13.26.33

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Volksanwält:innen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier! Liebe Zuseher:innen hier und vor den Bildschirmen! Ja, es freut auch mich – da schließe ich an Kollegin Barbara Prügl an –, es freut mich sehr, dass die Volksanwaltschaft hierherkommt und dass sie diese umfangreichen Berichte mit ihrem ganzen Team macht. Es werden – ich finde, das ist auch wichtig, zu erwähnen – ja nicht nur Bundeseinrichtungen geprüft, sondern auch die Länder. Dass die Volksanwält:innen auch in die Landtage gehen – sie gehen in den Nationalrat, in den Bundesrat, in den Landtag –, finde ich demokratiepolitisch extrem wichtig.

Die Volksanwaltschaft kontrolliert daher natürlich auch die Verwaltung im Bund und in den Ländern, und sie kontrolliert sie eigentlich von Unhöflichkeiten – auch das ist wichtig – bis hin zu Gewalt. Darauf möchte ich später noch eingehen. Das Wichtige ist – und da möchte ich der Volksanwaltschaft auch gratulieren – die präventive Menschenrechtskontrolle, die sie nun seit mehr als zehn Jahren innehat, die auch immer besser funktioniert. Im Ausschuss wurde ja, glaube ich, auch darüber gesprochen – ich war nicht dabei, aber ich habe es gehört –, dass jene Menschen, die plötzlich ohne Voranmeldung kontrolliert werden, immer kooperativer sind, weil sie wissen, es geht nicht um die einzelne Person, sondern es geht um das System, darum, dass das verbessert wird.

Sie spricht Empfehlungen zur Korrektur dieser Missstände direkt an die Ministerinnen und Minister aus, direkt hier bei uns und eben auch direkt im Kontakt mit den Bürgern und Bürgerinnen. Ein spannendes Format hierzu ist auch die Sendung „Bürgeranwalt“ im ORF, oder Bürger:innenanwalt, würde ich sagen. Diese Sendung erreicht auch sehr viele Leute. Es ist immer wichtig, da niederschwellig genauso an die Bevölkerung heranzutreten. (Präsidentin Arpa übernimmt den Vorsitz.)

Was ich auch spannend finde, ist, dass durch die Beschwerdemöglichkeit die Zivilbevölkerung eigentlich eine indirekte Kontrolle der Verwaltung ausübt. Das Allerwichtigste ist natürlich, dass die Verwaltung, aber auch die Gesetzgebung die Möglichkeit haben, diese Schwachstellen zu verbessern, und dass es eben ein Grundpfeiler der Demokratie ist, noch stärker Transparenz in die Verwaltung zu bringen und die Bürger:innen zu informieren. Daher ist es auch so wichtig, dass alles, was das Vertrauen in die Unabhängigkeit und die gute Arbeit der Volksanwaltschaft stärkt, vorangetrieben wird.

Ich möchte auf zwei Beispiele aus den Berichten eingehen: Das eine ist aus dem Sonderbericht „NGO-Forum Soziale Grundrechte“ über das stattgefundene Forum. Da empfehlen Sie, dass soziale Grund- und Menschenrechte in die Verfassung aufgenommen werden, nämlich zusätzlich zu den Grund- und Freiheitsrechten. Das finde ich vor allem im Bereich Wohnen so wichtig, da es dabei zum Beispiel um das Grundrecht auf ein angemessenes und leistbares Wohnen geht, was natürlich im Endeffekt dann auch Auswirkungen auf den geförderten und gemeinnützigen Wohnbau hätte; und natürlich wird da auch eine nationale Wohnstrategie sehr spannend, weil niemand von uns in Österreich Obdachlosigkeit möchte.

Wir wissen, es ist ein wichtiger Punkt, beim Wohnen die Leute zu entlasten. Vor allem in Wien wurde bisher nie so viel vom Haushaltseinkommen fürs Wohnen ausgegeben wie heute; teilweise ist das schon mehr als die Hälfte des Haushaltseinkommens. Daher begrüße ich diesen Vorschlag sehr.

Ein zweites mir wichtiges Beispiel – dazu möchte ich ein bisschen etwas Persönliches erzählen – ist das Beispiel der gehörlosen Menschen, die Volksanwalt Achitz schon erwähnt hat. Ich freue mich sehr, dass er das hier erwähnt hat, denn das ist ein Beispiel, das man sonst nicht so oft hört.

