ist die Wehrpflicht sicherheitspolitisch heute noch geboten.

Eine drastische Unterfinanzierung des Bundesheeres muss korrigiert werden. (Bundesrat Dr. Böhm: Richtig!) Wir müssen auch in dieser Hinsicht europareif sein. Struktur und Aufgaben der Streitkräfte sowie ihre Finanzierung müssen wieder in Übereinstimmung gebracht werden.

Zum Schluss darf ich noch ganz kurz etwas zu innerer und äußerer Sicherheit sagen. Diese lassen sich – ich habe es schon ein paar Mal angedeutet – immer weniger voneinander trennen. Wir brauchen Strukturen, in denen sich die Kräfte für äußere und innere Sicherheit ebenso wie in anderen demokratischen Staaten wirksam ergänzen. Wir müssen klare Rechtsgrundlagen und Zuständigkeiten haben, um in besonderen Gefährdungslagen den Einsatz des Bundesheeres im Rahmen der spezifischen Fähigkeiten ergänzend zu Polizei und Bundesgrenzschutz zu ermöglichen.

Wir müssen bei der Vorbereitung und Durchführung von Beteiligungen des Bundesheeres an multilateralen Friedenseinsätzen mehr Flexibilität anstreben und müssen dafür die entsprechenden rechtlichen Grundlagen haben. Die ersten Schritte sind getan, und die Reorganisation geht sicherlich in die richtige Richtung. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

11.02

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Würschl. – Bitte.

11.02

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich, auch wir begrüßen die Reformhandlungen im Bereich der Landesverteidigung, denn wir müssen feststellen, dass da in den letzten Jahren viel zu wenig geschehen ist und tatsächlich Handlungsbedarf besteht. Ich kritisiere hier vor allem die Führung in der Landesverteidigung durch die Minister Fasslabend und Lichal. Es wurde in den letzten Jahren sehr viel versäumt.

Deshalb schließe ich mich auch dem Dank an, der da gelautet hat: Man sollte sich bei den Beamten für diese Arbeit, die hier eingebracht worden ist, bedanken. Zwar gehöre ich einer anderen Partei als der Bundesminister an, aber ich stehe nicht an, auch Herrn Scheibner dafür zu danken, dass er bereit ist, diesen Reformprozess einzuleiten. Es ist zwar nicht allzu viel geschehen, aber er hat sich bemüht, gewisse notwendige Reformen einzuleiten.

Ich glaube, dass es absolut richtig ist, vor allem bei der Führungsstruktur oder bei der Organisation der Landesverteidigung den Hebel anzusetzen. Ich begrüße es, dass der Führungskopf im Ausmaß von etwa einem Drittel – (in Richtung Bundesminister Scheibner:) wie ich von Ihnen gehört habe – reduziert wurde. Ich habe es hier aufgeschrieben: 531 Planstellen im Führungsbereich sind eingespart worden. Gestatten Sie mir aber doch die Frage, was diese 500 Leute in den letzten Jahren eigentlich gemacht haben. Parteiarbeit für den ÖAAB des Herrn Fasslabend? – Sie sind an und für sich überzählig, und man sieht offensichtlich keine Arbeit, die diese Leute geleistet haben.

Herr Minister Scheibner hat in der Fragestunde – ich habe ihm zugehört – von Doppelgleisigkeiten gesprochen. Auch hier frage ich: Wo ist Herr Fasslabend mit der Führungsmannschaft geblieben, diese Defizite bereits vor Jahren abzubauen? – Sie sind offensichtlich da! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin nicht der Meinung des Herrn Liechtenstein, dass zu wenig Geld in die Heeresverwaltung und in die Landesverteidigung investiert werde. Aber ich begrüße absolut die Diskussion über die Zielsetzung des Bundesheeres und über den Aufgabenbereich des Bundesheeres, denn es sind Milliardenbeträge, die wir Steuerzahler hiefür jährlich zu leisten haben. Ich meine, dass es das Interesse der Öffentlichkeit sein müsste, verstärkt darüber zu diskutieren! Es wäre aufzuzeigen: Welche Gefahrenmomente finden wir heute als Österreicher vor? Oder konkret gefragt: Wo sind die Bedrohungspotenziale?

Kollege Liechtenstein hat vorhin kurz die allgemeine Wehrpflicht angesprochen. Auch diese Diskussion wäre meiner Meinung nach in Zukunft verstärkt zu führen: Sollen wir zu einem Berufsheer übergehen, oder bleiben wir bei der allgemeinen Wehrpflicht? – Ich meine, es wäre durchaus ein Anliegen der Österreicher, dass breit darüber diskutiert wird, weil in der Regel doch jeder zum Bundesheer einberufen wird.

Herr Bundesminister! Bei Ihrer Beantwortung im Rahmen der Fragestunde hat mir nicht gefallen, dass Sie so über das Volk drüberfahren. Sie fahren über das Volk drüber, obwohl es Milliardenbeträge für diesen Bereich einbringt, und wollen dieses Volk nicht fragen. Warum fragen wir nicht, ob die Österreicher diese so genannten Kampfflugzeuge brauchen? – Milliardenbeträge werden dafür ausgegeben, und die Bevölkerung wird nicht gefragt. Das sehe ich nicht ein! (Bundesrat Weilharter: Herr Kollege, was Sie schon im Regierungsprogramm festgeschrieben haben!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sehe auch nicht ein, dass wir im Sozialbereich die Ärmsten belasten und Ambulanzgebühren verlangen oder Unfallrentner besteuern; von Leuten, die brutto 15 000 S verdienen, kassiert man im Jahr 20 000 S ab. Ist das eine soziale Einstellung? (Bundesrat Dr. Böhm: Das hat miteinander überhaupt nichts zu tun!) Gleichzeitig geben wir Milliardenbeträge für die Kampfflugzeuge aus! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schöls: Das ist falsch, was Sie sagen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Oder – ich persönlich komme aus dem Schulbereich – das gilt auch im Schulbereich. In Österreich werden vom Burgenland bis – weiß der Teufel, wohin – zum Bodensee Schulen gesperrt. (Rufe und Gegenrufe zwischen SPÖ sowie ÖVP und Freiheitlichen.) Es werden den Kindern Bildungsangebote weggenommen. Es werden Stunden gekürzt. Es wird der Fremdsprachenunterricht eingeschränkt, weil Geldbeträge für den Bildungsbereich fehlen. Aber für das Bundesheer, für Kampfflugzeuge haben Sie das Geld? – Ich meine, Sie sind es der österreichischen Bevölkerung schuldig, eine anständige Politik zu machen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Genau das geschieht! – Bundesrätin Haunschmid: Das geschieht jetzt! 30 Jahre ist nichts geschehen!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Anwesenheit des Herrn Bundesministers würde ich gerne noch zu einer Frage nützen, und diese Frage bekäme ich gerne beantwortet. Wir kaufen jetzt diese Kampfflugzeuge. Herr Bundesminister Scheibner! Gegen wen möchten Sie Krieg führen? (Bundesrat Dr. Böhm: Wieso "Kampfflugzeuge"? – Bundesrat Konečny: Weil sie der Herr Minister so genannt hat! Das habe ich Ihnen das letzte Mal vorgelesen! – Weitere Zwischenrufe.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Eingangs habe ich den Reformwillen der Beamtenschaft gelobt, weil dieser vorbildlich ist. Auch der Herr Bundesminister soll das Lob abbekommen, er hat das zugelassen, was Herr Lichal und Herr Fasslabend versäumt haben. Aber abschließend möchte ich feststellen: Ich habe größte Bedenken im Hinblick auf das, was Kollege Todt bereits formuliert hat, nämlich die Erweiterung der Befugnisse im Bereich des Militärbefugnisgesetzes. (Bundesrätin Haunschmid: ... unfehlbar! – Bundesrat Konečny: Unfehlbar nicht, aber besser!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Da wird nicht deutlich getrennt zwischen dem, was auf der einen Seite das Militär angeht, und dem, was auf der anderen Seite die Bevölkerung betrifft. Es muss da eine klare Trennung geben, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was heißt denn verdecktes Ermitteln? – Ihr habt euch vorhin über Kollegen Todt so aufgeregt. Das ist nichts anderes als ein Bespitzeln der Bevölkerung! (Bundesrat Weilharter: Kollege, fragen Sie Bürgermeister Stingl in Graz!) Oder weiters ist hier zu lesen: Eine "legale falsche Identität" wird geschaffen, um sich Österreicherinnen und Österreicher anzuschauen und um zu bespitzeln. Da haben Sie ja in der Vergangenheit ein bisschen Erfahrung gesammelt. (Bundesrat Weilharter: Den Bürgermeister Stingl in Graz, kennen Sie ihn?)

Darum sind wir so hellhörig, darum sind wir emotionalisiert, und darum werden wir dem nicht zustimmen! (Beifall bei der SPÖ.)

11.08

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

11.08

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln heute das Reorganisationsbegleitgesetz. Nachdem ich schon mehrere Minister im Landesverteidigungsministerium erlebt habe, kann ich nur berichten, dass jeder Minister mit besten Absichten jeweils eine Reform im Bundesheer durchgeführt hat. Bei manchen Ministern fehlte es in der Durchführung an entsprechendem Mut, um diese Reform konsequent zu Ende zu führen. Manch einer ließ auf eine Reform schon die nächste Reform auflaufen beziehungsweise eine Diskussion darüber aufkommen, und das bedeutete keine Sicherheit für die Kader im Heer. Das hat Verunsicherung mit sich gebracht.

Was aber sind die Gründe für Reformen? – Es liegt nicht an der Eitelkeit eines Ministers, wenn er eine Reform macht. Es lag auch nicht an der Eitelkeit eines Rösch, eines Prader, eines Lichal und eines Fasslabend. Dafür gab es Notwendigkeiten, externe Notwendigkeiten oder budgetäre Notwendigkeiten, oder es war die geopolitische Großwetterlage, die Reformen erforderlich gemacht hatte. So ist es auch bei dieser Reform, die wir hier mit diesem Minister heute beschließen wollen.

Aber unbestritten ist, dass Reformen soziale Auswirkungen auf die Kader haben. Ich habe darauf hingewiesen, und ich gehe davon aus, dass es der Versuch und die Absicht, aber sicherlich auch die Konsequenz sein werden, diese allfälligen negativen sozialen Auswirkungen gering zu halten oder, wenn möglich, überhaupt nicht aufkommen zu lassen.

In meiner bald 40-jährigen Dienstzeit, welche am Sonntag zu Ende geht, habe ich acht Reformen, die den Namen "Reform" verdienen, miterlebt. Manche Reformen haben kleine Nach-Reformen zur Folge gehabt. Das ist eine Notwendigkeit! Eine Reform hat doch keine Fallfrist, sondern ist ein schleifender Prozess, der sich über einige Jahre hinzieht! Daher habe ich einleitend gesagt, ich erwarte den Mut des Herrn Bundesministers, dass er eine Reform auch konsequent zu Ende führt und durchzieht. Er wird auch – davon gehe ich aus – den Mut aufbringen – was heißt Mut; die Selbstverständlichkeit aufbringen! –, Nachjustierungen bekannt zu geben.

Man weiß nicht mit 100-prozentiger Sicherheit, welche Auswirkungen die jetzt durchzuführende Reform hat. Es werden einige Punkte auftreten, die eine Nachjustierung zur Folge haben müssen. Das ist unvermeidbar, das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Ich sage gleich, das ist kein Anlass, eine Reform in einem halben Jahr oder in einem Jahr öffentlich kritisch herunterzumachen. Das sind Selbstverständlichkeiten bei Reformen. Kollege Bieringer und ich – ich habe das erwähnt – haben schon einige Reformen erlebt. Natürlich, das ist eben so ... (Bundesrat Bieringer: Und überlebt!)  – Und sogar überlebt, danke; ja, wir haben sie überlebt! – Das ist eine Selbstverständlichkeit.

Natürlich haben wir einen großen Personalanpassungsbedarf, auch das ist ein Grund für diese Reform. Es ist ein großer aktiver Personalstand vorhanden, der aus einer Zeit stammt, als es, wie ich mich erinnere, noch das Schlagwort einer 300 000-Mann-Armee gab. Davon sind wir jetzt weit entfernt. Seien wir froh, dass sich die Umfeldbedingungen so geändert haben, dass wir nicht mehr eine 300 000-Mann-Armee benötigen, sondern auf eine viel kleinere, wahrscheinlich auch viel professionellere Armee hinweisen können und diese aufbauen wollen!

Es wird in Zukunft sicherlich notwendig sein, die Militärakademie und die Landesverteidigungsakademie größenordnungsmäßig, das heißt der Anzahl der Auszubildenden nach, dieser kleineren Armee anzupassen. Sonst wird man in wenigen Jahren wiederum einen großen Kopf und kurze Beine haben. Das haben wir am deutschen Beispiel erlebt. Auch in der deutschen Bundeswehr gab es Reformen, die mit einem Abbau des Personalstandes verbunden waren, und denen musste fünf Jahre später eine weitere Personalabbau-Aktion folgen. Es ist sicherlich nicht die Absicht dieser Reform, diesen Dingen auszuweichen. Es werden weitere kleine Schritte sukzessive folgen.

Wir sollen uns auch, so glaube ich, bei der Reform oder bei unserem Bundesheer nicht ständig vom 11. September nötigen lassen. Der Herr Bundesminister hat in einer Anfragebeantwortung darauf hingewiesen: Manche Dinge sind auf jeden Fall nötig, ob nun mit oder ohne 11. September des letzten Jahres. Ich denke zwar, dass der 11. September seine Auswirkungen hat, es ist jedoch mein Wunsch und ich halte es für notwendig, dass wir die österreichischen Bemühungen verstärken, um soziale und politische Gerechtigkeit in jener Krisenregion, auf die der 11. September wohl zurückzugehen scheint, herzustellen. Lassen wir uns nicht in Zugzwang bringen von einer oder mehreren Großmächten, die, gelinde gesagt, durch Untätigkeit daran beteiligt sind, dass soziale und politische Gerechtigkeit in diesen Bereichen der Welt noch nicht eingetreten ist! Aber Reformen des Bundesheeres müssen, wie ich sagte, unabhängig vom 11. September sein.

Die beste Anti-Terror-Allianz ist soziale und politische Gerechtigkeit (Beifall bei den Freiheitlichen) und nicht die Dominanz einer exterritorialen Großmacht. (Bundesrat Dr. Nittmann: So ist es!) Daher stimme ich auch mit dem einen oder anderen Kritiker jenes Wortes – zum Glück ist dieses Wort in Österreich nicht gefallen – überein: "uneingeschränkte Solidarität"! Keine "uneingeschränkte Solidarität" mit einer Großmacht! Das sind andere Interessen, das sind nicht österreichische Interessen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der SPÖ.)

Günter Grass – in der heutigen "Presse" kann man davon lesen, und wahrscheinlich auch in der "Frankfurter Allgemeinen" – meint, der jetzige Kampf gegen den Terrorismus tabuisiere die Fragen nach: erstens den Ursachen des Terrors, zweitens der Missachtung der Dritten Welt und drittens der Notwendigkeit einer neuen Wirtschaftsordnung. Ich glaube, das sind Punkte, die wir überlegen müssen, um dem Terror Herr zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist erfreulich, dass sich auch die sozialdemokratischen Kameraden und Kollegen hier im Hohen Haus um das Bundesheer, um die Landesverteidigung besorgt zeigen. (Bundesrat Gasteiger: Logisch!) Herr Kollege Gstöttner hat das heute in der Fragestunde bewiesen, und auch Herr Kollege Reisenberger hat große Sorge gehabt, insbesondere betreffend die Notwendigkeit der Hubschrauber, wenn ich mich richtig erinnere.

Unser aller Sorge soll sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, hier im Landesverteidigungsministerium, pardon im Hohen Haus (Heiterkeit), die auch gegenüber den Herren vom Landesverteidigungsministerium vorgebracht werden soll: Mit einem 0,8-Prozent-Budget lassen sich die Aufgaben einer ernst zu nehmenden Landesverteidigung nicht erfüllen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.) Wenn ich, ohnedies bescheiden, 1,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes fordere, dann sind wir noch weit unter dem internationalen Durchschnitt und weit unter einem Landesverteidigungsbudget, wie wir es im Jahr 1984 mit 1,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hatten.

Aber ich weiß, dieses Geld muss auch vom österreichischen Steuerzahler erwirtschaftet werden. Es müssen die Ausgaben entsprechend überdacht und durchgedacht werden, und das Geld muss zugewiesen werden. (Bundesrat Reisenberger: Und für was?) Ich sehe wenig Sinn darin, wenn es durch eine unglückliche Budgetierung zu einer Mehr-Klassen-Armee im österreichischen Bundesheer kommt: einer Gruppierung, den Luftstreitkräften, mit modernem Gerät und einer Anzahl von 1 600 bis 1 800 Mann; einem Kommando Internationale Einsätze mit rund 6 000 Mann; und der Rest wären die Hilfsgendarmen an der Grenze. Das ist demotivierend für die Kader, und es ist auch nicht sehr aufbauend für die wehrpflichtigen Soldaten. Wir haben uns hier ja soeben für die wehrpflichtigen Soldaten und nicht für ein Berufsheer ausgesprochen.

Herr Kollege Würschl fordert mehr Diskussion. Ich stimme Kollegen Würschl völlig zu: mehr Diskussion! Herr Kollege Würschl! Sie fordern auch eine anständige Politik. Das ist berechtigt, aber Sie haben das in einer Art und Weise gesagt, als unterstellten Sie unserem Verteidigungsminister Scheibner eine unanständige Politik. Das kann man so nicht gelten lassen. Auch ich möchte sagen: Das ist nicht der Fall! (Bundesrätin Mag. Trunk: Gutes zu fordern ist legitim!)

Ich unterstelle keinem der Vorgängerminister eine unanständige Politik, nicht Minister Rösch und auch nicht den Herren von der ÖVP. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Jeder Minister hat mit mehr oder weniger Glück den Versuch unternommen, eine anständige Politik zu machen. Daher bitte ich auch, unserem Minister Scheibner zuzugestehen, dass er eine anständige Politik durchführen möchte. Es ist nicht immer an ihm, dass es gelingt. Es liegt an uns, ihm eine anständige Politik zu ermöglichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.21

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

11.21

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Kollege Gudenus! Ich bin froh, dass Sie im letzten Moment noch bemerkt haben, dass wir uns hier im Bundesrat und nicht in der Stabsstelle des Landesverteidigungsministeriums befinden. (Bundesrätin Haunschmid: Weil er sich versprochen hat!) Aber was wir hier wieder einmal erleben durften, war das Gudenus’sche Phänomen: Wenn es um Abfangjäger geht, schweigt er; wenn es um andere Fragen geht, läuft er zu großer Form auf. Aber, lieber Kollege Gudenus ... (Bundesrat Mag. Gudenus: Wenn ich geschwiegen hätte, hätten Sie jetzt gar nicht davon reden können! – Heiterkeit.)

Nein, ich freue mich ja, wenn Sie reden! Das gibt auch interessante Einblicke, vor allem wenn Sie sagen, jeder Minister sei mit großem Reformgeist angetreten, doch dann fehlte der Mut. Man könnte natürlich auch sagen: Ist der Apparat des Landwirtschaftsministeriums ... (Bundesrat Dr. Böhm: Landesverteidigungsministerium! – Heiterkeit. ) Ja, des Landesverteidigungsministeriums; okay, eins zu eins! – Ist der Apparat des Landesverteidigungsministeriums immun gegen die Versuche, Reformen durchzusetzen? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  – Nein, das Eins-zu-eins gebe ich zu. (Bundesrat Mag. Gudenus: Nun haben wir gehört, warum es manchmal nicht klappt!)

Der Herr Minister hat heute – Herr Gudenus muss immer schweigen – bezüglich der Abfangjäger gesagt, er hätte eine Umfrage, wonach 55 Prozent für eine Luftraumüberwachung sind. Meine Frage ist: Ist das jetzt die Legitimation, auf die man wartet, um diese Milliarden Euro ... (Bundesrat Dr. Böhm: Nein!) Es ist ein Krieg der Umfragen. Aus diesem Krieg der Umfragen kommt man durch eine einzige anständige Aktion heraus: indem man eine Volksbefragung macht und sich nicht gegenseitig mit Meinungsumfragen betoniert! (Beifall bei der SPÖ.)

Lieber Kollege Vincenz Liechtenstein! Nicht für alles – seit Monaten geht das so, nicht von Ihnen, aber in den Debatten – kann ständig der 11. September die Rechtfertigung sein (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mag. Gudenus ): weder für den Demokratieabbau, weder für die Einführung autoritär-staatlicher Maßnahmen, noch zur Begründung der Einschränkung bürgerlicher Freiheiten! Immer wieder wird heute in all diesen Fragen der 11. September missbraucht, um andere Politiken durchzusetzen. Es tut mir wirklich Leid, lieber Vincenz Liechtenstein, dass auch du es heute hier wieder getan hast.

Das vorliegende Werk, das vorliegende Reorganisationsmodell, wäre an sich ein interessanter Anlass, darüber zu diskutieren, wenn es nicht einige Mängel hätte. Ich bin nicht der Meinung, ganz überzeugt nicht der Meinung, dass die Aufrechterhaltung der allgemeinen Wehrpflicht noch ein Wert an sich ist, sondern dass wir längst zu einer Mischung zwischen einem Berufsheer und einem Milizheer übergehen könnten. Die Wehrpflicht in der Form halte ich für einen Anachronismus. (Beifall des Bundesrates Dr. Nittmann sowie des Bundesrates Todt. ) Das wäre für mich nämlich auch die Reform von unten gewesen. Die Reform oben, an den Spitzen, unterschreibe ich, das war ein richtiger Zug. Aber es ginge meiner Meinung nach auch darum, heute eine gänzliche andere Sicht von Wehrpflicht zu erreichen.

Doch dieses Reformwerk haben Sie sich in einer überfallsartigen Aktion irgendwie selbst gekillt, Herr Minister, indem Sie das Militär-Reorganisationsbegleitgesetz zu einer Art Tarngesetz gemacht haben. Ein Tarngesetz ist es deswegen, weil Sie bei Nacht und Nebel – und Sie wissen, in welchen kurzen Abständen diese Vorstöße im Nationalrat erfolgt sind – ein militärisches Spitzelwesen eingeführt haben. Das ist etwas, was der Verfassungsdienst in Bezug auf den zivilen Bereich, nämlich beim Sicherheitspolizeigesetz, abgelehnt hat.

Ich nehme das Wort "Spitzelwesen" nicht in den Mund, weil das mein Ausdruck wäre, sondern das ist der Ausdruck des Verfassungsdienstes für das Begehren, solche Personen in einem Gesetz im zivilen Bereich zu implementieren. Derzeit gibt es nun auch hier ein Spitzelwesen: Leute, die mit gefälschten Urkunden, gefälschten Identitäten ermitteln und Menschen, die Kritiker der Landesverteidigung im eigenen Land sind, unliebsame Personen, vorzeitig ausforschen. Meine Damen und Herren! Das ist Demokratie-unverträglich! (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist vom Gesetz her aber nicht gedeckt, was Sie sagen!) – Wir kommen gleich dazu.

Militärische Organe ... (Bundesrat Mag. Gudenus: Wo steht das, Herr Kollege? Im Landwirtschaftsministerium?) Wir haben eine ganze Reihe von Bestimmungen, wie die Einschränkung oder den Zugriff auf Telekommunikationsbetreiber. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Nittmann. ) Herr Kollege! Das Telefonbuch ist eine alte Einrichtung, diese sollte das Bundesheer an sich kennen. Die Telekom-Betreiber jammern derzeit schon über einen Missbrauch von Nachfragen bei kleinen und kleinsten Dinge. So, wie es im Gesetz geregelt ist und wie die heutige Praxis gegenüber den Telekommunikationsbetreibern ausschaut, ist das nicht gedacht. Und so, wie es nun hier vorgesehen ist, dass die militärischen Organe und Dienststellen von den Betreibern öffentlicher Telekommunikationsdienste jene Auskünfte über Namen, Anschriften, Teilnehmer, Nummern und so weiter bekommen können – dafür, meine Damen und Herren, kann ich auch das Telefonbuch benützen!

Ich höre heute schon die Telekommunikationsbetreiber, die sagen werden: Genau in diesem Bereich, in diesen Punkten wird die Grenze weiter verschoben, weiter verschoben in Richtung Abbau von bürgerlichen Grundrechten, Abbau von Intimsphäre, Abbau jenes Bereiches, den wir in der Grundverfassung unseres Landes als einen geschützten Bereich sehen.

Herr Minister! Wofür benötigen Personen im Inland falsche Dokumente, falsche Urkunden, falsche Identitäten? Etwa zur Observierung von unliebsamen, aber für die Demokratie wichtigen NGOs, von Vereinen und Organisationen hier in unserem Land? (Bundesrat Dr. Böhm: Nein!)  – Ich kann mir ein solches Gesetz ... (Bundesrat Dr. Böhm: Wo steht das? – Bundesrat Mag. Gudenus: Wo steht das drin? ... ausdrücken!)

Wir können diese Urkunden ... (Bundesrat Mag. Gudenus: Nennen Sie die Seite und den Paragraphen!) Bitte, gerne: Die Organe und Dienststellen dürfen zum Zwecke der verdeckten Ermittlung, zweitens der Vorbereitung und Unterstützung der Durchführung von Observationen und verdeckten Ermittlungen mit falschen Urkunden die Identität einer Person vortäuschen und die Identität verschleiern. (Bundesrat Dr. Böhm: Die Ziele! Die Ziele müssen Sie nennen! Die Schutzziele!)

Meine Damen und Herren! Das beschließen Sie hier heute mit. – Ich freue mich jedenfalls über jede einzelne ablehnende Stimme, die sich heute diesem Verschieben von Grenzen der Einschränkung sowohl bürgerlicher Freiheiten als auch der inneren demokratischen Verfassung widersetzt. (Beifall bei der SPÖ. Bundesrat Reisenberger: Anständige Systeme haben das nicht notwendig! Bundesrat Dr. Nittmann: Das wäre genau so, wie wenn Sie sagen, ein anständiges System hat eine Polizei nicht nötig! Bundesrat Mag. Gudenus  – in Richtung SPÖ –: Sie klatschen auf dem falschen Fuß! Sie haben das Gesetz nicht gelesen! Ruf bei der SPÖ: Wir haben es anders gelesen!)

Meine Damen und Herren! Militärorganisation hat sehr viel mit Sicherheit zu tun. Was wir hier heute diskutieren – das Militärbefugnisgesetz –, hat sehr viel mit Sicherheit zu tun. Ich möchte dies zum Anlass nehmen, darauf hinzuweisen – ich habe das schon öfters von dieser Stelle aus getan –, dass die Sicherheit unseres Landes heute von ganz anderen Faktoren zu Lande, zu Luft und zu Wasser wesentlich mehr bedroht wird als durch kriegerische oder mit Gewalt verbundene Ereignisse.

Ich möchte die heutige Sitzung des Bundesrates aber auch nicht verstreichen lassen, ohne an eine Person zu erinnern, die vor wenigen Tagen gestorben ist und die sich sehr wohl mit der Frage der Sicherheit unserer Lebensgrundlagen befasst hat. Ich möchte diese Person auch deshalb stellvertretend für so viele andere zitieren, weil sie wie so viele Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg von Österreich nicht mehr eingeladen wurde, zurückzukehren und hier weiterzuarbeiten. Es handelt sich um Erwin Chargaff. Der Sohn jüdischer Eltern, der während des Austrofaschismus vor den Zeichen des nahenden Nationalsozialismus nach Amerika emigrierte, wurde nachher nicht eingeladen, wieder zurückzukehren. Erst im hohen Alter von über 90 Jahren hat er dann eine Art von Aussöhnung gefunden.

Meine Damen und Herren! Erwin Chargaff hat in seinem Werk "Das Feuer des Heraklit" gemeint:

"Zwei verhängnisvolle wissenschaftliche Entdeckungen haben mein Leben gezeichnet: erstens die Spaltung des Atoms, zweitens die Aufklärung der Chemie der Vererbung. In beiden Fällen geht es um Mißhandlung eines Kerns: des Atomkerns, des Zellkerns. In beiden Fällen habe ich das Gefühl, daß die Wissenschaft eine Schranke überschritten hat, die sie hätte scheuen sollen."

Meine Damen und Herren! Wir erinnern uns hier – auch in einer Sicherheitsdebatte – an einen Wissenschaftler, der auch eine Frage der Ethik aufgeworfen und gemeint hat, gerade in der Wissenschaft und in der Frage der Sicherheit und der Folgen von Wissenschaft bedürfe es auch eines Verzichts auf naturwissenschaftliche Forschung. Nicht alles, was machbar ist, sollte und darf auch gemacht werden. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen. Bundesrat Steinbichler: Wer ist immer so für das Grenzenlose? Wer ist immer so "grenzenlos"?) Erwin Chargaff hat damit eine der wesentlichen Fragen und Überlebensfragen auch für unseren Kontinent angesprochen.

Er hat – und das sind meine letzten Sätze – mit der Chargaff’schen Regel einen Meilenstein gesetzt, was die Entschlüsselung der Erbsubstanzen, der DNA, betrifft, aber er wurde auch zu einem Kritiker der Wissenschaft an sich. Chargaff bezeichnet die Wissenschaft auch als einen "Fluch". Er hat gemeint, das 20. Jahrhundert sei eines der abscheulichsten in der Weltgeschichte, ein Zeitalter, in dem sich die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse und die technischen Errungenschaften als Fluch erwiesen haben. – Das war, so glaube ich, mit ein Grund dafür, dass sein wissenschaftlicher Meilenstein nicht mit einer Auszeichnung, mit dem Nobelpreis anerkannt wurde. Ich hoffe, dass der österreichische Staat Chargaff im Nachhinein ehren wird und dass vielleicht auch der Nobelpreis – zumindest posthum – an ihn vergeben wird.

All die Debatten, die wir hier in den letzten Monaten geführt haben – Atomkraft, Temelin, Gentechnik in der Landwirtschaft – haben einen Vordenker in der Kritik, und das ist Erwin Chargaff. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mag. Gudenus. )

11.34

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Scheibner. – Bitte.

11.34

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bundesrat Schennach! Gleich vorweg: Ich weiß, die Akustik in diesem Raum ist manchmal nicht optimal, und wenn es Debatten gibt, dann versteht man das eine oder andere nicht oder nicht ganz richtig. Aber da Sie in einer Aussendung von einem "Zwist zwischen Grasser und Scheibner" schreiben, der im Bundesrat eskaliert sei, und da Sie mich mit der Aussage zitieren, Grasser sei kein Fachmann, ersuche ich Sie, das Protokoll nachzulesen und Ihre Aussendung richtig zu stellen. (Bundesrat Mag. Gudenus: Das war Professor Böhm! Bundesrat Dr. Böhm: So ist es, und ich stehe auch dazu!)

Ich habe mich dagegen verwahrt, dass man Gerät, mit dem das österreichische Bundesheer die Sicherheit unseres Landes gewährleisten soll, als "Kriegsgerät" bezeichnet. (Bundesrätin Mag. Trunk: Und Grasser hat es getan!) Der Zwischenruf, Grasser sei kein Fachmann, ist nicht von mir gekommen, sondern aus dem Auditorium des Bundesrates. Ich bitte, das nachzulesen und dann auch richtig zu stellen. (Bundesrat Konečny: Richtig! Stimmt! Es war "nur" der Fraktionsvorsitzende! Bundesrat Gasteiger: Der Klubobmann! – Bundesrätin Haunschmid: "Nicht auf diesem Gebiet" hat er gesagt!  Bundesrat Gasteiger: Lasst den Herrn Minister doch einmal reden! Unruhe im Saal.) Die Reorganisation des österreichischen Bundesheeres ist ein ...

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Am Wort ist jetzt der Herr Bundesminister. – Bitte!

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner (fortsetzend): Ich will die Herren Bundesräte beim Gespräch und beim Zwist nicht stören, sondern meine, dass die Reorganisation des österreichischen Bundesheeres und vor allem der Kommandostrukturen ein ganz wichtiges Projekt für die Neuorientierung des Bundesheeres darstellt, dass wir dadurch von den Führungsstrukturen her nicht nur international kompatibel geworden sind, sondern auch die durch die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin neu zugeordneten Aufgaben optimal erfüllen können.

Es ist richtig: Es war das ein großes Projekt. Einer der Bundesräte hat gesagt, es sei "nicht viel passiert". – Ich meine, es ist in diesem Bereich viel geschehen, weil wir nicht nur die Strukturen im Ministerium selbst neu geregelt haben – wie gesagt, die Neuzuordnung von über 500 Planstellen ist wohl ein großes Projekt –, sondern auch viele andere Bereiche im nachgeordneten Bereich, auch bei den Ämtern, neu geregelt haben, die zehn Jahre lang und mehr in verschiedenen Planungsstadien stecken geblieben sind.

Ich bin auch sehr stolz darauf, dass es gelungen ist, diese grundlegende Reform gemeinsam mit den Bediensteten des Ressorts und auch gemeinsam mit der Personalvertretung durchzuziehen und auch umzusetzen. Deshalb hat es mich auch gefreut, dass es im Nationalrat zumindest in diesem Bereich zwar keine einstimmige Beschlussfassung, aber doch eine große Mehrheit dafür gegeben hat.

Richtig ist, dass sich die Landesverteidigung – wie es auch Herr Bundesrat Liechtenstein, Herr Bundesrat Gudenus und auch andere angesprochen haben – natürlich in einem permanenten Veränderungs- und Reformprozess befindet. Natürlich ist das so, denn eine Armee ist – wie jede andere Institution des Staates auch – nicht Selbstzweck, sondern danach auszurichten, welche Aufgaben an sie gestellt werden. Gerade das sicherheitspolitische Umfeld verändert sich permanent. Deshalb sind auch diese Strukturen permanent zu hinterfragen und auch neu auszurichten.

Herr Bundesrat Würschl hat gefragt, was denn die "500 Überzähligen" bisher gemacht hätten. – Ich kann Sie beruhigen: Sie waren nicht beschäftigungslos, sondern es gab auch andere Aufgabenbereiche, die umgestaltet wurden, und es haben sich eben über viele Jahrzehnte hindurch Doppelgleisigkeiten der Strukturen ergeben. Es haben sich durchaus auch Aufgaben ergeben, die nicht unbedingt in der Zentralstelle des Bundesministeriums für Landesverteidigung zu erfüllen sind. Es haben auch neue Techniken Einzug gehalten, die sich nicht sofort in den Strukturen widergespiegelt haben. – All diese Bereiche haben wir mit dieser Reform geregelt.

Wenn Herr Bundesrat Würschl dann auch noch anregt, die Aufgaben und auch die Bedrohungen sollten diskutiert werden, dann muss ich sagen, dass man da wohl die Diskussion rund um die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin im vorigen Jahr ein bisschen versäumt hat. Da hat es einen wirklich umfassenden Diskussionsprozess genau über diese Bereiche gegeben: über die Bedrohungsszenarien, über die aktuelle Einbindung Österreichs in die internationalen Strukturen und über die künftigen Aufgaben, die an das österreichische Bundesheer, aber auch an alle anderen Institutionen, die sich mit Sicherheitspolitik zu befassen haben, gerichtet sind.

Ich habe es bedauert, dass es nicht gelungen ist, einen nationalen Konsens über diese Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin zu finden, und dass da offensichtlich andere Interessen vorlagen und andere Begründungen eingebracht wurden, um eben diese Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin zu kritisieren. Man kann aber heute nicht sagen, dass eine Diskussion notwendig ist, denn eine solche hat stattgefunden. Es hat eine klare Entscheidung – in der Regierung und auch im Parlament – für diese Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin gegeben. Wir   – das österreichische Bundesheer – sind jetzt aufgefordert, diesen Aufgaben entsprechend unsere Strukturen auszurichten, aber auch klar auf den Tisch zu legen, was notwendig ist, um diese Aufgaben, auch was das Personal, das Material und die Infrastruktur betrifft, erfüllen zu können.

Es wird dann wieder die Aufgabe der gesamten Bundesregierung, aber auch des Nationalrates und des Bundesrates sein, diese notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit die Aufgaben auch erfüllbar sind.

Herr Bundesrat Wünschl ... (Bundesrätin Mag. Trunk: Würschl heißt er!)  – Entschuldigung! (Bundesrat Konečny: Er hat sich von Ihnen etwas gewünscht, aber er heißt Würschl!) Herr Bundesrat Würschl hat auch angesprochen, dass hier viel Geld erforderlich sei und ist dann wieder ein bisschen in den alten Mechanismus verfallen, zu sagen: Da wird viel Geld investiert, und beim Sozialsystem mangelt es.

Meine Damen und Herren! Wir sollten doch endlich dazu kommen – Herr Bundesrat Todt hat das meiner Ansicht nach aus seiner Sicht richtig dargestellt; vielleicht kommen Sie auch einmal zu einem Konsens –, dass wir wichtige Institutionen des Staates nicht gegeneinander ausspielen.

Wichtig ist – und die Bundesregierung bekennt sich auch dazu –, das Sozialsystem zu erhalten und weiter auszubauen, ebenso die Infrastrukturbereiche und das Schulsystem. (Bundesrat Konečny: Oh! Rufe bei der SPÖ: Wo?)  – Sie fragen, wo. Wir haben ein schwieriges Erbe übernommen. Hätten wir nicht die Schuldenpolitik der letzten Jahrzehnte zu verkraften gehabt, könnten wir schon um einiges mehr machen als jetzt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist genauso die Verantwortung jeder Bundesregierung und auch jedes Parlaments, so gut es geht dafür zu sorgen, die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten und zu garantieren. (Bundesrat Reisenberger: Abbau der sozialen Sicherheit! So schaut es aus!)  – Herr Bundesrat! Ich sage Ihnen, Österreich hat in den vergangenen Jahrzehnten bei weitem zu wenig für die eigene Sicherheit aufgewendet. Das sollte man einmal auf der Grundlage der damals vorhandenen Aufgabenstellungen diskutieren.

Österreich ist heute eines der reichsten Länder Europas oder sogar der Welt und gibt am wenigsten für die eigene Sicherheit aus. Ich meine, dass wir hier einmal klar sagen müssen, dass es nicht darum geht, was die Sicherheit kostet, sondern welchen Wert sie für unsere Bevölkerung hat. Ich sage hier klar und deutlich ... (Bundesrat Manfred Gruber: Auch im sozialen Bereich!)  – Auch im sozialen Bereich; natürlich, keine Frage. Aber ich sage Ihnen: Wenn ein Konfliktfall oder ein Katastrophenfall eintritt, wenn die Sicherheitsorgane des Staates gerufen werden, dann kann man die Tatsache, dass wir keine Hilfe leisten können, nicht damit erklären, dass wir das Geld für etwas anderes ausgeben mussten.

Kein Bescheid über Pensionen, kein Bescheid über Steuern, kein Bescheid über erreichte Budgetziele kann die Sicherheit garantieren, sondern es sind die Kapazitäten beim Personal, bei der Ausrüstung, bei der Ausbildung – sowohl bei den zivilen Organisationen als auch beim Militär und bei der Polizei –, die notwendig sind, um diese Sicherheit auch gewährleisten zu können. – Das ist unsere Verantwortung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. Bundesrat Reisenberger: Aber mit dem Werkzeug, das notwendig ist! ... nicht ein Schmied, sondern ein Feinmechaniker!)

Meine Damen und Herren! Wir wollen nicht über das Volk "drüberfahren", wie uns das hier vorgeworfen wurde. Ich habe Ihnen in der Fragestunde nur gesagt: Wie das Ergebnis aussieht, hängt auch immer davon ab, welche Frage man stellt, und dass sich Meinungsbilder sehr rasch ändern können. (Zwischenruf des Bundesrates Schöls.  Bundesrat Manfred Gruber: Dann steht einer Volksabstimmung ja nichts im Weg!) Wenn keine Bedrohung sichtbar ist, gibt es eher ein Meinungsklima gegen Investitionen in die Sicherheit. Wenn eine Bedrohung aber akut ist, ist das Meinungsklima plötzlich anders.

Ich habe gesagt – und dazu stehe ich auch –, dass sich eine verantwortungsbewusste Bundesregierung wie jeder verantwortungsbewusste Politiker nicht von aktuellen, punktuellen Stimmungen leiten lassen darf, sondern ihrer Verantwortung gerecht werden muss, immer das zu tun, was notwendig ist, um im Ernstfall auch die geforderte Sicherheit geben zu können. – Das habe ich gesagt, und dazu stehe ich auch! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich sage Ihnen Folgendes klar und deutlich: Lesen Sie einmal in den Protokollen des Nationalrates – ich nehme an, auch im Bundesrat wird es ähnliche Debatten gegeben haben – die Redebeiträge von Vertretern Ihrer Fraktion vor der "Draken"-Beschaffung nach! Damals hat man gesagt, jeder, der verlangt, über den Ankauf von Abfangjägern eine Volksabstimmung oder eine Volksbefragung durchzuführen, gefährde die Sicherheit des Landes! – Was damals richtig war, ist jetzt plötzlich falsch. (Bundesrat Konečny: Da hat sich aber die politische Lage rundherum geändert!)  – Nein, sie hat sich nicht rundherum geändert, weil das Aufgabenspektrum ... (Bundesrat Konečny: Es hat sich die wehrpolitische Lage geändert!)  – Herr Bundesrat! (Bundesrat Konečny: Sie sagen, es hat sich nichts geändert!)

Herr Bundesrat! Die Bedrohungslage hat sich geändert (Bundesrat Konečny: Na, das glaub ich!), aber – und das habe ich in der Fragestunde auch gesagt – bei der jetzigen Bedrohungslage sind wir erstmals imstande, mit unseren Mitteln die Aufgaben auch erfüllen zu können. In der Situation, in der man damals diskutiert hat, wären wir nicht in der Lage gewesen, die damaligen Erfordernisse – nämlich Luftverteidigung, Verteidigung des österreichischen Territoriums – mit solch geringen Mitteln zu erfüllen. (Bundesrat Konečny: Was argumentieren Sie jetzt? Dass es damals richtig war – oder zu wenig?)

Im Gegensatz zu dem, was Sie behaupten, hat sich die Aufgabensituation den Gegebenheiten angepasst. (Bundesrat Konečny: Sie widersprechen sich!)  – Nein, ich widerspreche mich nicht! Sie widersprechen sich mit Ihrer Taktik, indem Sie jetzt plötzlich eine Volksabstimmung oder eine Befragung über einen Kaufvertrag, über eine Heeresbeschaffung grundsätzlich befürworten, die Sie früher abgelehnt haben. (Bundesrat Gasteiger: 24 Milliarden! Nulldefizit! Sozialabbau!)

Man kann, soll und muss die Bevölkerung in grundlegende Aufgaben des Staates einbinden. (Bundesrat Konečny: Bevölkerung einbinden heißt: Abstimmung über diese Beschaffungsmaßnahme!) Wir haben uns dafür ausgesprochen, dass man etwa über die Abschaffung der österreichischen Währung eine Volksabstimmung hätte durchführen können. – Das haben Sie abgelehnt. Das war eine grundlegende Zukunftsentscheidung des Staates.

Wir hätten uns auch vorstellen können, dass man, bevor man sich verpflichtet, einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik beizutreten, die de facto die Abschaffung der Neutralität bedeutet hat, eine Volksabstimmung darüber durchführt. – Das haben Sie von der SPÖ abgelehnt und sie nicht durchgeführt. (Bundesrätin Haunschmid: Ganz richtig!) Das wären die grundlegenden Fragen gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Wir könnten uns heute auch vorstellen – und das haben wir auch im Regierungsprogramm entsprechend ausgeführt –, dass man eine grundlegende Änderung unserer Sicherheitspolitik – nämlich eines aufgabenteiligen Verfahrens –durch eine Mitgliedschaft in einem Verteidigungsbündnis wie etwa der NATO ebenfalls zur Grundlage einer Volksabstimmung machen könnte. – Auch das wollen Sie aber nicht, zumindest inhaltlich nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Über die Auswirkung eines Kaufvertrages eine Volksbefragung abzuhalten, ist schon gesetzlich problematisch. (Bundesrat Gasteiger: 24 Milliarden, Herr Minister! Nulldefizit, Herr Minister! Sozialabbau! Ländlicher Raum!)  – Noch einmal, Herr Bundesrat: Übernehmen Sie die Verantwortung dafür, wenn Sie sich mit Ihren Vorhersagen geirrt haben? – Sicherlich nicht! Dann halten Sie eine andere Rede.

Ich als Verteidigungsminister bin verantwortlich dafür, dass das österreichische Bundesheer auch in Zukunft seine in der Verfassung verankerten Aufgaben erfüllen kann. (Bundesrat Gasteiger: Dann muss man die Verfassung ändern! 24 Milliarden, Herr Minister!) Diese Verantwortung nehmen Sie mir nicht ab, aber ich werde immer dieser Verantwortung gemäß handeln und die Notwendigkeiten durchsetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. Ruf bei der SPÖ: Angst vor dem Volk? Bundesrat Dr. Nittmann: Wer hat Angst vor dem Volk?)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Da Sie von Angst reden, sind wir auch schon beim nächsten Thema, nämlich beim Angstmachen, beim unverantwortlichen Angstmachen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Wenn Sie hier kritisieren, dass auf Grund der Anpassungen des Militärbefugnisgesetzes jeder Österreicher Angst haben muss, zum Ziel von irgendwelchen Bespitzelungsaktionen zu werden (Ruf bei der SPÖ: So ist es!), dann muss ich Ihnen sagen, haben Sie entweder das Gesetz nicht gelesen oder Sie sagen hier bewusst etwas Falsches, um Angst zu machen.

Ich hoffe nur, dass Ersteres der Fall ist, denn das könnte man sehr rasch beheben, indem man ganz einfach den Gesetzestext liest. Sie wissen ganz genau, dass im Gesetz eine klare Abgrenzung zwischen den Befugnissen der Sicherheitsbehörden nach dem Sicherheitspolizeigesetz und den militärischen Behörden getroffen wurde – erstmals eine klare Abgrenzung, denn die Tätigkeit der Dienste bis zur Beschlussfassung des Militärbefugnisgesetzes war eben nicht gesetzlich determiniert.

Die jetzigen Änderungen dienen der Anpassung an das Sicherheitspolizeigesetz in den notwendigen Varianten und auch einer besseren Determinierung verschiedener Bereiche wie etwa der von Ihnen kritisierten Ausstellung von falschen Urkunden.

Hiefür gibt es jetzt eine klare gesetzliche Determinierung, unter welchen Umständen das gewährleistet ist. (Bundesrat Reisenberger : Super! ... vom Staat gesetzlich gedeckt! Was ist das? Spitzel!) Es wird außerdem einem Wunsch des Verbandes der Zeitungsherausgeber entsprochen, das Redaktionsgeheimnis besser abzusichern. – All das kritisieren Sie jedoch!

Meine Damen und Herren! Wenn Sie hier nach wie vor behaupten, dass jeder Österreicher Gefahr läuft, untersucht zu werden oder dass gegen ihn ermittelt wird, dann lesen Sie noch einmal das Gesetz! In diesem ist ausdrücklich verankert, dass die militärischen Behörden nur dann agieren können, wenn ein rechtswidriger, ein gesetzwidriger Angriff, eine Bedrohung gegen militärische Einrichtungen potenziell gegeben ist.

In den Erläuterungen ... (Bundesrat Reisenberger  die Arme auf beide Seiten von sich streckend : Das ist so weit auslegbar!)  – Das ist nicht so weit auslegbar, Herr Kollege! In den Erläuterungen, die Sie hoffentlich gelesen haben, wenn Sie hier die Gesetzesvorlage kritisieren, steht ganz klar und deutlich, was das bedeutet:

Als konkrete Bedrohungen der militärischen Landesverteidigung kommen in diesem Zusammenhang Gewaltdelikte gegen militärisch relevante Personen und Sachen: Mord, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Wehrmittelsabotage ... (Bundesrat Reisenberger: Sachbeschädigung! )  – Das ist eine rechtswidrige Handlung! Darin sind wir uns ja hoffentlich einig, Herr Kollege!

Ausspähung von Staatsgeheimnissen und Arbeiten für fremde Nachrichtendienste fallen ebenfalls darunter. (Bundesrat Manfred Gruber: Unter dem Titel "Sachbeschädigung" kann man alles tun! Bundesrat Konečny: Das ist eine Gummibedingung!) – Nur in diesen Fällen ist es zulässig, entsprechend zu ermitteln!

Meine Damen und Herren! Ich gehe jedenfalls nicht davon aus, dass irgendjemand von Ihnen gutheißen würde – ich gehe auch nicht davon aus, dass die Mehrheit der österreichischen Staatsbürger das möchte –, dass es zu rechtswidrigen, zu gesetzwidrigen Angriffen gegen militärische Einrichtungen kommt.

Herr Bundesrat Schennach hat hier behauptet, der Verfassungsdienst habe diese gesetzlichen Befugnisse im Militärbefugnisgesetz kritisiert. – Das ist falsch! (Bundesrat Schennach: Sicher!)  – Dann sagen Sie das klar dazu! Sagen Sie klar dazu, dass es da um Möglichkeiten im Sicherheitspolizeigesetz ging, die für militärische Behörden nicht zulässig sind, dass beispielsweise zivile, dass private Vertrauenspersonen zu derartigen Ermittlungen herangezogen werden.

Sie, Herr Bundesrat Schennach, haben auch die Abfragemöglichkeit von Stammdaten von Handybetreibern kritisiert – da geht es nicht um die Inhalte von Telefongesprächen! – und dazu gesagt, da könnte man doch im Telefonbuch nachschauen. – Dazu kann ich nur sagen: Das war schon wieder ein Widerspruch in sich. (Bundesrat Dr. Böhm: Eben!) Zuerst sagen Sie nämlich, das sei ein großer Eingriff in den Rechtsstaat und dann wiederum meinen Sie: Das könnte man doch auch in einem Telefonbuch finden! (Bundesrat Todt: Handynummern sind auf der "Herold"-CD! Da stehen sie alle!)

Wenn es ein Telefonbuch über Handynummern und Handybesitzer gäbe, dann könnte man das auch in dem Telefonbuch finden. – Sie wissen jedoch, dass es ein solches Telefonbuch nicht gibt, und deshalb ist diese Befugnis betreffend Abfragemöglichkeit notwendig!

Sie, Herr Bundesrat Schennach, versuchen also, eine wirklich klar determinierte gesetzliche Regelung zu diskreditieren!

In einem Zwischenruf konnte man auch hören, meine Damen und Herren: Der Missbrauch ist das Problem! Diesen Zwischenruf habe ich mir gut gemerkt. – Es ist natürlich alles zu tun, damit Missbrauch verhindert wird, aber man muss schon auch dazu sagen: Wenn man einer staatlichen Institution eine klare Aufgabe gibt, dann muss man zur Erfüllung dieser Aufgaben auch für gesetzlich geregelte Rechte sorgen.

Missbrauch kann man nie 100-prozentig ausschließen, aber wenn ein solcher passiert, dann muss es dafür entsprechende Sanktionen geben – und diese gibt es auch. Das ist klar und nach den Prinzipien des Rechtsstaates auch vorgesehen. Nur deshalb, weil Missbrauch nicht ausgeschlossen werden kann, gegen Rechte, die notwendig sind, um eine Aufgabe erfüllen zu können, aufzutreten, das halte ich – ehrlich gesagt – für nicht durchführbar. Jeder Polizist, jedes Exekutivorgan, jeder öffentlich Bedienstete könnte ja theoretisch mit seinen Befugnissen auch Missbrauch begehen. – Meine Damen und Herren! Wir können doch davon ausgehen, dass öffentlich Bedienstete ihre Rechte nicht missbrauchen, sondern den Gesetzen entsprechend gebrauchen , um eben ihre Aufgabe erfüllen zu können.

Zu betonen ist: Es gibt den Rechtsschutzbeauftragten, es gibt die Kontrollausschüsse für die Nachrichtendienste, es gibt klare Gesetze, wie etwa für den Fall: Verstoß gegen Amtsmissbrauch et cetera. Ein breites Spektrum an Schutzmöglichkeiten ist also gegeben!

Ich sage noch einmal: Wir haben zuerst diskutiert über die Notwendigkeit nachrichtendienstlicher Tätigkeit zur Prävention von Bedrohungen – eine solche ist zweifelsohne gegeben –, und wenn man diese Bedrohung, wenn man diese Notwendigkeiten sieht, dann muss man bitte diesen Diensten auch die gesetzlich determinierten Rechte dazu geben, und man muss selbstverständlich auch potenzielle Missbräuche, soweit das eben geht, von vornherein ausschalten.

Meine Damen und Herren! Das ist mit diesem Gesetz gegeben! Wenn Sie sich dieses durchlesen, werden Sie sicherlich mit mir einer Meinung sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.54

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Tusek. – Bitte.

11.55

Bundesrat Mag. Gerhard Tusek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe diese Debatte mit großer Aufmerksamkeit verfolgt und möchte nach dem, was Herr Bundesminister Scheibner in seinem – das möchte ich hier neidlos zugestehen – hervorragendem Statement dazu ausgeführt hat, nur einige wenige Bemerkungen hiezu machen beziehungsweise Dinge, die von Vorrednern nicht immer richtig dargelegt wurden, widerlegen.

In Richtung des Kollegen Todt möchte ich sagen: Ich akzeptiere absolut, dass er mit der Strukturreform einverstanden ist, dass er dann aber den Ausdruck "Spitzel" verwendet hat, mag zwar in der politischen Diskussion möglich sein, wenn er das so sieht, aber gefallen hat es mir wirklich nicht. Und was die Ausführungen des Kollegen Schennach betrifft, so werde ich dann noch auf diese Terminologie zu sprechen kommen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Noch darf jeder Bundesrat sich selbst artikulieren, und nicht Sie genehmigen, was erlaubt ist!)

Kollege Würschl! Ich habe gesagt, dass ich auf den Ausdruck "Spitzel" zurückkommen werde. Auch ich darf hier Ausdrücke entsprechend verwenden beziehungsweise andere, die nicht meiner Meinung sind, gleichfalls kritisieren. "Spitzel" ist ein sehr negativ besetzter Ausdruck, selbstverständlich kann man diesen aber verwenden. (Bundesrat Konečny: Es ist vor allem eine negative Tätigkeit! )  – Jawohl, Kollege Konečny, es ist eine negative Tätigkeit.

Meine Damen und Herren! Worum geht es bei diesem Militärbefugnisgesetz? – Herr Bundesminister Scheibner hat das sehr klar und deutlich gesagt: Es geht dabei, Kollege Schennach, auch um die von Ihnen angesprochenen bürgerlichen Freiheiten. Bürger haben Freiheiten, jawohl, und diese Freiheiten sind entsprechend zu schützen, zu schützen auch vor Bedrohungen durch – wie das Herr Bundesminister Scheibner zitiert hat – gesetzwidrige und gewalttätige Handlungen.

Auch das Recht, die bürgerlichen Freiheiten zu schützen, muss ein solches bleiben, und dazu gibt es eben verschiedene Methoden und Maßnahmen. Wenn es um derart grobe Verletzungen unseres Rechtsstaats geht, dann müssen auch entsprechende Methoden gerechtfertigt sein: im Sinne einer koordinierten nachrichtendienstlichen Tätigkeit. Kollege Liechtenstein hat es bereits erwähnt: Die Koordination aller Nachrichtendienste ist notwendig, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten.

Was das Bundesheer selbst betrifft, so habe ich den Eindruck, dass Sie, Kollege Würschl, die Entwicklung der letzten zehn Jahre übersehen haben, um es sehr vorsichtig auszudrücken. Sie meinten: Was haben denn die Minister Lichal und Fasslabend getan? – Ich darf Sie in diesem Zusammenhang an Diskussionen erinnern, gerade an solche in den neunziger Jahren, als es beispielsweise um die Heeresgliederung-Neu gegangen ist, sowie, unmittelbar danach, um die Strukturanpassung dieser Heeresgliederung-Neu. Damals gab es dazu sehr viele Diskussionen. Und warum? – Weil das Bundesheer die neue Lage, eben auf Grund des Falls des Eisernen Vorhanges, auf Grund der Auflösung des Warschauer Paktes, sehr klar beurteilt und die entsprechenden Konsequenzen gezogen hat.

Diesbezüglich ist also sehr viel geschehen – und ein völlig richtiger und notwendiger Schritt ist meiner Überzeugung nach jetzt diese Reorganisation, vor allem in den Zentralstellen. Das halte ich für eine wichtige und notwendige Maßnahme, wobei selbstverständlich niemand garantieren kann, ob wir nicht in sechs Monaten, in zwei Jahren oder sonst wann wieder über eine neuerliche Reform, wieder über notwendige Änderungen zu reden haben werden. (Zwischenruf des Bundesministers Scheibner. )  – Hoffentlich nicht schon in sechs Monaten, Herr Bundesminister, ich gebe Ihnen da absolut Recht, aber es gibt eben sich ständig ändernde Bedrohungsszenarien – und das kann schon in wenigen Jahren oder auch Monaten völlig anders sein, als wir das heute erkennen können.

Die Reorganisation, wie sie jetzt mit diesen Gesetzen durchgeführt werden kann, halte ich aus zwei Gründen für besonders wichtig und für sehr gut: Erstens halte ich es für wichtig, dass die Strukturen der Zentralstellen an eine völlig geänderte Aufgabenstellung unserer Landesverteidigung angepasst werden. Der Herr Bundesminister hat es erklärt. Wir hatten völlig andere Aufgaben: Ein Heer mit einer Mobstärke von 300 000 Mann ist anders zu verwalten als ein Bundesheer für die heutigen Bedrohungen. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Ich halte die Reorganisation zweitens auch deshalb für günstig und zielführend, weil im Sinne der Subsidiarität – und ich glaube, gerade das sollten wir hier in der Länderkammer betonen –, Aufgaben von den Zentralstellen an nachgeordnete Kommanden und Dienststellen übertragen wurden.

Ich möchte hier in der Länderkammer des österreichischen Parlaments sehr klar betonen: Ich halte die Entscheidung, dass das Kommando Landstreitkräfte künftig seinen Sitz in Salzburg hat, das Kommando Luftstreitkräfte seinen in Niederösterreich und das Kommando Internationale Einsätze seinen in der Steiermark, im Sinne eines Föderalismus für sehr günstig. Es muss nicht immer alles zentralisiert sein.

Auch die Entscheidung, dass die Militärkommanden nach einer Strukturreform und einer Organisationsreform künftighin gesichert sind, ist zu begrüßen, denn das Militärkommando ist nahe beim Bürger. Denken wir an die aktuellen Bedrohungen – der Herr Bundesminister hat das in der Fragestunde ausgeführt –, an die über 400 Einsätze wegen Anthrax-Bedrohung! Es waren vor allem die ABC-Einheiten der Militärkommanden, die diese Aufgaben neben der ABC-Abwehrschule durchgeführt haben. Denken wir aber auch an die Katastrophen! Gerade im Fall einer Katastrophe, wo rasche Reaktion notwendig sein muss, ist es wichtig, sehr nahe am Ort des Geschehens zu sein, sehr nahe beim Bürger zu sein und beste Koordination mit den jeweiligen Landesregierungen zu haben.

In diesem Sinne kann ich diese Reorganisation unseres Bundesheeres nur begrüßen, weil sie dazu führt, dass die Bürger wieder mehr Vertrauen in die Landesverteidigung bekommen und letztlich der Bürger mehr Sicherheit bekommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.03

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger. Ich erteile ihm das Wort.

12.03

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich habe die Ausführungen, die heute insbesondere von den Rednern der Opposition zum Reorganisationsbegleitgesetz gemacht worden sind, aufmerksam verfolgt, und ich muss sagen, ich habe den Eindruck, dass Sie (in Richtung SPÖ) im Großen und Ganzen damit einverstanden sind. Der Herr Bundesminister hat sogar Lob aus Ihren Reihen bekommen, und ich glaube, dass dieses Lob herzlich war. Es war kein rhetorischer Schlenker, um dann besser austeilen zu können, sondern es kam aus Überzeugung.

Das Einzige, das die Opposition daran hindert, dem Gesetz wirklich zuzustimmen, ist wahrscheinlich das Militärbefugnisgesetz. Ich denke, es wird da sehr viel hineininterpretiert oder herausgelesen, um etwas transportieren zu können, was mit dem Gesetz selbst nichts zu tun hat.

Es ist Kommunalpolitikern schon im Vorfeld seit einem Jahr bekannt, dass in den Gemeinderäten, insbesondere von grünen Gemeinderäten, Anträge gestellt worden sind, dass die Bürgermeister das Militärbefugnisgesetz nicht vollziehen sollen. Das ist in vielen Gemeinden angenommen, in vielen abgelehnt worden. Ich muss dazu sagen, das ist schlicht und einfach eine Aufforderung zum Rechtsbruch.

Schade, dass die Opposition nur wegen des Militärbefugnisgesetzes nicht zustimmen will. Es ist vom Spitzelsystem die Rede. Da mag ich so manchem Redner von der Opposition schon folgen: Die Gefahr ist gegeben, aber die Gefahr ist nicht nur bei diesem Gesetz gegeben, sondern diese Gefahr ist generell vorhanden. Diese Befürchtungen können durchaus nachvollzogen werden, denn es gibt wahrscheinlich kaum ein Gesetz, es gibt kaum Befugnisse, die vom Rechtsgeber an Polizei, an Sicherheitstruppen weitergegeben werden, die nicht missbraucht werden können.

Gestatten Sie mir, zwei Beispiele anzuführen, eines aus Österreich und eines aus dem Ausland.

Erstes Beispiel aus Österreich: Denken Sie an die Recherchen zum Briefbombenterror! Damals sind hauptsächlich in einem Abonnentenkreis einer Zeitschrift des Freiheitlichen Akademikerverbandes Recherchen geführt worden. Unbescholtene Bürger, Universitätsprofessoren, Angestellte an ihrem Arbeitsplatz wurden verhört, um einen Täter zu finden, der dort nicht zu finden war. Man hat bewusst in falscher Richtung gesucht, und zwar auf Anweisung der vorgesetzten Stelle. Sicherheitsdirektor Sika hat darüber ausführlich berichtet.

Zweites Beispiel aus Deutschland: Man hat dort rechtsradikale Organisationen überwacht. Um das offenbar besser tun zu können, hat man Provokateure eingeschleust. Man hat dann Beweise gehabt, und als es dann zur Auflösung kommen sollte, war dies nicht möglich, weil die Beweise für die Auflösung die Provokateure geliefert hatten.

In Österreich war damals Innenminister Einem für die Recherchen zum Briefbombenterror verantwortlich, bei dem Beispiel aus Deutschland ist es der grüne Innenminister Schily. Ich kann daher Ihre Befürchtungen durchaus teilen, aber nur im Falle einer rot-grünen Regierung, die es aber auf längere Zeit nicht geben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube auch, dass das vorliegende Gesetz – und hier wieder das Militärbefugnisgesetz – anders zu sehen ist, als es die Opposition sehen will. Es schafft – der Herr Bundesminister hat es heute hier von seinem Pult aus schon gesagt – erstmals eine Rechtsgrundlage für die Nachrichtendienste. Das, meine Damen und Herren, ist doch ein großer Fortschritt! Es kann nicht mehr da und dort, wie es beliebt, recherchiert werden, sondern es gibt Rechtsgrundlagen. Das Gesetz legt Kompetenzen für die Wachdienste fest, Kompetenzen auf gesetzlicher Basis, und es schafft auch exakte Abgrenzungen zum zivilen Bereich. – Das ist doch ein enormer Fortschritt.

Außerdem soll es auch in Korrelation mit dem Sicherheitspolizeigesetz stehen, über das noch gesprochen wird. Das ist nur zu wünschen.

Wie der Herr Minister auch schon sagte, sieht es den Schutz von Zeitungsherausgebern vor. Von dort kam natürlich immer sehr viel, und dieser Bereich soll geschützt bleiben, das ist gut so.

Besonders hervorzuheben ist aber – und das ist neu im Vergleich zu früher – die Transparenz der vorgesehenen Vorgangsweise. Dies ist für alle leicht nachzuvollziehen. Bitte, studieren Sie das Gesetz noch einmal, und nehmen Sie diese Dinge mehr in Augenschein! Lesen Sie nicht nur das, was Sie kritisieren wollen, sondern vielleicht auch das andere! Naturwissenschafter gehen in der Regel so vor, auch das Gegenteil zu denken. – Tun Sie das bitte einmal, meine Damen und Herren! Die Kontrolle seitens des Parlaments bleibt bestehen, das ist gar keine Frage. Es ist ein Rechtsschutzbeauftragter eingebunden. Und den Gemeinden – die sich sehr gewehrt haben, das weiß ich – wird ein Anhörungsrecht eingeräumt.

In Sicherheitsfragen, meine Damen und Herren, die uns alle betreffen, sollten wir uns einig sein. Ein politischer Missbrauch ist allemal möglich, das habe ich an zwei Beispielen plakativ aufgezeigt, aber man darf ein Gesetz, das zum Schutz unserer Sicherheit erarbeitet wurde, nicht aus parteipolitischem Kalkül ablehnen. Das ist sicher der falsche Weg.

Alles in allem bin ich sicher, dass es ein gutes Gesetz ist, und ich gratuliere dir, Herr Bundesminister, und deinen Beamten, die das Gesetz gemacht haben, zu diesem Werk. (Beifall bei den Freiheitlichen und der övp.)

12.09

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall. – Danke.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag ist angenommen.

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Paßgesetz 1992, das Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen und das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (SPG-Novelle 2002) (1138 und 1170/NR sowie 6666 und 6672/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 2. Punkt der Tagesordnung: Sicherheitspolizeigesetz-Novelle 2002.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Ing. Walter Grasberger: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten zu dem vom Vorsitzenden erwähnten Gesetz liegt schriftlich vor.

Ich verzichte auf eine Verlesung dieses Berichtes und stelle fest, dass der Ausschuss für innere Angelegenheiten nach der Beratung der Vorlage am 25. Juni mit Stimmenmehrheit den Antrag stellt, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Karl Boden das Wort. – Bitte.

12.11

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Vorweg möchte ich feststellen, dass wir Sozialdemokraten diesem Gesetz nicht die Zustimmung geben können.

Die einzige positive Anmerkung zu diesem doch sehr umfangreichen Gesetz kann ich bezüglich der Ausweitung des Zeugenschutzes auf die Angehörigen machen. Alle anderen Punkte möch-te ich etwas erläutern, da wir meinen, dass sie nicht unbedingt in unserem Sinne sind.

Zum Ersten: Das Fund- und Passwesen soll zu den Gemeinden wandern. Fundgegenstände können nicht mehr zu jeder Tageszeit oder Nachtzeit bei den Gendarmerieposten abgegeben werden, sondern erst wieder während der Amtszeit.

Für mich stellt sich diesbezüglich folgende Frage: Wird hier der Finder zum Täter? Was mache ich zum Beispiel, wenn ich in einer Telefonzelle eine Brieftasche mit einem Inhalt von angenommen 10 000 € finde? – Ich muss sie mit nach Hause nehmen und verwahren, bis ich sie am nächsten Tag zur Fundannahmestelle bringen kann. – Ich denke, dass das nicht der richtige Weg ist. (Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. ) Ich weiß, dass die Beamten sehr wohl gute Arbeit leisten und auf ihrem Gendarmerieposten sehr viel Arbeit haben, meine aber, dass auch diese Arbeit auf dem Gendarmerieposten erledigt werden könnte.

Weiters wird mit diesem Gesetz die Möglichkeit geschaffen, Privatpersonen – natürlich mit falschen Dokumenten ausgestattet – als verdeckte Ermittler einzusetzen. Das heißt, es besteht die Gefahr von Spitzelmethoden wie in autoritären Staaten, bei denen es keine ausreichende Kontrolle, aber größtes Missbrauchspotenzial gibt. Wir haben heute schon gehört, dass dieser Missbrauch auch bei anderen Gesetzen droht. (Bundesrat Ager: Reden Sie da von Österreich?)

Weiters möchte ich die DNA-Datenbank für die Bediensteten der Sicherheitsbehörde ansprechen. Herr Bundesminister! Vielleicht könnte man diese Sicherheitsdatenbank auch für Abgeordnete anlegen. So mancher würde sich dann bei Vaterschaftsdelikten Verdächtigungen (Heiterkeit bei der SPÖ – Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist gut!), Entschuldigung, keinen Verdächtigungen aussetzen (Bundesrätin Mag. Trunk: Im Sinne der Frauen ist das ein guter Vorschlag!), jemand anderen zur Überprüfung eines Vaterschaftsdeliktes geschickt zu haben. Er bräuchte dieses nicht zu verweigern. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

Was vielleicht noch kritisch anzumerken wäre, ist Folgendes: Täterdaten sind anonymisiert, diese DNA-Datenbank soll nicht anonymisiert werden.

