15.12

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe KollegInnen von der SPÖ, herzliches Beileid auch von mir an Sie, aber auch an die Familie und die FreundInnen von Wolfgang Beer.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Schallenberg, Herr Vizekanzler Kogler, Herr Außen­minister Linhart! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier und vor den Bildschirmen! Will­kommen im Bundesrat! Wir freuen uns vor allem, Sie, Herrn Linhart, aber auch die neuen Bundesrätinnen und Bundesräte aus Oberösterreich kennenzulernen.

Bevor ich – im Gegensatz zu meinen VorrednerInnen – zu jenen Sachthemen komme, die wir gerade diskutieren und die noch vor uns liegen, muss ich zunächst bekannt geben und möchte auch meine Freude darüber ausdrücken, dass bereits fast 130 000 Men­schen das österreichweite Klimaticket gekauft haben. Das ist gut. Ich weiß, dass sich einige darüber nicht so freuen, weil die Anbindung an den öffentlichen Verkehr unzu­reichend ist, aber auch das wird sich ändern. (Bundesrat Spanring: Da bin ich gespannt! Dass zu mir heim der Zug fährt, auf das freu ich mich! Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Flieger landet, ist größer, als dass da ein Zug vorbeikommt!) Es werden viele, viele, viele Millionen in die öffentliche Verkehrsinfrastruktur investiert werden, genauso wie auch sehr viel in die Förderung für den Heizungstausch investiert wird. (Beifall bei den Grü­nen.)

Die Förderung der öffentlichen Mobilität hilft jedenfalls dem Klima, sie hilft aber auch den Menschen, auch finanziell, denn viele ersparen sich Hunderte Euro pro Jahr. Was, wie ich finde, auch ein sehr spannendes Thema ist: Sie erweitert den Bewegungsspielraum der Menschen, weil es jetzt super bequem und weitaus günstiger als vorher ist, mit dem Zug oder mit den Öffis zu fahren. Es lohnt sich schon für die Fahrt zwischen zwei Bundesländern: Nur für die Jahreskarte für nur eine Strecke, zum Beispiel nach Wien, und für die Jahreskarte in Wien hat man bisher mehr gezahlt als jetzt für ein österreich­weites Klimaticket, mit dem man in die Landeshauptstädte fahren kann, aufs Land fahren kann – und das alles mit demselben Ticket, mit dem man auch zur Arbeit fährt. Man bleibt beweglicher, die Freiheit wird größer, und man bleibt dadurch auch offener.

Beweglich und offen zu sein, das sind wohl auch zwei elementare Eigenschaften, die Ihnen, Herr Bundeskanzler, und Ihnen, Herr Außenminister, aus Ihren bisherigen Profes­sionen zu eigen sind. Das ist gut für Ihren neuen Job, denn wir brauchen diese Eigen­schaften vor allem in jenen Politikfeldern, die nicht immer an erster Stelle der konser­vativen Politik stehen: zum Beispiel in der Politik für Frauen.

Sie beide kennen die Istanbulkonvention, die auch Österreich ratifiziert hat. Es ist das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Zwischen 25. November und 10. Dezember begehen wir die Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen, erschreckenderweise ist dieses Thema nach dem 23. Femizid in diesem Jahr in Österreich aktueller als je zuvor. Genau des­wegen ist das budgetär wesentlich höhere Gewaltschutzpaket so wichtig, das Frauen­organisationen stärkt, das die Frauen stärkt, das in präventive Männer-, Väter- und Bubenarbeit investiert, damit aus diesen keine Täter werden. Das ist heutige Regie­rungsarbeit, nicht Oppositionsarbeit. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Nach Jahren der Versäumnis werden nun Maßnahmen, die Frauen vor Gewalt schützen und ihre Rechte stärken, nicht nur jetzt mit dem Budget, sondern laufend umgesetzt; sei es im Sozialministerium durch Projekte wie Stadtteile ohne Partnergewalt – die übrigens die SPÖ in manchen Wiener Gemeindebezirken nicht möchte – oder Kampagnen gegen Männergewalt (Bundesrätin Schumann: Oje!); sei es im Opferschutz in der Justiz durch bessere Schulungen und Sensibilisierungen von RichterInnen, im Innenressort bei der Polizei oder ressortübergreifend durch die Fallkonferenzen. (Bundesrätin Schumann: Keine Frauenpolitik in dieser Regierung! Gar keine!) Ich habe diese und viele andere Maßnahmen hier schon sehr oft aufgezählt, wir wissen aber: Die Maßnahme, die am meisten vor Gewalt schützt, ist die Gleichberechtigung.

