14.17
Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Kommission arbeitet gerade ein Lieferkettengesetz – also eigentlich eine Lieferkettenrichtlinie – aus. Wir würden eher Sorgfaltspflichtgesetz oder ‑richtlinie dazu sagen. Diese Richtlinie soll in der EU tätige Unternehmen verpflichten, entlang ihrer Lieferketten auf die Einhaltung von Grundwerten zu achten: Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Menschenrechtsverletzungen und Klimaschutz.
Warum ist das wichtig und notwendig? – Wenn wir in der EU nämlich Umweltregeln haben und andere nicht, dann würde das ja einen Anreiz für Unternehmen bieten, aus der EU abzuwandern. Das ist schlecht für die Umwelt auf der ganzen Welt und für die Wirtschaft und die Arbeitsplätze bei uns. Wenn bei uns nämlich Menschenrechtsnormen gelten und dort, wo produziert wird, nicht, ist das ein Standortnachteil für uns. Das ist schlecht für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ein Lieferkettengesetz kann also als Grenzausgleichssteuer gegen unfaire Wettbewerbsnachteile gesehen werden.
Wie sehr sind unsere Unternehmen davon betroffen? Werden sie darunter leiden? – Nein, und zwar deswegen nicht, weil alle, die in der EU tätig sind, diesen Regeln unterliegen. Das Gesetz ist auch eine Hilfe gegen Dumping, wie es sie bereits sektoral gibt, zum Beispiel in der Holzindustrie, die sich gegen Billigimporte von wild geschlägertem Holz schützt. Da die hierzulande ansässigen Unternehmen immer den höheren Standards folgen, sind sie Gewinner, wenn die Importe den gleichen Regeln unterliegen. Berichtspflichten gibt es ja bereits – nichtmonetäre Berichte für viele europäische Unternehmen –, nur eben bisher ohne Sanktionen. Das Prinzip existiert, daher sollte eine vernünftige Umsetzung möglich sein. In Frankreich gibt es so etwas seit 2017. Man konnte dort deshalb keinen Einbruch der Wirtschaft feststellen. Auch in den Niederlanden und außerhalb der EU in Norwegen wird das bereits debattiert.
Wie sehr betrifft das unsere Wirtschaft und unsere Konsumentinnen und Konsumenten? – Die Importe nach Europa würden auf ein Level-Playing-Field gebracht, wir haben es schon gehört. Das kann auch wieder zu einer Wiederansiedlung, zu einem Reshoring von Unternehmen in der EU führen. Es könnten sich zwar die Preise erhöhen; das wäre aber nur die Folge dessen, dass unseren Regeln, unseren Standards und unseren Werten gefolgt wird. Das Lieferkettengesetz verhindert ja nur die Umgehung unserer Regeln. Die Qualität und die Produktsicherheit sollten steigen, und in manchen Fällen könnten die Preise sogar fallen.
Die Preise waren schließlich durch die Ablehnung des Freihandels erhöht, weil nämlich der Handel durch Verzerrungen, die es bisher gegeben hat, beeinträchtigt wird. Diese Richtlinie würde Verzerrung reduzieren und macht den Handel wieder attraktiver. Mehr Handel, freierer Handel würden so zu niedrigeren Preisen führen. Das wäre auch gut für unsere Exportwirtschaft, für unsere Konsumentinnen und Konsumenten und unseren Wohlstand.
Welchen Einfluss gäbe es auf die Schwellenländer? Das ist natürlich debattierbar. Es kann dazu führen, dass es dort weniger Investitionen gibt, weil der bisherige, man muss schon sagen, Wettbewerbsvorteil verloren geht. Allerdings wäre das ein Wettbewerbsvorteil, der auf Sozial- und Umweltdumping basiert. Wenn die Investoren in diese Länder nur wegen Sozial- und Umweltdumping kämen, dann bleibt konsequenterweise auch zu wenig Wertschöpfung dort hängen – und die Wohlfahrtseffekte, die eigentlich durch den Handel und die Investitionen in diesen Ländern passieren sollten, kommen in diesen Volkswirtschaften deswegen nicht vor.
Was das Thema Migration betrifft, würde ein Sorgfaltspflichts- beziehungsweise Lieferkettengesetz einen Ansatz dazu bieten, Fluchtursachen zu bekämpfen.
Bei der konkreten Ausgestaltung so eines Lieferketten- oder Sorgfaltspflichtsgesetzes muss man schauen: Welche Unternehmen sind davon betroffen? Der momentane Entwurf würde nur 1 Prozent der Unternehmen in der EU betreffen, weil die Schwellenwerte sehr hoch angesetzt sind, weil Kleinunternehmen und Mittelunternehmen zum Großteil ausgenommen sind. Wir wären eher dafür, dass diese auch Verpflichtungen unterliegen, allerdings angemessenen Verpflichtungen im Sinne einer Due Diligence. Sie sollten auf die ihnen zugetragenen Informationen angemessen reagieren müssen, auch ein bestehender Zertifizierungsmechanismus in manchen Sektoren ist eine Möglichkeit dazu. Die Verantwortlichkeiten müssen klar geregelt sein. Die Kapazität eines Unternehmens, seine Lieferkette zu kontrollieren, muss miteinbezogen werden. Nur bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit – bei KMUs möglicherweise sogar eingeschränkt auf grobe Fahrlässigkeit – darf ein Unternehmen bestraft werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und Grünen.)
14.22
Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Vielen Dank.
Wir begrüßen bei uns im Haus Frau Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Die Aktuelle Stunde ist beendet.