15.29
Bundesrat Dr. Manfred Mertel (SPÖ, Kärnten): Sehr geschätzte Frau Vizepräsidentin Göll! Gestatten Sie mir, dass ich als Kärntner zuerst meiner Bundesratspräsidentin Claudia Arpa alles Gute wünsche: Du hast das bis jetzt sehr, sehr gut gemacht, und wir als Kärntner freuen uns, dass du uns weiterhin mit deiner Eloquenz begeistern wirst! (Bundesrat Buchmann: Du bist ein junger Charmeur!) Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte – von mir als Demokrat sehr geschätzte – Fraktionsvorsitzende! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause beziehungsweise hier im Bundesratssaal!
Ich darf erstmals, Herr Bundesminister, zu einem Gesundheitsthema sprechen und möchte daher auch die Gelegenheit wahrnehmen, als Mitglied der älteren Generation den Tausenden Mitmenschen, die im Gesundheits- und Krankenpflegebereich tätig sind, recht herzlich dafür zu danken, dass sie uns in den letzten Jahren und Monaten so zur Seite gestanden sind. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der FPÖ.)
Ich konnte selbst erleben, dass die Gesundheit, die Bildung und auch die soziale Sicherheit für meine Persönlichkeitsentwicklung ganz besondere Faktoren waren. In diesem Zusammenhang ist es mir heute wichtig, in meiner Rede einen sehr anerkannten Mediziner und gleichzeitig auch den Fraktionschef der ÖVP hier im Hause, Herrn Dr. Kornhäusl, anzusprechen. Da wir davon ausgehen, dass Gesundheit etwas Wichtiges ist, möchte ich mit zwei Geschichten beginnen, die ich selbst erlebt habe.
Als ich mit 19 Jahren in Graz in einem Studentenheim wohnhaft war, konnte ich ein Gespräch von zwei Medizinstudenten wahrnehmen, wobei der eine, der aus Oberösterreich kam, gesagt hat: Eigentlich wäre ich lieber Bauingenieur, aber meine Eltern wollen, dass ich in der dritten Generation die Ordination übernehme! Im Gegensatz dazu gab es einen Kärntner, der mit großer Leidenschaft den Medizinberuf anstrebte und letztendlich auch ein erfolgreicher Mediziner geworden ist. Damals habe ich mich gefragt: Wer von den beiden könnte eigentlich für mich der bessere Mediziner sein? Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass man für einen medizinischen Beruf immer eine große Leidenschaft haben muss.
Dieser Gedankengang verfolgte mich dann wenig später, Herr Dr. Kornhäusl, als ich in der Mannschaft des GAK in der Bundesliga spielte (Beifall der Bundesrät:innen Kornhäusl, Miesenberger und Neurauter) und plötzlich feststellte, wie wichtig die Gesundheit für mich ist, denn damals war es so: Wenn man sich einmal eine Verletzung zugezogen hatte, musste man sehr, sehr weit fahren, um die entsprechende qualifizierte Betreuung zu bekommen. In der Zwischenzeit war natürlich der Platz in der Mannschaft weg. Sowohl der Spieler hatte Nachteile als auch unter Umständen der Verein, weil beide ihre Ziele nicht mehr erreichen konnten.
In diesem Zusammenhang ist es, glaube ich, sehr wichtig, Herr Minister, Ihnen dafür zu danken, dass Sie beim Primärversorgungsgesetz wichtige Fortschritte erzielt haben und dass wir jetzt vielleicht wirklich von einer möglichen überdimensionalen Angebotsliste für jene sprechen können, die Gesundheit anstreben und mit ihrer Gesundheit dementsprechend wohlwollend umgehen wollen. Wir wissen, dass die Gesundheit auch für unser Bruttonationaleinkommen von großer Bedeutung ist, denn je gesünder wir leben, desto leistungsfähiger sind wir und desto mehr können wir auch zum Bruttoinlandsprodukt beitragen.