Herr Außenminister, Herr Bundeskanzler, Sie beide, und auch Sie, Herr Vizekanzler, werden in den Genderwissenschaften als sogenannte alte weiße Männer bezeichnet. Das ist aber kein Schimpfwort, sondern das ist ein Begriff, der Männer aus der soge­nannten westlichen Hemisphäre bezeichnet, die an der Macht – im Sinne von politischer Macht oder Definitionsmacht – sind. Der Kampf um die Gleichberechtigung wird aber meist von Frauen geführt, wie wir hier eh auch sehen. Herr Außenminister, Herr Bundes­kanzler, wenn nun Sie sich als eher konservative Politiker, als sogenannte alte weiße Männer für Gleichberechtigung einsetzen und dies auch immer wieder sagen, dann ist das eine einmalige Chance, die Kultur der Gleichberechtigung zu etablieren, und ein guter Weg, die Kultur des Paternalismus, die Kultur des Machismus und der toxischen Männlichkeit zu durchbrechen.

1995 war die letzte Weltfrauenkonferenz, das ist leider ziemlich lange her. Dort wurde die Pekinger Aktionsplattform gegründet. Das Format Aktionsplattform zeigt schon, dass es dabei um Umsetzung geht. 189 Mitgliedstaaten haben das beschlossen, und es ist ein umfassendes Konzept zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Mädchen.

Zum 20-jährigen Jubiläum 2015 haben Sie, Herr Linhart, als Außenamtsgeneralsekretär die Kampagne He for She – also Männer für Frauen – der UN-Frauenorganisation UN Women unterstützt und erklärt, sich für den Abbau sozialer, wirtschaftlicher und politi­scher Barrieren, die einer Gleichstellung von Frauen und Männern im Wege stehen, ein­zusetzen. Das freut mich sehr, und das werden wir sicher auch für Österreich brauchen. Im Außenministerium ist die Hälfte der Führungspositionen mit Frauen besetzt. Darauf waren Sie, Herr Bundeskanzler, damals noch als Außenminister, anlässlich des dies­jährigen Weltfrauentags sehr stolz. Bleiben wir bei dieser Linie in allen Ministerien!

Auch im Budgetvoranschlag wird das Wirkungsziel Gleichstellung in fast jedem Ressort angeführt. (Bundesrat Spanring: Gegen die Qualifikation, für das Geschlecht!) Es wird daher an den jeweiligen MinisterInnen und vor allem an Ihnen, Herr Bundeskanzler, liegen, dass Sie die Gleichstellung immer im Blick haben.

Lieber Herr Bundeskanzler, lieber Herr Außenminister, nutzen Sie Ihre Macht und Ihre Vorbildwirkung, setzen Sie sich sichtbar und wirksam für die Gleichstellung von Frauen und Männern ein! Treten Sie gegen das Klischee des alten weißen Mannes an! Die Tage gegen Gewalt an Frauen sind dazu eine gute Möglichkeit. Wir Grüne werden Sie diesbezüglich natürlich immer tatkräftig unterstützen, das wissen Sie sicher auch schon aus der Zusammenarbeit in der Regierung und mit unserer Abgeordneten für äußere Angelegenheiten und Kämpferin für Frauenrechte, Ewa Ernst-Dziedzic.

Ein weiteres politisches Feld, das Beweglichkeit und Offenheit verlangt, ist die Klima­politik. Mein Kollege Schreuder hat es schon gesagt: Es liegt ein Budgetvoranschlag vor, der endlich Klimaschutzmaßnahmen in den Vordergrund rückt. Man mag vielleicht zu Recht kritisieren, dass die Vorgaben zur CO2-Bepreisung nicht ambitioniert genug sind – das sagen wir Grüne auch –, aber der Klimaschutz und wir Grüne haben leider nicht den Mehrheitsauftrag der WählerInnen. Diesen Punkt darf man, auch hier im Parlament, bei der Kritik nicht aus den Augen verlieren.

Gerade deswegen muss man aber im Zusammenhang mit Budget und Steuerreform immer auch die Begleitmaßnahmen und die Gesetze beachten, die gemeinsam eben erst diesen ökosozialen Wurf für den Klimaschutz ausmachen.