Meine Damen und Herren! Das ist noch nicht alles, denn sollte jemand in diesem Ministerium auf die Idee kommen, Kritik am Minister zu üben, so wird er in den Untergrund befördert. Wie man weiß, kann jemand nur einmal Kritik am Minister üben und dann eigentlich nie wieder. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. ) Dann gibt es keine Kritik mehr am Minister.

Herr Minister! Sie nennen das Umstrukturierung – wir sagen, das ist ein Abservieren in den Untergrund!

Sie sprechen immer wieder davon, dass im Ministerium Spitzenpositionen sozialdemokratisch besetzt sind. (Bundesrätin Mag. Trunk: Wo? Wo? – Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Was nicht stimmt? – Bundesrat Ledolter: Ja oder nein?) Aber Sie, Herr Minister, machen genau das Gleiche, obwohl Sie es bei der Sozialdemokratie kritisieren. Sie machen genau das Gleiche: Sie besetzen all diese Posten mit schwarzen Mandataren oder eben mit Leuten, die für diese Positionen in Ihren Augen geeignet sind. (Bundesrat Gasteiger: Funktionären!)

Sie wollen auch keinem Beamten ein Parteikapperl aufsetzen. – Herr Minister! Genau das machen Sie mit Ihren Aktionen. (Ruf bei der ÖVP: Das ist sehr weinerlich!)

Herr Minister! Ich weiß, Sie werden sich nach mir zu Wort melden und mir sagen, dass all das nicht stimmt, was ich hier behaupte, dass Sie ein Gesetz geschaffen haben, das Sie ausschließlich für Rot-weiß-rot und für die liebenswerten Menschen hier in diesem Lande erarbeitet haben. – Diese scheinheilige Masche glaubt Ihnen aber sicherlich niemand mehr, Herr Minister!

Sie behaupten hier im Bundesrat, dass keine Gendarmerieposten geschlossen werden. Das ist auch ganz klar, denn wenn man sie zusammenlegt, dann braucht man sie nicht zu schließen. Aus zwei mach eins.

Sie behaupten, es werden keine Planposten eingespart. Im gleichen Atemzug stellen Sie fest, dass jährlich weniger Beamte im Dienst der öffentlichen Sicherheit vorhanden sind.

Sie sagen weiters, durch Ihre Neustrukturierung gebe es mehr Beamte auf der Straße. – Herr Bundesminister! Ich sehe nicht mehr Beamte auf der Straße. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Frag den Toni Leikam! Frag den Toni Leikam!) Jeder von Ihnen fährt sehr viele Kilometer, auch ich fahre an die 50 000 Kilometer im Jahr. Ich sehe keine Beamten auf der Straße. (Bundesrat Rosenmaier: Skandal! – Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Frage den Toni Leikam!)

Es gibt nicht nur einen Leikam, es gibt auch andere, denen der Führerschein abgenommen wird. Ich sage hier ganz deutlich: Fahren in alkoholisiertem Zustand ist es nicht einmal wert, dass man darüber spricht! (Bundesrat Ing. Grasberger: Wieso? – Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Das klingt nach Bagatellisierung!)  Nein, das ist kein Thema. Ich denke nicht, dass Sie sich dazu hergeben, im alkoholisierten Zustand zu fahren.

Vielleicht sind all diese Beamten schon "versteckte" Ermittler, weil man sie auf der Straße nicht mehr sieht. (Bundesrat Manfred Gruber: Mit der Tarnkappe!)

Herr Minister! Die Einsparungen gehen in erster Linie auf Kosten der Sicherheit. Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst hat dies bereits erkannt. (Bundesrat Gasteiger: Kollege Schöls hat das auch schon erkannt!) Ich darf Ihnen einen Brief, den er an die Präsidentin des Bundesrates geschrieben hat und der am 24. Juni eingelangt ist, zur Kenntnis bringen:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Im Namen des Präsidiums der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst erlaube ich mir, nachstehende Entscheidung zur Kenntnis zu bringen, und ersuche, Ihren politischen Einfluss im Sinne einer konstruktiven Lösung der anstehenden Frage geltend zu machen.

Um die von der Bevölkerung verlangte Leistungsfähigkeit der Exekutive auch in Zukunft sicherzustellen, fordert das Präsidium der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst die Bundesregierung, insbesondere den Herrn Finanzminister, unmissverständlich auf, die für sinnvolle Reformen im Exekutivbereich notwendigen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.

Herr Bundesminister Dr. Ernst Strasser wird aufgefordert, die vereinbarten Verhandlungstermine zu den Reformen in der Exekutive im Sinne der Vorstellung der Gewerkschaft substanziell zu nützen. Sofern das Einvernehmen mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst nicht hergestellt wird, werden gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen umgesetzt.

Unterschrieben: Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Neugebauer. – Zitatende. (Oh-Rufe bei der SPÖ.)

Lieber Kollege Schöls! Ich denke, auch dir wird dieser Entschluss bekannt sein. (Bundesrat Manfred Gruber: Doch nicht alles in Ordnung! Internes Problem! – Bundesrat Bieringer: Ich weiß nicht, wieso ihr euch so aufregt! – Bundesrat Gasteiger: Regierungsinternes Problem!) Ich hoffe, dass er dir bekannt ist, und ich hoffe auch, dass dein Hungergefühl nicht allzu groß ist, falls du vielleicht unserem Entschließungsantrag zustimmen möchtest.

Wir Sozialdemokraten möchten diesen Entschluss des Präsidiums Gewerkschaft Öffentlicher Dienst sehr wohl unterstützen und bringen daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Karl Boden und KollegInnen betreffend Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Paßgesetz 1992, das Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen und das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (SPG-Novelle 2002)

Der Bundesrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Bundesrat hat beschlossen:

"Um die von der Bevölkerung verlangte Leistungsfähigkeit der Exekutive auch in Zukunft sicherzustellen, fordert der Bundesrat die Bundesregierung, insbesondere den Bundesminister für Finanzen, unmissverständlich auf, die für sinnvolle Reformen im Exekutivbereich notwendigen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Weiters wird der Bundesminister für Inneres aufgefordert, die vereinbarten Verhandlungstermine zu den Reformen in der Exekutive im Sinne der Vorstellung der Gewerkschaft substanziell zu nützen."

*****

Ich hoffe, meine Damen und Herren, dass auch Sie diesem Entschließungsantrag zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.21

Vizepräsident Jürgen Weiss: Der von den Bundesräten Boden, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Aufforderung an die Bundesregierung, die für sinnvolle Reformen notwendigen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Alfred Schöls. Ich erteile ihm das Wort. (Bundesrat Gasteiger: Da werden wir Unterstützung kriegen!)

12.21

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Karl Boden! Ich muss ehrlich sagen: Ich war von dir als Gewerkschafter eigentlich immer sachliche Diskussionen gewöhnt. (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger. ) Da du vorhin von diesem Pult aus dem Bundesminister für Inneres unterstellt hast, dass er mit einer scheinheiligen Masche – mit einer scheinheiligen Masche! – Sicherheitspolitik betreiben würde, muss ich dir sagen, dass das eine Art und Weise ist, die ich bis jetzt nicht von dir erlebt habe, die aber scheinbar zur Strategie der sozialdemokratischen Fraktion der Verunsicherung und der Untergriffe passt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Haunschmid. )

Wenn jetzt auch manches Mal sozialdemokratische Gewerkschafter in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst so tun, als ob sie die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst wären, dann muss ich sagen: Sie sind ein Teil dieser Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. – Ich habe mich daher auch als Vorsitzender des Landesvorstandes Niederösterreich mit den Verantwortungsträgern der Exekutivdienste in Niederösterreich unterhalten. Der Vorsitzende der zuständigen Sektion Gendarmerie, der Vorsitzende der Sektion Kriminalpolizei und der Vorsitzende der Sektion Sicherheitswache haben mir in Niederösterreich erklärt, sie hätten überhaupt keine Veranlassung gesehen, bei diesem Aufmarsch von zurzeit scheinbar nicht sehr beschäftigten Gewerkschaftssekretären am vergangenen Donnerstag in Wien mitzugehen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist eine Ungeheuerlichkeit! – Rufe bei der SPÖ: Ungeheuerlich! – Bundesrat Konečny: Verleumdung! – Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und bei der ÖVP. – Bundesrat Bieringer: Was regt ihr euch denn so auf! – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

Es war kein Exekutivbeamter der Funktionsträger der zuständigen Sektionen aus Niederösterreich bei diesem Aufmarsch dabei. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat Konečny:  ... verdeckt ermittelt!) Es gab auch keine verdeckten Ermittler, denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht um die Sicherheit. (Bundesrat Konečny: Ja! – Bundesrat Manfred Gruber: Und nicht um Polemik!) Es geht nicht um politische Polemik und nicht um Angst! Man sollte bei der Wahrheit bleiben, das gilt auch für die Kollegen Todt oder Würschl, dessen persönliche Frustration ich gerade noch trage. Er will jede Möglichkeit nutzen, von diesem Rednerpult aus an die Nation eine Erklärung abgeben zu können. (Bundesrat Konečny: Also das ist geschmacklos!) Trotzdem sollte man bei der Wahrheit bleiben (Beifall bei der ÖVP) und nicht Dinge behaupten, die ganz einfach nicht der Wahrheit entsprechen. Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben! (Bundesrat Gasteiger: Was stimmt nicht, was da gesagt worden ist?)

Mit der vorliegenden Novelle geht es nicht darum, einem unqualifizierten Spitzelwesen Tür und Tor zu öffnen oder einen "Hendeldieb" dingfest zu machen, sondern es geht darum, entsprechende Rahmenbedingungen für die Sicherheit in Österreich zu schaffen. Es werden der Zeugenschutz verbessert, eine Vertrauenspersonen-Evidenz aufgestellt und die Observationsbedingungen verbessert.

Was die DNA-Analyse betrifft: Lieber Freund Boden! Ich habe viel Verständnis für Scherze, aber für jene bezüglich des Vaterschaftsprozesses – das können sich die Freiheitlichen in Niederösterreich selbst ausmachen – hat der Bundesrat nicht herzuhalten. Die Vorlage ist viel zu wichtig, um diese Kinkerlitzchen, die da in Niederösterreich laufen, als Beweis zu bringen. (Zwischenrufe des Bundesrates Manfred Gruber und der Bundesrätin Schlaffer. )

Mit dieser Vorlage geht es um die Sicherheitsakademie, an welcher jetzt erstmals unter Minister Strasser Ausbildungsbedingungen geschaffen wurden. Die sozialistischen Innenminister waren leidenschaftliche Spatenstecher für die Sicherheitsakademie (Zwischenruf des Bundesrates Boden ), Spatenstecher jeweils dann, wenn der Wahlkampftross mit war, um für Wahlkämpfe Fotos zu schießen. Die Sicherheitsakademie wurde von den sozialistischen Innenministern nur "spatengestochen". (Bundesrat Manfred Gruber: Den Pröll übertrifft niemand! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Unter Ernst Strasser wurde ein vernünftiges Ausbildungszentrum geschaffen – und es geht auch um den internationalen Bereich. (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger. )

Ich werde – das sage ich von dieser Stelle aus – im Herbst zumindest den Mitgliedern des Innenausschusses, aber darüber hinaus auch Interessierten die Möglichkeit geben, sich die Ausbildungsstätte in Traiskirchen anzuschauen. Ihr werdet dann sehen, mit welchem hohen Niveau unsere Exekutivbeamten dort ausgebildet werden. Ich sage von dieser Stelle aus wirklich jedem einzelnen Exekutivbeamten und jeder Bediensteten ein aufrichtiges Danke dafür, dass sie diesen Dienst an der Bevölkerung leisten. (Bundesrat Gasteiger: Die glauben euch das nicht mehr!) Das ist nämlich die Voraussetzung dafür, dass wir uns eine Privatpolizei ersparen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir tatsächlich vermeiden wollen, dass irgendwelche Rambos mit Pseudo-Uniformen durch die Städte marschieren und zuschlagen, dann brauchen wir für die staatlichen Institutionen Rahmenbedingungen (Bundesrat Manfred Gruber: Private Bürgerwehren! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), die die Ausbildung der Exekutive garantieren. – Ich kann auch Bürgerwehr dazu sagen, ich habe überhaupt kein Problem damit.

Wir haben daher mit diesem Gesetz auch die entsprechenden Rahmenbedingungen für die Ausbildung geschaffen. Ich bin froh darüber, dass das geschieht, und wir werden daher zustimmen. Ich darf alle nachfolgenden Redner zu diesem Thema, die meinen, das Ministerium werde umgefärbt, bitten, sich bewusst zu machen, dass die Grundfarbe im Innenministerium vorher Rot und Dunkelrot war. Wenn jetzt ein bisschen mehr Weiß dazu kommt, kann das keine Schande sein. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Boden: Schwarz und finster! – Bundesrat Gasteiger: Das war tief! Das war sehr tief!)

12.28

Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Ich bitte schon darum, die Zwischenrufe auf ein Maß zu reduzieren, das auch den Kolleginnen und Kollegen ermöglicht, der Debatte folgen zu können.

Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk. – Bitte.

12.28

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu den Ausführungen des Kollegen Schöls zwei Bemerkungen machen.

Erstens: Es ist bemerkenswert, dass Sie auf das Faktum des hier zitierten Briefes des Kollegen Neugebauer mit keiner einzigen Silbe eingegangen sind. (Beifall bei der SPÖ.)  – Keine Worte sind auch Worte! (Bundesrat Schöls: Ich habe ein Zitat zum Schluss der Rede gebracht!)

Zu dem Rest – und wirklich zu dem Rest  – Ihres Beitrages hier am Rednerpult ist es nicht einmal lustvoll, zu parieren. Herr Kollege Schöls! Es tut mir Leid, das war so tief, dass ich mich nicht dazu bewegen kann, in diese tiefe Argumentation einzusteigen. Ich sage daher kein Wort dazu. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mein Redebeitrag zu den vorliegenden Gesetzen hat nichts mit der von den Regierungsmitgliedern oft sehr professionell und manchmal auch hilflos abgeschmetterten Oppositionskritik zu tun.

In meinem Redebeitrag möchte ich aber fragen: Wie gehen Sie, Herr Minister Strasser, mit der Qualität der Demokratie um? Wie gehen Sie, Herr Minister Strasser, mit einer staatstragenden und damit auch den Staat tragenden öffentlichen Sicherheit um? Herr Minister Strasser – und das ist eine von mir persönlich gestellte und formulierte Frage –: Wo haben Sie Ihre Grundhaltung, die Sie in den Anfangsmonaten Ihrer Tätigkeit als Minister nach außen getragen haben – und ich habe sie Ihnen auch abgenommen –, verloren und warum?

Wenn auch manche Kolleginnen und Kollegen die vorherige Bemerkung von mir nicht verstehen, der Herr Minister wird mich verstehen, warum ich diese Frage stelle.

Ich habe einen Innenminister kennen gelernt, der sich in Begegnungen mit Schülern, auch an der Schule, an der ich unterrichte, sehr offen, sehr demokratisch, sehr liberal dem Diskurs gestellt hat. Als Vorsitzende des Kärntner Frauenhauses muss ich sagen, wir haben sogar die Ausnahme gemacht, dass auch ein männlicher Minister in das Frauenhaus kommen darf, und ich habe die dortigen Gespräche mit dem Innenminister im Ohr, und ich habe auch das Bild dieses Innenministers vor Augen, ich trage es in mir.

Herr Minister! Mir fällt kein Stein aus der Krone, wenn ich sage: Dieses Bild von Ernst Strasser haben Sie mir durch die von Ihnen selbst vorgelegten Gesetze und durch die von Ihnen selbst getroffenen Maßnahmen zerstört.

Herr Minister! Mit den vorliegenden Gesetzen – ich gehe nur auf einen Punkt ein – schaffen Sie, wie auch immer Sie diese Maßnahme schön reden, schön geredet haben oder heute schön reden werden, in der Tat eine Form einer privaten Geheimpolizei, die unkontrolliert Recherche und/oder auch Spitzeldienste tätigen kann. Herr Minister! Sie wissen, dass dieser Weg, wenn wir ihn schon nicht Angriff nennen, zumindest als Zugriff auf und Missachtung von kultivierten rechtsstaatlichen demokratischen Grundhaltungen bezeichnet werden muss.

Herr Minister! Sie haben sich unter meinem innerlichen und mit Worten auch nach außen getragenen Beifall vor Wochen von der FPÖ-Bürgerwehr in Graz und anderswo distanziert. Aber, Herr Minister, Sie selbst schaffen jetzt mit einem Teil dieser Gesetze und auch mit ministerieller Macht das bedenkliche österreichische Novum, dass die Exekutive auch private Personen gegen Entgelt und Belohnung anheuern soll und kann – private Personen mit anderer Identität. Das lässt folgende Frage zu – sie ist sehr einfach, und ich denke, sie kann von Ihnen dann auch in der gleichen Einfachheit beantwortet werden –: Herr Minister! Schließen Sie aus, dass etwa der Bürgerwehrgeneral oder Vereinsvorsitzende Endres aus Graz nun unter geänderter Identität und unter dem besonderen Schutz eines Gesetzes, unter dem besonderen Schutz des Innenministers aktiv werden kann?

Ich denke, diese Antwort werden Sie mir geben können, und wenn Sie sie mir im positiven Sinne geben, dann können wir sicher sein, dass Endres nicht als Privatspitzel und Rechercheaktivist in Österreich unterwegs sein wird. (Bundesrat Weilharter: Werden Sie dann dafür stimmen, Frau Kollegin?) Oder aber, Herr Minister, werden Sie etwa die dissonanten Stimmen, die zwar nicht sehr laut, aber in den Medien nachlesbar sind, etwa des Kollegen Bundesrat Hagen, zum Verstummen bringen, indem Sie aus der Liste der Bürgerwehraktivisten – wir konnten diese nachlesen, es gibt sehr viele in ganz Österreich – Personen für Recherche- und Spitzeldienste auswählen, diese so genannten privaten Hilfspersonen ausbilden und vielleicht auch rekrutieren, derer sich die Polizei und die Exekutive in Hinkunft per Entgelt und Belohnung bedienen sollen?

Herr Minister! Private Ermittler mit dem Schutz der geänderten Identität durch ein Gesetz legitimiert und behütet – das hat nichts mit Parteipolitik zu tun, sondern ich bin davon überzeugt, wie auch immer Ihre Antwort ausfallen wird, Sie können sich, auch wenn Sie nur ganz wenig Phantasie aufbringen, diesen demokratiepolitischen Missbrauch durchaus vorstellen. Daher ist es mir unverständlich, was Sie hier vorgelegt haben. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

Im Übrigen habe ich mir am Anfang meiner Wortmeldung erlaubt, meiner Enttäuschung Ausdruck zu verleihen. Natürlich weiß ich auch, dass Enttäuschung nur mit zwei Dingen zu tun haben kann: mit Täuschung oder mit Selbsttäuschung, und das schließe ich auch nicht aus. Aber ich lasse Ihnen die Beantwortung meiner Fragen offen.

Herr Minister! Sie haben in der Vergangenheit hin und wieder recht keck formuliert oder haben etwaige Kritik aus dem südlichsten Bundesland und dessen derzeitigem Landeshauptmann pariert, indem Sie gemeint haben: Na ja, ich bin offensichtlich der Lieblingsminister des Herrn Haider. – Das habe ich dereinst vielleicht auch noch mit einem Lächeln zur Kenntnis genommen. Herr Minister! Angesichts dessen, was Sie in den letzten Wochen und Monaten vollzogen haben, ist diese Aussage: "Wahrscheinlich bin ich der Lieblingsminister des Jörg Haider!", nicht mehr ironisch und schon gar nicht mehr zynisch, sondern Sie sind ganz offensichtlich der Lieblingsminister dieses Landeshauptmannes. Vergleicht man Sie etwa mit – ich nehme nur einen Minister aus der FPÖ-Riege – Karl-Heinz Grasser, dann muss man sagen: Dieser ist ein kritisch revolutionärer Geist, der hin und wieder auch ganz offen dagegen hält. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister! Eine Bemerkung zu den neuen Sprachkreationen, denn Sie haben Ungeheures auch in der Begrifflichkeit geleistet. Ich gebe zu, ich bin Germanistin, aber ich werde das trotzdem herunterlesen, denn ich habe das nicht verstanden. Ein Exekutivbeamter – ausnahmsweise der ÖVP, weil auf die Roten kann ich mich ja laut Minister Strasser nicht verlassen – hat mir das erklärt: Ihre Methode heißt ASP-Methode. Ich habe gefragt: Was ist das? – Da hat man mir gesagt, das sei die Absystemisierungspolitik. Absystemisierung. – Ich gebe zu, "System" kenne ich, "ab" kenne ich auch, aber "Absystemisierungspolitik"!? – Das ist das gängigste Wort unter Gendarmen und Polizisten, und sie haben mir es erklärt.

Herr Minister! Sie werden mir zugestehen, dass ich hier nicht den Polizisten zitiere, sondern meine Interpretation formuliere: Sie bauen Personal ab und eliminieren nicht nur Generäle. Im Übrigen, Herr Minister: Sie haben nicht General Oskar Strohmeyer etwas Böses angetan. Sie haben selbst gemerkt, dass Sie sich mit diesem Eliminieren den eigenen, äußerst loyalen "Hitzeschild" selbst weggezogen haben. Das heißt, nicht Herr Oskar Strohmeyer hat massive Probleme – ein qualifizierter Beamter im öffentlichen Dienst ist überall einsetzbar –, sondern Sie haben sich diesen Hitzeschild mit dieser Maßnahme selbst weggenommen, und damit müssen Sie selbst fertig werden.

Sie liquidieren auch Kritik, Herr Minister, und Sie kommentieren es auch öffentlich. Sie manipulieren Kriminalstatistiken, beziehungsweise Sie lassen manipulieren. Das ist überhaupt etwas Merkwürdiges! Man hat mir erzählt, dass eine Kriminalstatistik erarbeitet wurde und im Nachhinein eine Gruppe ausgeschickt wurde, um dann noch einmal nachzuzählen, um andere Zahlen zu bekommen. (Oh-Rufe bei der SPÖ.)

Herr Minister! Das ist nicht die offensive Politik, die Sie einst verkörpert haben. Man muss nicht Statistiken irgendwie türken oder verfälschen, sondern offensive Politik heißt, der Wirklichkeit ins Auge zu schauen und dann politische Antworten zu geben.

Herr Minister! Sie haben wahrscheinlich 100 000 Mal gesagt, und alle Journalisten nahmen es auf: Sie sind dafür, dass weniger Beamte im Wachzimmer und mehr auf der Straße sind.

Ich bekomme auch hin und wieder einen Strafzettel – Sachbeschädigung habe ich noch keine begangen –, aber als Österreicherin frage ich mich: mehr Beamte auf der Straße? Wer macht denn dann die Aufgabe der Administration, wer schreibt diese Anzeigen, wer schreibt die Protokolle, wer leitet Verfahren weiter?

Herr Minister! Da fällt mir das Bild eines "Inlandsreport"-Beitrages ein, bei dem Sie – völlig richtig, weil ich arbeite damit auch – mit Ihrem Laptop dasitzen und sagen: Ich brauche keinen Schreibtisch mehr. Herr Minister! Sie verwechseln etwas: Ihr Laptop macht die Verwaltungsarbeit der Polizisten, die auf der Straße sind und nicht mehr im Innendienst arbeiten, nicht. Und das ist ein grundsätzlicher sicherheitspolitischer Irrtum. Aber Sie werden mir erklären, wie Sie dieses Problem lösen. (Beifall bei der SPÖ.)

Erlauben Sie mir, weil es mich nicht nur trifft, sondern wirklich betrifft, dass ich mich nicht jenen anschließe, die Ihnen unterstellen, die Unwahrheit gesagt zu haben, die von "Lüge" sprechen. Das tue ich nicht, denn es ist viel schlimmer!

Herr Minister! Wenn Sie sagen, Sie sind für mehr Polizisten auf der Straße, dann frage ich Sie: Meinen Sie, mehr Polizisten auf die Straße oder mehr Polizisten auf der Straße? – Mehr Polizisten auf der Straße heißt: arbeitslose Polizisten auf Jobsuche oder junge Menschen, die gerne Gendarm oder Polizist geworden wären, die einen Job suchen, aber keinen finden, weil es in der Verwaltung keine mehr geben darf. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum zweiten Teil meiner Ausführungen. – Ich werde das nur kurz ansprechen, denn sehr viele Kollegen der FPÖ wird es überhaupt nicht interessieren und wahrscheinlich auch nur einen Teil der ÖVP. Herr Minister! Sie müssen es nicht heute vom Rednerpult aus tun, aber ich wäre dankbar für einen schriftlichen Hinweis zu Ihren Äußerungen betreffend die Mauthausen-Gedenkfeier. Wären es die Äußerungen allein, wäre es auch schlimm, aber noch schlimmer ist die von Ihnen geplante Sanktion. – Herr Minister! Das hat nichts mehr mit Umfärben zu tun, das hat auch nichts mehr mit reiner Machtausübung – zur Politik gehört auch Macht und Macht haben – zu tun, sondern dafür fehlt mir nicht nur jedes Verständnis, sondern jeglicher Zugang.

Ich komme noch einmal auf dieses Wortungeheuer "Absystemisierung" zurück. Sie sagen: weniger drin und mehr draußen. Ich habe mir das angesehen. Da wird klar dargelegt, dass der Auftrag erteilt wird – ich werde aufpassen, ob diese Polizisten dort noch tätig sind –: Polizei Villach, Klagenfurt, nennt mir drei Planposten im Innendienst! Dann werden diese drei Planposten gemeldet, und, Herr Minister, das Wunder ist geschehen: Vom Zeitpunkt der Meldung der Innendienstplanposten bis hin zur Meldung an das Ministerium sind diese Menschen verschwunden. (Bundesrat Reisenberger: Rasterfahndung!) Daher wäre es sinnvoll, wenn Sie eine Abteilung schaffen würden – und vielleicht General Strohmeyer damit beauftragen –, um im Innenministerium einen eigenen Such- und Fahndungstrupp einzurichten, damit wir diese absystemisierten Beamten wieder finden. Auf der Straße lassen sie sich in der Tat nicht wieder finden!

Kollege Hagen wird dem nur zustimmen können; du musst dich dazu nicht äußern.

Ein letzter Punkt, Herr Minister: Medien und Journalisten ordnen Ihnen eine mediale Zauberformel zu. Gut. Ich frage Sie ganz einfach: Wie heißt Ihre Zauberformel in der Beantwortung der Wirklichkeit? – Zunehmende Kriminalität, zunehmende – und beide Regierungsparteien plakatieren es – Drogenkriminalität, Gefährdung der Jugend – wahrscheinlich sind das schon Wahlplakate –, zunehmende Aggressivität und zunehmende Gewalt. – Herr Minister! Sie werden uns Ihre Zauberformel verraten, wie Sie es mit weniger Exekutive, mit weniger Personal, mit weniger Schulung und Ausbildung schaffen werden, dieser dramatischen Wirklichkeit zu begegnen.

Ein Letztes als Germanistin: Es gibt ein österreichisches Wörterbuch. Im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte kommt es im Zusammenhang mit der Verwendung eines Begriffes zu Bedeutungsverbesserungen oder Bedeutungsverschlechterungen. Zum Beispiel heißt das Wort "ordinär": schlicht, einfach. Wir wissen, dass wir "ordinär" nie für "schlicht" und "einfach" verwenden, sondern für etwas anderes.

Mit dem Begriff "Reform" hat man etwas Neues, neu Gestaltendes assoziiert – und niemand hat sich davor gefürchtet. Aber, Herr Minister, der Begriff "Reform" macht Angst, die Kollege Schöls nicht versteht. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

12.46

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Christoph Hagen das Wort. – Bitte.

12.46

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Frau Außenministerin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte wieder auf das eigentliche Thema, die SPG-Novelle 2002 zurückkommen. Diese SPG-Novelle 2002, welche wir heute beraten, ist eigentlich ein sehr sinnvolles Werk. Es ist nicht einzusehen, dass die Polizeibeamten, bestens ausgebildete Gesetzeshüter, für Fundgegenstände und Verlustmeldungen – ausgenommen natürlich strafrechtliche Angelegenheiten wie Diebstahl, Entwendung und so weiter – zuständig sind. Die Entgegennahme einer Verlustmeldung beziehungsweise eines gefundenen Schlüssels oder die Abgabe einer gefundenen Mütze kann genauso von einem Verwaltungsbeamten auf der Gemeinde vorgenommen werden.

Hier ist der ländliche Raum – ich spreche hier aus Vorarlberger Sicht – wieder einmal Vorreiter, denn in Vorarlberg wird ein Fundgegenstand bei der Gemeinde abgegeben – dort befindet sich das Fundamt –, und auch die Verlustmeldung wird dort vorgebracht. Nur in äußersten Fällen, wenn zum Beispiel am Wochenende – wie Herr Kollege Boden angesprochen hat – das Gemeindeamt nicht offen ist, kann der Betreffende den Fundgegenstand bei der Gendarmerie beziehungsweise bei der Polizei vorbeibringen. Diese nimmt das im Rahmen des Bürgerdienstes entgegen und übergibt das am nächsten Amtstag der Gemeinde.

Das gilt auch für Reisedokumente: Der Reisepass kann in Vorarlberg schon lange bei der Gemeinde angefordert werden. Es kann dort das Formular ausgefüllt werden, das Weitere erledigt dann die Gemeinde, und dann der Pass dort wieder abgeholt werden. Ausgestellt wird der Pass von der Bezirkshauptmannschaft.

Diese Änderung finde ich äußerst positiv, denn sie bringt auch eine Entlastung der sicher sehr stark belasteten Exekutive mit sich und müsste Ihnen eigentlich nur Recht sein.

Ich verstehe auch die Aufregung einiger SPÖ- und Grün-Abgeordneter vor dem Beschluss im Nationalrat nicht, welche medial verkündet haben, dass dem Spitzelwesen auf Grund des § 54b SPG Tür und Tor geöffnet würde. Manche riefen geradezu hysterisch nur mehr: Spitzel, Spitzel, Spitzel! Sie glaubten wahrscheinlich sogar, solche zu sehen. – Da muss ich mir schon die Frage stellen, ob diese Leute nicht ein Fall für die Psychiatrie wären und an Verfolgungswahn leiden.

Ich darf Ihnen hier folgenden Sachverhalt mitteilen: Ich habe vor einigen Jahren auf einem Gendarmerieposten die Meldung bekommen, dass ein Mann in seiner Wohnung lauter Einbrecher sehe. Als wir dort waren, sind seiner Meinung nach hinter jedem Blumentopf und überall Männchen gestanden, die ihn ausspionierten und bedrohten. Wir haben nachgesehen, aber wir konnten beim besten Willen niemanden entdecken. (Bundesrätin Mag. Trunk: Die waren schon weg!) Nein, er hat sie auch dann, als wir dort waren, immer noch gesehen, aber wir haben nichts entdeckt. Ich glaube, Tomaten hatten wir nicht auf den Augen. Man kann uns schon zutrauen, dass wir etwas gesehen hätten, wenn es etwas zu sehen gegeben hätte.

Dieser Herr hat dann seine Ruhe in der Psychiatrie gefunden; er wurde von den Männchen befreit. Vielleicht wäre es für manche Herrschaften hier empfehlenswert, dass sie sich einmal untersuchen lassen. Vielleicht gefällt es ihnen dort auch gut. (Bundesrätin Mag. Trunk: Jetzt wird es aber arg! Jetzt hat der Spass ein Ende!) Das muss man schon so sehen.

Meine Damen und Herren! Sie kennen sicher auch die Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst". (Bundesrat Konečny: Das Lieblingsprogramm für die Aufklärungsrate!) Im § 54 SPG heißt es, dass die dortigen Belohnungsmöglichkeiten für sachdienliche Hinweise, welche der Aufklärung einer strafbaren Handlung dienen oder zur Aufklärung der strafbaren Handlung führen, auch der Exekutive einräumen, Belohnungen für Leute, die Informationen bringen, auszuschütten, und ich finde daran nichts Schlechtes. Man weiß, die Sendung "Aktenzeichen XY" ist sehr erfolgreich, und es werden dort mit Hilfe der Bevölkerung sehr viele Straftaten geklärt. Ich glaube, Sie haben auch nichts gegen die Aufklärung von Straftaten, oder? – Ich hoffe es nicht. (Bundesrat Mag. Hoscher: Höchstens gegen gesunkene Aufklärung!) – Ich komme dann noch dazu. (Bundesrat Konečny: Wir sind nur gegen die Strasser-Bilanz der gesunkenen Aufklärungsraten! Das müssten Sie eigentlich auch sein! Sie sind ja nicht bei der Polizei, um die Fälle zu archivieren – oder bei der Gendarmerie, Entschuldigung!)

Alles in allem bringt diese SPG-Novelle deutliche Verbesserungen der Sicherheit und trägt zur Verbesserung der Sicherheit im Staate bei. Ich glaube, dass meine Fraktion diesem Gesetz sicher gerne zustimmen wird.

Ich wollte meine Ausführungen eigentlich an dieser Stelle beenden. Es wurden aber gewisse Themen heute sehr massiv angesprochen, und aufmerksame Zeitungsleser oder Medienverfolger – ich meine nicht Verfolger, sondern: wer die Medien verfolgt ... (Heiterkeit.) – Sie wissen schon, wie ich das meine. (Bundesrat Gasteiger: Das wissen wir sehr genau, wie ihr das meint!) Wer sich die Nachrichten anschaut und Informationen holt, hat sicher bemerkt, dass ich in letzter Zeit einen kleinen Hilferuf getätigt habe. Die Personalsituation in der Vorarlberger Exekutive – das habe ich auch schon mehrfach hier angesprochen – ist sehr schlecht. Das rührt aber nicht nur von Herrn Minister Strasser her. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich hätte mich eigentlich gefreut, eine derartige Unterstützung der Exekutivbeamten beim Sparpaket der SPÖ/ÖVP-Regierung 1996/97 und bei den Personaleinsparungen 1995 zu erhalten, denn es wurden immerhin während dieser nicht rühmlichen Periode, so möchte ich einmal sagen, 1 500 Exekutivbeamte eingespart. Da habe ich keine Unterstützungsrufe der SPÖ gehört. Es verwundert mich deshalb, dass die Unterstützung zwar heute da ist – es freut mich, muss ich sagen –, aber leider sind Sie nicht immer sehr glaubhaft.

Sie haben die Kriminalstatistik angeführt. Auch in den früheren Jahren ist diese getürkt gewesen; so möchte ich es einmal bezeichnen. Wir haben nämlich laut internen Aufzeichnungen gerade die Ausländerkriminalität, die Abgeschobenen und so weiter nachverfolgt. Das wurde uns zufällig in die Hände gespielt, und da haben wir gesehen, dass die Ausländerkriminalität gedrückt wurde, und zwar durch zweierlei Aufzeichnungen.

Sehr mutig fand ich Folgendes: Ich war am vergangenen Wochenende in Liechtenstein, und dort hat mir ein Schweizer Ex-Nationalrat mitgeteilt, dass der Kanton St. Gallen als Erster in der Schweiz eine Ausländerkriminalitätsstatistik herausgegeben hat, die sage und schreibe 44 Prozent Ausländerkriminalität ausweist. Der Kanton St. Gallen grenzt an den Bezirk Bregenz, dem ich angehöre, und bei uns ist das Ganze etwas niedriger, und das schon seit ewigen Zeiten. (Bundesrat Manfred Gruber: Das sind aber nicht die Vorarlberger, die in der Schweiz arbeiten?)

Die straffälligen Ausländer werden nicht vor der Staatsgrenze Halt machen, so glaube ich, in der Schweiz werden sie sich auch nicht austoben, und bei uns gibt es das nachher nicht. – Das glaube ich nicht.

Ich hätte einen Wunsch an den Herrn Innenminister, den ich hier noch äußern möchte. Ich habe Ihnen auch eine schriftliche Anfrage dazu gestellt. Die Belastungsstudie wäre ein Wunsch von mir, denn die Belastungsstudie besagt, was an Arbeitsanfall im Exekutivbereich anfällt und wie viele Beamte ich dafür brauche. Diese Belastungsstudie wurde unter Innenminister Einem eingestellt und bis heute nicht mehr hervorgeholt. Das heißt, wir haben den Personalstand – einschließlich der Abgänge und Pensionierungen –, den wir im Jahr 1996 – da, glaube ich, war Einem – hatten. Hier wurde nichts verbessert, weder unter einem roten Innenminister noch unter Herrn Strasser, und ich rufe ihn deshalb auf, endlich diese Belastungsstudie hervorzuholen.

Es soll angeblich so sein, dass Vorarlberg nach dieser Belastungsstudie wesentlich mehr Exekutivbeamte bekommen sollte. Andere Bundesländer, wie zum Beispiel das Burgenland, weisen zu viele Beamte oder Planstellen für die tatsächlich angefallenen Delikte auf. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Daher ist mein Appell, das Ganze einmal zu überarbeiten und zu schauen, ob nicht eine Neuaufteilung der Planstellen in den Bundesländern notwendig wäre.

Das andere will ich hier nicht kommentieren. Die Angriffe auf den Herrn Minister überlasse ich den Kollegen der SPÖ, die meistens alles besser wissen, weil sie noch ihre Kontakte in das Ministerium haben. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Abschließend: Ich weiß, wovon ich rede. Ich halte sicher nicht dem Herrn Innenminister die Stange, wenn er in meinen Augen etwas Unrechtes tut, aber ich möchte auf die Probleme aufmerksam machen, die wir haben, und ich erwarte mir hier schon eine ehrliche Unterstützung – auch von Seiten der SPÖ – und nicht nur Dampfplauderei, weil Sie jetzt nicht in der Regierung sind. Sie hätten jahrelang Zeit gehabt, für eine Verbesserung der Exekutive zu sorgen, dann wären wir heute nicht in dieser Misere. Das ist ein langwieriger Prozess und nicht eine Sache von ein, zwei Jahren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.57

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Dr. Ernst Strasser das Wort. – Bitte.

12.57

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Diskussionspunkt ist die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz, und es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die in diesem Gesetz weiter entwickelt werden, wie die Verbesserung des Zeugenschutzes, das Fundwesen, die Sicherheitsakademie und die Anpassung an das Datenschutzgesetz 2000.

Ich glaube, dass mit dem vorliegenden Gesetz nicht nur die Arbeit der Exekutive erleichtert wird, sondern natürlich in vollem Ausmaß alle Bürgerrechte weiter erhalten und ausgebaut werden und insgesamt die Sicherheit Österreichs erhöht wird.

Ich möchte nun zu einigen Punkten Stellung nehmen, die hier in der Debatte aufgetaucht sind.

Zu Herrn Bundesrat Boden: Da muss eine Verwechslung vorliegen, Herr Bundesrat, denn bisher – und Herr Bundesrat Hagen hat das auch schon ausgeführt – war nicht der Gendarmerieposten für das Fundwesen zuständig, sondern es waren die Wachzimmer. Es geht da ausschließlich um eine Weiterentwicklung im Bereich der Bundespolizeidirektionen, und Sie wissen, im Bereich der Gendarmerie haben wir Gendarmerieposten, und im Bereich der Polizei haben wir Wachzimmer. Das heißt, es kann gar nicht so sein, wie es von Ihnen verlangt worden ist, dass weiter die Gendarmerieposten mit dieser Aufgabe betraut werden, denn sie sind jetzt schon nicht mit dieser Aufgabe betraut.

Es geht darum, dass die Wachzimmer von Arbeit entlastet werden, dass unsere Beamten damit mehr zu den Kernaufgaben kommen können – ich komme dann noch zu unserer Arbeit auf der Straße –, dass Kernaufgaben wahrgenommen werden und nicht Aufgaben zweiter oder dritter Priorität durchgeführt werden müssen.

Was Ihre Kritik an der Betrauung mit einer Aufgabe für Herrn General Strohmeyer betrifft, so möchte ich Ihnen sehr klar sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es ist nicht möglich, und es ist auch einem Bezirksgendarmeriekommandanten nicht zuzumuten, dass er in einem Brief den klaren Hinweis gibt: Wir gehen jetzt nach Osten!, wenn der Minister und die Bundesregierung gesagt haben: Wir gehen nach Westen! Das kann es nicht sein. Das gibt es in keinem Betrieb der Welt. Das gibt es auch im österreichischen Sicherheitsapparat nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist die Aufgabe jedes Mitarbeiters im österreichischen Sicherheitsapparat, mit einer Selbstverständlichkeit die Dinge, die vorgegeben sind, auch mitzutragen und umzusetzen. (Bundesrat Manfred Gruber: Der ranghöchste Gendarmeriebeamte hat auch das Recht, auf etwas aufmerksam zu machen, wenn es sachlich wirklich gerechtfertigt ist!) Und das, was für einen Gendarmeriebeamten, für einen Revierinspektor gilt, gilt in unserem Ministerium jedenfalls auch für die Generäle.

Daher war es notwendig (Bundesrat Konečny: Notwendig war es?!), eine derartige Maßnahme, die außerordentlich nobel war – außerordentlich nobel; der Herr General ist mit solchen Fällen in seinem Bereich viel ärger umgesprungen (Bundesrat Konečny: Oh!), um das sehr klar zu sa-gen –, zu setzen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konečny: Das war eine Empfehlung von einem loyalen Mitarbeiter!) Das war notwendig, und genau das ist es, was ich gemeint habe. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich darf Ihnen in aller Ruhe sagen: Würde heute diese Situation wieder vorkommen, würde ich genau dasselbe wieder machen. – Erstens. (Bundesrat Konečny: Das hat Kollege Hagen auch schon gesagt!) Und zweitens – ich darf Ihnen das auch sehr offen sagen –: Genau solche Dinge macht jemand, und sei er ein General, in meinem Ministerium genau einmal! Das ist nicht möglich! Wie in jedem anderen Betrieb gilt das auch für den Dienstbetrieb des Sicherheitsapparates. (Bundesrat Konečny: Das ist eine Unternehmenskultur!)

Da muss ich Ihnen noch etwas sehr offen und sehr klar sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Seit dem 4. Februar 2000 ist es nicht mehr Voraussetzung, ein SPÖ-Parteibuch zu haben, damit man im Innenministerium Karriere macht. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Manfred Gruber: Ein ÖVP-Parteibuch muss man haben! Aus Niederösterreich muss man kommen und ein ÖVP-Parteibuch haben! – Bundesrat Rosenmaier: Das ist der einfachste Weg, ohne Voraussetzungen erfüllen zu müssen! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich darf Sie auch fragen, Herr Bundesrat Boden: Wo hat ein schwarzer Mandatar ... (Anhaltende Zwischenrufe.) Wenn Sie die Güte hätten, Herr Bundesrat Boden, mir zuzuhören. Ich habe Ihnen zugehört, vielleicht würden Sie mir auch zuhören! (Bundesrätin Mag. Trunk: Er hört eh zu!) – Ich darf Sie fragen, Herr Bundesrat Boden: Wo wurde ein schwarzer Mandatar im Bereich des Innenministeriums mit irgendeiner Aufgabe betraut? Darf ich Sie das fragen? – Ich darf Sie bitten, mir diese Information zu geben oder diesen ungeheuerlichen Vorwurf hier von diesem Podium aus zurückzunehmen. (Beifall bei der ÖVP und der Bundesrätin Haunschmid. )

Jawohl, ich bin sehr stolz darauf, dass wir zur notwendigen Sanierung des Gesamtbudgets auch einen Beitrag des Sicherheitsapparates leisten, und ich bin sehr stolz darauf, dass kein einziger Planposten von einem Gendarmerieposten oder von einem Wachzimmer genommen worden ist, sondern dass all diese Einsparungen ausschließlich im Bereich der Verwaltung erfolgt sind.

Das ist eine schwierige Sache, das ist eine schwierige Weiterentwicklung der Organisation – das gebe ich zu –, aber es ist uns im Jahr 2000 und im Jahr 2001 gelungen, und wir werden mit der Reform der Zentrale, mit der wir 200 Beamte in der Zentrale einsparen, auch wieder sicherstellen, dass kein einziger Gendarmerieposten Österreichs, kein einziges Wachzimmer Österreichs auch nur einen Planposten verlieren wird. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen sehr klar und sehr offen, das ist eine deutliche Änderung der Unternehmenskultur in unserem Haus. Denn früher sind die Leute immer draußen bei den Gendarmerieposten und in den Wachzimmern eingespart worden (Bundesrat Konečny: Das ist ungeheuerlich!), jetzt werden sie in der Zentrale eingespart. Das ist eine Änderung. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Reisenberger: Es sind um tausend weniger!)

Ein klares Bekenntnis auch dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren: Mir ist es lieber, wir sparen ein paar Schreibtische in der Zentrale in der Herrengasse ein, als wir sparen bei den Gendarmerieposten draußen vor Ort, denn die subjektive Sicherheit ist mir wichtig. Das ist genau der Punkt, in dem wir weitergehen. (Bundesrat Konečny: Und die, die Sie zusammengelegt haben? – Das ist doch eine Unwahrheit!)

Nun kommen wir gleich zu den Gewerkschaften. (Bundesrat Konečny: Das ist doch eine Unwahrheit, Herr Minister!) – Wenn Sie die Güte hätten, Herr Bundesrat (Bundesrat Konečny: Ich höre Ihnen zu!), dann darf ich Ihnen das erklären: Wir haben 119 Gendarmerieposten zusammengeführt, das sind 119 Verwaltungsposten, das sind Leute, die jetzt in den Außendienst gehen und damit die Präsenz auf der Straße verstärken können. Das ist eine Verwaltungsreform, die zu Gunsten der Bürger und zu Gunsten des ländlichen Raumes erfolgt ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bundesrätin Mag. Trunk: Herr Minister! Das sind doch die gleichen Leute, die früher auch auf der Straße waren!)

Damit komme ich zur Gewerkschaft. Ich möchte ausdrücklich auch hier vor dem Gremium des Bundesrates für die hervorragende Kooperation und den Dialog mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst danke sagen. Wir haben ein sehr gutes Gespräch begonnen, wir haben sehr gute Ergebnisse erzielt, und wir werden die Gespräche selbstverständlich so wie vereinbart fortsetzen. Ich habe überhaupt keinen Anlass, auch nur irgendein Stückerl Sorge zu haben, dass wir mit den Gewerkschaften zu guten Ergebnissen kommen, wenn man den Dialog haben will.

Das, was ich nicht verstehe – aber man muss als Minister nicht alles verstehen –, ist, dass man auf der einen Seite demonstriert und die Tür zu Gesprächen zuschlägt und auf der anderen Seite nicht bereit ist, zu Gesprächen zu kommen. Meine Tür, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist offen. Schlagen Sie von den sozialistischen Gewerkschaften sie nicht immer wieder zu, dann kommen wir vielleicht auch zu gemeinsamen Ergebnissen! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konečny: Kollege Neugebauer hat Ihnen mit Kampfmaßnahmen gedroht, nicht die sozialistischen Gewerkschafter!)

Frau Bundesrätin Trunk hat hier einen schwerwiegenden Vorwurf erhoben – unter dem Schutz der Immunität. Sie haben davon gesprochen, Frau Bundesrätin, dass in unserem Haus Statistiken manipuliert werden. (Bundesrat Konečny: Ja!) Ich möchte Sie in aller Form auffordern, dass Sie diesen ungeheuerlichen Vorwurf entweder belegen oder ebenfalls hier von diesem Rednerpult aus zurücknehmen. Das ist ein Vorwurf, der so nicht in der Welt stehen gelassen werden kann. (Bundesrat Gasteiger: Irgendwas wird schon stimmen, Herr Minister! Irgendetwas wird schon dran sein! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat Manfred Gruber: Die Stunde der Wahrheit kommt auch für Sie!)

Damit komme ich zu meiner Einladung. Ich darf Ihnen das auch sehr offen sagen. Meine Einladung steht – und zwar sehr klar und sehr deutlich, und ich werde nicht müde werden, diese Einladung immer wieder auszusprechen –, nämlich dass wir die Grundsätze der österreichischen Sicherheitspolitik, so wie es gute Tradition in der Bundesrepublik, auch in den Beneluxländern und in Amerika ist, aus dem parteipolitischen Kleinkram heraushalten. (Bundesrat Gasteiger: Dann tun Sie das, Herr Minister!) Meine Einladung ist: Setzen Sie sich an den Verhandlungstisch und besprechen wir die Dinge miteinander, die zu besprechen sind! (Bundesrat Konečny: Dann tun Sie es endlich! Sie befassen sich mit parteipolitischem Kleinkram! – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das, was mir sehr Leid tut und was ich sehr klar sagen muss, ist: Verhandlungen, meine sehr geehrten Damen und Herren, finden nicht auf der Straße, Verhandlungen finden am Verhandlungstisch statt. Dazu lade ich gerne ein! (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Bundesrätin Trunk hat von der Qualität des Sicherheitsapparates gesprochen. Ja, wir dürfen uns sehr darüber freuen, und ich lade auch Sie ein, unseren Beamten für die hervorragende Arbeit, die sie gerade in den letzten zweieinhalb Jahren geleistet haben, danke zu sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konečny: Trotz Ihrer Demotivation!) Die objektiven Zahlen zeigen, dass die Beamten sehr erfolgreich waren und, was besonders erfreulich ist, dass auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung gestiegen ist. Ich bitte Sie und lade Sie ein: Reden nicht gerade Sie die Arbeit der Exekutive schlecht (Bundesrat Konečny: Wer tut das? – Nur die Leitung, Herr Minister! Und die ist schlecht!), sondern leisten Sie einen Beitrag dazu, dass die Arbeit der Exekutive so in der Bevölkerung aufgenommen wird, wie sie es verdient, nämlich dass sie für ihre harte Arbeit auch gelobt wird! (Beifall bei der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie haben von Täuschung, Enttäuschung, Selbsttäuschung gesprochen, Frau Bundesrätin! Ich darf Sie einladen – ich stelle auch gerne einen fachkundigen Beamten zur Verfügung –: Lesen Sie das Gesetz! Sie haben schlicht das Gesetz nicht gelesen. Es gibt keinen Spitzeldienst bei uns. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das steht drinnen!) Es gibt niemanden, der gegen Entgelt Spitzeldienste leistet. Wenn Sie nähere Informationen über den Inhalt des Gesetzes, das hier zur Diskussion steht, wollen, stelle ich Ihnen gerne einen entsprechenden rechtskundigen Beamten zur Verfügung, um diese Dinge im Detail auszuführen.

Lassen Sie mich ein vorletztes Wort sagen: Ich weiß nicht, was Sie mit Mauthausen meinen, aber sehr klar sei gesagt: Ich habe mir das mehrmals angesehen, ich habe das schon sehr bedauert, bevor ich Minister gewesen bin. In Mauthausen, dieser Gedenkstätte, die ich für sehr notwendig und wichtig halte, ist in diesen letzten dreißig Jahren nichts passiert. Das lag in der Verantwortung des Innenministeriums und der zuständigen Innenminister.

Ich habe daher eine große Reforminitiative ergriffen, ich habe daher auch entsprechende Budgetmittel zur Verfügung gestellt, damit diese Gedenkstätte eine würdige Gedenkstätte im Kreise der europäischen Gedenkstätten werden kann. Wir haben gerade vor zehn Tagen den Spatenstich für ein Besucherzentrum vorgenommen, das mithelfen soll, dass diese Gedenkstätte auch für die nächsten Generationen ihren Zweck erfüllen kann.

Ich glaube, es ist wichtig – ich erwarte mir eigentlich auch die Unterstützung des Parlaments, sei es des Nationalrates oder des Bundesrates –, dass wir an diese Frage offensiv herangehen und nicht so defensiv, wie das in den letzten dreißig Jahren passiert ist.

Wenn Sie sagen, Reform macht Angst, dann verstehe ich das sehr gut bei manchen, die da in Sorge sind. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, in unserem Haus wurde 15 Jahre lang diskutiert über die Reform der Bundespolizeidirektion. Es wurde über zehn Jahre lang darüber diskutiert, dass man endlich ein Bundeskriminalamt brauchen würde. Es wurde 30 Jahre lang die Reform der Staatspolizei diskutiert. Es wurde 25 Jahre die Reform des Zivildienstes diskutiert. Ja, und wir haben das in den letzten zweieinhalb Jahren gemacht.

Ich verstehe natürlich, dass manche, die gemeint haben, dass das, was in den letzten 30 Jahren geschehen ist, eine Reform sei, Sorge haben, dass wir jetzt tatsächlich die Dinge angreifen, dass wir tatsächlich unseren Sicherheitsapparat erneuern, dass wir den Sicherheitsapparat auf die neuen Erfordernisse der Kriminalitätsbekämpfung vorbereiten – sei es die organisierte Kriminalität, sei es die Frage Drogen im Straßenverkehr, sei es die Frage der Schlepperbanden, sei es die Frage der Internetkriminalität, sei des die Frage der Kinderpornographie –, dass wir das aktiv angehen und moderne Strukturen für das 21. Jahrhundert schaffen, damit unsere Beamten ihre Arbeit auch tun können.

Ich wünsche mir sehr, dass das Parlament diese Arbeit unterstützt. (Beifall bei der ÖVP und des Bundesrates Dr. Böhm. )

13.12

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm das Wort.

13.12

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Innenminister Strasser! Das war jetzt phasenweise das Gegenteil von dem, was man heute kooperativen Führungsstil nennt. Was Sie hier präsentiert haben, nennt man Bossing, autoritäres Bossing.

Es stellt sich daher die Frage: Ist Ihnen da ein Präsentations-Gau passiert? – Sie waren doch –Frau Trunk hat es gesagt – dieser wohltuende Minister, der zeigt, dass auch in schwierigen Zeiten gerade bei einem Innenminister Liberalität nicht verloren gehen darf. Sie haben sich für Maßnahmen gerechtfertigt, bei denen Ihnen der Koalitionspartner andere, autoritärere Maßnahmen abverlangen wollte.

Aber was ist jetzt passiert? (Bundesrat Konečny: Er hat sich bis zur Kenntlichkeit verändert!) – Irgendetwas ist in der Entwicklung des Ernst Strasser und in seiner Präsentation passiert. Ich habe, als Sie vorher eine emotionale Reise gemacht haben, das Gefühl gehabt, dass es eine emotionale Reise zurück in den ÖAAB-Landespolitiker Niederösterreichs (Beifall bei der SPÖ) und nicht mehr in den Innenminister war, der vor zwei Jahren auch für die Opposition ein wichtiger Gesprächspartner war und der diesen Gesprächsfaden nicht abreißen ließ.

Ich nenne das einfach einen Präsentations-Gau, denn es muss doch möglich sein, dass auch ein Minister von seinen Beamten aus dem Hause Kritik adressiert bekommt. (Bundesrat Dr. Böhm: Intern ja, aber nicht nach außen! – Bundesrat Gasteiger: Was soll das, Herr Böhm?) Auch in einem Betrieb wird man darüber reden. Aber, Herr Kollege Böhm, die Worte des Herrn Ministers waren: Nur einmal macht er es, und dann ist er weg. (Bundesrat Dr. Böhm: Nach außen! – Bundesrat Gasteiger: Man wird ja doch noch was sagen dürfen! – Bundesrat Dr. Böhm: Nein, nicht nach außen!)

Wir reden hier von Spitzenbeamten, von mündigen Beamten, wie wir sie alle wünschen, von Beamten, die eine hohe Verantwortung tragen. (Bundesrat Dr. Böhm: Nach innen soll er es machen!) Der General der österreichischen Gendarmerie ist nicht irgendwer, sondern er hat Reformen durchgeführt, über die auch Minister Strasser voll des Lobes war. Einem solchen Spitzenbeamten muss es doch auch möglich sein, ohne dass ein Minister am nächsten Tag zur Versetzung schreitet, auch öffentlich sanfte Kritik zu üben. Ich muss ehrlich sagen, sanfter als Herr Strohmeyer Minister Strasser kritisiert hat, geht es wohl kaum. Da würde ich sagen, Herr Edelbacher war in den Worten sicher deutlicher. Aber bei Herrn Strohmeyer, der letztlich auch zum Reformprogramm Strassers gestanden ist, verstehe ich das nicht. Ich verstehe das nicht, Herr Minister, und ich befürchte, dass doch auch noch andere Fragen dahinterstehen.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wenn nach langer Zeit ein politischer Wechsel in einem Ministerium ist – da bin ich durchaus geleitet, auch von amerikanischen Vorbildern zu lernen –, muss es einem Minister möglich sein, auch Vertrauensleute für eine Legislaturperiode zu bestellen, das ist richtig – aber schon auch nach den Grundsätzen der Qualifikation und nicht nur nach der Farbe von Parteibüchern, nach der Parteizugehörigkeit dieser Personen. Das kann nicht der Grund sein.

Sie haben heute in Ihrer ersten Reaktion auch zum Ausdruck gebracht, dass es natürlich darum geht, wer bisher welche Positionen innehatte und wem er zugehört. Ich nenne hier nur die Namen Strohmeyer, Edelbacher, Szymanski, Dr. Heindl und und und. All das sind Leute, bei denen man fragen kann: Haben wir bessere, besser qualifiziertere Leute? Oder ich gehe lieber offen und ehrlich hin und sage: Ich, Minister Strasser, habe ein Ministerium übernommen, das 50 Jahre unter sozialdemokratischer Verantwortung lag. Ich möchte zwei Schlüsselpositionen mit Personen meines Vertrauens besetzen. – Aber das haben Sie nicht gemacht. Sie haben zwei Jahre lang all jene Personen gelobt, auf und ab, die Sie nun auf Grund von deren Kritik versetzt haben. Oder sind es auch jene 35 Namen, zu denen man immer wieder hört, dass Herr General Strohmeyer keine Zustimmung gab und hier eine Weisung des Ministers hätte erfolgen sollen?

So weit zu diesem Bossing, wie ich es heute genannt habe. Ich kenne Sie so nicht, aber vielleicht deshalb, weil ich mit Ihnen keine gemeinsame Vergangenheit in Niederösterreich hatte. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich bin einfach verwundert über Ihr heutiges Coming-out.

Zum vorliegenden Sicherheitspolizeigesetz. Herr Minister! Sie wollten es. Sie wollten den bezahlten, den verdeckten und den privaten Spitzel. Sie wollten dieses Spitzelsystem. Sie wollten es, und der Verfassungsdienst hat es Ihnen abgeschossen. Dass es Herr Minister Scheibner bekommen hat, ist die Ironie der Geschichte, aber Sie wollten es und haben es so nicht bekommen. Sie haben zwar jetzt ein Hintertürchen bekommen – mit dem Straffall, mit anderen Identitäten, wenn man zu Aussagen schreitet. Es ist auch eine Frage, wie weit dieses Zeugenschutzprogramm, das natürlich auf Angehörige auszudehnen ist, reichen soll, denn dass über das Zeugenschutzprogramm natürlich auch andere Möglichkeiten abgewickelt werden, wissen wir. Sie haben in Ihrer ersten Reaktion, bevor Sie das Bossing-Coming-out hatten, zwei, drei Dinge gesagt, über wir hier gar nicht diskutieren müssten.

Fundamt: Ja, warum nicht? Warum muss die Exekutive wie bisher das Fundamt führen? – Es ist ja ein Amt, und ein Amt kann durchaus woanders angesiedelt sein. Kollege Bieringer und Kollege Gstöttner werden das in ihren Gemeinden sicher wunderbar machen. Das kann in Gemeindeverantwortung übergehen.

Die Sicherheitsakademie ist etwas, das wir immer und immer wieder gefordert haben. Gut, das ist so.

Aber auch dieses Sicherheitspolizeigesetz verschiebt – nicht in der extremen Weise, wie wir das heute beim ersten Tagesordnungspunkt mit dem Militärbefugnisgesetz hatten – die Grenzen der bürgerlichen Grundrechte. Daran kommen Sie nicht vorbei, wenn wir uns die einzelnen Bereiche genauer anschauen.

Herr Minister! Zum Schluss – meine Redezeit geht dem Ende zu –: Kehren Sie zurück! Ich appelliere an Sie: Kehren Sie einfach zu einem dialogischen Verhalten zurück, das wir gewohnt waren, von dem auch Frau Trunk gesprochen hat. Kehren Sie zurück, wenn es noch eine Möglichkeit der Umkehr gibt! Gehen Sie nicht diese Sackgasse, die Sie jetzt beschreiten, unter dem Motto: Mein Wille über alles, ich brauche keinen Dialog, ich bin der Boss, und ich bestimme hier alleine!

Sie haben immerhin etwas geschafft, das schon bemerkenswert ist: Die Grünen haben – das sage ich hier auch zu allen Gewerkschaftern – die Polizeigewerkschaft immer und immer wieder als die inflexibelste Gewerkschaft kritisiert. Selbst die rote Polizeigewerkschaft hat so manchen roten Minister auf der Opferliste. Aber Sie haben es jetzt durch diese autoritäre Vorgangsweise geschafft – zumindest jetzt einmal; mein Gott, eine Schwalbe macht noch keinen Sommer –, dass es jetzt plötzlich phasenweise sogar zu einer Allianz von Polizeigewerkschaftern mit Oppositionellen, darunter auch Grünen, gekommen ist. (Zwischenruf von Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Lindinger. ) Da hätte ich gewettet, Herr Kollege, dass das niemals zustande kommen würde. (Beifall bei der SPÖ.) Solche Dinge verschieben einige Wertigkeiten.

Also in dem Sinne – auch die Hoffnungen der Melitta Trunk ansprechend – mein Appell, weil ich Sie selbst auch im persönlichen Gespräch anders erlebt habe, aber ich muss ehrlich sagen, Sie haben mein Bild von Ihnen gehörig erschüttert: Kehren Sie um! (Beifall bei der SPÖ.)

13.23

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein das Wort. – Bitte.

13.23

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf ganz kurz auf etwas eingehen, was jetzt du, lieber Stefan Schennach, gesagt hast. Ich meine, dass es sicherlich gar nicht schlecht wäre – du hast es auch erwähnt –, wenn wir hier auch das amerikanische Verfassungssystem hätten, dass der Präsident nicht nur die Regierung ganz neu auswechselt, sondern etwa 8 000  der wesentlichsten Beamten, sodass man in einem Zug arbeiten kann.

Ich glaube, das wäre an sich gar keine schlechte Sache, aber ... (Bundesrat Gasteiger: Hat er das wirklich so gemeint? – Bundesrat Schennach: Das habe ich nicht so gemeint! – Weitere Zwischenrufe.) – Moment. Ich gebe ihm in dieser Sache Recht, weil ich nicht gegen dieses amerikanisches System bin. Das möchte ich auch ganz klar sagen. Ich plädiere aber nicht dafür, dass wir unsere Verfassung auf die amerikanische umstellen sollen.

Ich möchte aber jetzt noch einmal ganz kurz zum Gesamten zurückgehen und versuchen, das ohne irgendwelche Emotionen zu tun. Schauen wir uns diese Sicherheitspolizeigesetz-Novelle einmal schwerpunktmäßig an! Es wurde hier schon erwähnt die Neuregelung des Fundwesens, die Reform der Organisation der Ausbildung in der Sicherheitsakademie, die Verbesserung des Zeugenschutzes, die Anpassung des Sicherheitspolizeigesetzes an das Datenschutzgesetz 2000, weiters die Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Observation und verdeckte Ermittlung und die Regelung über den Einsatz von DNA-Untersuchungen für vermisste Personen und Leichen sowie auch unverdächtige Personen.

Ich darf noch einmal ganz kurz zusammenfassen, wie ich selbst als Jurist die Neuregelung des Fundwesens sehe. Diese Neuregelung – das wurde heute schon gesagt – betrifft auch das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das ABGB, und schreibt im § 386 des ABGB insbesondere fest, dass im Zweifel nicht vermutet werden darf, dass jemand sein Eigentum aufgeben wolle. Die Novelle sieht eine Übertragung des Fundwesens an den Bürgermeister auch in jenen Orten vor, in denen eine Bundespolizeibehörde vorhanden ist. Sofern der Bürgermeister diese Aufgabe vollzieht, schreitet er als Sicherheitsbehörde ein. Bisher wurde die Zuständigkeit für das Fundwesen im § 390 des ABGB, dem Bereich Obrigkeit, dahin gehend ausgelegt, dass dies der Bürgermeister beziehungsweise die Bundespolizeibehörde ist. Durch die Novelle wird ferner die Behandlung verlorener oder vergessener Sachen gleichgestellt.

Ich darf auch noch etwas zum Bereich Reform der Organisation der Ausbildung in der Sicherheitsakademie sagen. Der Aufgabenbereich der Sicherheitsakademie wird insofern erweitert, als in Hinkunft auch die Grundausbildung der Exekutive sowie die Ausbildung der Bediensteten des Bundesministeriums für Inneres, die nicht im Bereich der Sicherheitsverwaltung tätig sind, sowie der Bediensteten der Bundesasylämter bei der Sicherheitsakademie stattfinden sollen. Ferner soll diese Akademie gegen entsprechenden Kostenersatz auch Bedienstete anderer Gebietskörperschaften sowie Private ausbilden können. Der Bundesminister für Inneres wird darin ermächtigt, die Ausbildung so weit wie notwendig zu dezentralisieren und in den Bundesländern Bildungszentren zu errichten.

Zum Bereich des Zeugenschutzes: Ich sehe eine Verbesserung des Zeugenschutzes. Im Jahr 1997 wurde Sicherheitsbehörden auch der Schutz gefährdeter Zeugen übertragen. In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass diese Beschränkung auf jene Personen, die über einen gefährlichen Angriff oder in krimineller Verbindung Auskunft geben können, zu eng ist und dass dieser Schutz auch für deren Angehörige erforderlich ist. Das ist sicherlich eine Notwendigkeit.

Weiters kommt es zu einer Anpassung des SPG an das Datenschutzgesetz aus dem Jahr 2000. Die entsprechenden Bestimmungen der Novelle dienen in erster Linie der Anpassung des Sicherheitspolizeigesetzes an das Datenschutzgesetz 2000. Darüber hinaus schlägt die Regierungsvorlage in diesem Fall aber auch Verbesserungen und Klarstellungen des Datenrechtes im SPG vor. So sollen einmal die Regelung über die Verarbeitung personenbezogener Daten im kriminalpolizeilichen Aktenindex an die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes angepasst und weiters die Behördenverpflichtung zur Aktualisierung und Richtigstellung personenbezogener Daten im EKIS verbessert werden.

Es erfolgt damit sicherlich auch – darauf werde ich dann noch etwas näher eingehen, weil wir es heute schon einmal in der Frage des Bundesheeres gehabt haben – eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Observation und verdeckte Ermittlung. Die von den verdeckten Ermittlern oder Observanten verwendeten Fahrzeuge und Wohnungen müssen, um die Ermittlungen nicht zu gefährden, ebenfalls unter Verschweigung des amtlichen Hintergrundes beschafft werden. Hierfür ist, da diese Beschaffung nicht durch die verdeckten Ermittler selbst, sondern durch eine Unterstützungseinheit durchgeführt wird, eine entsprechende rechtliche Grundlage zu schaffen. Ferner soll das Bundesministerium für Inneres ermächtigt werden, eine Vertrauenspersonenevidenz zu führen. Das ist für die heutige Zeit eine Notwendigkeit geworden.

Zu Regelungen über den Einsatz von DNA-Untersuchungen für vermisste Personen und Leichen sowie – unter anderem freiwillig – auch unverdächtige Personen: Die Novelle schafft die rechtliche Voraussetzung für die Sammlung von DNA-Material von abgängigen Personen, wenn befürchtet wird, dass jemand Selbstmord begangen hat oder Opfer eines Verbrechens geworden ist. Diese Daten sollen in einer zentralen Evidenz gesammelt werden dürfen.

Ferner soll die Sammlung von DNA-Daten unverdächtiger Personen zulässig sein, die sich an einem Tatort aufgehalten haben, um deren DNA in den weiteren Untersuchungen ausschließen zu können und damit die Ermittlungen zu erleichtern. In erster Linie handelt es sich dabei um Beamte der Spurensicherung, deren Daten auch in einer eigenen Datenbank gesammelt werden sollen. Die sind in die Sache selbst involviert. Die Verwendung der Daten dieser Datenbank für andere Zwecke ist jedoch ausgeschlossen. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Wenn ich dazu noch etwas Weiteres sagen darf: Nach meiner Ansicht haben die Bürger den Anspruch auf einen starken Staat, der den Schutz gegen Terror und schwere Kriminalität – vor allem internationale Kriminalität – nicht vernachlässigt. Sicherheit ist eine unverzichtbare Voraussetzung für Freiheit und Wohlstand. Es muss Schluss sein mit einer als Liberalität getarnten Gleichgültigkeit gegenüber den Sicherheitsbedürfnissen der Mehrheit der Bürger. Ein liberaler Staat muss auch ein wehrhafter Staat sein, sonst hat die Demokratie dort in Wahrheit kaum eine Möglichkeit des Bestandes.

