17.49

Bundesrat Matthias Zauner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, ich glaube, dies ist wohl der am meisten diskutierte Gesetzentwurf, zumindest hier im Bundesrat. Wenn wir heute Abend oder morgen in der Früh hier hinausgehen, sind wir wohl alle Expertinnen und Experten in Bezug auf diese Gesetzesvorlage. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Heiterkeit der Bundesrätin Miesenberger. – Zwischen­ruf der Bundesrätin Grimling.)

Lassen Sie auch mich mit der Primärversorgung beginnen: Ziel ist ja, dass wir die Primärversorgung stärken, dass wir die Primärversorgung, die als erste Anlauf­stelle für alle Menschen gedacht ist und eine wichtige Säule des Gesundheits­systems darstellt, einfach leistungsfähiger und effizienter machen. Das Gute ist – das haben wir heute schon das eine oder andere Mal gehört –, dass diese PVEs, diese Primärversorgungszentren, österreichweit etabliert sind. Was ist das Besondere daran? – Es ist ein Team von Allgemeinmedizinerinnen und Allgemein­medizinern mit diplomiertem Gesundheits- und Krankenpflegepersonal bis hin zu Fachärztinnen und Fachärzten. Der wesentliche Vorteil ist eben diese multidis­ziplinäre Zusammenarbeit.

In Wahrheit geht es uns um eine umfassende Versorgung der Patientinnen und Patienten über den gesamten Behandlungsweg hinweg. Die Vorteile, die ja auch schon zur Sprache gebracht wurden, liegen auf der Hand: längere Öffnungs­zeiten, geregelte Vertretungen, vor allem auch im Urlaubsfall, und dass es da eben ein erweitertes Angebot gibt.

Die Reform, die wir heute hier gemeinsam beschließen werden, zumindest die Mehrheit in diesem Haus, sieht ganz wesentliche Eckpunkte vor. Es wurde ja bereits darauf eingegangen: Ganz wesentlich ist dabei der Abbau bürokratischer Hürden. Es geht einfach darum, diese PVEs, diese Primärversorgungszentren, schneller zu genehmigen und damit ein dichteres Netzwerk garantieren zu können. In Wahrheit geht es um eine bessere gesundheitliche Versorgung in der Stadt und auf dem Land. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ein ganz wesentlicher Eckpunkt, vor allem für den ländlichen Raum, sind kürzere Auswahlverfahren, wenn Planstellen unbesetzt sind und wenn eine medi­zinische Unterversorgung droht. All das will man ja konkret mit diesem Paket abwenden.

Neu ist – das war bislang ja so noch nicht möglich – eben auch der spezielle Fokus auf Kinder und Jugendliche, für die es spezielle Zentren geben soll, mit Fachärztinnen und Fachärzten für Kinder- und Jugendheilkunde, aber auch vermehrt mit Fachärztinnen und Fachärzten für Frauenheilkunde. Wir haben ja heute schon einige Male davon gesprochen, und beim Eltern-Kind-Pass komme ich darauf auch noch zu sprechen. Es geht einfach darum, Frauen und Schwangeren in der Betreuung und in der Beratung zur Verfügung zu stehen.

Auch wenn Angehörige nicht ärztlicher Gesundheitsberufe in diese PVEs, in diese Primärversorgungszentren, einsteigen wollen, ist dies mit dieser Gesetzesänderung möglich, und die multidisziplinäre Versorgung wird gestärkt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ziel dieser Novelle ist ganz einfach, die Gesundheit zu fördern, die Prävention zu stärken und eben eine qualitativ hochwertige und effiziente Kranken­be­handlung sicherzustellen. Die Bundesregierung bewirkt mit diesem Schritt eine wesentliche Verbesserung des österreichischen Gesundheitssystems und bietet damit den Österreicherinnen und Österreicher ein umfangreiches Ange­bot bei all ihren gesundheitsbezogenen Anliegen.

Eines kommt dann noch hinzu: Es wird auch möglich sein, dass multiprofes­sionale Zentren als GmbHs geführt werden. Das heißt, es können sich auch andere Gesundheitsberufe beteiligen. Zwar müssen die Ärzte den bestimmenden Einfluss haben und sie müssen bis zu 50 Prozent des Kapitals stellen, aber diese multiprofessionalen Zentren sind da auch ein weiterer Schritt.

Das Ziel dieser Maßnahmen, dieses Maßnahmenbündels der Bundesregierung ist klar: bis 2025 die Zahl der Primärversorgungszentren von 40 auf 120 zu verdreifachen und damit eben die wohnortnahe Versorgung sicherzustellen.

Ein positiver Effekt dieses Beschlusses ist auch, dass dank eines EU-Fördercalls 100 Millionen Euro an Förderung abgerufen werden können und dass damit die Einrichtung dieser PVEs, dieser Primärversorgungszentren, dement­sprechend auch erleichtert wird.