Was sind diese begleitenden Gesetze, die ja auch hier diskutiert werden – und das Bud­get nicht –? Die Regierung arbeitet gerade an einem guten, wirksamen Klimaschutz­gesetz mit einem völlig neuen Rahmen. Gerade werden die vom Klimavolksbegehren und in einem von allen Parteien außer der FPÖ unterstützen Entschließungsantrag ge­stellten Forderungen zur Erreichung der Klimaneutralität diskutiert. Dabei geht es zum Beispiel um die verfassungsrechtliche Verankerung des Grundrechts auf Klimaschutz. Es ist eigentlich glasklar: Der Erhalt der Umwelt als unsere Lebensgrundlage muss ein Menschenrecht sein.

Anderswo wird schon viel weiter diskutiert als bei uns, wenn von den Grundrechten der Natur gesprochen wird, die Natur also ein eigenes Rechtssubjekt ist. In Ecuador und Kolumbien zum Beispiel ist es juristische Praxis, in Frankreich wurde der Straftatbestand Ökozid, das heißt Verbrechen gegen die Natur, verankert und unter Strafe gestellt. In Belgien, Spanien und Schweden wird die Natur als Rechtssubjekt im Zusammenhang mit dem Straftatbestand Ökozid parlamentarisch diskutiert, und auch im internationalen Strafrecht überlegt man, das zu implementieren. Und ja, Herr Ofner, stehen drastische Geld- und Gefängnisstrafen im Raum, wird auch ein Umdenken bei UmweltsünderInnen weit schneller vonstattengehen.

Eine weitere wichtige Maßnahme, die gerade im Zusammenhang mit dem Klimaschutz­gesetz diskutiert wird, ist die Integration von Klimaschutz in allen Ressorts, das heißt eine Verantwortlichkeit der gesamten Regierung sowie eine verstärkte Koordination in Entscheidungsprozessen. Das nennt sich Klima-Governance. Eine solche Zusammen­arbeit mit und innerhalb der EU haben Sie, Herr Bundeskanzler, ja auch in Glasgow formuliert, als Sie sagten, dass „wir alle schnell und gemeinsam handeln müssen, um eine globale Krise effektiv bewältigen zu können.“

Um dieser Klima-Governance gerecht zu werden, soll es ein Klimakabinett geben, näm­lich bestehend aus Mitgliedern der Bundes- und Landesregierungen und unter dem Vor­sitz des Bundeskanzlers und der Ministerin für Klimaschutz. Genauso soll es einen wissenschaftlichen Beirat geben, der sich für die Einhaltung des CO2-Budgets einsetzt und konkrete Empfehlungen ausspricht.

Wir haben, wie wir schon gehört haben, das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz im Bereich Strom, und es kommt das Erneuerbaren-Wärme-Gesetz im Bereich Wärme. Es ist in Ausarbeitung, gemeinsam mit dem Bund und den Ländern, und es regelt den stufen­weisen Ausstieg aus fossilen Energieträgern im Heizungsbereich hin zu Bio­masse, zu Strom aus Wärmepumpen sowie dekarbonisierter Nah- und Fernwärme. Ein Rekord­budget von fast 2 Milliarden Euro ist dafür vorgesehen, und es werden auch die Förde­rungen er­höht. Es ist notwendig und es zahlt sich aus, um einen großen Brocken an CO2 -Emis­sionen abzubauen.

Genauso ist ein neues Energieeffizienzgesetz im Entstehen, das helfen soll, Energie­kosten zu reduzieren und den Markt für Energiedienstleistungen zu fördern, und ein neues Abfallwirtschaftsgesetz, nämlich – wir haben es schon gehört – mit Pfand auf Plastik und Dosen.

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Liebe Frau Kollegin, ich möchte auch Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (fortsetzend): Ja, gleich. – Das zeigt, die CO2-Bepreisung ist nicht die alleinige Maßnahme im Klimaschutz, sondern es braucht die Prämisse des Klimaschutzes in allen Politikbereichen. Das ist Klima-Governance.

Zu guter Letzt möchte ich auch noch die angesprochene Förderung demokratischer Po­litik ansprechen, denn gerade dazu wird es auch Offenheit und Beweglichkeit brauchen. In diesem Zusammenhang erwähnen möchte ich das Informationsfreiheitsgesetz, das Parteiengesetz, das den Wettbewerb der Parteien im Wahlkampf fairer gestaltet, und natürlich auch das Medientransparenzgesetz –Medienförderung, die auf qualitätsvollen Beinen steht, und die Medienkooperationen, Stichwort Inserate.

Im Sinne von Offenheit und Beweglichkeit wünsche ich uns auch hier eine gute und respektvolle Zusammenarbeit. Schützen wir unser Klima außerhalb und innerhalb dieser Mauern! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

15.24

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses.