10.31

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann natürlich bei einer Aktuellen Stunde, die sich auch um Regionen dreht, keine Rede anfangen, ohne auf den Begriff der Regionen einzugehen, der sowohl heute als auch bereits in der Bezeichnung des Ressorts irreführend verkürzt verwendet wird. (Vizepräsidentin Göll übernimmt den Vorsitz.)

Was ist eine Region? – Eine Region ist ein Teilgebiet. Sie ist nichts anderes als ein Teilgebiet einer größeren Fläche, zum Beispiel des ganzen Staatsgebietes. Was aber im Bundesministeriengesetz und offensichtlich auch in Ihrer Rede mit Regionen gemeint ist, sind ganz bestimmte Regionen.

Regionen kann man in einkommensstarke und einkommensschwache Regionen einteilen, man kann sie in zentrale oder periphere Regionen einteilen. Was Sie wahrscheinlich meinen, sind – aufgrund der Einteilung – urbane und rurale Regionen. Und Sie meinen höchstwahrscheinlich rurale Regionen, aber das sollten Sie auch dazusagen, denn ganz Österreich besteht aus Regionen, es gibt keinen Quadratzentimeter Österreichs, der nicht einer Region angehört. (Bundesrat Schreuder: Wir haben in Wien viel Landwirtschaft!)  Wien ist zum Beispiel, wenn ich es jetzt höre, eine zentrale Region und eine urbane Region. (Bundesrat Tiefnig: Bei uns sind es Regionen!)

Jetzt zur Landwirtschaft: Das Jahr 2022 war, wie wir es im letztvorliegenden Grünen Bericht gelesen haben, zweifelsohne ein Jahr der Extreme. Aufgrund der Verwerfungen und der Preisrallyes auf den Agrarbörsen durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine gingen neben den Gas- und Energiepreisen auch die Agrarpreise durch die Decke. Von diesen höheren Absatzpreisen profitieren naturgemäß auch die landwirtschaftlichen Erzeuger einiger Sparten. Damit konnten – wir haben es bereits gehört – 2022 die Landwirte ein durchschnittliches Plus an Einkünften von beachtlichen 42 Prozent verzeichnen. Das ist aber kein Grund zur Euphorie, weil nämlich diesen Mehreinnahmen auch stark gestiegene Kosten für Betriebsmittel wie Dünger, Futtermittel und Energie gegenüberstehen, die den Landwirten das Leben noch immer schwermachen.

Mittlerweile wissen wir, dass für das heurige Jahr davon ausgegangen werden muss, dass das Kurzzeithoch auf den Agrarabsatzmärkten einbricht, aber die Kosten für die Betriebsmittel weiterhin überdurchschnittlich hoch bleiben. Die bevorstehenden Zahlen für heuer werden also die Stimmung erneut trüben. Diesen Negativtrend bestätigen auch bereits die ersten Schätzungen der Statistik Austria für die diesjährige Entwicklung im Agrarsektor, die kürzlich veröffentlicht wurden.

Darüber hinaus offenbart die langjährige Betrachtung die traurige Realität, dass die Einkommensverhältnisse in der Landwirtschaft seit Jahren stagnieren und sich leider keineswegs verbessert haben, insbesondere kleineren Betrieben fällt es zunehmend schwer, sich mit ihrer Arbeit ein ordentliches Auskommen zu sichern. Viele geben daher auf und für die jungen Generationen wird es immer unattraktiver, den elterlichen Hof zu übernehmen. Dieses Höfesterben schreitet leider unaufhaltsam voran. Kleinere Betriebe müssen aufgeben, wohingegen der Trend zu wenigen großen Betrieben mit immer mehr Flächen ungebrochen anhält. Zwischen 2010 und 2020 musste jeder neunte Hof schließen – aktuelle Zahlen konnte der Grüne Bericht 2023 leider nicht liefern.

Wir wissen also insbesondere noch nicht, wie sich die letzten zwei Krisenjahre auch auf die Überlebensfähigkeit kleiner Betriebe ausgewirkt haben. Doch eines ist sicher: Es besteht nach wie vor massiver Handlungsbedarf, um auch kleinstrukturierten Familienbetrieben ein ordentliches Auskommen zu ermöglichen.

Ein zu geringes Einkommen ist naturgemäß der Hauptgrund, warum Betriebe ihre Tore schließen. Das durchschnittliche Jahreseinkommen je Hof lag seit 2011 bei gerade einmal 31 000 Euro. Zum Vergleich: Das Durchschnittseinkommen unselbstständiger Erwerbstätiger liegt in etwa bei 45 000 Euro brutto. Das kann sich also auf Dauer für viele landwirtschaftliche Familienbetriebe nicht ausgehen. Ein Grundübel dieser Entwicklung besteht sicherlich in den viel zu niedrigen Erzeugerpreisen und dem Missverhältnis zwischen landwirtschaftlicher Erzeugung, Verarbeitungsbetrieben und dem Handel.

Obwohl die Preise in den Lebensmittelregalen bekanntlich gestiegen sind, fließt den Landwirten davon nach wie vor leider nur ein geringer Teil des Endkundenpreises zu. Für den Weizen, der etwa in einer Semmel steckt, erhält ein Landwirt gerade einmal 2 Cent – bei einem Endpreis von 32 Cent. Da müsste also dringend nachgeschärft werden, um dieses extreme Missverhältnis endlich umzukehren und eine ausgeglichene und gerechtere Verteilung in der Wertschöpfungskette herbeizuführen.

Leider konnten Sie uns bis heute nicht sagen, wie Sie diesen Trend in Zukunft umkehren wollen beziehungsweise welche Maßnahmen Sie verfolgen, um die österreichische Landwirtschaft in eine Zukunft zu führen, in der es möglich ist, ein angemessenes Einkommen ohne massive staatliche Zuschüsse zu erwirtschaften. In Ihrer Rede haben Sie, glaube ich, in jedem zweiten Satz irgendeinen Zuschuss erwähnt. Da gibt es leider nach wie vor keine Vision.

Die Konsequenzen dieser Untätigkeit werden uns spätestens im Grünen Bericht 2024 wieder beschäftigen. Sie haben zwar erwähnt, dass es den Programmprozess Vision 28 plus geben soll, aber es bleibt weiterhin fraglich, ob dieser Prozess am Ende tatsächlich einen Mehrwert für die österreichische Landwirtschaft entfaltet oder wieder nur in der groß angelegten PR-Phase stecken bleiben wird, wie es in der Vergangenheit leider des Öfteren geschehen ist. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.37

Vizepräsidentin Margit Göll: Zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme hat sich nochmals der Herr Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtshaft zu Wort gemeldet.

Ich erteile es ihm und darf ihn bitten, die Redezeit von 5 Minuten nach Möglichkeit einzuhalten. Vielen Dank.