Diese Primärversorgungszentren haben auch den positiven Effekt, dass sie ganz einfach die Lebensrealität von Ärztinnen und Ärzten, Patientinnen und Patien­ten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abbilden. Dank der flexibleren Öffnungs­zeiten ist die Work-Life-Balance – ein in letzter Zeit ja auch durchaus strapa­zierter Begriff – vieler junger, aber nicht nur junger Menschen gewährleistet, und dies ist damit auch eine ganz wesentliche Maßnahme, dem drohenden Ärzte­mangel entgegenzuwirken und weiterhin eines der besten Gesundheits­systeme der Welt zu etablieren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es gibt noch einen weiteren Aspekt, der in erster Linie, denke ich, für den ländlichen Raum schlagend wird, aber er ist auch ein Thema für den urbanen Raum, ganz speziell wenn wir über den Spitalsbereich sprechen: Wir haben ja in den österreichischen Spitälern die Situation, dass die Ambulanzen überlastet sind, und deswegen gibt es auch den Ansatz, bei Klinikneubauten oder bei schon bestehenden Kliniken ganz bewusst PVEs vorzuschalten, damit nur mehr jene in die Ambulanzen kommen, die auch wirklich in die Ambulanzen gehören, und dass all jene Patientinnen und Patienten, die in Wahrheit im niedergelassenen Bereich besser – beziehungsweise: besser ist da das falsche Wort – oder richti­ger aufgehoben sind, gleich in die PVE kommen, bevor sie überhaupt in die Ambulanzen kommen. Auch das ist ein ganz wesentlicher Aspekt.

Weil hier heute in den Raum gestellt worden ist, dass diese Bundesregierung mit dieser Maßnahme in Wahrheit das Ziel verfolgt, die Hausärzte abzuschaffen: Genau das Gegenteil ist der Fall, man hat genau die gegenteilige Absicht. Es geht darum, mit diesen Primärversorgungszentren die hausärztliche Versorgung in den ländlichen Gebieten sicherzustellen. Aus Niederösterreich kommend habe ich mir da auch die Zahlen geben lassen: In unseren PVEs, in unseren Primärver­sorgungszentren, wurden mittlerweile über 100 000 Patientinnen und Patienten behandelt. Daher ist dieser Schritt der Bundesregierung, diese PVEs, diese Primärversorgungseinheiten, auszubauen, der wichtige, der richtige Schritt, und deswegen werden wir diesen Weg sicherlich mitgehen und unterstützen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Schennach: Das ist überraschend!) – Das habe ich mir gedacht: Es freut mich, dass ich Sie noch überraschen kann, Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Miesenberger.)

Meine Damen und Herren, damit kommen wir zum Eltern-Kind-Pass. Da habe ich dort sitzend schon irgendwie eine sehr spannende Diskussion hier heraußen verfolgt, nämlich dass diese Umbenennung auf Eltern-Kind-Pass ein Problem darstellt. Der linke Rand sagt: Na ja, mit diesem Elternbegriff werdet ihr nichts erreichen! (Bundesrätin Schumann: Das sind nicht der linke Rand, so weit kommt es denn noch, hallo! Der linke Rand – die auslaufende Mitte!), und der rechte Rand sagt: Die Kinder kriegen immer noch die Mütter! (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Jetzt sage ich Ihnen etwas als Vater: Als meine Tochter geboren wurde, war ich mit meiner Frau im Spital, wissend, dass ich – und dafür bekomme ich jetzt natürlich keinen Applaus, das weiß ich – das Papamonat nicht in Anspruch nehmen werde. (Bundesrat Spanring: Nicht sehr woke!) Ich war mit meiner Frau im Spital und habe gesagt: Ich will in Wahrheit die gesamte Zeit anwesend sein, was halt die Besuchszeiten ermöglichen. – Ich habe gesagt: Weißt du was? Ich fahre mit ihr zur nächsten Untersuchung. – Dann schaut mich eine Krankenschwester an und sagt: Hat das Kind keine Mutter? – Ich habe gesagt: Das Kind hat sehr wohl eine Mutter, aber es hat auch einen Vater, und deswegen bin ich heute da. – Deswegen halte ich es auch für die Sichtbarmachung der Väter für ganz in Ordnung, wenn das in Zukunft Eltern-Kind-Pass heißt und nicht mehr Mutter-Kind-Pass. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Spanring: Geh bitte! So ein Schwachsinn! Das glaubst nicht einmal selber! Gschichtldrucker! – Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.– Fertig? – Gut. (Bundesrat Spanring: Das hat eine Dreiviertelminute gebraucht! ... weitermachen!) – Richtig! (Bundesrat Spanring: Gut gelernt beim Schneeberger, gut aufgepasst!)

Dann die digitale Lösung: Natürlich – wie es bereits angesprochen wurde – ist es schön, wenn man diesen damals noch Mutter-Kind-Pass, jetzt dann Eltern-Kind-Pass haptisch daliegen hat und man ihn nach Jahren noch durchblättern kann, aber – liebe Heike, da gebe ich dir recht – es gab nicht nur einen Besuch beim Kinderarzt, bei dem wir dagestanden sind und in der Tasche gekramt und geschaut haben, wo jetzt dieses voluminöse Ding ist. Dementsprechend denke ich, im Jahr 2023 werden wir eine digitale Variante jedenfalls gut verkraften, gut aus­hal­ten. In Wahrheit ist das ja auch im Zeitgeist. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundes­rät:innen der Grünen. – Bundesrat Spanring: Privatsorgen der ÖVP!)

