23.20

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, die um 23.20 Uhr noch eifrig zuhören! Die vorliegende Jahresvorschau mit 29 Themenbereichen gibt für die Justiz einen Überblick über die aktuellen und geplanten legislativen Aktivitäten auf europäischer Ebene. Der Fokus für die Justiz liegt für das laufende Jahr einerseits bei der Finalisierung der wichtigen noch offenen Legislativdossiers und andererseits bei der Präsentation ausgewählter bedeutender Vorschläge.

Herausgreifen möchte ich schon auch den Punkt Gewalt gegen Frauen, das ist und bleibt – das zeigen die wiederkehrenden erschreckenden Ereignisse – eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Die Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist daher ein zentrales Anliegen des Justizressorts und der gesamten Bundesregierung. Die erfolgte Einigung mit dem Europäischen Parlament ist sehr zu begrüßen. Als erstes Instrument zur EU-weiten Stärkung des Gewaltschutzes ist diese Richtlinie ein Meilenstein im weiteren Kampf gegen Gewalt an Frauen hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit und Gewaltschutz.

Der Entwurf enthält überwiegend Maßnahmen im Bereich des materiellen Strafrechts und des Strafverfahrensrechts, insbesondere Opferschutz und Opferhilfe im Strafverfahren. Eine von Österreich gemeinsam mit zehn anderen Mitgliedstaaten dazu abgegebene Protokollerklärung ist ein wichtiges Signal dafür, dass es in diesem Bereich auf Unionsebene weiteren Handlungsbedarf gibt.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich den Hinweis auf die zahlreichen Maßnahmen verbunden mit den entsprechenden Mitteln, die die Bundesregierung in dieser Regierungsperiode auf den Weg gebracht hat, um gegen Gewalt an Frauen zu wirken.

Werte Kolleginnen und Kollegen, Sie finden in diesem Bericht sehr viele weitere Punkte, aber da die Zeit fortgeschritten ist, möchte ich auf etwas ganz anderes eingehen, was jetzt aufgrund der Rede von Kollegen Spanring, glaube ich, ganz gut passt. Vor Kurzem hat die Cosac in Brüssel stattgefunden, und da möchte ich für den Themenbereich Justiz und EU noch einen wichtigen Programmpunkt der Konferenz jetzt hier im Plenum erwähnen und vielleicht auch einen kleinen Exkurs in Sachen Demokratie geben.

Wir haben von Kollegen Spanring jetzt gehört: abweichende Meinung, mundtot machen, Kritik kriminalisieren, zum Schweigen gebracht werden, politische Verfolgung, Aushöhlung der Demokratie – ich glaube, es gibt hier ein grundlegendes Missverständnis. Vielleicht ist es ganz hilfreich, wenn ich auch Bezug auf den Slot zur Zukunft der Demokratie und des Rechtsstaates in Europa nehme.

Der EU-Kommissar für Justiz und Rechtsstaatlichkeit Didier Reynders hob die grundlegende Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit der EU hervor und betonte dabei die Rolle der nationalen Parlamente beim Schutz des Rechtsstaates, und Koen Lenaerts, Präsident des Europäischen Gerichtshofes, befasste sich mit der Frage der rechtlichen Qualität jener Werte, auf denen die EU aufbaut. Ich glaube, es ist ganz wichtig, was er gesagt hat: In Zeiten, in denen autoritäre Tendenzen zunehmen, müsse die EU als Wiege der Freiheit und Gerechtigkeit fungieren. Die EU sei eine gemeinsame Rechtsordnung und ihre Werte seien nicht nur das Ergebnis eines Top-down-Ansatzes, sondern es gäbe eine Dynamik von unten, die auf den konstitunellen, konti - -, konsti- - – okay, das Wort kommt heute nicht mehr raus (allgemeine Heiterkeit) – Werten der Mitgliedstaaten fußt. EU-Werte machen nationale Identität möglich, das ist kein Widerspruch.

Ich verkürze es jetzt etwas, es ist tatsächlich schon sehr spät, aber Françoise Tulkens, Vizepräsidentin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, forderte eine Diskussion darüber ein, was der Rechtsstaat in einer Demokratie bedeutet. Demokratie brauche man, um Gerechtigkeit und Frieden einzuhalten. Sie sei ein moralisches und politisches Ideal. Sie bedeutet zudem nicht einfach Mehrheit, sondern auch den Schutz der Minderheit, und heute steht sie auf dem Prüfstand.

Sie sehen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die EU-Ebene wirkt wesentlich mit, um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sicherzustellen und weiterzuentwickeln, und zwar genau nicht so, wie es Kollege Spanring versucht hat darzustellen.

Das wollte ich gerade an dieser Stelle auch in Hinblick auf die bevorstehende EU-Wahl sagen. Die EU-Wahl ist übrigens am 9. Juni und nicht am 9. Mai, wie der Kollege gesagt hat – aber gut, wen wundert das? Es ist aber auch schon spät.

In diesem Sinne ersuche ich Sie um breite Zustimmung beziehungsweise Kenntnisnahme des vorliegenden Berichtes. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

23.26

Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs. Ich erteile ihr dieses.