10.38

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Ich möchte zur Abwechslung zu dem, was tatsächlich auf der Tagesordnung steht und was wir heute beschließen, reden. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollegen Leinfellner wurde beim Tagesordnungspunkt 1 zu Recht der Vorwurf gemacht, die Rede aus Anlass dessen, was zu beschließen ist, über ein Thema, das damit viel­leicht in Zusammenhang steht, das aber gar nicht beschlossen wird, zu halten. Das Gleiche machen die Regierungsparteien bei diesem Tagesordnungspunkt, wenn sie ihre Pläne und Ankündigungen abfeiern, die heute aber gar nicht beschlossen werden sollen (Beifall bei der SPÖ), denn der Großteil der ominösen 28-Milliarden-Euro-Entlastung steht heute gar nicht auf der Tagesordnung.

Man muss dazusagen, diese 28 Milliarden Euro setzen sich ja zum Großteil nicht aus Mehrausgaben oder Mindereinnahmen zusammen, sondern aus nicht erfolgenden Ein­nahmensteigerungen. Das heißt, das ist ja nur eine Ableitung des Ganzen, und ich finde, das sollte man nicht vermischen. Man sollte sich nicht für Sachen abfeiern, die die Substanz nicht haben.

Die kalte Progression wird heute nicht abgeschafft, es wurde auch angekündigt, dass sie nur zu zwei Dritteln abgeschafft werden soll – das ist wieder eine österreichische Lösung, etwas möglichst kompliziert zu regeln, anstatt es einfach zu machen –, und sie soll auch gar nicht für heuer abgeschafft werden, sondern erst für nächstes Jahr.

Wenn man sich andere Punkte, die tatsächlich heute beschlossen werden und die teil­weise auch positiv sind, anschaut, dann merkt man aber, dass heute Entlastungen auch rückwirkend mit 1.1.2022 beschlossen werden sollen, was ja gut ist. Das ist zum Beispiel der Kindermehrbetrag, der rückwirkend mit 1.1.2022 erhöht wird. (Bundesrat Schennach: Trifft auch ... sozial Schwachen!) Es wird der Familienbonus Plus, was eine gute Sache ist, rückwirkend mit 1.1.2022 erhöht. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.) Deswegen ist es im Wesentlichen eine Ausrede, dass die kalte Progression nicht rückwirkend abge­schafft werden kann.

Es sind bei den Sachen, die wir heute beschließen, auch andere positive Sachen dabei, zum Beispiel die Erhöhung des Pensionistenabsetzbetrags, des Verkehrsabsetzbetrags, der nämlich einkommensabhängig und nicht für alle erhöht wird; genauso ist die bis 3 000 Euro steuerfreie in Anführungszeichen  „Teuerungsprämie“ ein positiver Punkt. Im Familienlastenausgleichsgesetz ist die Einmalzahlung ambivalent, da es nur eine Einmalzahlung ist. Grundsätzlich ist die Familienbeihilfe aber bisher zu gering und soll in Zukunft ja auch inflationsangepasst werden  das ist ein positiver Punkt.

Die Teuerungsprämie, also dieser Teuerungsausgleich, der in den Sozialver­sicherungs­gesetzen eingeführt werden soll, betrifft ja vorwiegend Personen mit Einkünften unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz, insofern ist das etwas sozial Treffsicheres. Also es geht ja, es muss nicht alles nach dem Gießkannenprinzip gemacht werden.

Ein großes Manko, das heute im ASVG beschlossen wird: Es werden zwar die Lohn­nebenkosten, was die Unfallversicherungsbeiträge betrifft, von 1,2 Prozent auf 1,1 Pro­zent gesenkt, es ginge aber noch mehr, weil die AUVA ja noch jahrelang, wenn nicht noch länger, Überschüsse hat. Das große Problem ist aber, dass gleichzeitig ein Pau­schalbetrag von 140 Millionen Euro von der AUVA zur ÖGK überwiesen wird. Das könnte man sich sparen, besser wäre eine Senkung der AUVA-Beiträge.

Das große Negativum, das unter TOP 2 und 3 beschlossen wird, sind der sogenannte Klimabonus und die Verschiebung der CO2-Bepreisung. Die CO2-Bepreisung soll um drei Monate verschoben werden, das bedeutet, dass die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung heuer ungefähr nur noch bei 250 Millionen Euro liegen werden. Gleichzeitig werden mit der Gießkanne unter dem Titel Klimabonus und Antiteuerungsbonus 500 Euro pro Person an alle ausgeschüttet.

Ich meine, es ist zwar gut, dass der Klimabonus jetzt nicht mehr danach differenziert wird, wo der ÖVP-Wähler-Anteil am höchsten ist, sondern dass er für alle Öster­reiche­rinnen und Österreicher gleich hoch sein soll. Allerdings werden durch die Entkopplung des CO2-Preises und der Einnahmen aus dem CO2-Preis die klimafreundlichen Wir­kungen dieses Klimabonus komplett konterkariert, also es werden heuer 4 Milliarden Euro  2,8 Milliarden Euro mehr als bisher  ausgeschüttet.

Das ist eine Transferzahlung an alle Österreicher, also auch an diejenigen, die nicht für die Wirkungen der Teuerungen kompensiert werden müssten. Es stehen tatsächlich weniger staatliche Mittel für Investitionsausgaben zur Verfügung, die man anstelle dieser mit der Gießkanne verteilten Mittel für Bildung, für grüne Infrastruktur, für Forschung investieren könnte, und das wären nämlich die Ausgaben, die Standort, Wirtschafts­standort und Wachstum sichern würden.

Die eigentliche Wirkung oder der eigentliche Effekt, der durch die CO2-Bepreisung und den Klimabonus geplant gewesen wäre, nämlich klimafreundliches Verhalten zu beloh­nen und klimafeindliches Verhalten zu bestrafen, wird jetzt überhaupt nicht mehr wirk­sam sein, den Konnex gibt es gar nicht mehr. Der noch größere Nachteil von solchen milliardenhohen Gießkannenzahlungen ist, dass sie Inflationsantreiber sind, insofern lehnen wir dieses Paket ab. Vielen Dank. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ.)

10.45

Vizepräsident Günther Novak: Bevor wir in der Debatte fortfahren, möchte ich auch von dieser Stelle aus unserer Präsidentin, Frau Mag. Schwarz-Fuchs, alles Gute zum Geburtstag wünschen, vor allem Gesundheit und Zufriedenheit. (Allgemeiner Beifall.)

Persönlich möchte ich von meiner und unserer Seite auch noch für die wertschätzende Zusammenarbeit während deiner Präsidentschaft danken.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich unser Bundesminister Dr. Magnus Brunner. Ich erteile ihm das Wort.