10.06

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Liebe Gäste hier und vor den Bildschirmen! Ich möchte auch auf ein paar mit dem Budget im Zusammenhang stehende Gesetzesänderungen genauer eingehen, und zwar auf solche, die richtungsweisend und andererseits auch wichtige Antworten auf den aktuellen Bedarf in der Klima-, Energie- und Kosten­krise sind.

Ich beginne gleich bei den Kosten, und zwar bei der Verdoppelung der Geldmittel für das kommunale Investitionsprogramm 2023, das sogenannte Gemeindepaket drei.

Krisen haben es an sich, dass Investitionen zurückgefahren werden. Aber nicht nur das, die hohen Energiepreise, wir wissen es, und damit die inflationsbe­dingt gestiegenen Kosten knabbern an den Gemeindefinanzen, wir haben es von Frau Lancaster auch schon gehört.

Daher und genau daher – das wissen wir, das beobachtet die Regierung, und sie tut etwas – wurde, wie schon die letzten Male angekündigt, ein drittes Ge­meindepaket geschnürt und auch gleich aufgestockt. Das zeigt genau – ganz im Gegensatz zu dem, was die SPÖ immer behauptet –, dass diese Ankündi­gungen eingehalten werden. (Ruf bei der SPÖ: Du verstehst es nicht!) Was bedeu­tet das? – Das bedeutet, dass man Vertrauen in das, was die Regierung macht und ankündigt, setzen kann. Wenn Sie das ein wenig unterstützen wür­den, gäbe es auch nicht so viel Unsicherheit in diesem Land. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Mehr als 1 Milliarde Euro wird für die Gemeinden zusätzlich in den nächsten Jahren für Investitionen bereitgestellt (Bundesrat Reisinger: Null Ahnung von Kommunen, null Ahnung!), 500 Millionen Euro davon für grüne Maßnahmen, das heißt, mit dem Fokus auf die Energiewende und für erneuerbare Energie und Energieeffizienzmaßnahmen. Weitere 500 Millionen Euro orientieren sich am kommunalen Investitionspaket 2020. Das kennen wir schon, da geht es um die Infrastruktur der Gemeinden. Die Mittel können für den Bau und die Sa­nierung von Kindergärten, Schulen, Altenpflegeeinrichtungen, für die Attraktivierung von Ortskernen, den Bau von Fuß- und Radwegen, für den öf­fentlichen Verkehr, die E-Mobilität, Investitionen in die Kreislaufwirtschaft und schließlich  etwas Kleines, aber doch auch Wichtiges  für mehr Kinderbe­treuungsplätze in den Sommerferien verwendet werden.

Das Letzte erwähne ich deswegen, wir haben es auch gestern gehört, weil die Investition in Kinderbetreuungsplätze Auswirkungen auf die Familien­jahresplanung und damit auch auf die Entscheidung von  meistens  Frauen hat, ob sie Voll- oder Teilzeit arbeiten, und das ist extrem wichtig. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Diese Investitionen in Kinderbetreuungsplätze wurden auch schon mit den kommunalen Investitionsprogrammen 2017 und 2020 gefördert. Einmal wurden 50 Prozent dafür in Anspruch genommen, also beim KIP 2017, und einmal 30. Beim KIP 2020 flossen auch mehr als 25 Prozent der Zuschüsse in ökologi­sche Maßnahmen.

Im Gegensatz zu dem, was Frau Lancaster gesagt hat, werden strukturschwache Gemeinden und die Liquidität dort sehr wohl unterstützt – auch mit dem KIP 2020. Alles, was nicht in Anspruch genommen wurde – das wurde uns im Ausschuss auch gesagt –, fließt diesen strukturschwachen Gemeinden zu, und das sind derzeit 40 Millionen Euro. (Bundesrat Reisinger: In ganz Österreich 40 Millionen!)

Ja, das ist aber nicht das Ende der Geschichte. Sie wissen, es kommt auch noch mehr: einige Milliarden Euro, die für - ‑ (Bundesrat Steiner: Wann? Wann? Wann? – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Warten Sie ein bisschen, ein bisschen Ge­duld! Sie verlangen auch immer ein bisschen Geduld, Herr Steiner. Hören Sie zu und warten Sie ein bisschen! (Zwischenruf der Bundesrätin Gruber-Pruner.)

Einige Milliarden Euro werden nun für die Gemeindeinvestitionen ausgegeben. Das war 2017 und 2020 und ist auch in Zukunft gesehen ein sinnvoller und eben zukunftsgerichteter Boost für die lokale Wirtschaft, für unsere Jugend, für die Senior:innen, für die Familien und für die Energiewende.

Mit dem KIP 2023 werden auch Energieausgaben gemeinnütziger Organisationen unterstützt. 5 Prozent der Zuschüsse, also 50 Millionen Euro, können die Gemeinden für gemeinnützige Vereine, also für deren Energieausgaben, ausgeben.