Man muss Polizei und Justiz modern ausstatten und die Befugnisse den gewachsenen Bedrohungen anpassen. Man muss sich der Zeit entsprechend verhalten. Man muss – das erlaube ich mir auch zu sagen – Schluss machen mit ideologischen Vorbehalten gegen wirksame Befugnisse von Polizei und Justiz zur Bekämpfung von Terror und internationaler Kriminalität oder einer wirklich viel härteren Kriminalität, die professionell betrieben wird.

Man braucht klare gesetzliche Grundlagen für die Arbeit verdeckter Ermittler. Als Jurist betone ich auch, eine sachgerechte Kronzeugenregelung, mit der die Strukturen der organisierten Kriminalität und des Terrors wirksam aufgebrochen werden könnten, wäre eine sehr gute Sache.

Es ist außerdem notwendig, dass an Treffpunkten terroristischer oder krimineller Gruppen mit modernster akustischer und optischer Technik Aufklärung betrieben werden kann.

Bei der Bekämpfung von organisierter Kriminalität kommt vor allem der Abschöpfung von Verbrechensgewinnen eine besondere Bedeutung zu, weshalb wir die Vorschriften gegen die Geldwäsche sachgerecht verschärfen sollten.

In diesem Sinn herzlichen Dank, und wir stimmen diesem Gesetz natürlich zu. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.32

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesrätin Trunk. – Bitte. (Bundesrat Mag. Gudenus in Richtung der ans Rednerpult tretenden Bundesrätin Trunk: Stramm bleiben! – Heiterkeit.)

13.32

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Ich habe auch, ohne stramm zu sein, einen aufrechten Gang, Herr Kollege Gudenus! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister! Ihrer Aufforderung an mich, mich hier ans Rednerpult zu stellen, komme ich sichtlich nach. Ihrer Aufforderung allerdings, ich möge meine Vorwürfe, Anwürfe und Behauptungen betreffend die getürkte und manipulierte Kriminalstatistik zurücknehmen, komme ich nicht nach, weil diese Vorwürfe den Tatsachen entsprochen haben, weil es Manipulationen in nachweislicher Form gibt, die Sie selbst kennen, Herr Minister! Aber wenn Sie Bedarf haben, dann kann ich Ihnen die entsprechenden Unterlagen auch liefern. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

13.33

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ferner ein Antrag der Bundesräte Boden, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Aufforderung an die Bundesregierung, die für sinnvolle Reformen notwendigen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, vor.

Wir stimmen nun über diesen Entschließungsantrag ab.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend einen Beschluss der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 27. Februar 2002 über die finanziellen Folgen des Ablaufs der Geltungsdauer des EGKS-Vertrags und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl samt Anhängen und Anlagen sowie Erklärungen der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten (1099/NR sowie 6673/BR der Beilagen)

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlussakte und Erklärungen (1127/NR sowie 6674/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Beschluss der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 27. Februar 2002 über die finanziellen Folgen des Ablaufs der Geltungsdauer des EGKS-Vertrags und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl samt Anhängen und Anlagen sowie Erklärungen der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten sowie

Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlussakte und Erklärungen.

Die Berichterstattung über die Punkte 3 und 4 hat Herr Bundesrat Ing. Grasberger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ing. Walter Grasberger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Beide Berichte, die jetzt erwähnt worden sind, liegen in schriftlicher Form vor. Ich verzichte daher auf eine Verlesung beider Berichte.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt zu Punkt 3 nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ebenso stellt der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten zu Punkt 4 nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend einen Beschluss der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 27. Februar 2002 über die finanziellen Folgen des Ablaufs der Geltungsdauer des EGKS-Vertrags und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl samt Anhängen und Anlagen sowie Erklärungen der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlussakte und Erklärungen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Volksrepublik China über kulturelle Zusammenarbeit (1070/NR sowie 6675/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Volksrepublik China über kulturelle Zusammenarbeit.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Saller übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Josef Saller: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Volksrepublik China über kulturelle Zusammenarbeit.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich kann daher auf die Verlesung verzichten.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich ersuche um Einleitung der Debatte und Abstimmung.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Liechtenstein. – Bitte.

13.39

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte dieses Abkommen für eine sehr positive Sache: China hat eine Jahrtausende alte Hochkultur. Wir haben in Europa auch eine Hochkultur, aber in unserem Raum ist sie "kürzer gelaufen" als dort. Ich halte dieses Abkommen also für eine sehr gute Sache.

Kunst und Kultur als Ausdruck schöpferischer Freiheit haben in der modernen, von Technik und Wirtschaft geprägten Welt eine Bedeutung wie nie zuvor.

Kunst und Kultur sind eigentlich Inbegriffe menschlicher Lebensäußerung. Kunst und Kultur dürfen nicht nur als Standortfaktoren von wachsender Bedeutung, sie müssen vor allem als Wert an sich gesehen werden, als anregende und reflektierende Kraft, die auch für Staat und Gesellschaft unverzichtbar ist.

Um die freie Entfaltung künstlerischer Begabung auf allen Gebieten zu fördern, müssen wir den künstlerisch Schaffenden größtmögliche Vielfalt sichern. Öffentliche Hand und privates Engagement müssen bei der Förderung von Kunst und Kultur zusammenwirken, vor allem auch die internationalen Beziehungen, in diesem Fall eben mit der Jahrtausende alten Kultur Chinas. Der kulturelle Reichtum speist sich aus der Vielfalt der Regionen und der Offenheit für Anregungen aus aller Welt.

Der Bund muss die kulturellen Aufgaben, für die er zuständig ist, konsequent wahrnehmen: für seine international herausragenden Einrichtungen bei der auswärtigen Kulturpolitik und der Förderung österreichischer Kultur im Ausland bei der Verpflichtung zur Wahrheit des Geschichts- und Kulturerbes. Auch in der modernen Wissenschaftsgesellschaft mit ihren weltwirtschaftlichen Verflechtungen ist ein patriotisches, österreichisches und europäisches Zusammengehörigkeitsgefühl unverzichtbar.

Wir Österreicher können stolz sein auf unser kulturelles Erbe, auf herausragende Werke des Glaubens, der Philosophie und Literatur, auf beeindruckende Schöpfungen der Musik, des Theaters und der bildenden Kunst, auf Spitzenleistungen in Wissenschaft und Technik. Ein Kulturvertrag mit China ist für uns daher eine absolut positive Sache, eine zukunftsweisende Sache, die wir nur begrüßen können. Wir werden diesem Abkommen die Zustimmung geben. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.42

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Auer. – Bitte.

13.42

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Kollege Liechtenstein hat es schon angesprochen: Wir befinden heute über das Abkommen über kulturelle Zusammenarbeit zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik China.

Der Wunsch auf Aufnahme von Verhandlungen über dieses Abkommen wurde bereits im Jahr 1999 von der chinesischen Regierung an Österreich gestellt. Das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten hat diese Aufforderung bereitwillig angenommen und war auch sichtlich daran interessiert, ein bilaterales Kulturabkommen abzuschließen.

Um die große Zahl möglicher kultureller Zusammenarbeitsvorhaben zwischen Österreich und China in administrativer und budgetärer Hinsicht besser erfassen und steuern zu können, wurde die Einrichtung einer österreichisch-chinesischen Kommission für Kultur- und Bildungszusammenarbeit als zweckmäßig angesehen. In der Regierungsvorlage selbst sind alle erforderlichen Schritte und Maßnahmen enthalten, die dem Bestreben, mit der Volksrepublik China ein Abkommen zu schließen, nachkommen.

Es ist äußerst begrüßenswert, dass die bereits bestehenden freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern gefestigt werden können. Die Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur, Bildung und Sport sowie das Verständnis und auch die Freundschaft zwischen beiden Ländern sollen verstärkt gefördert werden. Es gilt, diese Zusammenarbeit in einem anderen Land auszubauen, und es gilt, auf die verschiedensten Umstände, vor allem auf die unterschiedlichen kulturellen Umstände in diesem Land einzugehen.

Wenn wir heute dieses gemeinsame Abkommen beschließen, dann nehme ich an, dass – das ist eine Feststellung an die Frau Bundesministerin – die in den Erläuterungen zum Abkommen genannten Aufwendungen schon im Hinblick auf die in der Vergangenheit erfolgten Kürzungen des Auslandskulturbudgets auch tatsächlich zur Ausschüttung kommen. Herr Kollege Gudenus hat in der Ausschusssitzung darauf hingewiesen und nachgefragt, er hat noch einmal nach den Beträgen der laut Abkommen beizusteuernden Aufwendungen gefragt.

Die Auslandskultur soll nicht nur angesprochen werden, Auslandskultur muss gelebt werden. Sie muss wie bei diesem zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik China abzuschließenden Abkommen vor allem in allen Punkten umgesetzt werden.

Setzen wir damit einen Schritt, und demonstrieren wir anderen, zukünftigen EU-Staaten gegenüber unsere Einstellung zur Kultur, unsere Bereitwilligkeit, auf diesem Gebiet andere Bräuche, Gebräuche und Sitten zu akzeptieren und auch anzuerkennen! Befinden wir über dieses ausgezeichnete Ergebnis dieses Abkommens, dieser schwierigen Verhandlungen, und befinden wir in positivem Sinne!

Meine Fraktion erteilt dieser Vorlage ihre Zustimmung. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.46

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

13.46

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorrednerin, geschätzte Kollegin Johanna Auer, hat schon darauf hingewiesen, dass sie dafür eintritt, alle Punkte dieses Gesetzeswerkes umzusetzen. Dem kann man sich nur anschließen. Auch Kollege Liechtenstein erwähnte schon die Jahrtausende alte Kultur, die wir, wenn wir den Kontakt mit China pflegen wollen, empfangen können.

Ich erinnere mich noch an den letzten Botschafter Chinas, der aus Taiwan kam und dann abgezogen worden ist. Das war für ihn und für manche von uns eine traurige Angelegenheit. Wir lernten dann auch die Vertreter der Volksrepublik kennen und vorher schon die Vertreter der chinesischen Nachrichtenagentur "Xin Hua" – so ähnlich heißt sie.

Wir wissen, China ist für Österreich kein Fremdwort. Wir haben immer sehr viel von der chinesischen Kultur gehalten, und einer der ersten Schritte, die nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zur Volksrepublik China stattfanden, war es, eine Ausstellung der archäologischen Funde der Volksrepublik China in Wien im Museum für angewandte Kunst zu zeigen. Das Vorwort dazu ist von Mao Tse Tung und lautet: "Die Vergangenheit möge der Gegenwart dienen!" (Der Redner hält ein Buch in die Höhe.)  – Das ist der Katalog dazu, der damals im Jahre 1974 im Museum für angewandte Kunst aufgelegt worden ist.

Wenn man eine vergleichende Zeittafel dazu sieht, dann kann man erkennen, wie weit die Geschichte und die Kultur Chinas – ich lasse jetzt das Wort "Volksrepublik" weg, weil es nicht sinnvoll ist, das immer zu erwähnen – im Vergleich zu Österreich zurückgreifen. 15 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung gab es die Primaten von Kai-Yian in der Provinz Yian, und die Entwicklung geht dann langsam hinauf bis ins mittlere Paläolithikum – 200 000 Jahre vor unserer Zeitrechnung –, von dem in China der Ma-pa-Mensch in der Provinz Kwangtung gefunden wurde, der sicherlich auch dort gelebt hat.

In Mitteleuropa war das die Zeit des Homo neandertalensis, der insbesondere in Österreich seine Ausprägung durch die Fundstätten – jetzt bin ich sehr egoistisch – in der Gudenus-Höhle im Waldviertel fand. Diese Fundstätten sind im Naturhistorischen Museum zu sehen. Vermutlich hieße die Zeit anders, wären menschliche Knochen in der Gudenus-Höhle gefunden worden. – Nein, es waren Artefakte, und wir reden hier von Artefakten und nicht von menschlichen Knochen. (Bundesrat Rosenmaier: "Homo Gudenus"!)

Ich erinnere mich deshalb so gut an diese Ausstellung, weil die Wiener und vermutlich viele Österreicher damals Schlange gestanden sind – Sie können sich auch noch daran erinnern, Frau Präsidentin – vor dem Museum für angewandte Kunst. Das ist nicht immer der Fall, dass wir vor Ausstellungen Schlange stehen. Es war vielleicht wirklich die Sehnsucht dahinter, auch diese Gegend, diese Geographie kulturell kennen zu lernen.

Aber wenn wir hier über China und die kulturellen Beziehungen zu China sprechen, dann möchte ich doch auch eines Herrn gedenken, mit dem mich eine Freundschaft verband und der mit der Frau Bundesministerin zumindest dienstlich eng zu tun hatte: Das war der leider Gottes schon lange verstorbene Botschafter Dr. Gredler.

Er war einer der ersten österreichischen Botschafter in der Volksrepublik China und hat wesentlich dazu beigetragen – das macht zwar jeder Botschafter, daran zweifle ich nicht, aber da ich ihn persönlich besonders schätze, unterstelle ich ihm das auch besonders positiv –, diese Kulturbeziehungen voranzutreiben, auch ohne das jetzt zu beschließende Gesetzeswerk.

Wir erleben es jährlich einmal bei den Neujahrskonzerten, von denen wir wissen, dass sie in der Volksrepublik China besonders gerne gehört werden. Die enorm hohen Einschaltziffern sind besonders auf die Hörer – klarerweise  nicht nur der Volksrepublik – im ostasiatischen Raum zurückzuführen.

Zu Gast in Österreich ist auch immer wieder der Chinesische Zirkus, der eine besondere Form der Kulturdarbietung ist, die uns zeigt, dass Kultur und Schaustellung sehr oft zusammenhängen. Natürlich – fast schon im Übermaß – gibt es in Wien und in Österreich die chinesische Küche, die chinesischen Restaurants, die manchmal vielleicht den Innenminister mehr interessieren müssten als die Kulturschaffenden; aber man isst auch oft sehr kultiviert dort, das ist richtig.

An den Fürstenhöfen Europas war im vorletzten Jahrhundert die Chinoiserie eine besondere Form der Einrichtung und der Gestaltung ihrer Aufenthaltsräume und ihrer Orte der Begegnung.

Wir erkennen also: Mit China – ich sage noch einmal "China", denn das sind vorübergehende Aspekte, ob es ein Kaisertum China oder eine Volksrepublik ist – verbindet Österreich sehr viel. Wie meine Vorredner schon festgestellt haben, gibt es nur Zustimmung zu diesem Gesetz.

Meine Vorrednerin – das hat mich sehr gefreut – hat heute auch erwähnt, dass ich mich gestern erkundigt habe, wie viel Geld dafür ausgegeben wird. Das ist sehr richtig; es sind rund 2 Millionen Schilling, 145 000 €. Davon entfallen 65 000 € auf das Bildungsministerium, 44 000 € auf das Außenministerium – es sei Ihnen gedankt, Frau Bundesministerin, aber auch dem Steuerzahler – und 36 000 € auf das Bundeskanzleramt.

Natürlich werden all diese Beträge durch den Steuerzahler aufgebracht, aber es sind 2 Millionen Schilling, das ist ein angemessener Betrag. Man könnte sagen, mehr wäre auch schöner, aber seien wir froh, dass wir das fürs Erste haben! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei ÖVP und SPÖ.)

13.53

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist nun die Frau Bundesministerin. – Bitte.

13.53

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Natürlich wird immer wieder die Frage nach den Kosten gestellt, und die Zahlen sind korrekt, die Sie, Herr Bundesrat Gudenus, gerade genannt haben. Das heißt, für mein Ministerium sind es 44 000 €.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von der Außenministerin erwartet man, wenn sie sich zu Wort meldet, natürlich nicht nur einen Kulturbezug, sondern vor allem einen außenpolitischen Bezug. Ich finde, das Erstaunliche ist Folgendes – das muss man sich vor Augen führen –: Das riesige Land China und das relativ kleine oder, wie ich immer sage, mittlere Land Österreich (Zwischenrufe bei der ÖVP)  – ja, mittlerer Größe; vor allem in Europa ist es natürlich ein Land mittlerer Größe, aber gemessen an China ist es ein kleineres Land – haben seit 30 Jahren diplomatische Beziehungen! Wir haben sie 2001 gefeiert.

Ich war im Rahmen des letzten Treffens EU/ASEM als Außenministerin in China und habe bewusst an dieser Konferenz teilgenommen, was von China auch absolut positiv eingeschätzt wurde. Ich darf sagen, dass in Kürze, noch im Juli, der chinesische Außenminister Österreich einen offiziellen bilateralen Besuch abstatten wird.

Das zeigt – das ist das Erstaunliche –, dass dieser große, internationale Akteur, der meiner Ansicht nach in den nächsten zehn oder 15 Jahren zu den ganz großen, auch machtpolitisch wichtigen Ländern der Welt zählen wird, mit diesem eben kleineren Player Österreich ein sehr enges und gutes diplomatisches Verhältnis pflegt. Sie wissen, ein Teil der Außenpolitik ist auch die Außenkultur politik. Sie wird von mir als sehr wichtig erachtet.

Es ist nicht so, dass wir erst durch dieses Kulturabkommen mit den Chinesen zusammenarbeiten, sondern ganz im Gegenteil: Wir arbeiten seit vielen Jahren mit ihnen zusammen, und in den letzten Jahren hat es dort auch fantastische Ausstellungen von österreichischen Künstlern gegeben. Ich denke etwa an Max Weiler, an Hrdlicka, aber auch an eine interessante Johann Strauss-Ausstellung. Ich selbst habe eine kleinere Ausstellung damals – genau zu dem Zeitpunkt 2001 – miteröffnet: "Ferrogramme" von einem nicht so bekannten Künstler; aber diese Ausstellung ist ebenso sehr gut angekommen.

Ich denke, dass man diesen Zweig genauso wie alle anderen Zweige nützen muss. Aber natürlich wird bei dem bilateralen Besuch des Außenministers vor allem der politische Dialog gepflegt werden.

Dass unsere österreichische Wirtschaft in China ein sehr bedeutendes Standbein hat, hat sich wieder beim letzten Besuch des Herrn Bundespräsidenten in China gezeigt, der mit einer gro-ßen Wirtschaftsdelegation erfolgt ist.

Ich kann nur sagen, dieses Abkommen rundet das Bild der Außenpolitik ab, die meiner Ansicht nach immer auf der politischen, der wirtschaftlichen, der kulturellen und manchmal auch – je nachdem, um welches Land es sich handelt – der entwicklungspolitischen Schiene stehen muss. Ich danke Ihnen dafür, dass Sie so enthusiastisch zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.57

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Frau Bundesministerin.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist auch nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbstständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Forstliches Vermehrungsgutgesetz 2002 erlassen wird und das Düngemittelgesetz 1994, das Futtermittelgesetz 1999, das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, das Pflanzgutgesetz 1997, das Rebenverkehrsgesetz 1996, das Saatgutgesetz 1997, das Sortenschutzgesetz 2001, das Weingesetz 1999 und das Qualitätsklassengesetz geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2002) (1133 und 1154/NR sowie 6667 und 6676/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung: Agrarrechtsänderungsgesetz 2002.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Höllerer übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatterin Anna Höllerer: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hoher Bundesrat! Der Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Forstliches Vermehrungsgutgesetz 2002 erlassen wird und das Düngemittelgesetz 1994, das Futtermittelgesetz 1999, das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, das Pflanzgutgesetz 1997, das Rebenverkehrsgesetz 1996, das Saatgutgesetz 1997, das Sortenschutzgesetz 2001, das Weingesetz 1999 und das Qualitätsklassengesetz geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2002) liegt in schriftlicher Form vor. Ich kann daher auf die Verlesung verzichten und zur Antragstellung kommen.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Rosenmaier. – Bitte.

14.00

Bundesrat Alfredo Rosenmaier (SPÖ, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir sind uns einig darüber, dass es sich bei diesem Gesetz grundsätzlich um ein Anpassungsgesetz handelt, das EU-Konformität aufweisen soll. Es gibt viele positive Aspekte – ich möchte im Folgenden einen davon herausgreifen und kurz erläutern –, es gibt aber auch Anlass zu massiver Kritik.

Positiv ist für mich zum Beispiel die Änderung des Weingesetzes. Es werden damit Kriterien geschaffen, anhand deren ein Qualitätswein ganz einfach auch als solcher dargestellt werden kann. Es wird also eine Charakteristik geschaffen, und das ist eine sehr gute Sache. Das Resultat soll letztlich auch die hohe Qualität sein, was ebenfalls etwas sehr Gutes und sehr zu Befürwortendes ist.

Ganz wichtig ist, dass man dadurch auch die Zuordnung zur Region feststellen kann. Es ist dies ein kleiner Mosaikstein im großen Mosaikbild von Maßnahmen zur Stärkung und Charakterisierung des ländlichen Raumes. Das ist eine ganz wichtige Aussage und auch eine sehr wichtige Botschaft.

Ein interessantes Detail am Rande ist, dass die Kompetenzverlegung von der Bezirkshauptmannschaft zur Bundeskellereiinspektion erfolgt ist. Das ist auch etwas sehr Gutes und Wichtiges, denn es soll dort entschieden werden, wo man auch etwas davon versteht. Das entspricht auch einer langjährigen Forderung der Sozialdemokratie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, und deshalb freut es mich ganz besonders.

Das Pflanzenschutzmittelgesetz ist ein Gesetz, das schon ein bisschen mehr hergibt. Ich stelle dazu einmal fest, dass damit aus meiner Sicht hervorragende österreichische Standards aufgegeben werden. Wir Österreicher waren gerade auf unsere Grenzwerte, die sehr niedrig und konsumentenfreundlich waren, sehr stolz. Wir Österreicher hatten auch große Sorge um die Aufrechterhaltung dieser Grenzwerte bei unserem EU-Beitritt. Jetzt geben wir diese österreichische Bestimmung freiwillig auf – aus meiner Sicht zum Schaden der Bevölkerung.

302 zugelassene chemisch zusammengesetzte Vernichtungsmittel werden in Österreich angewendet, bis jetzt zu eindeutig niedrigeren Grenzwerten. Meines Erachtens ist gerade das der springende Punkt: dass nämlich angesichts dieser Situation, durch den Zukauf und durch höhere Grenzwerte, die Landwirtschaft nicht zu hohem Ansehen kommen wird.

Ich würde meinen, dass aus dieser Sicht gerade die biologische Landwirtschaft sehr zu forcieren wäre. In meinem unmittelbaren Heimatbereich, in meiner Heimatgemeinde, wo ein kleiner Ortsteil aus einer tief bäuerlichen Struktur herausgewachsen ist, habe ich beobachtet, dass sich ein Landwirt von den ewigen Lagerhausfahrten verabschiedet hat. Er hat zur damaligen Zeit Vieh im Stall stehen gehabt und hat den Mist, den Dünger auf sein Feld aufgebracht, und man konnte auch als Laie innerhalb der relativ kurzen Zeit von einigen Jahren beobachten, dass sich etwas getan hat.

Man konnte zum Beispiel bei akuten Regenfällen interessanterweise sehen, dass das Regenwasser auf einmal wieder einsickern konnte, was bei der Überdüngung, wie sie normalerweise standardmäßig auf unseren Feldern erfolgt, nicht in diesem Ausmaß der Fall war. Und in einem Gespräch bestätigte mir dieser Landwirt, dass er mit seiner Art des Landbaues – egal, ob er Mais, Korn oder Zuckerrüben anbaute – unterm Strich letztlich mehr Einkommen erzielte, obwohl der Ertrag geringer war. Aber in diesem Fall konnte nicht das Lagerhaus bestimmen, was er verdient, sondern er konnte es selbst bestimmen. (Ruf bei der ÖVP: Na ja!)

Es gibt auch einen Grünen Bericht, liebe Kolleginnen und Kollegen, und in diesem ist nachzulesen, dass in Österreich gewaltige Mengen an Pestiziden und Pflanzenschutzmitteln nicht nur vorhanden sind, sondern auch aufgebracht werden. (Ruf bei der ÖVP: Ach geh! – Zwischenruf des Bundesrates Ing. Franz Gruber. ) – Kollege Gruber, das wissen wir alle gemeinsam.

An Wirkstoffen sind es 3 700 Tonnen, und in absoluten Mengen sind es 7,5 Millionen Kilogramm Pestizide – das sind, auf Deutsch gesagt, Gifte. – Das ist eine Statistik aus dem Jahr 2000. (Bundesrat Fasching: Herr Kollege, Sie machen ja nur alles negativ!)

Ich mache nicht alles negativ. Vielleicht haben Sie nicht ganz genau zugehört – ich gestehe Ihnen zu, dass man um diese Zeit vielleicht ein Mittagsschläfchen macht – und deshalb nicht gehört, dass ich mich grundsätzlich für die biologische Landwirtschaft ausspreche. (Bundesrat Fasching: Ich habe gehört, was Sie sagen!)

Dass die Nitratbelastung des Grundwassers in vielen Bereichen unseres wunderschönen Heimatlandes sehr bedenklich ist, wissen wir, glaube ich. Wir wissen auch, dass es Wasserverbände gibt, die unbedingt Topwasser zumengen müssen, um die Nitratwerte in einen Grenzwertbereich zu bringen, bei dem gewährleistet ist, dass das Wasser auch noch trinkbar ist. (Zwischenrufe der Bundesräte Hensler und Steinbichler. )

Wasser, liebe Freunde, ist die Grundlage unseres Lebens und das Gold von morgen. Wir wissen auch, dass das Wasser die wertvollste Ressource für unsere Jugend und auch für unsere Zukunft ist. Ich glaube, darüber sind wir uns auch einig (Zwischenrufe der Bundesräte Steinbichler und Keuschnigg ), und das wollen wir auch haben.

Herr Bundesminister Molterer betont immer wieder: Österreich hat einen hohen Umweltstandard!, und er betont auch immer wieder: Wir sind die Nummer eins in Europa im Biolandbau! (Bundesminister Mag. Molterer: Das stimmt auch!)  – Das stimmt auch – da stimme ich Ihnen zu. Aber, Herr Minister, ich glaube, dass wir uns in unseren eigenen Reihen und im eigenen Land umsehen und uns danach orientieren sollten. Wenn andere schlecht sind und man selbst besser ist, dann hat das für mich noch keine große Aussagekraft.

Mit der Entscheidung, Direktimporte zu gestatten und sie nicht der Meldepflicht zu unterziehen, nehmen wir Abschied vom biologischen und gesunden Österreich. (Bundesrat Steinbichler: Das wird der Konsument entscheiden!)

Herr Bundesminister! Ich darf im Folgenden Ihren Parteikollegen Kommissar Fischler zitieren. Im Zusammenhang mit dem Thema "Die Landwirtschaft der Zukunft" sagte er:

Wer den Landwirten ihre Existenz nachhaltig und angemessen sichern will, braucht eine intakte Umwelt und vor allem zufriedene und verbrauchssichere Konsumenten. – Zitatende.

Das ist das Credo, und wenn das so funktioniert, dann wird es auch gut sein.

Ich glaube, Sie werden verstehen, dass meine Fraktion zu diesem Punkt keine Zustimmung erteilen kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.07

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Keuschnigg. – Bitte.

14.07

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit diesem Agrarrechtsänderungsgesetz liegt uns ein Paket von Einzelgesetzen vor, das zum größeren Teil – und dafür bin ich auch dankbar – gemeinsam beschlossen werden kann, weil Sie also bei den meisten dieser Einzelgesetze auch mitgehen können. Dieses Gesetz hat aber, wie wir am Beispiel der Ausführungen meines Vorredners gehört haben, auch prinzipielle Diskussionen ausgelöst.

Ich möchte vorweg auf die positiven Teile zu sprechen kommen: Zur Änderung des Weingesetzes braucht man, so glaube ich, nichts hinzuzufügen.

Es wird im Rahmen dieses Gesetzespakets auch das Forstliche Vermehrungsgutgesetz erlassen, das die Biodiversität erhöht und die Naturverjüngung forciert.

Weiters geht es um eine Änderung des Düngemittelgesetzes, durch die die Verwendung tierischer Proteine flexibler geregelt wird, und auch im Bereich Klärschlamm erfolgen notwendige Klarstellungen.

Die Novelle des Futtermittelgesetzes bringt einen weiteren Beitrag zu einer besseren Nachvollziehbarkeit und Kontrolle mit sich.

In Summe geht es bei diesem Agrarrechtsänderungsgesetz um elf Gesetze, die weiterentwickelt, nachjustiert und den neuen Möglichkeiten angepasst werden, mit dem Ziel, Sicherheit und Kontrolle im Lebensmittelbereich zu verbessern und zu erhöhen.

Ich freue mich, dass wir beim Großteil dieser Gesetze, wie ich glaube, im Grunde übereinstimmen.

Nun aber zu jener Materie, der Sie, Herr Kollege, in Ihren Ausführungen sehr viel Raum gegeben haben. Ich möchte noch einmal versuchen, das Wesentliche dieser Änderungen ganz präzise einzugrenzen, damit wir wissen, worüber wir reden.

Es geht darum, dass in Zukunft Pflanzenschutzmittel aus einem EU-Mitgliedstaat, in dem vergleichbare Verhältnisse wie in Österreich bestehen, auf der Basis eines Verwaltungsabkommens in Österreich vereinfacht zugelassen werden können. Genau darum geht es. Bei dem auf Verordnungsbasis abzuwickelnden Verwaltungsübereinkommen ist festzustellen, ob die hohen und vorbildlichen österreichischen Umweltstandards bei der dortigen Zulassung berücksichtigt werden.

Im Moment geht es dabei überhaupt nur um den Austausch mit der Bundesrepublik Deutschland. Sie, Herr Kollege, versuchen ständig, genauso wie Ihre Kollegen im Nationalrat, das Thema zu wechseln. Es geht hier nicht um diese Themen, die Sie besprochen haben, es geht nicht um die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln, um die Anwendung als solche. Wir sind selbstverständlich dafür, dass wir dort, wo es sinnvoll, machbar und im Sinne einer umweltverträglichen Landwirtschaft notwendig ist, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren – aber das ist nicht Gegenstand dieses Gesetzes! Sie versuchen da, an dem, was Sache ist, vorbeizureden.

Was bedeutet also dieses Verwaltungsabkommen in der Praxis? – Österreich gibt damit überhaupt keine Standards auf. Dieses Verwaltungsübereinkommen bedeutet nicht, dass neue Mittel auf den Markt kommen, die in Österreich verboten wären. Genau das ist im Verwaltungsübereinkommen zu regeln, genau darum geht es ja!

Es kann also nur bedeuten, dass man dem Erzeuger – und jetzt, bitte ich, zuzuhören! – ein zweites, zusätzliches, aufwändiges Prüf- und Zulassungsverfahren in Österreich erspart. Das ist der einzige Punkt, um den es dabei im Wesentlichen geht. Die Mittel, um die es in diesem Übereinkommen geht, kämen sowieso nach Österreich, wenn der Importeur das aufwändige Zulassungsverfahren, das er schon einmal hinter sich gebracht hat, in Österreich noch einmal anstrengen würde. Das ist, glaube ich, der Punkt, und an dem sollten wir nicht vorbeireden.

Es kann im heutigen Europa doch nicht so sein, dass die österreichische Behörde die Oberaufsicht über eine andere Behörde eines anderen europäischen Mitgliedstaates ausübt, noch dazu in der Bundesrepublik Deutschland, wo erstens hohe Standards existieren und zweitens eine Verbraucherschutzministerin am Werk ist, der man nicht unbedingt eine aufdringliche Nähe zu den Bauern nachsagen kann. Aber es geht auch darum, dass die Wirtschaft in diesem neuen Europa nicht unnötig schikaniert, nicht mit unnötigen Ballasten befrachtet wird.

Aus diesem Grund sollten wir uns auch in dieser Diskussion bemühen, die Fakten auseinander zu halten. Wir wollen den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln senken, und wir müssen uns darum auch ständig bemühen, aber um diese Frage geht es in diesem Gesetz nicht. Wenn dieses Gesetz auf dieser Ebene überhaupt eine Auswirkung hat, dann ist es – im Gegensatz zu dem, was Sie darzustellen versuchen – sogar ein weiterer Beitrag zu mehr Ökologie, weil es in Europa eine Reihe von umweltschonenden, sehr modernen Präparaten gibt, die bei uns oft gar nicht zugelassen werden, deren Zulassung gar nicht beantragt wird, weil der österreichische Markt sehr klein ist. In Wirklichkeit wird mit diesem Übereinkommen also die Möglichkeit geschaffen, dass auch auf einem kleinen Markt hochmoderne, zeitgemäße Pflanzenschutzmittel verfügbar sind.

Die Bauern müssen sich seit einigen Jahren dem freien europäischen Markt stellen, und wir können uns noch sehr gut daran erinnern, dass nach dem EU-Beitritt die Produkterlöse der Bauern um 30 bis 50 Prozent zurückgegangen sind. Für sie bedeutet diese Novelle, dass auch hinsichtlich der Betriebsmittel, bei denen das bisher relativ schwierig war, "Waffengleichheit" mit den Konkurrenten in den anderen europäischen Ländern hergestellt werden kann. Auf Dauer kann auch eine umweltgerechte, umweltorientierte Landwirtschaft nur dann existieren und produzieren, wenn sie wettbewerbsfähig ist.

Jeglicher Logik entzieht es sich, wenn wir einerseits die Lebensmittel, die in irgendeinem anderen europäischen Mitgliedsland zugelassen sind, in Österreich selbstverständlich kredenzen lassen, keine Bedenken haben, sie uns selbst und unseren Konsumenten zu servieren, andererseits aber in der Vorstufe plötzlich den Retourgang einlegen und die Geschichte zurückdrehen wollen.

Ich darf Sie deshalb ersuchen, noch einmal darüber nachzudenken, ob diese Argumente nicht doch ausreichen würden, mit uns diesen Schritt in die Zukunft der Landwirtschaft zu gehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

14.14

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Lindinger. – Bitte.

14.15

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Nachdem ein Bürgermeister und ein Bauernbunddirektor gesprochen haben, kommt nun – und damit darf ich mich selbst näher beschreiben – ein Chemiker zu Wort.

Es trifft mich nach langer Berufserfahrung jedes Mal persönlich, wenn ein bisschen gegen die Chemie Stimmung gemacht wird. (Zwischenruf des Bundesrates Rosenmaier. ) Sie sagen es. – Ich möchte jeden Einzelnen von Ihnen ganz kurz auf seine eigene Biographie verweisen: Ohne Chemie wären Sie wahrscheinlich – ich behaupte es einmal – fast alle, die Sie hier sitzen, schon im Kindbett gestorben. Das Kleinkindalter hätten Sie wahrscheinlich auch nicht überstanden. Aber selbst dann, wenn all das noch gut gegangen wäre – denn immerhin ist die Menschheit auch vor der Chemie noch nicht ganz ausgestorben gewesen –, wären Sie wahrscheinlich verhungert. (Heiterkeit des Bundesrates Rosenmaier.  – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich möchte jetzt nicht der Opposition das Wort reden, Herr Kollege, aber ich möchte nicht schauen, was Sie auf Ihren Feldern ausbringen. Ich gehe nicht davon aus, dass das von der Chemie weit entfernt ist! (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) – Herr Kollege! Ich habe Verwandte, die Bauern sind, und ich weiß, was da passiert. Ich weiß es! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Freiberger: Ja Wahnsinn!)

Wir reden hier aber nicht von der Chemie im Allgemeinen, sondern es geht hier speziell um Pflanzenschutzmittel, Düngemittel, um die Ausbringung tierischer Proteine auf Feldern, um die Ausbringung von unbehandeltem Klärschlamm und so weiter. Es ist ein ganzes Konvolut von Regelungen zu beschließen, die die Gemüter hier offenbar aber weniger erhitzen, als das, wie man hört, im Nationalrat der Fall war. Es handelt sich dabei letztlich, wie schon gesagt wurde, auch um eine Anpassung an das EU-Recht. Diese Anpassung bringt mehr Markttransparenz bei landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und damit auch eine Angleichung an das Preisniveau.

Man ist auf der einen Seite für die EU – die Sinnhaftigkeit einer schnellen EU-Osterweiterung zu bezweifeln, wird immer nahezu als "freiheitlicher Sündenfall" gewertet –, aber eine Vereinheitlichung einer EU-weit geltenden Gesetzesmaterie soll schädlich sein? – Das, meine Damen und Herren, ist nicht einzusehen! Hier soll alles beim Alten bleiben? Nach dem Motto: Zur EU ja und zu EU-Gesetzen nein, und auch dann nein, wenn diese einmal zum Nutzen unserer eigenen Bauern, unserer eigenen österreichischen Landwirtschaft wären? – Da wird mir Herr Kollege Steinbichler einmal zustimmen, so nehme ich an. Also bitte nicht immer zuerst nur ein bisschen hinhören und dann gleich dafür oder dagegen sein! (Heiterkeit des Bundesrates Rosenmaier.  – Bundesrat Steinbichler: ... die Haftung übernehmen! Das muss man auch ausdiskutieren, die Haftungsfrage!)

Was Sie hier fordern, insbesondere Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, ist: Wasch’ mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass! – Das ist nicht die richtige Methode! Diese Doppelzüngigkeit ist nur allzu leicht zu durchschauen. Es geht nicht um sinnvolle EU-Standards, sondern um ein bewusstes Madigmachen von Gesetzen, die von der blau-schwarzen Regierung eingebracht werden, im Speziellen zu den Pflanzenschutzmitteln.

Im Wege des freien Warenverkehrs können EU-weit zugelassene Pflanzenschutzmittel natürlich ohne Beschränkung nach Österreich eingeführt werden. Es wird in Zukunft – und das ist das Neue – nur kein weiteres Zulassungsverfahren mehr geben, und das wird eine spürbare Verbilligung für die österreichische Landwirtschaft mit sich bringen.

Ebenfalls auf Grund des freien Warenverkehrs werden bereits Nahrungsmittel bei uns eingeführt. Mit Hilfe welcher Betriebsmittel diese Nahrungsmittel erzeugt worden sind, ist nicht Gegenstand einer Einfuhrbeschränkung für diese Nahrungsmittel. Die Verbilligung der Betriebsmittel ist für eine Konkurrenzfähigkeit unserer Landwirtschaft auf EU-Ebene unabdingbar. Es muss auch auf diesem Sektor ein europäischer Binnenmarkt verwirklicht werden. Es muss aber nach vielen Jahren unserer EU-Mitgliedschaft endlich einheitliche Gesetze geben, die nicht nur den Pflanzenschutz und die Düngung regeln, sondern auch die Importsituation, und dazu gehört auch der gleiche Zugang zu den Betriebsmitteln.

Diese Überlegungen hätten Sie vor der EU-Abstimmung anstellen müssen, wenn Sie dagegen sind, und sollten Sie vielleicht bei den Verhandlungen und Abstimmungen für die EU-Osterweiterung nicht neuerlich vergessen.

In Deutschland ist die grüne Ministerin Künast für den Umweltbereich zuständig. Hier ist keine Aufregung Ihrer europäischen Fraktionskollegen – Herr Schennach ist zurzeit nicht im Saal – zu beobachten.

Aber schütten wir nicht das Kind mit dem Bade aus! Das neue Gesetz hat nicht nur Dünge- und Pflanzenschutzmittel zum Gegenstand, es regelt auch die Ausbringung von unbehandelten Klärschlämmen – darin ist viel Chemie – und von tierischen Proteinen auf landwirtschaftlichen Flächen. In diesem Bereich ist schon viel Missbrauch getrieben worden, und eine Neuregelung war schon längst fällig. Der Nitrofen-Skandal in Deutschland scheint als Menetekel über der ganzen Diskussion zu stehen. Aber gerade darum geht es hier: Es sind nicht die zugelassenen Pflanzenschutzmittel, die eine Gefahr darstellen, sondern der Einsatz illegaler, verbotener Substanzen! Das wird immer leicht übersehen. Illegal kann immer etwas importiert werden, aber damit beschäftigen wir uns nicht. Wir regeln nicht die illegale Einfuhr, sondern die legale.

Die bessere Kontrolle und die Nachverfolgbarkeit sind das Ziel dieses Gesetzeswerkes. Wie alles Genormte, so könnte auch dieses Normenwerk noch besser sein. Wer aber das Gesetz wegen im Einzelnen noch zu verbessernder Passagen ablehnt, der verliert wohl den Blick für das Ganze. Wir machen hier Gesetze für die österreichische Landwirtschaft – und nicht für bodenferne Utopisten! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.21

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

14.21

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte mich erstens einmal dafür bedanken, dass es doch überwiegend möglich ist, hier eine politische Zustimmung zum Großteil des Agrarrechtsänderungsgesetzes zu konstatieren. Es handelt sich dabei um eine Sammelgesetznovelle mit immerhin elf Gesetzen, wobei zu zehn Gesetzen eigentlich ein Grundkonsens besteht, der auf der Tatsache beruht, dass wir mit diesen Gesetzen EU-Anpassungen vornehmen. Aber das ist nicht der einzige Grund, sondern wir ziehen mit diesen Gesetzesnovellen auch die Konsequenz aus der Schaffung der Ernährungsagentur, um eine noch effizientere Kontrolle vom Feld bis zur Ladentheke gewährleisten zu können, beispielsweise im Futtermittelrecht, wobei wir aber auch zukünftige Entwicklungen nicht verunmöglichen wollen, etwa im Bereich Düngemittel, und in der Frage der Verwendung tierischer Proteine durchaus mehr Flexibilität haben sollen, als durch ein einfaches gesetzliches Verbot gegeben wäre.

Zur Frage des Pflanzenschutzmittelgesetzes möchte ich, weil es mir wichtig ist, doch einige wesentliche Klarstellungen machen. Das Ziel der österreichischen Politik, und zwar sowohl der Agrarpolitik als auch der Umweltpolitik, war, ist und bleibt nach wie vor ein restriktiver Einsatz der Pflanzenschutzmittel nur in jenem Ausmaß, in dem es tatsächlich notwendig ist.

Wir haben auch unsere Politik darauf ausgerichtet, dass wir auf Einsatzmengen verweisen können, die bei einem Vergleich mit jenen anderer europäischer Länder wirklich im unteren Drittel, wenn nicht sogar ganz unten zu liegen kommen, weil wir selbstverständlich etwa der integrierten Produktion ein großes Augenmerk schenken und weil bei uns auch mit dem Umweltprogramm seit einigen Jahren praktisch flächendeckend eine Art Pflanzenschutzmittel-Reduktionsprogramm wirksam ist.

Zweitens: Was ist denn eigentlich das Pflanzenschutzmittelgesetz? – Das Pflanzenschutzmittelgesetz ist seit seinem Bestehen ein Gesetz, das die In-Verkehr-Bringung von Pflanzenschutzmitteln regelt. Die Anwendung ist in anderen Gesetzen, vor allem in Landesgesetzen, geregelt. Für die In-Verkehr-Bringung von Pflanzenschutzmitteln hat Österreich immer ein sehr hohes Qualitäts- und Schutzniveau gehabt und wird es auch in Zukunft haben.

Worin besteht daher der Inhalt dieser jetzigen Gesetzesnovelle? – Die jetzige Gesetzesnovelle regelt einerseits, so wie schon das bisherige Gesetz, dass in Ländern, mit denen wir ein Abkommen haben, ein vereinfachtes Zulassungsverfahren gilt. Wir dürfen gemäß Pflanzenschutzmittelgesetz nur mit solchen Ländern ein Abkommen schließen, die hinsichtlich der klimatischen Verhältnisse, der agrarischen Produktionsverhältnisse, der Bodenverhältnisse mit Österreich vergleichbar sind.

Die Frage, welche Länder das sind, kann ich auch beantworten: Das sind derzeit die Bundesrepublik Deutschland und die Niederlande; weitere Länder können in diese Verordnung nur dann aufgenommen werden, wenn es ein Einvernehmen zwischen Landwirtschaftsminister und Gesundheitsminister gibt. – Diese Einvernehmensregelung auch mit dem Gesundheitsminister ist eine Neuerung.

Mit jenen Ländern, mit denen wir seit zwei Jahren – so steht es im Gesetz – erfolgreich dieses vereinfachte Verfahren haben – mit denen wir also ein Verfahren haben, das es ermöglicht, dass diese Pflanzenschutzmittel nach Österreich kommen können –, haben wir einen zusätzlichen Schritt ermöglicht, nämlich eine so genannte Ex-lege-Zulassung, das heißt, eine Zulassung ohne dieses vereinfachte Verfahren. Daraus leitet sich keinerlei Änderung der Grenzwerte ab, sondern wir haben sogar die Möglichkeit, so wie bisher Wirkstoffe, die wir in Österreich nicht haben wollen, zu verbieten.

Es ist jetzt bereits eine Verordnung meines Ministeriums in Begutachtung, die vorsieht, dass wir zwei Wirkstoffe, die auf der deutschen Wirkstoffliste stehen würden, in diese Verbotsverordnung mit aufnehmen, damit wir sie nicht am österreichischen Markt haben.

Daher ist das Ziel nicht sozusagen die Erweiterung der Zulassungsmenge, sondern das Ziel ist, im Hinblick auf faire Wettbewerbsbedingungen auch im Bereich der Landwirtschaft die Betriebsmittel zur Verfügung zu stellen.

Ich bitte daher auch, hier nicht den Biolandbau in die Argumentation mit einzubeziehen, weil der Biolandbau – davon gehe ich aus – weder ein in Österreich zugelassenes Pflanzenschutzmittel noch ein im vereinfachten Verfahren nach Österreich gekommenes Pflanzenschutzmittel, noch das ex lege zugelassene Pflanzenschutzmittel anwenden würde. – Ich gehe zumindest davon aus, dass die Biobauern da ganz konsequent sind.

Eine Frage möchte ich an die Kritiker dieses Gesetzes stellen, und diese müssen Sie schon auch mit bedenken, respektive beantworten. Ich vertrete mit diesem Argument jetzt die Konsumenten und frage Sie Folgendes:

Es ist ganz selbstverständlich, dass ein Produkt, ganz egal, ob Tomate oder Verarbeitungsprodukt, nach Österreich kommt und in den österreichischen Regalen liegt, wenn es den Bestimmungen des Herkunftslandes entspricht. Daher haben wir griechische Trauben, spanische Paprika, italienische Erdbeeren – was auch immer –, und es gibt überhaupt keine Diskussion darüber, dass die Bedingungen, unter denen diese Produkte erzeugt werden, unterschiedlich sind. – Und Sie kritisieren jetzt, dass wir einen Schritt in die Richtung machen, die Bedingungen auch der Produktion auf gleiches Niveau – aus meiner Sicht ein möglichst hohes Niveau – zu bringen?!

Eigentlich würde ich doch von den Kritikern sowohl der Sozialdemokratie als auch der Grünen erwarten, dass sie auf Grund ihrer bisherigen Argumentation das Gesetz zwar sehr wohl kritisieren, aber von einer ganz anderen Seite! Sie müssten nämlich sagen: Warum haben wir dies im Bereich der Pflanzenschutzmittel bis jetzt nur gegenüber Deutschland und gegenüber den Niederlanden, und warum haben wir nicht europaweit eine Zulassung nach einheitlichen höchstmöglichen Kriterien?

Diese Kritik würde ich verstehen – sie wäre auch im Interesse der Konsumenten –, aber ich verstehe nicht eine Kritik, die völlig kritiklos sagt: Alles an Produkten darf nach Österreich, aber die österreichischen Bauern haben andere Produktionsbedingungen als ihre Mitbewerber in der EU. Damit machen Sie nämlich eine blauäugige Konsumentenschutzpolitik, die ich nicht für richtig halte. Ich bin für eine konsequente Politik, und die würde lauten: einheitlich auf hohem Niveau! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht. – Auch dies ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1136 und 1163/NR sowie 6677/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Freiberger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Horst Freiberger: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird, liegt Ihnen schriftlich vor. Ich erspare mir deshalb die Verlesung des Berichtes und konzentriere mich lediglich auf den Beschlussantrag:

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Grander. – Bitte.

14.30

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Die Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes beinhaltet zwei Punkte: Das sind die Erhöhung der Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder und die Familienhospizkarenz, also die Freistellung, die Abfederung der Härtefälle.

Erheblich behinderte Menschen beziehungsweise Kinder werden in Zukunft einfacher und unbürokratischer zu erhöhter Familienbeihilfe kommen, da nur noch eine einzige Stelle des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen beziehungsweise deren mobilen Dienste für die Ausstellung entsprechender Bescheinigungen zuständig sind. Damit werden auch eine einheitliche Spruchpraxis und eine bundesweite einheitliche Vollziehung sichergestellt. Die Familienbeihilfe erhöht sich für jedes Kind, das erheblich behindert ist, monatlich um 131 €.

Durch die Einführung der Familienhospizkarenz haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeit, unter anderem eine Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes für die Sterbebegleitung oder die Begleitung schwerst erkrankter Kinder zu verlangen. Der gänzliche Entfall des Arbeitsentgeltes kann erhebliche finanzielle Belastungen verursachen. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht vor, dass für die Zeit des Entfalls des Arbeitsentgeltes Geldzuwendungen aus dem Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen bereitgestellt werden, um Härtefälle zu entschärfen.

Mit der finanziellen Absicherung jener Personen, die Familienhospiz in Anspruch nehmen, wird nahtlos eine weitere familienpolitische Leistung vollzogen. Die Familienhospizkarenz ist ein Quantensprung in der europäischen Sozialpolitik, und darauf kann Österreich sehr stolz sein.

Mehr als ein Drittel der Betroffenen ist erwerbstätig und daher einer enormen Doppelbelastung zwischen Berufstätigkeit und Pflegearbeit ausgesetzt. Der Kritik, dass keine existenzielle Absicherung der begleitenden Personen gegeben ist, ist von meiner Seite her doch entgegenzuhalten, dass besonders pflegebedürftige Personen auch berechtigt sind, das bereits bestehende Pflegegeld zu empfangen. Eine Novelle des Pflegegeldgesetzes ist dahin gehend vorgesehen, dass in Fällen der Familienhospizkarenz vor Abschluss des Verfahrens Vorschüsse mindestens in der Höhe des Pflegegeldes der Stufe drei, wenn bereits die Stufe drei vorliegt, in der Höhe der Stufe vier zu gewähren sind. Ebenso kann auf Antrag der Pflegebedürftigen das Pflegegeld demjenigen ausbezahlt werden, der die Familienhospizkarenz in Anspruch nimmt.

Ich denke, nicht nur vom Familienlastenausgleichsgesetz, sondern auch vom Pflegegeld her ist das doch eine Möglichkeit, um Härtefällen entgegenzuwirken, wobei mir die Problematik für die Pflegenden sehr wohl bewusst ist. – Meine Fraktion gibt dem Gesetz die Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.34

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Trunk. – Bitte.

14.34

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zum Punkt betreffend die administrative und auch pekuniäre Besserstellung der Betreuung von behinderten Kindern und Familienangehörigen gibt es natürlich ein bedingungsloses und sehr engagiertes Ja seitens der Sozialdemokratie.

Gleichfalls stimmen wir natürlich der substanziellen Besserstellung im Bereich der Familienhospizkarenz zu. Dennoch bleibt die SPÖ-Fraktion bei der auch bei der letzten Bundesratssitzung erhobenen Forderung, nämlich dass wir in der Frage der Erteilung der Karenzierung für die Familienhospiz, also bei der Begleitung von sterbenden Angehörigen, einen Rechtsanspruch auf Entfall des Entgeltes fordern. Die jetzige Maßnahme ist, wie die Kollegin vorher völlig richtig ausgeführt hat, eine Abfederung für Härtefälle, der wir natürlich zustimmen werden. Aber ich denke, wir haben eine gemeinsame Zielsetzung, indem wir sagen, dass wir dies allen Frauen und Männern in Österreich möglich machen müssen, also auch jenen, die von ihrem beruflichen Einkommen nicht absehen können, das heißt, nicht darauf verzichten können.

Der Punkt, dass wir wahrscheinlich viele Menschen treffen werden, die gerne diese Familienhospizkarenz in Anspruch nehmen wollen, es aber dennoch nicht können, weil sie zum Beispiel nur über ein Familieneinkommen verfügen, wird trotzdem offen bleiben. Aber ich denke, dass der richtige Weg jetzt eingeschlagen ist. Das heißt, dass der Forderung der Sozialdemokratie mit einem ersten kleinen Schritt entsprochen werden konnte. Daher gibt es unsere Zustimmung dazu.

Nun zu einem dritten Punkt: Der Herr Staatssekretär kommt jetzt sehr ungerecht dazu, aber ich muss es ihm einfach sagen, damit er das dem Herrn Minister weitergibt. Wir haben vorgestern die entsprechende Ausschusssitzung zu dieser Thematik gehabt. Herr Staatssekretär! Wie gesagt, die Kritik geht nicht an Sie, sondern es ist nur eine Mitteilung an Sie; ich denke, das steht keiner Regierung und keinem Regierungsmitglied zu, er oder sie sollte das abstellen, das hat mit der politischen Farbe nichts zu tun. Vorgestern beschäftigen wir uns also mit dieser Materie, diesem Härtefonds durch Leistungen aus dem Familienfonds, und im Rahmen der Beratungen stellen wir richtigerweise die Frage nach den Richtlinien und den Kriterien, also wer das in Anspruch nehmen wird können. Im Bezirk des Herrn Ministers Haupt in Spittal gibt es genauso Menschen wie in Klagenfurt oder in Niederösterreich, und irgendwie wäre es sehr unverständlich, wenn man als Bundesrätin oder Bundesrat, also als Mandatar, oder auch als Minister gefragt wird: Unter welchen Bedingungen kann ich ansuchen?, und man kann keine Antwort darauf geben.

Wenn uns seitens der Beamten gesagt wird, dass sie uns keine Auskunft geben könnten – das ist meine Interpretation, ich habe es so verstanden –, weil sie die ministerielle Zustimmung dazu nicht hätten, dann muss ich sagen, ist das nicht nur unmöglich, sondern auch – auch wenn ihnen der Herr Minister einen Maulkorberlass gegeben hat – eine Nichtauskunft. Drei Tage vor In-Kraft-Treten einer Regelung werden die Kriterien nicht dargelegt. Das ist Schlampigkeit, und dafür habe ich absolut kein Verständnis.

Ich erwarte – das wird er auch machen –, dass uns der Herr Gesundheitsstaatssekretär zumindest einmal in Headlines und in Überschriften die Richtlinien formulieren wird. Stellen Sie sich vor, wir kommen nach Hause, irgendjemand schaut im Internet nach und fragt: Welche Tagesordnungspunkte gab es im Bundesrat? – Wir haben jetzt diesen Härtefonds beschlossen. Daraufhin fragt mich morgen jemand, nach welchen Kriterien das administriert wird. Dann stehe ich in Kärnten da und sage, davon habe ich leider keine Ahnung. Die Österreicherin oder der Österreicher hätte sehr Recht, zu glauben, dass ich eine völlig schlampige, völlige inkompetente Bundesrätin bin. Nachdem wir alle das aber nicht sind, bestehe ich darauf, dass uns diese Richtlinien zumindest heute zur Verfügung gestellt werden und dass das für alle Ausschüsse für alle Zeiten zu allen Regierungen für immer abgestellt wird.

Dafür, dass vier Tage vor In-Kraft-Treten das Handwerkzeug, die Richtlinie, der wesentliche Bestandteil zur Ausführung eines Gesetzes nicht vorliegen kann, kann niemand Verständnis aufbringen. Ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür. (Beifall bei der SPÖ.)

14.38

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Klamt. – Bitte.

14.39

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Zuge des gegenständlichen Tagesordnungspunktes befassen wir uns mit Änderungen des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967.

Lassen Sie mich zunächst festhalten, dass es dieser Koalitionsregierung gelungen ist, den Menschen wieder in den Mittelpunkt sozialer Aktivitäten zu stellen! In Zeiten sozialdemokratischer Patronanz im Sozialbereich standen immer mehr die Institutionen im Vordergrund, wodurch die Menschlichkeit sukzessive auf der Strecke blieb. Eigentlich könnten die Damen und Herren von der Sozialdemokratie dankbar dafür sein, dass wir die Kursabweichungen, die der Sozialdemokratie passiert sind und die viele Österreicherinnen und Österreicher in eine soziales Aus manövriert hätten, korrigieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich bin jemand, der die Hoffnung nicht aufgibt, die Sozialdemokratie von der Wichtigkeit notwendiger Kursänderungen im Sozialbereich zu überzeugen. Der Staat ist nicht in der Lage, den Bürgerinnen und Bürgern jede Verantwortung abzunehmen – und wenn er es versucht, ist der Preis dafür unverhältnismäßig hoch. Die Koalitionsregierung geht einen anderen, einen neuen Weg: Wir unterstützen schnell und unbürokratisch dort, wo die Bereitschaft, im eigenen Bereich Verantwortung zu tragen, gegeben ist, und machen klar, dass falsch verstandene Solidarität zu finanziellen Engpässen führt.

Die Tatsache, dass wir mit der Familienhospizkarenz einen Rechtsanspruch auf Herabsetzung der Normalarbeitszeit und auf Freistellung bei Entfall des Arbeitsentgeltes geschaffen haben, ist wirklich ein politischer Meilenstein. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: Das haben wir das letzte Mal schon beschlossen!)

Die Tatsache, dass der Herr Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen und der Herr Staatssekretär für Härtefälle Leistungen aus dem Familienhärteausgleichsfonds vorsehen und eine Evaluierung anstreben, ist ein weiterer Beweis für verantwortungsvolle Politik.

Es kann sein, dass viele, die aus geschützten Bereichen kommen, in denen Teilkarenzierungen und Vollkarenzierungen eine Selbstverständlichkeit sind, die Tragweite der Familienhospizkarenz für private Arbeitnehmer gar nicht nachvollziehen können. Wer das Damoklesschwert der Kündigung nicht kennt (Bundesrätin Mag. Trunk: Eben!), noch nie über sich gespürt hat (Beifall der Bundesrätin Mag. Trunk ), der kann die befreiende Wirkung – ich rede jetzt vom Arbeitnehmer-Bereich der Privatwirtschaft (Bundesrätin Mag. Trunk: Genau das waren die Argumente der SPÖ-Fraktion das letzte Mal!) – eines Rechtsanspruches auf Rückkehr in die gewohnte Arbeitswelt kaum erahnen. – Das ist eine Tatsache. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: Eine befreiende Wirkung, wenn ich in Karenz gehe und dann gekündigt werde!)

Weiters beschäftigen wir uns im Rahmen dieses Tagesordnungspunktes mit Verfahren, die zur Feststellung des Beeinträchtigungsgrades behinderter Kinder führen. In der Vergangenheit waren wir mit vielen Beschwerden in diesem Bereich konfrontiert – anscheinend hat die Vielfalt der Möglichkeiten, den Nachweis über die Bescheinigung eines inländischen Amtsarztes beziehungsweise Begutachtungen österreichischer Universitätskliniken, Fachabteilungen von Krankenanstalten oder über den Einsatz des mobilen Beratungsdienstes der Bundesämter für Soziales und Behindertenwesen zu erbringen, auch zu verschiedenen Betrachtungsweisen und zur Unüberschaubarkeit geführt. Ziel der neuen Regelung ist es, mehr Objektivität und mehr Humanität in die Prozesse zu bringen. Die behinderten Kinder und ihre Eltern haben genug Probleme zu bewältigen und sollten nicht durch bürokratische Hürden zusätzlich belastet werden.

Es ist ein guter Ansatz, dass die Untersuchungen nunmehr ausnahmslos durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Einbindung der mobilen Dienste durchgeführt werden und ärztliche Sachverständigen-Gutachten zu erstellen sind. Damit sind die Weichen für eine einheitliche, transparente und nachvollziehbare Bewertung nach der Richtsatz-Verordnung gestellt. – Die freiheitliche Fraktion im Bundesrat stimmt Tagesordnungspunkt 7 zu. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.46

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir, dass ich vom üblichen Procedere abweiche und ganz herzlich so viel Jugendliche in diesem Raum begrüße. (Allgemeiner Beifall.)

Sie haben sicherlich schon einen anstrengenden Tag hinter sich. Wir wissen oder wir können es erahnen, obwohl wir hier im künstlichen Licht sitzen, wie heiß es draußen ist. Es tut mir furchtbar Leid, dass wir nicht für alle Sitzplätze haben, aber wir sind eine kleine Kammer, die in einem historischen Raum tagt – daher haben wir leider nicht mehr Sitzplätze. Aber es freut mich trotzdem, dass Sie so viel Interesse mitgebracht haben, um uns zu besuchen.

Herr Staatssekretär! Sie sind am Wort. – Bitte.

14.47

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Die Rahmenrichtlinien – und das war, glaube ich, die Frage an mich – zur Inanspruchnahme einer finanziellen Zuwendung nehmen auf die soziale Situation der Familie Rücksicht, sie wurden auch gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit erarbeitet und werden nach Genehmigung – es fehlt lediglich noch die Unterschrift des Herrn Bundesministers – am Montag, also mit dem ersten Tag des In-Kraft-Tretens, auf der Homepage des Ressorts einzusehen sein. Ich kann Ihnen unter Vorbehalt, dass eben noch die Unterschrift fehlt und grundsätzlich der Herr Minister die Möglichkeit hat, stilistische oder minimale Änderungen vorzunehmen, sehr wohl entsprechend Auskunft über den Inhalt geben:

Es ist der Zweck der Zuwendung geregelt, es sind die Empfänger von Zuwendungen geregelt, also an wen sie gewährt werden können, nämlich an Personen, die eine Freistellung gegen Entfall des Arbeitsgeldes, Karenz zum Zwecke der Sterbebegleitung oder Begleitung schwerst erkrankter Kinder gemäß § 14a oder 14b Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz in Anspruch nehmen, sowie an Personen, die eine gänzliche Dienstfreistellung gegen Entfall der Bezüge, Karenz zum Zwecke der Sterbebegleitung oder Begleitung schwerst kranker Kinder nach gleichartigen bundes- und landesgesetzlichen Regelungen in Anspruch nehmen, Personen, die wegen der Sterbebegleitung oder Begleitung schwerst erkrankter Kinder der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehen oder sich gemäß § 32 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 vom Arbeitslosengeld oder von der Notstandshilfe abmelden.

Auch die Voraussetzungen für Zuwendungen sind geregelt, wobei Einkommensaspekte unter Berücksichtigung der Familiensituation in der Höhe des Einkommens und von der Anzahl der Familienmitglieder abhängen, ohne Anrechnung des Pflegegeldes, ohne Anrechnung der Familienbeihilfe, ohne Anrechnung der Wohnbeihilfe, ohne Anrechnung des Kindergeldes.

Auch die Ansuchen-Frage ist genau geregelt sowie die Auflagen.

Ich bitte um Ihr Verständnis, dass eine Richtlinie erst dann in Kraft ist, wenn sie tatsächlich die Unterschrift des Herrn Ministers hat – das wird mit In-Kraft-Treten am 1. Juli erfolgt sein.

Ich darf auch darauf hinweisen, dass diese Vorgangsweise bei viel ernsteren Dingen vorgekommen ist. Ich kann mich erinnern an die Zeit der großen Koalition, als Verfassungsgesetze rückwirkend mit dreimonatiger Verspätung mit Zweidrittelmehrheit beschlossen wurden. Das heißt, diese Form stellt sicherlich keine Ausnahme dar, zumal sie rechtzeitig umgesetzt werden wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.49

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz über die betriebliche Mitarbeitervorsorge (Betriebliches Mitarbeitervorsorgegesetz – BMVG) und mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Angestelltengesetz, das Arbeiter-Abfertigungsgesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Investmentfondsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das ORF-Gesetz, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Journalistengesetz geändert werden (1131 und 1176/NR sowie 6665 und 6678/BR d.B.)

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung parlamentarischer Mitarbeiter (Parlamentsmitarbeitergesetz) geändert wird (1177/NR sowie 6679/BR d. B.)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1178/NR sowie 6680/BR d. B.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 8 bis 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz über die betriebliche Mitarbeitervorsorge (Betriebliches Mitarbeitervorsorgegesetz – BMVG) und mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Angestelltengesetz, das Arbeiter-Abfertigungsgesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Investmentfondsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das ORF-Gesetz, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Journalistengesetz geändert werden,

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung parlamentarischer Mitarbeiter geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 8 bis 10 hat Herr Bundesrat Mag. Ram übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Mag. Thomas Ram: Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Nachdem die Frau Präsidentin so ausführlich vorgelesen hat, möchte ich darauf verweisen, dass Ihnen die Berichte zu den Tagesordnungspunkten 8 bis 10 in schriftlicher Form vorliegen, und beschränke mich auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Das war der Antrag zum Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetz. Ich bitte Sie, uns auch gleich die anderen Anträge vorzutragen.

Berichterstatter Mag. Thomas Ram (fortsetzend): Zu Tagesordnungspunkt 9:

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 10:

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke vielmals für die Berichte.

Wir gehen nun in die Debatte ein, die, wie gesagt, über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Aburumieh. – Bitte.

14.54

Bundesrätin Margarete Aburumieh (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine Herren Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das im Wesentlich seit 1921 unverändert bestehende Abfertigungsrecht hat seine historischen Funktionen, nämlich die Funktion der Treueprämie, die Vorsorgefunktion und das indirekte Kündigungshindernis durch die Veränderungen der Arbeitswelt teilweise verloren und wird auch der Dynamik des Arbeitsmarktes nicht mehr zur Gänze gerecht. Daher geben wir heute einem Gesetz unsere Zustimmung, mit dem wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mehr soziale Sicherheit und mehr Zukunftsorientierung geben können. Das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz ist die Antwort einer reformorientierten Bundesregierung unter Wolfgang Schüssel auf die Dynamik des Arbeitsmarktes und auf die veränderte Arbeitswelt.

Bisher haben rund 160 000 Arbeitnehmer ... (Die ÖVP-Fraktion stellt Tafeln auf die Sitzbänke. – Unruhe im Saal.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Darf ich Sie um Ruhe ersuchen. Am Wort ist Frau Bundesrätin Aburumieh. – Bitte.

Bundesrätin Margarete Aburumieh (fortsetzend): ... eine Abfertigung lukriert, während viele andere deshalb, weil ihre Arbeitsverhältnisse kürzer als die Mindestanspruchszeit auf Abfertigung waren beziehungsweise wegen Selbstkündigung, durch den Rost gefallen sind. Mit dem neuen Gesetz haben alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Abfertigung.

In Österreich sind das mit dem Stichtag 31. Mai 3,1 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Ansprüche auf Abfertigung bleiben mit dem neuen Gesetz bei Selbstkündigung erhalten, wenngleich sie in diesem Fall nicht ausbezahlt werden, sondern gleichsam wie in einem Rucksack vom betroffenen Arbeitnehmer mitgenommen werden. Dasselbe gilt auch für jene Arbeitsverhältnisse unter drei Jahren. Das waren bisher Ausschließungsgründe, die jetzt mit dem neuen Gesetz beseitigt wurden.

Wir geben heute einem Gesetz die Zustimmung, das auch hunderttausenden Saisonbeschäftigten, die während der Saison harte Arbeit leisten und dann am Ende der Saison ihre Arbeitsverhältnisse auflösen, den Zugang zu einer Abfertigung ermöglicht. Wir beschließen ein Gesetz, damit auch Frauen, die bisher auf Grund ihrer zumeist kürzeren Arbeitsverhältnisse überdurchschnittlich stark von Abfertigungsansprüchen ausgeschlossen waren, in den Genuss einer Abfertigung kommen. Dazu kommt, dass auch für die Zeiten des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld Beiträge in der Höhe von 1,53 Prozent – gemessen am Kinderbetreuungsgeld – für die Dauer einer allfälligen Familienhospizkarenz aus dem Familienlastenausgleichsfonds geleistet werden.

Wir geben einem Gesetz die Zustimmung, das vor allem den jungen Menschen in diesem Land, die sich in einer sehr mobilen neuen Berufswelt befinden, die von relativ kurzen Arbeitsverhältnissen geprägt ist, die Chance einer ausreichenden Absicherung in Form einer Abfertigung oder einer attraktiven Zusatzpension eröffnet. Es ist dies ein Gesetz, das auch jedem, der schon Abfertigungsansprüche erworben hat, die Wahlfreiheit gibt, im alten System zu bleiben oder das neue System in Form eines Teilübertritts oder eines Vollübertritts in Anspruch zu nehmen.

Bei ersterem handelt es sich um ein Einfrieren der bisher erworbenen Abfertigungsansprüche und den Übertritt in das neue System mit sofort beginnenden laufenden Beiträgen. Beim Vollübertritt in das neue System werden die bisher erworbenen Ansprüche in die Mitarbeitervorsorgekasse übertragen, und das neue Gesetz wird schlagend.