Ich habe vor circa einem Jahr mit der Grünen Bildungswerkstatt Wien mit einer gehörlosen Künstlerin, nämlich Xenia Dürr, eine Ausstellung organisiert. Die Ausstellung ist sechs Wochen gelaufen, mit einer Vernissage, einer Finissage und mehreren Workshops dazwischen, um eben Menschen auf Diskriminierung, aber auch auf Verletzungen von gehörlosen Menschen hinzuweisen. Es waren, und das fand ich irrsinnig toll, bei der Vernissage, aber auch bei der Finissage 50 oder 60 gehörlose Menschen. Ich muss euch sagen, es war total spannend, denn ich war eine der wenigen, die sprechen konnten, und ich habe diesmal nichts verstanden.

Warum sage ich das auch? – Weil das Thema ist: Vor allem in den Bundeseinrichtungen, in den Schulen – Sie haben es bezüglich Heimopferrentenanspruch, aber auch Anspruch auf Entschädigungen angesprochen –, in diesen Bundesanstalten, in diesen sogenannten Taubstummenanstalten, wurde den Kindern, die sonst nicht reden können, sondern mit Gebärdensprache eigentlich reden können – das ist ihre Sprache –, verboten, diese Sprache zu verwenden. Es wurden ihnen die Hände zusammengebunden, sie wurden bestraft, wenn sie nicht die Lautsprache verwendet haben. Das muss man sich einmal vorstellen: Man hört in seinem Leben nie, wie Sprache ist, und muss dann reden können! Sie wurden geschlagen, sie wurden in Ecken gestellt, es wurde ihnen Essen verweigert.

Für diese Sachen war, glaube ich – Herr Achitz hat es auch ein bisschen angesprochen –, vielleicht noch nicht das Bewusstsein vorhanden, dass man einerseits ein Recht auf Heimopferrente oder auf Entschädigung hat, aber auf der anderen Seite natürlich auch, dass das immer ein Stigma ist, nicht gut zu hören, und die Menschen daher auch nicht so leicht hinausgegangen sind.

Deswegen habe ich auch diese Ausstellung, sie hieß Audismus – mit weichem D, denn es geht ums Hören –, der Künstlerin Xenia Dürr erwähnt. Vielleicht machen wir es im Parlament, dass wir auch hier solche Bilder ausstellen, auf denen man sieht, welchen Demütigungen und Verletzungen, welcher Ausschließung gehörlose Menschen wirklich ausgesetzt sind. Ich versuche, dass wir das vielleicht auch im Parlament zeigen.

Ich muss sagen, ich schließe mich da dem Volksanwalt an, dass das Bildungsministerium, das da gefordert ist, diese Frist zur Einreichung oder zum Antrag auf eine Entschädigung – eine Entschädigung für erfahrene Gewalt und Diskriminierung und eigentlich auch Sadismus in den Bundesanstalten – wieder aufmacht.

Ein zweiter Punkt hinsichtlich gehörloser Menschen ist: Wir verwenden immer wieder Gebärdensprachdolmetscher:innen, aber es gibt viel zu wenige davon. Das Verrückte dabei ist: Die Österreichische Gebärdensprache, die ÖGS, ist eine anerkannte Sprache, aber es gibt beim Dolmetschstudium kein Fach dazu. Es ist recht kompliziert, diese Ausbildung zu bekommen, es ist auch in Wien wenig Ausbildung möglich, sie kostet teilweise etwas. Diesen Bereich des Dolmetschens an den Unis zu fördern wäre also wichtig.

Des Weiteren: Wir haben eine ehemalige grüne Abgeordnete, die gehörlos ist, Helene Jarmer, und sie engagiert sich auch im Gehörlosenverband. Sie sagt, dass es wichtig ist, dass die Österreichische Gebärdensprache in den Schulen als Unterrichtssprache vermittelt wird, nämlich an die gehörlosen Kinder. So wie wir Deutsch lernen, ist es für sie wichtig, ÖGS zu lernen, um sich in der Gebärdensprache auch gut und vielfältig unterhalten zu können. Auch da ist das Bildungsministerium gefragt.

Wir sehen, die Volksanwaltschaft liefert viele Missstandsfeststellungen, aber sie setzt auch wichtige und viele Impulse für die Nachbesserung in der Verwaltung und in der Gesetzgebung; und auch die Institutionen und Anstalten selbst reagieren immer konstruktiver darauf.

Es bleibt mir jetzt am Schluss nichts anderes, als zu gratulieren und Danke zu sagen für mehr als 45 Jahre Volksanwaltschaft, für mehr als zehn Jahre präventiven Menschenrechtsschutz. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

13.35