11.37

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Staatssekretärin! Werter Staatssekretär! Angesichts der Fülle der Gesetze mache ich einige wenige Schwerpunkte konkreter, anstatt alle zu überfliegen.

In TOP 1 verbirgt sich nämlich mit der Novellierung des Umweltförderungsge­setzes ein Volle-Power-Ökoturbo, ein Ökoturbo für die thermische Sanie­rung und den Tausch von Gas- und Ölkesseln auf Fernwärme oder erneuerbare Energieträger. Von heuer bis 2027 sind das über 2,4 Milliarden Euro zuzüg­lich 1,2 Milliarden Euro für den Zeitraum 2024 bis 2026. Das macht in Summe unglaubliche 2 665 Millionen Euro für die Reduktion des Energiebedarfs im Gebäudebestand und für den so dringend notwendigen Rausschmiss klima­giftiger Öl- und Gasheizsysteme. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)

Die sind ja nicht nur Klimakiller, sondern sie sind auch teuer. Das haben jetzt hoffentlich hinlänglich alle gesehen, dass fossile Energielieferungen von Despoten und Kriegstreibern weder Versorgungssicherheit noch geringe Preise garantieren, wie sich viele über die letzten Jahrzehnte vorgeträumt haben. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wie war das? – FPÖ-Kaffeehaus heute in der Früh, gell? (Bundesrat Spanring: Das ist Demokratie! Du hast es wieder nicht verstanden, Herr Kollege!)

Die fossilen Energieträger sind damit auch ein sozialpolitisches Problem und deswegen, denke ich, auch so wichtig. Ich möchte das jetzt noch kurz ein bisschen vertiefen. Wir stocken nämlich nicht nur die Mittel massiv aus, wir schrauben auch die Förderhöhen weiter hinauf. Ein Förderziel ist, als Sum­me der erhöhten Bundesförderung gemeinsam mit den Ländern, die ja auch för­dern, zumindest – ich wiederhole: zumindest – 75 Prozent der technologie­spezifischen Kostenobergrenzen beim Heizungstausch im Standardfall abzudecken; 75 Prozent im Minimum, so muss man es sagen, mindestens 75 Prozent.

Schon bisher gab es für den Tausch von Gasheizungen gegen Erneuerbare 9 500 Euro seitens des Bundes, inklusive 2 000 Euro Raus-aus-Gas-Bonus. Ich erinnere an die Zielsetzung, bis 2027 von russischem Gas unabhängig zu sein. Da aber die Kosten, wie Sie wissen, je nach System sehr unterschiedlich sind, wird es jetzt stärker technologiespezifisch gemacht, mit technolo­giespezifischer pauschaler Bearbeitung. Diese Kosten betragen beim Anschluss eines Einfamilienhauses an die Fernwärme ganze 15 000 Euro. Bei einer Wärmepumpe mit Grundwasser- oder Solenutzung sind es 23 000 Euro, alleine bundesseitig.

Ebenso werden die Förderungen für Mehrwohnungshäuser saftig erhöht. Bis zu 45 000 Euro Basisförderung winken dann für ein Gebäude plus Bonus von 4 000 Euro für die Zentralisierung des Heizsystems. Das ist eine ganz wichtige Voraussetzung, um überhaupt Mehrwohnungsgebäude dekarbonisieren zu können. Das ist ganz besonders wichtig für die Stadt Wien mit ihren sehr, sehr vielen Wohnungsgebäuden mit Hunderttausenden Gasetagen­heizungen. Ich denke, das ist eine ganz wichtige Verbesserung gerade für dieses Bundesland.

