19.18
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich bin auch gegen das Aufstellen von Zelten für Schutzsuchende. (Bundesrat Kovacs: Sehr gut! Das muss man aber auch einmal sagen!) Das ist eine menschenunwürdige (Bundesrat Schennach: Aber ihr seid ja in der Regierung!) – ich habe ja noch nicht fertiggeredet gehabt – Unterbringung für Menschen auf der Flucht. Der Bürgermeister von Sankt Georgen im Attergau, das ist übrigens meine Nachbargemeinde, bezeichnet die Zelte als dümmste Form der Unterbringung. Das ist natürlich ein eingängiger Satz, den kann sich jeder merken, der wird von den Medien aufgegriffen, wie auch die Zelte ein Zeichen sind, um auf die missliche Unterbringungssituation hinzuweisen. Aber ganz im Gegensatz zu den Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ sehe ich aufgrund der Antragszahlen keine Asylkrise. (Widerspruch bei der FPÖ.)
56 149 Asylanträge werden in der FPÖ-Anfrage genannt. Bitte, und ich halte das schon für wichtig, diese Zahl zu differenzieren. In dieser Zahl sind viele Arten von abzuführenden Verfahren subsumiert, und – das sollte man wissen – es führt nicht jeder Asylantrag zur Notwendigkeit einer Grundversorgungsleistung. Zum Beispiel finden wir in dieser Zahl auch nachgeborene Kinder, Kinder von Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten, sämtliche Dublin-Verfahren und auch Menschen aus der Ukraine, die nicht unter den Vertriebenenstatus fallen. Da gibt es nämlich auch welche. (Bundesrat Steiner: Keine Macht den Drogen!)
Ich würde jetzt sehr gerne einmal ausführlich erklären, wie ein Asylverfahren abläuft, welche strengen Kriterien bei der Schutzgewährung angewendet werden, und auch die Perspektive von Schutzsuchenden, insbesondere von vulnerablen Personengruppen, beleuchten, aber das würde hier jetzt erstens einmal den Rahmen sprengen und vermutlich würden genau die Kolleg:innen hier im Saal, die dieses Wissen dringend benötigen würden, sowieso wieder nicht zuhören und in bekannter Populistenmanier auf dem Rücken der Schutzsuchenden weiter Drama und Krise beschwören, um so politisches Kleingeld zu machen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Ich kann das an einem ganz einfachen Beispiel aus Ihren Ausführungen, Herr Kollege Spanring, belegen. Sie haben von Erstantragstellungen gesprochen. Die beziehen sich aber nicht auf das - - (Bundesrat Spanring: Zusammen mit der ÖVP habt ihr das zu verantworten! Die Antwort von Edtstadler habt ihr mitzuverantworten! Das ist Ihre Politik! – Bundesrat Steiner: Keine Macht den Drogen, Frau Kollegin!) – Danke, wenn ich weiterreden darf. Total freundlich und lieb, dass ich weiterreden darf. – Diese Erstantragstellungen beziehen sich nicht auf Erstanträge in Europa, in Österreich, sondern das ist ein erster Antrag in Österreich im Gegensatz zu einem Folgeantrag. Und da sollte man schon Wissen mitbringen, wenn man hier vorne am Rednerpult steht und poltert.
Genau dasselbe habe ich auch in der Dringlichen Anfrage gesehen, die gestellt worden ist. (Bundesrat Spanring: Und warum werden sie von der ÖVP so gebracht?) Wäre Wissen vorhanden gewesen, hätte man sich doppelte Fragen erspart.
