15.50

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Liebe Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher daheim! Kollege Obrecht, du hast mit deiner juristischen Analyse nun aufgezeigt, was deiner Meinung nach mit diesem Gesetzentwurf alles nicht funktioniert und wo die Probleme sind. (Die Bundesrätinnen Grossmann und Hahn: Das ist keine individuelle Meinung!) Ich werde jetzt ein paar konkrete Beispiele für das, was schon funktioniert, bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich einen Mitarbeiter vor – Peter –, der nach seinem Arbeitsvertrag fragt, nach seinem Dienstzettel fragt, aber keine klare Antwort erhält. Kurze Zeit später wird er gekündigt.

Oder denken Sie sich eine Dienstnehmerin – Susi –, die neben ihrem Hauptjob noch eine Nebenbeschäftigung ausübt, um über die Runden zu kommen. Plötzlich wird sie ohne eine plausible Erklärung gekündigt.

Oder stellen Sie sich noch einen weiteren Mitarbeiter vor – den Elektriker Georg –, der die Schaltberechtigungsprüfung absolvieren möchte, um im Starkstrombereich arbeiten zu können, doch sein Arbeitgeber weigert sich, die Kosten für diese Weiterbildung zu übernehmen.

Mit den neuen gesetzlichen Bestimmungen, die wir aller Voraussicht nach beschließen werden, sind Peter, Susi und Georg nun geschützt, denn dieses Gesetz bringt mehr Transparenz. Arbeitgeber müssen in Zukunft zusätzliche Informationen wie die Tätigkeitsbeschreibung, die Dauer der Probezeit oder das Kündigungsverfahren am Dienstzettel festhalten. Es bedeutet auch mehr Sicherheit, denn der Dienstzettel muss unverzüglich nach Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgehändigt werden, ansonsten drohen Strafen bis zu 2 000 Euro. (Bundesrat Obrecht: Das ist geltende Rechtslage, das ändert sich durch das nicht!)

Es bedeutet auch mehr Flexibilität, denn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben das Recht auf Mehrfachbeschäftigung sofern es mit dem Hauptjob vereinbar ist. Es bedeutet mehr Weiterbildung, denn wenn aufgrund von gesetzlichen Vorschriften, des Kollektivvertrages oder des Arbeitsvertrages bestimmte Weiterbildungen notwendig sind, um eine Tätigkeit auszuüben, muss der Arbeitgeber zukünftig diese Kosten tragen. (Bundesrat Obrecht: Was passiert, wenn er es nicht tut?)

Schlussendlich bedeutet es auch einen größeren Schutz der Arbeitnehmer, denn Arbeitnehmer haben zukünftig das Recht, bei Fällen wie jenem, den ich eingangs erwähnt habe, innerhalb von fünf Tagen nach Erhalt der Kündigung vom Arbeitgeber eine schriftliche Erklärung dafür zu erhalten. (Bundesrat Obrecht: Auch hier: Was passiert, wenn er es nicht macht? – Es passiert nichts, das ist das Problem dabei!)

Die EU-Richtlinie, die wir nun umsetzen (Bundesrätin Hahn: Oder nicht umsetzen!), stärkt die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie bekämpft prekäre Beschäftigungsverhältnisse und sie sorgt für mehr Fairness und Transparenz am Arbeitsmarkt. (Beifall bei der ÖVP. Bundesrätin Hahn: Was ist mit allem, was nicht jetzt umgesetzt wird?)

Das sind eigentlich alles Themen, die auch der SPÖ wichtig sind. Was macht aber die SPÖ heute? – Wir haben es gehört: Sie stimmt, wie auch schon bei der Abschaffung der kalten Progression, nicht mit. (Bundesrätin Hahn: Da sind Mängel über Mängel drinnen!) Im Nationalrat hat Kollegin Heinisch-Hosek die Ablehnung unter anderem auch damit begründet, dass das nur Mikroverbesserungen seien. Kollege Obrecht hat noch juristische Bedenken geäußert (Rufe bei der SPÖ: Ja, berechtigte!) und gesagt, das sei mangelhaft umgesetzt.

Okay, Kollegen, es mögen vielleicht nur Mikroverbesserungen sein – nennen wir es von mir aus so (Bundesrätin Grossmann: Mangelhafte Umsetzung!) , aber auch Mikroverbesserungen sind Verbesserungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Verbesserungen gehen in die richtige Richtung, ganz im Gegensatz nämlich zu Ihrer Forderung nach der 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und in allen Sparten. (Bundesrätin Schumann: Die Forderung haben wir nie gehabt! Dichtung und Wahrheit! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Diese Forderung führt nämlich zu gar nichts, sie dient nur der Stimmenfängerei. Denn die unangenehme Wahrheit ist: Wir müssen mehr arbeiten, wir müssen effizienter arbeiten (Bundesrätin Schumann: Arbeiten bis 67 heißt es bei der ÖVP!) und wir müssen wahrscheinlich auch länger arbeiten, um den Wohlstand langfristig erhalten zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, daheimsitzen und Freizeit genießen waren nicht die Faktoren, die in der Vergangenheit zu unserem Erfolg und unserem Wohlstand beigetragen haben. (Bundesrätin Schumann: Behaupten Sie das jetzt von den Frauen in Teilzeit? Um Gottes willen!) Es waren vielmehr die Leistungsbereitschaft, der Fleiß, das Engagement, die Weiterbildungsbereitschaft und die Innovationsstärke der österreichischen Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer, und auf diese wird es auch weiterhin ankommen! (Bundesrätin Hahn: Leisten die Österreicher:innen Ihnen zu wenig?) – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.54

Vizepräsident Dominik Reisinger: Ich darf die bereits bei uns weilende Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler begrüßen: Herzlich willkommen im Bundesrat! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesrät:innen von SPÖ und Grünen.)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Schartel. Ich erteile ihr dieses.