Ich habe hier herinnen schon mehrfach auf die Sonderförderung Sauber heizen für Alle hingewiesen, die einkommensschwachen Haushalten die Rückzah­lung von 100 Prozent der Umstellungskosten ermöglicht. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Da kann man die Förderung nicht erhöhen, aber man kann das Volumen erhö­hen, und das wird gemacht, nämlich auf 1,6 Milliarden Euro bis 2030 für dieses Segment, wobei es auf weitere Segmente im Mehrwohnungsbau ausge­dehnt wird. Ich finde, das darf man da schon behaupten: So verbindet man Klimaschutz mit Zahlpolitik. Das sucht übrigens europaweit seinesgleichen. (Beifall bei den Grünen.)

Ähnlich Cooles und im Ergebnis Warmes gibt es auch für die thermische Sanie­rung der Häuser. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von Grünen und ÖVP.) Bei Ein- und Zweifamilienhäusern wird die Förderhöhe für die umfassende Sanie­rung von derzeit 14 000 Euro auf 42 000 Euro angehoben. Im mehrge­schoßigen Wohnbau verdreifacht sich die Förderhöhe von 100 Euro auf 300 Euro pro Quadratmeter. Das klingt jetzt sehr technisch, aber ich kann sagen: Mit 300 Euro pro Quadratmeter kann man ein Haus sehr gut sanieren, wobei man das sogar noch mit den Wohnbauförderungen der Länder kombi­nieren kann.

Das ist, ich möchte das noch einmal betonen, sozialpolitisch extrem wichtig. Ers­tens wird es leistbar, solche Maßnahmen zu setzen, zweitens reduziert es den Verbrauch, und durch Halbierung des Verbrauchs – das ist ohne weiteres mit der thermischen Sanierung möglich – halbieren sich nach Adam Riese auch die Kosten. Das ist schon wichtig. Das kann man gar nicht genug betonen: Es warm haben und heizen, das möchten alle. Gerade Menschen mit niedrigem Einkommen müssen aber einen großen Teil ihres Einkommens fürs Heizen ausgeben, und da kann man jetzt wirklich gut unter die Arme greifen.

Und wie heute schon mehrfach erwähnt wurde, schafft das zahlreiche Jobs, nämlich im Bereich thermische Sanierungen, im Baugewerbe und im Bau­nebengewerbe. Da geht es auch um sehr viel Wertschöpfung im Inland, und da kommt ganz viel Geld über Steuern wieder zurück. (Beifall bei den Grünen.)

Es gab noch nie so viel Geld für den Ausstieg aus Gas und Öl. Bitte sagen Sie das auch weiter! Sie müssen uns nicht loben, aber sagen Sie es weiter, denn besser wird es nicht mehr! Steigen Sie jetzt um! Sanieren Sie jetzt Ihr Gebäude! Höhere Förderungen kann ich mir definitiv nicht mehr vorstellen.

Es gibt noch mehr Neuigkeiten aus dem Umweltförderungsgesetz, die ich auch für wirklich wichtig und zukunftsträchtig halte: Als neues Förderziel wurde frisch das Thema Kreislaufwirtschaft eingeführt. Das ist lange genug vernachlässigt worden. Dabei ist das wirklich wichtig, weil Kreislaufwirtschaft das Motto einer zukunftsfähigen Wirtschaftsweise ist, einer Wirtschaft, die keine Abfälle mehr produziert. Das hat übrigens die EU schon vor Jahren als Vision für 2050 formuliert – eine sehr schöne Vision.

Kreislaufwirtschaft ist als Thema ganz eng mit vielen anderen zentralen Themen auf unserem Planeten wie etwa Klimaschutz und Biodiversität verwoben. Nur wenn es gelingt, den Ressourcenverbrauch inklusive des Bodenverbrauchs massiv zu reduzieren, werden wir die ökologischen Überlebensfragen in den Bereichen Klimaschutz und Biodiversität auch meistern können.

Da können jetzt viele Maßnahmen von Betrieben gefördert werden, von der Herstellung von hochwertigen schadstoffarmen Sekundärrohstoffen über die Umsetzung ressourceneffizienter Produktionssysteme, die Entwicklung neuer Verfahren, die Umstellung der Produktion bis hin zur Ausbildung von Personen für die Kreislaufwirtschaft, weil man ja Fachkräfte dafür braucht.