Für alle Arbeitsverhältnisse nach dem 31. 12. 2002 gilt das Gesetz, dem wir heute die Zustimmung geben. Jede Arbeitnehmerin, jeder Arbeitnehmer erwirbt damit nach dem Probemonat mit jedem Arbeitstag Abfertigungsansprüche. Abgewickelt wird die Abfertigung neu über Mitarbeitervorsorgekassen, in die der Arbeitgeber in Übereinstimmung in Form einer Betriebsvereinbarung mit den Mitarbeitern den Betrag in der Höhe von 1,53 Prozent des monatlichen Entgelts des Jahresentgelts leisten wird.

Am Ende der Lebensarbeitszeit steht es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern frei, zu entscheiden, ob sie sich für die Abfertigung als solche, als einen Betrag mit einer Steuerlast von 6 Prozent, oder für eine steuerfreie Zusatzpension entscheiden, wobei diese Zusatzpension auch eine vererbbare Rente sein kann, was bedeutet, dass Ehepartner und Kinder bis 27 Jahren im Fall des Todes des Anspruchsberechtigten diese Rente erhalten.

Sie müssen mir Recht geben, wenn ich sage, dass die Abfertigung neu ein Mehr an sozialer Sicherheit in einer sich doch ständig verändernden Berufswelt ist und eine enorme Bedeutung hat und jener Bedeutung entspricht, die der im Laufe des letzten Jahrhunderts eingeführten Krankenversicherung für alle, der Pensionsversicherung für alle und der Unfallversicherung für alle gleichkommt.

Diese Abfertigung neu ist ein gewaltiger Schritt und, wie ich meine, eine wichtige Investition in eine nachhaltige Sicherung der sehr hohen Lebensqualität in unserem Land. Diese Regierung beweist damit auch, dass nicht Lamentieren, Diskutieren, sondern Reformieren zum Ziel führt – auch im Falle dieses Mitarbeitervorsorgegesetzes.

Abschließend darf ich die Kollegen aus Vorarlberg bitten, dem Vater der Abfertigung neu, ÖVP-Arbeiterkammerpräsidenten Josef Fink, unseren Dank auszurichten. Josef Fink hat vor zehn Jahren ein Modell vorgestellt, dem alle wichtigen Systembausteine immanent waren, nämlich Abfertigung bei Selbstkündigung, Abfertigung als Zusatzpension und die Abwicklung über diese Pensionskassen, die wir jetzt im Gesetz haben.

1996 hat der ÖAAB dieses Modell beschlossen, und 1998 ist dann der Durchbruch gelungen, als Bundesparteiobmann Schüssel, Leopold Maderthaner und Werner Fasslabend die sozialpartnerschaftliche Vereinbarung getroffen haben. Im Jahr 2000 wird diese Vereinbarung ins Regierungsprogramm aufgenommen.

Diese Zahlen und Fakten nenne ich nur, weil ich annehme, dass in der Folge der Vaterschaftsstreit um die Idee der Abfertigung neu von den nachfolgenden Rednern diskutiert wird. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Haunschmid: Das werden wir aber richtig stellen! – Bundesrat Dr. Nittmann: Das werden wir aber richtig stellen! – Weitere Zwischenrufe.)

15.02

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Bachner. – Bitte. (Bundesrätin Mag. Trunk: DNA! – Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

15.02

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Sehr geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ausführungen meiner Vorrednerin waren mir bereits bekannt, ich habe nämlich die Debatte im Nationalrat zu diesem Thema verfolgt. Ich konnte eine Wortgleichheit feststellen, die für mich verblüffend war. (Bundesrätin Aburumieh: ÖAAB und ÖVP!) – Moment, ich will Sie ja loben! Lassen Sie mich ausreden!

Ich kann Ihnen in weiten Bereichen Ihrer Ausführungen Recht geben; wir sind in vielen Bereichen einer Meinung. In Bezug auf Ihre Analyse zur Geschichte der Abfertigung, zur Entste-hungsgeschichte bis zur Jetztzeit und die Wahrnehmung, dass das Modell der derzeitigen Abfertigung in keinster Weise den tatsächlichen Notwendigkeiten auf Grund der arbeitsmarktpolitischen Veränderungen entspricht, kann ich Ihnen Recht geben.

Zur Definition: Nur mehr 15 Prozent der Beschäftigten kommen derzeit noch in den Genuss einer Abfertigung. Alleine 700 000 Personen wechseln ihren Arbeitsplatz innerhalb eines Arbeitsjahres. Diese Zahlen belegen, wie stark die Veränderungen sind. Demgegenüber ist natürlich die derzeit noch geltende Regelung der Abfertigung komplett konträr. Meine Vorrednerin hat es auch teilweise schon gesagt: Viele haben gar nicht mehr den Anspruch gehabt. Die vor allem von der Wirtschaft oft verlangte Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt war behindert, weil der Arbeitnehmer bei Selbstkündigung in Wahrheit die Abfertigung verloren hat. (Bundesrat Dr. Nittmann: So ist es! So ist es!) Deshalb beinhaltet dieses Modell des Rucksackprinzips sehr viel Positives für die Beschäftigten. (Beifall des Bundesrates Dr. Nittmann. )

Ein Schmunzeln entlockt mir der Wettkampf darüber, wer denn der Vater oder die Mutter dieses Modells war. Bei den Menschen ist es leichter, denn bei den Müttern weiß man immer sicher, wer das ist; bei den Vätern gibt es auch bei den Menschen öfter Unklarheiten. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Ich würde sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren, für die Betroffenen ist es völlig egal, für sie ist es wichtig, dass es eine positive Regelung gibt! – Das ist so zu sehen, weil, wie gesagt, die derzeitige Situation nicht sehr zufriedenstellend war.

Eines muss ich dabei natürlich schon erwähnen, wenn wir schon einen sehr reformwilligen Bundeskanzler vorstellen – ich will es nicht in Abrede stellen, denn er ist natürlich Bundeskanzler, und er war auch in die Verhandlungen involviert; die Frau Vizekanzlerin plakatiert sich ihrerseits natürlich sozusagen als Mutter (Bundesrat Dr. Nittmann: Mutter des Erfolges!); sei es drum –: Fakt ist schon – das möchte ich hier im Bundesrat schon klar sagen –, dass die Gewerkschaften (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen), und zwar Spitzenvertreter, gemeinsam mit der Wirtschaftskammer, sprich Sozialpartner, auch wenn das in Abrede gestellt wird, zwei Tage nach der Urabstimmung des ÖGB eine Einigung erzielten. Ich darf den hervorragenden Erfolg der Urabstimmung des ÖGB mit 807 192 Stimmen in Erinnerung rufen. (Bundesrat Weilharter: War keine Frage bezüglich Abfertigung dabei! Es war keine Frage in Bezug auf die Abfertigung dabei!) – Nein, Herr Kollege, da muss ich Sie berichtigen, das stimmt nicht; fragen Sie Kollegen Schöls, er ist auch im ÖGB beschäftigt. Ich bringe Ihnen auch gerne – ich habe sie heute nicht mit – die Unterlagen, die Abfertigung betrat einen der sechs Punkte der Urabstimmung.

Zwei Tage nach der Urabstimmung gab es dann auch die Einigung der Sozialpartner. In weiterer Folge wurde bei unserem Gespräch mit den Vertretern der Bundesregierung, das eine Woche nach der Urabstimmung stattgefunden hat, von den Vertretern der Regierung bestätigt, dass das Modell der Sozialpartner als ein sehr gutes betrachtet wird. Sie haben schon damals sehr optimistisch gewirkt und gesagt, es werde bei den Verhandlungen das Modell der Sozialpartner sicher maßgeblich in die Verhandlungen mit einfließen.

Es gibt schon sehr lange zurückliegend immer wieder Ansätze, und es stimmt auch, was meine Vorrednerin von Kollegen Fink gesagt hat. Es stimmt, Kollege Fink ist sicher als einer der Väter zu bezeichnen, ich möchte das überhaupt nicht in Abrede stellen. Was ich aber schon klarstellen möchte, ist, dass die Modelle, die bis zum Vorliegen dieses jetzt zur Beschlussfassung anstehenden Vorschlags auf dem Tisch lagen, schon unterschiedlich ausgesehen haben. Das wollen wir hier schon klarstellen!

Erinnern wir uns daran, welche Vorstellungen zum Beispiel die Regierung hatte. In einem solchen Modell wären die von meiner Vorrednerin erwähnten Saisonbeschäftigten nicht enthalten gewesen, im Modell der Regierung war die Abfertigungszahlung erst ab dem 13. Beschäftigungsmonat vorgesehen. Da wären die meisten Saisonbeschäftigten herausgefallen – oder eigentlich fast alle, denn so lange Saisonen gibt es nicht mehr. Das werden mir die Expertinnen und Experten bestätigen.

Sie haben auch die Frauen im Zusammenhang mit den Ersatzzeiten besonders hervorgehoben; das ist richtig. Aber bei dem Modell, das die Regierung vorgesehen hätte, wäre die Beitragszahlung ab dem 45. Lebensjahr (Zwischenruf der Bundesrätin Aburumieh ) – eben – zu Ende gewesen. Was dieses Modell für Frauen bedeutet hätte, brauche ich jetzt nicht im Detail zu erläutern; das muss man auch klar sagen.

Fakt ist – das hat meine Vorrednerin betont –, dass jetzt ein sehr tolles Modell vorliegt, dem wir auch die Zustimmung geben können. Wichtig dabei ist, dass es eine großzügige – ich sehe diese Forderung erfreulicherweise auch auf den Taferln stehen – Regelung bei den Ersatzzeiten gibt, das muss ich auch erwähnen. Ich bin in den Verhandlungsverlauf involviert und informiert gewesen. Aber zuerst waren die Kindererziehungszeiten bei den Ersatzzeiten nicht enthalten. Die Bildungskarenz war nicht enthalten, und die Familienhospizkarenz war auch nicht enthalten, sondern diese wurden erst knapp vor der Beschlussfassung, teilweise noch durch nächtelange Verhandlungen, hineinreklamiert. Okay, sei es drum, jetzt sind sie darin enthalten, das ist äußerst positiv.

Was auch für uns von Seiten des ÖGB sehr wichtig ist, ist, dass es uns gelungen ist, dass der Beitragssatz in der Höhe von 1,53 Prozent gesetzlich festgeschrieben wird und nicht durch Kollektivvertrag zu regeln ist und dass in weiterer Folge die Beiträge durch die Gebietskrankenkassen eingehoben werden, damit auch ein gewisser Sicherheitsaspekt und auch eine leichtere Prüfbarkeit bestehen, ob die Beiträge ordnungsgemäß einbezahlt wurden.

Ich denke, dass im Zuge der Sozialpartnerverhandlungen und auch bei den Verhandlungen mit der Regierung ein Jahrhundertmodell – diesbezüglich schließe ich mich allen an – eingeführt werden konnte, auf das wir alle sehr stolz sein können.

Eines muss man natürlich schon sagen – das sage ich jetzt nicht, weil ich Kritik üben möchte, sondern weil ich Verhandlungsverständnis habe –, nämlich dass in einem solch großen Modell nicht alles von Beginn an enthalten sein kann. Viele Modelle sind im Laufe der Zeit noch – so sage ich es jetzt einmal – zu adaptieren, zu verbessern. Deshalb sei hier gleich von meiner Seite ergänzt: Wo wir sehr wohl noch Schwachpunkte bei diesem Modell sehen, die sicher im Laufe der Zeit – es wird noch weitere Gespräche geben – noch Verbesserungen verlangen werden, ist zum Beispiel, was wir stark kritisieren – das ist wirklich ein Kritikpunkt –, dass im Zuge der Verhandlungen betreffend die steuerliche Behandlung der Abfertigung Herr Finanzminister Grasser den Unternehmen eine Steuergeschenk macht. Das muss ich kritisieren. (Staatssekretär Dr. Finz schüttelt den Kopf.)

Herr Staatssekretär! Sie schütteln den Kopf, aber wenn die bisher gebildeten Abfertigungsrücklagen steuerfrei ins Eigenkapital übertragen werden können und die über das gesetzliche Ausmaß durch Vereinbarungen oder durch Sozialpläne verhandelten Abfertigungsansprüche von Arbeitnehmern voll besteuert werden, dann muss ich das als Geschenk bezeichnen. (Staatssekretär Dr. Finz: Für den Aufbau des Kapitalmarktes!)  – Ich verstehe das Argument, aber dann hätte man auch bei den Arbeitnehmern berücksichtigen können, dass es auch für die Unternehmer nicht unwesentlich ist.

Folgendes kam sehr häufig vor und wird auch in Zukunft noch vorkommen: Bei Beendigungen des Dienstverhältnisses auch auf Grund von – wir haben es immer so genannt – "Streitbegleichungsabfertigungen" konnte zwar ein Betrag in der Höhe von 7 500 € erzielt werden, der auch noch mit diesen 6 Prozent besteuert wird, aber wenn es zu Sozialplänen kommt – Sozialpläne gibt es meistens dann, wenn es zu einem größeren Verlust von Arbeitsplätzen kommt –, dann ist es nur legitim, wenn die Leute solche Ansprüche erwirken. Wenn diese dann voll besteuert werden, dann fehlt mir das Verständnis.

Ich habe schon Verständnis, dass man auch etwas zum Kapitalaufbau beitragen möchte, aber man sollte es nicht einseitig machen.

Einen letzten Punkt, weil das Licht schon leuchtet, möchte ich noch anbringen: Einen weiteren Wermutstropfen haben wir sehr wohl bei der Übertragung der Ansprüche vom alten ins neue System. Hier gibt es Defizite. Erstens einmal gibt es keinen Kündigungsschutz für die Arbeitnehmer, wenn sie das Ansinnen des Unternehmens auf Übertragung ablehnen, und es gibt noch zu wenig Richtlinien und Mindeststandards, die bei der Übertragung die bestehenden Ansprüche sichern würden – das heißt, Kündigungsschutz, wenn ein Arbeitnehmer eine Übertragung ablehnt, und vor allem Mindeststandards für die Übertragung, damit die bestehenden Ansprüche nicht verloren gehen.

Ich weiß nicht, ob das jedem hier im Raum klar ist. Bei der Übertragung ist es nicht logisch – es gibt zwei Modelle, teilweises Einfrieren oder Übertragung –, dass die bereits erworbenen Ansprüche – ich spreche jetzt etwa von drei oder vier Monatsgehältern – auch in dem bereits erworbenen Umfang mit übernommen werden.

Das kann vereinbart werden. Aber noch kann der Unternehmer meinen, bei einer Übertragung und einem auf Anspruch vier Monate nur zwei Monate anzuerkennen. Das ist ein Defizit, und hier müssten Mindeststandards zur Sicherung der Arbeitnehmer eingeführt werden.

Das sind Ansatzpunkte für die weiteren Verhandlungen, bei denen wir noch Kritik üben, ansonsten freue ich mich sehr, dass uns dieses Jahrhundertmodell gelungen ist. – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

15.15

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck das Wort. – Bitte.

15.15

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Es ist immer sehr angenehm, wenn grundsätzlich Einigkeit über eine große Sache besteht. Ich darf sozusagen aus dem Ressort des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen noch etwas hinzufügen, was man, so glaube ich, nicht genug hervorstreichen kann, nämlich die positiven Auswirkungen auf Familien und Frauen im Rahmen der Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes.

Wenn Sie davon ausgehen, dass Kinderbetreuung künftig als gesellschaftspolitisch relevante Arbeit aufgewertet wird, dann kann man sagen, das ist faktisch die Anerkennung der Kleinkindbetreuung als Arbeitsleistung der Eltern. Wenn Sie davon ausgehen, dass die zweite Pensionssäule ausgebaut wird, was vor allem für Frauen wichtig ist, die bisher, wenn sie Kinder großgezogen hatten, nachweislich deutlich niedrige Pensionen hatten, dann kann man sagen, das ist ein weiterer Schritt zur eigenständigen Alterssicherung der Frauen.

Weiterbildungs-, Wiedereinstiegs- und Höherqualifizierungsmaßnahmen, wie sie einerseits im Projekt des für Familien zuständigen Ressorts und andererseits in der EU-Priorität Lebenslanges Lernen enthalten sind, bringen zum Ausdruck, dass Weiterbildung und Qualifikation als wichtiger Schritt für die Chancengleichheit der Frauen gesehen werden. Schließlich erfordern Erwerbstätigkeit und Teilzeitbeschäftigung bei gleichzeitiger Kinderbetreuung die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und setzen die Anerkennung der Arbeitnehmerinnen voraus, die neben dem Beruf auch Kinder zu betreuen haben.

Die Beiträge für die Abfertigung neu werden auch für Zeiten der Inanspruchnahme einer Familienhospizkarenz gegen gänzlichen Entfall der Bezüge oder Herabsetzung der Normalarbeitszeit bei der Sterbebegleitung naher Angehöriger oder Begleitung schwerstkranker Kinder berechnet. Das ist eine faktische Anerkennung der Pflegeleistung in der Familie als Arbeitsleistung.

Das Historische dabei ist, dass bisher bekannterweise weniger als 2 Prozent der Frauen bei der Abfertigung anspruchsberechtigt waren. In Hinkunft werden das alle Beschäftigten sein in den Zeiten, in denen sie aussteigen, und dazu steuert der Familienlastenausgleichsfonds 11 Millionen Euro bei. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.17

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann. Ich erteile ihr das Wort.

15.18

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf mich diesbezüglich meinen Vorrednerinnen anschließen, als diese gesagt haben, dass mit der heutigen Beschlussfassung ein – man kann es so sagen – Quantensprung, und zwar in sozial- und wirtschaftspolitischer Hinsicht gelungen ist.

Die Regierung hat es tatsächlich geschafft, einen wirtschaftspolitischen Meilenstein innerhalb kurzer Zeit und in unbürokratischer Weise zu setzen, wie es in den letzten 80 Jahren vorher nicht gelingen konnte.

Es hat dies der sozialdemokratische Abgeordnete Verzetnitsch so ausgedrückt, indem er gesagt hat, das ist die umfassendste Neuordnung seit rund 80 Jahren, die in diesem Zusammenhang zu erwähnen ist. – Danke schön, Herr Abgeordneter Verzetnitsch! Ich meine, Sie haben das richtig erkannt. Noch mehr danken darf ich aber unseren Regierungsmitgliedern, die letztlich das, was an Postulaten immer gekommen ist, nämlich in wirtschafts- und sozialpolitischer Hinsicht Gleichheit, Fairness und Gerechtigkeit auch einmal umzusetzen, realisiert haben.

Die Bundesregierung korrigiert mit diesem Gesetz, das wir heute beschließen werden, die Nachteile der bisherigen Lösung im Hinblick auf die Abfertigung und strukturiert das Arbeits- und Wirtschaftsleben komplett neu. Welche Nachteile der bisherigen Lösung gab es?

Ich möchte nur schlagwortartig einige erwähnen – ich will gar nicht alle aufzählen, da sie meine Vorrednerinnen teilweise schon angesprochen haben –: Was wichtig war, ist – das muss betont und noch einmal unterstrichen werden –, dass tatsächlich nur 15 Prozent aller Arbeitnehmer in den Genuss der Abfertigung gekommen sind. Das heißt, 85 Prozent aller in einem Werksprozess tätigen Menschen sind gar nie in diesen Genuss gekommen. Es ist auch gesagt worden – das halte ich auch gerade als Frau für besonders wichtig –, es waren nur 2 Prozent aller berufstätigen Frauen. Das ändert sich nun schlagartig mit diesem großen Gesetzeswurf, der heute beschlossen wird.

Oder etwa als Nachteil sei die Mobilitätsbeschränkung erwähnt, die dadurch verursacht wurde, dass nach der jetzigen Lösung bei einer Selbstkündigung keine Abfertigung vorgesehen war und sich dadurch natürlich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesagt haben, lieber bei dem Betrieb zu bleiben, obwohl sie vielleicht beruflich irgendwo anders eine bessere Aufstiegschance oder eine bessere Verwirklichungsmöglichkeit hätten, um nicht um diese Abfertigungsansprüche umzufallen.

Oder etwa waren die Jahresquartalssprünge für mich überhaupt nicht mehr nachvollziehbar. Es war unglaublich sinnlos, warum man nach drei Jahren so und soviel bekommen sollte, nach fünf Jahren wieder mehr und nach sieben und nach zehn Jahre wieder entsprechend mehr. Das war einem anderen Jahrhundert entsprechend, und es ist notwendig gewesen, diesbezüglich eine Neuregelung zu treffen.

Ich möchte noch eines sagen, es waren auch die betrieblichen Belastungen für die Klein- und Mittelbetriebe sehr groß, wenn die vor die Situation gestellt wurden, dass sie plötzlich eine Abfertigung auszahlen mussten, weil zum Beispiel einige Mitarbeiter in Pension gegangen sind – das war der einzige Fall, bei dem auch beim In-Pension-Gehen oder In-die-Rente-Gehen die Abfertigung ausbezahlt werden musste. Gerade kleinere Betriebe mussten oft plötzlich einige hunderttausend Schilling – entschuldigen Sie, wenn ich das nicht in Euro sage, sondern in Schilling, aber damals waren mir noch Schilling geläufig – zahlen, und das war sehr viel für diese Betriebe. Gott sei Dank gibt es jetzt diese neue Veränderung, auf die ich jetzt eingehen möchte.

Was sind die Vorteile? – Ganz kurz nur, denn es ist schon viel gesagt worden, aber das ist wichtig: die Einschließung beziehungsweise Ausdehnung dieses Gesetzes auf alle Arbeitnehmer. Das ist der prägnante Punkt, da sind zum Beispiel auch die Saisoniers dabei. Ein Exkurs: Sie von der ÖVP haben nach Art der Freiheitlichen Karterl aufgestellt, auch die Sozialdemokraten sind schon darauf gekommen, dass man das machen kann, jetzt kommt auch die ÖVP drauf. Hier auf dem Karterl steht teilweise oben (Bundesrat Gasteiger: Passt schon!) – ich habe das richtig gesagt (Bundesrat Gasteiger: Passt schon!), gut –, dass alle Arbeitnehmer eingeschlossen werden, dass Bildungskarenz mit einbezogen wird und vieles mehr.

Den Wegfall der Jahressprünge habe ich genannt ebenso wie den Wegfall der Mobilitätsbeschränkungen. Das ist das besonders Positive. Noch einmal zu erwähnen ist der Wegfall der finanziellen Belastungen, die ganz plötzlich auf die Klein- und Mittelbetriebe hereingebrochen sind, wenn sie plötzlich diese Abfertigungen auszahlen mussten.

Was mir aber besonders wichtig ist, ist, dass mit dieser Neuregelung erstmalig eine echte betriebliche Mitarbeitervorsorge geschaffen wurde. Dass sich dieser Aspekt einerseits auf die Abfertigung bezieht, habe ich bereits ausgeführt. Der zweite Punkt, der mir aber sehr wichtig ist – das habe ich noch nicht gesagt –, ist, dass damit die Möglichkeit der Zusatzpension begründet werden kann. Das halte ich für einen revolutionären Punkt in der gesamten Strukturreform, die beschlossen wird.

Die Mitarbeiter haben die Wahlfreiheit, entweder die Abfertigung zu bekommen oder eine Zusatzpension anzusparen und dann später in Anspruch zu nehmen. Das ist deshalb so bedeutend, weil es sich meines Erachtens um eine neue Strukturschöpfung im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik mit sehr weitreichenden, volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Folgen handelt. Ich sage das deshalb, weil die Betriebspensionssäule im gesamten Pensionssystem in Österreich bis jetzt sehr klein ist. Ich muss sagen, unter sozialdemokratischer Hegemonie hat man diese Art der Pensionsvorsorge leider vernachlässigt, 80, 85, 90 Prozent betreffen allein die staatliche Rentenvorsorge. Dass dies allein aus demographischen Gründen in Zukunft nicht mehr möglich sein wird, betrifft nicht nur Österreich allein, das betrifft andere Länder genauso.

Die Frage ist nur immer, wie man mit diesen Problemen, die man erkennt, auch umgeht. Österreich hat Gott sei Dank unter dieser Regierung erstmalig einen revolutionären Schritt in diese Richtung gesetzt, indem wir diese Säule der Betriebsvorsorge, der betrieblichen Pensionssicherung entsprechend ausbauen. Wenn diese in Zukunft noch größer wird und noch mehr Schritte in diese Richtung folgen, dann halte ich das für genau den Weg, den ein moderner, zukunftsorientierter Staat in Europa zu gehen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich verweise doch auf andere Länder, die das bereits haben. Als Beispiel wird in der Schweiz in die staatliche Pensionssäule etwa 50 Prozent bezahlt, zwischen 30 und 40 Prozent beinhaltet die betriebliche, und den Rest macht dann die private Rentenvorsorge aus. Das heißt also, in diesen Ländern ist es anders – nicht nur in der Schweiz, es ist auch in England anders oder auch in den Niederlanden, die bereits ein vorbildliches Pensionssystem haben.

Das ist für mich auch ein ganz wichtiger Grund, warum dieses Gesetzeswerk betreffend Abfertigung neu so etwas Besonderes darstellt, weil es eben nicht nur auf die Abfertigung selbst abzielt, sondern auch die Chance für diese betriebliche Vorsorge sowohl für den Unternehmer attraktiv macht, als auch dem Arbeitnehmer diese Möglichkeit der Inanspruchnahme zu einem besonderen Zinssatz einräumt.

Bernd Katzenstein ist ein wissenschaftlich hoch qualifizierter Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Altersvorsorge. Bernd Katzenstein hat gesagt: Gerade die betriebliche Vorsorge ist für den Arbeitnehmer von Vorteil, da doch die große Zahl an Einzahlern die Verwaltungskosten senken und die Altersvorsorge damit für den Arbeitnehmer günstiger wird. – Wir können uns dieser Vorschau sicherlich anschließen, und da ist eben dieser Bereich der Abfertigung neu ein gutes Beispiel, wie man diesen Weg in Österreich geht und die Probleme hier löst.

Den Vaterschaftsstreit möchte ich jetzt nicht unbedingt erweitern. Ich möchte nur Eines sagen, es ist ganz klar – ungefähr so klar, wie Sie nicht die Erfinder der Tafeln sind –, dass es nicht die ÖVP war, die das Patent für die Abfertigung neu eingereicht hat, sondern es hat vor zehn Jahren ... (Zwischenruf der Bundesrätin Aburumieh. ) – Es tut mir Leid, dass ich das sagen muss, Frau Kollegin Aburumieh, ich schätze Sie sonst sehr, aber ich verstehe schon, dass Sie vielleicht einen gewissen Auftrag gehabt haben, hier eine entsprechende Äußerung abzugeben.

Aber ich muss Ihnen schon sagen, vor zehn Jahren wurde dieser Antrag (Zwischenruf bei der SPÖ)  – jetzt hören Sie mir zu, denn man kann immer gescheiter werden, das hat schon Bruno Kreisky gesagt – im Hohen Haus, im Nationalrat eingebracht, und zwar – hören Sie genau zu, von wem – von dem Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und von Klubobmann Dr. Jörg Haider. Ich kann Ihnen das leider nicht ersparen, ich musste es Ihnen sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Jetzt ist doch der Haider der Vater! Machen wir einen DNA-Test!)

Es ist halt so im Leben, Imitationen sind nicht schlecht, aber das Original ist immer besser, und daher meine ich, ich würde mir lieber ein Original von Van Gogh wünschen als noch so viele Drucke. In diesem Sinne glaube ich, ich möchte zum Vaterschaftsstreit darüber gar nicht mehr viel sagen. Die Fakten beweisen, wer tatsächlich die entsprechenden Anträge gestellt hat.

Insgesamt darf ich aber trotzdem der Koalitionsregierung gratulieren, dass wir mit diesem Werk, auf das ich eingegangen bin und von dem ich zutiefst überzeugt bin, in die richtige Richtung gehen. Die Regierung hat dieses Werk umgesetzt, und es wurden vielleicht auch gewerkschaftliche Ideen mit aufgenommen, auch das kann sein, es kann sein, dass von der Gewerkschaft einmal etwas Positives kommt, obwohl ich damit nicht solche Freude habe, wenn nur Streiks damit behandelt werden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Gewerkschaft hat offenbar fallweise auch gute Ideen, aber im Moment höre ich leider von der Gewerkschaft nur etwas von Streiks, das gefällt mir wiederum weniger. Jedenfalls ist damit eine gute Lösung zustande gekommen. Ich bedanke mich bei allen, die dafür Verantwortung getragen haben, aber natürlich am meisten bei unserer Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (Beifall bei den Freiheitlichen – Heiterkeit bei der SPÖ), bei unserem Finanzminister Karl-Heinz Grasser (Bundesrat Würschl: Ein weiterer Vater! Das darf Haider aber nicht wissen!), aber auch, meine Damen und Herren, bei unserem Bundeskanzler – denn ohne ihn kann man auch nichts umsetzen –, und natürlich – das möchte ich auch einmal sagen – bei unserem Sozialminister Haupt und auch bei unserem Wirtschaftsminister Bartenstein und bei den anwesenden Staatssekretären, sofern sie entsprechend mitgewirkt und die Verantwortung dafür getragen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.30

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Alfred Schöls das Wort. – Bitte.

15.30

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich bei den österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bedanken, die durch ihre Sozialbeiträge, die sie im Verband mit allen anderen Gruppierungen in unserer Gesellschaft an die Republik leisten, dazu beitragen und uns Politikern die Möglichkeit geben, dass wir immer wieder Visionen entwickeln können, die dazu führen, dass wir gute Sozialgesetzgebung noch besser machen können und den Anforderungen der Zeit entsprechen können.

Es ist die Aufgabe der Sozialpolitik, mit den Mitteln, die zur Verfügung stehen und die von den Steuerzahlern und von den Beitragspflichtigen zur Verfügung gestellt werden, entsprechend zu disponieren. – Das ist das Erste, das ich festhalten möchte.

Das Zweite, das ich festhalten möchte, ist der Umstand, dass allen Unkenrufen zum Trotz und allen Inseraten, die gelegentlich geschaltet werden, zum Trotz die Sozialpartnerschaft funktioniert. (Bundesrätin Bachner: So ist es!) Die Sozialpartner haben in ihrer Verantwortung durch viele Jahre hindurch versucht, eine Lösung herauszuverhandeln, die sich aus vielen Ideen zusammensetzt, die immer wieder, wie es in der Sozialgesetzgebung geschieht, eingebracht werden.

Ich möchte zum Dritten all jenen, die immer wieder sagen, diese Regierung lasse die Sozialpartner nicht gestalten, widersprechen und ihnen sagen, dass sie damit Unrecht haben, denn diese Regelung "Abfertigung neu ab dem ersten Tag" ist ein Beweis dafür, dass auch die Anregungen der Sozialpartner entsprechend ernst genommen wurden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für mich als Sozialpolitiker ist es erfreulich, dass wir nach den großen Sozialgesetzen der fünfziger Jahre nun diese Abfertigungsregelung beschließen. Die Kollegin aus Kärnten wird jetzt vielleicht auch einen Antrag des Klubobmannes Haider erwähnen, aber damals, als die Sozialgesetze im Rahmen des ASVG im Jahre 1956 beschlossen wurden, als christlich-soziale und sozialdemokratische Politiker versucht haben, mit unterschiedlichem Zugang die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung aufzubauen, war er noch nicht im Parlament. (Beifall der Bundesrätin Bachner. )

Damals, im Jahr 1968, wurde unter der Textilarbeiterin, der christlich-sozialen Sozialministerin Grete Rehor der große Wurf mit dem Mutterschaftskarenzgesetz geschaffen. Damit konnten wir Sozial- und Familienpolitik machen. Jetzt dürfen wir als Zeitzeugen mit dabei sein, wenn der dritte große sozialpolitische Wurf gelingt.

Es hat bei den Gesprächen zu diesem Gesetz so manche Irritation gegeben. Liebe Roswitha! Der Arbeiterkammerpräsident Josef Fink, der, wie du weißt, Mitglied der GPA Vorarlberg ist – ich bin im Übrigen nicht Beschäftigter des ÖGB, wie du es gesagt hast, sondern ich bin Funktionär (Bundesrätin Bachner: Das ist ja keine Schande!); ich geniere mich weder für das eine, noch würde ich mich für das andere genieren; ich sage das nur, um der Wahrheit die Ehre zu geben –, hat auch ein Modell zur "Abfertigung neu" vorgeschlagen. Aber seinerzeit wurde von der sozialdemokratischen Fraktion der GPA-Vorarlberg ein Antrag an den Vorsitzenden der GPA, Herrn Alfred Dallinger, geschickt, in welchem dieser aufgefordert wurde, Josef Fink wegen seiner Überlegungen, die er zur "Abfertigung neu" eingebracht hat, aus der GPA auszuschließen.

Das ist ein evolutionärer Prozess, der immer wieder passieren kann, und daher sollten, so glaube ich, diese Dinge gelegentlich erwähnt werden. Tatsache ist, wir sind jetzt am Ende des Prozesses zu dieser Frage so weit, dass wir sagen können: Es ist ein guter Zwischenschritt – so wie beim ASVG, wo wir bereits 59 Novellen beschlossen haben, die nicht alle von der gleichen Qualität sind, das muss ich sagen, wenn ich an manche Novellen unter Sozialminister Häuser denke, die seinerzeit hier im Hohen Hause verabschiedet und als "Räuber-Novellen" bezeichnet wurden.

Aber es gab immer wieder den Versuch, diesbezüglich Verbesserungen durchzuführen, und ich bin überzeugt davon, dass wir uns auch bei dieser Regelung der betrieblichen Mitarbeiterbeteiligung noch das eine oder andere Mal mit Verbesserungen werden beschäftigen müssen.

Ich habe eine etwas differenzierte Auffassung zu der gesetzlichen Regelung mit dem Beitragssatz und mit der Kollektivvertragsregelung, denn ich traue, Roswitha, unseren – ich sage jetzt bewusst "unseren" – Kollektivvertragsverhandlern in den Gewerkschaften viel Fingerspitzengefühl zu, weil sie tagaus, tagein beweisen müssen, dass sie gut verhandeln.

Man könnte jetzt dein Argument, das du hier gebracht hast, indem du gesagt hast, eine gesetzliche Regelung sei besser als eine KV-Regelung, durchaus auch als Misstrauen gegenüber den Kollektivvertragsverhandlungsfähigkeiten der Gewerkschaftssekretäre interpretieren. (Bundesrätin Bachner schüttelt verneinend den Kopf.) – In diesem Punkt habe ich keines, in manchen Punkten habe ich eines.

Ich habe das hier (der Redner hält eine Postkarte in die Höhe, auf welcher ein Kind mit einer Kröte im Mund abgebildet ist) kommentiert und mache es daher auch an dieser Stelle. Kollegin Trunk, die heute schon ein paar Mal grammatikalische Richtigstellungen vorgenommen hat, war sicherlich beim Entwurf dieser Postkarte nicht dabei. Abgesehen davon, dass die "Vier Pfoten" wahrscheinlich wenig Freude damit gehabt haben, dass die Kröte gequält wurde, als man dem Kind die Kröte in den Mund gesteckt hat, wie man es auf dem ÖGB-Frauenplakat sieht, wo man dann den abgebildeten Buben, der die Kröte im Mund hat, fragen lässt: Warum soll meine Mutti die Krot fressen? – wohlgemerkt: das Kind und nicht die Mutter hat eine Kröte im Mund –, muss ich sagen: Man kann nicht vollkommen sein, alles im Leben ist ein Lernprozess! (Bundesrat Gasteiger: Es wird schon etwas dahinter sein!)

Aber trotz dieser Aktion ist es gelungen, auch die Karenzregelung hineinzubringen, und wir sind froh, dass die Abfertigung eine Abfertigung bleibt. Das ist eine gravierende Forderung: Die Abfertigung muss eine Abfertigung bleiben!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich soll die Möglichkeit der Zusatzpension geschaffen werden, aber gerade für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den unteren Einkommensbereichen ist die Auszahlung der Abfertigung eine Überbrückungshilfe. Da dürfen wir nicht abgehoben agieren und salopp sagen, es müsse alles in Richtung dritte Pensionssäule gehen, sondern die Abfertigung muss eine Abfertigung bleiben. Der große Wurf ist die Wahlfreiheit, dass jene, die die Überbrückungshilfe nicht brauchen, die Abfertigung als Zusatzpension entsprechend ansparen können.

Die Abfertigung kann sozusagen im Rucksack mitgenommen werden. Für mich als Funktionär des öffentlichen Dienstes ist es eine große Freude, dass gegen viele Widerstände auch die Vertragsbediensteten des öffentlichen Dienstes in diese Regelung eingebunden sind. Wir im Landtag von Niederösterreich sind sogar so weit gegangen, dass wir die Landesbediensteten, die von dieser Regelung nicht betroffen sind, schon einbinden und dafür die entsprechenden Vorarbeiten leisten. Die Optionsmöglichkeit für diejenigen, die jetzt der alten Regelung unterliegen und sich eine Verbesserung erwarten – wobei es in der Verantwortung jedes Funktionärs liegt, zu beraten –, ist eine andere Frage.

Ich glaube, dass da eine Allparteienregelung gut wäre. Ich würde mich freuen, wenn es den Vaterschaftsstreit so wie bei der Abfertigung auch bei anderen Dingen gäbe.

Ich habe hier einen Zeitungsartikel vom 6. September 1985, in welchem es heißt: Budgetnöte lassen Vranitzky in die Unfallkasse greifen. Dallinger zapft die Unfallversicherung an.

Wenn man jetzt sagt: Die SPÖ bekennt sich zur Abfertigung!, dann soll man auch den Mut haben, zu sagen: Die SPÖ hat einmal eine Regelung zur Besteuerung der Unfallrenten geschaffen! Nur hat sie es so patschert gemacht, dass diese Regelung von den Höchstgerichten aufgehoben worden ist.

Wenn man hier sagt: Wir haben an Vielem mitgewirkt!, dann soll man, wie es beim Eheversprechen heißt: in guten wie in bösen Tagen!, auch sagen: bei Erfolgen und bei Misserfolgen! Die "Abfertigung für alle" ist jedenfalls ein großer Erfolg! (Beifall bei der ÖVP.)

15.40

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid. Ich erteile ihr das Wort.

15.40

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Verehrte Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Um den Vaterschaftsstreit endgültig zu beenden, möchte ich sagen: Es war nicht der genannte Herr von der ÖVP aus Vorarlberg, es war auch nicht Sigi Dolinschek, sondern es war Max Walch aus Oberösterreich, der hartnäckig als erster gesagt hat: Die Abfertigung muss her! (Beifall des Bundesrates Dr. Nittmann. ) – Sigi Dolinschek hat das dann zusammen mit Jörg Haider im Parlament vorgebracht.

Jetzt ein für alle Mal: Es war niemand anderer als ein Freiheitlicher, und ich bitte, das endlich einmal zur Kenntnis zu nehmen! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eines ist auf alle Fälle klar: Die Hartnäckigkeit hat zum Ziel geführt. Es war eigentlich ein langer Weg, es hat zehn Jahre gedauert. Wenn jetzt von Seiten der Sozialdemokraten moniert wird, was noch alles hätte geschehen können, dann muss ich sagen: Diese zehn Jahre hätten Sie besser nützen können!

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Fest steht, dass es ein Erfolg der Sozialpartnerschaft in Österreich und der jetzigen Bundesregierung ist, dass diese Regelung zustande gekommen ist. Es ist vor allem der Reformkraft der derzeitigen Bundesregierung zuzuschreiben, die – das können Sie nicht wiederlegen, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie – aus Freiheitlichen und Volkspartei zusammengesetzt ist, dass dieses Ziel erreicht wurde.

Meine Damen und Herren! Diese Regelung ist eine "Abfertigung für alle". Das ist vor allem auch für mich wichtig, die ich in der Tourismusbranche tätig bin, wo jetzt im Durchschnitt 167 000 Arbeitnehmer – Saisoniers nicht mitgerechnet – in den Bezug der Abfertigung kommen. Sie sind davon nicht mehr ausgeschlossen. Das wird für uns im Tourismusbereich vielleicht auch die Möglichkeit schaffen, dass wir die Arbeitnehmer länger in Beschäftigung halten, und hoffentlich dazu führen, dass eine Gewerkschaft der Sozialdemokraten auch hinter den Arbeitgebern steht, indem man zugibt: Den Beitrag leisten schlussendlich doch noch immer die Arbeitgeber, sie müssen ihn leisten und müssen ihn auch erwerben.

Wenn von Ihrer Seite immer mehr gefordert wird, indem gesagt wird, dass dies alles nicht genug sei – ich denke an Abgeordneten Dietachmayr, der sich im Nationalrat beschwert hat, und auch an Frau Kollegin Bachner, die gemeint hat, dass der finanzielle Kuchen in wesentlich kleinere Stücke zerteilt wird –, dann muss ich schon sagen: Das glaube ich Ihnen, aber da muss man auch die Frage stellen: Was war denn damals, als Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, an der Regierung waren? – Damals hat es nicht einmal einen kleinen Kuchen gegeben! (Bundesrat Gasteiger: Gaugg: Auch nicht genug!)

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Sie sind an große Kuchenstücke gewöhnt. Ich denke da etwa an ÖGB-Präsidenten Verzetnitsch, an Herrn Nürnberger oder an Frau Kollegin Csörgits. (Bundesrat Gasteiger: Gaugg: Auch nicht genug!) Da beträgt die Abfertigung über 2 Millionen Schilling. Ich denke auch an Herrn Klima mit 3 Millionen Schilling Abfertigung und an die rote Nationalbank, als Heinz Kienzl 11,5 Millionen Schilling Abfertigung kassierte. Da ist natürlich nicht einmal ein kleines Stück Kuchen für den "kleinen Mann" übrig geblieben. Das steht fest! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Erzählen Sie das dem Gaugg!)

Liebe Damen und Herren! Nehmt das endgültig einmal zur Kenntnis und fordert nicht immer noch mehr, wo jetzt doch solch ein riesiger Schritt gemacht werden konnte! (Bundesrätin Schlaffer: Sagen Sie das einmal Herrn Gaugg!)

Meine Damen und Herren ! 19 bis 25 Milliarden Schilling pro Jahr muss die Wirtschaft ... (Bundesrat Manfred Gruber: 250 Millionen Schilling haben Sie ausgegeben, um Manager ...!) Lieber Herr Kollege und Herr Bürgermeister! Gehen Sie jeden Tag wallfahrten und bedanken Sie sich dafür, dass Sie so tüchtige Arbeitgeber und Tourismusbetriebe in Bad Gastein haben, die jetzt so viele Arbeitsplätze sichern! Ich würde das als Tourismus-Bürgermeister nicht kritisieren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Manfred Gruber: Gehen Sie wallfahrten, Sie brauchen es! – Bundesrat Gasteiger hält einen "NEWS"-Artikel in die Höhe, der die Überschrift trägt: "Freunderl-Vertrag".)

19 bis 25 Milliarden Schilling müssen die Unternehmer – das möchte ich hier klar sagen – für diese Abfertigung aufbringen. Das ist keine Kleinigkeit, aber der Wirtschaft ist jeder einzelne Mitarbeiter von großer Bedeutung. Es ist jetzt Ihre Aufgabe, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, dazu beizutragen, dass es zu dieser Lösung auch kommt. Es liegt an Ihnen, dass die Mitarbeiter, die von den Betrieben sehr geschätzt werden, nicht dauernd von Ihnen aufgehetzt und immer wieder falsch informiert werden. Das ist Ihre Aufgabe und sonst keine andere!

Wenn das Geld im Rucksack bleibt, dann ist das genug für eine Rente. Ich glaube, dass das wichtig ist, damit man auch Vorsorge für unsere älteren Menschen treffen kann. Das ist sicher ein ganz wichtiger Schritt. Es war mir ein Bedürfnis, einmal klarzustellen, dass die Notwendigkeit dazu auf beiden Seiten gegeben war.

Ich möchte an dieser Stelle jedem einzelnen, der dazu beigetragen hat, danken. Ausdrücklich bedanken möchte ich mich – das müssen Sie verstehen – bei der Staatssekretärin für Tourismus, dass sie von der ersten Sekunde an richtig gehandelt hat. Viele Kollegen von uns haben das nämlich nicht gleich von Anfang an ohne Tadel unterstützt und ohne Wenn und Aber zur Kenntnis genommen. Es hat zunächst einer Aufklärung bedurft, die vonstatten gegangen ist, und ich muss sagen: 1,53 Prozent auf lange Sicht gesehen tun uns nicht so weh wie ein großer Brocken. Danke vielmals für alle Ihre Unterstützung seitens der Regierung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.47

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Hans Ager. Ich erteile ihm das Wort.

15.47

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzter Herr Präsident! Hohes Staatssekretariat! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Meine Damen und Herren! Im Prinzip ist über diese Abfertigung neu schon alles gesagt worden. Was ich als ein aus der Wirtschaft Kommender noch hinzufügen möchte, werde ich jetzt darlegen. Vorausschicken möchte ich, dass ich nur wenig zur Rolle der Wirtschaft in dieser Sache vernehmen konnte. Von Vaterschaftsprozessen halten wir in der Wirtschaft nichts. Wir sind meistens diejenigen, die hinterher bezahlen dürfen. Gestatten Sie mir nun ein paar Bemerkungen dazu.

Es liegt uns eine ganze Menge an Gesetzentwürfen vor. Interessant ist aber, dass wir heute nur von der Abfertigung neu reden. Unter Umständen schlüpft uns, wenn wir nicht aufpassen, eine ganze Menge durch das Netz, bei dem wir vielleicht erst hinterher draufkommen, dass wir auch darüber hätten reden sollen. Aber das passiert halt ab und zu.

Die Abfertigung neu ist nach der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes meiner Meinung nach die größte sozialpolitische Leistung dieser Bundesregierung. Das muss ich einmal ganz deutlich sagen. Die Sozialpartnerschaft Österreichs ist wieder einmal auf dem Prüfstand gestanden, und alle haben mitbekommen, dass dies gar keine so einfache Sache war. Aber letztendlich hat man das drübergebracht.

Die positiven Punkte sind hinlänglich erwähnt worden, etwa dass nicht nur Vollzeitbeschäftigung, sondern auch Saisonbeschäftigung von dieser Regelung erfasst worden sind, dass auch Frauen in der Karenzzeit, Lehrlinge, Präsenzdiener, Zivildiener und Studenten mit Nebenjobs unter diese Abfertigungsregelung fallen. All das ist positiv. Dass nun sämtliche Arbeitnehmer in den Genuss dieser Abfertigung kommen, ist eine positive Sache. Früher war es nur ein Drittel der Arbeitnehmer, die in den Genuss einer Abfertigung kamen, und Selbstkündigung war ein Ausschließungsgrund, der jetzt wegfällt. Daher kann man, wie ich meine, bei dieser Lösung im Großen und Ganzen von einem guten Abschluss für die Arbeitnehmerschaft Österreichs reden, denn jeder österreichische Arbeitnehmer hat jetzt die Möglichkeit, eine Abfertigung in Anspruch zu nehmen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass die Arbeitnehmer gut beraten sind und klug handeln, wenn sie dieses Geld für eine zweite Pension ansparen, denn es heißt: Spare in der Zeit, so hast du in der Not! Man kann auch sagen: Spare in der Zeit, da hast du Zeit dazu – begünstigt vom Staat, was, wie ich meine, auch sehr positiv ist.

Jetzt komme ich auf die Vorteile für die Wirtschaft zu sprechen, die es auch geben muss, denn eine Sozialpartnerschaft ist eine zweiseitige Geschichte, sie funktioniert nur beiderseitig. Es funktioniert auch nicht, wenn Sie Ihrer Frau zu Hause alles nur aufzwingen und ihr sonst nichts geben. Dann wird diese Partnerschaft nicht von langer Dauer sein.

Meine Damen und Herren! Die überschaubaren und kontinuierlichen Beitragszahlungen sind ein Vorteil für die Wirtschaft, auch für viele kleine Betriebe, die früher unter Umständen existenzbedrohende Liquiditätsbelastungen gehabt haben. Dass laut Berechnungen dieses angesparte Geld in zehn Jahren bereits 4 Milliarden € ausmachen kann, ist auch eine positive Geschichte. Es ist auch positiv, dass man einen Teil dieses Geldes auch für Risikokapital für Betriebe in Anspruch nehmen kann.

Ein Vorteil für die Wirtschaft ist auch, dass die Haftung nicht mehr beim Unternehmer, sondern bei der Abfertigungskasse liegt. Das heißt, nach der Bezahlung ist für die Betriebe die Sache erledigt. Das darf ich auch als etwas Positives werten.

In diesem Zusammenhang muss ich Alfred Schöls ein bisschen korrigieren: Liebe Freunde! Ich fordere Sie auf, bei diesen Dingen, die wir jetzt gemacht haben, sachte vorzugehen. Es hat nämlich dabei eines großen Spagats in der Wirtschaft bedurft. Wenn man jetzt schon wieder davon redet, was wir alles noch machen können, dann macht man die Pferde scheu. Das hätte ich nicht gerne. Alles im Leben ist verbesserungswürdig, aber jetzt müssen wir es zuerst einmal zahlen können, dann können wir wieder über Verbesserungen nachdenken. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Sinne einer Partnerschaft und aus Loyalität zu ihren Mitarbeitern – das möchte ich hier auch ganz offen sagen – hat auch der Tourismusbereich, wie es meine Vorrednerin schon gesagt hat, für den es bisher keine Abfertigungsregelung gegeben hat, dieser Abfertigung neu zugestimmt. Die Tourismusbranche hofft aber, dass diese Solidarität und diese Partnerschaft bei den Bemühungen in verschiedenen Dingen ein Echo finden. Ich darf in diesem Zusammenhang den nicht entnommenen Gewinn, die Lohnsteuersenkungen und all diese Dinge mehr erwähnen. Aber ganz im Speziellen für die Mitarbeitersituation bedarf es der Solidarität und der Partnerschaft aller, die hier sitzen.

Zum Schluss kommend möchte ich betonen: Bei der Abfertigung neu hat die ÖVP zusammen mit ihrem Koalitionspartner wieder einmal bewiesen, dass sie in der Lage ist, bei einem schwierigen Thema aus verschiedenen Denkmodellen etwas Gemeinsames zu schaffen – zum Wohle der Menschen in unserem Lande! Das soll auch für viele andere Dinge beispielgebend sein. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

15.53

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesrat Engelbert Weilharter das Wort. Ich mache gleichzeitig darauf aufmerksam, dass ich die Beratungen um 16 Uhr zur Behandlung der dringlichen Anfragen unterbrechen werde. – Bitte.

15.53

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ganz kurz in zwei Sätzen: Wie war die Situation betreffend die Abfertigung bisher? – Bisher waren rund zwei Drittel aller Arbeitnehmer von der Abfertigung ausgeschlossen. Nur 3 Prozent der Arbeitnehmer kamen in den Genuss der vollen Abfertigung, oder über 2 Millionen Arbeitnehmer erhielten überhaupt keine Abfertigung; vor allem bei Selbstkündigung war bisher kein Anspruch gegeben.

Meine Damen und Herren! Neu ist bei der Abfertigung für alle, dass alle in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis stehenden Arbeitnehmer jetzt einen Abfertigungsanspruch haben, und zwar auch Beschäftigte in den Saisonbetrieben beziehungsweise Saisonberufen, auch Lehrlinge und auch Frauen und Männer, die sich in Karenz befinden.

Vor allem ist auch neu, dass der Anspruchsbeginn ein völlig neuer ist, indem nämlich in Hinkunft ab Beginn des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf Abfertigung gegeben ist. Neu ist aber auch, dass der Anspruch auf Abfertigung bei jeder Beendigung des Arbeitsverhältnisses bleibt, also auch bei Selbstkündigung. Es wurde schon erwähnt, dass natürlich auch das so genannte Rucksack-Prinzip neu ist, nämlich dass der Arbeitnehmer seine Abfertigung mitnehmen kann.

In Summe, meine Damen und Herren, ist das ein guter sozialer Schritt. Die Abfertigung neu bedeutet mehr Gerechtigkeit für alle. Das ist eine jahrelange Forderung von uns Freiheitlichen, die nun endlich damit umgesetzt wird.

Dass es, meine Damen und Herren, der richtige Schritt ist, sagen nicht nur wir. Damit befinden wir uns in guter Gesellschaft, und da darf ich – Herr Präsident, mit Ihrem Einverständnis – aus dem Protokoll des Nationalrates zitieren. Kein unbedeutender Sozialdemokrat, so glaube ich, nämlich kein Geringerer als Präsident Verzetnitsch hat über diese Abfertigung neu Folgendes gesagt – ich zitiere –:

"Für mich ist es die umfassendste Neuordnung seit 80 Jahren, die in diesem Zusammenhang zu erwähnen ist. Es ist mit diesem heute zu beschließenden Gesetz endlich gelungen, dass jene negativen Wirkungen des derzeit bestehenden Abfertigungsgesetzes der Vergangenheit angehören." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Dem wäre eigentlich nichts hinzuzufügen, außer sehr wohl die Frage: Warum ist diese Einsicht beziehungsweise diese treffende Erkenntnis dem Herrn Gewerkschaftspräsidenten Verzetnitsch erst jetzt gekommen? – Die Frage ist auch: Warum war dem Österreichischen Gewerkschaftsbund – das wurde heute schon angesprochen – in der Urabstimmung die eigene Positionierung wichtiger als die Rechte von Arbeitnehmern? Hat die Frage der Abfertigung im ÖGB bisher nur eine sekundäre Bedeutung gehabt? Waren dem ÖGB die eigene Standortsicherung und die Postensicherung vordringlichere Anliegen? – Natürlich kommt man um diese Frage nicht herum, wenn man weiß, dass der ÖGB, aber vor allem die sozialistische Fraktion jahrzehntelang die Gelegenheit gehabt hätte, diesen Schritt zu gehen.

Meine Damen und Herren! Vergangene Regierungen hatten genug Zeit dazu. Es war, so glaube ich, auch der ÖVP nicht unbedingt immer ein Anliegen, diese Abfertigung und dieses Recht für alle zu schaffen – wobei ich schon verstehe, dass sich die ÖVP ein bisschen hinter ihrem Wirtschaftsflügel verschanzt hat, und das ist durchaus verständlich.

Weniger Verständnis habe ich aber hinsichtlich dieser Frage im Falle der SPÖ, denn diese hat sich immer als Arbeitnehmervertretung gesehen, diese hat immer die Positionen im ÖGB und in der Arbeiterkammer innegehabt, hat sich aber in dieser Frage nie stark gemacht und hat in dieser Frage sehr wenig umgesetzt.

Meine Damen und Herren! Erst mit dem Eintritt der Freiheitlichen in die Bundesregierung wurde diese Frage angegangen. Diesem Eintritt ist es zu verdanken, dass es jetzt endlich eine Abfertigung für alle gibt. Die Idee und die Initiative, dass es eine Abfertigung für alle Arbeitnehmer geben soll, stammen von Sigisbert Dolinschek, und das wird nun umgesetzt.

Meine Damen und Herren! Die jetzige Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, eine arbeitnehmerfreundliche Abfertigungs-Novelle zu machen, und sie hat sich dabei auch an den wirtschaftlichen Gegebenheiten der Arbeitgeber orientiert – alles in allem zum Wohle unserer Arbeitnehmer, im Sinne der Wirtschaft, im Sinne des Staatsganzen. – Danke schön allen, die an dieser Gesetzesmaterie mitgewirkt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.58

Vizepräsident Jürgen Weiss: Für die Dauer von eineinhalb Minuten erteile ich Frau Staatssekretärin Mares Rossmann das Wort. – Bitte.

15.58

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kollege Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Ich glaube, man kann zusammenfassend sagen: Diese Form der Abfertigung ist sicher der größte sozialpolitische Wurf, der in den letzten zehn Jahren gelungen ist.

Wenn es um den Vaterschaftsstreit geht, so muss ich sagen: Es gibt für die Abfertigung keine DNA-Analyse, aber eines ist amtlich: dass im Regierungsübereinkommen die Forderung nach der Abfertigung neu durch die Freiheitlichen eingebracht wurde und dort ihren Niederschlag gefunden hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bin aber auch so fair und bedanke mich auch bei den Sozialpartnern für die konstruktive Mitarbeit bei den Verhandlungen. Die Abfertigung neu ist für alle Arbeitnehmer ein Schritt in Richtung mehr Mobilität. Ich habe mich von Anfang an dafür eingesetzt, auch für die Tourismuswirtschaft die Abfertigung zu ermöglichen, wofür ich allerdings dementsprechend kritisiert wurde, denn es waren nicht alle damit einverstanden. Ich war aus folgendem Grund dafür: Ich wollte nicht einsehen, dass die Tourismusbranche davon ausgeschlossen sein soll, wo bisher 94 Prozent der Mitarbeiter noch nie eine Abfertigung erhalten haben.

Der Tourismus braucht diese Regelung, er braucht sie für die Branchentreue, damit die Mitarbeiter, die im Tourismus tätig sind, im Tourismus bleiben. In einer Zeit, in der es einen Kampf um jeden Mitarbeiter, ein Hin- und Hergezerre von einem Betrieb zum anderen gibt und der Wettbewerb um die Mitarbeiter stärker geworden ist, wäre es ein falsches Signal gewesen, die Mitarbeiter im Tourismus von der Abfertigung auszuschließen. Deshalb freut es mich ganz besonders, dass die Abfertigung in dieser Form ab dem ersten Tag möglich ist und alle Tourismus-Mitarbeiter von dieser Regelung umfasst sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

Ich komme schon zum Schlusssatz. Ich bedanke mich noch einmal. Es gibt nun auch mehr Gerechtigkeit für die Unternehmer hinsichtlich eines Jahresbetriebes oder eines reinen Saisonbetriebes. Auch da gibt es nun mehr Gerechtigkeit und einen Ausgleich. Und, wie gesagt, die Mobilität auf dem Arbeitsmarkt wird in Zukunft besser denn je gewährleistet. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.01

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen zur Tagesordnung.

Dringliche Anfragen

der Bundesräte Alfredo Rosenmaier, Klaus Gasteiger, Manfred Gruber und KollegInnen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Österreichische Postbus-AG (1944/J-BR/02)

der Bundesräte Alfredo Rosenmaier, Klaus Gasteiger, Manfred Gruber und KollegInnen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Österreichische Postbus-AG (1945/J-BR/02)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zur Verhandlung über die dringlichen Anfragen der Bundesräte Alfredo Rosenmaier, Kolleginnen und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Finanzen sowie an den Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie.

Da diese Anfragen inzwischen allen Bundesräten zugegangen sind, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Alfredo Rosenmaier als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfragen das Wort. – Bitte.

16.02

Bundesrat Alfredo Rosenmaier (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Postbus-Verkauf sorgt in Österreich für Aufruhr. Ich glaube, dass es wichtig ist, dieses Thema auch hier im Bundesrat zu behandeln. Geplant war anfangs – so auch noch jetzt – ein Verkauf von 100 Prozent der Postbus AG an die Österreichischen Bundesbahnen. Da sind zwei Meinungen entstanden, die auch von Gutachten unterstützt werden, nämlich: kartellrechtliche Monopolisierung und keine kartellrechtliche Monopolisierung.

Eines steht natürlich fest: dass bei dieser Privatisierung – von 30 Prozent spricht man – eine Menge Menschen, wahrscheinlich weit über 1 000, ihren Arbeitsplatz verlieren wird. Und eines steht auch fest: dass Herr Gugerbauer als Verhandler von Anfang an immer von Privatisierung gesprochen hat. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Ing. Reichhold. ) – Das ist nichts Schlechtes, Herr Minister, keine Aufregung!

Tatsache ist, dass gerade Sie, Herr Minister, immer wieder betont haben, dass dabei niemand arbeitslos werde, dass alle übernommen würden. Das ist eine sehr redliche Aussage, und ich habe die Hoffnung, dass sie auch hält.

Die Auslegung, kartellrechtliche Monopolisierung oder keine kartellrechtliche Monopolisierung, entscheidet, wie ich bereits angekündigt habe, über mehr als 1 000 Arbeitsplätze, das muss uns auch klar sein. Die Aussage des Herrn Infrastrukturministers Reichhold, es werde niemand arbeitslos, in Gottes Ohr! (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. )

Ich glaube schon, dass bei jeder Österreicherin und bei jedem Österreicher ein Arbeitswille vorhanden ist. (Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. ) Und ich glaube auch, dass jeder Mensch Recht auf Arbeit hat, das sollte man auch bedenken. Man sollte nicht immer wieder den Menschen unterstellen, dass sie nicht arbeiten wollen. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. )

Bei der Variante, 30 Prozent an die Privatwirtschaft abzugeben, werden alle Mitarbeiter übernommen. Das betrifft aber nicht nur die Postbus-Fahrer, das betrifft auch die Menschen, welche in den Werkstätten beschäftigt sind. (Bundesrat Steinbichler: Ja, eh, weil sich die Herren Chauffeure ihre Busse nicht selbst richten können! ...) Das ist auch klar, ich sage es nur zum Verständnis, damit wir wissen, von welcher Größenordnung wir hier sprechen. Nach außen hin – und das ist das Tragische – wird der Schein gewahrt, dass niemand freigesetzt wird, und man beteuert immer wieder, man arbeite an einer menschlichen und vor allem verträglichen Lösung für die Betroffenen.

Die Wahrheit ist, dass andere Dinge bereits im Vorfeld abgesprochen wurden. Der Verkehrssprecher der FPÖ, Abgeordneter Mag. Firlinger, wurde bereits als Vorstandsmitglied der neu gegründeten Busgesellschaft fixiert. Das kann man nachlesen. Firlinger plant, 30 Prozent der Konzessionslinien zu verkaufen, wodurch es natürlich einerseits eine Budgetentlastung gibt, das ist ganz klar, aber andererseits ist es ein großes Fragezeichen, ob es für die vielen Menschen, die Gefahr laufen, arbeitslos zu werden, dann in der Privatwirtschaft auch noch nach einem Jahr Arbeit gibt.

Ich komme aus der Privatwirtschaft, aus einem Konzern, der noch in diesem Monat zu 80 Prozent geschlossen wird. Ich habe auch immer wieder den Auftrag gehabt, Gruppen von Menschen in Abteilungen zu versetzen, die man dann ein Jahr später geschlossen hat. Herr Minister! Ich will Ihnen jetzt nichts unterstellen, aber ich glaube, dass das auch für Sie keine Unbekannte ist.

Die Privatwirtschaft wird natürlich – und das ist eine sehr verständliche Sache – dieses "Tafelsilber" möglichst billig erwerben wollen. Das ist klar, denn wenn ich von jemandem etwas kaufen will, dann will ich es möglichst billig kaufen und möglichst viel von dem Gekauften für mich lukrieren können. Und das, geschätzte Kolleginnen und Kollegen – das sage ich Ihnen klipp und klar –, ist Verschleuderung des Postbus-Vermögens.

Wir reden hier immer wieder und haben auch heute schon einige Male über die Sozialpartnerschaft hier in diesem Hohen Haus gesprochen. Warum wird sie in diesem Fall nicht genützt? Warum geht man nicht her und sucht aus Gründen der Fairness das Gespräch, vor allem auch das Gespräch mit den Betroffenen? – Das erscheint mir äußerst wichtig. (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Es haben ja Gespräche stattgefunden!) Die Regierungsfraktionen haben kein Gespräch gesucht, die Regierungsfraktionen haben als Antwort auf die "Waffe" Streikdrohung – wie sollen sie sich anders wehren? – alles unternommen, damit dieser Streik möglichst unterlaufen wird. Sie haben andere Menschen gesucht, die dafür sorgen, dass der Postbus-Betrieb intakt bleibt, anstatt das Gespräch zu suchen.

Das Ganze gipfelte dann in der Prinzhorn-Forderung nach einer 100prozentigen Privatisierung.

Die Arbeitsvernichtungsmaschinerie Regierung, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, vergisst ihre moralische Verpflichtung der Bevölkerung gegenüber. Das sage ich Ihnen hier ganz klar und deutlich. Ich glaube, speziell die ÖVP wird Herrn Landeshauptmann Wendelin Weingärtner, den Tiroler, den Urtiroler, sehr gut kennen. (Rufe bei der ÖVP: Weingartner ! Weingartner !) – Weingartner, pardon! (Bundesrat Dr. Aspöck: Das ist ein Auslaufmodell!)

"Es fehlt nach wie vor ein schlüssiges Konzept der Bundesregierung für die Neuorganisation der Postbusse. Die Proteste der Postbusbediensteten kann ich daher verstehen, denn ihre berechtigten Anliegen wurden bisher zu wenig berücksichtigt." – Wendelin Weingartner, APA vom 25. 6. 2002. (Bundesrat Dr. Aspöck: Ein Auslaufmodell!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Er ist ein Mann der Stunde, ein Mann, der weiß, wovon er spricht, ein Mann, der sich viele Verdienste auf seine Fahnen schreiben kann, das muss ich schon sagen. Alle Achtung, dass er sich für diese Aussage verwendet.

Was sind die Forderungen der Gewerkschafter? – Keine, so wie es fälschlicherweise auch in den Medien dargestellt wird, Arbeitsplatzgarantie. Das zu verlangen wäre nicht nur vermessen, sondern wäre auch dumm, denn eine Arbeitsplatzgarantie gibt es nicht. Aber eines ist ihr Recht und ihre Pflicht: eine Arbeitsplatzsicherung zu fordern, und das tun sie. Das tun sie mit aller Kraft und mit allem Recht. Sie fordern auch keine Zerschlagung der Postbus AG.

Die Regierungsparteien sprechen immer wieder vom "kleinen Mann". Der "kleine Mann" ist von euch fast erfunden worden! (Bundesrat Dr. Aspöck: Der ist nicht erfunden, den gibt es!) Es ist schon fast so, dass in keinem Gespräch mehr der "kleine Mann" fehlt, er wird immer wieder von Ihnen propagiert. In diesem Fall habt ihr ihn vergessen, denn bei der Post gibt es auch "kleine Männer", das muss ich euch schon sagen.

Wer bleibt auf der Strecke? – Der so genannte vielzitierte erfundene "kleine Mann" bleibt auf der Strecke. Vielen Strecken werden dann in Zukunft, wenn das Unternehmen in privater Hand ist, einfach nicht mehr gefahren werden, und weit über 1 000 Bedienstete werden auf der Strecke bleiben. Das gemeinwirtschaftliche Prinzip wird aufgegeben, Kolleginnen und Kollegen, und damit wird die Situation im ländlichen Raum verschlechtert, das ist eine eindeutige Botschaft. Gerade der ländliche Raum – und ich kann mich schon bald selbst nicht mehr hören, aber es ist leider Gottes notwendig, es wieder zu sagen – wird zur Gänze ausgehöhlt und ausgedünnt, und das ist auch wieder ein Stück in diese Richtung. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Die Nachteile für die betroffenen Gebiete, für diesen ausgedünnten, ausgehungerten und ausgehöhlten ländlichen Raum haben wieder die Bürger zu tragen, die keine Möglichkeit haben, mit einem Auto zu fahren, die, wenn sie schon älter sind und ihre Söhne oder Töchter nicht in der Nähe wohnen, keine Möglichkeit haben, ihr Kind zu bitten, mit ihnen notwendige Besorgungen zu machen! (Bundesrat Steinbichler: Das muss ein altes Konzept sein! – Ruf bei der ÖVP: Wo leben Sie denn? Das ist ja ein Wahnsinn!)

700 Stellen werden voraussichtlich – und das wird eine Beeinträchtigung sein – in einem Jahr nicht mehr angefahren werden. Die Ausdünnung des ländlichen Raumes wird verantwortungslos, aber leider Gottes anscheinend auch gezielt betrieben.

Wir sind nie notwendigen Umstrukturierungen entgegengestanden. Vor Umstrukturierungen kann man sich nicht verschließen, und das tun auch wir nicht. Aber wir sind für eine Arbeitsplatzsicherung, wir sind für die infrastrukturelle Versorgung der Bevölkerung in allen unseren Landesteilen, und vor allem sind wir auch für eine gute Gesprächsbasis. (Zwischenbemerkung des Staatssekretärs Dr. Finz. )

Herr Staatssekretär! Da Sie hier mitreden, fällt mir etwas zu Ihnen ein. Ich gehe davon aus, dass Sie in Vertretung des Herrn Finanzministers hier sind. Ich kann aber auch davon ausgehen, dass Sie an keiner der Verhandlungen teilgenommen haben und das Wissen diesbezüglich nicht großartig sein wird. (Staatssekretär Dr. Finz: Ich bin mitbeteiligt gewesen!) Sie sind beteiligt gewesen? (Staatssekretär Dr. Finz: Sie werden sehen, welches Wissen ich habe!) – Das ist eine feine Sache. Ich lasse mich gerne und im Speziellen von Ihnen überraschen.

Meine Fraktion wird einen Entschließungsantrag zum Thema Postbus-Verkauf einbringen. Ich fordere Sie auf: Gehen Sie diesen Weg mit uns! Stimmen Sie mit!

