11.12

Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Werte Frau Bundesminister! Werte Damen und Herren Kollegen! Kollegin Zeidler-Beck! Kollege Schreuder! Sie haben gesagt, seit 2003 gibt es das Telekom­munikationsgesetz. – Sie dürfen sich nicht von den Titeln täuschen lassen! Es gibt das Telekommunikationsgesetz schon seit 1997, davor galt das Fernmeldegesetz 1993, und überhaupt davor betraf all das noch die Post- und Telegraphenverwaltung. Das war ein Amt, das unter der Leitung des Verkehrsministers stand. Mittlerweile ist es nicht mehr der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, wie die Bezeichnung früher gelautet hat, der dafür die Zuständigkeit hat, sondern interessanterweise sind jetzt Sie, Frau Bundesminister für Landwirtschaft, zuständig. Das ist eigentlich eine kuriose Zuord­nung, aber Sie wollten das so in der türkis-grünen Bundesregierung, also ist es nun auch so.

Frau Kollegin Zeidler-Beck! Sie haben viel von der Breitbandversorgung im ländlichen Raum gesprochen. – Eigentlich ist es eine Schande – das wird ja nicht nur in Österreich diskutiert, sondern auch in Deutschland oder anderen Staaten –, dass das so schlep­pend geht und dass dieses Thema immer wieder hervorgewalzt wird. Man hat die Glas­faserleitungen ja nicht erst gestern erfunden!

Jetzt habe ich mich einmal mit der Frage beschäftigt, was denn das Geheimnis einer hochmodernen flächendeckenden Telefon- und Internetversorgung, also einer Breit­bandversorgung, ist. Eigentlich haben Sie schon erwähnt, worin das Problem liegt, nämlich darin, dass es der Zugang der ÖVP oder der konservativen Parteien ist, dass man das einfach mit Förderungen löst. Man zwingt die Unternehmer dazu, sich lange mit Förderanträgen zu beschäftigen. Diese danken dann für das Geld, aber am Ende des Tages haben wir auch nicht das, was wir wollen.

Ein anderer Zugang ist der – wie ich es einmal ausdrücke – sozialistisch-kommunis­tische Zugang, wie es früher war: Man schafft ein Amt, man verwaltet dieses als Staat selbst und legt fest, dass man selbst dafür sorgen muss, wie die Versorgung aussieht, und das keinem Unternehmen überlässt. Die Folgen daraus konnte man damals sehen, als es das Monopol noch gab: In den Neunzigerjahren und davor musste man bei der Telegraphenverwaltung darum betteln, dass man einen Telefonanschluss in die eigene Wohnung bekommt.

Dieser kommunistische Ansatz funktioniert nicht, und man muss wirklich sagen, dass die Europäische Union in diesem Punkt eine der wenigen richtigen Maßnahmen getroffen hat, nämlich den Ansatz zur Liberalisierung. Es ist ein freiheitlicher Weg, dass man die Telekommunikationsnetze und die entsprechende Versorgung für den freien Wettbe­werb öffnet, damit der Markt die Möglichkeit hat, sich zu entfalten.

Meine Damen und Herren! Deshalb liegt das Geheimnis einer hochmodernen flächen­deckenden Telefon- und Internetversorgung oft in indirekten Förderungen. Da gab es immer schon eine Materie, in der eine sehr kluge Regelung enthalten ist. Diese war das erste Mal im TKG 2003 enthalten. Dabei geht es um die Leitungs- und Mitbenutzungs­rechte. Ich möchte das jetzt gar nicht so genau ausführen. Der wesentliche Punkt dabei ist unter anderem, dass private Eigentümer – auch gegen ihren Willen – gezwungen werden können, die Mitbenutzung von Leitungsrohren, die ohnehin schon existieren, zu ermöglichen. Sie bekommen dafür natürlich eine Abgeltung.

Das Wesentliche im Hinblick darauf, warum man leicht zu dem Ausbau gelangt, ist, dass man öffentliches Gut seit 2003 unentgeltlich und ohne gesonderte Bewilligung in An­spruch nehmen konnte. Das ist auch jetzt in § 54 Abs. 1 TKG enthalten. Nun haben Sie aber mit diesem Entwurf etwas in die Richtung gemacht, dass man zwar einerseits den Breitbandausbau haben möchte, diesen andererseits aber wiederum verhindert. Sie verkomplizieren die Dinge jetzt. Die Unentgeltlichkeit war etwas, was in der Judikatur immer verteidigt wurde. Wenn etwa, wie ich jetzt einmal sage, alle möglichen Gemeinden versucht haben, doch noch auf alte Verträge mit dem Betreiber hinzuweisen, wonach doch noch irgendetwas bezahlt werden muss, ein Land vielleicht eine Gebrauchsabgabe eingeholt hat oder findige Landesbeamte eventuell auf die Idee gekommen sind, dass man einen Aufwandersatz verlangen kann, dann haben die Gerichte immer klar gesagt: Unentgeltlich heißt unentgeltlich und fertig. – Das ist also für den Unternehmer ein gro­ßer Vorteil.