Es ist wirklich sehr erfreulich. Danke dafür, dass das jetzt auf die Schiene gebracht wurde, mit viel, viel Vorarbeit. Da sind viele Jahre hineingeflossen, und im nächsten Jahr werden 83 Millionen Euro dafür zur Verfügung gestellt werden.

Die Mehrwertsteuerbefreiung für PV ist angesprochen worden.

Im Tagesordnungspunkt 3 geht es, und das kann ich wirklich nicht auslassen, mit dem nächsten Superlativ weiter, nämlich mit dem Budget für den Bahn­ausbau. Das sind 21,1 Milliarden Euro für Neuinvestitionen im Bereich Bahnaus­bau 2024 bis 2029. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Das hat es noch nie gegeben, und es zeigt, dass wir ernst machen mit dem Aus­bau der Schiene und überhaupt mit dem öffentlichen Verkehr. Es gilt, auch im Verkehr Klimaneutralität zu erreichen, und da ist beim Verkehr noch sehr viel Arbeit. Es gilt auch, ihn sozial gerechter zu machen, und dafür braucht es auch Infrastrukturen.

Schienenausbauprojekte sind über ganz Österreich breit verteilt. (Der Redner hält eine Tafel mit der Überschrift „ÖBB Rahmenplan: 21,1 Mrd € 2024–2029“ und einer Landkarte Österreichs, auf welcher Bahnausbauprojekte dargestellt sind, in die Höhe.) Das kann man auf oebb.at downloaden, da sind die ganzen Projekte eingezeichnet. Da geht es um ganz, ganz viele Verbesserungen auf Hauptstre­cken, um viele Nebenbahnprojekte, Güterterminals und so weiter.

Ich habe kurz recherchiert, wie viel in anderen Ländern für den Bahnausbau ausgegeben wird. Ich habe eine Übersicht für ganz Europa gefunden, und da zeigt sich, dass wir in den Jahren 2021 und 2022, und das wird sich fortsetzen, mit rund 300 Euro pro Person und Jahr an Investitionen in den Bahnausbau an vierter Stelle in ganz Europa liegen.

Ich habe mich dafür interessiert, was die Deutschen investieren. Ich habe Pres­semeldungen dazu gefunden, und da ist gestanden, bis 2030 sollen in Deutschland 40 Milliarden Euro in das Schienennetz investiert werden. Wir in Österreich investieren in diesen Bereich, wie ich gerade gesagt habe, 21,1 Milliarden Euro. Dabei ist Deutschland doch eine Spur größer. Also ich denke, das kann sich schon sehen lassen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Auf den Schienen soll natürlich auch möglichst viel und möglichst günstig ge­fahren werden, und um das sicherzustellen, werden beim Tagesordnungs­punkt 4 für die nächsten Jahre nicht weniger als 15,4 Milliarden Euro für die Unterstützung der Verkehrsdiensteverträge gesichert. Das hilft vor allem Menschen in den Regionen. Ich möchte das betonen, weil damit ein leistbares Grundangebot geschaffen werden kann. Wenn man die Regionenerschließung nach rein marktwirtschaftlichen Kriterien tarifieren würde, sähe es natürlich anders aus.

Auch da sieht man: Wir machen ernst mit den Zielsetzungen der österreichi­schen Mobilitätsstrategie, die ich Ihnen übrigens als Lektüre empfehle. Dieser zufolge sollen bis 2040 40 Prozent aller zurückgelegten Personenkilo­meter mit Öffis zurückgelegt werden. Derzeit sind es 27 Prozent oder ein bisschen mehr, es ist also keine geringe Herausforderung.