Zum Abschluss habe ich noch eine ganz wichtige Botschaft, speziell an die Regierungsfraktionen gerichtet. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Regierung kann und darf sich nicht aus ihrer moralischen Verantwortung stehlen! Dazu fordere ich Sie auf! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.12

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Beantwortung der an den Herrn Bundesminister für Finanzen gerichteten Anfrage erteile ich Herrn Staatssekretär Dr. Alfred Finz das Wort. – Bitte.

16.12

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich habe die Ehre, in Vertretung des Herrn Finanzministers die dringliche Anfrage an das Finanzministerium zu beantworten.

Herr Bundesrat! Ich kann Ihnen mitteilen, dass ich mich schon sehr lange mit dem Bundesbus, dem Postbus und dergleichen mehr beschäftige. Ich komme nämlich aus dem Rechnungshof und wurde im Jahr 1988 zum Leiter der Postabteilung bestellt. Als ich mir die Prüfungsgebiete angesehen habe, habe ich mir auch die Regierungserklärung von 1987 angesehen, und schon in dieser war die Zusammenlegung der Post- und Eisenbahnbusdienste vorgesehen. (Bundesrätin Bachner: Da hat niemand was dagegen!) Dann habe ich gesehen, dass von einem Ministerium parallel zwei Busdienste geführt werden, dass getrennt Busse beschafft werden, die Beschaffung überhaupt nicht koordiniert wird, dass getrennt Werkstätten geführt werden, dass um defizitäre Konzessionslinien gestritten wird. Da habe ich mich gefragt: Was ist das für ein volkswirtschaftlicher Wahnsinn? Wie kann man so agieren? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Manfred Gruber: Das war aber in der Regierung Klaus auch so!)

Ich bin dann zum damaligen Verkehrsminister gegangen, einem gewissen Streicher (Bundesrätin Mag. Trunk: Minister!), und habe gesagt: Herr Minister! Wie kann man so etwas machen? – Es ist doch offenkundig, dass die zwei Bundesbusdienste von einer Hand geführt werden sollten! Darauf sagte er: Das weiß ich eh! Aber Sie wissen ja: Die Bus-Eisenbahner haben dieselben Dienstrechte wie die Schienen-Eisenbahner, die gehen schon mit 53 in Pension! Darum kann ich sie nicht zur Post geben. Das ist das einzige Problem. Aber ich mache etwas anderes: Ich werde den Bussen die gleiche Außenfarbe und den Bediensteten quasi dieselben Uniformen verpassen, und dann wird es schon werden!

Das sind Ihre Konzentrationen, das sind Ihre Koordinationen, das ist Ihre Art von Geschäftsführung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: Hier spricht ein frustrierter Rechnungshofbeamter! Das ist unerträglich!)

Herr Bundesrat! Ich weiß nicht, wie lange Sie sich schon mit dem Postbus beschäftigen. (Bundesrat Rosenmaier: Schon einige Zeit!) Können Sie mir die Verlustzahlen des Jahres 1988 sagen? (Bundesrat Rosenmaier: Kann ich nicht, aber Sie werden es sicher gleich sagen!) Damals, im Jahr 1988, als es noch das Telefon als "Cash-Cow" gegeben hat, hat die Gelbe Post schon einen Verlust – kameral – in der Höhe von 5,5 Milliarden Schilling pro Jahr gehabt, der Postbus einen Verlust im Ausmaß von 1,2 Milliarden Schilling. Es war also höchste Zeit, dass man etwas macht – und nichts ist damals geschehen! (Bundesrätin Mag. Trunk: Die Märchen aus dem Leben des Rechnungshofbeamten!)

Ich verstehe den Streik von heute nicht. Ich lade Sie ein: Fahren Sie mit der Straßenbahn zum Zentralfriedhof – nicht, um auf den Friedhof zu gehen! (Bundesrätin Mag. Trunk: Nicht mit Ihnen! – Bundesrat Manfred Gruber: Noch nicht!) Was werden Sie dort sehen? (Ruf bei der SPÖ: Dass die Wiener ÖVP schon dort ist!) – Sie werden sehen, dass im roten Wien Buslinien von Privaten betrieben werden! Im roten Wien geht das: eine Koordination zwischen privaten und öffentlichen Buslinien. Und das soll bundesweit nicht gehen? – Das müssen Sie mir erklären! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Auf den privaten Buslinien im roten Wien steht: "Im Auftrag der Wiener Stadtwerke". Wieso sollen nicht Private in Abstimmung mit der neuen Postbus-Gesellschaft diese Linien betreiben können? – Das müssen Sie erst einmal jemandem in Österreich erklären.

Weiters – mich reden derzeit viele Leute darauf an – müssen Sie mir erklären, wie es zu vertreten ist, dass Busse, die mit Steuergeldern beschafft werden – denn das ist ein defizitärer Betrieb; ich werde Ihnen dann gleich die konkreten Zahlen vorlesen, damit Sie sehen, wie sich die Bilanzen verschlechtert haben –, für eine Demonstration am Ring, wodurch der ganze Verkehr zusammenbricht, benützt werden! Das war die schlechteste Werbung, die sich die Gewerkschaft hat leisten können! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben ein Demonstrationsrecht, und ich stehe zu diesem Demonstrationsrecht, aber das Demonstrationsrecht ist mit den Beinen auszuüben! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Wenn Sie sich die Körperfülle von manchen angeschaut hätten, dann muss ich sagen: Das täte ihnen auch nicht schlecht. (Bundesrat Konečny: Wir machen es mit dem Kopf! Eine Ungeheuerlichkeit! – Bundesrätin Mag. Trunk: Aber ärgern tut Sie es wahnsinnig! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Man ließ den Verkehr gestern mutwillig zusammenbrechen, und das merken sich die Wiener! Das war die schlechteste Werbung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Durch den Streik wurde verhindert, dass Arbeitnehmer, die keine Arbeitsplatzgarantie haben, die jeden Tag entlassen werden können (Bundesrat Konečny: Gott sei Dank geht das in Österreich nicht!), weil ihr Unternehmen nicht mehr floriert, an ihren Arbeitsplatz kommen, weil pragmatisierte Buslenker – da sehen Sie die Perversion einer Pragmatisierung! – nicht zu ihrer Arbeit kommen! (Bundesrat Konečny: Sie wollen die Leute täglich entlassbar machen! Das ist ja ungeheuerlich! Ich erwarte mir von einem Staatssekretär, dass er die Sprache des österreichischen Sozialrechts kennt! – Weitere heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nun zu den konkreten Zahlen: Die Postbus AG verlor innerhalb der letzten zwei Jahre zirka 50 Millionen €. Das sind 37 Prozent des Eigenkapitals. Für das Jahr 2002 sind weitere Verluste in der Höhe von 9 Millionen € zu erwarten. Was wir also brauchen, ist ein Betrieb, der kundenorientiert ist, der sich aber auch weitestgehend selbst erhalten kann. Das muss das Ziel sein – nicht, dass irgendjemand einen garantierten Arbeitsplatz hat! (Zwischenruf der Bundesrätin Schlaffer. )

Die Bevölkerung hat ein Recht auf eine bestmögliche Nahverkehrsversorgung. Man soll mir nicht immer mit der regionalen Ausdünnung kommen. Wir sind nicht mehr im vorigen Jahrhundert! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn Sie das Recht auf die regionale Verkehrsversorgung einfordern, können Sie genauso gut das Recht auf die Postkutsche verlangen. Man muss mit der Zeit gehen, und man muss die Strukturen zeitgemäß anpassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sehr wohl aber hat der Steuerzahler das Recht darauf, dass mit öffentlichem Steuergeld sparsamst umgegangen wird – und das passiert derzeit nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Diese bestmögliche Versorgung wird erreicht durch die Zusammenführung der beiden Busdienste unter Einbeziehung von privaten Verkehrsunternehmungen, durch den Abbau von Parallelleistungen von Bahn und Post und durch die Erhöhung des Kundennutzens, was Ziel sein muss.

Allein aus den zur Verfügung stehenden Berechnungen des Finanzministeriums ergibt sich ein jährliches Synergiepotenzial von 22,7 Millionen € pro Jahr. (Bundesrätin Mag. Trunk: Telekom-Verkauf-Verluste: Wie viel Busse könnten damit fahren?) Das ergibt sich durch Verwaltungszusammenführung, durch Reduktion bei Buskilometern, durch Mietkostenreduktion, durch gemeinsamen Einkauf, durch Werkstättenzusammenlegungen und dergleichen mehr.

Es werden Liegenschaften frei, durch die Erlöse – Einmaleffekte – im Ausmaß von rund 78 Millionen € erzielt werden können.

Aus all diesen Gründen und da das schon ein jahrzehntelanges Thema ist, hat die Bundesregierung am 14. Mai beschlossen, die ÖIAG zu beauftragen, ihre Anteile an der Österreichischen Postbus AG abzugeben. Die Österreichischen Bundesbahnen haben vorher die Absicht bekundet, 100 Prozent der Aktien der Österreichischen Postbus AG zu erwerben.

Weiters hat die Bundesregierung zum Ausdruck gebracht, dass die privaten Busbetreiber ungefähr zu einem Drittel einzubinden sind, wobei zwei grundsätzliche Varianten bestehen: entweder eine gesellschaftliche Beteiligung oder dass einzelne Linien von Privaten betrieben werden. Die Privaten haben sich bereit erklärt, auch entsprechende Werkstätten und Dienstnehmer zu übernehmen. Das ist im Detail auszuverhandeln, im Interesse der Bevölkerung und der Erzielung des bestmöglichen Erlöses, unter Berücksichtigung der Interessen des Unternehmens – darum geht es – und unter Wahrung österreichischer Interessen. Das sind keine Kreisky-Lösungen so wie seinerzeit bei der verstaatlichten Industrie, die jahrzehntelang trotz Defizite weitergeführt wurde, und letztlich musste sie dann trotzdem verkauft und zugesperrt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Zur Frage 1: "Inwieweit können Sie dafür garantieren, dass nach Privatisierung eines Teiles der Buslinien deren Erhalt gewährleistet bleibt?"

Wie ich schon gesagt habe: Es geht um die Sicherstellung der flächenmäßigen Erschließung bei gleichzeitiger Hebung von Kostensenkungspotenzialen durch Reduktion von Parallelleistungen bei einer gleichzeitigen Steigerung des Kundennutzens. Es geht um die Verkürzung der Door-to-door-Zeiten, es geht um die Verkürzung der Wartezeiten, es geht einfach um die Optimierung des Verkehrsangebotes.

Zur Frage 2: "Wie können Sie garantieren, dass der Bestand des Unternehmens durch den Verkauf von rentablen Linien an Private nicht gefährdet wird?"

Es ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Privaten sowohl die guten als auch die schlechten Teile mit übernehmen müssen. Bei einer gesellschaftsrechtlichen Lösung sind sie sowieso direkt eingebunden. Es wird nicht so sein, dass sich die Privaten die Zuckerln aussuchen und das Schlechte bei der Postbus AG verbleibt.

Außerdem gibt es das Bestreben, eine österreichische Bus-Lösung zu finden, unter Beachtung der kartellrechtlichen Vorschriften und selbstverständlich auch der EU-Vorgaben.

Zur Frage 3: "Ist es richtig, dass auch geplant ist, die Liegenschaften der Österreichischen Postbus-AG im Rahmen der 30-Prozent-Privatisierung zu verkaufen?"

Das Finanzministerium ist nicht der operative Träger des Unternehmens ÖBB, weshalb wir das derzeit nicht sagen können. Das wird Gegenstand der entsprechenden Verhandlungen sein.

Frage 4: "In welcher Form sollen die zu privatisierenden 30 Prozent der Gesellschaftsanteile an der neu zu gründenden Bus-Gesellschaft an private Unternehmen vergeben werden?"

Siehe Beantwortung zu Frage 3. (Bundesrat Konečny: Mit einem Wort, der Herr Landeshauptmann Weingartner hat nur allzu Recht: Sie haben kein Konzept! – Beifall bei der SPÖ.) Ich habe Ihnen den Regierungsbeschluss schon mitgeteilt. Kein Konzept haben die bisherigen Finanzminister gehabt, Herr Bundesrat! Diese haben jahrelang Verlustbetriebe einfach so dahintümpeln lassen. Sie haben kein Konzept gehabt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf bei der ÖVP: Das ist die Wahrheit!) Wir haben diese Sache so wie viele andere Dinge jetzt endlich einmal in die Hände genommen.

Zu den Fragen 5 bis 7:

Der Bundesminister für Finanzen nimmt als Eigentümervertreter des Bundes ausschließlich die Aktionärsrechte in der Hauptversammlung wahr. In operativen Angelegenheiten von Beteiligungsgesellschaften der ÖIAG kommen dem Bundesminister für Finanzen allein auf Grund der gesetzlichen Grundlage weder Eingriffs- noch Auskunftsrechte zu. Außerdem handelt es sich hier um Betriebsgeheimnisse.

Zur Frage 8: "Wurden die gemeinschaftlichen Auswirkungen des geplanten Verkaufes evaluiert, und wie sind die Ergebnisse dieser Evaluierung?"

Selbstverständlich wurden aus volkswirtschaftlicher Sicht diese Möglichkeiten, die schon längst genützt werden, einer gemeinsamen Führung untersucht; ich habe schon entsprechende Einsparungspotenziale angeführt.

Zur Frage 9: "Wurden bei dieser Evaluierung auch die Auswirkungen auf die MitarbeiterInnen berücksichtigt, und welche Ergebnisse sind dabei festgestellt worden?"

Ich glaube, dazu wird der Herr Verkehrsminister, der schon mehrmals zu dieser Frage Stellung genommen hat, heute nochmals eindeutig Stellung nehmen: Es werden praktisch keine Mitarbeiter auf die Straße gesetzt, was vom Dienstrecht her auch gar nicht ginge.

Zu den Fragen 10: "Haben Sie diesbezüglich Gespräche mit den Belegschaftsvertretern geführt?", und 11: "Welche Zusagen haben Sie dabei getätigt?"

Der Bundesminister für Finanzen hat keine Gespräche im Sinne einer Betriebsverfassung zu führen, er hat aber den Vorsitzenden des Zentralausschusses der Österreichischen Postbus AG im Detail sowohl über den Beschluss der Bundesregierung vom 14. Mai 2002 als auch über den Beschluss der außerordentlichen Hauptversammlung der ÖIAG vom 6. Juni 2002 eingehend informiert. Selbstverständlich haben keine Verhandlungen stattgefunden. Das steht ihm auf Grund seiner Stellung nach dem Bundesministeriengesetz auch gar nicht zu.

In den Fragen 12 bis 16 geht es um die Spekulation über allfällige Personalfragen.

Aus unserer Sicht ist uns da nichts bekannt. (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Konečny. ) Da müssen Sie bitte Herrn Abgeordneten Firlinger selbst befragen. (Bundesrat Konečny: Das haben wir schon gemacht! ...) Aber jeder Abgeordneter hat das Recht, sich zu allgemeinpolitischen Fragen zu äußern. (Ruf bei der SPÖ: Kennt ihr überhaupt irgendwen?) Auf jeden Fall sind Personalentscheidungen von den zuständigen Unternehmensorganen zu treffen.

Ähnliches gilt für die Beantwortung der Frage 17. (Bundesrat Konečny: Er war ja dort! Das ist keine Spekulation!)

Zur Frage 18:

Es ist uns diesbezüglich nichts bekannt. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Wir wissen nichts, wir hören nichts und wir sehen nichts!) – Aber wir handeln, das ist der Unterschied! (Bundesrat Konečny: Sie wissen nichts, aber Sie handeln! – Beifall bei der SPÖ. – Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Zur Frage 19: "Welche Bemühungen werden von Ihnen angestellt, um den momentan stattfindenden Arbeitskampf innerhalb des Unternehmens Österreichische Postbus AG beizulegen?"

Dazu sage ich Ihnen etwas ganz Eindeutiges: Das, was da eine Personalvertretung, eine Gewerkschaft macht, ist für das Unternehmen schädlich, schädlich, schädlich! Ich hoffe, dass bald wieder Vernunft einkehrt. Jeder Tag Streik mehr schadet dem Unternehmen! Lesen Sie keine Zeitungen? Welche Zeitung begrüßt diesen Streik? Jeder greift sich auf den Kopf, wenn er sieht, was da von einer wild gewordenen Belegschaft veranstaltet wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In diesen Tagen stehen Maturaarbeiten an! Wissen Sie, dass Gewerkschafter zu vertreten haben, dass Maturanten jetzt nicht rechtzeitig ihre Matura abschließen können?! (Bundesrat Rosenmaier: Schämen Sie sich! – Bundesrätin Mag. Trunk: Herr Minister, Sie spinnen ja! – Bundesrat Rosenmaier: Ein Skandal, was Sie da sagen! – Weitere heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das haben Ihre Gewerkschafter zu vertreten! (Ruf bei der SPÖ: Das ist ungeheuerlich!) – Das ist ungeheuerlich, Herr Bundesrat, Sie haben Recht! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Von Demokratie überhaupt keine Ahnung – oder wollt ihr sie nicht?)

16.29

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächstem erteile ich dem Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zur weiteren Beantwortung das Wort. – Bitte.

16.30

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Mathias Reichhold: Hohes Haus! Sehr verehrte Bundesräte! Herr Staatssekretär! Ich nehme gerne die heutige dringliche Anfrage zum Anlass, um ein paar Dinge richtig zu stellen. Was Herr Bundesrat Rosenmaier gesagt hat, beruht offenbar auf Informationen der Gewerkschaft. (Bundesrat Dr. Nittmann: "NEWS"! Er liest nur "NEWS"!) Ich habe sogar beinahe die Pflicht, gewisse Dinge, die hier dargestellt worden sind, auch aus einer anderen Sicht zu beleuchten. Vielleicht finden Sie dann selbst die Wahrheit.

Zunächst zu dem Vorwurf, dass kein Gespräch gesucht wurde. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Obwohl ich, wie Staatssekretär Finz bereits erklärt hat, für die Postbus AG nicht zuständig bin, dort nicht die Eigentümerrechte wahrnehme und daher von Gesetzes wegen auch das Mandat, Verhandlungen zu führen, nicht ausüben kann, bin ich selbst an die Gewerkschaft herangetreten (Bundesrat Steinbichler: Hört, hört!), mündlich und schriftlich, und habe sie zu Gesprächen – nicht zu Verhandlungen, das geht nicht, sondern zu Gesprächen – eingeladen, und zwar am 28. Mai. (Bundesrätin Bachner: ... nicht einmal mehr die Hand gegeben, nachdem ...!) – Wissen Sie, wenn jemand vom Verhandlungstisch aufspringt und davonrennt, dann kann man ihm nicht die Hand geben. (Heiterkeit, Aha-Rufe und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist gut, dass Sie mich darauf ansprechen. (Bundesrat Freiberger: Warum sind sie denn davongelaufen?) – Das wollte ich gerade erläutern. Der besagte Herr ist deshalb ... (Bundesrätin Bachner: Wieso sind sie davongelaufen? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Würden Sie mich freundlicherweise zu Wort kommen lassen? (Bundesrat Freiberger: Selbstverständlich!)  – Der besagte Herr ist deshalb aufgestanden, weil er von mir verlangt hat, ich sollte den Beschluss des Ministerrates zurücknehmen, einen Beschluss des Kollegialorgans. Wenn ich das getan hätte, wenn ich das in den Verhandlungen zugesagt hätte, wäre das verfassungswidrig gewesen, Frau Kollegin! (Bundesrat Mag. Hoscher: Das ist nicht das erste Verfassungswidrige!) Deshalb ist der Herr aufgesprungen und davongelaufen. (Bundesrätin Bachner: Er ist allein ...!)

Wissen Sie, was mich wirklich betroffen gemacht hat? – Dass er hinterher in öffentlichen Erklärungen der Austria Presse Agentur gegenüber Folgendes gesagt hat: Zunächst soll drei Tage gestreikt werden, und – ich zitiere – "wenn bis dahin keine Entscheidung fällt, dann ist das Unternehmen kaputt". Wissen Sie, was das heißt? – Er riskiert durch Streiks den Konkurs des Unternehmens, den Verlust der Arbeitsplätze! (Bundesrätin Haunschmid: Schöne Gewerkschaft haben wir!) Wenn das passiert, dann sind jene 1 000 Arbeitsplätze, von denen Sie hier immer sprechen, wirklich in Gefahr! (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist eine Ankündigung der Gewerkschaft!) Wenn die Ankündigung tatsächlich wahr gemacht wird, im Herbst noch einmal eine Woche zu streiken, dann ist das Unternehmen wirklich kaputt. (Bundesrat Freiberger: Sie können ja etwas tun!) Ich frage mich, ob es das Ziel der Gewerkschaft ist, mittels einer ganz bewussten Strategie das Unternehmen zu zerstören. (Bundesrat Dr. Nittmann: So tief kann man sinken!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn behauptet wird, wir seien nicht gesprächsbereit, dann kann ich Ihnen eines sagen – und das ist durch unsere Anrufe dokumentiert –: Wir haben über unser Kabinett mehrmals versucht, den besagten Herrn telefonisch zu erreichen, und haben um Rückruf gebeten, weil wir der Meinung sind, wir sollten die Gespräche fortsetzen. Wir haben bis heute noch keine Reaktion erhalten. Mich hat Herr Präsident Verzetnitsch angesprochen, und ich habe, auch auf Grund seiner Vermittlungsversuche, versucht, weitere Gespräche zu führen – bis heute erfolglos!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie mir jetzt den Vorwurf machen wollen, dass wir nicht gesprächsbereit seien, dass diese Regierung, die "böse" Regierung, nicht gesprächsbereit sei, dann muss ich diesen Vorwurf zurückweisen. Ich kann dokumentieren, dass ich Gespräche geführt habe und auch heute noch gesprächsbereit bin! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zweiter Punkt: der ländliche Raum. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie verlangen von uns die Aufrechterhaltung der Verkehrsdienste. Da treffen sich unsere Zielsetzungen absolut, auch ich will das. Sie wissen, dass derzeit genau dieses Thema verländert ist. Wenn Sie haben wollen, dass jetzt von Gesetzes wegen wieder ich für die Aufrechterhaltung der Verkehrsdienste im ländlichen Raum zuständig bin – nehmen wir einmal an, Sie werden wahrscheinlich einen entsprechenden Antrag einbringen; ich weiß es nicht, das könnte sein –, dann würde das heißen, Sie wollen dieses System wieder zentralisieren. Darüber können wir reden. (Bundesrat Dr. Böhm: Eine Länderfunktion!)

Derzeit – das möchte ich Ihnen nur sagen – ist es so, dass die Länder unsere Mittel nicht ausnützen. Ein Drittel jener Mittel, die für die Aufrechterhaltung der Verkehrsdienste im ländlichen Raum zur Verfügung gestellt sind ... (Bundesrätin Mag. Trunk: Dörfler auch!) – Frau Kollegin Trunk, nicht lachen, ernst bleiben! (Bundesrätin Mag. Trunk: Der ist ja Verkehrsreferent! Ist ja Dörfler, dein Kollege!) Ich weiß nicht, ich glaube, die Kärntner sind die einzigen, die das ausnutzen. (Widerspruch und Heiterkeit bei der ÖVP.)  – Aber die Sache ist zu ernst, um sie ins Lächerliche zu ziehen.

Liebe Kollegen! Ein Drittel dieser Mittel, die für die Verländerung und für die Aufrechterhaltung der Verkehrsdienste zur Verfügung gestellt werden, wird zur Zeit gar nicht ausgenutzt. Jetzt frage ich Sie: Funktioniert das System eigentlich? Funktioniert das System wirklich? Sollten wir nicht einmal darangehen, zu sagen: Wir reformieren das System?!

Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion! Seit 30 Jahren wird versucht, zu reformieren, das sind doch Ihre Forderungen! Ich kann sie Ihnen erläutern, ich kann Ihnen die Zitate heraussuchen. Herr Streicher – er wurde heute schon erwähnt – war ein Verfechter der Zusammenlegung der Postbusse und der Bahnbusse. Es ist ihm nicht gelungen. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) Das Einzige, was ihm gelungen ist – der Herr Staatssekretär hat es schon gesagt –, ist: Er hat als Streicher die Busse umgestrichen, wenn man es auf den Punkt bringen will. Das war auch schon alles! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei den Nummerntafeln ist er schon wieder gescheitert, weil einmal "BB" und einmal "PT" draufstehen muss. Da hat sich Herr Streicher gegen die Gewerkschaft nicht durchgesetzt. Schauen Sie, das ist der Unterschied zwischen diesen beiden Regierungen: Wir lassen uns von Reformschnitten nicht aufhalten. Wir lassen uns nur dann aufhalten, wenn es Argumente gibt, die auf dem Tisch liegen!

Nun möchte ich auf die Gespräche mit der Gewerkschaft zurückkommen. Es ist wirklich mühselig und schwer, weil ich bis zum heutigen Tag nicht weiß, was die Herrschaften eigentlich tatsächlich wollen. Ich werde Ihnen zur Verdeutlichung der Unternehmens- und Streikziele Folgendes sagen.

Am 24. Juni 2002 verlangt der besagte Herr, der vom Verhandlungstisch aufgesprungen ist, eine schriftliche ... (Bundesrätin Bachner: Wurm!) – Wie heißt er? (Bundesrätin Bachner: Wurm! Robert Wurm!) Aha, Wurm! (Ruf bei der ÖVP: ... Gesprächspartner, wenn sie ihren Namen angeben!) Ich habe nur gefragt, wie er heißt. Ich wollte nur wissen ... (Bundesrat Mag. Hoscher: ... nicht, was er gesagt hat!) Ich wollte nur wissen, ob sie den Gleichen wie ich meint. Es ist Herr Wurm.

Dieser Herr ist aufgesprungen und hat von mir eine schriftliche Arbeitsplatzgarantie verlangt. (Bundesrat Dr. Böhm: Ist ja absurd!) Das hat er dem ORF gegenüber im Originalton gesagt. (Bundesrat Mag. Hoscher: Ist in der Demokratie legitim!) Das ist legitim, selbstverständlich! (Bundesrat Dr. Nittmann: Wünschen kann man sich alles!) Aber Herrn Verzetnitsch gegenüber hat er gesagt – das können Sie in der "Presse" nachlesen, in der Ausgabe von vorgestern oder von gestern –: "Das habe ich nie gesagt, das hat mir der Reichhold in den Mund gelegt." Das steht hier in der "Presse": "hat mir der Reichhold in den Mund gelegt." (Bundesrat Mag. Hoscher: Wir waren nicht dabei! – Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Der lügt seinen eigenen Chef an!)

Passen Sie auf, es geht weiter! Am 25. 6. relativiert Herr Wurm seine ursprüngliche Forderung und sagt: Ohne schriftliche Zusage des – jetzt plötzlich – Finanzministers, dass fünf Jahre kein Einziger der 3 000 Beschäftigten seine Stelle verliert, legen wir die Arbeit nieder. – Jetzt braucht er also keine dauernde Arbeitsplatzgarantie mehr, sondern jetzt hat er es schon auf fünf Jahre eingeschränkt; er verlangt jetzt eine Arbeitsplatzgarantie auf fünf Jahre. (Bundesrat Mag. Hoscher: Ist ja wieder nichts Strafbares! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das waren am 25., Herr Rosenmaier!

Am 26., einen Tag später, sagt Herr Wurm: "In der heutigen Zeit kann es gar keine Arbeitsplatzgarantie geben." (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Beifall des Bundesrates Dr. Nittmann. ) Verstehen Sie, ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich bin wirklich überfordert. (Bundesrat Konečny: Das wissen wir!) Ich weiß jetzt nicht, was die Linie ist und wie die öffentliche Darstellung ist. Ich bin wirklich ... (Bundesrat Konečny: Das wissen wir! – Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.) Ganz genau, ich gebe zu, bei diesen Unternehmenszielen beziehungsweise Streikzielen der Gewerkschaft bin ich tatsächlich überfordert. Das gebe ich ganz offen zu, weil ich nicht weiß, was die Herrschaften von der Gewerkschaft wirklich wollen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist ein Gewerkschaftsdelirium!)

Um das wieder zu beruhigen, können Sie Herrn Wurm vielleicht etwas ausrichten: Wir sind gesprächsbereit, er soll aber vorher genau sagen, was er will und über welche Rahmenbedingungen wir reden können.

Ich sage Ihnen jetzt Folgendes: Wir sind bereit, darüber zu reden, dass im Rahmen einer sinnvollen Zusammenführung der ÖBB- und der Post-Busse ein österreichisches Unternehmen zu Stande kommt. Was ich und was wir alle vermeiden wollen, ist, dass eines Tages Angebote aus dem Ausland von denjenigen angenommen werden, die auch nicht wenig zahlen wollen, die aber den Postbus von der ÖIAG kaufen wollen, also herauslösen wollen. Das sind Angebote, die nicht neu sind und über die wir auch reden können.

Aber wissen Sie, warum wir uns dagegen noch wehren? – Wir wehren uns deshalb dagegen, weil wir wissen, dass durch diese Zusammenführung wirklich Synergieeffekte gelöst werden können, die Herr Staatssekretär Finz bereits dargelegt hat. Was wir dann jedoch nicht mehr können, wenn das Angebot eines ausländischen Anbieters angenommen wird, ist, dass wir ein Nahverkehrskonzept in enger Abstimmung mit der Schiene schaffen, um darauf aufbauend dann auch eine Teilprivatisierung durchzuführen – eine Teilprivatisierung deshalb, weil Wettbewerb grundsätzlich gut ist und weil Wettbewerb grundsätzlich auch von der Europäischen Union gefordert ist. Niemand wird sagen können, dass auf Dauer ein Monopolunternehmen im jetzigen marktwirtschaftlichen Umfeld Europas eine sinnvolle Zukunftslösung sein kann.

Ich glaube, wir brauchen uns vor dem Wettbewerb auch nicht zu scheuen. Wenn es gelingt, das Unternehmen so zu gestalten, dass sinnvolle Einsparungen genutzt werden und dass Überkapazitäten, die wir nicht brauchen, mobilisiert und verkauft werden, und wenn es gelingt, ein leistungsfähiges Unternehmen zu schaffen, dann wird dort auch ein sicherer Arbeitsplatz entstehen. Das ist unsere Philosophie. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ob sich dann ein möglicher privater Investor dazu entschließt, sich an der Gesellschaft dieses neuen Unternehmens zu beteiligen, oder ob dann die Variante möglich ist, die Regionalisierung des Postbusses in enger Abstimmung mit den Ländern weiter voranzutreiben, das wird Gegenstand von Verhandlungen sein, die erst dann erfolgen können, wenn die ÖBB einmal den Postbus gekauft hat. Das können sie jetzt nicht über Nacht verhandeln. Dazu brauchen wir Zeit, und diese Zeit haben wir. Niemand verlangt von uns – das sehen Sie, wenn Sie den Ministerratsvortrag genau lesen –, diese Angelegenheit übers Knie zu brechen und von heute auf morgen darüber zu entscheiden. Das werden Verhandlungen sein, die die ÖBB mit dem Postvorstand in enger Abstimmung mit dem Eigentümervertreter, also mit mir, und – auch das ist eine, sogar schriftliche, Zusage an die Gewerkschaft – unter Einbindung der Belegschaftsvertreter führen werden.

Ich kann Ihnen dazu nicht mehr sagen, aber ich kann Ihnen das auch beweisen. Wenn Sie wollen, können Sie meine Briefe an die Gewerkschaft haben. Ich habe ihr gegenüber schriftlich zugesagt, dass alle übernommen werden. Ich habe schriftlich zugesagt, dass bei der Restrukturierung des Unternehmens und bei der darauf folgenden Teilprivatisierung auch die Belegschaft mit eingebunden sein wird. Das müsste ich nicht tun, aber ich werde es tun und habe das schriftlich zugesagt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man dann immer noch Krisenszenarien organisiert mit Bussen, die, wie der Herr Staatssekretär richtig gesagt hat, im Eigentum des Steuerzahlers sind, und den ganzen Verkehr in Wien blockiert, wenn man für Gespräche, die dokumentiert sind, nicht erreichbar ist (Bundesrätin Bachner: Die Busse sind ordnungsgemäß angemietet ...!), wenn man irgendwelche Argumente vorträgt, die nicht nachvollziehbar und auch nicht sehr glaubwürdig sind, wenn die Streikziele täglich geändert werden, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Sie in der Öffentlichkeit keine Sympathien mehr haben. (Bundesrat Freiberger: Haben wir! – Bundesrätin Bachner: Dass Sie die nicht haben, das verstehen wir!) Nein, Sie müssen sich nur einmal die Rückmeldungen aus der Bevölkerung vor Augen halten. (Bundesrat Konečny: Das tun wir schon, da sollten Sie sich keine Sorgen machen! – Bundesrat Gasteiger: Das soll nicht Ihr Problem sein, Herr Minister!) – Das ist es auch nicht, das ist Ihr Problem!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme jetzt zur Beantwortung der Fragen. – Jetzt muss ich nachsehen, wo ich die Unterlagen habe, damit ich Ihnen nichts Falsches sage.

Zu den Fragen 1 bis 7 möchte ich grundsätzlich festhalten, dass der Ministerratsbeschluss die Übernahme der gesamten Postbus AG durch die ÖBB und in der Folge die Teilprivatisierung vorsieht. Ob das durch den Verkauf von Aktien der Postbus AG oder durch die Abgabe von Marktanteilen geschehen wird, ist offen und Gegenstand der Verhandlungen.

Zur Frage 1:

Im Ministerratsbeschluss ist ausdrücklich festgehalten, dass die Einsparungen zur Verbesserung des Verkehrsangebotes beitragen sollen und dass die freigesetzten Potenziale für die Erschließung neuer Verkehre sowie zur Erhöhung des Wirkungsgrades besonders im ländlichen Raum verwendet werden sollen. Durch die Einsparungen entstehen neue Verkehrsangebote. Das ist das Ziel, das steht im Ministerratsvortrag. Das heißt, es wird nicht dazu kommen, dass ein Finanzminister sagt: Die Einsparungserfolge verwende ich, um das Budget zu sanieren!, sondern wir haben zusätzliche Gelder, um die Verkehrsdienstleistungen des ländlichen Raumes zu verbessern.

Zur Frage 2:

Es gibt überhaupt keinen Grund, anzunehmen, dass die ÖBB als Eigentümer der Postbus AG ausschließlich defizitäre Linien betreiben wollen, daher, sollte es zu dieser Lösung kommen, nur rentable Linien abgeben und sich damit selbst schädigen werden. Auf den Punkt gebracht heißt das: Ein Rosinenpicken wird es nicht geben.

Zu den Fragen 3 und 4:

Die Verhandlungen zwischen ÖBB und den privaten Interessenten werden sofort nach der Übernahme des Postbusses begonnen werden. Dies wird, wie ich in meiner Stellungnahme schon erwähnt habe, einem gesamtösterreichischen Nahverkehrskonzept zugrunde liegen, damit insbesondere die Versorgung des ländlichen Raumes verbessert wird.

Zu den Fragen 5 bis 7 hat der Herr Staatssekretär ausführlich Stellung genommen. (Bundesrat Konečny: Hat er nichts gesagt! Aber das ist ein Regierungsübereinkommen, dass man nichts sagt!) Die Unternehmensdaten ... (Bundesrat Gasteiger: Er sagt ja auch nichts! – Bundesrat Konečny: Eben! Sie sind sich ja einig! Der Herr Staatssekretär hat gesagt, er weiß nichts! Wenn Sie auch nichts wissen, sagen Sie uns, wer etwas weiß! Dann fragen wir den!) Herr Bundesrat Konečny, Sie dürfen sich nicht so aufregen, das könnte Ihnen nicht gut tun. (Bundesrat Dr. Nittmann: Da geht es nur ums Theater! – Weitere Zwischenrufe.)

Ich darf es noch einmal wiederholen, weil es einige gibt, die genau wissen, wie die österreichischen Gesetze ausschauen. Wenn Sie das vorher nicht zur Kenntnis genommen haben oder nicht zur Kenntnis nehmen wollten und noch immer nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dann sage ich es noch einmal: Ich bin nicht der Eigentümervertreter der Postbus AG (Bundesrat Konečny: Aber Sie können nicht auf den Herrn Staatssekretär verweisen, dem Sie zugehört haben!) und habe keinen Zugriff auf die Daten des Unternehmens. Daher sind diese Unternehmensdaten auch über mich nicht abfragbar.

Zur Frage 8:

Die Analyse des unbefriedigenden Zustandes, dass zwei bundeseigene Unternehmen in Konkurrenz zueinander gemeinwirtschaftliche Leistungen erbringen – gerade das war der Grund, weshalb das entscheidende Argument für die Umsetzung der Postbus-Lösung geliefert worden ist! Es ist klar, dass mit den eingesetzten Mitteln zur Bestellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen durch die Länder bei der Realisierung von Einsparungen bessere Ergebnisse geliefert werden könnten. Ich werde darauf noch einmal zurückkommen. (Bundesrat Konečny: Ich höre Sie so schlecht! Die Frau Kollegin ist so laut! – Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid.  – Bundesrat Konečny: Nein, mir brauchen Sie nichts zu erklären! Ich würde es lieber vom Herrn Minister hören! Bei allem Respekt vor Ihnen, er ist doch eine Spur kompetenter!)

Zur Frage 9:

Wie bei der Frage 1 erwähnt, werden die möglichen Einsparungen in zusätzliche Verkehre investiert. Die berechtigten Interessen der Belegschaft beider Unternehmen werden berücksichtigt.

Zur Frage 10:

Ich bin zwar auf Grund der Tatsache, dass die Postbus AG im Eigentum der ÖIAG und diese im Eigentum des Finanzministers steht, derzeit für derartige Fragen nicht zuständig, habe aber dennoch mit den Belegschaftsvertretern Gespräche geführt. Das habe ich schon ausgeführt.

Zur Frage 11:

Ich habe bei den erwähnten Gesprächen in schriftlicher Form dargelegt – wie ebenfalls schon erwähnt –, dass es auf Grund der Beschlüsse der Bundesregierung und der geplanten Vorgangsweise durch die ÖBB keinen Grund gibt, negative Auswirkungen auf das Personal zu befürchten.

Zu den Fragen 12 bis 18 betreffend Firlinger:

Es ist grundsätzlich festzuhalten, dass die personellen Entscheidungen der angefragten Art Angelegenheit der Unternehmensorgane sind. Meinen Informationen zufolge und wie jeder weiß, bekleidet Abgeordneter Firlinger derzeit keine offizielle Position im Unternehmen Postbus AG und hat sich auch nicht für eine solche beworben. Allerdings sage ich ganz klar, wenn sich jemand für eine derartige Funktion bewirbt, dann muss er auch die Qualifikationen mitbringen. (Ironische Heiterkeit und "Gaugg"-Rufe bei der SPÖ.)  – Gegenüber dem SPÖ-Gewerkschaftssekretär ist er sicher konkurrenzfähig gewesen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wissen Sie, es ist eben so: Wenn man sich an die parlamentarischen Gepflogenheiten hält, dann wird mancherorts interpretiert, und das ist auch bei Mag. Firlinger geschehen. Sie werden gemerkt haben, dass ich beim Drogenthema auch den Verkehrssprecher der SPÖ beigezogen haben. Sie werden gesehen haben, dass es bei der Mehrphasenausbildung mein Wunsch war, einen Vier-Parteien-Antrag zu Stande zu bringen.

Ich halte mich auch hier an die Gepflogenheiten. Mag. Firlinger ist nun einmal der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Parlament, und ich habe ihn deshalb zu diesen Beratungen beigezogen. Allein schon die Tatsache, dass er ein einziges Mal bei Verhandlungen dabei war, hat zu Spekulationen in der Öffentlichkeit geführt! Ich möchte es zurückweisen, dass jemand, wenn er in seiner Funktion als Abgeordneter oder auch als Bundesrat – Mag. Firlinger in seiner Funktion als Abgeordneter – von einem Minister zu Gesprächen eingeladen ist, in der Öffentlichkeit diffamiert, teilweise herabgewürdigt und persönlich angegriffen wird.

Wenn das Hohe Haus mit seinen Abgeordneten oder mit seinen Bundesräten selbst so umspringt, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn auch die demokratischen Bemühungen eines Ministers in der Öffentlichkeit leiden. Wenn nicht gewollt ist, dass das Haus eingebunden ist, wenn nicht gewollt ist, dass entsprechende Experten auf der politischen Ebene auch Verhandlungen begleiten, dann werde ich mich in Zukunft daran halten. Ich sage Ihnen aber, das ist ein Fehler! Ich versuche, über die Parteigrenzen hinweg auch meine Gespräche zu anderen Fraktionen aufrechtzuerhalten und sie an Entscheidungen mitwirken zu lassen. (Bundesrat Konečny: Aber der Firlinger gehört schon noch zu Ihrer!) So lange es hier nicht entsprechende andere Beschlüsse gibt, so lange werde ich diese Tradition auch fortsetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Bundesrätin Bachner zu Wort gemeldet. Ich darf darauf hinweisen, dass es für tatsächliche Berichtigungen ein Zeitlimit von 5 Minuten gibt. – Bitte.

16.52

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Zur Klarstellung: Sie haben jetzt hier gesagt, dass nach der Intervention des Präsidenten Verzetnitsch, der Sie gebeten hat – ich weiß selbst davon, ich war im Zimmer, als er mit Ihnen telefonierte –, mit dem Vorsitzenden der Gewerkschaft ein Gespräch einzuleiten, dieses nie stattgefunden hat.

Ich habe soeben mit dem Vorsitzenden der Gewerkschaft, Kollegen Gerhard Fritz, telefoniert und ihn dazu befragt, ob das den Tatsachen entspricht. Er hat mir mitgeteilt, dass sehr wohl nach dem Interventionsgespräch des Herrn Präsidenten Verzetnitsch ein Telefongespräch zwischen Ihnen geführt wurde, in dem Sie über die Situation noch einmal gesprochen haben und Ihnen Kollege Fritz auch mitgeteilt hat, dass er von Ihnen Positionierungen für die Kollegen bräuchte, wie es jetzt mit der Überführung und mit der Privatisierung weitergehen soll und welche Sicherstellung für die Beschäftigten es geben soll.

Es gibt in der Zwischenzeit einen regen Schriftverkehr zwischen Ihnen. Sie haben ihm aber auch mitgeteilt, dass Sie derzeit nicht zuständig sind und deshalb noch keine Zusagen tätigen können. Der letzte Brief ist gestern an Sie ergangen.

Das sei nur zur Berichtigung gesagt. Ich möchte nicht im Raum stehen lassen, dass die Gewerkschaft mit Ihnen nach diesem Interventionsversuch des Präsidenten Verzetnitsch keinen Kontakt hatte. Das entspricht einfach nicht ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Ing. Reichhold. ) – O ja, das haben Sie gesagt, dass die Gewerkschaft ... (Bundesminister Ing. Reichhold: Ich habe es genau umgekehrt gesagt!) Das möchte ich, bitte, hier klargestellt haben: Es hat einen Kontakt gegeben. Er war, wohlgemerkt, telefonisch, aber es gab trotzdem einen Kontakt zwischen Ihnen.

Eine zweite Klarstellung hinsichtlich der hier mehrfach zitierten Postbusse, die gestern für die Streikmaßnahmen verwendet wurden, und dazu, dass von beiden Regierungsmitgliedern immer wieder die Steuergelder ins Treffen geführt werden. (Bundesrat Steinbichler: Was denn sonst?) Schon, das ist richtig, aber ich möchte hier klarstellen, dass diese Busse gestern für diese Demonstration ordnungsgemäß angemietet wurden und dass dafür auch bezahlt wurde. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist ja das Mindeste! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das möchte ich hier eindeutig festhalten. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Maier: So gehen Sie mit den Geldern um, die man Ihnen anvertraut!)

16.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gasteiger.

Ich darf darauf hinweisen, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates auf insgesamt 20 Minuten begrenzt ist. – Bitte, Herr Bundesrat, Sie haben das Wort.

16.55

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Selbstverständlich werde ich diese Redezeit absolut einhalten, darf aber vorab das kleine Taferl etwas vergrößern, weil es doch mein Landeshauptmann gewesen ist, der das am 25. 6. gesagt hat. (Der Redner stellt zwei Tafeln unterschiedlicher Größe mit gleich lautendem Text – einem Zitat, das mit "Wendelin Weingartner, VP-Landeshauptmann Tirol" überschrieben ist – vor dem Rednerpult auf.) Ich stelle es aber so her, dass Sie von der ÖVP es sehen und wissen, was Herr Landeshauptmann Weingartner gesagt hat. Für das Protokoll werde ich es ein bisschen später zitieren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Nein, ich fühle mich wohl bei den Sozialdemokraten!

Geschätzte Anwesende! Hohes Haus! Es sei Herrn Staatssekretär Finz nicht erspart, dass ich jetzt auf ein paar Punkte seiner Ausführungen Bezug nehme. Herr Staatssekretär, Sie waren früher einmal Rechnungshofbeamter. Als Rechnungshofbeamter haben Sie Verschwiegenheitspflicht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich nehme an, dass Sie jetzt im Schutz der Anonymität hier vertrauliche Gespräche mit Herrn Streicher erzählen. Das finde ich schon ein starkes Stück! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Hoscher: Skandal! – Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz. )

Zweitens haben Sie die Regierungserklärung von 1987 erwähnt, darin stand: Zusammenlegung Post und Bahn. Ich kann mich erinnern, dass die ÖVP 14 Jahre mit uns in einer Koalition war und dass es in den Ministerräten einstimmige Beschlüsse gegeben hat. Erinnere ich mich da richtig oder nicht? – Ich glaube schon. (Bundesrat Konečny: Wir erinnern uns, die ÖVP hat es vergessen!) Eben! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Drittens: Wien ist für mich nicht gerade eine Kleinstadt, sondern das ist eine Großstadt, das ist natürlich eine Weltstadt für einen Tiroler Bürgermeister einer Gemeinde mit 1 175 Einwohnern. Dass der Wiener ÖVP-Landesobmann zum ländlichen Raum spricht – und die Nahverkehrspolitik ist für mich auf den ländlichen Raum bezogen –, ist noch nicht einmal ein Problem, das spreche ich ihm nicht ab. Damit, dass er das nicht weiß, habe ich auch kein Problem. Aber dass er dann als Wiener ÖVP-Landesobmann (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer ) auf pragmatisierte Beamte mit Füßen tritt und von wild gewordenen Mitarbeitern spricht, ist eine Frechheit! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Todt: Die Wahrheit!)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesrat! Darf ich Sie bitten, das Wort "Frechheit" zurückzunehmen.

Bundesrat Klaus Gasteiger (fortsetzend): Frau Präsidentin! Verzeihung! In meiner Emotion habe ich mich etwas zu weit hinausgelehnt. – Herr Staatssekretär! Ich nehme dieses Wort zurück. (Staatssekretär Dr. Finz: ... entschuldigt!) – Bitte, tut mir Leid!

Aber das Vierte soll man auch noch wissen. Herr Staatssekretär! Sie haben gesagt, in der Stadt Wien gebe es privat geführte Betriebe, die die Nahverkehrsversorgung aufrechterhalten. Ich erlaube mir, als Beispiel einen privat geführten Betrieb, nämlich jenen von Herrn Dr. Richard, zu nennen. Das Defizit der Firma dieses Herrn Dr. Richard – und das soll die Öffentlichkeit auch wissen – wird von der Stadt Wien getragen, Herr Staatssekretär! So ist es also nicht, dass er finanziell dafür aufkommt. Diese ganze Frage der Nahverkehrspolitik ist auch eine Frage der Volkswirtschaft und nicht nur eine Frage reiner Betriebswirtschaft. (Bundesrat Bieringer: Was wollen Sie denn damit sagen? Meine Gemeinde zahlt der Post auch ...!)

Herr Verkehrsminister! Sie haben jetzt hier zigmal gesagt, Sie hätten Gesprächsbereitschaft signalisiert. (Bundesminister Ing. Reichhold: Das ist bestätigt worden!) Ihr Finanzminister – und das ist für mich derjenige, der das Sagen hat, wenn es um das Geld und um die Finanzen geht – sagt: Es gibt keine Gesprächsbereitschaft und keinen Bedarf mehr, der Verkauf ist eine beschlossene Sache. – Wem soll man jetzt glauben? Soll man Ihnen glauben? Soll man dem Finanzminister glauben?

So ähnlich wird es wahrscheinlich auch bei den Draken-Nachfolgern sein. Wie heißen denn diese Flieger? – Scheibner sagt: Ja, das kaufen wir! Der Finanzminister sagt: Nein, nicht kaufen! Wem soll man jetzt glauben, Herr Verkehrsminister?

Sie haben weiters gesagt – und das ist meiner Meinung nach nicht schlecht –, ein Drittel der Mittel werde zurzeit nicht abgeholt. Darf ich Sie fragen, ob Sie damals, als Sie Verkehrsreferent in Kärnten waren, die Mittel abgeholt haben? Haben Sie sie abgeholt? (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Soweit ich informiert bin, sind in den meisten Bundesländern Österreichs die Landesregierungen ÖVP-dominiert. Die Verkehrsreferenten und meistens auch die Finanzreferenten sind ÖVP-Landesräte. (Bundesrat Steinbichler: Darum geht auch was weiter!)  – Na bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Wenn unsere Herren Landesräte die Mittel nicht abholen, dann muss irgendetwas schief laufen! Gehen Sie von den Regierungsparteien also bitte zu Ihren Landesräten – wir gehen auch zu unseren Verkehrs- und Finanzreferenten –, und dann werden wir schauen, dass wir die Mittel bekommen, wenn sie sowieso überall fehlen! (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Herren von der Regierung! Ich bin allerdings schwer enttäuscht über die momentanen Vorgänge und darüber, mit welcher Kaltschnäuzigkeit Menschen behandelt werden. – Bei uns in Tirol sagt man: Das geht auf keine Kuhhaut! (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: "Kühlschrank!" Gusenbauer!)

Warum erwähne ich das? – Die Stichworte lauten: Postenschacher, Affäre Gaugg, Rot raus, Schwarz-Blau – mehr Blau als Schwarz – hinein! – Logisch! Weiteres Stichwort: Spitzenbeamte, die mit Top-Gagen spazieren gehen. (Bundesrat Fasching: Denken Sie an den "Konsum"!) Das sind die Manager, die Sie hinausgeschmissen haben. Wir alle miteinander müssen ihnen Beträge in Millionenhöhe zahlen! Wenn Sie da von sparen reden, Herr Verkehrsminister, dann weiß ich nicht, ob das gut ankommt.

Noch ein Stichwort: ländlicher Raum. (Bundesrat Steinbichler: Wollen Sie es wieder so machen wie bei der BAWAG? Ruf bei der SPÖ: Da wäre ich aber an Stelle der Raiffeisen ganz ruhig!) Herr Verkehrsminister! Sie gaukeln der Bevölkerung vor – nicht Sie persönlich, die Bundesregierung insgesamt natürlich –, dass eine Zusammenlegung der Bezirksgerichte absolut notwendig sei (Bundesrat Dr. Böhm: Ja, sicher!), und zwar mit dem "schwindeligen" Argument, man müsse eigentlich nur "einmal im Leben" zu einem Bezirksgericht gehen. So argumentieren Sie, dass man jetzt Bezirksgerichte zusperren müsse! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.  Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist so wie mit der Kriminalstatistik!)

Sie gaukeln der Bevölkerung vor, dass die Zusammenlegung von Gendarmerieposten absolut notwendig ist, und zwar mit dem Argument – das hat der Herr Minister heute selbst gesagt –, dass mehr Personen von den Dienststellen auf die Straßen "verlegt" werden, um die öffentliche Sicherheit aufrechtzuerhalten. (Bundesrat Konečny: Es ist nur ein bisschen ein weiter Weg, aber gut!) Ich habe mit der Sicherheit auf der Straße bis dato noch keine Probleme gehabt.

Offensichtlich vergessen Sie aber dabei, dass in den Dienststellen dadurch nicht mehr Beamte zur Verfügung stehen. Herr Minister Strasser hat das vorhin erwähnt, aber ich habe mich persönlich davon überzeugt. – Kollege Bieringer muss schon wieder lachen. Das ist aber nicht mein Problem. Bei den nächsten Wahlen wird es das Problem der ÖVP sein! (Bundesrat Bieringer: Abwarten!)  – So ist es! Sie vergessen offensichtlich, dass bei den Dienststellen – ganz im Gegenteil! – Planstellen gestrichen und nicht nachbesetzt werden.

Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Gestern war der sozialdemokratische Landtagsklub in Tirol auf Besuch in einem Bezirk. (Bundesrat Fasching: Gibt’s den noch?)  – Aber ganz sicher! (Bundesrätin Mag. Trunk: Dem geht’s besser als der ÖVP-Wien!) Ich war selbst bei einem Gendarmerieposten-Kommandanten und habe mir diesen Gendarmerieposten angeschaut. (Bundesrat Fasching: War der rot eingefärbt?)  – Nein, gar nicht einmal; nach Aussagen des Kommandanten zu schließen nicht. (Bundesrat Fasching: Rot-weiß-rot!) Er hat mir erzählt, zwei Posten sind gestrichen und Beamte sind eingespart worden.

Das ist ein Bezirk, durch den der Transitverkehr rollt, aber die Verkehrsabteilung ist ihnen auch noch genommen worden. Wie das künftig im Winter bei möglichen Staus oder starkem Schneefall oder was auch immer zu bewältigen sein soll, wisse man nicht, weil es zu wenig Beamte und Mitarbeiter gebe, um die öffentliche Sicherheit aufrechtzuerhalten. – So viel zu dem, was Herr Innenminister Strasser heute gesagt hat.

Ein anderes Beispiel, der ländliche Raum: In meiner eigenen Gemeinde, Kaltenbach, gibt es seit 1915 einen Gendarmerieposten. – Die Tiroler Kollegen können das bestätigen, wenn Sie mir vielleicht nicht glauben, und es ist auch oft genug in der Zeitung gestanden. (Bundesrat Schöls: Ist es wahr, oder ist es in der Zeitung gestanden?)  – Das ist wahr und ist in der Zeitung gestanden. (Bundesrätin Mag. Trunk: Sonst kannst du geklagt werden!)

Seit dem 24. September 2000 darf ich der Gemeinde Kaltenbach als Bürgermeister vorstehen, anderthalb Monate später hat es ein Gespräch mit meinen Beamten gegeben – ich sage jetzt bewusst: mit "meinen" Beamten, weil es noch "mein" Gendarmerieposten ist –, in dem sie mir ihr Leid über die schlechte Unterbringung und die Hitze geklagt haben. (Ruf bei der ÖVP: Wie viele waren es denn?)  – Zehn Beamte, von denen bis dato noch keiner einer Kürzung zum Opfer gefallen ist.

Wir haben uns dann anderthalb Jahre lang gemeinsam mit einem Bauträger darum bemüht, eine Lösung zu finden, damit der Posten neu gebaut werden kann – ein Gendarmerieposten mit einer kleinen Wohnanlage bestehend aus fünf Wohneinheiten. Der Baugrund war vorhanden.

Der Bürgermeister der Nachbargemeinde Ried im Zillertal – ein ÖVP-Bürgermeister, der von drei Roten "eingekreist" ist – hat wahrscheinlich in einem Anfall von Wahn – das sage ich jetzt sehr bewusst, das kann er dann auch nachlesen; wir haben seit dieser Zeit ein etwas gestörtes Verhältnis zueinander (Bundesrat Ing. Grasberger: Dann wird er es nicht lesen!)  – unbedingt politisch intervenieren müssen. Der Akt ist mittlerweile sehr dick, ich kann also beweisen  – denn sonst würde ich es nicht sagen –, dass der Gendarmerieposten auf Grund parteipolitischer Motivation von der Gemeinde Kaltenbach zur Gemeinde Ried abgezogen wurde. (Bundesrat Konečny: Schau, schau!)

Es gibt Papiere, die belegen, dass aus dem Kabinett des Ministers Weisungen erteilt wurden – und das so fadenscheinig, dass das Ganze noch nicht einmal haltbar ist! (Rufe bei der ÖVP: Warum sagst du das jetzt? Bundesrat Fasching: Das ist rot-weiß-rot!)  – Es tut mir Leid, dass ich erst jetzt an der Reihe bin, denn der Herr Minister ist schon weg. Sie können es ihm aber bitte ausrichten! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Aber er weiß es ohnehin! Im "kleinen Untersuchungsausschuss" hat es schon ein diesbezügliches Gespräch gegeben. (Bundesrat Gstöttner: Er hat ja unterschrieben!)  – Er weiß das. (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. ) Er hat da nicht ausweichen können! – Wir reden vom ländlichen Raum, Kollege Bieringer! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es gibt einen Minderheitenbericht der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Kollegen, in dem all das, was ich jetzt erwähnt habe – Zusammenlegungen und Schließungen von Gendarmeriekommanden, Bezirksgerichten und Finanzämtern –, behandelt wird. – Wenn Sie mir nicht glauben, dann lesen Sie dort nach!

Sie von ÖVP und FPÖ gaukeln der Bevölkerung außerdem vor, dass eine Zusammenlegung beziehungsweise Schließung der Außenstellen der Gebietskrankenkassen notwendig sei. (Rufe bei den Freiheitlichen: Zum Thema! Zu welchem Thema redest du denn eigentlich?) Sie gaukeln der Bevölkerung vor, dass das Verscherbeln des österreichischen "Familiensilbers" absolut notwendig sei. – Ich behaupte Folgendes: Um das ehrgeizige Ziel der Bundesregierung – den "Fetisch Nulldefizit" – erreichen zu können, müssten Sie eine andere Wirtschaftspolitik machen, geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank!

Sie können doch nicht behaupten, dass eine Aushöhlung der Betriebe, der Gemeinden – Kollege Bieringer, das sind meiner Überzeugung nach auch Wirtschaftsunternehmen, Betriebe, und so sind diese auch zu führen – für die Steigerung der Wirtschaftseffizienz in Österreich eine gute Ausgangssituation ist.

Sie gaukeln der Bevölkerung vor, dass der Verkauf der Postbusse – jetzt sind wir beim eigentlichen Thema – absolut notwendig sei. Wilhelmine Goldmann, Vorstandsmitglied der Österreichischen Postbus AG, kann diesen Arbeitsausständen nur wenig abgewinnen. Es sei ihrer Meinung nach aber verständlich, dass die Personalvertreter Sorgen haben. Die Sinnhaftigkeit der Zerstückelung des Streckennetzes sieht aber auch Goldmann nicht. Das Unternehmen ist als Ganzes wirtschaftlich zu führen. Nach dem Sanierungskonzept der Postbus AG schreibt diese 2004 schwarze Zahlen.  – Herr Minister! Herr Staatssekretär! Das wollen Sie zerschlagen? (Staatssekretär Dr. Finz: Der bleibt ja, der Postbus! Der verschwindet ja nicht! Bundesrat Dr. Böhm: Wer will etwas zerschlagen?)

Der Teufel steckt aber im Detail: Eine freihändige Privatisierung verstößt gegen die Transparenzrichtlinien der EU. Der Verkauf von Postbus-Unternehmensteilen muss somit EU-weit ausgeschrieben werden. Anstatt Dr. Richard und ähnlichen Unternehmen konnte so der französische Vivendi-Konzern zum Zug kommen. Laut Konzessionsrecht dürfen Streckenkonzessionen – und um diese geht es bei den Privaten – nicht verkauft werden. Sie können dem Staat zurückgegeben und dann neu vergeben werden. Die privaten Interessenten könnten damit leer ausgehen. Herr Minister! Wissen Sie, was Sie da aufs Spiel setzen?

Rund 70 Prozent der Postbus-Bediensteten sind pragmatisierte und unkündbare Beamte. – Bleibt als Dienstgeber also nur die ÖBB – und die jammern jetzt schon, dass sie zu viele Mitarbeiter haben, die in Frühpension gehen. Das liegt momentan also nicht gerade im Trend. Wahr-scheinlich ist es so, dass sich die Mitarbeiter der Postbus AG fürchten müssen, angezeigt zu werden, wenn sie in Frühpension gehen. Das ist auch so eine Frage, die momentan gerade im Trend liegt.

Ich frage mich, wie Sie das der Bevölkerung verkaufen wollen. – Diese ist nicht so dumm, wie die Herren in der Regierung glauben! (Bundesrat Dr. Maier: Na, na!) Erklären Sie einer älteren Frau, die vielleicht gerade einmal im Leben zum Bezirksgericht fahren muss, die vielleicht Mindestrentnerin ist und zur Gebietskrankenkasse muss, die vielleicht an einem Sonntag ins Krankenhaus fährt, um ihren Mann zu besuchen, weil er krank ist, die vielleicht aus dem hintersten Tal kommt, dass Sie genau die Postbusse abschaffen wollen, mit denen sie fahren will. (Bundesrat Fasching: Die streiken! Rufe bei den Freiheitlichen: Die Postbusfahrer streiken! – Bundesrat Dr. Lindinger: Da fährt die Post nicht!)

Ich darf das mit Zahlen untermauern: Österreichweit werden 729 Gemeinden von der Postbus AG angefahren, von den 279 Tiroler Gemeinden sind es 40 Prozent – in absoluten Zahlen heißt das 119 Gemeinden. Betroffen ist der Bezirk Imst. – Bitte verzeihen Sie mir, ich bin Tiroler, deswegen bringe ich dieses Beispiel ausführlicher: Im Bezirk Imst sind es 15 Gemeinden, im Bezirk Innsbruck Land 19, im Bezirk Kitzbühel 7, im Bezirk Kufstein 15, im Bezirk Landeck 19, im Bezirk Osttirol 13, im Bezirk Reutte 16 und im Bezirk Schwaz 15, also insgesamt sind es 119 Tiroler Gemeinden, die von Postbussen angefahren werden. (Bundesrat Dr. Maier: Und von wie vielen Bahnbussen? )

Interessant ist auch die Meinung von Wendelin Weingartner, der noch Landeshauptmann von Tirol ist und der christlich-sozialen Partei angehört: Es fehle nach wie vor ein schlüssiges Konzept der Bundesregierung für die Neuorganisation der Postbusse, die Proteste der Postbusbediensteten könne er daher verstehen, denn deren berechtigte Anliegen wurden bisher wenig berücksichtigt. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das dürfte doch wohl auch die Meinung des "Noch-nicht-Landeshauptmannes" und ÖVP-Landesparteiobmannes Herwig Van Staa sein, der gemeinsam mit dem "Noch-Landeshauptmann" bei den Demonstrationen war und sich mit den Mitarbeitern solidarisiert hat, die Sie hinauswerfen wollen. – So schaut es aus! (Rufe bei der ÖVP: Was ist mit den Bahnbussen? Wie viele Bahnbusse? – Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. )

Ich frage mich nach wie vor, wie Sie das der Bevölkerung verkaufen wollen! Sie führen Ambulanzgebühren, Krankenscheingebühren, Chipkarten, die Besteuerung der Unfallrenten und diese ganze Litanei ein. (Bundesrat Fasching: Ach, das ist doch ein alter Hut! Bundesrätin Mag. Trunk: Zwei Jahre! Das ist nicht so alt!) Das ist ein Raubzug durch die Brieftaschen der österreichischen Bevölkerung! Ich habe mir notiert: 46 Prozent – die höchste Steuerbelastung, die die Bevölkerung momentan zu zahlen hat. (Bundesrat Fasching: Dank sozialistischer Finanzminister! 30 Jahre!)  – Kommen Sie mir jetzt nicht damit, das sei eine Altlast! Mittlerweile sind Sie seit zwei Jahren am Ruder und sollten es selbst besser machen, Kollege Fasching! Wie Sie das der Bevölkerung verkaufen wollen, darauf bin ich gespannt. (Bundesrat Steinbichler: Ja, ja! Es ist ein furchtbarer Zustand in Österreich! Die Leute in den orangen Zelten! Sie haben nichts zu essen! Das sind ja furchtbare Zustände in Österreich! Wandert bitte aus!)

Aber wahrscheinlich ist es so, dass Sie die Postbus AG verkaufen wollen, dann wird sie wahrscheinlich ein Privater übernehmen, und dann werden genau diese Mindestrentner, die "einmal im Leben" zum Bezirksgericht, die ins Krankenhaus fahren müssen, die weiter fahren müssen, weil man die Gebietskrankenkassen verlegt hat, von den Fahrpreisen betroffen sein. – Genau diese trifft es dann! Ich bin gespannt auf Ihre Antwort. (Bundesrat Dr. Maier: ... Da wird nicht gestreikt!)

Aus den erwähnten Gründen stellen die unterzeichneten Bundesräte folgenden Entschließungsantrag, den ich mir jetzt einzubringen erlaube:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Klaus Gasteiger, Manfred Gruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der Versorgung des ländlichen Raumes mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Der Bundesrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, der Bundesminister für Finanzen und alle anderen zuständigen Bundesminister werden aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum mit öffentlichen Verkehrsmitteln im bisherigen Ausmaß auch in Zukunft gesichert ist.

****

Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ. Bundesrat Steinbichler: Zum gleichen Tarif wie im Zentralamt!)

17.14

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Gasteiger, Gruber, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ledolter. – Bitte. (Bundesrat Ledolter begibt sich zum Rednerpult und entfernt zwei Tafeln mit Zitaten, die während des Redebeitrages von Bundesrat Gasteiger dort standen. Bundesrat Konečny: Herr Kollege, die müssen Sie aufbewahren, das ist Ihr ...! Gehen Sie respektvoll damit um! Heiterkeit bei der SPÖ.)

17.14

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Professor! Wäre ich Fahrer in einem Bundesbus, dann dürfte ich das, was ich jetzt getan habe, nicht machen, nämlich den Arbeitsplatz von unnötigen Dingen freimachen. Die Fahrer in den Bundesbusse dürfen das nicht – private Fahrer dürfen das sehr wohl. Ich will jetzt nicht darauf hinaus, dass vielleicht nur das für den Zustand des Unternehmens maßgeblich sei, aber es hat sicherlich auch dazu beigetragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geschätzter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Frau Präsidentin! Ich habe die Ausführungen der diversen Exponenten der sozialistischen Gewerkschaft mit großem Interesse verfolgt (Bundesrat Gasteiger: Ich bin nicht bei der Gewerkschaft!), auch zur Kenntnis genommen, mit wie viel Genugtuung bis Heiterkeit man nicht den "Raubzug", den Sie der Regierung anlasten, quittiert hat, sondern jenen Raubzug, der durch diese Exponenten über Jahrzehnte legitimiert und legalisiert wurde (Bundesrat Gasteiger: Sie waren dabei! 40 Jahre! Nicht vergessen!)  – Herr Kollege Gasteiger, zu dir komme ich noch, bleib ruhig! –, wenn Unternehmen in einer Art und Weise geführt wurden, wie es hier gerade zur Diskussion steht.

Daher meine ich auch, dass es sich heute bei dieser dringlichen Anfrage – wie doch so oft und wie wir es schon wiederholt zur Kenntnis nehmen mussten – um eine mehr oder weniger gekonnte Inszenierung handelt. (Widerspruch bei der SPÖ.) Kollege Rosenmaier hat sich sehr bemüht, etwas Gewicht in diese inszenierte, bestellte und – wie ich meine – sehr abgerufene und willkommene Aufgeregtheit zu bringen, unterbrochen von Ihrem Theaterdonner, geschätzter Herr Professor Konečny, bis hin zu den mit sehr viel kabarettistischem Talent vorgetragenen “Geschichten aus dem Tirolerland”, die wir eben gehört haben.

Letztendlich war es aber doch eine Inszenierung, meine Damen und Herren, denn was steht denn heute wirklich an? Worüber regt man sich denn so gewaltig auf? – Ich höre aus dem Mund des Verkehrsministers eine Zusage für die Mitarbeiter, eine Beschäftigungsgarantie für jene Mitarbeiter ... (Bundesrat Konečny: Das hat sonst keiner gehört!)  – Sie haben es nicht gehört? (Bundesrat Konečny: Er hat geschimpft, dass sie es verlangt haben!)  – Der Herr Minister ist kurz hinausgegangen, aber vielleicht kommt er wieder herein, dann kann er es noch einmal bestätigen. (Rufe bei der SPÖ in Richtung der Bundesrätin Mag. Trunk, die vor der Tür steht : Hol’ den Herrn Minister!)

Frau Kollegin Trunk wird das wahrscheinlich nicht tun, denn ich habe auch ihre Heiterkeit mit großem Interesse verfolgt – immer dann, wenn es um einen volkswirtschaftlichen Schaden gegangen ist, der nachgewiesen wurde, wenn hier von der Regierungsbank erklärt wurde, was das den Steuerzahler an Geld kostet, was die Menschen in diesem so genannten ländlichen Raum, für den Sie sich so einsetzen, geschätzter Kollege Gasteiger – auch ich komme aus dem ländlichen Raum und fühle mich als ein Vertreter dieses Raumes –, dafür aufbringen müssen, wofür sie bluten müssen (Bundesrat Konečny: Dank dieser Regierung! Das wissen wir ja! 46 Prozent!), eben auf Grund von Unternehmungen, die sich wie eine Perlenschnur fortsetzen lassen.

