14.14
Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer:innen! Ich bin doch froh, dass heute der Finanzminister bei uns ist, wenn wir dieses wichtige Thema debattieren. Ich debattiere ehrlich gesagt lieber mit dem zuständigen Minister als mit dem Staatssekretär wie vor zwei Wochen. (Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig.)
Als Kommunalsprecher werde ich mich natürlich wieder – sonst würde ich meiner Verantwortung nicht nachkommen – den Gemeindefinanzen widmen, mich darauf fokussieren. Die Kritik fällt mir ein bisschen leichter als meinem Kollegen Sascha Obrecht, denn ich komme aus einem ÖVP-dominierten Bundesland, aus Oberösterreich. Das ist aber bitte nicht falsch zu verstehen, denn ich sehe diese Diskussion, diese Debatte nicht als verbale Auseinandersetzung, sondern als sachlichen Austausch, der aber sehr, sehr viel Brisanz in sich hat, weil es um die Finanzen der Kommunen wirklich extrem schlecht bestellt ist.
Wir als SPÖ werden diesen Gesetzesanträgen zustimmen, aber nicht weil wir damit zu 100 Prozent einverstanden sind, sondern – ganz ehrlich – weil uns als Opposition ein bisschen die Option fehlt: Wir müssen das nehmen, was zur Verfügung gestellt wird, auch wenn es zu wenig ist. (Bundesrat Himmer: Man nimmt, was man kriegt! – Bundesminister Brunner: Einstimmiger Beschluss!)
Ganz kurz: Wie sieht das Umfeld aus, in dem wir uns befinden? – Die Wirtschaft schrumpft, die Arbeitslosigkeit und die Verschuldung steigen, und die Teuerung rauscht noch immer ungebremst durch das Land. Die Menschen müssen weiter darunter leiden, und die Gemeinden fahren – das muss ich festhalten –, nur weil Sie das Steuer nicht herumreißen – der Finanzausgleich wäre eine sehr, sehr große Chance dafür gewesen –, ungebremst gegen die Wand.
Schauen wir uns die Situation in den Gemeinden und Städten an: Vereinfacht könnte man sagen, dass die Ausgaben und die Verantwortung steigen, die Einnahmen sinken. So werden die Gemeinden und die Kommunen ausgehungert und – das ist das Tragische – zu Bittstellern degradiert. Die Gemeindeautonomie ist dadurch natürlich auch infrage gestellt. Das heißt, die Not der Gemeinden wird immer größer und die Zahl der Abgangsgemeinden – also jener, die nicht mehr ausgleichen können – nimmt dramatisch zu. Nicht nur in Oberösterreich werden 2024 – ich habe das schon vor zwei Wochen gesagt – rund die Hälfte aller Gemeinden ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen können, und das ist eine sehr dramatische und besorgniserregende Entwicklung. (Beifall bei der SPÖ.)
Gleichzeitig fehlen auch die notwendigen finanziellen Spielräume für Investitionen in wichtige Zukunftsbereiche – in die Kinderbildung oder auch in den Klimaschutz –, und das schadet natürlich der regionalen Wirtschaft und gefährdet dort die Arbeitsplätze, weil unsere Projekte leider in den Schubladen liegen bleiben müssen.
Jetzt komme ich zum Finanzausgleich, der diese Fehlentwicklung – das ist sie aus meiner Sicht – zwar etwas bremst, aber ihr keinesfalls nachhaltig entgegenwirkt, denn die Realität ist eine ganz andere, was wir jetzt anhand der Zahlen sehen. Das versprochene Geld – wir hören das ja ständig in den Debattenbeiträgen – kommt bei den Gemeinden nicht an und vieles versickert in den Bundesländern. Das hat jetzt sogar der ÖVP-dominierte Gemeindebund erkennen müssen. Am Anfang hat er über das Ergebnis des Finanzausgleiches ja noch mitgejubelt, jetzt kommt sozusagen die Erkenntnis, dass die Gemeinden sehr, sehr große Schwierigkeiten haben, ihre Budgets zu erstellen, und nun fordert er auf einmal neuerliche Gespräche mit dem Bund. Es ist schade, dass man diese Debatte nicht in den monatelangen Verhandlungen geführt hat, sondern wenige Tage nach Abschluss der Verhandlungen zu dieser Erkenntnis kommt.
Jetzt noch ein paar Beispiele, die diese Dramatik zeigen – diese Zahlen sind unverrückbar –: Es wird immer vom Zukunftsfonds gesprochen und der wird auch in alle Höhen gelobt – 1,1 Milliarden Euro –, aber jetzt ist ja die Katze aus dem Sack, denn wir kennen die Zahlen. Ich nenne eine Zahl aus meiner Gemeinde zum Thema Kinderbildung und Kinderbetreuung. Wir werden – das ist eine Hochrechnung für nächstes Jahr – rund 400 000 Euro Abgangsdeckung zu leisten haben. Der Betrag, der jetzt aus dem Zukunftsfonds kommt, beträgt satte 68 000 Euro. Mit diesen 68 000 Euro soll man dann auch noch – das ist ja auch das Ziel und der Wunsch der Regierung – die Zahl der Betreuungsplätze ausbauen und so die Betreuungsquote steigern. – Herr Finanzminister, bei aller Wertschätzung: Wie soll das funktionieren? (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)
Ein weiteres Beispiel: Die SHV-Umlage für die Pflege steigt um fast 20 Prozent, und allein diese Steigerung – auch das habe ich schon gesagt – frisst die Steigerung bei den Ertragsanteilen bis auf den letzten Euro weg. Weiters steigen der Krankenanstaltenbeitrag um 7 Prozent, die Personalkosten um mehr als 9 Prozent. All diese Posten, all diese Kosten erhöhen das Minus in der Gemeinde. Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen, die Gemeinden werden so über kurz oder lang in den Ruin getrieben, und das wissen Sie auch.
Keine Kritik aber ohne Lösungsvorschlag oder Lösungsansatz: Wir hätten eigentlich im Nationalrat versucht, Lösungen zu präsentieren, und auch einen Antrag gestellt – leider konnten die Regierungsparteien dem nicht zustimmen.
Kurz zusammengefasst: Wir fordern weiterhin die Rücknahme der Senkung der Körperschaftsteuer auf Unternehmensgewinne (Beifall bei der SPÖ), die Nichtrückzahlung des gewährten Sondervorschusses von 300 Millionen Euro und als dritten Punkt zusätzliche Finanzmittel, die aber bitte nicht über die Länder an die Gemeinden, sondern direkt an die Gemeinden gehen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Brunner.)
Herr Minister, wir werden nicht lockerlassen. Jeden Tag wird die Zahl der Gemeinden größer, die dieser Kritik folgen. Es gibt, wenn Sie jetzt auf krone.at nachlesen, auch einen sehr prominenten Unterstützer, nämlich Ihren Landeshauptmann, Landeshauptmann Wallner, der ebenfalls Zusatzmillionen für die Gemeinden fordert. (Rufe bei der SPÖ: Hört! Hört!) Also so falsch können wir da mit unserer Kritik und Analyse ja nicht liegen. Also bitte – und ich formuliere es als Bitte – entlasten Sie jetzt sofort und vor allem nachhaltig die österreichischen Gemeinden und Städte! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
14.22