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Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herzlichen Dank für die bisherigen Redebeiträ­ge, daraus ist breite Zustimmung zu dem Vorschlag erkennbar. Das freut mich, weil er in einer schwierigen, einer herausfordernden Zeit kommt. Adi Gross hat die Herausfor­derungen, vor denen wir stehen, ja ausführlich beschrieben, diese sind aber – das möch­te ich an dieser Stelle auch sagen – noch einmal anders zu beurteilen als jene, vor denen die Menschen in der Ukraine gerade stehen.

Der Krieg in der Ukraine stellt in vielerlei Hinsicht eine Zeitenwende dar, auch im Hinblick auf die europäische und österreichische Energiepolitik. Wir bringen hier in einem wirklich sehr, sehr schnellen Prozess ein Gesetz auf die Reise, und ich danke noch einmal allen Fraktionen, die dazu beigetragen haben, dass das gelingt, dass das jetzt so schnell be­schlossen werden kann und wir uns damit absichern können. Es schafft kurzfristig Lin­derung und sorgt dafür, dass wir den nächsten Winter abgesicherter starten.

Ich schaue jetzt zu Kollegen Novak – (in Richtung Vizepräsident Novak) Entschuldigung, zu Herrn Präsident Novak, er sitzt ja jetzt als Präsident hinter mir! –, der das vorhin gerade eingefordert hat: Eine Zeitenwende ist es auch, weil wir gestern eine Verordnung für das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz auf den Weg gebracht haben, die im Vergleich zum vorgestellten Begutachtungsentwurf die Mittel für den Ausbau der Erneuerbaren noch einmal deutlich, deutlich, deutlich erhöht hat. Wir bringen ein Rekordbudget von rund 300 Millionen Euro in diesem Jahr für die kleinen und mittleren Erneuerbarenanla­gen auf den Weg, und das ist genau das, was es jetzt braucht.

Und ja, ich habe einen Gesetzentwurf für Versorgungssicherheit vorgelegt und das Ge­setz wird beschlossen. Die Lehre aus der Situation, in der wir uns jetzt befinden, aus dieser Abhängigkeit, die wir jeden Tag schmerzlich spüren, der Erpressbarkeit, in der wir uns befinden, muss aber der Weg hinein in die erneuerbaren Energien sein, muss der Weg in die Energieeffizienz sein, und zwar sowohl in Österreich als auch in Europa. Darum geht es jetzt mindestens genauso.

Daher ist die Antwort auf die Frage von Kollegen Novak: Es freut mich sehr, dass es gestern gelungen ist, diese Verordnung auf den Weg zu bringen. An alle Bürgermeiste­rInnen hier im Raum, die vielleicht für das Gemeindehaus Fotovoltaik machen wollen, an Betriebe, die ihre eigene Windkraftanlage bauen wollen, an Energiegemeinschaften, die sich überlegen, gerade jetzt zu starten: Wir haben gestern mit dieser Verordnung wirklich einen Meilenstein gesetzt. Das freut mich sehr und das ist ein mindestens ge­nauso wichtiger Baustein wie das Gesetz, das wir heute auf den Weg bringen.

Ich möchte nur noch ein paar Dinge ergänzen: Die Gasreserve steht, wie es in den Re­den schon unterschiedlich angesprochen wurde, im Einklang mit den Vorschlägen der EU-Kommission. Die EU-Kommission hat einen Legistikvorschlag auf den Tisch gelegt, um auch europaweit eine Speicherverpflichtung auf den Weg zu bringen. Es macht trotz­dem Sinn, dass wir mit diesem Gesetz erstmals in Österreich die Möglichkeit schaffen, dass der Staat über die AGGM – darauf komme ich gleich noch einmal zurück – Gas beschafft und eine Notreserve anlegt. Das ist ein wichtiger Beitrag für den nächsten Winter, eine wichtige Maßnahme, um im Fall eines Lieferrückgangs oder sogar eines Lieferstopps besser gerüstet zu sein. Sie wird – auch das ist schon erwähnt worden und ist, glaube ich, wichtig – als Energielenkungsmaßnahme ja auch durch das Parlament, durch den Hauptausschuss beaufsichtigt.

