10.08

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Willkom­men, Herr Landeshauptmann, hier bei uns im Bundesrat! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher! Das ist heute meine erste Bundesratssitzung zu einem Wechsel der Präsidentschaft, und ich freue mich sehr, heute hier zum wunderbaren Bundesland Kärnten reden zu können.

Als südlichstes Bundesland und am südlichen Rand der Alpen gelegen öffnet sich Kärnten sowohl geografisch als auch klimatisch und in der Lebensart zum Mittelmeer hin, und diesem mediterranen Charme kann man sich nur schwer entziehen, selbst wenn man wollte. Der harmonische Übergang von Ober­kärnten mit seinen über 260 Dreitausendern und den unzähligen kristallklaren Bergseen und Seen hin zum Klagenfurter Becken im Osten trägt außerdem dazu bei, dass Kärnten nach wie vor ungebrochen als Urlaubsziel bei Inländern und Ausländern beliebt ist. Einer der charmantesten Dialekte, die wir in Österreich haben, trägt seines dazu bei. (Oh-Rufe und Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ. – Landes­hauptmann Kaiser: Da hat sie recht!) Also ich glaube, eine gewisse Kärntenaffinität kann man mir schon zuerkennen. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Frau Präsidentin, Sie haben davon gesprochen, dass Kinder unsere Zukunft und Gegenwart sind, und auch, was in Kärnten zum Thema Kinderbildung umgesetzt wird. Das kommt bei mir schon gut an, in vielen Bereichen kann das wirklich als Best Practice gesehen werden. Auch wenn es keinen Rechtsanspruch für den Kinderbetreuungsplatz gibt: Der massive Ausbau der Kinderbildungseinrichtungen und auch das Kinderstipendium sind wichtige Beiträge zur sehr dringend notwendigen Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich arbeite seit über 20 Jahren mit sehr jungen Kindern und deren Familien, und ich weiß, wie schwierig es für viele Eltern, viele Familien ist, Kinderbetreuung und Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Daher ist das ganz, ganz wichtig. (Beifall bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Die bessere Bezahlung der Pädagog:innen und die Verkleinerung der Gruppengrößen in Kindergärten sind Schritte in die richtige Richtung, was Qualitätssicherung betrifft.

Bei all dem Lob gibt es aber auch ein paar kritische Anmerkungen, die ich anzubringen habe – das wird Sie vielleicht nicht überraschen. Ich habe es schon erwähnt: Ein genereller Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz fehlt leider. Auch der Frage, ob es in Zukunft genügend Pädagoginnen und Pädagogen geben wird, wird nicht ausreichend Rechnung getragen, weil sich zu wenige Personen zu Elementarpädagog:innen ausbilden lassen.

Ja, Kärnten wurde erst vor Kurzem vom slowenischen Staatspräsidenten für sein Engagement zum Wohle der slowenischen Volksgruppe geehrt. Die Landes­regierung hat die Aufgabe, die Rechte der Volksgruppe zu achten, auch im Bildungswesen. Da ist leider die Chancengleichheit für zweisprachige Kinder nicht ganz sichergestellt. Dabei ist gerade im elementarpädagogischen Bereich der Regelungsbedarf groß. Eine Studie des Bundeskanzleramts hat erst unlängst gezeigt, dass selbst im Siedlungsgebiet der slowenischen Volksgruppe nur ein Sechstel aller Kinder, die eine Kindertagesstätte oder einen Kindergarten besuchen, tatsächlich zweisprachig betreut wird. Die rechtliche Klarheit fehlt für zweisprachige öffentliche Kindergärten, nämlich die Definition im Gesetz, was überhaupt ein zweisprachiger Kindergarten ist und welche Qualifikationen zweisprachige Pädagog:innen aufweisen müssen.

