18.29
Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die letzten beiden Reden habe ich – in ihrem Inhalt, in ihrer Tonlage – schon sehr der Thematik angemessen empfunden, und gerade deswegen – ich weiß, lieber Adi Gross, dieser Sektor (in Richtung SPÖ weisend) gefällt dir nicht – tut es mir namens dieses Sektors sehr leid, dass das gegenüber Ihnen respektive gegenüber Ihren Eltern passiert ist. Das gehört sich nicht. Ich hoffe, die Frau Präsidentin wird sich dazu noch äußern. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Das NS-Verbotsgesetz entstand 1945, einen Monat nach Ende des schrecklichen Zweiten Weltkriegs, noch unter dem vollen Eindruck des Mordens und des Antisemitismus. Erst 1992 wurde die erste Novellierung daran vorgenommen, und jetzt wird es wieder novelliert.
Frau Bundesministerin, ich habe mich erkundigt, wie die Vorarbeiten zu diesem Gesetzentwurf waren. Ich möchte Ihnen ein Dankeschön ausrichten, denn die Arbeitsgruppe in Ihrem Ministerium hat beispielhaft gezeigt, wie man gemeinsam in Würde und in Respekt, unter Einbeziehung der Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren, einen Entwurf wesentlich verbessert – und das ist das, was wir heute hier vorliegen haben.
Das novellierte NS-Verbotsgesetz schafft einige Neuheiten. Die erste ist: Jeder kennt den Begriff Kellernazis. Warum gibt es diesen Begriff? – Weil in manchen Kellern unfassbare Mengen an NS-Devotionalien lagern (Bundesrat Schreuder: Sie wurden gehortet!) – ja, gehortet wurden. Was geschah in solchen Fällen bisher? – Wenn man dieser Person nicht nachweisen konnte, dass sie eine Wiederbetätigung begangen hat, dann musste dieser ganze Schund, Mist und Müll zurückgegeben werden. Das ist jetzt vorbei, und ich glaube, dass das ein ganz, ganz wichtiger Schritt ist. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Auch vorbei ist, dass Österreicher zum Beispiel nach Teheran reisen und dort den Holocaust oder die Gaskammern verleugnen können. Das ist vorbei, jetzt greift dieses Gesetz gegenüber Österreichern und Österreicherinnen auch bei Taten, die sie im Ausland begehen. Das ist eine ganz essenzielle Notwendigkeit: die Ausdehnung der Strafgewalt auch auf das Ausland. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Arlamovsky und Schreuder.)
Kommen wir zu den Sammlern und Forschern: Bitte, das ist ja kein Gesetz, das das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes bedroht, das Beispiele zeigt, in welcher Geisteshaltung da gehandelt wird. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) Leute, die im Grunde Devotionalien verherrlichen oder ausstellen, können natürlich eine Bedrohung sein.
Die Novelle hat allerdings einen kleinen Beigeschmack: Eigentlich sollte ein NS-Verbotsgesetz auch ein Handwerkszeug für den berüchtigten Stammtisch sein. Die Novelle enthält allerdings die kleine Regelung, dass, um sich der Leugnung des Holocausts strafbar zu machen, mindestens zehn Leute anwesend sein müssen. Das ist ein Heruntersetzen von 30 – 30 waren es bisher, jetzt sind es zehn –, das alles schätze ich, liebe Frau Bundesministerin, aber ich will auch nicht, dass vor fünf Leuten im Gasthaus der Holocaust oder die Gaskammern geleugnet werden. (Beifall bei der SPÖ.)
Was ich noch hervorheben möchte, ist, dass, je nach Tatbestand, drei eigenständige Strafsätze enthalten sind. Das heißt, es gibt Tatbestände mit einer Strafdrohung von sechs Monaten bis fünf Jahren, es gibt Tatbestände, die mit einer Strafe von fünf bis zehn Jahren bedroht sind, und welche von zehn bis 20 Jahren. Da geht es um Tatbestände nach den Paragrafen 3g und 3h.