Ich sage gar nicht "Konsum", Herr Professor, aber denken Sie immer daran, wenn Sie über unternehmerisches Talent nachdenken, was gerade in diesem und in anderen Unternehmen an Beispielen gegeben wurden. (Bundesrat Steinbichler  in Richtung des Bundesrates Konečny  : Wer zahlt denn die Abfertigungen? Sind das die Reichen oder die Armen? Bundesrat Konečny: Bitte? Bundesrat Steinbichler: Wer zahlt denn die letzten Abfertigungen von 50 Millionen? Sind das die Armen oder die Reichen? Bundesrat Konečny: Weißt du, wovon du redest? Ruf bei der SPÖ – in Richtung ÖVP –: Bleib lieber beim Genmais! Bundesrat Konečny: Weitertrinken und ruhig sein!)

Ich will auch gar nicht zu den Abfertigungen des "Konsum" reden, sehr verehrte Damen und Herren, die Situation bei der ... (Ruf bei der ÖVP: BAWAG!)  – Es würden mir einige gute Beispiele einfallen. Bringst du mir auch noch ein Beispiel? (Bundesrat Freiberger: Beim "Konsum" war es eine ... und keine Abfertigungszahlungen für die Mitarbeiter! Ruf bei der ÖVP: Den Unterschied kennt er ja nicht einmal! Den "Konsum verteidigen auch noch!)  – Gut.

Jetzt wird es endgültig mühsam, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube schon, dass diese Aktion "Licht ins Dunkel" mühsam ist, Herr Professor! Es wird vielleicht noch mühsamer werden, Sie können es dann gerne im Protokoll nachlesen, da Sie sich jetzt zurückziehen, aber die Situation bei der Post, bei den Postbussen ist traurig genug.

Dass wir da im heurigen Jahr – Staatssekretär Finz hat es vorgetragen – mit einem Defizit in der Höhe von rund 9 Millionen € zu Lasten des Steuerzahler zu rechnen haben, soll nicht unerwähnt bleiben. Unerwähnt bleiben soll auch nicht, dass das "Familiensilber", das Kollege Rosenmaier so sehr hochhalten wollte, doch über Jahre und Jahrzehnte belastet und verschleudert wurde, und zwar durch eine schlechte Geschäftspolitik und durch einen ungesunden Wettbewerb in diesem Bereich.

Auch wenn manche Leute das bis jetzt nicht zur Kenntnis genommen haben: Das Bild der parallel fahrenden Bahn- und Postbusse haben viele vor Augen – noch dazu, wenn man sieht, dass keine Passagiere drinnen sitzen. Viele sehen auch all diese Benefizien nicht ein, die sich rund um diese Unternehmen ranken.

Zu deiner Argumentation, lieber Kollege Rosenmaier, dass jetzt große Aufregung herrsche – man konnte erkennen, dass du bemüht warst, diese Anfrage einigermaßen zu begründen –, muss ich dir sagen: Trotzdem war das bestenfalls eine Begründung für jene, die ein Kurzzeitgedächtnis haben. Wenn man nämlich ein bisschen zurückschaut – Herr Staatssekretär Finz hat das auch getan –, dann kann man ganz klar erkennen, dass nicht erst in den achtziger Jahren, damals unter Bundesminister Streicher, ein Anlauf genommen wurde, diese Situation in den Griff zu bekommen.

Verkehrsminister Streicher hat damals dem ORF gegenüber – das kann ich Ihnen gerne zitieren – in einem Interview gesagt:

"Ja, wir haben die beiden Busbetriebe zusammengeführt und die Möglichkeit herbeigeführt, doch große Einsparungen zu erzielen. Beispielsweise können wir in den ersten beiden Jahren durch optimierte Investitionspläne, durch optimierte Fahrpläne, durch Entflechtungen schon etwa 300 Millionen Schilling einsparen, und das ist doch ein ganz beträchtlicher Betrag." – Originalzitat Streicher aus dem Jahre 1988.

Tatsache ist: Streicher hat angekündigt – und das ist auch kennzeichnend für sozialistische Politik! –: Schmölz, der Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft, hat sich nicht verstiegen ... (Bundesrat Konečny betritt soeben den Sitzungssaal.)

Ich freue mich, dass Herr Professor Konečny wieder da ist. (Bundesrat Konečny: Das ist aber schön!)  – Großartig, Herr Professor, dass Sie so altruistisch mit Ihren Kollegen umgehen. Ich weiß das durchaus zu schätzen – umso mehr, als ich Ihnen die Freude gleich zurückgeben kann. (Bundesrat Konečny: Für die kleinere Regierungspartei ist mir nichts zu teuer!) Ich zitiere Ihnen etwas aus der "AZ", diesem längst entschlummerten Blatt, das manche von Ihnen von der SPÖ sicherlich lieb gewonnen hatten, das aber eigentlich auch als "Denkmal" für "erfolgreiche" sozialdemokratische Geschäftsführung herhalten kann. Diesen "Erfolg" mit der "AZ" gab es trotz immenser Subventionen, die letztlich mit dazu beigetragen haben, dass die Geschäftgebarung der SPÖ gar nicht so rosig ist. – Ich weiß schon, dazwischen gab es noch die Sache mit dem "Globus-Verlag". (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Aha, das hat mit der "AZ" nichts zu tun gehabt. (Bundesrat Konečny: Das war die KP! Man muss ja nichts wissen, um sich auch zu Wort zu melden!)  – Freilich, Herr Professor! (Bundesrat Konečny: Wissen stört nur!) – Das hätte ich Ihnen nicht unterstellt, das würde ich mir nicht erlauben. Ich hoffe, dass Sie das auch für andere Kollegen nicht in Anspruch nehmen. (Bundesrat Konečny: Wenn Sie den "Globus-Verlag" mit der "AZ" zusammentun!)

Ich lese Ihnen vor, was im Jahre 1988 der Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschafter, Schmölz, an den Sie von der SPÖ sich sicherlich noch gut erinnern werden, damals gesagt hat, und ich zitiere dazu aus der "AZ" vom 9. Februar 1988.

"Die Busgeschäftsstelle nimmt am 1. März die Arbeit auf. Bis zum neuen Herbstfahrplan sollen erste Ergebnisse vorliegen."

Weiters sagte Schmölz, er begrüße eine bessere Abstimmung der Fahrpläne im Sinne eines besseren Angebots für die Kunden. "Längerfristig werde es, so Schmölz, nur noch einen ‚öffentlichen Einheitsbus’ geben, der in der Anschaffung auch billiger komme. Auch das Postgelb und das Bahnorange werden einer gemeinsamen Farbe weichen. 200 Busse könnten überhaupt eingespart werden." (Bundesrat Konečny: Das ist ja geschehen! Das hat der Herr Staatssekretär lächerlich gemacht!)

Noch einmal: Streicher hat angekündigt, Schmölz hat es begrüßt – und Klima, Ihr später über alles geschätzter Bundeskanzler, hat als damaliger Verkehrsminister kapituliert! In dieser ganzen Angelegenheit ist nichts weitergegangen! (Bundesrat Konečny: Auch da wieder: Der Herr Staatssekretär hat vorher vom Herrn Streicher erzählt. Irgendwie war das nicht ganz zur selben Zeit, Herr Kollege! ... hat gewisse Lücken!)  – Ist es so schwer, diese paar Daten nachzuvollziehen? – Das kann doch nicht sein! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie werden doch noch die Erfolgsreihe Ihrer Minister und Bundeskanzler nachvollziehen können! Das kann doch nicht so schwer sein! Es wäre doch mehr als merkwürdig, wenn Sie all diese jetzt schon vergessen hätten! (Bundesrätin Schlaffer: Vergessen habt nur ihr! Wir wissen!)

Aber diese Geschichte geht noch weiter. Streicher hat das damals mit Sindelka .und Übleis .vorgestellt, hat sich auch ausführlich und in herausstreichender Weise über die volle Wirksamkeit dieser Maßnahmen schon im Fahrplan 1989/90 geäußert, und Streicher hat damals auch die Geschäftsstelle dieses Bundes-Busdienstes und deren personelle Besetzung vorgestellt.

Das habe ich deshalb in Erinnerung gerufen, weil heute hier die Aufregung so groß ist darüber, dass der Vorsitzende des Verkehrsausschusses bei einer Besprechung dabei ist, was offensichtlich Anlass zu Unterstellungen und Vermutungen gibt.

Worüber reden wir jetzt wirklich, meine Damen und Herren? – Wir reden über Maßnahmen, die dazu angetan sind, die Effizienz zu steigern und die Versorgung beförderungspolitisch sicherzustellen. Wenn Post oder Bahn eine Linie nicht kostendeckend führen können, so heißt das noch lange nicht, dass das Private nicht besser machen können. Letztendlich ist es doch so, dass es sowohl im Interesse des Steuerzahlers als auch im Interesse der gesamten Republik notwendig ist, Einsparungen zu erzielen und dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit zum Durchbruch zu verhelfen.

Mit dieser Ihrer dringlichen Anfrage wird jedoch die unrühmliche Tradition mancher Vorläufer fortgesetzt, denn Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, schüren künstlich die Aufgeregtheit, Sie instrumentalisieren die sozialdemokratischen Gewerkschafter, damit diese die Arbeit der Opposition erledigen, und Sie versuchen, einige Personalvertreter ... (Bundesrätin Kainz: Die wissen schon selbst, was sie tun!) – Das glaube ich; deshalb müssen Sie den Gewerkschaftern auch jetzt die Mauer machen, denn in den Augen der österreichischen Bevölkerung wird mit solchen Streiks eigentlich nur der Nachweis geführt, dass die Postbusse durchaus zu ersetzen sind. Und das wird auch gelingen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ – und das ist bezeichnend! –, solidarisieren sich mit Leuten wie Strohmeyer, mit Leuten, die Unruhe stiften, oder mit den Kaskes, die meinen, diese Republik müsse "brennen", und auch mit jenen, die ihren Institutionen beziehungsweise Unternehmen schaden und nicht nutzen, wenn ich etwa an Bittner von der Wiener Gebietskrankenkasse oder an so manch andere denke.

Wir machen das nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen dafür, dass in unserer Republik mit Verantwortungsbewusstsein und nach wirtschaftlichen Kriterien gearbeitet wird. Wir werden dieser Misswirtschaft durchaus ein Ende bereiten und sind ... (Bundesrätin Schlaffer: 14 Jahre! Sie haben eingestanden, dass Sie 14 Jahre nicht verantwortungsvoll gearbeitet haben!) – Ich habe das nicht verstanden, Frau Kollegin! (Ruf bei der SPÖ: Sie wollen es auch nicht verstehen! Wir brauchen es Ihnen auch nicht zu erklären!)

Das wäre vielleicht ganz interessant gewesen. Man soll wirklich nichts unversucht lassen, Ihnen noch etwas zu erklären. Wenn ich schon die Chance hier vom Rednerpult aus habe, dann unternehme ich gerne einen solchen Versuch, Ihnen etwas zu erklären. (Bundesrat Gasteiger: Sie sind ein bisschen schwerhörig!) – Mag sein, aber weißt du, das kommt mit zunehmendem Alter! Mach’ dir nichts draus; vielleicht kommt das auch bei dir. (Bundesrat Gasteiger: So alt bin ich noch nicht!)

Meine Damen und Herren! Wir jedenfalls werden die notwendigen Kursänderungen herbeiführen, und wir werden damit jene Mittel gewährleisten, die notwendig sind, um im ländlichen Raum die Infrastruktur in dem Maße aufrechtzuerhalten, wie sich das die Bevölkerung von uns auch erwartet.

Deshalb erlaube ich mir, folgenden Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Johann Ledolter, Dr. Peter Böhm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung der erfolgreichen Politik der zuständigen Mitglieder der Bundesregierung für den ländlichen Raum, insbesondere im Bereich der Verkehrspolitik

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, ihre bisherige erfolgreiche Politik für den ländlichen Raum, insbesondere im Bereich der Verkehrspolitik, fortzusetzen.

*****

Ich bitte Sie, Frau Präsidentin, diesen Antrag in Verhandlung zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Konečny: Das ist eine gefährliche Drohung!)

17.30

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Ledolter und Dr. Böhm sowie Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag ist genügend unterstützt und steht demnach ebenso mit in Verhandlung wie der andere Antrag, der vorhin eingebracht wurde.

Der Herr Bundesminister hat ersucht, dass er nach Kollegen Ledolter das Wort ergreifen kann. Er ist nur leider nicht im Raum (Bundesrat Konečny: Er wird es später nehmen!), daher gehen wir in der Reihenfolge der Wortmeldungen weiter.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gruber. – Bitte.

17.31

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Diese Diskussion macht mich als jemanden, der – wie man so schön sagt – aus der Provinz, vom Lande kommt, tief betroffen. Es macht mich insofern tief betroffen, weil ich den Eindruck und auch das Gefühl habe, dass man um die Sache herumredet, dass man versucht, um den heißen Brei herumzukommen.

Im Landesstudio Salzburg hat es vor kurzem die Aktion "Der Bürger spricht mit!" gegeben. Zwei Stunden lang wurden Anrufe getätigt. Man hat die Leute gefragt, was sie denn von dem Ganzen hielten, zum einen von der Gefahr, dass der Nahverkehr und vor allem die Versorgung auf dem Land Schaden leiden, und zum anderen von den Maßnahmen der Belegschaft der Postbus AG.

Herr Staatssekretär! Es mag vielleicht sein, dass sich in Wien einige, die hinter den Bussen gefahren sind, geärgert haben. Ich habe zufällig ein Interview mit einem Schnellzusteller gehört, der gesagt hat: Katastrophe! Er hat es eilig gehabt und ist nicht weitergekommen. Ich streite auch nicht ab, dass es so etwas gibt, aber Sie sollten die Meinung jener Leute aus der Provinz hören, die wissen, dass der Postbus ihre einzige Verbindung ist. Großarl, Kleinarl, Hüttschlag, Krimml, wo auch immer – der Postbus ist die einzige Verbindung. (Zwischenbemerkung des Staatssekretärs Dr. Finz. ) Die Leute machen sich Sorgen! Die Postbuschauffeure wissen das auch. (Staatssekretär Dr. Finz:  ... künstlich!) – Nicht künstlich, nein!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Noch etwas macht mich traurig. Wir haben heute eine dringliche Anfrage mit 19 Fragen gestellt, und ich habe kurz mitgeschrieben, was Sie, Herr Staatssekretär, zu den einzelnen Punkten gesagt haben. (Bundesrat Konečny: Sehr gut!)

Zu Frage 2 haben Sie gesagt, privat – das sei gut und auch schlecht. Ich weiß zum Beispiel, dass es einen irrsinnigen Run für die Linie Zell am See über den Großglockner nach Lienz gibt. Was glauben Sie? – Das ist ein gutes Geschäft, das will ein Privater natürlich haben. Ich weiß aber auch, dass die Linie von Hallein nach St. Koloman. niemand fahren will und auch niemand fahren wird. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. )  – So schaut es in Wirklichkeit aus. Den privaten Busunternehmer müssen Sie mir zeigen, der volkswirtschaftliche Aufgaben übernimmt! – Den gibt es nicht, Herr Staatssekretär!

Weshalb die Postbus AG in dieser Situation ist, ist damit zu erklären: über fünfzig Jahre Leistungen, die im volkswirtschaftlichen Sinne erbracht worden sind, was die gesamte Regierung mitgetragen hat. Wir haben hier heute schon über Vaterschaften geredet, und ich kann sagen, Kollege Ledolter hat jetzt wieder Kindesweglegung betrieben. (Bundesrätin Mag. Trunk: Und da soll es den Familien gut gehen!) Er hat so getan, als ob in den letzten 14 Jahren die ÖVP im Ministerrat nicht die Möglichkeit gehabt hätte, Ordnung zu schaffen – da Sie jetzt von Unordnung reden. (Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. ) – Nein, Herr Kollege! Sie haben die Entscheidungen mitgetragen, aber heute verdrängen Sie das. Ich weiß nicht weshalb, aber Sie wollen es eben nicht mehr wahrhaben. (Bundesrat Ledolter: Kiloweise Zitate, dass das nicht so war!)

Herr Kollege! Ihren Entschließungsantrag, den Sie eingebracht haben – das muss ich ganz ehrlich sagen –, betrachte ich als Drohung für die ländliche Bevölkerung. Ich werde ihn gerne an mich nehmen und ihn verteilen. Ich sagen Ihnen, ich mache damit sehr gerne Werbung für Sie. (Beifall bei der SPÖ sowie demonstrativer Beifall des Bundesrates Ledolter. )

Herr Staatssekretär! Zu den Fragen 3, 4, 5 bis 7 gab es keine Antwort! Daher vermute ich auch kein Konzept dahinter.

Auch zur Frage 9 gaben Sie keine Antwort! (Bundesrat Freiberger: Er hat ja gesagt, er weiß nichts!) Zur Frage 10 haben Sie nur gesagt, dass Sie wissen, dass der Herr Minister keine Gespräche geführt hat.

Zu den Fragen 12 bis 16 ist Ihnen nichts bekannt.

Die Fragen 17 und 18 haben Sie unbeantwortet gelassen, und bei der Frage 19 haben Sie von einer "wild gewordenen Belegschaft" gesprochen.

Das ist alles, was Sie, Herr Staatssekretär, uns heute hier zu unserer dringlichen Anfrage zu bieten haben. Das ist sehr wenig, Herr Staatssekretär, das muss ich Ihnen von Angesicht zu Angesicht sagen. Das ist wirklich sehr wenig, und das stimmt mich sehr traurig.

Herr Kollege Ledolter! Ich habe schon gesagt, Ihren Entschließungsantrag betrachte ich eher als Drohung. Wenn Sie von Familiensilber sprechen, dann seien Sie bitte vorsichtig, und rechnen Sie einmal nach, was diese Bundesregierung in den letzten zwei Jahren an Familiensilber in diesem Lande verscherbelt hat. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Steinbichler: Beispiele!)

Herr Kollege! Ob es die Telekom ist, ob es die Austria Tabakwerke sind, was immer es ist, ich muss nur meine Unterlagen holen, ich kann eine ganze Reihe aufzählen. Das wollen Sie doch nicht herausfordern! Ihr seid doch auf dem besten Weg, alles zu verscherbeln, was in diesem Land nicht niet- und nagelfest ist. (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Das ist unerhört!) Wenn Sie hier von einer bestellten Aufgeregtheit sprechen, Herr Kollege Ledolter, dann kann ich Sie beruhigen: Sie ist nicht bestellt, sondern es besteht wirklich Sorge um das größte Busunternehmen mit mehreren tausend Beschäftigten in diesem Land!

Dass man sich um diese Leute Sorgen macht, wird wohl legitim und erlaubt sein, noch dazu, wenn man über die Medien und von der Öffentlichkeit den Eindruck vermittelt bekommt, dass das dem Herrn Finanzminister völlig egal ist. Er hat seine Sache erledigt – das ist so, das bleibt so, da fahren wir drüber, Gespräche gibt es keine mehr! (Zwischenruf der Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann. )

Der Herr Staatssekretär weiß dazu leider nichts, wie ich ohnehin schon gesagt habe. Der einzige Lichtblick – und ich weiß nicht, ob er imstande ist, das zu halten, was er angekündigt hat – ist der Herr Verkehrsminister, bei dem ich das Gefühl und den Eindruck gewonnen habe, dass er sich den Kopf zerbricht und gemeinsam mit den Ländern, mit den Gemeinden unter Umständen eine österreichische Buslösung finden möchte. Diesen Eindruck habe ich gewonnen. Ich hoffe, ich täusche mich nicht in ihm. Ich sehe doch Ansätze, sich gemeinsam um eine Lösung zu bemühen, um diesem Problem beizukommen. Aber die Lösung kann sicher nicht sein, dass man diese Postbus AG zerschlägt! (Bundesrätin Haunschmid: Die zerschlagt ihr!)

Ich denke zum Beispiel nur daran, Frau Kollegin, dass diese Postbus AG im Jahr 1997 nach Schätzungen 3 Milliarden Schilling wert war. Heute ist es ein bisschen mehr als die Hälfte, also nur mehr 1,6 Milliarden. (Bundesrätin Haunschmid: Und was war 2000?) Herr Finanzstaatssekretär! Wo sind die 1,4 Milliarden Schilling hingekommen? (Staatssekretär Dr. Finz: Das sollten Sie Herrn Minister Edlinger fragen!) – Nein, eben nicht. Ich frage mich wirklich, wo dieses Geld hingekommen ist. (Bundesrätin Haunschmid: Was war 2000? – Zwischenbemerkung des Staatssekretärs Dr. Finz. )

Herr Finanzstaatssekretär! Ich habe mir die Mühe gemacht, den Wert der Postbus AG für das Bundesland Salzburg zusammenzurechnen. Das Bundesland Salzburg ist nicht das größte Bundesland, sondern gehört eher zu den kleineren. Wenn ich alles zusammenrechne – Grundstücke, Busse, Immobilien, alles, was dazugehört –, komme ich auf einen Wert von 344 Millionen Schilling. Rechnen wir das einmal hoch auf neun Bundesländer! (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) Es sind die Grundstücke und die Immobilien bewertet worden, und man weiß heute auch, was solch ein Bus ungefähr kostet. Anhand dieser drei Angaben ist eine Bewertung erfolgt.

Ich frage mich wirklich: Wie ist es möglich, bei der Postbus AG von einem Wert von 1,6 Milliarden Schilling zu sprechen, wenn ein kleines Bundesland wie Salzburg Werte in Höhe von 344 Millionen Schilling hat? Was will man? Will man das Unternehmen verscherbeln? Will man es möglichst billig weitergeben? Will man volkswirtschaftliches Vermögen vernichten? Was läuft hier? – Das würde mich interessieren. Ich habe das Gefühl, da wird mit Zahlen jongliert.

Da wird mit Zahlen jongliert. Wenn man zum Beispiel erfährt, dass es Gespräche auf höchster Ebene gegeben hat, dass man den Privaten, wenn sie einsteigen, versprochen hat, dass sie auch die Immobilien sowie die Rücklagen bekommen werden, dann kann man eigentlich davon ausgehen, dass der Postbus – ich würde das als Schachzug bezeichnen – seinen Verkauf an Private selbst finanziert. (Bundesrat Konečny: Ja!) Das ist eine wunderbare Sache, weil man damit seine Klientel, wo immer sie herkommt und wo immer sie dazugehört, ordentlich bedienen kann. Damit hat man wieder ein Ziel auf Kosten der Allgemeinheit erreicht – auf Kosten der Länder, auf Kosten der Gemeinden, auf Kosten derer, die letzten Endes auf die Nahversorgung angewiesen sind, und auf Kosten der Arbeitsplätze bei der Postbus AG. – So kann es bitte nicht sein, Herr Staatssekretär! (Zwischenbemerkung des Staatssekretärs Dr. Finz. )

Ich muss ganz ehrlich sagen, das ist auch der Grund unserer dringlichen Anfrage. Sie hat den Sinn, Licht ins Dunkel zu bringen. Wir haben einen Finanzminister, der jedes Gespräch verweigert, und einen Staatssekretär, der nichts weiß. Gott sei Dank haben wir einen Verkehrsminister (Bundesrat Würschl: Der nicht da ist!), der sichtbare Zeichen von sich gibt, dass er sich dieses Problems annehmen will und nach einer österreichischen Lösung sucht. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) Ich kann ihm dazu nur alles Gute wünschen. 

Was geschieht nämlich? – 30 Prozent privatisieren. Ich habe es schon gesagt: Die Großglockner-Linie will jeder, die Linie von Hallein nach St Koloman will niemand. Das heißt auf gut Deutsch: Die Guten kommen weg, und die Schlechten, Herr Staatssekretär, werden dann weitergeführt, wenn die Länder und die Gemeinden subventionieren. Wenn die Länder und die Gemeinden nicht subventionieren, Herr Staatssekretär, dann werden diese Linien so wie die Bezirksgerichte, die Gendarmerieposten und die Postämter aufgelassen. (Zwischenbemerkung des Staatssekretärs Dr. Finz. ) Das wollen wir nicht, weil damit die Ausdünnung des ländlichen Raumes weitergeht. (Beifall bei der SPÖ. – Staatssekretär Dr. Finz: Es gibt kein Rosinen-Picken!)

Mich stört außerdem, wenn man im Zusammenhang mit den Mitarbeitern der Postbus AG von einer Personalverwertungs gesellschaft spricht. Ich denke immer noch, dass das dort Menschen, Leute sind und keine Verwertung. Wissen Sie, woran mich das erinnert? – Ich bin in Salzburg Aufsichtsrat bei der Tierkörperverwertung, und wenn ich da jetzt das Wort "Personalverwertung" lesen muss, dann, muss ich ehrlich sagen, bekomme ich eine Gänsehaut. Ich würde mir schon erwarten, dass man in diese ganze Sache ein bisschen mehr Feeling, mehr Gefühl hineinbringt. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Staatssekretär! Der Herr Minister ist leider nicht mehr da, auf ihn habe ich eigentlich gehofft, von ihm hätte ich mir noch ein bisschen etwas erwartet. Ich kann nur eines sagen: Wir werden jeder vernünftigen Lösung, einer österreichischen Buslösung, sicher unsere Zustimmung geben, wenn die Versorgung des ländlichen Raumes gewährleistet ist. Wenn diese gewährleistet ist, brauchen wir uns auch keine Sorgen um die Mitarbeiter zu machen, denn dann sind deren Arbeitsplätze sicher. Dem werden wir unsere Zustimmung geben. Bei jeder anderen Lösung, bei der dieser Betrieb gänzlich zerschlagen, filetiert, in Einzelteile aufgeteilt und verkauft wird, werden Sie unseren Widerstand erfahren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.44

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Klamt. – Bitte.

17.44

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Vorweg darf ich den Bundesrat darüber informieren, dass Herr Bundesminister Reichhold nach einer sehr kompetenten Beantwortung dieser dringlichen Anfrage unsere Bundesratssitzung verlassen musste, um einen wichtigen Termin bei Telekom wahrzunehmen. (Rufe bei der SPÖ: Eine gefährliche Drohung!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war acht Jahre lang Betriebsrat und habe bei Besprechungen zum Thema Mitgliederschwund bei der Gewerkschaft im Bereich der Arbeitnehmer aus der Privatwirtschaft den Gewerkschaftsfunktionären immer wieder folgendes Rezept angeboten:

Zieht euch aus der Parteipolitik so weit wie möglich zurück (Bundesrätin Mag. Trunk: Wer?), stellt die Vertretung der Arbeitnehmer in den Vordergrund! (Zwischenruf des Bundesrates Freiberger und der Bundesrätin Mag. Trunk. ) Einige Zeit sah es so aus, als sei die Gewerkschaft in diesem Sinne lernfähig. Das Agieren der Gewerkschaft zum Thema der heutigen dringlichen Anfrage beweist mir aber, dass die Gewerkschaft nichts dazugelernt hat und sich eindeutig vor den Karren der nicht sehr erfolgreichen Oppositionspolitik der SPÖ spannen lässt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Bachner: Das ist ein lächerliches Argument!)

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Privatwirtschaft werden ganz sicher aus dieser Verhaltensweise die richtigen Schlüsse für die Zukunft ziehen. (Bundesrätin Bachner: Ja, bei den nächsten Wahlen!) Wenn man aus der Privatwirtschaft kommt, weiß man, dass sichere Arbeitsplätze nur von wettbewerbsfähigen Betrieben geboten werden können. (Bundesrat Gstöttner: So ist es! – Bundesrätin Mag. Trunk: Ein ziemlich logischer Grundsatz!) Ein vernünftiger Betriebsrat wird daher Maßnahmen, die die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens erhöhen und verbessern, eindeutig unterstützen.

Rund 70 Prozent der im gegenständlichen Fall betroffenen Mitarbeiter befinden sich nach meinem Informationsstand im Beamtenstatus und können daher nicht gekündigt werden. Rund 30 Prozent der Mitarbeiter sind aus meiner Sicht sicherlich daran interessiert, dass Strukturänderungen erfolgen, damit die Arbeitsplätze auch für die Zukunft gesichert sind.

Eine verantwortungsvolle, professionelle Personalvertretung setzt den Streik wirklich nur als letztes Mittel ein, sie sucht zunächst das Gespräch. (Bundesrätin Kainz: Das ist auch das letzte Mittel! – Bundesrätin Mag. Trunk: So ist es!) Dieses Gespräch wird – und das ist verantwortungslos gegenüber den Mitarbeitern der Personalvertretung der Post – nicht oder nur kaum gesucht. Stattdessen wird ohne erkennbares Ziel gestreikt. (Bundesrätin Mag. Trunk: Haben Sie nicht gehört, was vorhin gesagt wurde? Reichhold hat nicht widersprochen!) Es wird ohne klar definiertes Ziel gestreikt. (Bundesrat Mag. Hoscher: Nur weil ihr es nicht versteht!)

Die Zusammenlegung von Post- und Bahnbussen ist aus meiner Sicht eine wirklich gute Lösung und als logische Konsequenz hoffentlich nicht zu verhindern.

Argumente wie die Beseitigung von Parallelverkehren, das Einsparen von Parallelstrukturen, Fahrplankoordination et cetera sprechen für sich selbst. Seit Jahren wird von dieser Zusammenlegung gesprochen, jetzt wird sie durchgeführt.

Der Streik nützt den Mitarbeitern der Post nichts und verärgert nur für die Zukunft die Kunden, die Fahrgäste. In diesem Sinne: Mögen sich die Gewerkschaft und die Personalvertretung so schnell wie möglich aus der SPÖ-Umklammerung befreien und die echten Ziele der Post-Mitarbeiter eruieren und mit Nachdruck verfolgen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.49

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann. – Bitte. (Bundesrat Rosenmaier: Das sind 3 Minuten von deiner Redezeit, wenn du so langsam gehst!)

17.50

Bundesrätin Dr. Renate Kanovsky-Wintermann (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann eigentlich den sehr maßvollen, aber inhaltlich sehr zutreffenden Worten meines Vorredners gar nicht mehr allzu viel hinzufügen, weil ich meine, dass er es wirklich auf den Punkt gebracht hat. Ich darf aber auf ein paar Ungereimtheiten, die mir beim Studium diverser Unterlagen untergekommen sind, hinweisen. Ich möchte diese noch erwähnen, weil von der Seite der Sozialdemokratie so getan wird, als wäre alles gesagt. Na ja, wir wollten ja reden und mit der Regierung ein Gespräch führen! – Ich muss hier schon einmal hinterfragen, wie die Gesprächsbereitschaft des Herrn Betriebsrates Wurm tatsächlich ausgeschaut hat.

Wir haben gehört, dass er irgendwann während einer Sitzung aufgesprungen ist und den Sitzungssaal verlassen hat, nachdem der Minister gesagt hatte: Ich kann eine Ministererklärung leider nicht einseitig zurücknehmen, das wäre verfassungswidrig. – Man könnte fast zu dem Schluss kommen, dass Herr Betriebsrat Wurm den Herrn Minister zu rechtswidrigen Handlungen hätte nötigen wollen. Also so, bitte, kann es ja wohl nicht sein! Ich bin sehr stolz, dass der Minister diesen Verlockungen nicht nachgegeben hat, denn er hätte sich dadurch nämlich strafbar machen können.

Ein anderes Beispiel: Herr Wurm sagte am 25. Juni sehr deutlich, dass sie ohne schriftliche Zusage des Finanzministers, dass fünf Jahre kein einziger der Beschäftigten die Stelle verliert, die Arbeit niederlegen werden. – Das ist eine klare Forderung nach einer Arbeitsplatzgarantie.

Am 26. Juni sagte er gegenüber der APA: "In der heutigen Zeit kann es gar keine Arbeitsplatzgarantie geben." – Das heißt, er nahm die Arbeitsplatzgarantie beziehungsweise die Forderung danach wieder zurück. (Bundesrat Gasteiger: Alles schon gehört, Frau Kollegin!) Man muss das erwähnen, um auch einmal die Glaubwürdigkeit des Herrn Betriebsrates Wurm zu diskutieren. Das ist nämlich ein Fakt, bitte! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Nicht mehr aktuell!)

Die weitere Ungereimtheit ist, dass er in einem Schreiben beziehungsweise in einer Aussendung Folgendes ganz deutlich sagt:

Wir streiken einige Tage, und wenn bis dahin keine Entscheidung fällt, ist das Unternehmen kaputt. Längere Arbeitsniederlegungen schließt der Betriebsrat in weiterer Folge nicht aus. – Zitatende.

Für mich ist das schon ein Thema, denn die dem Minister nachgefolgten Redner – auch Herr Gruber zum Beispiel – haben darüber geredet, dass man ... (Bundesrat Gasteiger: Gasteiger, bitte!)  – Ja, ich weiß, ich habe jetzt nicht Sie gemeint, ich habe Herrn Gruber nicht gesehen. (Bundesrat Konečny: Das macht ja nichts!) Wo ist er? (Bundesrat Rosenmaier: Was für ein Gruber?) Nein, es war nicht Herr Gasteiger, es war Herr Gruber, der sehr deutlich gemeint hat, dass es ein Problem sei, wenn man volkswirtschaftliche Unternehmen zerschlägt. Das ist richtig, da gebe ich ihm Recht.

Aber wer will denn so etwas zerschlagen? (Bundesrat Gasteiger: Sie!) Herr Wurm ist derjenige, Herr Wurm will das machen! (Bundesrat Gasteiger: Na Sie! Sie wollen sie zerschlagen! Die Regierung! – Bundesrätin Mag. Trunk: Jetzt wissen wir es!) Herr Kollege Gasteiger! Ich bitte Sie, wir haben soeben gehört – und das werden auch Sie verstehen, denke ich –, dass man die Betriebe wettbewerbsfähig erhalten muss, denn nur dann hat man auf Dauer wirklich funktionsfähige Betriebe, die auch letztlich die Arbeitnehmerplätze sichern können. Das wissen wir alle, und da brauchen wir nur ein mal eins zu rechnen oder uns die Geschichte anzuschauen. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. )

Das heißt also, wir müssen auch als Betriebsräte die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe entsprechend erhöhen und dürfen Strukturmaßnahmen nicht von vornherein verteufeln. Herr Gasteiger! Sie brauchen nicht wegzugehen! (Bundesrat Gasteiger: Nein, ich stehe nur auf!) Das ist ein wirtschaftliches Einmaleins. Das ist eine sehr logische Gedankenkette, und ich denke, dass das eigentlich für alle allgemein gültig sein sollte.

Herrn Wurm aber interessieren die Mitarbeiter offenbar nicht, und das tut mir weh, das sage ich Ihnen. Ihn interessieren die Mitarbeiter nicht. Herrn Wurm interessiert Aktionismus, und ich habe das Gefühl, dass es ihm vielleicht sogar passen würde, wenn das Unternehmen dadurch geschädigt wird. Zumindest könnte man auf Grund dieser Äußerung die Einsicht gewinnen, und das ist für mich sehr bedenklich. (Bundesrätin Bachner: Das ist eine Unterstellung! – Bundesrätin Mag. Trunk: Renate, das ist tief! – Zwischenruf des Bundesrates Freiberger. ) Nein, es ist leider so, dass dieser Verdacht bei Herrn Betriebsrat Wurm sehr deutlich wird. Mir kommt es nämlich nicht mehr vor, als ob ihn die Mitarbeiter interessieren würden. (Bundesrätin Bachner: Gehen Sie mal zu einer Betriebsversammlung, damit Sie wissen, wovon Sie reden!) Mir kommt vor, dass, um das einmal so zu formulieren, seine eigene Profilierung im Mittelpunkt steht und er sehr fahrlässig mit Unternehmensvermögen umgeht.

Es geht aber noch weiter. Manchmal komme ich mir, wenn es jetzt nicht so traurig wäre, vor wie in einer Herzmanovsky-Orlando-Posse, vor allem wenn ich daran denke, was es in diesem Schriftverkehr alles gibt! Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, dass es eigene Regelungen gibt, wonach nur bestimmte Buslinien Schüler transportieren können. Ich muss gestehen, das wusste ich noch nicht einmal. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. ) Ich frage mich jetzt: Sind wir in einem Staat, in dem die Gleichheit als Grundgesetz festgeschrieben ist oder nicht? Brauchen diejenigen Postbusfahrer, die zum Beispiel alte Menschen transportieren, weniger Befähigung als die, die Schüler transportieren? – Für mich sind alle Menschen gleich, und jeder Mensch ist für mich gleich viel wert. (Bundesrätin Mag. Trunk: Aber Jugendliche und Kinder erfordern eine andere Qualifikation!)  – Ja, aber ältere Menschen, behinderte Menschen sind genauso schutzbedürftig. (Bundesrätin Mag. Trunk: Wozu bist du Landesschulinspektorin?) Es gibt aber keinen extra Busfahrerschein dafür, damit sichergestellt ist, dass Busfahrer für ältere Menschen besonders qualifiziert sind. Es gibt da also einige Dinge, die hinterfragenswert sind.

Eines sage ich auch, da wir gerade bei dem Thema Schule sind: Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass die Postbusgewerkschafter, von denen 70 Prozent Beamte sind, jetzt den Postbusbetrieb einstellen, obwohl sie Beamte sind, und damit den Schülern verwehren, in die Schu-le zu kommen. Ich weiß schon, dass jetzt viele sagen werden, die Schüler haben eine Gaudi, das ist eh lustig, wenn sie im Sommer baden können. (Bundesrätin Kainz: Vor den Ferien!) Ich bin überzeugt davon, dass viele Schüler so denken, ich weiß aber, es gibt auch Eltern, die damit keine Freude haben. Außerdem – und auch Frau Kollegin Trunk weiß das genau – haben wir Abschlussprüfungen und die Matura, und da sind die Schüler sehr wohl verpflichtet zu kommen. Die Schüler kommen auch, aber sie haben große Probleme, besonders im ländlichen Raum, zu den Prüfungen in die Schulen zu gelangen, weil der Postbus leider Gottes nicht gefahren ist, weil die Herren und Damen – hauptsächlich unkündbar gestellte Beamte – gestreikt und gesagt haben: Uns interessieren die Schüler im ländlichen Raum nicht, sie sollen schauen, wie sie zur Abschlussprüfung kommen. – Dafür, meine Damen und Herren, habe ich kein Verständnis! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich habe Verständnis – das möchte ich noch einmal sagen – für die Sorgen und Nöte der Arbeitnehmer. Ich verstehe auch, dass man, wenn es um Fragen einer Teilprivatisierung oder einer Strukturzusammenlegung geht, besonders sensibel ist. All das verstehe ich. Ich habe aber – das sage ich noch einmal – kein Verständnis für Betriebsräte, die offenbar eine mutwillige Zerstörung eines Unternehmens zumindest fahrlässig in Kauf nehmen wollen. Immerhin kostet der Streik bereits 1,4 Millionen €.

Ich habe auch kein Verständnis dafür, dass Strukturveränderungen beziehungsweise Reformen einfach negiert werden, ohne dass man sich vorher zusammensetzt, ohne dass man nach einem Konzept vorgeht, bei dem man dann sagen kann: Diese oder jene Vorschläge akzeptiert man, die anderen nicht – so wie es eben bei einem Gespräch ist, bei dem man zu einem Kompromiss kommen wird.

Zuletzt spreche ich noch einen Punkt an, weil immer gesagt wird, all das sei so neu, die Regierung sei böse. Frau Mag. Trunk! Bitte bleiben Sie noch ein bisschen da, Frau Kollegin Trunk! Mir liegt da ein schönes Buch vor, ein alter Seydlitz. Die Älteren unter uns werden noch wissen, was das ist, die Jüngeren nicht mehr, weil man das heute nicht mehr verwendet. Der "Seydlitz" war ein Geographiebuch (Zwischenrufe bei der SPÖ), und darin steht konkret – und das darf ich euch schon sagen –: Eine Zusammenlegung und rationale Führung von Bahn- und Postautobussen in einem gemeinsamen Wirtschaftskörper würde den Betrieb rentabler gestalten. Dies ist eine Edition aus dem Jahr 1970.

Ich bin nach Adam Riese sicher, dass jemand von euch weiß, wer damals Infrastruktur- oder eben Verkehrsminister, wie es damals geheißen hat, war. Das heißt also: Bitte hört auf mit solchen fadenscheinigen Argumenten, als ob nur die böse ÖVP-FPÖ-Regierung auf die Idee kommen würde, Rationalisierungs- und Strukturverbesserungsmaßnahmen durchzuführen.

Letztlich darf ich Ihnen auch noch genau das ans Herz legen, was auch mein Kollege gesagt hat: Setzen Sie sich bitte als Interessenvertreter einmal zusammen – vielleicht gibt es auch vernünftige Betriebsräte. Solche wird es ja auch geben, und mit diesen kann man wahrscheinlich ein Gespräch führen. Das wird dann vielleicht dazu führen, dass das geschieht, was ich für richtig halte, nämlich dass man die Rechte der Mitarbeiter schützt. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Aber die Rechte der Mitarbeiter müssen nicht nur durch ein Gesetz geschützt werden. Man kann auch eine Vertragsvereinbarung zusätzlich erwirken, und das ist etwas, was man wird machen müssen. Da gebe ich Ihnen Recht, dass wir das brauchen. Aber der Minister muss einmal wissen, was überhaupt gefordert ist. Wenn er es nicht weiß, dann kann er so eine Vereinbarung gar nicht ausarbeiten. (Bundesrätin Kainz: Der redet ja nicht mit ihm!) – Der Herr Minister redet selbstverständlich mit ihm, das hat er auch bewiesen.

Ich hoffe, dass durch einige vernünftige Gewerkschafter das umgesetzt wird, was wir jetzt gefordert haben, dass es zu einem Gespräch kommen wird, um auch die Mitarbeiterrechte – in welcher Form auch immer – für die Zukunft entsprechend zu dokumentieren, festzuhalten und den Mitarbeiterstand auch in dieser Form zu erhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.02

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. (Bundesrat Konečny: O ja!)  – Bitte, Herr Professor Konečny.

18.02

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Wir nehmen aus dieser Diskussion ein paar nicht neue, aber für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger sicherlich nicht ganz uninteressante Erkenntnisse mit:

Erstens: Dass hier ein Raubzug der Beschäftigten gegen das Unternehmen geführt wird, ist eine Einschätzung der Arbeit von Mitarbeitern – Originalton Ledolter –, die sicherlich diese Beschäftigten und viele andere sehr beeindrucken wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir nehmen mit, dass die Tätigkeit von selbstbewussten Betriebsräten und Gewerkschaftern, die sich für ihre Kolleginnen und Kollegen einsetzen, volkswirtschaftlichen Schaden verursacht und überhaupt zu verurteilen ist. – Auch das werden die Arbeitnehmer gerne zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe weiters mit Interesse festgestellt, dass offenbar weder der Herr Staatssekretär noch der Herr Verkehrsminister Herrn Abgeordneten Firlinger überhaupt kennen. Er ist offenbar irgendwie irrtümlich in die erwähnte Sitzung mitgekommen, und wenn der Herr Verkehrsminister sagt, er hat ihn dort mitgenommen, weil er dem Parlamentarier, dem Ausschussvorsitzenden so sehr entgegenkommen wollte, dann würde ich gerne wissen, wieso der Ausschussvorsitzende jener war, der den Beschäftigtenvertretern dort erklärt hat, was jetzt kommt.

Dass der Nationalrat beschlossen hat, was jetzt dort betriebsintern passiert, ist eigentlich nicht wirklich die Wahrheit. Was dort kommen soll, hat Herr Firlinger erklärt. Woher weiß er denn das? – Aus seinem Ausschussvorsitz mit Sicherheit nicht! Er hat erklärt, dass es eben alle jene Maßnahmen geben soll, gegen die sich die Kolleginnen und Kollegen vom Postbus wehren, dass die gesamte Beschäftigtenzahl in einen Pool gesteckt wird und dann halt, falls es eine Verwendung gibt, irgendwo eingesetzt, also gewissermaßen ausgeliehen werden. Die Vermu-tung – es gibt dafür Beispiele, Vorbilder negativer Art –, dass der Rest irgendwo hinausgemobbt oder in die Frühpension geschickt werden soll, liegt nahe.

Hinter all dem steht mit Sicherheit eines nicht: ein Konzept. Die vage Idee, man schließt das zusammen – worüber man ernsthaft diskutieren sollte ... (Zwischenruf und Beifall der Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann. ) – Frau Kollegin! Ihre wenig sachgerechten Zwischenrufe machen die Debatte schwierig!

Aber lassen Sie mich trotzdem zur Frage des Konzeptes etwas sagen – ich zitiere –: Zum jetzigen Stand der "Verhandlungen" – ich weiß nicht, warum unter Anführungszeichen; offenbar sind es keine – ist noch völlig unklar, in welcher Form die Beteiligung privater Verkehrsunternehmen erfolgen kann. Diskutiert werden alle denkbaren Formen: Erwerb sämtlicher Anteile der Postbus-AG durch ÖBB/Private, Eingliederung bei ÖBB beziehungsweise Privaten, Ausgliederung der Bahnbusse in eine eigene Gesellschaft oder die Überleitung aller Busdienste in einer – "eine" müsste es heißen – Gesellschaft. – Ende des Zitats.

Das ist jetzt nicht eines dieser verdächtigen Gewerkschaftspapiere, nein, das ist ein Rundschreiben des Fachverbandes der Autobusunternehmungen der Wirtschaftskammer Österreich. Sie sollen sich beteiligen, sie haben nur keine Ahnung woran. Es ist alles möglich. Da sagt der Herr Staatssekretär so selbstsicher: Nein, Rosinenpicken wird es keines geben! – Sie wissen überhaupt nicht, was Sie verkaufen wollen, aber "Rosinenpicken wird es keines geben". Das ist Management by chaos! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich verstehe, warum Sie mit den Beschäftigten nicht reden wollen. Wenn man ihnen nichts sagen kann, dann kann man schwer verhandeln. Man muss etwas auf den Tisch legen, damit die Kolleginnen und Kollegen etwas dazu sagen können. Nur zu sagen: So geht das nicht weiter, wir wollen irgendetwas anderes!, ist zweifelsfrei ein unzulässiger Weg.

Es ist auch eine absolut unzulässige Feststellung, die heute hier gefallen ist, es wäre in diesem Unternehmen nichts geschehen. Die Hälfte der Beschäftigten von vor acht Jahren gibt es heute nicht mehr. Hier ist in einem engen Einvernehmen mit den Betriebsräten (ironische Heiterkeit bei Bundesrätin Haunschmid )  – Sie brauchen gar nicht zu meckern, Frau Kollegin! – eine Neuorganisation des Betriebes erarbeitet worden, die die Hälfte der Belegschaft in sozial verträglicher Weise entbehrlich gemacht hat.

Das ist ein unternehmenspolitischer Fortschritt, und ich sage ehrlich dazu, das ist auch noch in den letzten eineinhalb, zwei Jahren weitergegangen. Das ist ein Weg, den die Beschäftigten verantwortungsbewusst und – ich nehme es an – auch opferbereit, weil das mehr Belastung für jeden Einzelnen bedeutet hat, mitgetragen haben.

Ich lasse nicht zu und kann nicht hinnehmen, dass die Beschäftigten, die diese Mehrbelastung auf sich genommen haben, heute hier von den Sprechern der Regierungsparteien als verantwortungslos, als "Åbenehmer" oder als Ausbeuter gebranntmarkt werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Kolleginnen und Kollegen haben dieses Thema zu Recht mit unserer Wachsamkeit gegenüber der Ausdünnung des ländlichen Raumes verknüpft. Ich werde mich als Wiener sehr zurückhalten, hiezu allzu viel zu sagen, aber ich betone und wiederhole das, was ich bei einer früheren Gelegenheit gesagt habe: Es ist eine Sache der Solidarität, dass die Städter – die Wiener, die Grazer, die Salzburger –, wo es relativ leicht und zu günstigen Kosten möglich ist, öffentliche Dienstleistungen, welcher Art auch immer, anzubieten, verantwortungsbewusst und bereitwillig notwendigerweise defizitärere Dienstleistungen in den dünner bewohnten Gebieten unseres Landes mittragen.

Wenn jetzt auch in Zeitungsmeldungen die Umsätze pro Beschäftigtem beim Postbus und bei jenen privaten Unternehmen, die es sich aussuchen können, wo sie fahren, gegenübergestellt werden, und der Postbus begreiflicherweise dabei nicht besonders gut abschneidet, dann ist dazu zu sagen, das ist nicht deshalb teurer, weil sie unfähig sind, sondern weil sie auch dorthin fahren, wo nur vier oder fünf Schüler oder zwei Pensionisten abzuholen sind. (Bundesrat Ledolter: Das ist eine sehr beschönigende Formulierung!) – Nein, das ist keine beschönigende Formulierung, Herr Bürgermeister! Sie sind heilfroh, dass Sie einen Postbus haben! (Bundesrat Ledolter: Sie sagen das wider besseres Wissen!) – Nein, überhaupt nicht! Diese Linien bleiben auch dann defizitär, weil es um die Nutzung des Gerätes geht, wenn die Kommunen aus Mitteln, die dafür bereitgestellt werden, einen Zuschuss leisten. Es gibt so etwas – ich brauche Ihnen das nicht zu erklären, Sie kennen das – wie opportunity costs, das ist die Tatsache, dass dort ein Autobus fährt und diese Kosten nicht abgegolten werden.

Herr Staatssekretär! Sie haben mich jetzt auf noch etwas aufmerksam gemacht, daher möchte ich noch einen letzten Satz sagen. Ich möchte Ihnen, Herr Vizepräsident, in geschäftsordnungsmäßiger Hinsicht eine Anregung geben: Wir haben einen Entschließungsantrag eingebracht, und ich würde dringend darum ersuchen, dass dieser nach dem Abstimmungsverfahren des Wiener ÖVP-Landesparteitages abgestimmt wird. Wenn man nämlich die Gegenstimmen für ungültig erklärt, hätten wir vielleicht die Chance auf eine Mehrheit. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

18.10

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Gasteiger, Gruber, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Sicherstellung der Versorgung des ländlichen Raumes mit öffentlichen Verkehrsmitteln vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Minderheit.

Der Antrag ist nicht angenommen.

Es liegt weiters ein Antrag des Bundesräte Ledolter, Dr. Böhm, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Fortsetzung der erfolgreichen Politik der zuständigen Mitglieder der Bundesregierung für den ländlichen Raum, insbesondere im Bereich der Verkehrspolitik vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konečny, Hedda Kainz, Roswitha Bachner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Debakel bei der Krankenkassensanierung (1946/J-BR/02).

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die dringliche Anfrage der Bundesräte Professor Albrecht Konečny, Kolleginnen und Kollegen an den Herrn Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen.

Da diese Anfrage inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Professor Albrecht Konečny als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte.

18.13

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die dringliche Anfrage, die wir Ihnen heute stellen, soll nichts an der Notwendigkeit in Zweifel ziehen, über eine solide, finanzielle Basis des öffentlichen Gesundheitssystems weiter nachzudenken und auch Maßnahmen zu treffen.

Was wir Ihnen zuallererst vorwerfen, ist, dass Sie genau wissen, dass Sie die Bevölkerung bis aufs Blut gequält haben, dass Sie bei einer Abgabenbelastung von 46 Prozent an der Kapazitäts- und Leidensgrenze der Menschen angelangt sind (Beifall bei der SPÖ) und dass Sie daher in Bereichen, in denen zusätzliche Mittel erforderlich wären, keine Problemlösungen mehr anbieten – das andere waren auch keine –, sondern nur noch Spuren verwischen.

Wir haben in Österreich aus historischen Gründen – über die Frage der Systemisierung dieses Bereiches kann und soll diskutiert werden – zahlreiche Krankenversicherungsanstalten. Das ist zum Teil nicht nur historisch zu erklären, sondern ist auch sinnvoll, weil auf bestimmte Bedürfnisse regionaler oder berufsgruppenmäßiger Versichertenkörper in einer spezifischeren Art im Rahmen der Selbstverwaltung und Selbstentscheidungsfähigkeit der Kassen eingegangen wer-den kann.

Die Bedingungen dieser Kassen sind nicht gleich. Weder ist die Dichte des medizinischen Versorgungssystems – auch wenn man zu steuern versucht, jedes Angebot erzeugt sich seine Nachfrage – noch die Altersstruktur der zu Behandelnden und damit ihre Krankheitsanfälligkeit, noch ist die Zahl der Beitragsleistenden und der mitversicherten Personen in allen Bereichen und Bundesländern gleich. Ich sage auch ganz offen: Auch die wirtschaftliche Gebarung der Kassen ist keineswegs in jedem Fall gleich, auch wenn die ausgewiesenen Defizite nicht notwendigerweise etwas über die wirtschaftliche Effizienz der Betriebsführung angesichts dieser unterschiedlichen Rahmenbedingungen aussagen.

Dieses System macht ein gewaltiges Defizit. Dieses Defizit ist nicht, wie das in illusionären Parolen aus dem Süden des Landes und auch von anderswo wie immer gesagt wurde, durch Verwaltungsstraffung, durch Reorganisationsmaßnahmen und Einsparungen lösbar oder rückführbar. Nein, dieses Defizit ist Ausdruck der hohen Kosten, die ein von unserer Bevölkerung mit Recht einverlangter hoher Standard des Gesundheitssicherungssystems verursacht.

Wir können das auch billiger machen und können Menschen mit lebensbedrohenden Erkrankungen auf ihr eigenes Börsel verweisen und sagen: Tut uns Leid, mehr als eine rudimentäre Grundversorgung ist nicht drinnen. – Aber ich unterstelle niemandem, dass er diese Politik verfolgen will.

Wenn also das System als Ganzes ein Defizit aufweist und es in manchen Fällen größer ausfällt, in anderen kleiner und in wenigen Fällen sogar Überschüsse vorliegen, dann ändert das an der Gesamtsituation nichts. Eine verantwortungsvolle Gesundheitspolitik muss das Gesamtproblem ansprechen und muss versuchen, eine Finanzierungsgrundlage für das Gesundheitssystem zu schaffen, die diese Kosten abdeckt.

Es hat – da erinnere ich mich relativ ungern an die letzten 14 Jahre – viele Versuche gegeben, eine Verbreiterung der Beitragsgrundlage auch in der Krankenversicherung zu erreichen. Es hat dazu originelle und vielleicht auch im Einzelfall weniger originelle Ideen gegeben, aber wer sich einen Koalitionspartner aussucht, hat damit manchmal seine Probleme. – Ich erwarte jetzt keinen rauschenden Applaus von den Regierungsbänken. – Wir sind mit keinem dieser Vorschläge durchgekommen.

Letztlich ist es auch bei dem – vom Beitragsvolumen her betrachteten – kleinen Betrag oder, besser gesagt, Prozentsatz durchaus eine mögliche Option, dies über Beitragserhöhungen zu finanzieren. Aber ich gebe schon zu: Wenn man den Österreicherinnen und Österreichern das zugemutet hat, was Sie getan haben, dann steigen einem halt die Grausbirnen auf, wenn es noch einmal um ein Viertelprozent oder irgendetwas in dieser Größenordnung mehr an Krankenversicherungsbeiträgen geben könnte. Denn es stimmt schon: The last straw breaks the back. – Die letzte Zuwaage lässt dann den Zorn des Volkes so ausbrechen, wie man es als Regierung nicht gerne haben möchte.

Sie versuchen, dieses reale Problem hinter einem kurzfristig wirksamen – bis zur Wahl wird es schon halten, ist offensichtlich die Überlegung dahinter – Rauchvorhang zu verstecken.

Jawohl! Es gibt einige Krankenversicherungsträger, die tatsächlich über Reserven und Überschüsse verfügen. Diesen nehmen wir es jetzt in einer Überraschungsaktion weg, stecken es in einen Fonds, verzinsen es nicht, sagen in Wirklichkeit auch nicht, dass sie es zurückbekommen, aber legen ein paar wage Versprechungen dazu ab – und damit sind die ärgsten Löcher gestopft! (Bundesrätin Haunschmid: Für den Häupl geben wir das her!)

Frau Kollegin! Wenn Sie mir in einem einzigen Beispiel sagen könnten, dass sich die Wiener Gebietskrankenkasse oder der Wiener Landeshauptmann positiv über diese Maßnahme geäußert hätte, dann hätten Sie ein Recht zu diesem Zwischenruf. Nein! Wir könnten über eine Systemumstellung diskutieren, aber dafür zu sagen: Da gibt es Geld, und da machen wir die Loch-auf-Loch-zu-Methode!, werden Sie die Zustimmung weder der Wiener Gebietskrankenkasse noch der Wiener Landespolitik bekommen! (Beifall bei der SPÖ.)

Man will also die Reserven, die kleinen Überschüsse, die zum Teil hart erarbeitet sind, zum Teil strukturell bedingt sind, einfach einkassieren. Unbegreiflicherweise offenbar für die Frau Kollegin freut es nicht einmal jene, die davon profitieren sollen, weil sie es für unehrlich halten. Begreiflicherweise freut es jene, denen das Geld weggenommen werden soll, noch sehr viel weniger.

Die oberösterreichische Landesregierung hat sich beschlussmäßig festgelegt, dass sie mit dieser Maßnahme nicht einverstanden ist.

Herr Landeshauptmann Schausberger verlangt von den Salzburger Mandataren, dass sie gegen die Koalition stimmen. – Er sollte bei uns beitreten; wir machen das fortwährend. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Die Tiroler Landespolitik hat sich in gleicher Weise geäußert, und Vorarlberg baut sicherheitshalber wieder einmal den Arlberg ein bisschen höher – ob die Trennwand in den Tunnels auch schon steht, weiß ich nicht.

Allerorten – auch bei den Eisenbahnern – werden die Möglichkeiten geprüft, dieses Geld nicht wie gefordert abzuliefern, sondern es zunächst einmal auf einem Treuhand-Konto gewissermaßen zu verstecken, um bis zu einer zweifelsfrei anstehenden rechtlichen Klärung dieser Verpflichtung zu entgehen. – Das ist die eine Seite.

Die andere Seite ist – das ist für mich in höchstem Maße typisch –, wie das über die Bühne geht. Da fällt der Regierung vermutlich in einer lang durchdiskutierten Nacht, in der man das Problem hin und her wälzt, eine Novelle zum ASVG, die diesen Abkassierungszug beinhaltet, ein. Dann schickt man diesen Entwurf, wie sich das an sich in unserem Gesetzgebungsverfahren gehört, zu einer Begutachtung aus. Dann passiert etwas ganz Eigenartiges, etwas, wodurch sich, was ich absolut verstehe, die Bundesländer – wir sind hier schließlich die Kammer der Bundesländer  – gefrotzelt fühlen.

Zunächst einmal setzt man eine Begutachtungsfrist fest, die kürzer ist als jene, die im Konsultationsmechanismus vorgeschrieben ist. – Aber wenn man diese Bundesregierung ist, braucht man sich um nichts zu kümmern: nicht um das Verfassungsrecht, nicht um die Rechte von Betriebsräten, nicht um Gespräche und schon gar nicht um die Vereinbarungen, die man selbst mit den Bundesländern geschlossen hat.

Man schickt mit Schreiben vom 25. Mai diesen Gesetzentwurf zur Stellungnahme aus, und man setzt als Frist zur Stellungnahme – das ist zu kurz, aber soll sein – den 24. Juni 2002. Was tut die Bundesregierung dann? – Sie beschließt am 13. Juni eben diese Vorlage als Regierungsvorlage an das Parlament! – Wir brauchen euch nicht, wir schicken euch das nur als Alibi! Was ihr in die Begutachtung hineinschreibt, ist uns völlig Wurscht, wir wissen sowieso, wie es geht! Wir beschließen das und schicken es dem Parlament! (Bundesrat Gasteiger: Ein Skandal ist das!)  – Das ist ein verfassungsrechtlicher Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)

In diesen Begutachtungen gibt es eine Fülle von Bedenken. – Der österreichische Rechtsanwaltskammertag weist natürlich mit Recht darauf hin, dass die vorliegende Regelung verfassungsrechtlich problematisch ist. Er führt aus: Da auch Selbstverwaltungskörper in vermögensrechtlicher Hinsicht dem Grundrechtsschutz des Artikel 5 Staatsgrundgesetz unterliegen, erhebt sich die Frage der Verfassungskonformität einer solchen Regelung. – Wenn Sie gescheiter sind als die österreichische Rechtsanwaltskammer, dann ehrt Sie das, aber sie hat es trotzdem geschrieben.

In der Stellungnahme des Amtes der Vorarlberger Landesregierung wird festgehalten, dass es hier um eine exzessive – das ist nicht meine Wortwahl: exzessive! – Belastung geht.

Die Wiener Gebietskrankenkasse betont mit Recht, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht an den Ursachen des Defizits in der sozialen Krankenversicherung ansetzen, somit keine substanzielle Reform darstellen, sondern lediglich die bestehenden Probleme prolongieren.

Auch das Land Niederösterreich äußert sich negativ – obwohl Empfänger – und weist insbesondere darauf hin, dass die Begutachtungsfrist zu kurz ausgefallen ist. Es verlangt ausdrücklich von der Bundesregierung, dass eine etwaige Neuregelung des Ausgleichsfonds nur in Abstimmung mit den Ländern erfolgen kann und soll.

All das hat Sie nicht interessiert, denn als Sie das erhielten – ich habe genau auf die Daten geschaut –, hatten Sie das Gesetz in der Bundesregierung schon beschlossen – einstimmig selbstverständlich, denn sonst können Sie nicht beschließen. – Herr Staatssekretär Finz ist leider schon weg!

Der Rechnungshof, von dem wir heute so oft gesprochen haben, hat auch – aber natürlich nach Beschluss, weil die Bundesregierung das gar nicht hören will – festgestellt, dass der gegenständliche Entwurf weder das Problem der strukturellen Nachteile einzelner Kassen löst, noch dem Umstand Rechnung trägt, dass die Kosten des Gesundheitssystems seit Jahren tendenziell stärker steigen als die Beitragseinnahmen. – Genau das ist das Problem, aber das will die Bundesregierung alles nicht hören – sie will kurzfristig die Probleme "zukleistern".

Herr Staatssekretär, der Sie das Vergnügen haben – wie immer Sie es empfinden –, das heute hier zu beantworten und zu vertreten! Wir meinen, dass das eine verantwortungslose und den Zukunftsaufgaben nicht gerecht werdende Politik und insofern eine absolut typische Maßnahme dieser Bundesregierung ist. Sie haben zwar mit großem Aplomb vom Nulldefizit und von all dem, was wir Ihnen hinterlassen haben, gesprochen – wir haben Ihnen das hinterlassen, was Sie jetzt in vielen Bereichen zu billig verkaufen, wir haben Ihnen jene Strukturen hinterlassen, die es möglich machen, in vielen Bereichen heute Maßnahmen hinauszuzögern –, aber dort, wo es um Zukunftssicherung in zentralen Bereichen geht, versagen Sie kläglich.

Sie versagen auch hier! Sie werden mit dieser verfassungsrechtlich, politisch und vor allem auch gesundheitspolitisch problematischen Maßnahme nichts lösen. Sie hoffen, sich damit über die Wahlen im nächsten Jahren hinwegzuretten. Darüber zu spekulieren, ob das funktioniert oder nicht, werden wir unterschiedliche Auffassungen haben. Ich habe meine, und Sie haben zumindest in öffentlichen Bekundungen Ihre; was Sie sich im Inneren denken, zeigen die Absetzbewegungen der FPÖ-Abgeordneten in die Wirtschaft: Bis zum Oktober nächsten Jahres gibt es noch ein Mandat, und wenn man einen Job braucht, sollte man ihn vorher anstreben – also ich bleibe Ihnen erhalten, ich habe diese Tendenz nicht, und auch nicht diese Befürchtung. (Bundesrat Dr. Nittmann: Mit mehreren Zinshäusern geht das auch!)

Wir werden bei der nächsten Sitzung die Möglichkeit haben – außer Sie kommen inzwischen zur Einsicht –, uns mit diesem Gesetz auseinander zu setzen. Da muss ich jetzt eines ganz klar sagen:

Da gibt es zahlreiche Landeshauptleute, die sich gegen diese Maßnahme aussprechen und die dazu auffordern, notfalls auch gegen die Koalition zu stimmen.

Dann gibt es auf der anderen Seite – ich zitiere nur – Frau Mag. Hartinger, Ihnen wohl bekannt als Gesundheitssprecherin Ihrer Partei im Nationalrat. Sie sagt – ich hätte das nicht so gesagt; ich bin offenbar nicht differenzierungsbereit genug –:

"Unser Problem ist der Koalitionspartner, macht FPÖ-Spitalssprecherin Hartinger ihrem Ärger Luft. Die ÖVP betreibe ein Doppelspiel." – Das kann es doch gar nicht geben! – "Auf diese Weise solle der FPÖ der schwarze Peter zugeschoben werden." (Bundesrat Freiberger: Wir kennen das von früher!)

Der Herr Generalsekretär Schweitzer, der auch ein originelles Verständnis von Föderalismus hat, hat heute festgestellt, dass Schüssel seine Landeschefs zur Räson bringen muss. Er soll also die Weingartners, die Schausbergers, die Pühringers, die Sausgrubers zur Räson bringen. Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! Das ist der Stil, in dem mit Ihren gewählten Länderrepräsentanten, die für Ihre Entsendung in dieses Haus nicht ganz unmaßgeblich sind, umgesprungen wird!

Schausberger, Pühringer und Sausgruber, so sagt Schweitzer, agitieren aus rein populistischen Gründen gegen die 60. ASVG-Novelle. – Herr Schweitzer wird es wissen, wie das mit dem Populismus ist. – ÖVP-Chef Schüssel soll endlich ein Machtwort sprechen.

Es hat Zeiten gegeben, in denen die FPÖ in diesem Haus den Gralskelch des Föderalismus vor sich hergetragen und sich redlich bemüht hat, kein Tröpflein zu verschütten. Herr Schweitzer schüttet mit dem Kelch gleich durch den ganzen Saal. Da ist schon kein Tröpferl mehr übrig.

So, meine Damen und Herren, kann es in dieser Republik keine Entscheidungsfindung geben! (Beifall bei der SPÖ.) Aber die Gesprächskultur mit Betriebsräten und mit Koalitionspartnern ist halt nicht die Stärke dieser Regierung.

Herr Staatssekretär! Sie waren vorher nicht da, daher muss ich Sie kurz informieren, was ich mit dieser Bemerkung meine, aber wir wären außerordentlich dankbar, wenn Sie zu mehr als einem Drittel unserer Fragen dieser dringlichen Anfrage auch irgendetwas sagen würden. (Beifall bei der SPÖ.)

18.33

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Beantwortung der an den Herrn Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen gerichtete Anfrage erteile ich Herrn Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck das Wort. – Bitte.

18.33

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich kann mit einer Bemerkung von Bundesrat Professor Konečny durchaus konform gehen, was seine Spurenverwischungsfrage betrifft, indem ich ihm nämlich beipflichte, dass, wenn wir mehr oder weniger mildtätig die 30-jährige monokolore Verantwortung für das Gesundheitswesen in Österreich betrachten, seit 14 Jahren hier nicht sehr viel geschehen ist. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Beifall der Bundesräte Gasteiger und Dr. Nittmann.  – Bundesrat Konečny: Was war das jetzt? – Bundesrat Gasteiger: Das gibt es ja nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.) Allerdings nur bis zum 4. Februar 2000. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Konečny: Sie meinen, die Neuordnung des Gesundheitssystems ist mit dem Namen Sickl verbunden!)

Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass Bundeskanzler Klima am 12. Dezember 1999 angesichts der Tatsache eines Abganges von 180 Millionen € – damals waren das 2,5 Milliarden Schilling – und in der Folge eines tatsächlichen Abganges in der Höhe von 250 Millionen € gesagt hat: Diesmal müssen sich die Krankenkassen selbst reorganisieren.

Die neue Bundesregierung ist mit Schwung und Elan an diese Sache herangegangen, und ich darf weiters daran erinnern, dass die Abgangsprognose der Hauptverbandsführung alt für das Jahr 2001 mit 460 Millionen € angegeben war. Tatsächlich hat sie dank unserer Maßnahmen dann 148 Millionen € betragen, wovon 140 Millionen € im Ausgleichsfond gedeckt waren, sodass mit einem Abgang von 8 Millionen € fast das Nulldefizit erreicht werden konnte.

Für das heurige Jahr war die Prognose noch schlimmer. Sie betrug 9,3 Milliarden Schilling oder 680 Millionen €. Die heutige Prognose liegt etwa zwischen 160 und 180 Millionen €, und auch das wird gedeckt sein.

Nun aber zur Beantwortung.

Zur Frage 1:

Die Bundesregierung hat die ASVG-Novelle, in der der Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger neu geordnet wird, deshalb noch vor Ablauf der Begutachtungsfrist beschlossen, um eine Verschiebung dieser Novelle im Parlament noch vor der Sommerpause zu ermöglichen. (Bundesrat Konecny: "Verabschiedung" meinen Sie wohl!)

