10.18

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Willkommen, Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Warum muss Österreich überhaupt in den Schutz des Luftraumes investieren – wir sind ein neutrales Land, wir haben keine EU-Außengrenzen, wir sind von wohlgesinnten Staaten umgeben? Das ist eine Frage, die uns tatsächlich immer wieder erreicht.

An und für sich ist sie recht einfach zu beantworten: Unsere Neutralität verpflichtet uns dazu, unseren Luftraum selbst zu verteidigen. Das ist einerseits eine Verpflichtung gegenüber unserer Bevölkerung und andererseits auch gegenüber der internationalen Gemeinschaft. Wir übernehmen Verantwortung, statt uns auf den Schutz durch wohlgesinnte Staaten zu verlassen.

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sowie die ständigen Drohungen Putins gegen den Westen machen außerdem eines ganz klar immer deutlicher: Wir müssen die veränderte und vor allem gestiegene Bedrohungslage ernst nehmen. Wir müssen unsere Werte, unsere Demokratie und auch unseren Luftraum schützen.

Erst vor Kurzem bezeichnete ein Experte des Verteidigungsressorts die bodengebundene Luftabwehr als das Sorgenkind des Bundesheeres. Warum ist das so? – Sie ist einfach veraltet. Sie ist bisher auf die Abwehr von Kampfflugzeugen und Hubschraubern ausgerichtet gewesen. Der Einsatz unter anderem von Drohnen und Marschflugkörpern im Ukrainekrieg – wir hören das beinahe täglich in den Nachrichten – hat uns vor Augen geführt, dass eine Anpassung der bodengebundenen Luftabwehr im Zusammenwirken mit der bestehenden Luftraumüberwachung dringend notwendig ist. In diesem Kontext ist die Teilnahme an Sky Shield nicht nur notwendig, sondern auch strategisch klug. Eine lückenlose Überwachung und Verteidigung des europäischen Luftraums ist nur gemeinsam sinnvoll, effizient und auch leistbar.

Die Frage, ob der Beitritt Österreichs zu Sky Shield mit unserer Neutralität vereinbar ist, ist natürlich legitim und von großer Bedeutung. In der unterzeichneten Absichtserklärung wird ausdrücklich die nationale Autonomie der Kommandostruktur angesprochen. Das heißt, Österreich bestimmt in jedem Einzelfall, in jedem Einsatz selbst, wie weit ein Einsatz beziehungsweise eine Unterstützung geht. Mit der Schweiz nimmt übrigens ein weiteres neutrales Land an diesem System teil.

Die notwendigen Investitionen in unsere Landesverteidigung sind die eine Sache. Neben den aktuellen Kriegen, dem internationalen Wettrüsten und wie gesagt auch den Investitionen, die wir tätigen, dürfen wir aber eines nicht vergessen: Österreichs Sicherheitskonzept besteht nicht nur aus der umfassenden Landesverteidigung, sondern wird durch eine aktive Außen-, Neutralitäts- und Friedenspolitik vervollständigt. Gerade als neutrales Land haben wir eine besondere Verantwortung im Bereich der Friedenssicherung. Seit 1960 haben mehr als 100 000 Soldatinnen und Soldaten an weit über hundert friedenserhaltenden, unterstützenden und humanitären Missionen teilgenommen. Diese Missionen tragen unter anderem durch Diplomatie und wirtschaftliche Initiativen maßgeblich zum Aufbau, Erhalt und Schutz des Friedens bei.

Eines möchte ich an dieser Stelle auch ganz deutlich sagen: Frieden und Klima hängen ganz eng miteinander zusammen. Einerseits sind Kriege massive Treiber des Klimawandels. Ein internationales Forscherteam hat erst unlängst errechnet – oder versucht, zu errechnen –, dass innerhalb der ersten eineinhalb Jahre des Ukrainekrieges zusätzliche Emissionen von 150 Millionen Tonnen an CO2-Äquivalenten verursacht wurden. Das entspricht ziemlich genau dem Zweifachen des Jahresausstoßes von Österreich.

Gleichzeitig ist Klimaschutz auch ein wichtiges Instrument zur Friedenssicherung, und zwar im ganz konkreten Sinn: Je weiter die Erderhitzung voranschreitet, je heißer und lebensfeindlicher bestimmte Regionen der Erde werden, umso mehr soziale Unruhen werden entstehen. Wenn die Erderwärmung überhaupt ein bestimmtes Maß überschreitet, riesige Flächen der Erde unbewohnbar sein werden, werden sich die Menschen auf die Flucht begeben. Dann wird es globale Konflikte in einer nie da gewesenen Dimension geben, und das zusätzlich zu den Auswirkungen, die es in unserer eigenen Region schon durch den Klimawandel gibt.

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Frau Kollegin, darf ich Sie bitten, zum Ende zu kommen? – Danke schön.

Bundesrätin Simone Jagl (fortsetzend): Mein letzter Satz: In diesem Sinne ist Klimaschutz wie in ganz vielen Bereichen Menschenschutz. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

10.24

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.