9.02

Bundesrat Matthias Zauner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Welt, in der wir leben, ist eine andere geworden, und das Europa, in dem wir leben, ist ein anderes geworden. Durch den Konflikt in der Ukraine ist der Krieg auf unserem Kontinent zurück. Auch der Konflikt im Nahen Osten – durch den Terroranschlag der Hamas auf Israel – zeigt die zunehmenden geopolitischen Spannungen, mit denen sich Europa und auch Österreich auseinanderzusetzen haben. Dazu kommen neue Entwicklungen wie Cyberkrieg und Cyberterror und all die neuen Entwicklungen im Bereich der Sicherheitspolitik, mit denen wir uns konfrontiert sehen.

Speziell der Krieg in Europa – der Krieg in der Ukraine – hat auch für Österreich und für das österreichische Verteidigungssystem neue Realitäten geschaffen. Wir müssen unsere umfassende Landesverteidigung stärken, den Schutz der österreichischen Bevölkerung gewährleisten und vor allem die Wahrung der Souveränität der Republik Österreich sicherstellen. Daher ist es das Bekenntnis dieser Bundesregierung, die strategische Weiterentwicklung des österreichischen Bundesheeres fortzusetzen, Investitionen zu tätigen, die lange auf der Strecke geblieben sind, die Fähigkeiten des österreichischen Bundesheeres zu stärken und im Rahmen der Mission Vorwärts das österreichische Bundesheer zu einer modernen Armee aufzurüsten.

Da müssen wir zu Beginn schon feststellen, dass wir ja ein parlamentarisches Bundesheer haben – das Parlament entscheidet über das Bundesheer. Da muss sich jede Fraktion in diesem Haus schon auch hinsichtlich dessen hinterfragen, dass in Wahrheit in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten viele Investitionen, die das Bundesheer gebraucht hätte, auf der Strecke geblieben sind.

So ist es jetzt aufgrund dieser Entwicklungen wichtig, die notwendigen Schritte zu setzen. Ich darf mich sowohl beim Herrn Bundeskanzler als auch bei unserer Verteidigungsministerin bedanken, dass diese Investitionen auf den Weg gebracht wurden. Ich darf mich aber auch bei allen Parlamentsparteien bedanken, die diesen Weg gemeinsam gehen, weil es notwendig ist.

Als jemand, der aus einer stolzen Garnisonsstadt kommt – Wiener Neustadt, die Wiege der Offiziersausbildung; in unserer Burg, in der Theresianischen Militärakademie, werden die Offizierinnen und Offiziere des österreichischen Bundesheeres ausgebildet –, bekommt man das ja unmittelbar mit, die Stimmungen und Schwingungen in der Armee, je nachdem, wer gerade Verantwortung trägt. Da ist es gut, zu erkennen, dass momentan eine positive Aufbruchsstimmung herrscht, nämlich dahin gehend, viele Investitionen nachzuholen, die notwendig sind. Mit Zahlen untermauert bedeutet das: 3,3 Milliarden Euro für das Heer im heurigen Jahr und 18 Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Ein ganz wesentlicher Punkt dabei ist natürlich die Investition in die Luftstreitkräfte – wenn wir an die Beschaffung des Mehrzweckhubschraubers AW-169 denken, wenn wir an das Transportflugzeug Embraer C-390 denken, aber auch wenn wir an die European Sky Shield Initiative denken, bei der es darum geht, österreichisches Territorium zu schützen. Der Krieg in der Ukraine und der Krieg im Nahen Osten zeigen, wie wichtig das ist und wie labil die Sicherheitslage durch Angriffe von Drohnen, aber auch mit der Bedrohung durch fehlgeleitete Drohnen, mit der Bedrohung durch militärische Luftfahrzeuge im europäischen Luftraum, aber auch mit der Bedrohung durch ballistische und atomare Raketen sein kann.

So haben sich im Oktober 2022 13 EU-Staaten zusammengetan, um diese Sky Shield Initiative zu starten, und im Juli 2023 haben sich auch Österreich und die Schweiz dieser Initiative angeschlossen. Österreich und die Schweiz: Wir wissen, dass das neutrale Staaten sind, und wir wissen, dass das natürlich eine besondere Situation ist. Deswegen ist auch klargestellt – das hat die Verteidigungsministerin auch so unterschrieben –, dass es ausschließlich um die Beschaffung, um die Ausbildung und um Übungsmaßnahmen geht. Es ist klargelegt und festgestellt, dass es sich um kein Militärbündnis handelt. Es ist klargestellt und festgelegt, dass es zu keinem fremden Militärstützpunkt auf unserem Territorium kommt und dass auch eine Ausstiegsklausel enthalten ist, sollte einer der anderen Staaten, die sich an dieser Initiative beteiligen, in einen bewaffneten Konflikt geraten.

Als die Verteidigungsministerin und der Herr Bundeskanzler das vorgestellt haben, ist eine Diskussion darüber entbrannt, ob das denn mit der Neutralität Österreichs vereinbar sei. Da darf ich den Europa- und Völkerrechtler Walter Obwexer zitieren, der diese Woche in einer parlamentarischen Veranstaltung gesagt hat: „Nach der derzeitigen Ausgestaltung“ ist eine Teilnahme Österreichs an der Sky Shield Initiative „mit der dauernden Neutralität vollkommen vereinbar“. – Da erlaube ich mir aufgrund der Presseaussendungen nach dieser Veranstaltung schon den Hinweis: Wären die Wehrsprecher jener Parteien dort gewesen, hätten sie es auch gehört. (Heiterkeit der Bundesrätin Schumann.)

Zusammengefasst kann also festgestellt werden: Wer die Neutralität Österreichs schützen möchte, muss sie auch erhalten, und man kann sie nur erhalten, wenn man dafür das nötige Rüstzeug hat. Daher ist die Ablehnung dieses Schutzschirms nicht mehr und nicht weniger als ein Sicherheitsrisiko für Österreich. Es ist in der momentanen labilen Situation, die wir weltweit und auf unserem Kontinent erleben, populistisch, wenn man die Neutralität parteipolitisch ins Treffen führt, obwohl alle Experten sagen, dass die Neutralität mit Sky Shield vereinbar ist.

In diesem Sinne sind die Investitionen, die im Rahmen der Mission Vorwärts getätigt werden, wichtige und richtige Investitionen, und ist die Sky Shield Initiative darüber hinaus ein ganz wesentlicher Schutzschirm für Österreich. Ich darf mich noch einmal bei der Verteidigungsministerin für diesen Weg bedanken und ich darf mich bei allen Parlamentsparteien bedanken, die diesen Weg für die Sicherheit Österreichs mitgehen. (Beifall bei der ÖVP.)

9.09

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Daniel Schmid. Ich erteile ihm dieses.