Da möchte ich ganz kurz – auch weil es im Antrag angeführt wurde – etwas zur ehrenamtlichen Arbeit sagen, also zu eben dem, was jetzt auch hinsichtlich der Energieausgaben unterstützt wird: Ehrenamtliche sind extrem wichtig und ein sozialer Pfeiler im Gemeindeleben. Mit ihnen werden Zusammenhalt und Integration gefördert. Gerade in schwierigen Zeiten gibt Vereinsarbeit Halt, wenn man gemeinsam arbeitet, wenn man sich gemeinsam und gegenseitig unterstützt, aber auch wenn man ab und zu feiert.

Weitere 75 Millionen Euro – jetzt geht es auch um das, was wir zuerst gesagt haben – werden als Bedarfszuweisung den Gemeinden zur Verfügung gestellt, eben wenn sie struktur- oder finanzschwach sind oder wenn es um Härtefälle geht. Es wird also sehr wohl darauf Bedacht genommen.

Wichtig ist auch die Zeit der Durchführung und der Antragstellung beim KIP 2023. Die Anträge können bis 2024, also volle zwei Jahre, gestellt werden, und die Durchführung hat vier Jahre, bis 2026, Zeit. Das ist genügend Zeit, um auch den Bedarf zu eruieren, um zu planen, zu budgetieren, zu beschließen und auch die Aufträge zu vergeben. Ich hoffe, das ist auch für Wien – weil das immer wieder moniert wird – genügend Planungssicherheit.

Wie für die vorangegangenen wird es auch für das KIP 2023 eine Evaluierung geben, wie der Einsatz und die Auswirkungen der Investitionen sein werden. Die vorherigen Zuschüsse haben nachweislich Investitionen angeregt – und so wird es auch weiterhin sein.

Sie sind im Gegensatz zu dem, was Kollegin Lancaster von der SPÖ vorhin gesagt hat, sehr wohl sichtbar und greifbar für die Menschen vor Ort. Sie beeinflussen ihr Leben und sie beeinflussen ihr Lebenswohlgefühl. Wenn sie klug und gemein­schaftsstärkend investiert werden, haben diese Geldmittel ein enormes Poten­zial, den Ort zu gestalten, dass er attraktiver wird, dass er lebendiger wird und dass aus diesen Schlafstädten, wie sie leider jetzt manchmal schon benannt werden müssen, wieder Lebensräume werden.

Ansässige Firmen werden beauftragt. Damit wird die lokale Wirtschaft belebt, und es werden Arbeitsplätze vor Ort gesichert und geschaffen. Das ist ein wichtiger Effekt.

Mehr Arbeitsplätze vor Ort haben auch den Nebeneffekt – einen hoffentlich guten Nebeneffekt –, dass Wohn- und Arbeitsort nicht mehr Hunderte Ki­lometer voneinander entfernt liegen müssen und aufwendiges Pendeln, das Zeit und Geld kostet und vor allem das Klima belastet, vermieden werden kann.

Arbeiten und mehr Kinderbetreuung vor Ort haben das Potenzial, das Fami­lienmanagement zu verbessern und gerechter zu gestalten und die Gleichberechtigung hoffentlich ein Stückchen voranzutreiben. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Vor allem aber können die Gemeinden – und das ist uns Grünen natürlich wichtig – mit den Zuschüssen klimaschützende Maßnahmen setzen: 500 Mil­lionen Euro für grüne Maßnahmen. Das ist wichtig und dringlicher denn je.

Ich freue mich auch schon auf die klimaschützenden Maßnahmen und Investitionen in Wien, die gleichzeitig auch immer soziale Verbesserungen für Menschen mit wenig Einkommen sind. (Zwischenruf des Bundesrates Schen­nach.) Wenn Wien will, bekommt es knapp ein Viertel der Förderungen. Das sind 250 Millionen Euro. Damit kann es Kinderbetreuungsplätze und Schulen ausbauen. Es kann in Fotovoltaik und Geothermie investieren. (Bundesrat Schennach: Man kann alles! Alles!) Es kann Flächen entsiegeln, Radwege bauen, den öffentlichen Verkehr stärken und die Fußgänger:inneninfrastruktur verbessern. (Bundesrat Reisinger: Da geht noch viel mehr! – Bundesrat Schen­nach: Na, da geht noch mehr!)

Ja, Sie können es sich aussuchen, was Sie machen, denn das sind alles Maßnahmen für mehr Gleichberechtigung im weitesten Sinn. Frauen nützen auch den öffentlichen Verkehr mehr, fahren weniger mit dem Auto. Natürlich sind das auch Maßnahmen für mehr Klimaschutz.

Damit komme ich ganz kurz – mein Kollege Gross wird es genauer ausführen – zum Umweltförderungsgesetz. Noch nie gab es so viel Geld für Umwelt- und Klimaschutzförderung in der Wirtschaft und Industrie wie jetzt: 5 Milliarden Euro. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Diese 5 Milliarden Euro sind auch mehr als notwendig, denn wenn wir so weitermachen, ist unser CO2-Budget schon 2025, in drei Jahren, ausgeschöpft, obwohl wir seit 50 Jahren wissen, dass es die Klimakrise geben wird. Wir haben sie aber noch nie so ernst genommen wie jetzt mit grüner Regierungsbe­teiligung.