Zur Frage 2:

Gemäß der einschlägigen Entschließung des Nationalrates anlässlich der Verabschiedung des Geschäftsordnungsgesetzes haben die begutachtenden Stellen ihre Stellungnahmen unmittelbar dem Präsidium des Nationalrates übersendet. Sie sind daher elektronisch über www.parlinkom.gv.at abrufbar.

Zu den Fragen 3 bis 5:

Der Geschäftsführer des Hauptverbandes, Dr. Kandlhofer, der selbst Initiator der Regelung des Ausgleichsfonds in der ASVG-Novelle ist, hat die Aufgabe übernommen, Verhandlungen mit allen Trägern zu führen. Ich möchte festhalten, dass es sich bei der Regelung betreffend Ausgleichsfonds um eine Angelegenheit der Selbstverwaltung und nicht um eine Angelegenheit der Länder handelt. Die Regelung fand unter der Prämisse, dass sämtliche Darlehen bis spätestens 2010 rückgezahlt werden müssen, Zustimmung.

Zu den Fragen 6 bis 9:

Die Maßnahmen der derzeit dem Nationalrat vorliegenden Novelle zum ASVG sind ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur nachhaltigen Sanierung der Krankenkassen. Neben den Maßnahmen der Qualitätssicherung – in der 59. ASVG-Novelle beschlossen – steht in dieser Novelle der Solidarausgleich der Krankenkassen im Vordergrund. Strukturnachteile der einzelnen Krankenkassen sollen durch dieses Modell ausgeglichen werden und die Krankenversicherungsträger über die Verteilung von Mitteln aus einem Zielerreichungstopf zu einem gemeinsamen effizienten Management angehalten werden.

Die Verwirklichung dieses Schrittes ist Voraussetzung für weitere Maßnahmen im Gesundheitsbereich, die es nun sorgfältig zu diskutieren gilt. Ich darf aber besonders herausstreichen, dass in diesem Zusammenhang bereits weitere Maßnahmen erfolgt sind, nämlich die Erschließung neuer Einnahmequellen für den Ausgleichsfonds in Folge der Erhöhung der Tabaksteuer.

Zu den Fragen 10 bis 12:

Das vorliegende Gesetz enthält einen klaren gesetzlichen Auftrag an den Ausgleichsfonds, die Darlehen zwischen 2005 und 2010 zurückzuzahlen. Entsprechend den gesetzlichen Vorschriften – §§ 32a ff ASVG – ist der Hauptverband verpflichtet, für seine geschäftliche Tätigkeit Zielvereinbarungen für jedes Jahr zu treffen und diese einem Monitoring und Controlling zu unterwerfen. Damit ist sichergestellt, dass auch die Frage der Rückzahlung der Darlehen in einem Zielverfolgungssystem eingebunden ist.

Auf Grund dieser Voraussetzungen habe ich keine Zweifel, dass die Darlehen überschaubar und für die Sozialversicherungsträger nachvollziehbar getilgt werden können.

Im Übrigen sehe ich es nicht als unsere Aufgabe an, Äußerungen anderer Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu kommentieren.

Zu den Fragen 13 und 14:

Die Neuregelung des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger ist als verfassungskonform zu qualifizieren. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Einbeziehung eines Sozialversicherungsträgers in einen Ausgleichsfonds dann gerechtfertigt, wenn es sich bei dem Personenkreis des begünstigten Sozialversicherungsträgers ... (Der Staatssekretär hört zu sprechen auf, da der Geräuschpegel im Saal ziemlich hoch ist.)

Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Bitte fahren Sie fort, Herr Staatssekretär!

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck (fortsetzend): ... um einen handelt, der auch, wenn auch nur indirekt, Beiträge für den belasteten Sozialversicherungsträger zu leisten hat. Zwischen den Versicherten der belasteten und der begünstigten Sozialversicherungsträger hat somit eine Versicherungsriskengemeinschaft im weiteren Sinn zu bestehen. – Bezug nehmend auf Verfassungssammlungen 6039/1969.

Diese Voraussetzung ist mit der Einbeziehung der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter in den Ausgleichsfonds gegeben. Die vom Ausgleichsfonds erfassten Krankenversicherungsträger haben nämlich nicht nur einen Beitrag beziehungsweise Darlehen für den Ausgleichsfonds zu leisten, in gleicher Weise gebühren den erfassten Krankenversicherungsträgern Leistungen des Ausgleichsfonds, wenn sie die dafür festgesetzten Voraussetzungen erfüllen.

Alle in den Ausgleichsfonds einbezogenen Krankenversicherungsträger haben somit gleichermaßen Ansprüche auf Leistungen, wie sie auch Beiträge und Darlehen an den Fonds entrichten beziehungsweise gewähren müssen. Eine Belastung einzelner Krankenversicherungsträger wäre nur dann als unsachlich zu qualifizieren, wenn die Gebietskrankenkassen und die anderen betroffenen Krankenversicherungsträger durch diese Maßnahmen nicht mehr in der Lage wären, ihren gesetzlichen Aufgaben und Verpflichtungen mit ihren eigenen Mitteln und mit den Mitteln des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger nachzukommen.

Dies ist mit der Neuregelung der Ausgleichsfondsfinanzierung nicht der Fall. Die langfristige Finanzierung aller österreichischen Krankenversicherungsträger wird mit dieser Maßnahme nachhaltig gesichert.

Zu den Fragen 15 und 16:

Die Zahlung der Darlehen verschlechtert kurzfristig die Liquidität der verpflichteten Krankenkassen und verbessert gleichzeitig die Liquidität der empfangenden Krankenkassen. Alle Krankenversicherungsträger sind dazu angehalten, die Gebarungsvorschaurechnungen für den Zeitraum 2003 bis 2004 zu legen. Auf Grund dieser Vorausberechnungen und der nunmehr getroffenen Maßnahmen kann man davon ausgehen, dass die Liquidität auch in den nächsten zwei bis drei Jahren für alle ausreichend sein wird.

Zur Frage 17:

Ich verweise auf die Beantwortung der Fragen 6 bis 9. Darüber hinaus sind in der Verwaltung erstens durch die Einführung der e-Card, zweitens durch die verpflichtende elektronische Abrechnung der Vertragspartner, drittens durch die Effizienz- und Effektivitätssteigerung noch bedeutende Einsparungspotenziale zu nutzen sowie im Vertragspartnerrecht, insbesondere durch Verhandlungen mit der Pharmaindustrie und Verhandlungen mit den Ärzten und Apothekern, Kostendämpfungseffekte zu erzielen.

Zur Frage 18:

Durch die Neudotierung des Fonds kann ein wirkungsvoller nachhaltiger Finanzausgleich durchgeführt werden.

Zur Frage 19:

Die Regierungsvorlage, mit der der Ausgleichsfonds geändert wurde, liegt derzeit im Nationalrat zur parlamentarischen Beratung. Am 25. 6. 2002 fand, wie Sie wissen, der Sozialausschuss statt. Den weiteren parlamentarischen Beratungen kann und will ich aus Respekt vor dem Nationalrat und mangels Zuständigkeit nicht vorgreifen. Hinsichtlich der Ankündigungen bestimmter Abgeordneter ersuche ich Sie, direkt mit diesen Abgeordneten Kontakt aufzunehmen.

Es kann aber angemerkt werden, dass § 447b Abs. 4 ASVG weggefallen ist, sodass für Projekte nunmehr auch liquide Kassenmittel aus dem Ausgleichsfonds erhalten werden können.

Zur Frage 20:

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird mit 1. 1. 2004 die quartalsmäßige und artbezogene Krankenscheingebühr aufgehoben. Die von Ihnen selbst nicht in Zweifel gezogene schwierige finanzielle Situation der sozialen Krankenversicherung gestattet es nicht, Serviceleistungen der Sozialversicherung gänzlich ohne einen kleinen Beitrag der Versicherten zu erbringen. In diesem Sinne sieht der Gesetzentwurf ein Serviceentgelt für die Verwendung der e-Card vor, das beim erstmaligen Arztbesuch im Kalenderjahr, also maximal einmal jährlich, zu leisten ist. Demgegenüber steht der unbürokratische Zugang zu ärztlichen Leistungen.

Abschließend darf ich darauf verweisen, dass Sie selbst in den Fragen 8 und 17 weitere Maßnahmen zur Sanierung der Krankenversicherung verlangen. (Bundesrat Konečny: Ja, ehrliche und nachhaltige!)

Schließlich darf ich mich noch auf eine Äußerung von Herrn Bürgermeister Häupl – weil Wien angesprochen wurde – berufen, der gestern am Rande einer Pressekonferenz gesagt hat, dass mittelfristig alle neun Gebietskrankenkassen zusammenzulegen sind. Wenn Sie diesen Antrag einbringen, kann ich Ihnen wahrscheinlich eine Vierfünftelmehrheit voraussagen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.44

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein, in der die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Als erster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Hedda Kainz das Wort. – Bitte.

18.44

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatsekretär! Meine Damen und Herren! Es ist bereits in der Begründung durch den Herrn Kollegen Konečny – und nicht nur durch seine Aussagen, sondern durch Fakten, die Sie auch in der Presse nachlesen können – die breite Front der Ablehnung kundgetan worden. Ich behaupte, die Turbulenzen, die in der Koalition dadurch entstanden sind, sind nicht unbeträchtlich. Ich möchte Ihnen nur kurz in Erinnerung rufen, dass unter jenen, die in der Begutachtung – auf die Frist komme ich später noch zu sprechen – mit dieser Thematik befasst waren, niemanden gibt, der mit diesen Vorschlägen einverstanden ist.

Ich will nicht inhaltlich zitieren, ich erinnere Sie nur an die Namen: Mitterlehner von der Bundeswirtschaftskammer; Feurstein – Ich kann nur das zitieren, was die Presse sagt –: Er hat sich der Abstimmung durch Abwesenheit entzogen. Großruck dagegen; Gorbach dagegen; Schausberger dagegen; Sausgruber dagegen. Er ist im Übrigen heute Mittag im ORF noch zu seiner Entscheidung gestanden und hat eine verfassungsrechtliche Anfechtung angekündigt, während andere, so scheint es, nach den Appellen zur Disziplinierung schon ein bisschen in die Knie gegangen sind. Von Pühringer in Oberösterreich, der sich in den letzten Tagen noch sehr stark gemacht hat, weiß ich nicht, wie er heute dazu steht. Mittag war er nicht mehr in dieser Intensität zu hören.

Ich rede jetzt nicht von jenen, die in den Krankenkassen ihre warnenden Stimmen erhoben haben. Ich glaube, dass Ihnen diese Leute, die sich hier – das sind keine Sozialdemokraten gewesen – ganz vehement gegen diese Maßnahmen aussprechen, wahrscheinlich doch mit ihrer nicht unwesentlichen Meinung noch genug Probleme machen werden. Auch die Vorsitzende des entsprechenden Ausschusses im Nationalrat, Abgeordnete Hartinger von der FPÖ, ist bereits zitiert worden, die, wenn man es kurz zusammenfasst, das Problem der Krankenkassen in der ÖVP sieht.

Meine Damen und Herren! Darüber hinaus gibt es aber auch eine Reihe von rechtlichen Bedenken, die formuliert wurden. Das ist einerseits der Verfassungsgerichtshof und andererseits die Rechtsanwaltskammer, die die Eingriffe in die Selbstverwaltung der Krankenversicherungen als sehr bedenklich ansieht, weil sie mit dieser Selbstverwaltung auch die Verpflichtung der Verantwortung für die Finanzierung sieht.

Ich möchte Ihnen hier nur den historischen Moment, aus dem die Krankenkassen hervorgegangen sind, in Erinnerung rufen. Für den Bereich Oberösterreich war das Gründungsgremium der Unterstützungsverein für erkrankte Handelsgehilfen, eine Selbsthilfegruppe, die sich zur Unterstützung ihrer Mitglieder gegründet hat und natürlich selbstverwaltet wurde. Diese Vereinigungen wurden durch verschiedene Unterstützungsvereine fortgeführt, bis sie dann im heutigen System der Krankenkassen ihre Festigung gefunden haben.

Es wurde damals auch das Bekenntnis zur paritätischen Finanzierung festgelegt – übrigens nicht nur in der Krankenversicherung –, und geradezu widersinnig – das ist nicht nur meine persönliche Meinung, sondern sie wird von jenen geteilt, die diese Ablehnung formulieren und von denen ich glaube, dass sie in ihrer fachlichen Ausrichtung nicht zu bezweifeln sind – ist die Einbeziehung von anderen Berufsgruppen mit völlig anderen Systemgrundsätzen wie zum Beispiel die Krankenversicherung der Eisenbahner, die im Übrigen auch eine andere Finanzierungssituation hat. Dies wurde als nicht zielführend und, wie gesagt, rechtlich bedenklich angesehen.

Von der bedenklichen politischen Vorgangsweise hat auch Herr Kollege Konečny heute schon gesprochen, als er darauf hingewiesen hat, dass die Begutachtungsfrist nicht einmal abgewartet wurde. Ende der Begutachtungsfrist: 24. 6., Beschluss am 13. 6. im Ministerrat als Teil der ASVG-Novelle. Wenn der Herr Staatssekretär das Wollen anführt, die Frage noch vor der Sommerpause einer Beschlussfassung zuzuführen, dann kann ich hier nur sagen: Man merkt die Absicht und ist verstimmt.

Ist das die Qualität des Konsultationsmechanismus, den Sie, meine Damen und Herren vor allem von der ÖVP, immer so hochgehalten haben? – Ich bezeichne das als Schlag ins Gesicht der Länder.

Ich darf eine Aussage Ihres Klubobmannes im Nationalrat zitieren, dem es in diesem Zusammenhang jetzt auf einmal Recht ist, wenn die Abgeordneten und auch die Mitglieder des Bundesrates ihr freies Mandat nützen, um für diese Maßnahme zu stimmen. Da muss ich Sie, meine Damen und Herren, die Sie hier in diesem Haus immer eine Bindung an die Ländermehrheit gefordert haben, schon fragen, wie es Ihnen jetzt geht. Mich hat das Ganze einerseits ein bisschen mit Genugtuung erfüllt, andererseits ein bisschen mit Bosheit, aber jedenfalls ist es bedenklich, wenn man dann, wenn es nützt, seine Meinung so grundlegend ändert.

Ich möchte aus diesem Grund, nämlich wegen dieser bedenklichen politischen Vorgangsweise, einen Entschließungsantrag mit folgendem Text einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Hedda Kainz, Roswitha Bachner und GenossInnen betreffend Einholung einer Zustimmung der Länder zu dieser Maßnahme, Prüfung der Verfassungskonformität, eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen

Der Bundesrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Bundesrat hat beschlossen:

Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert,

1. die Zustimmung der Länder zu dieser Vorgangsweise einzuholen und

2. die Vorlage einer verfassungsrechtlichen Überprüfung durch unabhängige Verfassungsexperten zu unterziehen.

*****

Die unterzeichneten Bundesräte verlangen über den Entschließungsantrag der Bundesräte Hedda Kainz, Roswitha Bachner und GenossInnen betreffend Einholung einer Zustimmung der Länder zu dieser Maßnahme, Prüfung der Verfassungskonformität, dann auch eine namentliche Abstimmung.

Ich möchte Ihnen in meinen Ausführungen noch einige Zitate zur Kenntnis bringen, obwohl ich davon ausgehe, dass Ihnen diese nicht unbekannt sind. So sagt der Volkswirt Professor Schneider von der Universität Linz – politisch sicher nicht den Sozialdemokraten zuzurechnen – zur Sinnhaftigkeit der Darlehen: Diese Darlehensvorstellungen sind ein Topfen ersten Ranges. Sie bedeuten keine Strukturverbesserung, sondern nur eine momentane Defizitabdeckung. Und dass die Rückzahlung gesichert ist, ist ebenso mit Fragezeichen zu versehen.

Wie ernsthaft diese Absicht überhaupt war, kann man vielleicht aus dem ursprünglichen Entwurf ersehen. Ich gebe schon zu, diese Passage wurde herausgenommen, aber die ursprüngliche Formulierung im Entwurf war, dass die Darlehensrückzahlung nach Maßgabe der verfügbaren Mittel zu erfolgen hat.

Meine Damen und Herren! Was soll das heißen? – Gebe ich ein Darlehen, von dem ich weiß – ganz abgesehen davon, dass sich bei defizitären Einrichtungen die Frage erhebt, in welcher Form die Rückzahlung erfolgen kann –, so quasi aus dem Kleingedruckten, dass die Rückzahlung nach Maßgabe der verfügbaren Mittel erfolgen kann? – Das war Ihnen, so scheint es, in der Koalition dann doch selber zu viel. Vielleicht haben Sie hier auch die Rechnungshofkritik berücksichtigt. Ich behaupte, das ist Dilettantismus.

Es gibt im Übrigen auch noch die Aussagen des Arbeits- und Sozialrechtlers Jabornegg, der sich in dieser Frage der Einschätzung ebenso mehr als abfällig äußert. Er sagt nämlich in einer Aussage, die ich Ihnen jetzt nicht von ihrer Herkunft zitieren kann, aber ich denke, wenn Sie daran Interesse haben, lässt sich das verifizieren: Die Zusicherung von Gesundheitsstaatssekretär Waneck sei ebenso – das bezieht sich jetzt auf die Sicherheit der Darlehensrückzahlung – relevant wie einst der Notariatsakt von Helmut Zilk, er wolle nicht Bundespräsident werden. – Also gar nicht relevant.

Ich möchte Ihnen jetzt mit einigen Beispielen die Situation der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse präsentieren, wobei ich mir keine Kritik an anderen Einrichtungen, an anderen Länderkassen, an Gebietskrankenkassen anmaße. (Bundesrat Ledolter: Sie können das ruhig zitieren!) Das überlasse ich denen, die sich dazu berufener fühlen, vor allem, wenn dann die Argumente durchaus auch widerlegbar sind, weil heute – ich werde es auch noch tun – schon auf die Strukturunterschiede hingewiesen wurde.

Ich möchte als oberösterreichische Bundesrätin dennoch für mich in Anspruch nehmen, dass es den Versicherten natürlich nicht begreiflich zu machen ist, dass Oberösterreich, obwohl es ein Bundesland mit Strukturnachteil ist, in den nächsten drei Jahren zusätzliche Mittel in der Höhe von 90 Millionen € an den Ausgleichsfonds abzuführen hätte, was einen Entgang in der Höhe von 4 Millionen € an Zinsen bedeutet. Das würde in der praktischen Tätigkeit aber auch bedeuten, dass eine ganz wesentliche Voraussetzung dafür, dass die oberösterreichische Gebietskrankenkasse überhaupt in einer positiven Situation ist – sie hat als eine wesentliche Zielsetzung die Gesundheitsvorsorge, die flächendeckende Diabetesbetreuung und die Kariesprophylaxe für Kinder angesehen –, nicht mehr finanzierbar wäre. Es ist dies, wie gesagt, ein Schwerpunkt der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, der sehr wesentlich zur Wirtschaftlichkeit beigetragen hat.

Die Finanzentwicklung war auch in Oberösterreich bis 1995 negativ. Erst ab 1996 war es – ich behaupte, durch schmerzhafte Kostendämpfungsmaßnahmen – dann doch möglich, Überschüsse zu erarbeiten. Als sehr schmerzhaft haben wir als Gewerkschafter die Tatsache empfunden, dass Oberösterreich die Kostendämpfung auch sehr stark orientiert im Bereich der Beschäftigten angesetzt hat. Das hat uns einerseits keine Freude bereitet, andererseits haben wir doch zur Kenntnis nehmen müssen, dass eben auch diese Kostenfaktoren dazu beitragen können, eine positive Situationsentwicklung einzuleiten.

Wir mussten keine Leistungen einschränken. Alles, was in diese Richtung behauptet wird, ist schlichtweg nicht richtig und lässt sich auch durch Zahlen beweisen. Ich möchte Ihnen die vielen Statistiken nicht präsentieren. Das können Sie, wenn Sie wirklich Interesse daran haben, auch nachlesen. Die satzungsmäßigen Leistungen der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse sind trotz der strukturellen Nachteile im Bereich des Maximalen. Wir bewegen uns immer in den oberen vier Positionen.

Wenn wir uns auch heute immer wieder damit auseinander setzen müssen, dass die Rücklagen kritisiert werden, dann darf ich Sie darauf hinweisen, dass einerseits die Rücklagen gesetzlich vorgesehen sind und dass Rücklagen andererseits kein Körberlgeld und schon gar nicht Spekulationsmittel sind. Wie gesagt, sie sind gesetzlich festgelegt, und es ist nicht nur heute die Gefahr, dass, wenn Rücklagen aufgelöst werden müssen, eine einzige Grippewelle die Finanzierbarkeit der notwendigen Maßnahmen in Frage stellt. Das ist übrigens ein Umstand, der bereits 1905 die damalige Arbeiterversicherungskasse beinahe in den Ruin getrieben hat.

Ich gehe nicht davon aus, dass anzunehmen ist, dass die notwendigen Strukturmaßnahmen in der Zwischenzeit hätten erfolgen können, sondern ich gehe davon aus, dass ganz einfach gesundheitliche Maßnahmen mit Risken verbunden sind und damit natürlich die finanziellen Risken ganz besonders im Vordergrund stehen.

Heute ist immer wieder von Einsparungspotenzialen die Rede: Natürlich ist es möglich, im Bereich des Vertragswesens Einsparungen vorzunehmen. Es ist möglich, im Bereich der Medikamentenpolitik Einsparungen vorzunehmen. Was ist aber, wenn wir all diese Dinge nicht mehr ausreichend anwenden können?

Kein Einsparungspotenzial sehe ich im Übrigen bei den Verwaltungskosten, denn wenn wir in Oberösterreich einen Verwaltungskostenanteil in der Höhe von 2,9 Prozent haben, dann möchte ich Herrn Kollegen Weilharter – ich weiß nicht, ob er uns das sagen will oder kann – fragen, wie hoch die Verwaltungskosten in seinem Institut sind.

Wir alle, die wir je damit beschäftigt waren, Mitarbeiterkassen zu beraten und über deren Nutzung zu diskutieren, wissen sehr wohl, in welcher Höhe private Unternehmen ihre Verwaltungskosten ansetzen müssen, nämlich bei rund 20 Prozent oder jenseits davon. Wenn wir aber auch darauf hinweisen – Kollege Riepl hat das auch bereits getan –, dass die Außenstände, die österreichweit durch nicht abgeführte Arbeitgeberbeiträge entstehen, eine Größenordnung von 835 Millionen € erreicht haben, dann würde ich glauben, dass das Begleichen dieser Schulden ganz wesentlich zur Bereinigung der Finanzsituation der Gebietskrankenkassen beitragen könnte, um nicht zu sagen, sie überhaupt beseitigen würde.

Ich habe schon gesagt, notwendige Strukturmaßnahmen unterstützen auch wir. Aber wir glauben, ja wir sind überzeugt davon, dass es notwendig ist, eine Verbreiterung der Beitragsgrundlage vorzunehmen. Und dazu möchte ich mich hier nicht verschweigen. Wir sehen darin auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, denn die Verbreiterung der Beitragsgrundlage muss vor allem dort erfolgen, wo es entsprechende Beiträge zu lukrieren gibt, nämlich aus gut entlohnten Tätigkeiten.

Erlauben Sie mir bei dieser Thematik auch einen Sidestep in Richtung Frauenbeschäftigung. Es kann nicht angehen, zwar die Anhebung der Erwerbsquote der Frauen zu fordern, aber nicht gleichzeitig auch darauf hinzuweisen, dass dies keine prekären Dienstverhältnisse sein dürfen. Nicht nur die männliche Hälfte unserer arbeitenden Bevölkerung kann das Sozialsystem aufrecht erhalten, sondern es müssen alle Menschen, die im Erwerbsleben stehen, alle Selbständigen und Unselbständigen zu dieser Finanzierung beitragen.

Selbstbehalte können keine Lösung dieser Probleme sein. Sie verzerren vor allem auch den ursprünglichen Vertragspartnerwillen der paritätischen Finanzierung.

Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt zwar vom Herrn Staatssekretär die Beantwortung unserer Fragen zur Kenntnis genommen, ich betone aber, dass wir in weiten Strecken mit dieser Beantwortung nicht einverstanden sind, dass die Antworten nicht dem entsprechen, welche Meinung wir dazu vertreten. Das ergibt sich nicht nur aus unserer Stellung zur Thematik, sondern eigenartigerweise auch aus jenen Stellungnahmen, die aus der Koalition kommen.

Meine Damen und Herren! Wie Sie in dieser Situation mit dieser politischen Haltung und Ihrer Spaltung umgehen – einerseits die Koalitionsregierung, andererseits ganz wesentliche Mandatare Ihrer Partei und auch viele Ihrer Abgeordneten –, wird Ihrer eigenen Handlungsweise, Ihrer eigenen politischen Verantwortung überlassen bleiben. Ich denke aber, die Versicherten werden sich zu diesem Tohuwabohu ihre Meinung bilden können. (Beifall bei der SPÖ.)

19.02

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Ferdinand Maier. Ich erteile ihm das Wort.

19.03

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Papier zur dringlichen Anfrage – (Bundesrat Konečny betritt den Saal und begibt sich zu seinem Platz) ich bin froh, dass Herr “’fessor” Konečny schon gekommen ist – beinhaltet auch den Ausdruck: “die völlig verunglückte Sanierung der Krankenkassen”. (Bundesrat Konečny: Die Sanierung haben Sie 14 Jahre lang verhindert!)

Das ist wieder einmal "gelungen", Herr "’fessor", denn dadurch geben Sie zunächst einmal zu, dass diese Krankenkassen sanierungsbedürftig waren. Gleichzeitig glauben Sie aber, dass man diesen – unter Anführungszeichen – "Scheiß", den Sie unter allen Ihren Sozialministern verursacht haben (Bundesrat Manfred Gruber: Kollege! Ihre Partei war auch dabei! Wieder ein Kindeswegleger!), innerhalb von wenigen Monaten sanieren kann. Das ist der Aberglaube, dem Sie manchmal unterliegen, aber ich glaube, dass es gut ist, dass Sie die heutige dringliche Anfrage in dieser Form eingebracht haben, weil uns das natürlich die Möglichkeit gibt, ein wenig darüber zu referieren, was die Bundesregierung seit dem 4. Februar 2000 an positiven Dingen im Sozialbereich erreicht hat.

Es ist ein Anliegen besonders herauszustreichen, nämlich dass es dieser Regierung gelungen ist, die rechtliche Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten herzustellen. Das ist an sich eine Entscheidung gewesen, die Sie in all den Jahren, in denen Sie den Sozialminister und andere Verantwortungsträger bis zum Bundeskanzler gestellt haben, natürlich schon hätten machen können. (Bundesrat Konečny: Da haben Sie sich gegengestellt! – Bundesrätin Kainz: Das haben Sie verhindert! – Bundesrat Konečny: Da sind wir mit unserer "Koalitionsstruktur" gescheitert! Das tut uns Leid! Tatsächlich!)

Damals sind Sie mit Ihrer Gewerkschaftsstruktur natürlich nicht imstande gewesen, dies zu tun, weil Sie natürlich nicht die Privatangestelltengewerkschaft und die einzelnen Fachgewerkschaften davon überzeugen konnten, dass das gescheit wäre. Da sind Sie mit Ihrer Politik an Ihren Freunden in den Gewerkschaften gescheitert.

Ich glaube auch, dass die Abfertigung neu eine Sache ist, die andere Regierungen schon längst hätten machen können. Das ist dank Ihrer Bremsung aber nicht passiert. Das Gleiche gilt für das Kinderbetreuungsgeld.

Ich halte auch die Frage der Familienhospizkarenz für eine zukunftsweisende Entscheidung im sozialpolitischen Bereich. Wenn man diesbezüglich die Entscheidungen in anderen europäischen Ländern ansieht, dann weiß man, welchen Quantensprung man in Österreich gemacht hat.

Die Frage des Kindergeldes möchte ich gar nicht mehr erörtern; sie ist ohnehin schon sehr oft erwähnt worden. Das war gleich der Durchbruch am Beginn dieser Regierung.

Ich glaube aber auch, dass es notwendig ist – dazu bekennt sich diese Regierung –, die Finanzierung des Gesundheitssystems zu sichern, und zwar unter Beibehaltung oder Ausbau der qualitativen medizinischen Versorgung.

Es ist für Sie natürlich schmerzhaft, wenn das jetzt in Bereiche geht, die Sie empfindlich treffen. Ich erinnere mich noch, als Rudolf Kirchschläger einmal davon gesprochen hat, es sei notwendig, "saure Wiesen" trocken zu legen. – Um genau diese "sauren Wiesen", meine Damen und Herren, geht es in Wahrheit heute in diesen dringlichen Anfragen.

Über Post und Bus ist schon diskutiert worden – eine "saure Wiese" par excellence! Es ist international geradezu eine Lächerlichkeit, dass Österreich bereits 30 Jahre lang defizitäre Betriebe aufrecht erhält, die buchstäblich parallel nebeneinander herfahren! Bisher ist nichts dagegen geschehen. Sie stellen sich hierher und verteidigen das! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! Daran sieht man, dass Sie bis heute noch nicht begriffen haben, was Rudolf Kirchschläger damals gemeint hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn ich mich richtig erinnere, dann ist Rudolf Kirchschläger ein Kandidat von Ihnen gewesen, den Sie aufgestellt haben. (Bundesrat Manfred Gruber: Sie aber auch, Kollege!) – Sie sollten sich das, was er gesagt hat, einmal in Erinnerung rufen. Angesichts der Debatte um den Zustand der Gebietskrankenkassen wäre das hoch an der Zeit! Das ist der zweite Bereich, in dem wir "saure Wiesen" trocken legen müssen. (Bundesrat Manfred Gruber: Da gibt es noch andere "saure Wiesen" in Ihrem Bereich, die trocken gelegt werden müssen!)

Ich finde auch, dass Folgendes bezeichnend ist – erinnern Sie sich –: Ihr "Schatzi-Putzi" Sallmutter hat in den Wintertagen des Jahres 1999 gesagt, es sei alles ganz fürchterlich, 7 bis 8 Milliarden Schilling Defizit – damals noch Schilling – drohen für das Jahr 2001. Gleichzeitig hat er gemeint, das kann nur durch eine Beitragserhöhung abgefangen werden, und er hat auch den guten Vorschlag gebracht, die Tabaksteuer zu erhöhen. Er hat also mit 7 bis 8 Milliarden Schilling Abgang gerechnet.

Tatsächlich, weil bereits ab dem 4. Februar 2000 Maßnahmen ergriffen wurden, hat der Abgang des Jahres 2001 rund 2 Milliarden Schilling und somit etwa ein Viertel dessen betragen, was Herr Sallmutter befürchtet hat. (Bundesrätin Kainz: Und jetzt sind Sie enttäuscht!)

Unter ihm wäre das schon passiert, da mache ich mir keine großen Sorgen. Es ist Fakt, Herr "’fessor", dass Sie von der SPÖ mit Dallinger, Geppert und anderen Damen und Herren natürlich die Sozialminister gestellt haben.

Ich habe mir kurz angeschaut, wie das mit Herrn Generaldirektor Geppert war. Er war auch einmal Sozialminister. Da muss man sich ein bisserl in die Geschichte vertiefen. Geppert ist ohne Ausschreibung, ohne Befassung des Verbandsvorstandes und ohne einen Beschluss der Kontrollversammlung zum Generaldirektor bestellt worden – einfach so, mir nichts, dir nichts, weil er durch Ministerweisung dorthin musste. Als Minister war er nicht geeignet, und man musste ihn aus der Regierung entfernen. (Bundesrätin Kainz: Wo ist er?)

Herr Minister Hums – erinnern Sie sich noch, Hums? – war auch einmal Sozialminister, und er hat eine gute Idee gehabt, Frau Kollegin! Wissen Sie, was er gesagt hat? – Er hat einmal die Auflösung der Eisenbahnerversicherung vorgeschlagen, also ein durchaus aktuelles Thema!

Man könnte durchaus noch einmal aufgreifen, was Jolly Hesoun und Lore Hostasch im Sozialministerium an Ideen eingebracht haben. Das hat drei Stoßrichtungen gehabt: Das Erste war eine Beitragserhöhung, das Zweite war die Erhöhung der Rezeptgebühren, und das Dritte war dann noch ein Selbstbehalt in verschiedensten Ausformungen, insgesamt sehr kreativ.

Das, was Sie nicht gelernt haben – ich komme noch auf die Wiener Gebietskrankenkasse zu sprechen –, ist Folgendes: Sie haben in diesem Bereich, so wie in allen anderen Bereichen auch, nicht gelernt, mit dem Geld umzugehen. Es ist das Grundprinzip eines ordentlich geführten Haushaltes, dass man nur soviel Geld ausgeben kann, wie man einnimmt.

Das haben Sie damals nicht begriffen, und Sie sind heute noch nicht imstande, dieser Regierung zu folgen, sonst würden Sie diese dringlichen Anfragen gar nicht stellen. (Bundesrätin Kainz: Das ist phantasielos! – Bundesrat Manfred Gruber: Fahrt ja alles den Bach hinunter! Tun Sie nichts schönreden! Hinstellen und verurteilen! Kindesweglegung!)

Ich halte es aber für wichtig, darüber zu reden, damit man Ihnen erklären kann, was dahinter steht. Dann können Sie endlich auch erkennen, in welchen Bereichen dieser Sanierungsbedarf tatsächlich notwendig ist. (Bundesrat Konečny: ... ziemlich nachhaltig!)

Lassen Sie mich kurz festhalten, dass die Sanierungsschritte, die in den letzten Wochen und Monaten gesetzt wurden, durchaus schon Erfolg zeigen.

Das einzige Problem – ich habe schon darauf hingewiesen, dass "nur" 2 Milliarden Schilling statt der veranschlagten 8 Milliarden Schilling Defizit entstand – ist die Wiener Gebietskranken-kasse. Der größte Defizitproduzent im Rahmen dieses Abganges ist nun einmal die Wiener Gebietskrankenkasse. Daran lässt sich nicht rütteln, das ist dokumentierbar. (Bundesrätin Kainz: Na ja, 0,9 Prozent!)

Da muss man sich einmal anschauen: Wie gibt es denn das, dass gerade die Wiener Gebietskrankenkasse einen derartigen Abgang hat? (Der Redner hält eine Ausgabe der Zeitschrift "PEOPLE" in die Höhe.)

Ich zeige Ihnen hier ein Broschürchen. Kennen Sie den Mann, der da drauf ist? – Gewonnen! Es ist Herr Bittner, Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse! Das ist der Verantwortliche für das Defizit der Wiener Gebietskrankenkasse. (Bundesrat Manfred Gruber: Sie machen sich lächerlich, Herr Kollege! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das ist aber in Wahrheit eine Postille, bei der man dafür bezahlen muss, dass man auf die erste Seite kommt. Das ist kein "hausgemachtes Produkt", sondern Sie müssen das bei dem Verlag bestellen. Ich sage Ihnen gleich, es wird bei Firma Elbemühl gedruckt. Sie kennen sie alle, das ist die gewerkschaftseigene Druckerei. Da schaut man noch ein bisschen darauf, dass es eine Quersubvention gibt. (Bundesrätin Bachner: Behaupten Sie nicht etwas, was Sie nicht beweisen können!) Dort wird das also gedruckt, und Herr Obmann Bittner verkündet darin allerhand Sachen.

Das Spannendste ist aber, dass er darin davon spricht, dass es zum Beispiel Kuranstalten gibt, die nicht den Sozialversicherungen angehören, und er empfiehlt, dort Kuren zu machen. (Bundesrätin Kainz: Warum nicht? Privatisierung!) Er bewirbt darin auch Präparate, die nicht auf der Produktliste der Gebietskrankenkasse stehen.

Ich finde, wir müssen über diese Frage diskutieren. Liebe Frau Kollegin! Ich weiß schon, es geht ein bisschen quer durch die Fraktionen. (Bundesrätin Kainz: "Ein bisschen" ist gut!) Aber was wir auch lernen müssen, ist, ein wenig Solidarität zu leben. (Bundesrat Konečny: Von Ihnen nicht, Herr Kollege! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Was Solidarität betrifft, zitiere ich Ihnen, Herr Professor, einen Ausspruch von Professor Zulehner. Professor Zulehner hat in einem Zitat zur Solidarität Folgendes gemeint: Solidarität ist eines der Grundkapitalien, die eine moderne Gesellschaft besitzt, und unsolidarische Gesellschaften sind eigentlich nicht zukunftsfähige Gesellschaften.

Das heißt, in Wahrheit müsste man zusammenhalten, aber es ist ein hoher Sanierungsbedarf notwendig. Ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre der Rücktritt des Herrn Bittner. Das wäre ein Beitrag zur Sanierung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich glaube, dass Sie Herrn Bittner, der sich im Viktor-Klima-Stil kleidet – weißes Hemd, rote Krawatte –, durchaus nach Argentinien schicken könnten. Dort könnte er ruhig Herrn Klima betreuen, aber hier sollte er einmal Platz machen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Manfred Gruber: Das halte ich überhaupt nicht mehr aus! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Er sollte Platz machen und einfach schauen, dass ein Beitrag im Sinne der Solidarität geleistet wird. (Bundesrat Manfred Gruber hält eine Ausgabe von "NEWS" in die Höhe und schlägt eine Doppelseite auf, auf der Herr Abgeordneter Gaugg und die Überschrift "Freunderl-Vertrag" zu erkennen ist. – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es kann keine Einbahn geben! Sie haben gesagt, Oberösterreich hat quasi ein Strukturproblem. – Meiner Ansicht nach könnten Sie stolz sein, und ich würde Ihr Heimatland nicht so schlecht machen, wie Sie es hier gemacht haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Oberösterreich hat einen boomenden Wirtschaftsraum. Das Problem der Wiener Gebietskrankenkasse ist die miese Arbeitsplatzpolitik der Wiener Sozialisten. Dort ist das Problem zu Hause! Wir haben rückläufige Beschäftigungszahlen! Dort ist das Problem zu Hause, und das ist die hausgemachte Politik in Wien! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Todt: So ein Blödsinn! Er redet so einen Blödsinn!  – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zusammenfassend: Ich glaube, Sie sollten die Diskussion führen. Ich denke, mein Kollege wird heute noch einen Entschließungsantrag einbringen. Ich finde, die Maßnahmen, die von der Regierung gesetzt wurden, sind im Sinne der Solidarität auch zu unterstützen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.14

Vizepräsident Jürgen Weiss: Bevor ich das Wort erteile, darf ich noch nachtragen, dass der von den Bundesräten Kainz, Bachner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Einholung einer Zustimmung der Länder zu diesen Maßnahmen und Prüfung der Verfassungskonformität genügend unterstützt ist und demnach mit in Verhandlung steht.

Die Antragstellerin hat weiters das Verlangen gestellt, über diesen Entschließungsantrag namentlich abstimmen zu lassen.

Ich frage, wer diesen Antrag unterstützt. – Das ist ausreichend unterstützt.

Es wird also so vorgegangen und eine namentliche Abstimmung durchgeführt.

Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Roswitha Bachner das Wort. – Bitte.

19.15

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geschätzte Damen und Herren! Bezogen auf meinen Vorredner, Herrn Kollegen Maier, muss ich ganz ehrlich gestehen: Bis zum heutigen Tag habe ich mir von Ihnen mehr Souveränität erwartet. Ich habe bis heute nicht gewusst, dass das Polemisieren des Koalitionspartners so ansteckend ist und dass inhaltliche Aussagen so schnell verloren gehen. Aber Sie haben heute den Gegenbeweis angetreten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

"Schatzi-Putzi Sallmutter" – das haben Sie gesagt – musste gehen, weil er unfähig war, und Sie fordern uns auf, Bittner den Rücktritt anzubieten. – Das ist überhaupt nicht mehr nötig. Wir erleben derzeit die Situation, dass sozialdemokratische Funktionäre, egal, in welchen Positionen sie sind, nicht zurückzutreten brauchen, sondern sie werden von dieser Regierung entsorgt  – Beispiel Sallmutter! Da ändert man sogar Gesetze, nimmt Wahlen, so wie die Kammerwahlen, nicht zur Kenntnis, damit man die entsprechenden Farben hineinbringt. (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. )

Leikam ist zurückgetreten. (Bundesrat Dr. Böhm: Zurückgetreten worden!) Daran sollte sich manch anderer ein Beispiel nehmen! Das wäre gut, glauben Sie mir!

Eines steht auf jeden Fall fest. Sie haben auch so betont – heute haben wir es schon mehrfach gehört –, "ach wie gut und schnell" diese neue Regierung doch arbeitet! – Wenn dieser Beschluss des Ministerrates ein Beispiel dafür ist, dann, ehrlich gesagt, ist das eine gefährliche Drohung.

Denn wenn Sie schon so gut sind, sich so gut verstehen, sämtliche Hemmungen zwischen Koalitionspartnern bei Ihnen nicht vorhanden sind und gar keine Kompromisse gemacht werden müssen, weil ihr alle einer Meinung seid, dann hättet ihr eigentlich – unabhängig von dem, was meine Vorredner schon gesagt haben, dass ihr euch nicht an Fristen haltet; das ist aber sowieso seit Bestehen der Regierung die übliche Gangart, das schreckt mich nicht mehr – mehr zusammenbringen können, als einfach den einen Krankenkassen Geld wegzunehmen und es den anderen zuzuführen. Da steht doch überhaupt kein Sanierungskonzept im Hintergrund. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Das ist schon die Sanierung, Frau Kollegin!) – Genauso ist es bei der Post.

Ja, völlige Zustimmung. Dass unser Gesundheitssystem ständig einer Sanierung unterliegen muss, dem stimme ich völlig zu. Ich sage auch, dass allfällige Beschlüsse oder Sanierungsmaßnahmen längst hätten vorgenommen werden müssen. Aber wenn Sie sich auf die Fahnen heften, dass Sie so hervorragend regieren, dann hätten Sie das in den zwei Jahren auch schon beweisen können!

Sie schwindeln sich mit dem Argument der Sommerpause mit einem Beschluss im Ministerrat drüber! Das ist ein derart schwaches Ergebnis, für das Sie sich nicht groß herauszustellen brauchen!

Ich gebe Ihnen auch noch ein paar Beispiele, warum Probleme entstanden sind. Ich weiß nicht, warum man immer an Personen festmacht, wieso manche Finanzprobleme entstanden sind. Ich werde Ihnen auch sagen, warum zusätzliche Probleme entstanden sind: weil nämlich diese Regierung Maßnahmen getroffen hat, die die Krankenkassen generell immens belasten.

Ich werde Ihnen jetzt einige Beispiele aufzählen. Die Kassen müssen 1,15 Milliarden mehr in die Spitalsfinanzierung einzahlen, damit der Bund seine Einzahlungen im Gegenzug in gleicher Höhe reduzieren kann. Die Kassen wurden gesetzlich verpflichtet, den Betreibern von Privatkrankenanstalten zusätzlich Mittel zukommen zu lassen. Die Gebietskrankenkassen müssen heuer rund 500 Millionen zur Sanierung der Bauernkrankenkassen zahlen, damit sich der Bund seinen bisher geleisteten Zuschuss sparen kann.

Weiters: Zinsentgang durch die gesetzlich verfügte Verlängerung der Frist für Arbeitgeber zur Zahlung der Krankenversicherungsbeiträge; Abschöpfung der Steuer für die explodierenden Heilmittelaufwendungen durch den Finanzminister; Verweigerung des versprochenen Steuerausgleiches; Senkung des Arbeitgeberbeitrages zur Krankenversicherung der Arbeiter ohne ausreichende Kompensation.

Alle diese Maßnahmen wurden den Krankenversicherungen von dieser Regierung in den letzten zwei Jahren aufs Auge gedrückt, und dann macht man ihnen einen Vorwurf, wenn sie finanzielle Probleme bekommen.

Selbst wenn ich so ehrlich und fair bin, dass ich die Maßnahmen, die auch von dieser Regierung gesetzt wurden, und zwar in belastender Hinsicht für den Versicherten: Ambulanzgebühr, Mitversicherungsbeitrag und so weiter und so fort ... (Bundesrat Ledolter: ... Lore Hostasch!)  – Okay, das gehört auch dazu, aber das ist nichts Neues. Das ist aber sehr wohl neu: Erhöhung des Spitalkostenbeitrages und so weiter. – Selbst wenn ich diese Beträge abrechne, bleibt eine Nettobelastung für die Krankenkassen in der Höhe von 872 Millionen im Jahr 2001 und 900 Millionen im Jahr 2002.

Sie haben keinerlei Ansätze, und das ist das Ursprungsproblem. Ein weiteres Ursprungsproblem ist – auf das haben auch meine Vorrednerinnen und Vorredner schon hingewiesen –, dass es natürlich auch strukturelle Probleme der Länder gibt.

Da nach wie vor die Krankenkassenbeiträge von den Lohnsummen einbezahlt werden, ist es natürlich ein Unterschied, ob ich ein Bundesland habe – ich nehme zum Beispiel Kärnten –, in dem die Arbeitsplätze überwiegend durch Dienstleistung abgedeckt sind, oder ein hoch industrialisiertes Bundesland. Da kommen eben unterschiedliche Beiträge herein. Das muss man sich schon einmal vor Augen halten.

Sie werden mir nicht entgegenhalten können – auch Sie nicht, Herr Staatssekretär –, dass die Grippe in den Bundesländern unterschiedlich viel kostet. Wenn es eben Grippewellen gibt, dann kostet es gleich viel.

Es gibt seit langem von den Trägern dementsprechende Vorschläge, um den Finanzierungsproblemen entgegenzuwirken. Das wurde bei dieser Maßnahme, bei dieser Beschlussfassung nicht berücksichtigt. Ich werde sie Ihnen noch einmal aufzeigen. Vielleicht nimmt es der Herr Staatssekretär heute mit auf den Weg.

Es wurde zwar heute die Tabaksteuer schon erwähnt, wir schlagen aber die Zweckwidmung der Tabaksteuer vor, ferner eine Senkung der Spannen im Arzneimittelhandel auf das europäische Durchschnittsniveau, die volle Abgeltung der Mehrwertsteuer bei Medikamenten, Maßnahmen zur Bekämpfung des Schwarzunternehmertums, eine Reduktion der Beitragsschulden der Arbeitgeber – Kollegin Kainz hat die Summe genannt –, sowie eben die Verbreiterung der Beitragsgrundlage.

Um unser hervorragendes System weiter finanzieren zu können, müssen wir davon abgehen, auch in Hinkunft nur die Lohnsumme zur Berechnung heranzuziehen. Wir müssen wertschöpfungsbezogene Elemente in die Berechnung der Beiträge mit hineinnehmen, sonst wird diese Krankenkassen und das Sozialversicherungssystem niemand sanieren können. (Beifall bei der SPÖ.)

Da können die Personen Frad, Sallmutter oder wie auch immer heißen, wir werden immer dieselben Probleme haben. Also seien wir doch so fair und zeigen wir nicht immer anhand von Personen oder von Schuldzuweisungen die Probleme auf, sondern packen wir das Problem bei der Wurzel und setzen wir Maßnahmen!

Herr Minister Haupt hat uns bei unserem Gespräch nach der Urabstimmung, bei der Aufarbeitung der Urabstimmungsfragen, bei der wir auch dieses Thema behandelt haben, versprochen, er werde eine Arbeitsgruppe einrichten, die sich eben mit der wertschöpfungsbezogenen Komponente zur Beitragsgestaltung befassen wird. Ich rufe das in Erinnerung. Ich werde ihn persönlich auch darauf aufmerksam machen. Es wäre wichtig, dass wir das endlich durchführen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sehen, es gibt genügend Vorschläge, mit denen man sehr wohl dem Finanzproblem entgegenwirken könnte, und ich fordere Sie auf, nicht mit fadenscheinigen Argumenten zu diskutieren oder mit Argumenten wie jenen von Bundesrat Maier, der von diesem "Scheiß", den wir hinterlassen hätten, gesprochen hat. – Wenn Herr Bundesrat Maier das ohne Ordnungsruf sagen durfte, dann darf ich es wiederholen. (Bundesrat Dr. Maier: Unter Anführungszeichen habe ich gesagt!)

Reden Sie sich nicht darauf aus, sondern zeigen Sie, dass Sie wirklich so gut sind, wie Sie täglich bis zum Erbrechen behaupten! (Beifall bei der SPÖ.)

19.25

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile ihm das Wort.

19.25

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Wenn die Geschäftsordnung des Bundesrates die Möglichkeit verankert hätte, eine dringliche Anfrage an die sozialdemokratische Fraktion zu richten, dann könnte diese Anfrage nur lauten: Wann lernen Sie von der SPÖ endlich, Ihre derzeitigen Möglichkeiten auszuschöpfen? Wann lernen Sie Ihre Möglichkeiten als Opposition? Wann lernen Sie endlich, Ihre parlamentarischen Möglichkeiten einzusetzen?

Meine Damen und Herren! Sie haben und hätten jetzt die Möglichkeit dazu, aber wir von den Regierungsparteien werden natürlich dafür sorgen, dass Sie lange Zeit zum Lernen haben, um Ihre Oppositionsrolle einzustudieren. (Bundesrat Freiberger: Mach dir um uns nicht so viele Sorgen! – Bundesrat Manfred Gruber: Irren ist menschlich! – Bundesrat Konečny: Eine undemokratische Drohung! Das werden nicht die Regierungsparteien entscheiden!)

Herr Kollege Konečny! Warum sage ich das? (Bundesrat Konečny: Das weiß ich nicht! ...) Nehmen Sie die eingebrachte dringliche Anfrage und lesen Sie den Betreff! Der Betreff Ihrer dringlichen Anfrage lautet: "Debakel bei der Krankenkassensanierung".

Meine Damen und Herren! Eine Sanierung ist sicherlich erforderlich, und das ist gar nicht so weit hergeholt, dass eben eine Sanierung erforderlich ist, weil etwas nicht in Ordnung war. Das lässt keine Zweifel aufkommen, dass ein Sanierungsbedarf gegeben ist, Herr Professor! Ich glaube, gerade Sie von der SPÖ wissen, wovon Sie in Ihrer dringlichen Anfrage reden. Sie wissen sehr wohl, wovon Sie reden.

Sie wissen auch, was Sie in den Krankenkassen angerichtet haben. (Rufe bei der SPÖ: Wer? – Die neue Regierung!) Sie von der SPÖ wissen, dass Sie dort eine Verantwortung übertragen bekommen haben, und dass dadurch, weil Sie die Verantwortung übertragen bekommen haben und in den Krankenkassen dominieren, derzeit ein großer Finanzbedarf besteht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Kollegin! Ihren Umgang mit übertragenen Aufgaben und Ihre wirtschaftliche Kompetenz will ich nicht erörtern. Mir fällt sofort ein Stichwort ein: Denken Sie an den "Konsum"! Ich will das gar nicht weiter ausbreiten! Oder denken Sie an die Verstaatlichte Industrie, dort haben auch Sie die Verantwortung getragen! Denken Sie an die eigene Parteikasse (Bundesrätin Kainz: Die entwickelt sich gut, keine Angst, Herr Kollege!), oder denken Sie auch an den Staatshaushalt und vor allem daran, welche Schulden Sie hinterlassen haben! Denken Sie dabei daran – das ist heute unser Thema –, welcher Sanierungsbedarf in den Krankenkassen herrscht!

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie nennen in der Präambel auch – quasi als Untermauerung für Ihr Anliegen – Kassenobmänner. Sie führen einen ÖGB-Sekretär in der Präambel an. Sie führen Landespolitiker an. Wenn man diese Begründungen liest, dann kommt man zu dem Schluss, und alle von Ihnen Genannten und Zitierten kommen zu einem Ergebnis: In den Krankenkassen klafft ein großes Finanzloch, und zwar vor allem dort, wo die SPÖ die Verantwortung übertragen bekommen hat und wo Sie von der SPÖ dominieren.

Meine Damen und Herren! Sie von der SPÖ haben das Solidaritätsverständnis angesprochen. Ich will das gar nicht kommentieren, weil ich es bei Ihnen nicht erkennen kann. Aber, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie: Wenn Sie keine eigene Position zur Sanierung der Kassen haben, dann ist das eigentlich beschämend. Das ist aber Ihre Sache. (Bundesrat Manfred Gruber: Gorbach in Vorarlberg, dem geht es ähnlich!)

Herr Kollege! Wenn Sie keine eigene Position haben, dann ist das zwar beschämend, aber Ihre Sache. Faktum ist, überall dort, wo Sie Verantwortung und vor allem finanzielle Verantwortung übertragen bekommen haben, funktioniert das nicht. (Bundesrat Manfred Gruber: Was macht der neue Hauptverband?) Dort tut sich über kurz oder lang ein riesiger Finanzbedarf auf.

Die jahrzehntelange sozialistische Gesundheits- und Krankenversicherungspolitik war nie bereit, Strukturveränderungen und Anpassungen durchzuführen. Sie waren nie bereit, Maßnahmen zu setzen, um diesem Debakel entgegenzusteuern. (Bundesrat Dr. Nittmann: So ist es!) Ganz im Gegenteil: Sie sind drauf und dran, Sanierungen zu verhindern.

Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, als Steirer hier auch Folgendes zu sagen: Nach wie vor werden die meisten Krankenversicherungsträger von SPÖ-nahen Funktionären dominiert (Bundesrat Dr. Nittmann: Ruiniert! – Bundesrat Manfred Gruber: Die Bauern-Krankenkasse zum Beispiel!), welche zum Ziel haben, die Sparbemühungen der Regierung zu desavouieren, zu blockieren. Denken Sie dabei aber daran: Was ist in der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vorgefallen? – Es sei nur erwähnt: Die Führung der steirischen Gebietskrankenkasse ist von der SPÖ dominiert. – Die steirische Gebietskrankenkasse hat zig Millionen € für ein bundesweites EDV-Projekt in den Sand gesetzt. Der Beitragszahler sollte das wieder sanieren! (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Nehmen Sie sich selbst an der Nase! Stellen Sie einen Spiegel vor Ihr Verhalten (Bundesrat Gstöttner: Die oberösterreichische ... hat hervorragend gearbeitet! Das müssen Sie schon anerkennen!), dann werden Sie erkennen, dass Ihre dringlichen Anfragen eigentlich nur dazu geeignet sind, Sie selbst zu entlarven und zu deklarieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich darf in formaler Hinsicht auch darauf hinweisen, weil Kollege Maier das angesprochen hat, dass ein diesbezüglicher Selbständiger Antrag eingebracht worden ist – mit der Bitte an den Präsidenten, diesen Antrag dem Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen zuzuweisen. – Ich erwähne das nur, damit Sie darüber auch informiert sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.31

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Todt. – Bitte.

19.32

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrter Herr Staatssekretär! Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Bundesrat Weilharter! Sie können bei der nächsten Wahl die Abwahl Ihrer Regierung sehr ruhig den Wählerinnen und Wählern überlassen – das ist demokratiepolitisches Verhalten. (Beifall bei der SPÖ.)  – Das einmal zum Ersten. (Bundesrat Bieringer: ... die Wahl, und dann reden wir weiter!) Wir werden dann am Wahlabend weiterreden über all diese Angelegenheiten. (Bundesrat Bieringer: Genau! Dann reden wir weiter!)

Sehr verehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Thema Krankenkassen etwas Grundsätzliches sagen: Sie alle wissen, dass es im Zusammenhang mit den Krankenkassen auch darum geht, dass Menschen älter werden und dass das Gesundheitssystem etwas kostet. Hier sind Strukturmaßnahmen gefragt, nur greifen Sie diese Strukturmaßnahmen auch nicht an, sondern Sie stopfen einfach Löcher.

Zu Herrn Bundesrat Maier würde ich ganz gerne ein paar aufklärende Worte in Bezug auf die Wiener Situation sagen und ihm darlegen, wie sich das verhält:

Herr Bundesrat Maier! Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien – es wird für Sie auch sehr interessant sein! Wien bietet ein Viertel aller Arbeitsplätze in Österreich an. Die Sparpolitik der Bundesregierung trifft Wien ganz besonders: Investitionskürzungen, Steuererhöhungen, Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst und Sparen bei der Arbeitsmarktpolitik haben allein in Wien bisher 10 000 Arbeitsplätze gekostet und treiben die Arbeitslosigkeit – das ist ein Faktum – in die Höhe. Durch die Erhöhung der Wirtschaftsförderung versucht Wien, dieser Entwicklung gegenzusteuern. (Ruf: Durch Ihre Belastungspolitik ...!) Immer noch bietet Wien ein Viertel aller österreichischen Arbeitsplätze – es sind insgesamt 810 000 Arbeitsplätze, die es in Wien gibt! (Beifall bei der SPÖ.)

Die EU-Kommission sagt, die Arbeitslosigkeit steigt im Jahr 2002 in Österreich stärker an als im EU-Durchschnitt – und die Bundesregierung unternimmt nichts! Auch die letzten Arbeitslosenzahlen, die vorgelegt wurden, beweisen ganz einfach, dass diese Bundesregierung in dieser Hinsicht nichts unternimmt. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Fasching: ... Sie Ihre sozialistischen Freunde!)

Ich möchte aber auf noch einen Punkt hinweisen, damit Sie sehen, welche Unterschiede es gibt, und zwar auf die Betriebsansiedlungen: Wien ist unter allen österreichischen Bundesländern die Nummer eins bei den Betriebsansiedlungen aus dem Ausland. (Bundesrat Dr. Nittmann: Beim Krankenhaus-Zusperren auch!) Mehr als die Hälfte aller ausländischen Betriebs-ansiedlungen in Österreich erfolgen in Wien. Bei 68 Betriebsansiedlungen im Jahr 2001 wurden insgesamt 5 100 neue Arbeitsplätze in Wien geschaffen (Bundesrat Ledolter: Trotz der sozialistischen Politik! Das ist eine Leistung!), und Sie wissen genau, dass sehr viele Nieder-österreicherinnen und Niederösterreicher und Burgenländer nach Wien einpendeln. Alle anderen Bundesländer zusammen – hören Sie mir gut zu! – sind für Betriebsansiedlungen ausländischer Unternehmen nicht so attraktiv wie Wien. Im Jahr 2000 war Kärnten unter den Bundesländern sogar das Schlusslicht bei den Betriebsansiedlungen!

Herr Bundesrat Maier hat über Wien geschimpft, und ich möchte ihm gerne als Antwort darauf sagen, was hier passiert. – Sie haben polemisiert, Herr Maier! Ich möchte Ihnen gerne darauf die Antwort geben, und diese hören Sie sich jetzt bitte auch an! (Bundesrat Bieringer: Wer sagt das? Sie werden mir nicht sagen, was ich mir anhöre! – Bundesrat Konečny  – zu Bundesrat Bieringer –: Heißt du Maier?) – Sie können ja hinausgehen, Herr Bieringer! Das ist kein Problem!

Wien ist unter allen Bundesländern die Nummer eins bei Betriebsgründungen: Im Jahr 2001 wurden in Wien über 6 000 Betriebe neu gegründet (Ruf bei der SPÖ – in Richtung des Bundesrates Bieringer –: Ludwig, da kannst du was lernen!), so viel wie in keinem anderen Bundesland, und zugleich war es ein neuer Rekord: Es war die höchste Zahl von Neugründungen in der Geschichte. Von den 260 000 österreichischen Unternehmen sind 70 000 – also gut ein Viertel – in Wien.

Seit der Steuerreform 2000, die noch von der vorigen Bundesregierung durchgeführt wurde, hat diese Bundesregierung nichts mehr zur Förderung von Unternehmensneugründungen getan. Es gibt eine Studie, die besagt, dass zwei Drittel der etwa 60 000 Wiener Klein- und Mittelbetriebe mit der Politik dieser Bundesregierung unzufrieden sind. (Bundesrat Dr. Nittmann: Von wem ist die Studie?) – Von SORA. Sie ist veröffentlicht.

Ich möchte auch ganz gerne zu den Einkommen etwas sagen, damit Sie die Unterschiede auch genau sehen: Die Monatseinkommen der Wienerinnen und Wiener sind um etwa 150 € höher als in den anderen Bundesländern. (Ruf: Auch die Sozialversicherungsbeiträge!) – Ja natürlich! Diese bringen die höheren Einkommen auch mit sich!

Österreich bildet im Jahr 2002 innerhalb der EU das Schlusslicht bei der Einkommensentwicklung: In allen anderen EU-Staaten werden heuer die Einkommen der Menschen stärker steigen als in Österreich! Steuererhöhungen, Pensionskürzungen und Belastungsmaßnahmen haben die Einkommen nachhaltig geschwächt.

Die Regierung hat Folgendes gemacht: Die Steuern erhöht – 8,1 Milliarden € –, die Pensionen schon zum dritten Mal hintereinander real gekürzt und mehr als 30 Belastungsmaßnahmen gesetzt, die die Bezieher kleiner Einkommen besonders treffen. – Das sind Ihre Taten, die Taten Ihrer Regierung, und darüber werden die Wählerinnen und Wähler entscheiden.

Aber zum Schluss noch drei Fakten, die Wien betreffen:

Fachhochschulen: Wien gibt 16 Millionen € mehr für Fachhochschulen aus. – Die Bundesregierung zieht sich mehr und mehr aus der Förderung der Fachhochschulen zurück.

Frauenbeschäftigung – dieses Thema ist sehr interessant, und ich bitte Sie sehr genau aufzupassen –: Wien hat von allen Bundesländern die höchste Frauenbeschäftigungsquote. Von 100 Frauen im erwerbsfähigen Alter sind in Wien 72 unselbständig oder geringfügig beschäftigt, weitere sechs selbständig beschäftigt. – Zum Vergleich: Von 100 Frauen im erwerbsfähigen Alter sind im österreichischen Durchschnitt nur 55 unselbständig oder geringfügig beschäftigt, wobei Kärnten mit 49 an drittletzter Stelle unter allen Bundesländern liegt.

Ein Letztes zum Gesundheitssystem, über das wir gesprochen haben, zu den Spitälern: Die durchschnittlichen Kosten der Menschen für Gesundheit lagen in Wien im Jahr 2000 um 6 Prozent unter dem österreichischen Durchschnitt. – Die Bundesregierung hat die Gesundheitskosten mehrfach verteuert: durch die Einführung von Ambulanzgebühren, die dreimalige Erhöhung der Rezeptgebühr um insgesamt 26 Prozent, die Verteuerung des Spitalsaufenthalts, die Erhöhung von Selbstbehalten bei den Heilbehelfen sowie die Leistungskürzung bei den Krankenkassen. – Das sind – im Unterschied zur Politik in Wien – die Taten dieser Bundesregierung! (Beifall bei der SPÖ.)

19.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Weiss. – Bitte.

19.40

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion der letzten Tage fokussiert das Interesse der Öffentlichkeit auf erhöhte Beiträge zum Ausgleichsfonds und auf Zwangsdarlehen einzelner Krankenkassen. Es ist schade, dass damit die Diskussion über die Reformnotwendigkeit an sich überlagert wird. Teilweise hat man den Eindruck – auch nach dieser heutigen Diskussion –, dass es gar keinen Reformbedarf gäbe, wenn diese besonderen Finanzierungswege nicht beschritten würden. Ich habe heute auch relativ wenig an Vorstellungen dazu gehört, wie man die Reform durchführen könnte.

Damit Sie nicht sagen, Sie hören von Vorarlberg, das besonders exponiert gegen bestimmte Teile dieser Vorhaben auftritt, auch keine Vorstellungen, verweise ich auf den Modellvorschlag eines Gesundheitsfonds Vorarlberg, der in Gesprächen mit dem zuständigen Ministerium in Arbeit ist und durchaus mit Interesse als so genanntes Pilotprojekt aufgenommen wird, weil wir glauben, dass durch eine Zusammenführung aller Kräfte doch erhebliche Einsparungen an Ort und Stelle möglich sein werden.

Für den vorgeschlagenen Finanzierungsweg werden im Wesentlichen zwei Argumente vorgebracht. Das eine ist zunächst die Einforderung von Solidarität – gemeint ist: jener, die zahlen sollen. Aber ich frage mich: Wäre es nicht auch zunächst solidarisch, nicht großzügiger zu sein als andere, die das zahlen sollen? Und wäre es nicht auch solidarisch, nicht auf Finanzpolstern in Form von Liegenschaften sitzen zu bleiben, während andere zahlen sollen?

Ein zweiter strittiger Punkt ist die Frage der Rückzahlungsverpflichtung, worüber die Diskussion durch die etwas verunglückte Formulierung in der Regierungsvorlage ausgelöst wurde: "Rückzahlung nach Maßgabe vorhandener Möglichkeiten". – So eine Bank, die mir das konzediert, hätte ich auch gerne! (Heiterkeit des Bundesrates Konečny. ) – Der Herr Staatssekretär hat darauf hingewiesen, dass ein Rückzahlungsplan gesetzlich vorgesehen werde. Wir stehen dem von Vorarlberg aus mit einer gewissen Skepsis gegenüber, weil wir wissen, wie leicht einfache Mehrheiten solche Regelungen wieder verändern können. Ein Mindeststandard wäre wohl eine zivilrechtlich einklagbare Verpflichtung, untermauert durch eine entsprechende Garantieerklärung.

Diese Skepsis, die wir haben, hat auch einen ganz bestimmten Grund. Ich weise nur auf ein Zitat zur Verteidigung dessen hin, warum man die Mittel nicht auf dem Kapitalmarkt beschaffe. Es wurde hier gesagt, die Zeit des Schuldenmachens sei vorbei. – Wenn ich nun daran denke, dass "Schulden" gleichzuhalten ist mit "Rückzahlungsverpflichtung", dann folgt im Umkehrschluss: Wenn es keine Schulden sein sollen, dann gibt es auch keine Rückzahlung. (Heiterkeit und demonstrativer Beifall des Bundesrates Konečny. )  – Daher scheint mir das, was bisher als Ausschussvorlage auf dem Tisch liegt, erheblich verbesserungsbedürftig zu sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP. – Bravoruf der Bundesrätin Bachner. )

Die Unsicherheit, ob es im Nationalrat und dann erst recht im Bundesrat, in dem die Mehrheitsverhältnisse noch etwas sensibler sind, eine ausreichende Zustimmung geben wird, führt zu weiteren Verhandlungen. Das ist etwas, was wir durchaus ins Treffen führen können, wenn man uns fragt: Warum seid ihr eigentlich da? – Weil wir durchaus auch die Rute ins Fenster stellen und sagen können: Hier muss nachgebessert werden.

Ich hoffe sehr, dass die jetzt eingeleiteten Verhandlungen unter Einbindung der Länder zu einem Ergebnis führen, das keinen Einspruchsantrag notwendig macht – den wir folgerichtig sonst stellen müssten, jedenfalls von Vorarlberg aus.

Der von sozialdemokratischen Bundesräten vorgelegte Entschließungsantrag geht in einem Punkt ins Leere: Es wird eine verfassungsrechtliche Prüfung verlangt – diese brauchen wir, ich rede jetzt nur für Vorarlberg, eigentlich nicht; sie liegt vor, und sie ist aus unserer Sicht ausreichend klar –, und darauf gründet sich auch die Ankündigung, selbst im Wege einer Beschlussfassung eine Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof anzustreben. – Diese Prüfung brauchen wir also aus unserer Sicht nicht.

In einem zweiten Punkt geht der Antrag nicht ins Leere, sondern ins eigene Knie. Es wird nämlich verlangt, die Zustimmung der Länder einzuholen. – Die Zustimmung der Länder zu Gesetzesvorhaben des Bundes wird an sich im Wege des Bundesrates wahrgenommen. Das haben Sie bisher auch mit aller Vehemenz, auch gegenüber Ansprüchen der Landeshauptmännerkonferenz und der Landeshauptmänner, verteidigt. Was wir mit einer Zustimmung machen würden, wäre, quasi uns selbst in Frage zu stellen.

In einem dritten Punkt ist der Entschließungsantrag geradezu kontraproduktiv. Sie verlangen nämlich vom Bundesminister, die Zustimmung der Länder zu dieser Vorlage einzuholen. Das will ich explizit nicht, sondern ich will eine andere Vorlage als das, was als Regierungsvorlage bisher im Gesetzgebungsverfahren sichtbar geworden ist! Also das, was Sie hier verlangen, würde geradezu zu einem gegenteiligen Effekt von jenem führen, den Sie haben wollen. Wir möchten gerne eine andere, eine bessere Regelung; Sie hingegen hätten gerne den Bundesminister aufgefordert, er solle sich um Zustimmung der Länder zu dieser Vorlage bemühen.

Aus diesen drei genannten Gründen kann ich, bei aller bekannten Skepsis des Landes Vorarlberg gegenüber den bisher vorliegenden Regelungsvorschlägen, dem Entschließungsantrag nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.46

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Staatssekretär. – Bitte.