Noch einmal zur Einordnung: Der Gasvorrat, den wir anlegen, entspricht dem Bedarf eines kalten Wintermonats, eines Monats mit Maximalverbrauch. Es sind 12,6 Terawatt­stunden, die bis zum 1. November 2022 bereitgestellt und in den österreichischen Spei­chern eingelagert werden sollen. Wie auch schon erwähnt wurde, steht der Gasver­brauch zwischen Sommer- und Wintermonaten teilweise in dem Verhältnis von eins zu drei. Wie lange diese Reserve im Zweifelsfall wofür auch immer eingesetzt wird, hängt also sehr davon ab, über welchen Monat wir tatsächlich sprechen. Das nur noch einmal zur Einordnung der Menge.

Die strategische Gasreserve wird von der AGGM beschafft. Das ist ein Akteur, den viele wahrscheinlich erst im Zuge der aktuellen Diskussionen wirklich wahrgenommen haben, es ist der Verteilgebietsmanager in den drei österreichischen Marktgebieten. Für Gas gibt es drei Marktgebiete in Österreich: Vorarlberg, Tirol und das Marktgebiet Ost, also alles außer Vorarlberg und Tirol. Die Konstruktion über den Verteilgebietsmanager ist dieselbe, wie sie auch die deutsche Gasbevorratung gemacht hat, das deutsche Modell funktioniert also analog zu unserem. Das dortige Pendant ist das sogenannte Trading Hub Europe, dieses beschafft die geplante deutsche Reserve. Wir machen das über die AGGM.

Auch da noch einmal: Die Reserve ist eine Versicherung. Sie macht uns weniger er­pressbar, ist aber eine Reserve für den Notfall – dass auf Vorräte zugegriffen werden kann und daraus Haushalte, Unternehmen versorgt werden können. Eines tut sie aber nicht, das sage ich hier in der Länderkammer sehr bewusst: Die strategische Gasreserve befreit die Gasversorger nicht von ihrer Verpflichtung, die Versorgung der Kundinnen und Kunden sicherzustellen. Für die Verpflichtung der Gasversorger, auch der Landes­gasversorger, gilt weiterhin der Versorgungsstandard nach der EU-Gasversorgungssi­cherheitsverordnung, also der Gas-SOS-Verordnung. Die Gasversorger in Österreich haben den geschützten Kunden gegenüber eine Verpflichtung, die Versorgung sicherzu­stellen.

Sie wissen, dass wir bereits seit vielen Jahren eine Reserve für Erdöl haben. Sie basiert auf internationalen Verträgen, wo innerhalb der Internationalen Energieagentur beraten wird, wie damit umgegangen wird, und wo es dann zur Freigabe der Ölvorräte auch in Österreich eine Einbeziehung des Gesetzgebers gibt. Genauso wird es hier sein: Die Freigabe der Gasreserve wird durch eine Maßnahmenverordnung nach dem Energielen­kungsgesetz angeordnet, muss aber im Hauptausschuss eine Zweidrittelmehrheit erhal­ten, wie das beim Thema Öl eben auch ist. Das Gas kann dann über den Weg des Bilanzgruppensystems an die Versorger übergeben werden. Wir schaffen das Gas jetzt mit öffentlichen Mitteln an und im Notfall kann dieses Gas dann zum aktuellen Tages­preis oder zum Anschaffungspreis – je nachdem, welcher der höhere ist – freigegeben werden, das heißt, verkauft und dementsprechend auch bezahlt werden.

Ich freue mich, dass dieses Gesetz jetzt rasch beschlossen werden kann, diese Ge­schwindigkeit ist wichtig und situationsadäquat. Den Redebeiträgen entnehme ich breite Unterstützung, also freue ich mich vorsorglich darüber, bitte aber trotzdem um Ihre breite Zustimmung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

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