10.24

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesministerin, Sie hatten viel Dank für uns übrig. Ich möchte fast sagen: zu viel des Dankes, denn wir haben zwar hier das spezielle Finanzierungsgesetz beschlossen, allerdings haben wir hier für das Budget keine Kompetenz. Sie haben sich auch für das Thema der Aktuellen Stunde bedankt. Das haben allerdings Sie sich im Bundesrat beziehungsweise hat Ihr Kabinett ausgesucht. Auf dieses Thema „Investitionen in die [...] Luftstreitkräfte“ sind Sie auch erst im letzten Drittel Ihrer Rede eingegangen, aber Sie haben ja noch einen Redebeitrag.

Beim Themenkomplex Luftraumüberwachung, Luftraumverteidigung ist nach unserer Meinung, nach der Meinung der NEOS, die Kernfrage, ob wir das europäisch machen können. Die European Sky Shield Initiative ist ein erster Schritt zu diesem Verständnis. Alleine geht da für einen kleinen Staat wie Österreich nichts, das kann man nur zusammen machen. Das rechtliche Problem bei Sky Shield ist aber, dass es auch Norwegen, Großbritannien und die Schweiz umfasst, also kein Unterfangen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ist. Innerhalb der GASP dürfte ja Österreich praktisch alles, weil wir mit dem EU-Beitritt und der Volksabstimmung unsere Teilnahme an der GASP verfassungsrechtlich legitimiert haben und das völkerrechtlich ebenfalls in Ordnung geht, weil niemand gegen unseren EU-Beitritt und gegen den GASP-Beitritt protestiert hat. Bei Sky Shield geht es aber nicht um die GASP, weil eben auch Drittstaaten dabei sind, und da stellen sich dann verfassungsrechtliche Fragen.

Die Bundesregierung macht die Sache aber auch nicht einfacher. Sie versuchen, nur ja niemandem auf die Füße zu steigen, und sagen dazu, dass das bahnbrechend ist. Im gleichen Atemzug sagen Sie dann aber, es sei nur eine gemeinsame Beschaffung. Also was jetzt?! Wenn es nur eine gemeinsame Beschaffung ist, warum brauchen wir dann einen Neutralitätsvorbehalt und eine Suspendierungsklausel für den Fall, dass einer der Sky-Shield-Partner in einen Konflikt eintritt? Wir kaufen ja auch die großen Transporter von Embraer im Rahmen einer gemeinsamen Beschaffung mit einem Nato-Mitgliedstaat, den Niederlanden. Haben wir da einen Neutralitätsvorbehalt? Was wäre, wenn die Nato oder Brasilien, der Sitz von Embraer, in einen Konflikt gerät? Müssten wir dann auch die Beschaffung beenden? – Natürlich nicht, weil Beschaffung per se ja nichts mit der Neutralität zu tun hat.

Sie sagen jetzt, wir verletzen die Neutralität auch mit der Teilnahme an Sky Shield nicht, weil das Oberkommando bei uns bleibt und wir nur über Österreich Raketen abschießen dürfen. Auf der anderen Seite sagen Sie aber auch, dass wir mit den Partnerländern Daten austauschen. Unser Radarsystem Goldhaube ist ein Asset, das Österreich da zu Recht einbringt. Wenn wir aber Daten austauschen, sind wir im Konfliktfall nicht neutral. Wir sagen unseren Sky-Shield-Partnern, wenn eine feindliche Rakete, ein Marschflugkörper oder eine Drohne kommt, woher sie kommt und mit welchem Kurs. Da sind wir um einiges mehr Konfliktpartei, als wir das mit einer Entminung 500 Kilometer hinter der Front in der Ukraine wären. Wenn wir in so einem Fall sagen, wir suspendieren den Sky-Shield-Vertrag, dann sind wir kein Partner, denn so ein Vertrag ist ja nur in Konfliktzeiten sinnvoll. Solange perfekter Frieden herrscht, braucht niemand eine Luftraumverteidigung.

Auch die Antwort auf die Frage, ob wir nur über unserem Staatsgebiet Flugobjekte abschießen dürfen, ist nicht nachvollziehbar. Es ist glasklar, dass eine ballistische Rakete nur in der Beschleunigungsphase oder in der ballistischen Phase abgefangen werden kann. Sobald sie mit ungeheurer Geschwindigkeit aus dem All über dem österreichischen Luftraum herunterkommt, ist es sicher zu spät. Würden wir also wirklich zum Beispiel im Falle eines Raketenabschusses aus dem russischen Territorium oder aus dem Iran sofort den Datenaustausch mit unseren Partnern abbrechen, niemanden mehr über die von uns gewonnenen Daten informieren und auf lone wolf defence unseres Territoriums bestehen?

Die Bundesregierung muss also klarmachen, wo sie steht: eine bahnbrechende gemeinsame Raketenabwehr oder einfach nur eine gemeinsame Beschaffung wie bei den Transportern; Datenaustausch, wenn es notwendig ist, oder nur, wenn es eh niemand braucht? Darf eine deutsche Rakete über unserem Luftraum einen einfliegenden Flugkörper abfangen oder würden wir diesen Akt der deutschen Selbstverteidigung als kriegerischen Akt ansehen?

Die Welt wird komplexer und die Luftraumverteidigung ebenso. Es braucht klare Antworten, denn sonst schafft man nur die Verschwörungstheorien, die den Populisten in die Hände spielen. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

10.28

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Vielen Dank.

Zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme hat sich nochmals die Frau Bundesministerin für Landesverteidigung zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

Ich darf Sie bitten, die Redezeit von 5 Minuten nach Möglichkeit einzuhalten. – Bitte sehr.