Das ist eine wichtige Voraussetzung in Zeiten wie diesen, denn wir werden von einer Teuerungswelle überwältigt, die vielleicht die Gefahr von psychischen Schäden aufkommen lässt, die dann auch entsprechend behandelt werden müssen. Deshalb ist es, glaube ich, sehr wichtig und zielführend, dass diese Primärversorgungszentren erweitert werden und dass dort rasche und zielorientierte Behandlungen angeboten werden.
Trotzdem können wir nicht außer Acht lassen, dass wir mit einem Ärztemangel konfrontiert sind, und das ist eigentlich der direkte Bezug zu Herrn Dr. Kornhäusl, weil ich denke, Sie als Mediziner werden auch in Ihrer Umgebung feststellen, dass Ärzte fehlen, dass wir gemeinsam etwas tun müssen, um diesen Ärztemangel zu beheben beziehungsweise in Angriff zu nehmen. Wenn wir die Gesundheit neben unserer Bildung als wirklich wichtige Säule empfinden, so ist es ganz, ganz wichtig zu erkennen, und da wird mir vielleicht auch Frau Kollegin Eder-Gitschthaler recht geben, dass die ältere Generation – vor allem die ältere Generation in ländlichen Gegenden – große Sorgen hat, ob sie noch entsprechend versorgt werden kann. In den ländlichen Gegenden haben wir es auch damit zu tun, dass die Verkehrserschließung nicht optimal ist; vor allem aber geht es darum, dass es dort eine optimale Gesundheitsversorgung geben muss.
Ich glaube, dass diese Primärversorgungszentren, Herr Bundesminister, ein guter Ansatz sind, da 70 Prozent der Patient:innen dort vernünftig und rasch behandelt werden können. Ich glaube, dass es notwendig war, Erleichterungen bei den Neugründungen zu schaffen und dass auch die Bestellung und das Auswahlverfahren erleichtert wurde, und vor allem, dass diese koordinierte Behandlung von Menschen, von Patienten eine notwendige Stütze ist, um die Gesundheit in den Mittelpunkt zu stellen.
Wie gesagt sind wir noch lange nicht am Ende. Wir müssen den Ärztemangel gemeinsam bekämpfen beziehungsweise junge Menschen motivieren, dass sie diesen Beruf ergreifen. Ich habe mir damals als Student gedacht, Herr Dr. Kornhäusl, dass die Medizinstudenten sehr verantwortungsbewusste und belastbare Studenten sind, die eine große Lernbereitschaft haben und Durchhaltevermögen vorweisen, und vor allem ein großes analytisches Denkvermögen haben. Ich glaube, wenn uns unser Staat und unsere Mitmenschen nach wie vor am Herzen liegen – und wir bekennen uns ja zum republikanischen Prinzip; da steht der Staat im Mittelpunkt –, dann müssen wir gemeinsam etwas tun und auch den Bundesminister dabei unterstützen, gegen den Ärztemangel Widerstand zu leisten.
Aus diesem Grund bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Dr. Manfred Mertel, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmen gegen den Ärzt:innenmangel“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, endlich Maßnahmen gegen den Ärzt:innenmangel umzusetzen. Insbesondere sollen
- die Aufnahmekriterien zum Medizinstudium verändert werden
- eine Verpflichtung, nach der Ausbildung im öffentlichen Gesundheitswesen für einige Jahre tätig zu sein, muss zu einer Bevorzugung für die Erlangung eines Studienplatzes führen
- das ,Modell Landarztquote‘ aus Deutschland soll für Österreich adaptiert und eingeführt werden
- und zusätzlich sollen die Medizinstudienplätze verdoppelt und den Universitäten das entsprechende Budget zur Verfügung gestellt werden.“
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Zusammenfassend darf ich Ihnen mitteilen, dass wir wirklich von einem Mangel an Allgemeinmedizinern sprechen müssen, während gleichzeitig die Zahl der Wahlärzte zunimmt. Das wirkt sich natürlich so aus, dass wir in Zukunft vielleicht eher die Kreditkarte als die E-Card brauchen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
15.39
Vizepräsidentin Margit Göll: Der von den Bundesräten Dr. Manfred Mertel, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Maßnahmen gegen den Ärzt:innenmangel“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Wir gehen weiter in der Debatte. Zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte.