13.49

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Frau Minis­terin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe ZuseherInnen vor den Bildschirmen! Zu­allererst, weil es so aktuell ist: Das Europäische Parlament riet dem Europäischen Rat mittels Entschließung, die Ergebnisse der EU-Zukunftskonferenz, die auch Forderungen beinhalten, die auf eine Vertragsänderung hinauslaufen, in einem Konvent zu dis­kutieren. Bei seiner letzten Sitzung vor ein paar Tagen hat der Europäische Rat aber keine entsprechende Abstimmung durchgeführt. Das ist sehr schade, und wir wollen hoffen, dass eine solche für die EU wichtige Entscheidung mehr aufgeschoben denn aufgehoben ist. Die Arbeit der vielen EU-BürgerInnen, die sich engagiert haben, muss gewürdigt werden, denn BürgerInnenbeteiligung ist – wir haben das heute schon öfters gehört – eine wichtige Säule der Demokratie, was Mitbestimmung betrifft, und auch eine Bereicherung des Diskurses. Viele Leute – gut begleitet, wie das BürgerInnenforen verlangen – bilden einen immens reichen Pool an Ideen und Ressourcen. Das wird oft vergessen.

Sechs Staaten haben im Zuge dieser Konferenz solche BürgerInnenforen zur Zukunft Europas eingerichtet, Österreich leider nicht. Der Klimarat ist derzeit das erste und einzige BürgerInnenforum Österreichs, hat aber nichts mit der Konferenz zur Zukunft Europas zu tun.

Ich möchte gerne noch einmal ein bisschen erklären – was ich auch schon im Oktober getan habe –, was denn ein BürgerInnenforum ist und warum es für die Demokratie spannend ist. Es ist ein altes und recht lange vergessen gewesenes Instrument der direkten und unmittelbaren Demokratie und soll bestimmte Entscheidungen zu bestimm­ten Themen herbeiführen beziehungsweise entsprechende Maßnahmen vorschlagen.

In Irland scheint es zum üblichen Instrument geworden zu sein, mit dem die BürgerInnen zu wichtigen Entscheidungen in die Politik miteinbezogen werden. Derzeit sind dort zwei BürgerInnenräte tätig. Die Mitglieder dieser BürgerInnenräte oder -foren werden per Zufallsprinzip, aber repräsentativ für die verschiedenen Bevölkerungsgruppen, ausge­lost. Sie werden im gesamten Prozess durch ExpertInnen unterstützt und für die Zeit, die sie dafür aufwenden, bezahlt. Genau das ist ein wichtiger Umstand, um es auch denen, die es sich nicht leisten können, zu ermöglichen, daran teilzunehmen.

Das Spannende ist, dass jeder und jede Mitglied werden kann. Jeder und jedem wird zugetraut, verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen, und jede und jeder kann da­mit rechnen, ausgewählt zu werden. Genau das macht Politik dann für die Menschen plötzlich interessanter, denn es entscheiden nicht nur die da oben, sondern eben auch die da unten mit. Daher sind wir auch den TeilnehmerInnen der Konferenz verpflichtet, uns weiterhin für die Umsetzung ihrer Vorschläge einzusetzen, denn sonst verschwindet auch wieder die Motivation, sich an der Politik zu beteiligen.

Wenn auch ein wenig paternalistisch, da gebe ich meinen Vorrednern recht, und viel­leicht ein bisschen typisch für seine josephinische Tradition hat Österreich trotzdem viele Möglichkeiten zur Teilnahme geboten und es erfolgreich durchgeführt. Viele Öster­reiche­rinnen und Österreicher haben viele Vorschläge für die Zukunft Europas einge­bracht und Österreich war eines der Länder mit der größten Beteiligung.

Auch da ein kleiner Wermutstropfen – oder eigentlich gar kein so kleiner –: Insgesamt haben sich weit mehr Männer als Frauen beteiligt und in Österreich war das Verhältnis mit circa 8 : 1,2 besonders schlecht. Das zeichnete sich schon bei Beginn der Konferenz ab. Ich habe daher im Oktober letzten Jahres noch einmal darum gebeten, dazu aufzurufen, Frauen und auch junge Menschen – auch junge Menschen waren weit unterrepräsentiert – direkt anzusprechen, da mitzumachen. Deswegen war die Veran­staltung im Bundesrat auch so spannend: weil sie junge Menschen miteinbezogen hat.

Dieses Frauen-Männer-Ungleichgewicht zeigt sich nicht nur bei dieser politischen Be­teiligung, sondern im politischen Engagement ganz allgemein, aber zum Beispiel auch bei Wikipedia. Das ist ein ähnliches Beispiel, weil es auch da um Definitionsmacht geht. Es gibt viele Gründe dafür, aber die wichtigsten sind systemimmanent. Das geschieht natürlich immer noch aus einer patriarchalen Gesellschaft heraus, die sich leider nicht so schnell aus unseren Köpfen und Handlungsmustern vertreiben lässt, sei es die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau, wobei die Hauptlast der Care-Arbeit bei den Frauen liegt, sei es aber eben auch das Ernstnehmen oder Nichternstnehmen von Frauen oder das Mansplaining. Das hat alles Auswirkungen auf die Mitsprache von Frauen.

In Österreich zeigt sich bei der Teilnahme auch noch verstärkt, dass Menschen mit niedrigem Bildungsgrad überproportional wenig teilhaben. Da braucht es trotz sozialer Bildungspolitik immer noch einen scharfen Blick und unermüdliche Anstrengungen, damit Demokratie nicht vorwiegend – ich habe das schon öfters gesagt – ein Privileg der alten weißen Männer bleibt.

Klimaschutz, die Stärkung der Klima- und Nachhaltigkeitskompetenz sowie Demokratie im Sinne von Transparenz und Korruptionsbekämpfung – auch das haben wir schon gehört – waren die wichtigsten und meistgenannten Themen. Das erinnert mich stark an den Slogan: Saubere Umwelt, saubere Politik. Halten wir uns daran! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

13.55

Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Frau Bundesministerin Edtstadler hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.