18.51

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleg:innen! Frau Ministerin! Das Thema klingt zwar ein bisschen sperrig, aber vom Prinzip her ist das, was wir hier jetzt diskutieren, ein extrem wichtiges Übereinkommen der zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr – Cotif ist die Abkürzung. Die gibt es seit 1999, und sie verfolgt das Ziel, eine grenzüberschreitende Harmonisierung des internationalen Bahnverkehrs herbeizuführen.

Das ist ein wichtiges Anliegen, gar keine Frage. Da machen übrigens sehr viele Länder mit, genau genommen 50 Staaten, faktisch eigentlich alle europäischen – ich meine das geografisch – Staaten außer Weißrussland. Moldawien befindet sich gerade im Aufnahmeprozess. Es sind aber noch viele andere Länder dabei, die Türkei zum Beispiel, nordafrikanische Staaten und so weiter. Diese Organisation, die Cotif, verfügt über ein Sekretariat und arbeitet ein Übereinkommen aus. Wir kennen das von anderen Organisationen. Die Übereinkommen sind dann entsprechend zu ratifizieren respektive umzusetzen.

Genau um so ein Übereinkommen geht es hier heute; es nennt sich Cotif. Es geht dabei um Verbesserungen der Interoperabilität – das ist ein schwieriges Wort – bei Grenzübertritten, um Fragen der Zulassung von Eisenbahnunternehmen, vor allem aber um Fragen des sicheren Zugbetriebs, um Klärung von Kompetenzfragen et cetera. Für Österreich ergibt sich daraus kein konkreter Handlungsbedarf; das wurde bereits im Rahmen von EU-Regelungen abgearbeitet.

Die Harmonisierung des Bahnverkehrs ist leider eine mühsame Angelegenheit, wobei mit Blick auf die internationale Harmonisierung mühsam noch ein Euphemismus ist – allzu gewichtig sind nationale Befindlichkeiten und Eigeninteressen, muss ich ganz offen sagen. Viele Bahngesellschaften und deren Eigentümer – das sind dann meistens die betreffenden Staaten – haben wenig oder gar kein Interesse an Vereinheitlichung, weil die natürlich immer auch eine Öffnung bedeutet und Konkurrenz untereinander bringt. Zugegebenermaßen brauchen interstrukturelle Anpassungen tatsächlich auch Zeit, umso früher und klarer müsste man jedoch eigentlich die entsprechenden Rahmenbedingungen setzen.

Leider muss man festhalten, dass wir von einer internationalen Harmonisierung im Bahnverkehr noch ein paar Lichtjährchen entfernt sind. Zumindest für die EU muss es aber Ziel sein, schnellstmöglich einen einheitlichen europäischen Eisenbahnraum zu schaffen. Dafür wäre noch viel zu tun. Es ginge dabei um gemeinsame Sicherheitsvorschriften, um gleiche Zugbeeinflussungssysteme, um gleiche Betriebsspannungen, Spurweiten, gleiche Sprache, gleiche Tunnelweiten und so weiter. Das wird dann sehr schnell ziemlich kompliziert und ist wahnsinnig teuer.

Ich kann mich noch gut daran erinnern: Vor zwei Jahren habe ich eine moderne Lokomotive der ÖBB besichtigen können. Ein Drittel der Lokomotive ist mit solchen Schränken (mit den Händen einen Abstand andeutend) vollgestellt, gefüllt mit Software und Computersystemen. Dabei steht jeder Schrank für ein anderes Zugsicherungssystem, weil gerade die ÖBB, und das ist ja gut so, sehr viel grenzüberschreitend unterwegs ist, und das ist wirklich kompliziert und technisch enorm aufwendig.

Was wir für die Akzeptanz auch dringend bräuchten, sind gemeinsame Fahrpläne, Buchungssysteme und solche Dinge. Ich merke es gerade jetzt: Nächste Woche fährt der EU-Ausschuss nach Den Haag. Ich fahre mit der Bahn hin. Das wird dann mit mehrfachem Umsteigen schnell sehr kompliziert, wenn man sich die Tickets besorgt.

Ich möchte noch etwas dazusagen, weil es wichtig ist: Es geht natürlich nicht nur um den Personenverkehr, sondern – ganz wichtig – auch um den Güterverkehr. Komplizierte Eisenbahnregelungen – Kollege Schmid, der Eisenbahnkenner, nickt – befördern nicht gerade die Verlagerung der Güter auf die Schiene. Da ist die Straße nämlich leider weiter, muss man zugeben. Jeder europäische Lkw kann ohne Probleme überall hinfahren, und das muss natürlich für den Bahnverkehr genauso das Ziel sein Da gibt es also noch einiges zu tun. Das BMK – das möchte ich jetzt schon noch hervorheben, denn das war nicht immer in dieser Intensität so – setzt sich dafür wirklich sehr stark ein, vor allem natürlich auch in Person unserer Ministerin. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.) – Sehr schön! Ja, das ist schon so.

Wir haben, auch wenn es immer wieder mal Kritik gibt, operativ, wie ich finde, mit der ÖBB eine tolle Bahngesellschaft. Das hat sie beispielsweise mit ihren Nachtzügen wirklich sehr schön aufgezeigt, mit denen sie europaweit eine Benchmark im grenzüberschreitenden Verkehr gesetzt hat, mit allen Problemen, die das auch hervorruft. Die können wirklich ein Lied davon singen, wie schwierig das ist, da unterwegs zu sein. Trotzdem ist es ihnen gelungen, sich damit gut zu etablieren.

Hoffen wir, ich denke, im Interesse aller, dass auf diesen Schritt der Harmonisierung bald weitere große Schritte folgen werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

18.57

Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Silvester Gfrerer. Ich erteile ihm dieses.