Vor allem in Richtung der Vertreter:innen der kleinen Männer und Frauen, die den motorisierten Individualverkehr favorisieren und sich besonders für den raschen Ausbau von Straßen einsetzen, möchte ich auch den sozialpoliti­schen Aspekt der Mobilität betonen. Schauen Sie sich einmal die Statistik an: Fast die Hälfte der Haushalte mit niedrigem Einkommen hat gar kein Auto. Demgegenüber hat fast die Hälfte der Haushalte mit höherem Einkommen mindestens zwei Autos. Das ist so, weil ein eigenes Auto die teuerste Option ist. Mobilität ist aber ein Grundbedürfnis; und damit alle mobil sein können, brauchen wir die Bahn, brauchen wir den ÖV, denn der ist für alle leistbar und nicht nur für die privilegierte Schicht. (Beifall bei den Grünen und bei Bun­desrät:innen der ÖVP.)

Da wurde mit dem Klimaticket wirklich ein Meilenstein gesetzt (Zwischenruf des Bundesrates Spanring), nämlich mit 1 095 Euro für das ganze Jahr. Wissen Sie, wie weit Sie mit 1 095 Euro mit dem Auto fahren können? – Wenn es hoch hergeht, 2 000 Kilometer, eher weniger, wenn das Auto ein bisschen grö­ßer ist. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Bundesrat Spanring: Nur mit den E-Autos!) Diese 15 Milliarden Euro dienen also unmittelbar der Daseinsvorsorge, damit eben alle Menschen überall mobil sein können.

Ein kleines Beispiel mit Lokalstolz – ich bringe den ohnehin selten ein –, Vorarl­berger Lokalstolz: Im Bregenzerwald – das ist keine Metropolenregion, aber eine sehr schöne Region – gibt es 21 Buslinien. 21 Buslinien! (Beifall bei den Grünen.) Auf den Hauptachsen fahren diese im Halbstundentakt. (Zwi­schenruf des Bundesrates Spanring.) Es geht also schon, wenn man will. Am bes­ten geht so etwas natürlich mit den Grünen in der Regierung. Das ist einmal klar. (Beifall bei den Grünen.)

Was ich zum Schluss noch einmal kurz erwähnen möchte, weil es so wichtig ist: Die Energiepreishausse in den letzten zwei Jahren war krisengetrieben, getrieben von geopolitischen Verschiebungen, natürlich vor allem von der ein­seitigen Aggression Russlands gegen die Ukraine, die Millionen Menschen vertrieben hat. Wir erleben gerade eine geopolitische Komplettverschiebung; es ordnet sich alles neu. Europa muss auch einen neuen Platz finden. Eine Aus­wirkung davon ist, dass wir jetzt schmerzvoll merken, dass wir in vielen Bereichen, bei ganz wichtigen Rohstoffen sehr, sehr abhängig sind, aber auch bei Fertigprodukten wie Computerchips, die, wie gesagt worden ist, überall drinstecken und für einen gesunden Wirtschaftsraum unverzichtbar sind. Und dieser Wirtschaftsraum ist Europa! Ich möchte es betonen. Gerade jetzt, in diesen Zeiten ist es wichtig, den europäischen Raum zu stärken. Gerade auch eine Versorgung mit Computerchips kann ein Staat alleine nicht leisten. Da brauchen wir ganz Europa dafür, wiewohl auch die einzelnen Mitgliedstaaten gefordert sind. Das ist ganz klar.

Die Unterstützung mit 2,8 Milliarden Euro für Produktionskapazitäten ist schon erwähnt worden. Nicht zu erwähnen versäumen möchte ich die Festlegung von 90 Millionen Euro für Entwicklungstätigkeiten, also F&E, quasi vom Labor in die Fabrik, weil das auch wichtig ist, denn auch die Chipwelt bleibt ja nicht stehen, auch die dreht sich weiter.

Mit einem Blick auf die Themen, die ich jetzt skizziert habe, kann, so finde ich, Zukunftsoptimismus vermittelt werden, und den können wir vielleicht gerade auch in der Vorweihnachtszeit alle gut gebrauchen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

11.52

Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses.