19.23

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Werte Frau Staatssekretärin! Einmal melde ich mich noch; ich verspreche, ich mache es nicht lang. Es gab ja auch sachliche Kritik. Ich weiß, jetzt, nach über 3 Stunden, ist es etwas schwierig, den Spannungsbogen aufrechtzuerhalten, aber auf ein paar Sachen muss man noch Bezug nehmen, einfach weil sie nicht stehen gelassen werden können.

Frau Kollegin Huber! Sie haben kritisiert, dass dauernd von Strafen geredet wird, und Sie als Unternehmerin können das nicht nachvollziehen. – Mag sein. Es gibt unterschiedliche Perspektiven auf unterschiedliche Themen, das verstehe ich. Der Punkt ist nur: Nicht ich rede von diesen Strafen, sondern die Richtlinie redet von diesen Strafen; und der österreichische Gesetzgeber hat nicht nur die Möglichkeit, diese Strafen umzusetzen, sondern er hat die Verpflichtung, diese Strafen umzusetzen.

Artikel 19 der Richtlinie  lautet nämlich – und ich mach es ganz kurz –: „Die Mitgliedstaaten legen Regeln für Sanktionen fest, die bei Verstößen gegen nationale Rechtsvorschriften, welche gemäß dieser Richtlinie erlassen wurden, oder gegen bereits geltende einschlägige Vorschriften zu Rechten, die unter diese Richtlinie fallen, anwendbar sind. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein.“

Das ist die Vorgabe, die müssen wir umsetzen.

Insofern darf ich auch noch kurz auf Kollegin Eder replizieren. – Sie haben gesagt, dieser Gesetzesbeschluss vom Nationalrat, so wie er daliegt, schafft mehr Flexibilität, schafft ein Recht auf Mehrfachbeschäftigung. – Das stimmt, aber die Frage ist: Was ist, wenn es der Arbeitgeber vereitelt? – Wir müssen wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen vorsehen. Die gibt es nicht, die sind nicht drinnen.

Sie haben gesagt, dieser Gesetzesbeschluss schafft mehr Weiterbildung, Arbeitgeber müssen die Kosten tragen. – Was ist, wenn der Arbeitgeber die Kosten für die Weiterbildung nicht trägt? – Nichts. Die Sanktionen sind wieder nicht vorgesehen.

Es gibt einen Gesetzesvorschlag für Sanktionen bei bestimmten Sachverhalten. Diese Sanktionen sind wirksam und sind drinnen. Das finde ich auch gut. Es gibt auch viele Punkte drinnen, die ordnungsgemäß umgesetzt wurden; nur das fehlt.

Insofern würde ich auch noch gerne Ihre beiden Beispiele aufgreifen. Sie haben von der Susi geredet, die neben ihrem Hauptjob noch einen Nebenjob hat, um über die Runden zu kommen, und ohne plausible Erklärung gekündigt wird. – Was ist, wenn der Arbeitgeber jetzt keine Erklärung liefert? Sie haben recht, er muss sie liefern, das steht drinnen, aber was ist, wenn er es nicht macht? – Nichts ist dann! (Bundesrätin Schumann: Genau!)

Der Arbeitnehmer kann dann klagen, aber es gibt keine wirksame, abschreckende, angemessene Sanktion. Der Arbeitgeber könnte ihr auch den Nebenjob verbieten, er könnte sagen: Du darfst nicht nebenbei arbeiten! (Ruf bei der ÖVP: Nein!) – Auch das darf er nicht, das steht da auch drin, aber es gibt wiederum keine Sanktion, wenn er das tut. Deswegen ist das mangelhaft umgesetzt. (Zwischenruf der Bundesrätin Eder.)

Der Elektriker Georg, den Sie auch als Beispiel gebracht haben, will seine Schaltberechtigungsprüfung absolvieren, um im Starkstrombereich arbeiten zu können, doch sein Arbeitgeber weigert sich, ihm das zu ermöglichen. – Sie haben recht, Georg hat ein Recht darauf, das zu machen, aber was, wenn der Arbeitgeber es ihm verbietet? – Wieder nichts. Deswegen ist das eine mangelhafte Umsetzung. (Bundesrätin Eder: Er kann’s nicht ändern!)

Insofern sind Susi und Georg leider nicht geschützt. Auch wenn man es noch so oft wiederholt, ist es eben nicht richtig.

Zusätzlich noch, weil Sie gemeint haben, dieser Gesetzesbeschluss schafft auch mehr Sicherheit, weil der Dienstzettel nunmehr unverzüglich nach Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgestellt werden muss: Ja, das ist ein kleiner Zaubertrick von mir. In § 2 Abs. 1 Avrag steht nämlich Folgendes:

„Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer unverzüglich nach Beginn des Arbeitsverhältnisses eine schriftliche Aufzeichnung über die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag [...] auszuhändigen.“ – Unverzüglich, das steht ja schon drin. Das ist nicht der Gesetzesbeschluss. (Bundesrätin Eder: Ja, aber ...!) Das macht er auch nicht. Insofern muss ich auch das zurückweisen. (Bundesrat Himmer – in Richtung Bundesrätin Eder –: Du, ich kann dich beruhen!)

Ein letzter Punkt noch: Sie haben gemeint, die SPÖ stimmt nicht zu. (Bundesrat Himmer – in Richtung Bundesrätin Eder –: Es gibt immer unterschiedliche Interpretationen! Es ist immer alles relativ!) – Nein, ganz im Gegenteil. Wir wollen die Möglichkeit ergreifen, dass wir es dem Nationalrat zurückschicken, damit er das saniert, damit wir Österreich nicht der Gefahr eines Vertragsverletzungsverfahrens aussetzen. Da bitten wir um Zustimmung.

Der Einspruch wäre begründet und notwendig. Er wäre auch deshalb notwendig, um Österreich vor einem Schaden zu bewahren. Das wäre unsere Aufgabe und Verantwortung hier. (Beifall bei der SPÖ.)

19.27