Jetzt machen Sie es kompliziert, indem Sie hier einige Ausnahmen und noch dazu eine ganz kuriose Abgrenzung neu einführen wollen, nämlich zwischen Leitungsrechten an öffentlichem Gut und Leitungsrechten an öffentlichem Eigentum. Den Unterschied habe ich bis heute nicht verstanden. Ich habe die Experten im Ausschuss gefragt, diese konnten mir das aber auch nicht recht erklären. Noch einmal komplizierter wurde es auch durch das neue Standortrecht nach § 59 Abs. 3. Auch diesfalls ist auf einmal eine Ab­geltung zu leisten, obwohl es sich um öffentliches Gut handelt.

Das heißt, für Rechtsstreitigkeiten ist gesorgt. Die Experten beziehungsweise Ministe­rialbeamten haben sich im Ausschuss natürlich immer auf das Standardargument zu­rückgezogen: Man kann das nicht für jeden Einzelfall regeln, das werden dann ohnehin die Gerichte entscheiden.

Offenbar ist es das Ziel dieser Bundesregierung, dass sich fortwährend die Gerichte mit dem Regierungshandeln und den Ergebnissen der Regierungspolitik befassen müssen. Eine gute Regierung würde natürlich genau für das Gegenteil sorgen, meine Damen und Herren, nämlich dass die Gerichte möglichst entlastet werden, dass unnötige Regeln ersatzlos gestrichen werden und dass notwendige Regeln so einfach und klar wie mög­lich sind. Wenn nicht einmal mir als Rechtsanwalt und auch den eigenen Ministerial­beamten der Unterschied zwischen öffentlichem Eigentum und öffentlichem Gut in die­sem Gesetz klar ist und sich auch in den Erläuterungen dazu nichts findet: Was sollen denn die Gerichte im Hinblick darauf machen, außer dass vielleicht irgendwann einmal der Verfassungsgerichtshof das Ganze wegen unzulässiger formalgesetzlicher Delega­tion aufhebt.

Auf der anderen Seite wird im Entwurf natürlich auch anerkannt, dass dieser Regelungs­wust oft viel zu kompliziert ist, und zwar auch für die Betreiber von Kommunikations­netzen und die Bereitsteller. Wenn man sich zum Beispiel § 83 des Entwurfs anschaut, dann findet man eine Informationspflicht für Genehmigungen – das war bisher schon in § 13b des alten TKG enthalten und steht jetzt wieder drin, das hat man einfach wieder fortgeschrieben –: „Die Regulierungsbehörde [...] als zentrale Stelle für Genehmigun­gen“ soll „auf ihrer Homepage allgemeine Informationen über die Bedingungen und Ver­fahren für die Erteilung von Genehmigungen für Bauarbeiten [...] veröffentlichen und die­se Informationen auf aktuellem Stand“ halten. – Die Regulierungsbehörde soll Informator sein, der sozusagen Rechtsberatung betreibt und quasi ein Unternehmerservice bietet. Nun ja: Was hat die Regulierungsbehörde denn bisher gemacht? – Das war ja schon im alten TKG seit 2017 enthalten.

Was findet man da? – Eine Linksammlung beziehungsweise Linksetzung auf das Rechtsinformationssystem des Bundes. Das ist eine sehr elegante Lösung vonseiten der Behörde, weil man natürlich sagt: Wie soll es denn aktuell anders sein? Es wird ja lau­fend irgendetwas in den Landesgesetzen geändert. Wir machen uns sicherlich keine Mühe, sondern wir spielen den Ball wieder zurück an den Gesetzgeber. Und auf diese Weise schließt sich der Kreis.

Ein ähnliches Prinzip haben wir im Verbraucherrecht. Dazu ist schon einiges gesprochen worden. Es sind hier zum Beispiel wieder „Informationspflichten für Verträge“ enthalten, nämlich im § 129 TKG. Das heißt: Einerseits sagt man dem Betreiber: Mach möglichst viele Regelungen, das muss zumindest in den AGB und in den Vertragsverhältnissen enthalten sein, denn sonst ist all das rechtswidrig und wir genehmigen das nicht!

Auf der anderen Seite darf man aber nicht zu viel und nicht zu kompliziert regeln, darüber hinaus muss man den Verträgen als integralen Bestandteil eine Zusammenfassung voranstellen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das ist die Quadratur des Kreises, das geht sich nicht aus, aber der Gesetzgeber bemüht sich, der Wille steht fürs Werk. In Verfahren über Leitungs- oder Mitbenutzungsrechte stehen sich ja immer zwei Streitparteien ge­genüber, einerseits der Grundeigentümer, der natürlich möglichst viel Abgeltung oder möglichst wenig Belastung für sein Grundstück will, andererseits der Betreiber, Bereit­steller, der natürlich das Netz möglichst ausbauen will, den Grund für die Mobilfunk-, für die Breitbandversorgung nutzen will.

Weil das Bemühen so wichtig ist, führt der Gesetzgeber nun für die Streitparteien eine „Bemühungspflicht“ ein, § 77 Abs. 2: „Alle Beteiligten haben das Ziel anzustreben, die Inanspruchnahme und Ausübung von Rechten nach diesem Abschnitt zu ermöglichen und zu erleichtern.“ Da wird sich also jede Streitpartei natürlich sofort zurückziehen und auf ihre Standpunkte verzichten und es wird sofort eine einvernehmliche Lösung herbeigeführt werden können.

Meine Damen und Herren, Telefonterror war schon immer verboten, in den Achtziger-/ Neunzigerjahren war er, wenn man so will, eine frühe Variante des Stalking bevor sich dieser englische Begriff bei uns durchgesetzt hat , bevor man das beharrliche Verfolgen auch in das Strafgesetzbuch aufgenommen hat. Der Tatbestand geht aber noch viel weiter, er verbietet jede missbräuchliche Verwendung von Funkanlagen und Endeinrich­tungen, also beispielsweise Mobiltelefonen. § 31 im TKG Neu – bisher war das in § 78 –, da heißt es: „Als missbräuchliche Verwendung gilt: [...] jede Nachrichtenübermittlung, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit oder die Sittlichkeit gefährdet oder welche gegen die Gesetze verstößt“.

Wenn ich mit meinem Handy als Endeinrichtung also gegen die Gesetze verstoße, be­trifft das schon diesen Paragrafen und ich kann schon einmal von der Fernmeldebehörde eine Strafe erhalten. Ein innovativer Weg zur Strafverteidigung, meine Damen und Her­ren vor allem der ÖVP : Man kann sich ja auch betreffend eigene Whatsapp-Chats beim Fernmeldebüro melden, Selbstanzeige erstatten und erklären, dass man damit gegen die Gesetze beispielsweise gegen das Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz verstoßen habe. Das Fernmeldebüro verhängt dann eine symbo­lische Verwaltungsstrafe gemäß § 188 TKG und schon ist man infolge grundrechtlicher Garantien in Bezug auf dieselben wesentlichen Sachverhaltselemente, nämlich auf die­se Chats, vor weiterer Strafverfolgung Verbot der Doppelbestrafung und Doppelverfol­gung, Art. 4 7. Zusatzprotokoll der Menschenrechtskonvention geschützt, meine Da­men und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Abschluss, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch eine persönliche An­merkung. Als Folge der oberösterreichischen Landtagswahlen Ende September ist mit Schluss der heutigen Plenarsitzung auch mein Mandat beendet. Ich bedanke mich daher bei Ihnen allen für die gemeinsame Zeit hier im Plenum und in den Ausschüssen, für die wechselvollen Debatten, ob sachlich und kühl oder aufgewühlt und emotional. Beides gehört zu einer gesunden parlamentarischen Demokratie und zeichnet diese aus mei­ner Sicht  auch aus. Zum Abschied, meine Damen und Herren, wünsche ich Ihnen daher alles, alles Gute, viel Glück und Erfolg auf Ihren persönlichen Lebenswegen.

Für mich persönlich ist der vorliegende Gesetzesbeschluss sowohl Anlass als auch Auf­trag, mich wieder der Rechtswissenschaft zuzuwenden und den Kommentar zum Tele­kommunikationsgesetz grundlegend zu überarbeiten und eine zweite Auflage herauszu­geben. Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall sowie lang anhaltender, stehend dargebrach­ter Beifall bei der FPÖ.)

11.23

Vizepräsident Günther Novak: Danke, Herr Dr. Schilchegger, auch wir wünschen Ih­nen alles Gute für Ihren weiteren Lebensweg.

Nun hat sich Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.