19.49

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank an den Vorredner für die Kürze der Ausführungen.

Ich würde wirklich gerne erleben, dass es uns endlich egal ist, welches Geschlecht ein Mensch hat, den wir lieben, oder welches Geschlecht die Person hat, die unseren Staat lenkt, die uns operiert, die uns lehrt (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler), die forscht, die uns pflegt, die uns erzieht (Bundesrat Lein­fellner: Ja, es braucht halt einmal Manderl und Weiberl für ein ...!), die sich um uns sorgt, uns liebt oder die unsere Familie ist. (Beifall bei den Grünen.)

Es sind nämlich nicht die biologischen Geschlechtsmerkmale, die die Qualität unserer Elternschaft ausmachen – es ist unser Charakter, es sind unsere Werte, es sind unsere Fähigkeiten, es ist unsere Liebesfähigkeit und die Sorge um andere, vor allem im familiären Bereich. (Beifall bei den Grünen.)

Warum das vor allem für die FPÖ so schwer zu verstehen ist, ist mir ein Rätsel. Diese Schwerfälligkeit erinnert mich (Zwischenruf bei der FPÖ) – verzeiht den Exkurs! – an den Foucault’schen biopolitischen Ansatz, laut dem Geschlecht, Liebe und Fortpflanzung zu politischen Steuerungsinstrumenten werden. Entscheidungen in Bezug auf Familie sollen allerdings im Privatbereich liegen, Stichwort pro choice, worum es ja auch immer wieder geht.

Heute gehen wir einen weiteren Schritt in Richtung Gleichberechtigung aller Geschlechter (Bundesrat Spanring: Aller zwei Geschlechter!) sowie der Gleichstellung von Ehe und eingetragener Partnerschaft. (Ruf bei der FPÖ: Aber zwei Stiere können kein Kalb kriegen!) Ich erkläre das auch kurz, weil es ja in der Gott sei Dank sehr kurzen Rede vor meiner nicht erklärt wurde: In auf­rechter Ehe oder eingetragener Partnerschaft von verschiedengeschlecht­lichen Paaren wird von Gesetz her vermutet, dass ein Kind von beiden Elterntei­len gezeugt wurde – egal, von wem das Kind tatsächlich stammt. Mit der Geburt sind beide Ehepartner:innen oder eingetragene Partner:innen rechtlich anerkannte Elternteile.

Bei zwei verheirateten Frauen oder eingetragenen Partnerinnen war das nicht beziehungsweise nur eingeschränkt der Fall – nämlich dann, wenn eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung vorgenommen wurde. Wurde das Kind anders gezeugt, waren nicht beide Elternteile automatisch rechtlich anerkannte Elternteile. Diese Ungleichbehandlung beheben wir heute; denn oft – und das wissen wir auch aus dem Ausschuss – werden andere Wege der Zeugung gewählt, weil eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung oft sehr teuer und hochkompliziert ist.

Mit der heutigen Gesetzesänderung wird nun auch die andere Person in der Ehe oder eingetragenen Partnerinnenschaft mit einer Frau automatisch – und das ist der wichtige Punkt – als anderer Elternteil anerkannt, egal, wie das Kind gezeugt wurde. Wenn die zweite Person in der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft der Fortpflanzung auch noch ausdrücklich zustimmt, kann eine Feststellung der Nichtabstammung vor Gericht nicht begehrt werden. Das klingt sehr kompliziert, ist aber sehr wichtig, damit eben Abstammungs­verhältnisse – genauso wie in der verschiedengeschlechtlichen Ehe – dauerhaft gesichert sind. Das ist auch wichtig für das Aufwachsen des Kindes, um eine Sicherheit zu haben, wer die Eltern sind.

Ein Punkt ist nicht zu vernachlässigen: Dies schützt auch Samenspender, damit diese nicht die Vaterschaft übernehmen müssen. Das ist auch eine Art der Rechtssicherheit. Der Beschluss, dass nächstes Jahr ein zentrales Register über Samen- und Eizellenspenden einzurichten ist, ist höchst sinnvoll, denn es ist extrem zu empfehlen, einen solchen Registereintrag vorzunehmen oder zu­mindest bei der Zustimmungserklärung die Daten des Samenspenders aufzunehmen.

Wir wissen schließlich aus vielen Studien, dass die Offenheit in der Erziehung und bei der Behandlung der Familienverhältnisse oft nicht sehr einfach ist und immer wieder eine sensible und auch sehr langfristige Auseinanderset­zung mit dem Kind erfordert, aber extrem wichtig für eine gute Entwick­lung des Kindes und für sein Selbstverständnis ist. Ich bin sehr froh, dass wir diese Regelung nun endlich verankert haben. Sie hätte meiner Meinung nach schon weit früher Eingang ins Gesetz finden sollen, denn es ist und es war immer wahnsinnig enervierend und sehr traurig, dass nicht normative Geschlechter oder Beziehungen enormen seelischen Strapazen und Behördenirr­wegen ausgesetzt sind. Das ist natürlich auch für Kinder sehr anstrengend.

Nun werden diese Strapazen weniger und die soziale Familie wird abgesichert. Das ist gut so – denn vorzuschreiben, wer Familie sein kann, ist men­schenrechtlich falsch; und sie jemandem zu verweigern ist höchst unmenschlich. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

19.54

Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Viktoria Hutter. – Bitte.