17.48
Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herren Minister! Ja, es ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit oder sollte zumindest eine sein, und es ist gleichzeitig mehr: Es ist eine Pflicht, geflüchteten und vertriebenen Menschen zu helfen. Das wäre noch nichts Neues, und gerade nicht in Europa, einer Region, die ja immer sehr bewusst auf ihre humanitären und menschenrechtlichen Grundsätze und Traditionen verweist und natürlich – es wird dann manchmal schon schwieriger – damit auch eigene Ansprüche definiert.
Neu an der jetzigen Situation mit dem brutalen Angriffs- und Vernichtungskrieg Russlands oder vielleicht besser Putins und seiner Clique in der Ukraine ist, jedenfalls seit 30 Jahren – damals in Ex-Jugoslawien –, dass ein kriegerischer Konflikt in unserer Nähe stattfindet, in einem Nachbarland der EU, in einem Land, mit dem ja auch Österreich eine lange, gemeinsame Geschichte hat, in einem Land, das sich in den letzten Jahren zunehmend geöffnet und sich an der EU orientiert hat und das auch das Ziel selbst definiert, in die Union aufgenommen zu werden. Das sind Hintergründe, die besondere Unterstützungsmaßnahmen für die aus der Ukraine geflüchteten Menschen nachvollziehbar begründen – das ist gar keine Frage –, die humanitär geboten sind und die auch strategisch und geopolitisch Sinn machen.
Auf die inhaltlichen Details, wie die Aufnahme der Vertriebenen in das Integrationsgesetz, brauche ich jetzt nicht mehr einzugehen. Sehr erfreulich ist natürlich auch die Vereinfachung der Anerkennungsverfahren von Bildungsabschlüssen für alle, auch für anerkannte Asylsuchende, subsidiär Schutzberechtigte und so weiter.
Es geht ja bei diesen Maßnahmen nicht nur um quasi technische, finanzielle Hilfen in der Not, sondern es geht schon sehr stark darum – und gerade gegenüber unseren Nachbarn –, die betroffenen Menschen zu integrieren und ihnen eine Perspektive zu geben, und zwar – und das können wir jetzt noch einmal lernen und sehen – vom ersten Tag an. Das wäre eigentlich das Erfolgsmodell, weil es sich definitiv nicht bewährt hat, Geflüchtete, Vertriebene, Asylsuchende mitunter jahrelang warten zu lassen und dabei viel zu versäumen. Für sie sind es persönlich verlorene Jahre und für uns vergeudete Fähigkeiten der Betroffenen, und wir schaffen uns damit zwangsläufig Folgeprobleme.
Darum wäre auch im Ausblick aus unserer Sicht natürlich im Integrationsbereich noch einiges zu tun. Weitere Schritte für eine gute Aufnahme aller Geflüchteten wären zu setzen. Das betrifft die Vertriebenen, etwa was Zuverdienstgrenzen betrifft – das ist in Diskussion –, aber auch Asylsuchende, betreffend Arbeitsmarktzugang beispielsweise, sowie überhaupt verbesserte längerfristige Perspektiven bis hin zum Staatsbürgerschaftsrecht.
Österreich alleine kann diesen Krieg nicht beenden, aber wir können einen Beitrag dazu leisten, den Menschen, die vertrieben worden sind, die alles verloren haben – das ist eigentlich unvorstellbar für uns –, Hoffnung zu geben. Es geht – das haben wir gehört – dabei vor allem um Kinder. Eine viel schönere Aufgabe, als Kindern, so gut es geht, ein sicheres Zuhause und Zukunftschancen zu bieten, gibt es ja eigentlich nicht. – Danke. (Beifall bei den Grünen, bei BundesrätInnen der ÖVP sowie der Bundesrätin Kahofer.)
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