16.29

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Börsegesetz ist eine Umsetzung einer EU-Richtlinie und dient der Vervollständigung und des Aus­baus des Kapitalmarkts, der Kapitalmarktunion. Diese ist zu unterscheiden von der Bankenunion, die wir etwas kritischer sehen, die eher nicht zugunsten der österreichi­schen Bankenlandschaft wirkt, während die Kapitalmarktunion der unternehmerischen Wirtschaft sicherlich dienlich ist.

Diese Aktionärsrechterichtlinie – ein etwas sperriges Wort; Börsegesetz ist einfacher – dient auch der Vervollständigung der Transparenz und der Kontrolle der Gesell­schaf­ter, also nicht nur der Aktionäre, wie es in den Tagesordnungspunkten zuvor war, sondern das ist eher eine Optimierung der Rechte der Aktiengesellschaft.

Warum ist dies so wichtig? – Ich darf Folgendes in Erinnerung rufen – das Ganze läuft auch unter dem Begriff know your shareholder –: Daimler-Benz zum Beispiel hat vor ein, zwei Jahren einen feindlichen chinesischen Beteiligungsaktionär gehabt, der bei­nahe 10 Prozent von Daimler-Benz aufgekauft hat – das sind Milliardenbeträge – und ein Aktienkapital von 10 Prozent in sein Portfolio genommen hat, ohne dass der Vor­stand und die Aktionärsversammlung davon wussten. Der Technologietransfer des chinesischen Investors – der auch schon Eigentümer von Volvo war –, der in der Folge stattfand, ist natürlich zu hinterfragen. Das war damals gar nicht sichtbar, und mit diesem kleinen, aber wichtigen Gesetz wird so etwas hintangehalten.

Warum der Kapitalmarkt auch für Österreich wichtig ist? – Österreich und die Euro­päische Union insgesamt sind viel zu bankenlastig aufgestellt. In der heutigen Zeit des digitalen Wandels, des Wandels der Finanzintermediäre, in der die Bankenlandschaft auch ertragsmäßig immer mehr unter Druck gerät, ist der Kapitalmarkt die Chance schlechthin. Während in den USA 80 Prozent der Finanzierungen über den Kapital­markt laufen, ist es in Europa leider umgekehrt.

Ich möchte in Erinnerung rufen, dass von den 100 größten Unternehmen weltweit 48 ihren Sitz in Nordamerika haben. Weniger als 20 haben ihren Sitz in Europa – da haupt­sächlich in der Schweiz und in Großbritannien, die nicht mehr wirklich zur EU zählen –, und dann kommt schon Asien; Europa ist da also wirklich unter Druck. Österreich als KMU-Land bietet Gelegenheiten, kleinen Firmen abseits dieser Banken­landschaft, in der die meisten auch schon Schattenbanken sind, die ihre zweifelhaften Finanzkräfte abseits jeder Reglementierung anbieten, Möglichkeiten zu offerieren.

In diesem Zusammenhang ist auch die Wiener Börse zu nennen, das zarte Pflänzchen Wiener Börse, das wir, die leider abgesetzte gemeinsame Regierung von ÖVP und FPÖ, zum Wachsen gebracht haben. (Bundesrat Schennach: So schnell geht das nicht!) 2019 gab es in Wien sieben Neuzugänge und 337 Unternehmensanleihen wurden an der Wiener Börse bereits emittiert. Das ist auch ein Verdienst des neuen Vorstandsteams um Christoph Boschan, der die Börse aktiv und positiv gestaltet hat. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Ich möchte auch ein ganz klares Nein zur Finanztransaktionssteuer sagen, sehr geehr­ter Herr Finanzminister – da das in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ herumgeis­tert –, bei der ohnehin nur mehr zehn von 28 EU-Ländern mitmachen; Österreich ist leider auch darunter. Wenn das kommt – das ist ja letztlich nicht mehr und nicht we­niger als eine Umsatzsteuer –, dann werden Sie, dann werden wir in Österreich leider gemeinsam dieses zarte Pflänzchen, das ja im Sinne unserer Wirtschaft wachsen muss, wieder umbringen. Für unseren Wirtschaftsstandort ist das sicherlich nicht för­derlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich kurz einen Blick auf den Postenschacher in der EU, der sich in den letzten Tagen und Wochen abgespielt hat, werfen, denn auch die Europäische Zentralbank ist Teil des Kapitalmarkts – also nicht nur der Bankenunion, sondern auch der Kapitalmarktunion –, weil sie die Zins­land­schaft vorgibt; das ist der entscheidende Punkt.

Grundsätzlich wird im Gouverneursrat der EZB nach nationalen Befindlichkeiten abge­stimmt. Draghi, der Italiener, dessen Mandat im Oktober ausläuft, hat sich der italieni­schen Interessen, der Verschuldungspolitik des italienischen Staates, angenommen. Die designierte Präsidentin, die Französin Lagarde, wird sich Frankreichs annehmen, das ist kein Geheimnis. Frankreich hat bereits eine Verschuldung von über 100 Pro­zent, und diese wächst weiter.

Was heißt das für Österreich? Was heißt das für die österreichischen Sparer? – Bereits 5 Milliarden Euro Verlust haben österreichische Sparer durch die Differenz zwischen 2 Prozent Teuerung – ist gleich Inflation – und 0 Prozent Zinsen zu erleiden; für Unter­nehmen ist es der x-fache Betrag. Für mich ist das, ehrlich gesagt, eine Steuer, 2 Pro­zent jährliche Steuer, die auf das Einkommen geht, dessen Wert praktisch verfällt, weil das Eigenkapital eigentlich immer weniger wird, wenn man nichts macht.

Diese Besetzung, dieser Postenschacher bei der EZB ist nichts anderes als die Unter­stützung der staatlichen Schuldenpolitik der mediterranen Länder. Sie sind alle be­kannt; Griechenland hat insgesamt unglaubliche 230 Milliarden Schilling, nein, Euro in cash bekommen, wobei die Regierung jetzt bei der letzten Wahl abgewählt wurde. (Bundesrat Schennach: Ja, aber das war vorher eine konservative Regierung!) Ich möchte dem neuen konservativen Ministerpräsidenten gratulieren, der hoffentlich end­lich mit dieser sozialistischen Verschuldungspolitik aufhören wird (Bundesrätin Schumann: Wer hat die Sparpolitik ...?), die Österreich durch die EZB bereits 5 Milliarden Euro gekostet hat. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schennach: Schräg!)

Dieser Strukturwandel muss erwähnt und er muss vor allem erkannt werden. Es kann nicht sein, dass ehemalige Hartwährungsländer wie die Niederlande, das leider aus­scheidende Großbritannien, Deutschland, Schweden, Dänemark und – ich habe den Schilling erwähnt – natürlich Österreich und die österreichischen Sparer darunter leiden, dass da nur staatliche Verschuldungspolitik unterstützt wird. Wir von der Frei­heitlichen Wirtschaft und von der Freiheitlichen Partei lehnen das jedenfalls völlig ab. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schennach: Spät, aber doch!)

Ich möchte aber auch noch einmal kurz darauf zu sprechen kommen, was sich in den letzten Tagen im Zusammenhang mit Frau Merkel bezüglich des Postenschachers abgespielt hat. Sie ist ja die große Sprecherin der EVP in Brüssel, in der die ÖVP Mitglied ist, und wollte allen Ernstes einen sozialistischen Kommissionspräsidenten installieren. (Zwischenruf des Bundesrates Schabhüttl.) Ich sage Ihnen ehrlich, wir in Österreich sind froh: Wir haben von den Sozialisten genug! Wir wollen sicherlich nicht haben, dass uns eine CDU-Politikerin allen Ernstes einen sozialistischen Präsidenten überstülpt. Dazu sagen wir klar: Nein, danke!

Ich hoffe wirklich, dass Frau Merkel aus verschiedenen Gründen endlich Platz für eine ordentliche Neugestaltung der europäischen Politik – auch im Sinne eines Ausbaus der Kapitalmarktunion – macht. Deshalb stimmen wir diesem Gesetzentwurf jedenfalls hundert­prozentig zu. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schennach: Da war aber nicht viel zum Gesetz!)

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