Der Staat gibt mit diesen 5 Milliarden Euro den Anstoß, die Energiewende in Wirtschaft und Industrie gesichert bis 2030 umzusetzen. Damit erhalten wir Arbeitsplätze und den Industriestandort. (Bundesrat Spanring: Da werden die Unternehmen florieren ...!)

Nun aber zu einem ganz anderen Thema – ich freue mich, dass die Frau Ministe­rin für Landesverteidigung da ist –: zur Erhöhung des Landesverteidigungs­budgets. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Auch das Budget für die Lan­desverteidigung wird um circa 5 Milliarden Euro, verteilt bis 2026, erhöht. Die entscheidende Frage dabei ist aber, wofür das Geld ausgegeben wird, denn das muss sorgfältig abgewogen werden und es darf keinesfalls unüberlegt in ineffiziente Strukturen fließen. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Kriegstreiberei!) Vielmehr ist es sinnvoll, gezielt in besondere Bereiche zu investieren, wie zum Beispiel in das Milizsystem oder wie schon angekündigt in die Resilienz der Streitkräfte, in Nachhaltigkeit, in Energieunabhängigkeit oder in die Vorbe­reitung – wir haben es in den letzten Tagen gehört – auf Großkatastrophen.

Um für Sicherheit und für Frieden zu sorgen, muss aber jedenfalls klar sein, dass der Einsatz des bewaffneten Militärs das letztmögliche Mittel ist. Als aktiv neutrales Land muss sich Österreich vor allem auf anderen Wegen bemühen, Si­cherheit und Frieden aufrechtzuerhalten, zum Beispiel durch Vermitt­lungsbemühungen, durch alternative Sicherheitskonzepte, durch Katastrophen­schutz, Cybersicherheit, Aufklärung im Bereich Desinformation, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit.

Aktive Friedenspolitik ist der Auftrag eines neutralen Staates. Dazu bedarf es auch einer guten Zusammenarbeit von Landesverteidigungs-, Innen- und Außenministerium mit genügend Ressourcen.

Im Zusammenhang mit der aktiven Friedenspolitik freue ich mich, dass der 2020 gegründete Zivile Friedensdienst, in dessen Rahmen Friedensfachkräfte zur Gewaltprävention und Friedensförderung in Krisengebiete geschickt werden, nun mit einem Pilotprojekt im Libanon startet, denn es ist nicht die militäri­sche Stärke, sondern es sind die friedenssichernden Maßnahmen auf allen poli­tischen Ebenen und in allen Institutionen, die für unser aller Sicherheit sorgen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Gestatten Sie mir abschließend noch ein paar Worte zur budgetären Unterstützung von Menschen mit Behinderung! Vor circa 30 Jahren gab es ein Werbeplakat mit einem Menschen im Rollstuhl, auf dem stand: Es kann jedem passieren. Ein einziger Satz drückte damals sehr perfekt aus, dass wir alle betroffen sind, wenn es um Behinderung geht. Das Verrückte und das eigent­lich Unmenschliche dabei ist aber: Wir schließen Menschen mit Behinderung aus dem gesellschaftlichen Leben und im Endeffekt aus unserer Gemeinschaft aus. Wir wenden dieselben Ausschlussmechanismen an wie bei Menschen mit Migra­tionshintergrund – nur oft mit einem mitleidigen Blick –, aber wir vergessen dabei immer, dass wir auch selbst betroffen sein können.

Gesellschaftlich ausgeschlossen zu sein ist eine der größten Strafen für dieses soziale Wesen Mensch. Daher dürfen wir es weder bei Menschen mit Behinderung noch bei anderen Menschen tun. Daher werden für 2023 und 2024 160 Millionen Euro für die Verbesserung der gesamtgesellschaftlichen und der beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung zur Verfügung gestellt. Das ist gut und das ist sehr wichtig. (Beifall bei den Grünen und bei Bundes­rät:innen der ÖVP.)

Diese Entlastungs- und Transformationspakete für Personen, Haushalte, Un­ternehmen und Gemeinden mit vielen, vielen Milliarden Euro für den Klimaschutz antworten auf die Energie- und die Klimakrise. Sie leiten die drin­gend notwendige Transformation ein und können eine Richtung zu einer inklusiven und gerechten sowie sozialen und ökologischen Zukunft vorgeben.

Diese Richtung sollten wir beibehalten und weiterhin dafür arbeiten. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

10.20

Präsidentin Korinna Schumann: Wir begrüßen Herrn Staatssekretär Tursky im Bundesrat. – Herzlich willkommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrat Spanring – erheitert –: Auch schon gekommen, oder was?)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Arlamovsky. – Bitte, Herr Bundesrat.