16.07

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister, vielen Dank, dass Sie zu uns gekommen sind! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Der Grund unserer heutigen Dring­lichen Anfrage ist, dass sich die finanzielle Situation der Gemeinden seit dem Sommer nicht verbessert, sondern noch einmal verschlechtert hat. Viele Gemeinden stehen am finanziellen Abgrund, und das nicht erst seit heute.

Unsere Dringliche Anfrage zu den Gemeindefinanzen stellen wir aus folgenden Grün­den: Die Covid-Krise trifft die Gemeinden durch Einnahmenausfälle in besonderem Maß. Es fehlen Milliarden, es gibt Rekordarbeitslosigkeit, Kurzarbeit, auch die Steuerreform hat ihre Spuren in den Gemeindebudgets hinterlassen.

Wir haben eine Vielzahl von parlamentarischen Initiativen gesetzt: Die SPÖ warnt seit April vor den großen Einnahmeausfällen, die den Gemeinden bevorstehen. Wir haben eine schriftliche Anfrage am 30. April 2020 eingebracht – keine ausreichende Antwort; eine Dringliche Anfrage am 24. Juni 2020 – keine Antworten des Finanzministers; eine Anfragebesprechung am 2. Juli 2020 – keine ergiebigen Antworten des Finanzministers; ein erneute schriftliche Anfrage am 30. Juli 2020 und Entschließungen am 4. April und 4. Juli 2020 – die bis heute nicht umgesetzt sind.

Den Gemeinden droht bereits jetzt teilweise die Insolvenz. Das kommunale Investitions­gesetz ist nicht treffsicher, denn es hilft den Gemeinden aufgrund der Tatsache, dass sie 50 Prozent selbst kofinanzieren müssen, bei Weitem nicht. Wie sollen sich das kleine und finanzschwache Gemeinden denn leisten können?

Die Gemeinden erledigen ganz wichtige und essenzielle Aufgaben für die Menschen, die in ihrem Bereich wohnen. Da gibt es das Stichwort der Daseinsvorsorge – das ist so ein sperriges Wort, aber da geht es ja um viel, viel mehr. Da geht es darum: Gibt es eine Kinderbetreuung, die zur Verfügung steht? Gibt es die Schulen, die gut ausgestattet sind? Funktioniert die Feuerwehr, die Rettung? Gibt es einen Spielplatz oder gibt es keinen Spielplatz? Wie schaut es mit dem Straßenbau oder der Straßensanierung aus, der Pflege älterer Menschen, der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung? Die Ge­meinden sind – und das darf man nicht vergessen – ein ganz wesentlicher Arbeitgeber.

Wir wissen von der großen Initiative der Gemeindegewerkschafter Younion. Unter dem Titel „Mehr Sparen können wir uns nicht leisten“ hat die Gewerkschaft ganz eindeutig darauf hingewiesen, welche Auswirkungen der Einnahmenentfall auch auf die Beschäfti­gten in den Gemeinden hat, die gerade in der Krisenzeit unglaublich tolle Arbeit geleistet haben. Jetzt muss man fürchten, dass es nicht zu Gehaltserhöhungen kommt, dass es zu keinen Boni kommt, dass es vielleicht sogar dazu kommt, dass Personen entlassen werden müssen. Das kann es doch nicht sein, gerade in Zeiten wie diesen, wo wir um jeden einzelnen Arbeitsplatz kämpfen müssen, denn jeder Arbeitsplatz, der verloren geht, ist nur sehr schwer und mit viel finanziellem Aufwand wiederzugewinnen. (Zwi­schenruf des Bundesrates Preineder.) Die Gemeinden sind ganz, ganz wichtige Ausbildner für die Jugend. Die Chance, jugendlichen Menschen in der Gemeinde eine Lehre zu ermöglichen, wäre sehr wichtig, aber das können sich nicht alle Gemeinden leisten, da das einfach finanziell nicht möglich ist.

Darauf muss man Antworten geben, denn das alles bedeutet laufende Kosten. Was immer man für die Gemeinden anbietet, das können sie teilweise jetzt schon nicht stem­men. Ich erinnere auch an die Aktion 20 000, die so wichtig für die älteren Arbeitneh­merInnen wäre, die auch in Gemeinden und Städten Beschäftigung finden könnten. In Wien funktioniert das, Wien hat mit der Aktion 20 000 Arbeitsplätze für die älteren ArbeitnehmerInnen ausgebaut und Lehrstellen zur Verfügung gestellt. Was ist aber in kleinen Gemeinden, um die es doch auch geht? Es geht um die Stärkung der Regionen und der Gemeinden, die so wichtig für alle Investitionen, für die Klein- und Mittelbetriebe sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht heute um die Antwort auf drängende Fragen, und die müssen jetzt beantwortet werden. Herr Finanzminister, wenn Sie schon parlamentarische Initiativen nicht aufneh­men wollen, dann beantworten Sie uns wenigstens unsere Fragen, die wir Ihnen heute stellen. Wir wollen unter anderem wissen: Wie viele Anträge auf Zweckzuschuss sind mit Stand 30.9.2020 in Ihrem Haus eingegangen? Wie hoch ist das Volumen der Zweckzuschüsse nach dem KIG, die 2020 zum Stand 30.9.2020 beantragt wurden? Kann die Krise damit überwunden werden? Wieso haben Sie Initiativen des Parlaments nicht aufgegriffen? Welche Maßnahmen zur Sicherung der Gemeindefinanzen werden Sie umsetzen? Wie hoch werden die Mittel dafür sein und wann werden sie verfügbar sein? Von welchen Gemeinden in welchen Bundesländern wurde bereits eingereicht?

Das und dergleichen mehr wollen wir in unseren 22 Fragen wissen. Beantworten Sie, Herr Finanzminister, diese Fragen zumindest unseren Bürgermeisterinnen und Bürger­meistern, die heute hier noch das Wort ergreifen werden! Die wissen nämlich, worum es geht, denn sie sind es, die dieses Land am Laufen halten und den Gemeinden zu ihrer Prosperität verhelfen. Helfen Sie ihnen dabei und lassen Sie sie bitte nicht allein, Herr Finanzminister! Wer schnell hilft, hilft doppelt, das war immer unsere Devise. Von schnell kann aber bei Ihnen in diesen Fragen wahrlich nicht die Rede sein.

Wir fordern Sie deshalb auf: Helfen Sie überhaupt, bevor es zu spät ist und es für die Gemeinden noch viel schwieriger wird! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.13

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.