10.39

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Werter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bundesminister für Finanzen hat im Jahr 2020 eine Entscheidung zu treffen gehabt – und er hat sich falsch entschieden. Er hatte eine Pandemie zu bewältigen und Förderun­gen an Unternehmen möglichst schnell abzuwickeln. Dabei hatte er im Grunde zwei Möglichkeiten, zwei Optionen. Die eine war: Ich greife auf die Finanzbehörden mit all ihrer Expertise, mit dem Know-how, mit dem Personal und der Infrastruktur zurück. Die andere war: Ich gründe eine private Gesellschaft ohne Know-how, ohne Personal, die ich erst zu errichten habe. Das dauert. Er hat sich dafür entschieden. (Vizepräsidentin Göll übernimmt den Vorsitz.) Das war ein Fehler, und wo ein Fehler passiert, bleibt er selten allein. Was meine ich konkret damit? – Schauen wir uns an: Wie hat er diese private Gesellschaft besetzt? – Er hat da nicht einen Experten genommen, sondern er hat einen ehemaligen ÖVP-Kabinettsmitarbeiter genommen, der dann diese Gesellschaft geleitet hat. Ich weiß nichts über dessen Expertise. Die mag vielleicht sogar vorhanden sein. Es ist nur ein komischer Zufall, dass es gerade wieder ein ÖVP-Kabinettsmitarbeiter war. (Bundesrat Kornhäusl: In Wien passiert das nicht! Das ist klar! Schrebergartl! – Gegenruf der Bundesrätin Schumann: Das hilft dir nicht! Das hilft dir nicht!)

Dieser hat dabei auch Doppelbezüge erhalten, die der Rechnungshof massiv kritisiert hat. Die Doppelbezüge hätten nicht ausbezahlt werden dürfen. Er hat sich also noch dazu eine goldene Nase verdient. – Das ist der zweite Punkt.

Bei der Rechtsberatung für die Errichtung der Gesellschaft hätte er auf die Expertise im Finanzministerium zurückgreifen können (Bundesrat Buchmann: Auf Sora zum Beispiel!), das im Grunde nichts anderes macht, als Gesellschaften immer und immer wieder zu prüfen. (Bundesrat Kornhäusl: Sora oder Momentum, das sind die zwei!) Das hat er natürlich nicht gemacht. Was hat er stattdessen getan? – Er hat sich eine Wiener Rechtsanwaltssozietät genommen: schöne Büroräumlichkeiten, richtig, richtig teure Anwälte, Stundensatz über 4 000 Euro. Der Finanzminister hat das gern gezahlt, es ist ja nicht sein Geld, sondern es ist das Geld der Steuerzahler:innen. Insgesamt hat er damit 2 Millionen Euro allein an diese Rechtsanwaltskanzlei bezahlt – für die Errichtung einer Gesellschaft, die es nicht gebraucht hätte, weil wir ohnehin Finanzbehörden haben.

Die Kosten für die Rechtsberatung für sich haben über 20 Millionen Euro ausgemacht. 20 Millionen! – Mit 20 Millionen Euro, da kann man sich nicht nur einen Hamburger und Pommes kaufen, da kann man sich gleich einen ganzen Mäcki kaufen! (Beifall bei der SPÖ.)

Es stellt sich jetzt schlussendlich die Frage: Warum macht der Finanzminister das, wenn er ohnehin die Finanzbehörden hat? – Also ich will ihm nicht unterstellen, dass er ein Misstrauen gegen seine eigenen Mitarbeiter:innen im Finanzministerium hat. Das glaube ich nicht, das wäre auch unberechtigt, denn die arbeiten sehr korrekt und gut. Was kann aber dann sonst der Grund gewesen sein?

Na ja, Intransparenz ist der eine Punkt: Was passiert denn, wenn ich so eine Gesellschaft gründe und es nicht über die Finanzbehörden mache? – Das Parlament kann nicht mehr kontrollieren. Die gewählte Volksvertretung kann nicht mehr schauen, wo das Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher hingeht – und das ist tatsächlich ein Skandal. Da geht es nämlich nicht um wenig Geld, das da ausbezahlt wurde.

Das ist ja der Punkt: Warum hat er es überhaupt gemacht? – Wir wissen es nicht. Es wird wohl die Intransparenz gewesen sein. Ich höre da nämlich oft auch eine Sache, die von der ÖVP und auch von den Grünen dann ins Treffen geführt wird: Diese Förderungen wären ja eigentlich gar nicht so intransparent, denn es stünde ja jetzt alles in der Transparenzdatenbank! – Aber hören Sie doch auf mit dieser Erzählung, denn die ganze Erzählung ist nämlich die: Man hat es nicht freiwillig gemacht. Die Europäische Kommission hat einen dazu verpflichtet. Deswegen wissen wir jetzt, wer die Förderungen bekommen hat. Sonst wüssten wir es vermutlich immer noch nicht, denn das war der Sinn hinter der Cofag.

Und jetzt? Was machen wir mit diesem Gesetzesantrag? Das ist ein unscheinbarer Gesetzesantrag, er schaut klein aus. Was machen wir damit konkret?

Das Finanzministerium hat dann schlussendlich – weil es die Behörde ist, die das Know-how hat – all diese Förderungen nachträglich kontrolliert und geschaut, ob es Förderungsmissbrauch gegeben hat. Leider hat wieder die Legistik dabei nicht gepasst; diese Bestimmung ist schon außer Kraft getreten. Die Nachkontrollen finden momentan nicht mehr statt. Jetzt soll man das nachwirkend wieder zurückbringen, genau zu der Behörde, die von Anfang an dafür zuständig hätte sein sollen. Wir befristen diese Regelung aber wieder bis zum Ende des Jahres – in einer Zeit, in der gerade Finanzausgleichsverhandlungen stattfinden. Das schaue ich mir an, ob das bis Ende des Jahres wirklich alles vollzogen werden kann!

Insgesamt stellt sich dieser Gesetzentwurf als untauglich dar. Er versucht, ein Flickwerk wieder notdürftig zu retten, das von Anfang an, seit 2020, seit der Errichtung, in die falsche Richtung gegangen ist. Jetzt versucht man, es wieder in die Finanzbehörden hineinzubringen, wo es von Anfang an hingehört hätte, wo es aber nicht drinnen war, und Sie befristen die Regelung wieder bis zum Ende des Jahres! Das hat überhaupt keinen Sinn. Für so ein Flickwerk stehen wir nicht zur Verfügung, deswegen stimmen wir dem auch nicht zu. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

10.43

Vizepräsidentin Margit Göll: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Stillebacher. Ich erteile ihm das Wort.