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Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren im Bundesrat! Wir haben ja im Zuge der Regierungsklausur und dann eben auch in der letzten Nationalratssitzung durchaus weitreichende Pakete beschlossen, die maßgeblich zur Unterstützung, zur Rettung von Betrieben und Unternehmen, die von der Covid-19-Krise massiv betroffen sind, beitragen.

Wir haben eine Vielzahl an Entlastungsmaßnahmen beschlossen, und der dritte, sehr wichtige Bereich sind sehr große Investitionspakete, um in dieser Zeit die Konjunktur nachhaltig anzukurbeln. Das war mit ein Grund dafür, dass wir uns auf das Forstpaket verständigt haben.

Zum einen gibt es eine massive Schadholzsituation in Österreich, egal ob das Windwürfe sind, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer wieder an der Tagesordnung standen, ob es späte Schneebrüche sind oder Schadholz infolge einer noch nie dagewe­senen Borkenkäferplage – mittlerweile in durchaus biblischem Ausmaß, wenn man sich einzelne Bezirke in Oberösterreich und Niederösterreich anschaut. All das haben wir zum Anlass genommen, um gerade jetzt in den Forstsektor und in die Waldwirtschaft zu investieren.

Geschätzte Damen und Herren, uns ist natürlich vollkommen klar, dass das kein Invest­ment ist, das sich sehr schnell rechnet, aber es ist ein Investment in unsere Zukunft. Unser Wald wird Jahrzehnte brauchen, um wieder in der bewährten, gewohnten Stärke zu wachsen. Deswegen ist es genau jetzt richtig und wichtig, in diesen Bereich zu investieren, in den Wald zu gehen und eben wieder aufzuforsten.

Wir haben dieses Gesetz als eine Basis für das größte Investitionspaket in den öster­reichischen Wald, das es jemals gegeben hat, geschaffen. Das war uns ein sehr wich­tiges Anliegen. Das Investitionspaket wird mit 350 Millionen Euro dotiert und über den Waldfonds abgewickelt. Es werden aktuell gemeinsam mit dem Finanzministerium die Richtlinien zur Durchführung erarbeitet.

Ganz entscheidend und wichtig sind für uns in diesem Zusammenhang die Bundes­länder. Wir sind vor allem mit den Forstdirektoren und -direktionen in den einzelnen Bundesländern in sehr engem Kontakt. Eine rasche Antragstellung soll hoffentlich, Ihre heutige Zustimmung vorausgesetzt, ab Herbst 2020 möglich sein. Deswegen darf ich noch einmal dringend um Ihre Zustimmung zu dem heute vorliegenden Waldfondsgesetz bitten.

Insgesamt haben wir uns auf zehn Maßnahmen verständigt, und diese Maßnahmen sollen die wichtigsten Bereiche abdecken, die gezielt Unterstützung bieten werden. Eine der zentralsten Maßnahmen ist die Wiederaufforstung nach diesen Schadereignissen.

Ich war selber mehrmals in Schadholzgebieten in Oberösterreich und Niederösterreich unterwegs. Es ist wirklich katastrophal, wie resigniert zum Teil die Waldbauern, die dort über Generationen den Wald nachhaltig bewirtschaftet haben, mittlerweile sind. Sie sehen zum Teil einfach keine Motivation und keinen Anreiz mehr, wieder in den Wald zu gehen, denn ist es nicht der niedrige Holzpreis, der zurzeit vorherrscht, dann ist es der massive Wilddruck, der zum Teil herrscht oder es ist auch die massive Trockenheit, mit der diese Gebiete zu kämpfen haben.

Deswegen sind die zentralsten Maßnahmen eben die Wiederaufforstung und zeitgleich dazu die Waldpflegemaßnahmen, denn wer selbst einmal in einem Wald war, der weiß, dass das Pflanzensetzen allein noch keinen Wald macht. Ganz im Gegenteil: Die Arbeit entsteht erst danach, in den darauffolgenden Jahren.

Wir planen auch, einen Teil des eingetretenen Wertverlustes bei Borkenkäferkalamitäten abzugelten. Das soll analog zum Katastrophenfonds geschehen. Dort sind ja die Bor­kenkäferkalamitäten bisher nicht erfasst. Wir werden im Waldfondsgesetz eine ent­sprechende Möglichkeit schaffen.

Wir werden die Errichtung von Nass- und Trockenlagern unterstützen. Das war schon in den letzten Jahren eine der zentralsten Maßnahmen, denn das ganz Entscheidende bei der Borkenkäferproblematik ist, dass man das betroffene Holz sehr schnell aus dem Wald bringt. Da uns viele Absatzmöglichkeiten fehlen, ist es wichtig, Holz eben auch lagern zu können, und das werden wir im Waldfonds entsprechend verankern.

Wir fördern auch die mechanischen Entrindungsmaßnahmen, die sehr wichtig sind, um die Plage der rindenbrütenden Insekten einzudämmen. Sehr oft sehen wir den Insek­tenflug dann eben auch noch bei den geschlägerten Bäumen. Daher ist das eine sehr wichtige Maßnahme.

Wir unterstützen auch Maßnahmen zur Waldbrandprävention. Das ist ein Thema, das bisher eigentlich eher in Spanien und Griechenland aktuell war, mit dem wir uns aber in den nächsten Jahren auch in Österreich ganz massiv befassen müssen, das in den nächsten Jahrzehnten mit Sicherheit noch aktueller werden wird.

Ein Thema ist schon angesprochen worden, und das ist der große Forschungs­schwer­punkt, den wir zum Thema Herstellung von Holzgas und Holzdiesel setzen werden. Ich war heute an der TU Wien. Wir haben ja bereits im letzten Jahr eine große Mach­barkeitsstudie für ein Reallabor an der TU Wien in Auftrag gegeben. Holzdiesel ist keine abstrakte Zukunftsvision mehr, sondern ist schon real. Die TU Wien hat errechnet, dass man mittlerweile schon einen relativ marktfähigen Holzdiesel herstellen kann. Sie kommt bei 100-Megawatt-Anlagen auf einen Preis von 1,30 Euro pro Liter.

Nun wissen wir, dass infolge der Covid-19-Weltwirtschaftskrise der Dieselpreis ziemlich im Keller ist, aber das wird ja nicht so bleiben. Wir sind gut beraten, vor allem jetzt in diese Technologie zu investieren, um auf der einen Seite einen zentralen und maßgeb­lichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten – Holzdiesel hat nämlich ungefähr 90 Prozent weniger CO2-Ausstoß als fossiles Erdöl, und ist eben auch erneuerbar –, vor allem aber könnten wir, und das ist meine ganz große Zukunftsvision, die Land- und Forstwirtschaft in Österreich als ersten Bereich, als erste Branche 100 Prozent klimaneutral machen. Das heißt, die Landwirte in Österreich, die einen Wald haben, werden sich in Zukunft den Treibstoff selbst produzieren und damit eben auch einen maßgeblichen Beitrag zu mehr Klimaschutz leisten. Das ist eine ganz, ganz große Win-win-Situation. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Wir werden unseren Forschungsschwerpunkt betreffend klimafitte Wälder weiter ver­stär­ken. Wir machen das bereits seit drei Jahren sehr intensiv im Bundesforschungszentrum für Wald. Das ist eine ganz großartige Einrichtung im Zuständigkeitsbereich meines Ministeriums, an der wir schon seit Jahren wirklich intensivst daran forschen, wie der Mix der Zukunft im Wald eben ausschaut.

An dieser Stelle sei vielleicht Folgendes gesagt: Dieses One-size-fits-all, also diese Blaupause, die wir über unsere Regionen legen könnten, wird es so nicht geben, weil es natürlich auch hinsichtlich der Bodenbeschaffenheit, hinsichtlich der Klimazahl Unter­schiede gibt, aber wir haben da schon wirklich sehr gute Vorarbeiten leisten können.

Biodiversität im Wald ist natürlich auch ein ganz zentrales und wichtiges Thema.

Ganz besonders wichtig ist mir – und er liegt mir besonders am Herzen – der Holzbau. Dafür, dass Österreich ein derartiges Waldland ist, muss man sagen, ist da in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel zu wenig passiert. Wir haben zwar mittlerweile das größte Holzhochhaus in Wien stehen, nämlich das HoHo in Aspern, aber da geht noch viel mehr.

Ich glaube, dass der Holzbau auch im sozialen Wohnbau in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eine ganz wichtige, zentrale Rolle spielen kann. Ehrlich gesagt gibt es keinen besseren Klimaschutz als wenn man in einem zweiten Wald wohnt. Nichts anderes ist eben ein Holzhaus. Auch das wird, über den Waldfonds verankert, ein ganz zentraler Schwerpunkt für die Zukunft sein.

All diese Maßnahmen, geschätzte Damen und Herren Bundesrätinnen und Bundesräte, tragen dazu bei, dass wir eben die umfassenden Funktionen unserer Wälder weiter er­brin­gen können, dass wir die unzähligen Funktionen, die der Wald für unsere Gesell­schaft erfüllt, auch weiter ermöglichen; und etwas, das mir ganz am Herzen liegt, ist, dass wir eine Perspektive für die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer schaffen, für all jene, die durch ihre jahrzehntelange Arbeit und Geduld dafür Sorge tragen, dass wir nachhaltige Ertragswälder in Österreich haben.

Nachhaltige Ertragswälder sollen eben auch für zukünftige Generationen möglich sein. Mit diesem Waldfondsgesetz schaffen wir, wie gesagt, die Grundlage dafür. Ich bedanke mich sehr herzlich für eine breite Zustimmung. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

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