18.46

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, die letzten Wochen waren für uns alle sehr herausfordernd, um nicht zu sagen, verwirrend, und leider eine sehr unrühmliche Steigerung der bisherigen Ereignisse des Jahres 2021 und des Jahres 2020.

Ja, Covid-19 hat uns in Geiselhaft, und das Entkommen aus dieser wird uns tatsächlich nur gemeinsam gelingen. Um das zu verdeutlichen, sehr geehrte Damen und Herren – insbesondere, weil wir hier im Bundesrat sind und weil ich heute die einzige Rednerin aus Oberösterreich bin –, gestatten Sie mir einen Blick in mein Heimatbundesland und auf die Politik der falschen Signale, die in den letzten Monaten von dort allzu oft gesendet wurden, die uns schlussendlich wohl auch zu der Explosion der Infektionszahlen geführt hat, die nun diesen vierten Lockdown unvermeidbar gemacht hat.

Mein Bezirk Vöcklabruck war am 18.11.2021 quasi der traurige Spitzenreiter, der Neuin­fektionenspitzenreiter, der landesweit führende Bezirk mit einer Inzidenz von sage und schreibe 2 291. In meinem Nachbarort gab es sogar eine lokale Inzidenz von 4 848,48 – das kann man sich ganz gut merken. Warum? – Es fand dort der Tag der Senioren statt, der Simonikirtag und als Sahnehäubchen noch die Eröffnung einer Diskothek. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Wie konnte es sich aber derart entwickeln und zuspitzen? – Durch Impfquoten, die ent­täuschend sind. So sind es mancherorts 50 Prozent bei der Erstimpfung; derzeit liegen wir im Bezirk Vöcklabruck bei einer Impfquote von 63,4 Prozent, also meilen-, ja meilen­weit entfernt von einer Impfquote, die wir wirklich dringend brauchen würden. Wenn ich dann in den sozialen Medien sehe, dass sich Bürgermeister bejubeln, weil ja nur noch 18,7 Prozent der impfbaren Bevölkerung ungeimpft sind – und nicht richtigerweise, wie es sein sollte, der Gesamtbevölkerung –, dann frage ich mich tatsächlich: Was soll man als Regierung noch machen, wenn sogar lokale Amtsträger die Gefahr der Situation nicht erkannt haben und wiederum falsche Signale senden?

Ich kann mich auch noch ganz gut erinnern: Anfang September wurden Vor-Ort-Imp­fungen nicht gewünscht, sie wurden als Politisierung vor der Wahl in Oberösterreich be­zeichnet und abgelehnt.

So haben wir in Oberösterreich nun tatsächlich eine Koalition der Widersprüche, die der Bevölkerung einmal mehr ein falsches Signal sendet (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP), nämlich eine Koalition mit einer Partei, die die Maßnahmen der Bundesregierung kritisiert und sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dagegenstemmt. So kann es uns nicht gelingen, den notwendigen Schulterschluss zur Bekämpfung der Pandemie herzustellen.

Wie es geht, zeigt uns der Blick in andere europäische Länder. Portugal wurde heute schon als Beispiel bemüht, aber ich möchte es trotzdem noch einmal erwähnen, weil in Portugal tatsächlich alle Parteien hinter der Bekämpfung dieses heimtückischen Virus stehen. Dieses Land ist von Solidarität und Rücksichtnahme geprägt und verdeutlicht noch einmal mehr, dass eine Impfquote von über 90 Prozent der Weg aus der Pandemie ist. Selbst bei wirklich guten Inzidenzen werden in Portugal nach wie vor Schutzmaßnah­men eingehalten: Desinfektionsmittel werden günstigst zur Verfügung gestellt, die Men­schen tragen Masken, die Menschen halten Abstand, das ist selbstverständlich. Die Menschen haben das Schützen verstanden.

Das hätten wir auch tun können, nämlich auf freiwilliger Basis, und das hätte uns nicht wehgetan. Wir alle hier im Bundesrat tragen immer Masken. Ich und unsere Fraktion haben das ganze letzte Jahr und das vorletzte Jahr immer Masken getragen. Natürlich ist es gewöhnungsbedürftig und anstrengend, aber es schützt uns und es ist so einfach. Dafür braucht es keine Vorgabe der Regierung. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Absolut kontraproduktiv ist da eine Politik, ich muss das heute leider auch noch einmal erwähnen, die man verkürzt mit: Wir gegen den Bund, bezeichnen kann. Erst in der letzten Woche haben uns die Landeshauptleute sehr eindrucksvoll ihre Macht und ihre Rolle verdeutlicht. War es erst die Ablehnung der vorgeschlagenen Maßnahmen des Bundes, gepaart mit Kritik und Anprangern der Versäumnisse des Gesundheitsministers in den letzten Monaten, kam es dann doch schlussendlich sehr schnell zu den nun be­schlossenen Einigungen. So ist mir in den letzten Tagen das ist vielleicht ganz witzig, obwohl momentan gar nichts witzig ist, aber ich möchte es trotzdem sagen  immer wieder eine Redewendung in den Sinn gekommen: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.

Das Lexikon erklärt uns dazu, dass diese Redensart insbesondere benutzt wird, wenn jemand einen Vorteil haben möchte, aber nicht bereit ist, dafür etwas zu geben. Wir möchten die größtmögliche Freiheit, keine finanziellen Nachteile, eine optimale Gesund­heitsversorgung und das alles in Zeiten einer weltweiten Pandemie. Was aber sind wir tatsächlich bereit, dafür zu tun? Viele, viele, viele sind noch nicht einmal bereit, sich impfen zu lassen.

Was die Freiheit betrifft, möchte ich abschließend noch den Philosophen Hegel bemü­hen: „Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit.“ Vonseiten der Wissenschaft kam in Bezug auf die Notwendigkeit eine ganz klare Ansage: Nur eine ausreichende Impfquote wird uns aus der Pandemie führen; diesbezüglich wird es notwendig sein, dass wir genau diesen Zustand herstellen.

Deshalb: Schützen Sie sich selbst und schützen Sie andere mit der Impfung! Wir haben dazu die Möglichkeit, quasi fast überall, quasi fast rund um die Uhr und mit einer breiten Auswahl an Impfstoffen. Ich möchte auch an Sie, liebe Zuseherinnen und Zuseher, appel­lieren: Helfen wir endlich zusammen, nutzen wir die Impfung als Chance und als das wirk­same Mittel, um Covid-19 den Garaus zu machen! Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.54

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. Ich erteile ihr dieses.