23.00

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Frau Prä­sidentin! Liebe Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Falls noch irgendwelche Zuseherinnen und Zuseher da sein sollten: schön, dass Sie dabei ge­blieben sind! Ich möchte nur ganz kurz auf Kollegen Reisinger und das, was er gesagt hat, was er unaufgeregt gesagt hat, eingehen, ich möchte mich dem in meiner Rede ein bisschen anschließen. (Präsident Seeber übernimmt den Vorsitz.)

Zwei Sätze zum Kollegen Ofner (Bundesrätin Steiner-Wieser: Nur zwei?): Ich weiß, dass es schon sehr spät ist und dass man dann manchmal auch nicht mehr so gut aufpassen kann, aber zum Punkt Aussetzen des Asylrechtes habe ich in einer meiner letzten Reden gesprochen. Da war es noch nicht so spät, und da habe ich sehr deutlich gesagt, dass das völkerrechtlich nicht möglich ist und Gott sei Dank auch nicht passieren wird. (Zwischenruf des Bundesrates Ofner.) Daher wäre das Zuhören also schon ein erheblicher Vorteil, denn dann müssten wir uns heute Abend nicht wie­derholen. In der Rede ging es ja im Prinzip gar nicht so viel um das Asylgesetz oder das BFA-Verfahrensgesetz, sondern um andere Dinge  wobei es eh ganz gut ist, wenn die FPÖ nicht so viel zum Thema Asyl sagt. (Heiterkeit bei BundesrätInnen der FPÖ. – Zwischenruf bei der FPÖ.) – Das mache ich jetzt, ganz genau. Das ist auch Demokratie. (Bundesrätin Mühlwerth: ... dass ich Ihnen zuhören muss! – Bundesrat Spanring: Sehr demokratisch!) Wir hören uns alle gegenseitig zu, und manche verstehen, was wir sagen, und andere verstehen es nicht. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Steiner und Mühlwerth.)

Ich möchte aber eigentlich zum Punkt kommen. Als meine Kinder klein gewesen sind, wussten sie gar nicht genau, wann ich geboren wurde, wann ihr Vater geboren wurde, ihre Geschwister oder gar sie selber Geburtstag hatten. Erst nach Eintritt in die Volksschule und nachdem sie lesen und schreiben gelernt hatten, konnten sie die Frage nach Alter und den Geburtsdaten ihrer Familienmitglieder beantworten. Wenn jetzt ein unbegleitetes minderjähriges Kind in Österreich einen Asylantrag stellt, sind das wesentliche Fragen. Auch wird das Kind zu den durchreisten Ländern befragt, wo es die Europäische Union betreten hat, und natürlich auch zu den Gründen, warum das Kind sein Heimatland verlassen hat. Für ein acht, neun-, zehnjähriges Kind, das vielleicht noch nie die Schule besucht hat, sind das gar keine einfachen Fragen.

Diese Erstbefragungen der Kinder im Asylverfahren werden deshalb üblicherweise auch im Beisein einer Rechtsberaterin, eines Rechtsberaters und der Jugendhilfe in einem der zwei Erstaufnahmezentren von einer Polizistin oder einem Polizisten durch­geführt. Aufgrund der Coronasituation kam es allerdings zu einer Sperrung des Erst­aufnahmezentrums Ost, und wäre auch das Erstaufnahmezentrum West von der Sper­rung betroffen gewesen, hätten eventuelle Befragungen noch länger ausgesetzt wer­den müssen.

So sieht die Änderung im BFA-Verfahrensgesetz nun vor, dass diese Befragungen auch in den Regionaldirektionen und Außenstellen, die es inzwischen ja in jedem Bun­desland gibt, vorgenommen werden können. Das hat natürlich auch erhebliche Vor­teile, weil wir uns viele Kilometer sparen und auch die Kinder nicht mehr von Vorarl­berg bis nach Oberösterreich gebracht werden müssen, um befragt zu werden. Das Gesetz sieht diesbezüglich jetzt auch vor, dass auch in den Außenstellen und Regio­naldirektionen die gesetzlichen Vertreter, die Rechtsberater hinzugezogen werden können.

Warum ich das alles jetzt so ausführlich beschrieben habe? – Es geht um Kinder auf der Flucht, Kinder, die ihre Eltern verloren haben, die vulnerabelsten Mitglieder unserer Gesellschaft. Viele dieser elternlosen Kinder – das hat Kollege Reisinger auch schon gesagt – befinden sich immer noch auf den griechischen Inseln, unter unwürdigsten Bedingungen in überfüllten Camps, in ständiger Angst und in Unterversorgung.

Es wurde heute auch schon gesagt: Österreich hilft. Auch in der Vergangenheit hat Österreich immer geholfen – und das ist gut so, wirklich gut so und ein Zeichen von Solidarität. Am letzten Donnerstag kamen 60 Wohn- und Sanitärcontainer, von Öster­reich bereitgestellt, in Griechenland an, und die werden auch nach Samos verbracht werden. In den kommenden Wochen sollen weitere 120 Container aus Österreich nach Griechenland gebracht werden. Diese österreichische Hilfe kommt im Rahmen des EU-Zivilschutzsystems, nachdem Griechenland eben diese Wohncontainer und Hygiene­artikel beantragt hatte.

Aber auch wenn das nun passiert, so bleiben viele Kinder in einer Notsituation, die alleine durch Griechenland nicht lösbar sein wird. Aus diesem Grund haben sich bereits andere europäische Länder dazu entschlossen, zusätzlich zu diesen Hilfen, die gewährt werden, Kinder aufzunehmen. Griechenland braucht die Hilfe. Finnland hat sich bereit erklärt, 100 Kinder aufzunehmen, Portugal 50, in Deutschland sind 47 Kinder angekommen, in der Schweiz 22, in Luxemburg zwölf und in Slowenien immerhin vier. Damit haben diese Länder einen Schritt in Richtung Menschlichkeit gezeigt und gehandelt.

Österreich hat bekanntlich bis jetzt noch kein Kind aus Griechenland aufgenommen, obwohl es mehr als ausreichend Unterbringungsmöglichkeiten gibt. In meinem Bezirk Vöcklabruck gibt es insgesamt über 100 freie Quartierplätze für Flüchtlinge, in Ober­österreich sind es 900. Wir können leider nicht allen Flüchtlingen sofort helfen, und es muss die oberste Priorität gelten, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Trotz Corona sollten wir uns aber dazu entschließen, zumindest einige Kinder aus Griechenland aufzunehmen. Die Zivilgesellschaft steht dafür bereit, und wir als Staat sollten uns auch einem Akt der Menschlichkeit im europäischen Kontext nicht verschließen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ.)

23.07