Es werden zwar Minderheitensprachen im Lehrplan der Bildungsanstalten für Elementarpädagog:innen berücksichtigt, was fehlt, ist aber auch da ein Rechtsanspruch auf zweisprachige Bildung. Dafür muss sichergestellt werden, dass ausreichend gut geschulte zweisprachige Pädagog:innen in den Kindergärten und Horten zur Verfügung stehen, um den Spracherwerb unserer Allerkleinsten frühestmöglich zu fördern. (Beifall bei den Grünen.)

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, Sie sind in Ihrer Rede zu Recht auf soziale Gerechtigkeit eingegangen, das ist auch richtig und wichtig. In diesem Zusammenhang haben Sie auch den Kärnten Bonus erwähnt, der Menschen bei den stark gestiegenen Wohn- und Energiekosten unterstützen soll. Dabei möchte ich schon darauf hinweisen, dass dieser Kärnten Bonus durch das Geld aus dem Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz des Bundes finanziert wird. Das Land Kärnten hat da in zwei Tranchen über 40 Millionen Euro erhalten. Interessant ist, dass die SPÖ bei der zweiten Tranche – da waren immerhin 14 Millionen Euro für Kärnten vorgesehen – dagegengestimmt hat. Das ist vielleicht ein pikantes Detail am Rande. (Beifall bei den Grünen.)

An Kollegin Theuermann gerichtet, weil sie sich vorhin über die finanzielle Not Kärntens ausgelassen hat: Vielleicht überlegen Sie einmal, wem Kärnten dieses finanzielle Erbe zu verdanken hat. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky. – Bundesrat Spanring: Jetzt gehen schon wieder die Grünen auf die Schwarzen los! Koalitionskrise, Koalitionskrise!)

Wenn ich mir den von Ihnen, sehr geehrte Frau Präsidentin, ausgerufenen Schwerpunkt anschaue: „Kindern Perspektiven geben – unbeschwert, chancen­reich und demokratisch erwachsen werden“, muss ich schon sagen, zum unbeschwerten Erwachsenwerden gehört auch, dass die Kinder von heute als Erwachsene in einer intakten Umwelt leben können. Bei den Maßnahmen, die das ermöglichen, würde ich Kärnten eher zum Nachsitzen verdonnern. Dazu gehören nämlich ernsthafte Beiträge zur Energiewende, zum Bodenschutz und zur Mobilitätswende.

Bezüglich Energiewende: Bis 2040 muss Kärnten seine Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie verdoppeln. Der Ausbau von Sonnen- und Windstrom muss Priorität haben. Die Zielvorgaben, gerade beim PV-Ausbau, die bis zum Jahr 2030 erreicht werden sollen, erfüllt Kärnten bis jetzt nur zu 15 Prozent. Bei den Windrädern sieht der Energiemasterplan für Kärnten 50 Windräder vor; um die Energiewende zu schaffen, benötigt Kärnten mindestens 140.

Auch im Bereich Bodenschutz ist einiges zu tun. Kärnten ist innerhalb Österreichs Meister im Verbrauch wertvollen Bodens: Allein in Kärnten werden jedes Jahr 500 Fußballfelder zubetoniert. Das ist wertvoller Boden, der wirklich für andere Dinge genutzt werden sollte – für gesunde Lebensmittel, als Erholungsraum oder Schutz- und Naturraum. Ein nicht unerheblicher Teil dieses Flächenverbrauchs geht auch auf die Rechnung von Verkehrsflächen. Dabei hätte Kärnten wirklich großes Potenzial, um die Mobilitätswende – weg vom motorisierten Individualverkehr hin zu attraktivem öffentlichen Verkehr – einläuten zu können. Eine Umfrage aus dem Jahr 2020 zeigt nämlich, dass sich 80 Prozent der Kärntner:innen den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel wünschen. Potenzial wäre wie gesagt vorhanden.

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich wünsche mir, dass Sie das für Ihr Vorsitzhalbjahr ausgerufene Motto ernst nehmen und auch die Themen, die für die Zukunft unserer Kinder existenziell notwendig sind, angehen. Ich wünsche dazu viel Erfolg. – Besten Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Bundesrätin Grossmann.)

10.16

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. – Bitte.