Weil hier vonseiten der Sozialdemokratie Bundesrat Kovacs erwähnt wurde: Da habe ich, Frau Kollegin Schumann, schon ein bisschen eine eigenartige Wahrnehmung von der letzten Sitzung und von dieser Sitzung. Wenn sich der Fraktionsvorsitzende der Freiheitlichen bei Kollegen Kovacs für dessen Vorsitzführung bedankt, ist es für Sie nicht in Ordnung. (Bundesrätin Schumann: Also ich würde Ihnen raten, das Protokoll der letzten Sitzung zu lesen!) Wenn sich Kollegin Miesenberger heute bei Präsidentin Arpa bedankt, dann ist das auch wieder eine Aufregung wert, das war ja heute eine Aufregung wert. Das ist schon eine ganz eigenartige Stimmung bei Ihnen in der Fraktion. (Bundesrätin Hahn: Die eigentliche Aufregung ist, dass ihr eure eigenen Beschlüsse nicht zusammenbringt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Gegenrufe bei der ÖVP. – Bundesrätin Hahn: Das werden wir erst sehen!) – Na ja, eine parlamentarische Debatte war, glaube ich, noch nie ein Skandal.

Es war ja auch kein Skandal, dass seitens der SPÖ-Fraktion einmal eine lange Vorlesestunde mit Beiträgen aus der „Wiener Zeitung“ stattgefunden hat. (Bundesrätin Hahn: Vielleicht reden wir wieder zur Sache!) – Frau Vizepräsidentin, ich bin total bei der Sache. (Bundesrätin Hahn: Den Eindruck habe ich nicht!) – Ich schon. (Ruf bei der ÖVP: Zuhören! – Bundesrätin Grimling: Auch eine Wahrneh­mung!) – Ja, auch eine Wahrnehmung. Die Wahrnehmung der Sozialdemokratie mit all den Strömungen, die es da aktuell gibt, ist auch eine ganz spezielle. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – All das nur, weil es innerhalb der Sozialdemokratie eben unterschiedliche Wahr­nehmungen gibt: zur Cannabislegalisierung, zu Tempo 100, zu den Statuten, zum Lobautunnel. Das zieht sich ja. (Bundesrätin Grimling: Könnten wir zum Thema reden!) – Wir können gern zum Thema reden, aber Sie haben mich gerade so schön aufgefordert, dass ich das alles hier einmal ein bisschen thematisiere. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wie es Kollege Kornhäusl gesagt hat: Wir haben ja Zeit, wir können das ja durchaus auch ein klein wenig besprechen.

Wenn sich dann der neue Parteivorsitzende – schön, dass er heute ein bisschen länger als sonst hier ist (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen) – die Zeit nimmt, dann sage ich ihm: Er kann sich auf Wien und das Burgenland nicht mehr verlassen (Bundesrat Babler: Linker Rand, hast du vergessen!) und ich hoffe, dass er sich nicht auf Niederösterreich verlassen muss, denn wie wir das kennen, ist man da ja auf verlorenem Posten. (Bundesrätin Schumann: Und das Zentrum ist das niederösterreichische Landhaus?!)

Meine Damen und Herren, damit kommen wir wieder zurück zum eigentlichen Thema, und das ist die Gesundheitsversorgung in Österreich (Bundesrätin Schumann: Warum ist so ein Talent nicht längst in höheren politischen Weihen?!): Während man bei der Sozialdemokratie die einheitliche Linie vermisst, haben wir in der Volkspartei eine einheitliche Linie, und das ist gut so. Da gibt es eine klare Haltung und einen klaren Plan.

Das eine ist, die Versorgungssicherheit am Land und in der Stadt sicherzustellen. Ein Teil davon ist ja heute dieser Masterplan Gesundheit, in dem es darum geht, auch in Zukunft genügend Kassenärztestellen zur Verfügung zu stellen. Das andere ist – und auch das werden wir in den nächsten Wochen und Mona­ten intensiv angehen –, dass wir eben mehr Medizinstudienplätze brauchen, und zwar mit einer Berufspflicht, denn: Wer in Österreich studiert, muss auch in Österreich arbeiten. Auch das ist Haltung bei uns in der Volkspartei. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Damit habe ich ja zum Glück die Kurve zur Gesundheitsversorgung noch einmal geschafft und möchte zum Abschluss noch eines berichten: Wir haben in Nieder­österreich eine Karenzregelung für Bürgermeister:innen beschlossen. Vielleicht wäre es einmal anzudenken, dass man das auch für Mandatar:innen macht, denn dann würden wir uns derart lange Debatten sparen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.  Bundesrat Steiner hebt die Hand.)

18.04

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Bundesrat Steiner zu Wort gemeldet. – Bitte.

*****