9.33
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute dieses Thema gewählt, weil wir in dieser Woche auf nationaler Ebene die letzten Verhandlungen für den letzten Baustein für die GAP-Anwendungsverordnung abschließen konnten. Das heißt, in den nächsten Tagen wird diese Verordnung kundgemacht, und damit sind die letzten Details geregelt, damit wir in Österreich erfolgreich mit der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik starten können.
Ich möchte heute noch einmal die Gelegenheit nützen, um in drei Bereichen den Verhandlungsverlauf, die inhaltlichen Schwerpunkte und die Regionen, also die wichtigsten Punkte der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik, anzusprechen.
Wir haben es gehört, gestartet hat das Ganze im Jahr 2018 mit einem Vorschlag der Kommission. Budgetär hätte es über die Periode gerechnet ein Minus von 770 Millionen Euro bedeutet, also ein riesiges Minus. Es ist mit der gebündelten Kraft der Bundesregierung gelungen, dieses Minus auszugleichen und in ein Plus umzuwandeln. Am Ende haben wir 35 Millionen Euro zusätzlich an EU-Geldern erhalten. Insgesamt haben wir derzeit eine Vorlage der GAP, die ein Volumen von 1,8 Milliarden Euro pro Jahr hat. Finanziell haben wir also alles, was auf nationaler Ebene möglich war, herausgeholt, herausverhandelt, um die Bäuerinnen und Bauern in den nächsten Jahren bestmöglich finanziell zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
2019 gab es einen Wechsel in der Kommission. Die neue Kommission ist mit dem politischen Programm des Green Deal angetreten, also der Zielsetzung, bis 2050 als erster Kontinent auf der Welt klimaneutral zu sein. Im Landwirtschaftsbereich, im Lebensmittelbereich wurde die sogenannte Farm-to-Fork-Strategie vorgestellt und diskutiert, die die Zielsetzung mehr Klimafreundlichkeit, weniger Einsatz von Betriebsmitteln, Düngemitteln, mehr saubere Produktion im Bereich der Lebensmittelproduktion hat. Das hat natürlich auch die Verhandlungen insofern beeinflusst, als der Level für mehr Klimaschutz, mehr Artenschutz angehoben worden ist und natürlich in die Verhandlungen Einzug gehalten hat. Das heißt, wir haben jetzt eine Reform, die neue Standards im Bereich Klima- und Artenschutz, im Bereich Umweltschutz, im Bereich Tierwohl setzt.
Für uns war allerdings immer wichtig, dass wir den österreichischen Weg einer ökosozialen Agrarpolitik fortsetzen können. Das gelingt uns. Wir können auf dem alten Programm im Sinne einer Evolution und nicht einer Revolution aufbauen. Das ist jetzt auch ganz entscheidend in der Umsetzung und in der Frage, wie wir die neuen Programme den Bäuerinnen und Bauern erklären können, wie wir sie davon überzeugen können, dass der Weg, den wir eingeschlagen haben, auch ein guter ist.
Die Verhandlungen sind auf europäischer Ebene und auch auf nationaler Ebene sehr intensiv gewesen. Wir haben sehr intensiv mit dem Koalitionspartner verhandelt, aber es ist am Ende gelungen, den GAP-Strategieplan fristgerecht Ende 2021 einzureichen. Wir haben ihn Mitte des Jahres zurückbekommen. Dann hat es wieder intensive Verhandlungen gegeben, und schließlich ist der Abschluss gelungen. Frau Kollegin Wolff hat es schon gesagt: Am 13. September gab es die Bestätigung der Europäischen Kommission für den GAP-Strategieplan. Damit sind wir nun unter den ersten neun Ländern, die diese Genehmigung erhalten haben. Das heißt, wir sind auch absolut im Zeitplan. Es war uns immer wichtig, dass wir fristgerecht, zeitgerecht für Stabilität und für Planungssicherheit für die Bäuerinnen und Bauern sorgen können.
Ich komme zu den wesentlichen Inhalten der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik. Das Motto ist: Mehr Leistung wird gefordert. Dadurch war natürlich auch mehr Budget notwendig. Wir wollen immer – das war die Zielsetzung – eine nachhaltig produzierende Landwirtschaft. Es geht um Lebensmittelproduktion, um Lebensmittelversorgungssicherheit, vor allem in Zeiten der Krise. Das Thema Lebensmittelversorgungssicherheit ist insbesondere durch die Pandemie und den Krieg in der Ukraine wieder in den Fokus gerückt. Deswegen ist für uns absolut klar gewesen, das steht im Zentrum. Am Ende des Tages geht es darum, den Konsumentinnen und Konsumenten tagtäglich qualitativ hochwertige Lebensmittel zur Verfügung zu stellen. Dazu auch einmal von meiner Seite ein großes Danke an die Bäuerinnen und Bauern, denn diese sorgen tagtäglich dafür, dass das wirklich zustande kommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
Das neue Öpul wird 52 Prozent der Mittel für klimabezogene Maßnahmen, für mehr Arten- und Klimaschutz zur Verfügung stellen. Zum Artenschutz, zur Biodiversitätsfläche – nur damit man einmal die Zahlen hört –: Es gibt eine Erhöhung des Niveaus im Bereich der ersten Säule von 3 auf 4 Prozent, was die brachen Flächen betrifft, und im Bereich des Öpul, beim Umweltprogramm, eine Erhöhung des Anteils der Biodiversitätsflächen von 5 auf 7 Prozent. Wenn wir das für ganz Österreich anschauen, bedeutet das insgesamt eine Ausweitung der Fläche für Biodiversität, für Brache, für Naturschutz von 150 000 Hektar auf 230 000 Hektar, also einen enormen Anstieg. Es ist auch völlig klar, warum dieser Anstieg auch mehr Leistung und mehr Geld braucht. Es war uns wichtig, dass wir das dafür sichern können.