Ja, und es ist tatsächlich so: Europa und Österreich befinden sich aufgrund von kriegerischen Handlungen Putins vor maximalen Herausforderungen. Auch in Syrien hat Putin nämlich seine Hände im Spiel, und auch von dort fliehen die Menschen, um dem Tod zu entkommen. Und wenn wir uns die derzeit große Asylantragszahl von Menschen aus Indien, Marokko, Libyen und so weiter ansehen, dann sind wir auch sofort wieder bei Putin, der die Strategie einer hybriden Kriegsführung nutzt und so weiter versucht, Europa zu destabilisieren. Nicht von ungefähr verbreitet die Wagnereinheit in der Ukraine Angst und Schrecken, und sie sind es auch, die in Libyen die Menschen ins Mittelmeer treiben. So soll Europa geschwächt werden. Verhindern wir, dass dieser Plan aufgeht, aber mit den richtigen Mitteln! (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Und glauben Sie mir eines, und das kann ich aus meiner jahrzehntelangen Erfahrung in diesem Bereich sagen: Niemand verlässt seine Heimat ohne Grund. (Bundesrat Spanring: Das hat ja auch niemand gesagt! Aber es ist die Aufgabe eines Staates, sein eigenes Volk zu schützen! Sonst kann die ganze Welt hierherkommen! Das versteht ihr nicht!) Es ist vielleicht ohnehin auch ganz gut, dass wir hier im Bundesrat über die Unterbringung von Flüchtlingen diskutieren, denn es sind die Länder, die gefordert sind, die 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zur Unterbringung von Schutzsuchenden zu erfüllen. Allein Wien und das Burgenland erfüllen die Quote, und dafür möchte ich mich an dieser Stelle wirklich sehr herzlich bei den beiden Bundesländern bedanken. Würden alle Länder ihre Quote erfüllen, dann gäbe es keine Zelte. Allein in Oberösterreich, mit FPÖ-Regierungsbeteiligung übrigens, fehlen an die 4 000 Quartierplätze. (Bundesrat Steiner: Grenzen sichern, Grenzen dichtmachen! Dann brauchst du null Quartiere!)
Gäbe es allein diese, und da rede ich noch gar nicht von den anderen säumigen Bundesländern, wären die Bundesbetreuungseinrichtungen sofort entlastet. (Bundesrat Steiner: Grenzen zu, null Quartiere!) Und diese Quartierplätze wären durchaus zu organisieren. (Bundesrat Steiner: Nein!) Das hat im Jahr 2015 übrigens der damals zuständige Landesrat Anschober sehr eindrücklich gezeigt. (Bundesrat Steiner: No way!) Aber was wurde aus genau diesen Unterkünften, die es ja schon gab? – Sie wurden geschlossen, Mitarbeiter:innen wurden entlassen, Strukturen sind aufgelöst worden. (Beifall bei Bundesrät:innen der FPÖ. – Bundesrat Steiner: Bravo!) Und warum? – Weil es seitens Bund und Land nicht die Bereitschaft gab, so etwas wie eine Strukturerhaltungspauschale zu gewähren, und nun muss eben alles wieder neu errichtet werden. Und on top, da rede ich natürlich jetzt wieder von Oberösterreich: Bis heute – bis heute!°– wurde die im Frühjahr vom Bund beschlossene Tagsatzerhöhung in Oberösterreich noch nicht an die Quartiergeber:innen weitergegeben. (Unruhe im Saal.)
Präsidentin Korinna Schumann (das Glockenzeichen gebend): Dürfte ich um ein bisschen Ruhe im Saal ersuchen. – Danke.
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (fortsetzend): So kann das nicht funktionieren. Aber die Abhilfe ist auf alle Fälle nicht, einen Asylstopp zu fordern. (Bundesrat Schennach: Also wer ist jetzt schuld? Die Landesregierung oder der Bund?) – Ich habe es gerade gesagt. (Die Bundesrät:innen Grimling und Schennach: Nein!) Es ist ein Zusammenspiel. Wenn die Länder oder das Land Oberösterreich nicht bereit sind, das, was der Bund zur Verfügung stellt, umzusetzen - - (Bundesrat Schennach: Hat der Bund überwiesen?) – Natürlich, das Geld gibt es vom Bund. (Bundesrat Schennach: Also ist es die Landesregierung?) Andere Bundesländer wie zum Beispiel Tirol setzen es schon um. Also es würde grundsätzlich funktionieren.
Ich komme zum Ende. Ich merke schon, die Aufmerksamkeit ist nicht besonders hoch. (Bundesrat Schennach: Entschuldige! Ich habe jetzt meine Aufmerksamkeit unter Beweis gestellt!) – Ich habe ja deine Frage auch beantwortet. – Wir müssen in Europa zusammenstehen, zusammenhalten und brauchen völkerrechts- und verfassungskonforme Lösungsansätze zur Bewältigung der derzeitigen Herausforderungen. Und vor allem müssen wir jetzt bitte alles tun, um Kriege und Krisen zu stoppen, denn erst dann werden die Menschen nicht mehr fliehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Zwazl.)
19.26
Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Steiner-Wieser. – Bitte, Frau Bundesrätin.