19.46

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Ich möchte nur noch eine kurze Anmerkung zu einigen Daten machen, die offensichtlich nicht ganz im richtigen Zusammenhang erwähnt wurden oder nicht verstanden wurden:

Natürlich sind die Kosten, die eine Grippewelle verursacht, in den Bundesländern unterschiedlich, weil sie natürlich unterschiedlich auftritt und die Kosten von der Anzahl der Infektionen abhängen. Die Krankheitskosten sind im Wesentlichen errechenbar und gleich, aber nicht in jedem Bundesland findet eine gleich große Grippewelle statt.

Ich verstehe alle Berechnungen, die vorher genannt wurden. Das Einzige, was ich nicht verstehe, ist, warum die Einnahmen der Wiener Gebietskrankenkasse, wenn die Wirtschaftslage in Wien so gut ist, gegenüber den anderen Bundesländern um 50 Prozent zurückgeblieben sind, nämlich nur 2,1 Prozent gegenüber 3,1 Prozent, dem Durchschnitt im übrigen Österreich, betragen.

Hinsichtlich der Frage der Rücklagen, die immer wieder aufgetaucht ist, inwieweit gesetzliche Rücklagen angesammelt, gehortet – oder wie immer das beschrieben wird – werden müssen, besteht hinsichtlich des ASVG keine vorgeschriebene Mindestgröße. Hingegen besteht seitens des ASVG die Aufforderung, dass zum Jahresende ein Zwölftel der Jahresausgaben zur Bedeckung vorzusehen ist und, wenn dieses nicht vorhanden ist, aus dem Mitteln des Ausgleichsfonds in dieser Höhe – und um keinen Euro mehr – zu bedecken ist.

Sie werden bei aller Diskussion dennoch den Österreichern erklären müssen, warum auf der Grundlage dieser Bestimmung, in der ein Zwölftel – das sind 8,33 Prozent – der jährlichen Aufwendungen als Jahresrücklage vorgesehen ist, von den neun Gebietskrankenkassen tatsächlich aber 12,75 Prozent an Rücklagen gehortet werden. Das sind um 50 Prozent überhöhte Rücklagen, und das angesichts eines Abgangs im ordentlichen Betrieb! Das heißt, dass einem Abgang im Jahre 2000 von 170 Millionen € 340 Millionen € an Rücklagen gegenüberstehen, die aus Klientengeldern dort abgezogen wurden. Hier gibt es Erklärungsbedarf!

Wenn ich mir die Länder anschaue, die aus den Einnahmen von Seiten ihrer Klienten, nach Bereinigung ihres eigenen Abgangs, fast ein Drittel dieser Einnahmen in Rücklagen überführen und dann sagen, Sie hätten kein Geld oder sie werden demnächst defizitär sein, so ist festzustellen, dass der Spitzenreiter unter ihnen Salzburg mit 30,25 Prozent ist, gefolgt von Vorarlberg mit 27,98 Prozent, Oberösterreich mit 22,88 Prozent und Niederösterreich mit 19,22 Prozent. – Hier besteht sicherlich Erklärungsbedarf. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

19.49

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Kainz, Bachner, Kollegen und Kolleginnen auf Fassung einer Entschließung betreffend Einholung einer Zustimmung der Länder zu dieser Maßnahme – Prüfung der Verfassungskonformität vor.

Hiezu wurde eine namentliche Abstimmung verlangt.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 2 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Wir gehen daher in diesem Sinne vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge und ist mündlich mit "Ja" oder "Nein" zu beantworten.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführer um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge. (Über Namensaufruf durch die SchriftführerInnen Kainz und Hagen geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mit "Ja" oder "Nein" bekannt.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Da es ziemlich offensichtlich ist, dass keine Stimmengleichheit vorhanden ist, mache ich von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit "Ja".

Ich darf, um mein Verhalten zu erklären, dazu anmerken, dass laut Geschäftsordnung der Präsident nur dann berechtigt ist, seine Stimme abzugeben, wenn keine Stimmengleichheit gegeben ist, weil Stimmengleichheit automatisch eine Ablehnung des Antrages bedeuten würde.

Ich möchte die Zeit, während der die Stimmen ausgezählt werden, aber auch dazu nützen, die Bundesrätinnen und Bundesräte darum zu bitten, sich bei derartigen Abstimmungen nach Möglichkeit ruhig zu verhalten, denn es ist für die Beamten des Hauses sonst sehr schwer, "Ja" und "Nein" akustisch zu unterscheiden. Daher ersuche ich Sie, bei solchen Abstimmungen die gute Unterhaltung auf ein bisschen später zu verschieben. (Auf Grund divergierender Abstimmungsergebnisse wird die namentliche Abstimmung wiederholt.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt: Mit "Ja" stimmten 15 Mitglieder des Bundesrates, mit "Nein" 32. Dieser Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.

*****

Mit "Ja" stimmten die Bundesräte

Auer;

Bachner, Binna, Boden;

Freiberger;

Gruber Manfred, Gstöttner;

Haselbach, Hoscher;

Kainz, Konečny;

Rosenmaier;

Schlaffer;

Todt, Trunk;

Mit "Nein " stimmten die Bundesräte

Aburumieh, Ager;

Bieringer, Böhm;

Fasching, Fösleitner;

Giesinger, Grander, Grasberger, Gruber Franz, Gudenus;

Hagen, Haunschmid, Höllerer, Hösele;

Kanovsky-Wintermann, Keuschnigg, Klamt, Kneifel;

Ledolter, Liechtenstein, Lindinger;

Maier, Missethon;

Nittmann;

Ram;

Schöls, Steinbichler;

Tusek;

Weilharter, Weiss, Wimmler.

*****

Besprechung der Anfragebeantwortung 1774/AB

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Besprechung der schriftlichen Anfragebeantwortung 1774/AB des Herrn Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen.

Da die Anfrage und die dazu gehörende Anfragebeantwortung inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Bevor ich dem ersten Redner beziehungsweise der ersten Rednerin das Wort erteile, mache ich darauf aufmerksam, dass gemäß § 60 Abs. 5 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Konečny. – Bitte.

20.03

Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Der Herr Bundesminister hat bei der Erörterung der dringlichen Anfrage im Bundesrat bei der letzten Sitzung gemeint, zu zwei Fragen keine aktuelle Auskunft geben zu können. Er hat uns diese nun schriftlich nachgereicht. – Lassen Sie mich dazu einige wenige Feststellungen treffen!

Es ist dies ein gutes Beispiel dafür, wie man eine Anfrage nicht beantworten kann. Wir haben unter Frage 19 gefragt: Wie lautet der Auftrag an den Personalberater Jenewein in dieser Angelegenheit im Detail? – Das ist nach meinem Dafürhalten verhältnismäßig verständliches Deutsch mit einer klaren Fragestellung! Offenbar täusche ich mich da aber!

Der Herr Bundesminister teilt uns zunächst einmal mit, dass der Überleitungsausschuss beschlossen hat, begleitend zu einem gebildeten Komitee einen externen Berater heranzuziehen, und teilt uns weiters mit, dass der Vorsitzende des Überleitungsausschusses und seine beiden Stellvertreter übereingekommen sind, konkret die Jenewein GmbH damit zu beauftragen.

Danach haben wir nicht gefragt! Unsere Frage war: Wie lautete der Auftrag? – Wir können daher leider nicht beurteilen, ob der Auftrag erfüllt wurde.

Was Herr Jenewein gemacht hat, hat bekanntlich inzwischen die österreichische Öffentlichkeit erheitert: Er hat Textbausteine nach einem nicht wirklich durchschaubaren System durcheinander gewürfelt. Offenbar haben die beiden Kandidaten für den stellvertretenden Generaldirektor ähnliche Lose gehabt, und sie haben daher auch ähnliche bis gleiche Texte bekommen, etwa "hervorragend geeignet", "durchsetzungsfähig" und ähnlich nette Qualifikationen. Ich muss Kollegen Freitag in Schutz nehmen: Ein Klon des Herrn Gaugg ist er wirklich nicht, auch wenn man das nach dieser Beurteilung annehmen könnte! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Rosenmaier. )

Dieses Gutachten hat Herr Jenewein – was bei der Verwendung von Textbausteinen relativ leicht ist, da man per Zufallssystem auf Tastenkombinationen drücken kann – nach einem angeblich einstündigen Gespräch zusammen zu gruppieren gewusst. Uns interessiert dabei: War es sein Auftrag, Textbausteine zusammenzuwürfeln? Oder war es vielleicht sein Auftrag, etwas Ernsthaftes über die Qualifikation auszusagen? – Auf Grund dieser Antwort erfahren wir es nicht! Aber das haben wir gefragt!

Herr Staatssekretär! Wir würden gerne wissen, was Herr Jenewein tun sollen hätte: am Computer Bausteine zusammenfügen oder Empfehlungen abgeben?

Für das Computerbaustein-Zusammenfügen ist Herr Jenewein auch honoriert worden. Wir haben gefragt, welche Kosten für die Inanspruchnahme des Personalberaters Jenewein für wen entstanden sind. – Dazu muss ich sagen: Ich verstehe natürlich den Herrn Bundesminister, dass er uns keine detaillierte Antwort geben kann, denn Herr Gaugg ist mit seinen beachtenswerten Gehaltswünschen offensichtlich noch nicht endgültig durchgedrungen, und Herr Jenewein wird mit 20 Prozent der Jahresgehaltsbruttosumme aller vier von ihm angeblich beurteilten Persönlichkeiten entschädigt; wie viele es wirklich waren, ist ebenfalls nicht ganz eindeutig, auch das wurde uns wieder einmal nicht gesagt. Man muss nun warten, bis der Vertrag unterschrieben ist, erst dann kann man sagen, wie viel zwanzig Prozent von X ausmachen. Uns wurde mitgeteilt, dass bisher eine Teilhonorarnote von 50 000 € gelegt wurde, was – wie gesagt – für das Zusammenfügen von Computerbausteinen nicht wirklich eine miserable Bezahlung ist!

Allerdings meint Herr Jenewein, dass das eigentlich noch billig sei. – Ich kann ihm das ein bisschen nachfühlen! Er hat es mir nicht persönlich erzählt, aber er hat laut Zeitungsmeldungen glaubhaft versichert, dass er der Meinung ist, dass die Hälfte dieses Honorars ein Leidenshonorar sei. (Bundesrat Freiberger: Das ist gut!) Er hat also bisher 25 000 € fürs Computerspielen und 25 000 € fürs Leiden bekommen! Er hat allerdings nicht dazugesagt, ob sich das Leiden auf das einstündige Gespräch mit Kollegen Gaugg bezieht oder worunter er sonst gelitten hat: Vielleicht unter den Pressionen des Herrn Ministers, einen bestimmten Vorschlag zu erstellen? (Bundesrat Bieringer: Wer hat da etwas von Polemisieren gesagt?) Ich polemisiere! Ist das verboten? – Vom Rednerpult aus darf man es, von der Regierungsbank eher nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte hinzufügen: Der Herr Bundesminister, der bei seiner Anfragebeantwortung ... (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. ) Ich bin mit Mikro leider lauter! Der Herr Bundesminister, der hier so getan hat, als hätte er mit all dem nichts zu tun, hat ein besonderes Pech mit Aktenvermerken. Es war schon der Aktenvermerk über die Besprechung im FPÖ-Klub nicht wirklich ein Ruhmesblatt für den Herrn Bundesminister, dass er nämlich laut Aussage des Herrn Wetscherek bei einer Sitzung dabei war, zu der er nach eigener Aussage nie gekommen ist! Ich bin jetzt gespannt, ob er auch den Termin mit Herrn Wetscherek nie gehabt hat, über den Herr Wetscherek ein Gedächtnisprotokoll angelegt hat, laut welchem der Herr Minister, der offensichtlich mit der Postenbestellung gar nichts zu tun haben wollte, unmittelbar nach der Entscheidung über die Besetzung den Generaldirektor zu sich berufen und ihm seine Dienstanweisungen erteilt hat.

Erstens: Herr Gaugg fängt am 1. Juni an. Zweitens: Die räumliche Unterbringung und die telefonische Erreichbarkeit sind ab diesem Zeitpunkt zu gewährleisten. Drittens: Er bekommt einen genau definierten Geschäftsbereich. Viertens: Er bekommt einen Sondervertrag.

Ich habe irgendwie doch geglaubt, dass es sich auch nach der Novelle bei der Pensionsversicherung um eine Art Selbstverwaltungskörper und nicht um einen Hauptverwaltungskörper handelt. So wurde da aber agiert! (Beifall und Heiterkeit bei der SPÖ.)

Jetzt weiß ich natürlich wieder nicht, ob auch alle Einzelheiten des Dienstvertrages vom Herrn Bundesminister angeordnet wurden! Aber wissen Sie: Wenn Herr Gaugg 31 Jahre Vordienstzeit angerechnet bekommen will, wenn er sein Gehalt weit über jene Grenze hinauf revidiert, die auch bei einem Sondervertrag in der Pensionsversicherung möglich und üblich ist, dann ist all das nur eine Bestätigung dessen, was wir das letzte Mal gesagt haben: Da findet ein übler Postenschacher statt, und die Rolle des Herrn Bundesministers ist nicht jene jungfräuliche, wie er sie uns beim letzten Mal hier glaubhaft machen wollte!

Außerdem ist die Feststellung, dass es – auch wieder laut Haupt – kein unüberbrückbares Problem zwischen der Tätigkeit eines stellvertretenden Generaldirektors der Pensionsversicherungsanstalt und der eines Abgeordneten gibt, zumindest originell, vor allem dann, wenn der Vergleich mit der Funktion im Rahmen eines Aufsichtsratsmandates gezogen wird. – Ich hätte es dem Herrn Bundesminister gerne selbst gesagt: Ich glaube, dass die Tätigkeit eines Nationalrates in ihrer personellen und zeitlichen Intensität um einiges über das hinausgeht, was die Funktion eines Aufsichtsrats auszeichnet. Ich bin nicht oft mit Herrn Landeshauptmann Haider einer Meinung (Bundesrat Mag. Gudenus: Leider!), aber in diesem Fall muss ich ihm Recht geben: Bei der Pensionsversicherung zahlen wirklich die kleinen Hackler die Zeche für die großen Plutzer! (Beifall bei der SPÖ.)

20.13

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Staatssekretär. – Bitte.

20.13

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich werde sozusagen nicht all zu viel zur Erweiterung beitragen können, da ich zuerst einmal feststellen darf, dass das Institut Jenewein nicht vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen mit der Kandidatenauswahl beauftragt wurde, sondern dass von der PVA im Rahmen eines Überleitungsausschusses ein Personalberatungsbüro mit der Auswahl aus einem Gremium, das aus neun Personen bestanden hat, betraut wurde. Es findet sich daher auf dieser Vereinbarung keineswegs eine Unterschrift aus unserem Ressort, sondern dieser Vertrag mit Jenewein trägt unseres Wissens nach die Unterschrift des Obmannes des PVA-Überleitungsausschusses. Daher kann ich nur noch einmal auf die zeitgerecht und korrekt erfolgten Antworten auf die Fragen 19 und 23 verweisen, die Ihnen vom Inhalt bekannt ist:

"Der Überleitungsausschuss hat in seiner dritten Sitzung am 18. März 2002 beschlossen, zur Auswahl geeigneter Kandidaten für die Position des leitenden Angestellten und leitenden Arztes der künftigen Pensionsversicherungsanstalt sowie deren ständiger Stellvertreter aus seiner Mitte ein Bewerbungskomitee zu bilden und begleitend einen externen Berater beizuziehen.

In der Folge sind der Vorsitzende des Überleitungsausschusses und seine beiden Stellvertreter übereingekommen, die Dr. Jean-Francois Jenewein GmbH mit der unterstützenden Beratung bei der Auswahl des Managements der künftigen Pensionsversicherungsanstalt zu betrauen.

Als Honorar für die vereinbarte unterstützende Beratung bei der Auswahl des leitenden Angestellten und des leitenden Arztes sowie deren ständiger Stellvertreter" – also vier Personen – "wurden pauschal 20 Prozent des Jahresbruttoentgeltes jeder zur besetzenden gelangenden Position, zuzüglich 20 Prozent Umsatzsteuer, vereinbart. Bisher wurden vereinbarungsgemäß Teilhonorarnoten in Gesamtbetrag von 50 000 €, zuzüglich 20 Prozent Umsatzsteuer, gelegt.

Die Zahlung erfolgt durch die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten."

Mit 24. ist auch ein Schreiben an Generaldirektor Wetscherek mit der Frage nach weiteren Auskünften gegangen. Ich kann Ihnen insofern nur sagen, da mir der Inhalt nicht bekannt ist, dass die Summe nach oben mit 95 000 €, unabhängig von der tatsächlichen Jahresbruttolohnsumme, limitiert ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.16

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort. – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir setzen die Verhandlung über die Tagesordnungspunkte 8 bis 10 fort.

Zu diesen beiden Tagesordnungspunkten liegen keine Wortmeldungen mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort zu den Punkten 8 bis 10? – Das ist nicht der Fall.

Daher ist die Debatte geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates, die natürlich getrennt erfolgt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz über die betriebliche Mitarbeitervorsorge. Ich erspare mir die Verlesung sämtlicher Gesetze, die hier beinhaltet sind und einer Veränderung unterzogen werden, denn die Kurzfassung betreffend das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz ist Ihnen bekannt.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung parlamentarischer Mitarbeiter geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Berufsausbildungsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Neugründungs-Förderungsgesetz und das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert werden (1117 und 1149/NR sowie 6668 und 6681/BR der Beilagen)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postsparkassengesetz 1969, das Alkoholsteuergesetz und das Genossenschaftsrevisionsgesetz geändert wird und zur Ergänzung von Übergangsbestimmungen im HGB (1150/NR sowie 6682/BR der Beilagen)

13. Punkt


Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Internationales Kaffee-Übereinkommen von 2001 samt Anhang (1037 und 1152/NR sowie 6683/BR der Beilagen)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend das Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen von 1999 samt Anhängen (1038 und 1153/NR sowie 6669 und 6684/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 11 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte wieder unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Berufsausbildungsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Neugründungs-Förderungsgesetz und das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert werden,

ein Bundesgesetz, mit dem das Postsparkassengesetz 1969, das Alkoholsteuergesetz und das Genossenschaftsrevisionsgesetz geändert wird und zur Ergänzung von Übergangsbestimmungen im HGB,

ein Internationales Kaffee-Übereinkommen von 2001 samt Anhang und

das Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen von 1999 samt Anhängen.

Die Berichterstattung über die Punkte 11 bis 14 hat Herr Bundesrat Weilharter übernommen. Ich darf um die Berichte bitten.

Berichterstatter Engelbert Weilharter: Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Werte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit zum Tagesordnungspunkt 11. Ich darf mit Ihren Einverständnis auf einen inhaltlichen Vortrag verzichten, nachdem dieser schriftlich vorliegt, und mich auf die Antragstellung beschränken.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Auch der Bericht zu Tagesordnungspunkt 12 des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit liegt in schriftlicher Form vor, sodass ich auf einen inhaltlichen Vortrag verzichten und mich wiederum auf die Antragstellung beschränken darf.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 13 liegt der Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit auch in schriftlicher Form vor, sodass ich auf einen inhaltlichen Vortrag verzichte und mich auf die Antragstellung beschränke.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Schließlich komme ich zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit betreffend Tagesordnungspunkt 14, der auch in schriftlicher Form vorliegt, sodass ich mich auf die Antragstellung beschränke.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Manfred Gruber. – Bitte.

20.22

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vorweg möchte ich feststellen, dass wir Sozialdemokraten grundsätzlich für einen erleichterten Zugang zum Gewerbe zu gewinnen sind. Wir gehen davon aus, dass bei einem leichteren Zugang zum Gewerbe doch mehr Unternehmen in die Selbständigkeit kommen und in der Folge auch Arbeitsplätze geschaffen werden.

Ein fairer Wettbewerb statt Marktabschottungen bringt letztlich Vorteile für die Beschäftigten, für die Wirtschaft und für die Konsumenten. Auch ungerechtfertigter Konkurrenzschutz soll beseitigt und Regulierungen sollen auf ein Mindestmaß reduziert werden. Es erscheint uns auch sinnvoll, dass das Scheitern aus lauteren Gründen verankert wird und jemand, der aus redlichen Gründen wirtschaftlich abgestürzt ist und in Konkurs ging, eine zweite Chance bekommt.

Allerdings meinen wir, dass das Ganze nicht vollständig ist und man sich noch einmal überlegen sollte, welche Übergänge es gibt. Da könnte es unserer Meinung nach zu Problemen kommen. – Bis hierher können wir dem Entwurf unsere Zustimmung geben. Bedauerlicherweise hat dieser Gesetzentwurf aber auch Schwachstellen, die eine Zustimmung von unserer Seite nicht möglich machen.

Kritik üben wir, weil wir nicht einsehen, dass es sich einzelne Berufsgruppen wieder richten konnten, zum Beispiel die Zahnärzte oder die Rauchfangkehrer, während etwa die Zahntechniker und Bestatter benachteiligt sind. Die Mechatroniker und die Ernährungsberater erleben überhaupt einen Rückschritt im Bereich der Liberalisierung.

In Zeiten wie diesen, in welchen die Qualität der Schlüssel zum Erfolg ist, können wir einfach nicht hinnehmen, dass Qualifizierungsvoraussetzungen für die Ausbildung von Lehrlingen beim Unternehmer abgeschafft und durch eine Ausbildungsprüfung, die einen reinen Formalakt darstellt, ersetzt werden. Es ist unserer Meinung nach sicherzustellen, dass man den notwendigen fachlichen Anforderungen gerecht wird und dass es zu keiner Reduktion der Qualität kommt. – Diesbezüglich, Frau Staatssekretärin, wäre der Herr Minister gefordert gewesen, sich mit demselben Engagement, mit dem er für die Liberalisierung eingetreten ist, auch für die Chancen der Lehrlinge und der Jugendlichen einzusetzen!

Eine Frage, die ich dem Herrn Minister gerne gestellt hätte, ist, warum Stromlieferverträge oder Telekom-Bestellungen nicht in die Verbotsbestimmungen des § 57 aufgenommen wurden, um die Konsumenten vor Keilerpraktiken zu schützen. Warum fallen Spediteure und Immobilienmakler nicht unter die Zuverlässigkeitsüberprüfung? – Skandale in letzter Zeit müssen diese Frage erlauben!

Wir Sozialdemokraten vermissen weiters eindeutige Regelungen im Bereich der Pfandleiher sowie klare Datenschutzregelungen in diesem Gesetz.

Daher möchte ich abschließend für uns festhalten: Es wurde ein erster Schritt in Richtung Liberalisierung gesetzt. Böse Zungen könnten das aber auch als Scheinliberalisierung bezeichnen. Es ist dies weder ein großer Wurf noch ein Jahrhundertgesetz, wie auch im Nationalrat festgestellt wurde.

Für uns kommen die Konsumenten, die Ausbildung und die Qualität zu kurz, und damit bleibt auch die Liberalisierung auf der Strecke. Daher können wir diesem Gesetzentwurf unsere Zustimmung leider nicht geben. (Beifall bei der SPÖ.)

20.26

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Steinbichler. – Bitte.

20.26

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur vorliegenden Novelle der Gewerbeordnung 1994, des Berufsausbildungsgesetzes, des Konsumentenschutzgesetzes, des Neugründungs-Förderungsgesetzes und des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes darf ich Folgendes festhalten:

Grundsätzlich trägt diese Novelle, wie bereits erwähnt, zur Entbürokratisierung bei, denn es werden doch über 130 Paragraphen gestrichen, und es ist zu hoffen, dass es durch die Zunahme der Firmenneugründungen mehr Dynamik und Innovation auf dem Arbeitsmarkt geben wird und dadurch mehr und neue Jobs gesichert werden können.

Bei der Lehrlingsausbildung ist zu begrüßen, dass es durch die Möglichkeit, Lehrlinge auch in Teilgewerben ausbilden zu können, zu wesentlich mehr Flexibilität in der Lehrlingsausbildung kommt. Ich denke, dass besonders in der Lehrlingsausbildung – und wir haben auch viele Gewerbetreibende – die Praxis sehr wesentlich und entscheidend ist, und die diesbezügliche Flexibilität wird dadurch wesentlich stärker gefördert.

Es wäre allerdings sinnvoll und ein gewaltiger Erfolg, wenn es in einem weiteren Schritt gelingt, Meisterprüfungsabsolventen den Universitätszugang zu ermöglichen. Wir sprechen immer wieder vom verbesserten Zugang zu den Studien, und das wäre ein sinnvoller Ansatz.

Im Zusammenhang mit dem Konsumentenschutz möchte ich auf eine wesentliche Verbesserung durch die Novelle der Gewerbeordnung verweisen: Durch die größere Rechtssicherheit für Bauernmärkte wird den Konsumenten eine wertvolle Möglichkeit eröffnet, unverfälschte naturnahe Lebensmittel zu kaufen.

Ich darf bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen – das wurde heute auch schon bei einem anderen Debattenbeitrag angesprochen –, wie sehr heute EU-weit Zeitungsartikel betreffend regional produzierte Qualitätslebensmittel von den Konsumenten geschätzt werden, denn so wird für bewusste Konsumenten eine Möglichkeit gesichert, echte Qualitätsprodukte einzukaufen, und ich lade herzlich ein, dass diese Möglichkeit bei Direktvermarktern und Bauernläden genützt wird!

Oftmals wird so gesprochen, als ob die Direktvermarktung eine Art Hobby wäre oder Bauern zusätzliche Arbeit suchen würden. – Ich darf darauf verweisen, dass durch die schlechte Preissituation bei den konventionellen Produkten die Bauern natürlich in die Direktvermarktung gezwungen werden und es daher wichtig ist, dass wir mit dieser Novelle und mit zusätzlichen Novellen die Vermarktung dieser Produkte ermöglichen.

Ich darf abschließend noch darauf hinweisen, dass es notwendig war und uns außerordentlich freut, dass auch für das Urprodukt der bäuerlichen Produktion, nämlich den Schnaps, in dieser Novelle eine Regelung getroffen wurde: Schnaps darf jetzt auch in Mostschenken und bei Heurigen ausgeschenkt werden, und das gilt auch für andere Produkte und Flaschen. Ich meine nämlich, dass in der heutigen Zeit Gleichbehandlung nötig ist. – Meine Fraktion wird deshalb dieser Novelle die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

20.29

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Ram. – Bitte.

20.29

Bundesrat Mag. Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich bedaure, dass der Wirtschaftsminister nicht hier ist, und zwar nicht deshalb, weil ich glaube, dass die Frau Staatssekretärin in dieser Materie nicht hervorragend Bescheid weiß, sondern weil ich meinen Redeeinstieg auf den Minister zugeschnitten habe.

Ich wollte das Unternehmerdasein mit dem Laufen vergleichen. Ich weiß, dass unser Minister Bartenstein ein Marathonläufer ist, und ich wollte einen entsprechenden Vergleich bringen. Aber auch die Frau Staatssekretärin ist, wie ich weiß, eine begeisterte Laufsportlerin. Sie hat in letzter Zeit sehr tolle Initiativen im Bereich des Laufsportes für den Tourismus gesetzt, und darum kann ich, wie ich meine, diesen Vergleich trotzdem anbringen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Laufen und das Unternehmerdasein haben gemeinsam, dass für beides Ausdauer benötigt wird. Es gibt, zumindest beim Geländelauf, ein stetes Auf und Ab. Es besteht Sturzgefahr. Die Rahmenbedingungen – ich denke jetzt vor allem an die Witterungsverhältnisse – sind von extremer Bedeutung. Es gibt aber auch Steine und Hürden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sollten versuchen, auf die Rahmenbedingungen und Hürden Einfluss zu nehmen, um eine erfolgreiche Unternehmertätigkeit möglich zu machen. Die Rahmenbedingungen müssen verbessert und die Hürden beseitigt werden, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Genau in diesem Zusammenhang ist diese heutige Novelle zu sehen. Sie soll dazu beitragen, dass diese Steine aus dem Weg geräumt und längst überholte Zugangsbeschränkungen aufgehoben werden können. Im Zeitalter der Globalisierung und der internationalen Verflechtungen ist kein Platz mehr für das Zunftwesen der vorigen Jahrhunderte, wenn man wettbewerbsfähig sein will. Das fällt natürlich nicht jedermann leicht. Ich denke jetzt vor allem an die Kammern, bei denen es auch entsprechende Widerstände gibt. Aber ich glaube, dass es gelungen ist, eine gute und gangbare Lösung für die Zukunft zu Stande zu bringen.

Ein wesentlicher Punkt dieser Novelle sind die Verwaltungsvereinfachungen. Ich denke da besonders an das One-Stop-Shop-Prinzip. Die Tatsache, die hinter diesem Schlagwort steht, dass alle Gewerbe bei einer Stelle angemeldet werden können, bedeutet einen riesigen Fortschritt und erleichtert die Unternehmensgründung vor allem auch für junge Menschen. Ebenso bringt die Möglichkeit der elektronischen Gewerbeanmeldung eine Systemvereinfachung und Modernisierung, auch wenn natürlich manche aus sentimentalen Gründen noch am alten Gewerbeschein hängen. Das neue flexible System des Befähigungsnachweises macht das bisher vom Landeshauptmann durchgeführte Nachsichtsverfahren überflüssig und erlaubt eine tief greifende Verwaltungsvereinfachung.

Die Novelle bringt auch eine Vereinfachung des Systems der Gewerbekategorien mit sich. Statt drei Gewerbelisten gibt es in Zukunft nur noch eine Liste mit reglementierten Gewerben, für deren Ausübung man einen Befähigungsnachweis voraussetzt. Alle anderen Gewerbe werden in Zukunft freie Gewerbe sein.

Auch bei der Meisterprüfung gibt es Änderungen. Die Meisterprüfung bleibt auch in Zukunft ein Qualitätsmerkmal. Sie wird in einzelne Module gegliedert, wobei die Lehre nicht abgewertet – wie von manchen befürchtet –, sondern bei den Modulen berücksichtigt wird und weiterhin ihre Bedeutung behält.

Wichtig für mich ist auch die Neuerung bei der Bildung und der Zusammensetzung der Prüfungskommission. Es gab in der Vergangenheit etliche Beschwerden, dass etablierte Gewerbetreibende zukünftige Mitbewerber zu prüfen haben, und da gab es natürlich in einzelnen Fällen auch den Verdacht, dass eventuelle Konkurrenten behindert werden. Ich möchte natürlich niemandem irgendetwas unterstellen, aber dieser Verdacht wird in Zukunft durch die Neuerungen, so möchte  ich sagen, weggewischt.

Wesentlich erscheint mir auch – das wurde auch schon erwähnt –, dass der Konkurs kein Gewerbeausschlussgrund mehr ist. Auch diesbezüglich kann ich wieder einen Vergleich mit dem Laufen anstellen: Wer einmal stolpert, sollte natürlich die Möglichkeit bekommen, am nächsten Lauf teilzunehmen, und vielleicht gewinnt er das nächste Mal sogar.

Meine Damen und Herren! Nicht alle Konkurse sind selbstverschuldet. Zum Beispiel gibt es kleine Unternehmen, die oft Opfer einer Großinsolvenz werden. Man hört in den Medien immer wieder über diverse Großinsolvenzen. Das Wort "Konsum" ist heute schon gefallen. – Ich meine, dass es nicht fair ist, dass kleine Unternehmen, wenn sie auf diese Weise unschuldig zum Handkuss kommen, nicht die Möglichkeit bekommen, in Zukunft wieder unternehmerisch tätig zu werden. Ich möchte aber erwähnen, dass auch gemäß dieser Novelle Kridadelikte selbstverständlich weiterhin ein Ausschließungsgrund zur Erlangung eines Gewerbes bleiben werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Novelle beendet auch die auf Grund der bisherigen Gewerbeordnung und des EU-Beitritts bestehenden Benachteiligungen von Österreichern bei Unternehmensgründung gegenüber anderen EU-Bürgern. Und es finden sich noch viele andere Liberalisierungen und Vereinfachungen in dieser Novelle, wobei vor allem auch die Deregulierung des Handels einiges an Verwaltungsentlastung bringen wird.

Alles in allem ist diese Novellierung ein wichtiger Schritt, um den Anteil der Selbständigen in unserem Land, der im internationalen Vergleich leider zu gering ist, anzuheben. Neugründungen und Innovationen bringen Dynamik und Fortschritt in die Wirtschaft.

Abschließend darf ich noch einmal einen Vergleich mit dem Laufen bringen: Es gibt in Österreich jetzt einen Laufboom. Wie ich schon erwähnt habe, wird dieser auch im Tourismus hervorragend genützt. Meine Hoffnung ist, dass es ähnlich wie beim Laufen auch bei den Unternehmen durch die heutige Novelle zu einem Boom von Neugründungen und zur Errichtung von zielgerichteten Unternehmen kommen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

20.36

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ledolter. – Bitte.

20.36

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie schon mehrfach hier ausgeführt wurde, ist die vorliegende Novelle der Gewerbeordnung ein wesentlicher Schritt in Richtung Liberalisierung des Berufszugangs. Das ist eine Aufgabe, die auch im Regierungsprogramm 2000 enthalten ist.

Kollege Ram und auch Kollege Steinbichler sind schon auf den Abbau der bürokratischen Barrieren, das One-Stop-Shop-Prinzip, die Verwaltungsvereinfachungen und vor allem auch auf die Möglichkeit eingegangen, Teilgewerbe als Nebenrechte auszuüben, was im Hinblick auf die Vielfalt und ein kunden- und konsumentenorientiertes Angebot sehr wichtig ist.

Es wurden einige Eckpfeiler erhalten beziehungsweise durchaus neu festgemacht wie beispielsweise die Meisterprüfung. Es wird in Zukunft auch über die Studienzugangsberechtigung noch zu reden sein, um Absolventen der Meisterprüfungen eventuell auch die Möglichkeit einzuräumen, zu studieren.

Auch das redliche Scheitern und die Chance für einen zweiten Anlauf wurden in sehr ausführlicher Art und Weise dargelegt.

Durchaus betrüblich ist die auch hier im Bundesrat schon angekündigte Position der Sozialdemokratie. Kollege Gruber hat versucht, das anhand von einigen konkreten Punkten festzumachen, wobei ich bei allem Respekt nicht so sehr das Schutzbedürfnis für Zahntechniker und Bestatter und sonstige Details, die er erwähnt hat, im Vordergrund sehe. Ich habe einfach den Eindruck, dass mit der Sozialdemokratie wieder eine alte Urangst durchgegangen ist und Oberhand gewonnen hat, nämlich die Angst vor der eigenen Courage.

Meine Damen und Herren! Es gibt immer wieder auch in den Reihen der Sozialdemokratie Visionäre. Sie werden in letzter Zeit allerdings immer seltener beziehungsweise kommen immer weniger zu Wort, und man hört immer weniger von Visionen. Immer mehr im Vordergrund steht hingegen das Schaffen von Angstszenarien, und ich habe auch in diesem Zusammenhang den Eindruck, dass man auf Modernität und auf ein neues Erscheinungsbild im Gewerberecht verzichten will, weil sich vermutlich wieder die FSG mit der alten Philosophie durchgesetzt hat, dass man die Betriebe mehr kontrollieren muss und nur nicht zu viel Liberalität und nur ja kein Öffnen zulassen darf. Man scheut das Eingehen auf Marktmechanismen und die Einräumung all jener Mechaniken und Gesetzmäßigkeiten, die in der Wirtschaft gang und gäbe sind und dort Gewicht und Wert haben, und kehrt wieder zum Erheben von Forderungen zurück.

Ob man sich jetzt die Ausbildung als Vehikel vornimmt oder ob man sich des angeblich erhöhten Schutzbedarfes der Jugendlichen bedient, es läuft immer auf dasselbe hinaus: Man möchte sich die Position des Hineinredens in die Betriebe erhalten, man hat offenbar Angst, allzu viel Liberalität zuzugestehen, und vielleicht steht da auch ein bisschen Reglementierungswut dahinter.

Kollege Gruber! Ich finde es schade, dass diese durchaus vernünftige Chance, die hier geboten und eingeräumt wird, nicht genutzt wird!

Meine Damen und Herren! Wir jedenfalls sind der Meinung, dass wir das Niveau in der Gewerbeordnung nicht nur halten, sondern auch anheben und dass wir den Ausbildungsstand verbessern, denn diejenigen, die eine Volllehre nicht schaffen, haben dann wenigstens die Chance, sich in einem Teilgewerbe einer Teilqualifizierung zu unterziehen und damit am Wirtschaftskreislauf teilzunehmen.

Wir meinen, dass diese Maßnahmen, wie sie in der Gewerbeordnung vorliegen, durchaus dazu beitragen, den Wirtschaftsstandort zu stärken, die internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zu verbessern und damit der Arbeitsplatzsicherung und der Schaffung von neuen Jobs das Wort zu reden. Auch meinen wir, dass damit Betriebs-Neugründungen induziert werden, dass der Weg zum Selbständigsein erleichtert wird und dass auf diese Art und Weise auch der durchaus angespannte Arbeitsmarkt entlastet werden wird.

Wir meinen, dass damit Kreativität wieder mehr Raum gewinnt, dass es mit der Flexibilisierung und dem, was tüchtige Unternehmer daraus zu machen imstande sind, auch zu einer Wirtschaftsbelebung kommen wird und zusätzliche Jobs geschaffen werden können.

Meine Damen und Herren! Insgesamt ist dies ein wichtiger und richtiger Schritt in die richtige Richtung, hin zu einem modernen, kundenorientierten und sympathischen Gesicht der Wirtschaft und damit auch unserer schönen Heimat. – Wir geben diesem Gesetz gerne die Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

20.42

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Am Wort ist die Frau Staatssekretärin. – Bitte.

20.42

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf Grund der fortgeschrittenen Zeit mache ich es kurz.

Zunächst möchte ich auf Kollegen Gruber eingehen: Ich kann Ihnen mitteilen, dass Ihre Angst unbegründet ist. Die Stromvermittler sind in der Gewerbeordnung nicht dezidiert ausgenommen, und aus diesem Grund sind sie auch nicht dezidiert angeführt, sie sind jedoch beinhaltet.

Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass alle konsumentenschutzrechtlichen Gesetze selbstverständlich auch separat in Anspruch genommen werden können und nicht dezidiert in der Gewerbeordnung angeführt werden müssen.

Aber ich bin bei Ihnen, wenn Sie sagen, dass die Qualität der Ausbildung erhalten bleiben muss. Das ist selbstverständlich! Die Ausbilderprüfung hat bisher schon mit der Gewerbeordnung oder mit dem Zugang zum Gewerbe nichts zu tun gehabt: Ausbilder im Betrieb kann auch jemand sein, der keinen Gewerbeschein hat – das wissen Sie –, und das bleibt selbstverständlich erhalten und ist unumstritten. Ganz im Gegenteil: Ich glaube sogar, dass der Ausbilder jetzt noch mehr Stellenwert – denken wir etwa an die Ausbildung im Handel – haben wird: Wenn der Handel ein freies Gewerbe ist und Lehrlinge ausgebildet werden, dann hat der Ausbilder dort einen noch höheren Stellenwert als bisher, und ich sehe das durchaus positiv.

Zu den Ausführungen des Kollegen Steinbichler bezüglich Meisterprüfung und Unizugang – er ist jetzt, glaube ich, nicht anwesend – ist generell zu sagen: Die Gewerbeordnung ist eine lebende Materie, sie ist nichts Endgültiges, sondern muss immer wieder an Gegebenheiten angepasst werden. Der Unizugang nach einer Meisterprüfung wird meiner Meinung nach der nächste Schritt sein, der zu setzen sein wird, und es ist von der Logik her nicht erklärbar, wenn man das nicht schaffen würde.

Insgesamt ist auch zu erwähnen, dass die Gewerbeordnung in vielen Bereichen doch einen großen Bürokratieabbau, einen leichteren Zugang zum Gewerbe und Rechtssicherheit bringen wird. Ich glaube, unser aller Anliegen ist es, junge Unternehmer rasch in die Selbständigkeit zu bringen. Wenn junge Unternehmer bereit sind, Geld in die Hand zu nehmen, das eigene Risiko zu tragen und dann den Schritt wagen, selbständig zu werden, dann sollte man ihnen sämtliche Hürden abnehmen.

Daher freut es mich auch, dass der Instanzenweg gekürzt worden ist und im wahrsten Sinn des Wortes mit der Verwaltungsvereinfachung das Prinzip des One-Stop-Shop mit Betriebsanlage- und mit Betriebsstättengenehmigungsverfahren in einer Abhandlung ermöglicht wurde, dass der UVS die Letztinstanz sein wird und vieles andere mehr an Vereinfachungen möglich ist.

Manche haben hier von einem großen Schritt gesprochen, andere von einem Teilschritt. – Ich sage: Es ist hiemit ein großer Teilschritt gelungen.

Ich bedanke mich bei allen Verhandlungspartnern, aber auch bei den Sozialpartnern für diesen ersten großen Schritt einer wirklichen Novelle zur Gewerbeordnung. Wenn man weiß, dass auch die Reglementierung zwischen gebundenem Gewerbe und freiem Gewerbe abgeschlankt wurde und dass es in Zukunft mehr freie Gewerbe als gebundene Gewerbe geben wird, dann kann man darin ein Signal dieser Bundesregierung erkennen, dass uns Selbständigkeit wirklich ein großes Anliegen ist.

Ich möchte noch ein paar Worte zum Spezialkapitel "Zugang auch im Tourismus" sagen. Sie haben die Verhandlungen mitverfolgt: Es wurde ein Kompromiss geschlossen: Nun kann jeder nach der Lehre sofort selbständig werden, vorausgesetzt natürlich, dass Eigenkapital vorhanden ist. Es kann aber durchaus auch jemand nach einer mindestens dreijährigen Tätigkeit in leitender Position selbständig werden. Das heißt, wer sich verwirklichen will, sei es ein Koch oder eine höher gestellte Servicekraft, hat die Möglichkeit, sich sofort selbständig zu machen, und ich glaube, das ist auch gut so.

Wichtig ist auch noch festzuhalten, dass die dritte Diplom-Anerkennungsrichtlinie der EU eingearbeitet wurde und damit endlich die – berechtigte – Kritik wegfällt, dass ein Österreicher schlechter gestellt ist als ein EU-Bürger, wenn er sich selbständig macht. Bisher konnte sich der sprichwörtliche italienische Eisverkäufer, wenn er nach Österreich gekommen ist, selbständig machen, der Österreicher hingegen nicht. – Wir haben das harmonisiert und haben jetzt auch da Gleichheit, und damit ist keine Inländerdiskriminierung in Österreich mehr möglich.

In Summe sei gesagt: Es ist dies eine lebende Materie, die ständig zu adaptieren ist, und ich bin mir sicher, dass in nächster Zeit durchaus ein nächster Schritt in Richtung Meisterprüfung folgen kann. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.47

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die Beschlüsse getrennt erfolgt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Berufsausbildungsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Neugründungs-Förderungsgesetz und das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postsparkassengesetz 1969, das Alkoholsteuergesetz und das Genossenschaftsrevisionsgesetz geändert wird und zur Ergänzung von Übergangsbestimmungen im HGB.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Internationales Kaffee-Übereinkommen von 2001 samt Anhang.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend das Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen von 1999 samt Anhängen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 – BStMG) (1139 und 1164/NR sowie 6685/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung: Bundesstraßen-Mautgesetz 2002.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Hagen übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Christoph Hagen: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2002 betreffend ein Bundesgesetz über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen, Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 – BStMG.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2002 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Keuschigg. – Bitte.

20.50

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Mit diesem Bundesstraßen-Mautgesetz, welches das Bundesstraßen-Finanzierungsgesetz ablöst, wird ein wichtiges Kapitel der österreichischen Verkehrspolitik vorerst und nach Jahren der Entscheidungsfindung erfolgreich abgeschlossen, und zwar vorerst abgeschlossen deshalb, weil auch die Verkehrspolitik, so wie die Frau Staatssekretärin auch zum vorhergehenden Tagesordnungspunkt gemeint hat, immer eine Baustelle sein wird, an der es leider mehrere Bauherren gibt und wir als Republik Österreich nicht immer die Federführenden sind.

Dieses Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, das die Einführung der fahrleistungsabhängigen Maut für Lkw bringt, fügt viele Aspekte der Verkehrspolitik zusammen. – Zunächst ist die technische Frage des Bemautungssystems zu sehen: Es wurde ein terrestrisches elektronisches System gewählt, das zukunftsfähig ist, denn es wäre ja eine Lachnummer gewesen, wenn zwar geringfügig schneller entschieden worden wäre, wir dafür aber ein veraltetes und überall mit Mauthütten bestücktes System gewählt hätten.

Weiters war in diesem Zusammenhang die Frage der Mauthöhe ganz wesentlich. Es ist dies eine Gratwanderung zwischen dem, was der EU-Rahmen hergibt, und dem, was für die Wirtschaft, sprich: letztlich für den Konsumenten, noch erträglich ist. – Ich glaube, dass hier ein richtiges Maß gefunden wurde. Das Gesamtziel unserer Verkehrspolitik muss erstens mehr Kostengerechtigkeit im Sinne des Verursacherprinzips und zweitens die größtmögliche Verlagerung von der Straße auf die Schiene sein. Die Lkw-Maut leistet natürlich einen wesentlichen Beitrag zu diesem angesprochenen Verursacherprinzip. Wer die Umwelt belastet, der zahlt, und zwar im Ausmaß seiner Straßenbenützung. Mittelfristig ist für die österreichische Verkehrspolitik aber entscheidend, dass wir die Querfinanzierung von der Straße zur Schiene erreichen, und da sind wir – das muss man ganz deutlich und offen sagen – noch lange nicht durch. Ich glaube, dass das für die nächsten Wochen und Monate eine der wesentlichen Prioritäten unserer politischen Arbeit sein muss.

Diese fahrleistungsabhängige österreichische Lkw-Maut ist in Europa argumentierbar. Sie entspricht den modernen technischen Möglichkeiten. Dieses Gesetz ist aber auch kein Ewigkeitsgesetz. Wenn die Wegekostenrichtlinie da sein wird beziehungsweise wenn andere Entscheidungen es notwendig machen, dann wird man novellieren können und müssen, um schnell und flexibel im Sinne der Ziele der österreichischen Verkehrspolitik reagieren zu können.

Dieses Gesetz bringt die österreichische Verkehrspolitik jedenfalls einen wichtigen Schritt weiter, und dieses Gesetz wird von der Volkspartei sehr begrüßt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.54

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Hoscher. – Bitte.

20.54

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn zum Beispiel das Wifo festhält, dass aus der fahrleistungsabhängigen Straßenmaut wesentliche positive Effekte für die heimische Wirtschaft erwachsen, dann ist es umso bedauerlicher, dass diese positiven Effekte nicht schon früher in Anspruch genommen wurden. Die ständige Verzögerung der Einführung des Lkw-Road-Pricing wird uns letztlich einen Einnahmenentfall in der Höhe von rund drei Milliarden j beschert haben. Dabei waren und sind die Argumente für die eingetretene Verzögerung der Einführung, wie ich glaube, mehr als fadenscheinig, und vor allem das am Rande gebrachte Argument im Hinblick auf das jetzt einzuführende System, man wolle kein veraltetes Mauthüttensystem, ist nicht unbedingt das Neueste. Das ist in Wirklichkeit nichts anderes als eine billige Ausrede, und alle, die in die Materie und in die Geschichte dieses Lkw-Road-Pricing vertieft sind, wissen, dass die ursprüngliche Ausschreibung ein evolutives duales System betraf, das heißt, im Vordergrund stand auch bei dieser Ausschreibung immer die elektronische Erfassung der Abbuchung, kombiniert mit einer händischen Variante für jene Übergangszeit, in der noch nicht alle Lkw mit Onboard-Units ausgestattet sind. Aber auch dieses System wäre in seiner Endausbaustufe vollständig elektronisch gewesen.

Das Argument, das übrig bleibt, nämlich die Verschandelung der Landschaft durch die Mauthütten, zählt, so glaube ich, angesichts etwa 800 zu errichtender Überkopfbalken mit oder ohne Wegweiser ebenso wenig. Außerdem wären – wie gesagt – beim evolutiven dualen System die Mauthütten mit der Zeit ebenfalls verschwunden.

Was tatsächlich hinter dem jahrlangen Aufschub steht, ist schlicht und ergreifend die Frächterlobbying-Politik insbesondere der ÖVP, und auch wenn immer wieder versucht wird, Versäumnisse roten Verkehrsministern in die Schuhe zu schieben, ist es Tatsache, dass zu jener Zeit stets der Wirtschaftsminister zuständig war, dazu braucht man nur das Bundesministeriengesetz zu lesen. Ich glaube, Namen wie Ditz oder Farnleitner finden sich wahrlich nicht in den Annalen sozialdemokratischer Regierungspolitik!

Die angeführten Einnahmen in der Höhe von rund 580 Millionen j aus dem Lkw-Road-Pricing sind unserer Ansicht als zu niedrig einzustufen. Das haben im Übrigen auch die Wiener Freiheitlichen erkannt, indem sie einer Lkw-Maut-Höhe von 29 Cent zugestimmt haben. – Ich bin gespannt, wie sich die Freiheitlichen in dieser Frage jetzt bei der Abstimmung verhalten werden! Man muss auch sehen, dass diesen erwähnten 580 Millionen j , was einem Durchschnittstarif von rund 22 Cent entspricht, 300 Millionen j aus der Pkw-Vignette gegenüberstehen, was bedeutet, dass unter Berücksichtigung der Belastungseffekte für die Straße, die beim Lkw tatsächlich exponentiell höher sind als beim Pkw, nach wie vor eine Quersubventionierung vom Pkw zum Lkw gegeben ist, ganz zu schweigen von den geringen Lenkungseffekten hin zur Bahn.

Ein Punkt, der meiner Ansicht nach ebenfalls nicht ganz zufrieden stellend geregelt ist, wofür der Verkehrsminister aber wirklich nichts kann, ist das Enforcement. Das Enforcement wird gerade am Anfang, zu Beginn der Lkw-Maut, in seiner lenkenden Bedeutung große Wichtigkeit haben. Im Sinne der Wahrung von Synergien und der Inanspruchnahme von bestehenden Personalkapazitäten wäre eine Betrauung von Innenministerium und Zollwache sicherlich sinnvoll gewesen. Das ist, wie man hört, vor allem an den Eitelkeiten des Innenministeriums gescheitert, was mehr als bezeichnend ist in dieser Frage. Die nunmehrigen Mautaufsichtsorgane, die von der ASFINAG zu stellen sind, stehen vor der Problematik, dass sie beispielsweise sogar beim Anlegen technischer Sperren umgehend die Organe der Straßenaufsicht zum Einschreiten auffordern müssen. Diese könnten im Zuge ihrer eigenen Tätigkeit der Lenkerüberprüfung und derartiger Dinge wesentlich effizienter die Maut mit kontrollieren. Ich glaube, dass diese Lösung zur Kosteneffizienz nicht wirklich beitragen wird.

Positiv ist zu vermerken, dass mit dem Bundesstraßen-Mautgesetz jetzt zumindest ein gewisses Bekenntnis der Bundesregierung zur Lkw-Maut gegeben ist. Ich glaube auch, dass der Versuch der großflächigen Regelung von Straftatbeständen zu begrüßen ist, wenngleich ich auch glaube, dass eine bessere Differenzierung in der Strafhöhe zwischen Pkw und Lkw angemessen gewesen wäre, ebenso wie in der Höhe zwischen Strafe und Sicherheitsleistung. Sinnvoll ist sicherlich auch die Haftung des Zulassungsbesitzers für Geldstrafen bei Mautprellerei. Wir haben nämlich schon in der Vergangenheit gesehen, dass da in Wahrheit nicht der wirtschaftliche Nutznießer getroffen wird. Das wird damit beseitigt.

Ich möchte noch kurz auf einen anderen Kritikpunkt eingehen, der beispielsweise auch häufig von den Grünen gebracht wird, nämlich auf den Einwand, die Lkw-Maut sei nichts anderes als eine Sparkasse für den Straßenbau, wie das tituliert wurde. – Das ist für mich sicherlich nicht nachvollziehbar, wiewohl die derzeitige Mauthöhe unserer Ansicht nach nicht ausreicht, verkehrspolitisch und ökologisch wirklich zu lenken; aber das ist Ansichtsache. Das ist eine Seite. Ich glaube, dass auch das Argument, man könne die Maut nicht höher ansetzen, weil damit der Konsument getroffen werden würde, nicht zielführend ist, denn die Kosten der Umweltbelastung sowie der jetzt stattfindenden Quersubventionierung von Bahn und Pkw zum Lkw trägt letztlich auch der Konsument.

Aber zurück zum Straßenbau: Man darf nicht vergessen, dass eine konsequent ausgebaute Straßeninfrastruktur ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes, des Wirtschaftstandortes Österreich ist und dass Straßenbauten notwendig sind. Ich glaube, angesichts der bevorstehenden EU-Erweiterung kommen in dieser Hinsicht vor allem auf die Ostregion entscheidende Anforderungen zu, die auch für die wirtschaftliche Positionierung Österreichs im Zuge dieser Osterweiterung wesentlich sein werden.

Ich selbst wohne an der Brünner Straße, und ich weiß, dass die Verkehrsbelastung dort extrem ist. Wenn man sich die Verkehrsbelastung auf der Südosttangente ansieht, dann ist dagegen die Verkehrsbelastung des Inntals relativ geringfügig. Das heißt, gerade in der Ostregion werden wir erhebliche Probleme bekommen. Ein höherer Lkw-Mauttarif wäre da sicherlich sinnvoll.

Wie gesagt: Ohne entsprechendes Lkw-Road-Pricing sind weder die straßenbauliche Infrastruktur noch der Neubau, die Erhaltung und die Sanierung aufrechtzuerhalten – ganz zu schweigen vom Finanzdienst! Sollte das vorliegende Gesetz mit dazu beitragen, dass diese Lkw-Maut in Österreich nun doch eingeführt wird, wird sich unsere Zustimmung gelohnt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

21.01

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Lindinger. – Bitte.

21.01

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir haben heute das Mautgesetz 2002 zu beschließen. Es sind dies Dinge, über die hier zu sprechen ist, die sich wie ein roter Faden als Mittelstreifen auf einer Autobahn dahinziehen. Es gab Angleichungen an eine Bemautung. Auch das Pickerl ist letztlich nichts anderes als ein Versuch, die Finanzierung in den Griff zu bekommen. Im Bundesstraßenfinanzierungsgesetz ist dann eine zeitabhängige Maut vorgesehen worden. Das heißt, unabhängig von der Fahrleistung hat man eine Maut für die Benützung von Straßen und Autobahnen bezahlen müssen. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Das neue Gesetz arbeitet in einer ganz anderen Richtung. Es werden erstmals die tatsächlich zurückgelegten Kilometer, die tatsächliche Fahrleistung, bemautet. Es ist erfreulich, dass dieses Gesetz jetzt kommt. Es kommt spät – das hat mein Vorredner soeben gesagt –, aber es kommt. Damit kommt eine Kostenwahrheit auf der Straße, die durch dieses Mautsystem erstmals geregelt wird.

Ich höre schon die Stimmen, die sagen: Wozu? Da wird Geld verdient, und die Melkkuh wird wieder der Autofahrer sein! – Das mag stimmen. Aber es ist auch festgelegt, wofür die Einnahmen aus dem Mautsystem verwendet werden dürfen: Sie dürfen ausschließlich für den Bau, die Erhaltung, die Finanzierung und den Betrieb neuer Straßen verwendet werden. Die Einnahmen aus der Maut dürfen für andere Zwecke nicht verwendet werden. Es kommt dadurch auch zu einer hohen Kostenentlastung des laufenden Budgets, weil diese Kosten herausgenommen werden.

Der österreichische Straßenbau ist sicherlich teurer als in vielen anderen Ländern Europas, auch in unseren Nachbarländern, und das hängt mit unserer alpinen Landschaft zusammen. Auch das sollte in einem zukünftigen Mautsystem berücksichtigt werden. Dieses Mautsystem tut es noch nicht.

Das neue System, das Road-Pricing-System, ist ein terrestrisches System. Dieses System wird, auch wenn es modernere gibt, am Stand der Technik gemessen ein perfektes System sein. Hinsichtlich des Stands der Technik, glaube ich, sollte das Perfekte gerade gut genug sein. Ich freue mich darüber, dass wahrscheinlich ein österreichischer Hersteller zum Zug kommen wird. Für mich selbst ist es ebenfalls eine Freude, weil ich die ersten technischen Gehversuche eines Road-Pricing-Systems bei einer österreichischen Elektronikfirma selbst miterlebt und zum Teil auch bearbeitet habe.

Es wird ein modernes System sein und kein Mauthüttensystem, wie es schon vor Jahren von Experten vorgeschlagen wurde. Man muss aber bedenken, dass dieses System nicht in Österreich allein zur Anwendung kommt, sondern es muss wegen des Durchreiseverkehrs die Kompatibilität gegeben sein, und das System muss international handhabbar sein. Das ist mit dem modernen System der Fall. Ich glaube, dass es für diese Zwecke einmal eingeführt werden soll und dass es ein gutes System ist. Es wird wie alles, was technisch ist, wieder einer Erneuerung und Reformierung bedürfen.

Wir werden diesem Gesetz unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.05

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Johann Ledolter das Wort. – Bitte.

21.05

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vorredner haben über die materiellen Inhalte dieser neuen Regelung wirklich erschöpfend Auskunft gegeben. Ich freue mich auch und stehe nicht an, zuzugestehen, dass es durchaus positiv ist, hier einen gemeinsamen Beschluss zu fassen. Kollege Schennach ist ja nicht da.

Ich sehe es auch durchaus positiv, dass hier wieder ein gutes Stück Arbeit erledigt wurde, und möchte nicht verhehlen, dass ich mich freue, dass ein Minister dieser Regierung das erfolgreich abschließen kann, was seit 1996 auf den Schienen steht.

Als voraussichtlich letzter Redner dieses heutigen Tages oder Abends wäre es jetzt natürlich verlockend, auf das einzugehen, was Kollege Hoscher in durchaus kritischer Weise in Hinblick auf verschiedene Eitelkeiten angemerkt hat. Ich möchte mir die generelle Arbeit aber doch ersparen und nur auf zwei Punkte eingehen.

Zum einen sind dies die von ihm erwähnten 800 Stück Überkopfbalken, die in der Landschaft stehen. Ich meine, dass es auch im Hinblick auf ein Verkehrsleitsystem durchaus sinnvoll ist, diese Überkopfbalken in weiterer Weise zu nutzen und zu verwenden. Dieses Verkehrsleitsystem wird sicherlich effizienter sein als nutzlos in der Gegend herumstehende Mauthütten mit Kassenladen, wie sie als Übergangslösung angedacht waren.

Zum Zweiten beziehe ich mich auf die doch nicht ganz so eleganten Seitenhiebe auf die Wirtschaftslobby. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man darf hierbei nicht vergessen, dass die Frächter seit Jahren die Melkkuh der Nation sind und dass sie in für sie nicht immer nachvollziehbarer Art und Weise zur Kasse gebeten worden sind. Ich erinnere an die Straßenbenützungsabgabe, ich erinnere auch an die zeitbezogenen Varianten der Maut – vignettenähnliche Lösungen und Sonstiges.

Die mit dieser Regelung verbundene Entlastung der Frächter wird 144 Millionen € ausmachen. Demgegenüber steht eine zusätzliche Verdreifachung der Kosten für die Wirtschaft mit 600 Millionen €, wobei auch klar und immer wieder in Ansatz zu bringen ist, dass uns die EU sehr genau dahin gehend überprüfen wird, dass wir Bau, Erhaltung, Finanzierung und Betriebskosten in die Maut einrechnen dürfen, aber nichts darüber hinaus.

Da auch die Lenkungsmöglichkeit, die nach Ansicht mancher zu wenig wahrgenommen wird, angesprochen wurde, möchte ich nur auf eines verweisen. Kollege Hoscher! Hätte man in der Vergangenheit mit mehr Augenmaß über die Maut diskutiert und hätte man vor allem die Diskussion über Lenkungsmaßnahmen gekoppelt mit Maßnahmen im Bereich der ÖBB und im Bereich des öffentlichen Verkehrs, dann wäre die Abwehrhaltung der Wirtschaft nicht so massiv wie in diesem Fall gewesen. Es ist nicht einzusehen, dass die Frächter und damit die Konsumenten dafür zahlen sollen, dass die Konsumenten auch bei der ÖBB wieder zur Kasse gebeten werden und insofern dort auf der einen Seite Geld erwirtschaftet und hereingebracht wird, das auf der anderen Seite in diesem doch sehr ausufernd defizitären Loch wieder verschwindet.

Insgesamt glaube ich, dass hier eine durchaus vernünftige Maßnahme zur Absicherung des Wirtschaftsstandortes gesetzt wird, dass dringender Handlungsbedarf auch in Hinblick auf die EU-Osterweiterung gegeben ist, die uns ins Haus steht, und dass damit den Interessen der Bevölkerung – vor allem jenem Teil, der an Durchzugsstraßen wohnt – Rechnung getragen wird.

Die Regierungskoalition dieser beiden Parteien hat dieses Problem aufgegriffen und einer Lösung zugeführt. Die Fraktion der Österreichischen Volkspartei wird dieser Regelung gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Freiberger: Amen!)

21.10

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile Herrn Bundesminister Ing. Mathias Reichhold das Wort und bitte die Frau Kollegin, ihn nicht an dessen Annahme zu hindern. – Bitte. (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann tritt von der Regierungsbank weg und begibt sich zu ihrem Sitz. – Heiterkeit.)

21.10

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Mathias Reichhold: Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich nur sehr kurz zu Wort melden und mich bei allen Fraktionen bedanken, die signalisiert haben, dass sie diesem sehr wichtigen Gesetz zustimmen werden. Mit Ihrer Zustimmung ermöglichen Sie unserem Land ein sehr modernes Straßennetz. Ein modernes Straßennetz ist selbstverständlich die Voraussetzung für die Standortqualität. Die Erreichbarkeit eines Wirtschaftsstandortes wird immer wichtiger und wird immer wichtig sein.

Mit diesem Gesetz haben wir jetzt die Basis für das Road-Pricing. Zum anderen – das wurde von den Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion schon gesagt – ist damit ein gewisser verkehrslenkender Effekt verbunden.

Entscheidend wird aber sein, ob die Querfinanzierung tatsächlich in die Richtlinie aufgenommen wird, die wir zu diskutieren und zu verhandeln haben werden. Ich darf Ihnen mitteilen, dass auf meine Einladung hin der Generaldirektor von Verkehrskommissarin Loyola de Palacio vorgestern bei uns war. Wir haben sehr ausgiebig und lange über die nun bevorstehende Richtlinie, die die Europäische Kommission einbringen soll, diskutiert. Er hat mir mitgeteilt, dass daran gedacht ist, die Querfinanzierung auch in dieser Richtlinie festzuschreiben. Ob das dann tatsächlich durchgesetzt werden kann, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

Faktum ist aber, dass dies der Trend in allen Alpenländern ist. Die Schweizer haben das schon, die Franzosen wollen das, die Italiener können sich das vorstellen. Die Deutschen wehren sich noch dagegen. Das wird eben Thema unserer Aussprache am 5. Juli in Brüssel sein.

Was das System und die Ausschreibung für den Bieter betrifft, so haben wir nie ein System, sondern immer einen Bieter gesucht. Diese Ausschreibung ist international erfolgt. Ein Projektteam von mehr als 30 Experten und Juristen hat hier sehr ausführlich beraten. Darüber ist im Aufsichtsrat und im Vorstand der ASFINAG einstimmig entschieden worden. Ich gehe davon aus, dass jetzt auch die rechtlichen Bedenken, die seitens der Mitbieter noch vorhanden sind, beiseite gelegt und ausgeräumt werden können.

Der Zuschlag ist gestern erfolgt. Ich gehe davon aus, dass jetzt die Implementierung des Systems begonnen werden kann. Ich bin sehr stolz darauf, dass es in Verhandlungen auch gelungen ist, mit dem künftigen Betreiber zu vereinbaren, dass mehr als 90 Prozent der Wertschöpfung in Österreich bleiben. Ich glaube, das ist ein schöner Erfolg, der zu diesem heutigen Gesetz noch hinzukommt.

Ich möchte mich noch einmal bei allen bedanken, die mit ihrer Zustimmung dieses Gesetz ermöglichen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.13

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

16. Punkt

Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2002

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 16. Punkt der Tagesordnung: Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2002.

Mit 1. Juli 2002 geht der Vorsitz des Bundesrates auf das Bundesland Salzburg über. Zum Vorsitz berufen ist gemäß Artikel 36 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der an erster Stelle entsandte Vertreter dieses Bundeslandes, Bundesrat Ludwig Bieringer.

Die übrigen Mitglieder des Präsidiums des Bundesrates sind gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung für das kommende Halbjahr neu zu wählen.

Wahl der Vizepräsidenten

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich werde die Wahl der beiden Vizepräsidenten durch Erheben von den Sitzen vornehmen lassen.

Wir gehen nunmehr in den Wahlvorgang ein und kommen zur Wahl des ersten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt hiefür ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach lautet.

Es wird das Verlangen auf schriftliche Abstimmung gestellt. Ich bitte, dafür die Vorkehrungen einzuleiten.

Verfügt jeder über die in den Laden befindlichen Stimmzettel? – Für die Abstimmung sind die Stimmzettel mit "Ja" oder "Nein" zu verwenden. Bei Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge durch die Schriftführer sind die Stimmzettel in der aufgestellten Urne zu hinterlegen. Nach Beendigung der Stimmabgabe werden die Schriftführer mit Unterstützung von Bediensteten des Hauses die Stimmzählung vornehmen.

Ich weise darauf hin, dass gemäß § 57 Abs. 4 der Geschäftsordnung bei Wahlen nach dem Grundsatz des Verhältniswahlrechtes nur für den Wahlvorschlag gültige Stimmen abgegeben werden können. Ist der Vorgang hinreichend klar? Verfügt jeder über die Stimmzettel? – Dann ersuche ich die Schriftführung um den Namensaufruf und den Aufgerufenen, jeweils seinen Stimmzettel in die Urne zu legen.

Ich bitte, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Giesinger beziehungsweise Schriftführer Hagen begeben sich die Bundesrätinnen und Bundesräte zur Wahlurne und legen dort ihre Stimmzettel hinein.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich bitte die Schriftführer, mit Unterstützung der Bediensteten des Hauses die Stimmenzählung vorzunehmen.

(Die zuständigen Beamten nehmen in Zusammenarbeit mit der Schriftführung die Stimmenauszählung vor.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt.

Es wurden 48 Stimmen abgegeben. Auf den Wahlvorschlag entfielen 35 Stimmen. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählte, ob sie die Wahl annimmt.

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Ich danke für das Vertrauen und nehmen die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen nunmehr zur Wahl des zweiten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt hiefür ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Jürgen Weiss lautet.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich erkläre mit einem Dank für das Vertrauen, die Wahl anzunehmen. (Allgemeiner Beifall.)

Wahl der Schriftführer

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen nun zur Wahl der Schriftführer.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Bundesrätinnen Hedda Kainz und Ilse Giesinger sowie Bundesrat Christoph Hagen für das 2. Halbjahr zu Schriftführerinnen beziehungsweise zum Schriftführer des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor. – Ein Einwand wird nicht erhoben.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

Frau Bundesrätin Kainz?

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Ich danke und nehme die Wahl an.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Frau Bundesrätin Giesinger?

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Ich danke für Ihr Vertrauen und nehme die Wahl an. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Bundesrat Hagen?

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Ich danke ebenfalls für das Vertrauen und nehme die Wahl an.

Wahl der Ordner

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen nunmehr zur Wahl der Ordner.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Bundesräte Ing. Walter Grasberger, Ferdinand Gstöttner und Engelbert Weilharter für das 2. Halbjahr zu Ordnern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich auch diese Wahl unter einem vor. – Ein Einwand wird nicht erhoben.

Ich bitte daher jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.

Herr Bundesrat Ing. Grasberger?

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Ich danke für das Vertrauen und nehme die Wahl gerne an.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Bundesrat Gstöttner?

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Ich danke und nehme die Wahl an.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Bundesrat Weilharter?

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Ich danke und sage auch ja. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt 16 Anfragen – 1944/J bis 1959/J – eingebracht wurden.

Der eingelangte Entschließungsantrag 133/A der Bundesräte Engelbert Weilharter, Dr. Ferdinand Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen der sozialistischen Gesundheitspolitik und mittelfristige Sicherstellung der Krankenkassenfinanzierung wurde dem Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen zugewiesen.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 25. Juli 2002, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Zustimmungsrecht beziehungsweise Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 23. Juli 2002, ab 14 Uhr vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 21.31 Uhr