Im Bereich Tierwohl, im Bereich Behirtung und Alpung steht im Öpul ein Volumen von 80 Millionen Euro zur Verfügung, und für Tierwohlmaßnahmen, die über den gesetzlichen Standard hinausgehen, werden auch 20 Millionen Euro jährlich zur Verfügung gestellt.
Der Biobereich ist von der Kollegin angesprochen worden, ich wiederhole es jetzt nicht. Insgesamt stehen für den gesamten Biobereich 550 Millionen Euro Öpul-Investitionsförderung zur Verfügung. Das Ziel ist auch klar, den Biobereich weiter zu stärken. Das steht auch im Regierungsprogramm: Ausbau auf 30 Prozent marktkonform weiterentwickeln. – Dabei sind wir gut unterwegs, und die finanzielle Ausstattung ist da, damit wir diesen Weg auch erfolgreich beschreiten können. Insgesamt stehen im Öpul, wie Kollegin Wolff schon angesprochen hat, 574 Millionen Euro zur Verfügung.
Das Bergbauernprogramm möchte ich als jemand, der aus Tirol kommt, auch ansprechen. Da gibt es insgesamt 250 Millionen Euro plus 5 Millionen Euro, die draufgelegt worden sind, und es gibt eine stärkere Unterstützung der ersten 20 Hektar, um insbesondere der vergleichsweise kleinstrukturierten Landwirtschaft in den Berggebieten besser zu helfen.
Die Investitionsförderung muss ich ansprechen. Da sind all die Maßnahmen zum Ausbau der Stallungen drinnen, um die Stallungen tierwohlfreundlicher zu machen. 120 Millionen Euro stehen da jährlich zur Verfügung, also für die Periode insgesamt 600 Millionen Euro. Da ist einiges, was wir erledigen möchten und auch erledigen müssen, und da braucht es Unterstützung. Jeder Euro in die neue GAP ist eine Investition in die Ernährungssicherheit für Österreich.
Ich komme zu den Regionen. Für Leader stehen wieder 42 Millionen Euro zur Verfügung. Das ist ein Plus von 6,5 Millionen Euro. Da sind Maßnahmen drinnen wie die Stärkung der Dorfkerne, für die ländlichen Innovationssysteme, aber beispielsweise auch zur Unterstützung des Ausbaus erneuerbarer Energie.
65 Millionen Euro stehen in der Periode für soziale Angelegenheiten zur Verfügung. Da geht es um Themen wie Kinderbetreuungsausbau oder Pflegezentren.
Uns geht es darum, den ländlichen Raum insgesamt attraktiv zu halten. Wir sind da im Vergleich zu anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union sehr gut aufgestellt. Das Wachstum in den ländlichen Regionen ist da, auch dank dieser Programme, das muss man immer wieder betonen. Wenn bei den Bauern investiert wird, wenn in die Lebensmittelwirtschaft investiert wird, dann schafft das Arbeitsplätze, es stärkt den ländlichen Raum und auch das Wachstum im ländlichen Raum.
Ich komme zum Schluss. Die GAP ist ein Zukunftsprogramm, denn damit wird in der Land- und Forstwirtschaft die Basis für die Erreichung der Klimaziele gelegt. Wir müssen auch über die Land- und Forstwirtschaft einen Beitrag leisten. Die GAP schafft dafür eine wichtige Basis. Mit den Programmen und der finanziellen Ausstattung sind wir sicher, wir können den Bäuerinnen und Bauern ein attraktives Angebot vorlegen, damit sie mitmachen. Das ist auch unsere nächste Aufgabe: Wir werden in die Regionen hinausfahren, intensiv diskutieren, informieren, überzeugen, dass es Sinn macht, teilzunehmen, denn wir wollen wieder eines erreichen: eine sehr hohe Teilnahmerate. Derzeit beträgt die Teilnahmerate beim Öpul 80 Prozent. Wir wollen das auch in Zukunft sicherstellen.
Ich möchte mich beim Koalitionspartner für die gute Zusammenarbeit bedanken. Insbesondere danke ich auch unseren Agrarsprechern im Nationalrat, Olga Voglauer und Georg Strasser, die da sehr, sehr wertvolle, gute und konstruktive Arbeit geleistet haben. Ohne die beiden wäre das sicherlich nicht in dieser Form möglich gewesen.
In Zeiten der Krise gilt es, Gräben zu überwinden und tragfähige Perspektiven für die Gesellschaft zu schaffen. Ich bitte um Ihre Unterstützung und bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
9.42
Präsidentin Korinna Schumann: Ich danke dem Herrn Bundesminister.
Ich darf ganz herzlich die Schüler und auch die Pädagoginnen und Pädagogen der Wiener Berufsschule Apollogasse bei uns im Bundesrat begrüßen. – Schön, dass Sie da sind! (Allgemeiner Beifall.)
Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer:innen an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht überschreiten darf.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Tiefnig. Ich erteile ihm dieses.