Ich sage als jemand, der lange, 35 Jahre, Bewährungshelfer für das Bundesministerium für Justiz war – Sie alle erinnern sich an die Jugendlichen in Oberösterreich; mit denen muss man anders umgehen –: Wir brauchen Präventionsmaßnahmen. (Bundesrat Schreuder: Ja!) Das ist in diesem Gesetz drinnen. Das möchte ich besonders unterstreichen, weil nicht jedes Gesetz Präventionsmaßnahmen vorsieht. Ich bin für Prävention und nicht für das Gefängnis. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie der Bundesräte Arlamovsky und Preineder.)
Für diese drei, ich sage es einmal so, irregeleiteten Jugendlichen ist es besser, dass sie mit den Gräueltaten des Nationalsozialismus konfrontiert werden. Ich bin da ganz bei Ihnen, Frau Bundesministerin, Sie haben irgendwo – ich weiß nicht mehr wo, aber ich glaube, ich habe es in einem Interview von Ihnen gelesen; falls nicht, können Sie mich gleich korrigieren – gesagt: „Es reicht nicht aus, einfach nach Mauthausen und wieder zurück zu fahren.“ Das ist keine Prävention, das ist ein Einmal-Hin-und-Zurückfahren. – Das heißt, es muss mehr sein, und deshalb ist auch politische Bildung so wichtig.
Nun zu Ihnen, Herr Kollege Spanring: Sie waren auf vielen Demonstrationen, haben Sie gesagt. Ich bin da mehrmals erzwungenermaßen hineingeraten, weil ich in der Zeit, in der die Straße den Demonstrant:innen gehört hat, die Innenstadt durchqueren wollte. Was ich dort schon gesehen habe, waren Menschen mit Judensternen (Bundesrat Steiner: Das hat er eh gesagt! Das hat er ja gesagt!), und da war 88, HH und weiß ich was drauf. (Bundesrat Steiner: Nein, nein! – Bundesrat Spanring: So ein Schwachsinn! – Bundesrat Steiner: Geh zum Augenarzt oder zu einem Doktor, der ...! – Bundesrat Spanring: Das ist eine miese Unterstellung! – Bundesrat Steiner: Eine glatte Lüge!) – Danke, danke, ist okay. (Bundesrat Spanring: Die wären sofort verhaftet worden von der Polizei!)
Wenn er das eh gesagt hat, dann unterstreichen wir das hier ja nur. (Bundesrat Spanring: Wo war denn die Polizei? Herr Kollege, erklär mir das! Das schau ich mir an!) – Soweit ich weiß, war die Polizei mehr als oft mit diesen Demonstrationen beschäftigt. (Bundesrat Spanring: Du redest nur Blödsinn, wirklich! – Bundesrat Steiner: Das ist reiner Schwachsinn!) Sie hatte wahrscheinlich mehr zu tun, als nur nach dem Verbotsgesetz zu kontrollieren (Ruf bei der FPÖ: Genau, jetzt auf einmal!), weil das in der Hochzeit der Pandemie war. (Bundesrat Spanring: Zeig mir die Fotos, Schennach! Das hast du sicher fotografiert!) Noch einmal: Einer der Gründe, warum es auch bei den Coronademonstrationen zur Anwendung dieses Gesetzes gekommen ist, ist, dass es dort zu Verleugnungen, zum Missbrauch von Holocaust- und Nazisymbolen gekommen ist. (Ruf bei der FPÖ: Nein, nein!)
Gut, schreit weiter, es ändert nichts daran, dass ihr heute hier dagegenstimmt. (Bundesrat Spanring: Diese Leute hätte ich selber angezeigt! ... Genau so wäre es gewesen! Das ist eine glatte Lüge von dir, eine glatte Lüge!) Das müsst ihr mit eurem Gewissen ausmachen. (Bundesrat Steiner: Keine Sorge!) Wir wissen auf jeden Fall, dass diese Verschärfungen des Verbotsgesetzes nach so vielen Jahren nötig sind. Es ist nach 1992 zu aktualisieren und auf den heutigen Stand zu bringen. Das ist der richtige Schritt, und wir werden dieser Novelle mit Freude zustimmen. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
18.38
Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Ministerin Dr. Alma Zadić. – Bitte sehr, Frau Minister.