9.02

Bundesrätin Margit Göll (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher via Livestream! Ein herzliches Grüßgott auch an Bundesministerin Susanne Raab! Familien sind das Herzstück unserer Nation und unseres Landes. Daher ist es unser Auftrag, das Wohl der Kinder in den Mittelpunkt zu stellen. Familien benötigen Zeit, Familien benötigen Ressourcen, eine geeignete Infrastruktur, um ihren Aufgaben gerecht zu werden. Junge Menschen haben den Wunsch, eine Familie zu gründen. Wir müssen sie dabei bestmöglich unterstützen und die entspre­chenden Rahmenbedingungen schaffen.

Kindergärten und Schulen sind ja institutionelle Bildungseinrichtungen, aber das Elternhaus ist dennoch die erste Bildungsstätte. Um Kinder gut ins Leben zu begleiten, bedarf es daher eines guten Zusammenspiels aller Komponenten. Der Fokus liegt natürlich ganz klar auf dem Ausbau der Kinderbetreu­ungsplätze, der Öffnungszeiten, damit wir den VIF-Kriterien auch entsprechen.

Moderne Kinderbetreuung und -bildung sichert die Entwicklungschancen von Kindern, aber auch die Wahlfreiheit der Eltern. Die frühe Vermittlung von wirtschaftlichen Kenntnissen und demokratischen Grundsatzwerten ist wichtig, um den Herausforderungen der Zeit gut zu entsprechen. Die Gleichstel­lung von Frauen und Männern ist zentral, insbesondere die Aufgaben, die bei der Kindererziehung anfallen, müssen gleichberechtigt aufgeteilt werden. Wahlfreiheit heißt auch, dass Familien selbst entscheiden können, wie schnell jemand nach der Geburt eines Kindes wieder in den Beruf einsteigen möchte und wie das Familien- und Lebensmodell aussehen soll. Die Gleichstellung von Frauen und Männern muss für uns eine Selbstverständlichkeit sein. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir müssen den Eltern die Gewissheit geben, dass ihre Kinder die beste Betreuung und Bildung bekommen. Damit dies möglich ist, braucht es nicht ir­gendein Betreuungsangebot, sondern es braucht das beste Betreuungs­angebot. Mit der blau-gelben Betreuungsoffensive des Landes Niederösterreich investieren Land und Gemeinden rund 750 Millionen Euro in den kom­menden fünf Jahren in die Kinderbetreuung. Hier helfen alle zusammen, die Ge­meinden, das Land, denn nur wer die Familien mit den Kindern hat, hat auch Zukunft in unseren Gemeinden. Und ja, natürlich ist das auch eine große Herausforderung für unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, aber sie sind sich ihrer Verantwortung bewusst.

Dadurch soll die Lücke zwischen der zweijährigen Karenz und dem Kindergar­tenbeginn geschlossen werden. Ab September können nun auch unse­re Zweijährigen den Kindergarten besuchen. Die Kinderanzahl in den Gruppen wurde gesenkt und das Personal wurde aufgestockt. Der Vormittag wird gratis für alle Kinder, auch in den Tagesbetreuungseinrichtungen und im Kinder­garten, sein. Die Zahl der Schließtage der Kindergärten im Sommer wurde reduziert.

Aber auch der Bund setzt ganz viele Maßnahmen, und eine große Summe wird investiert: Genau 4,5 Milliarden Euro werden seitens des Bundes in den Ausbau der flächendeckenden Kinderbetreuung investiert. Für den bedarfsge­rechten, qualitativen Ausbau der Betreuungsplätze braucht es bis 2030 ausreichend qualifiziertes Betreuungspersonal.

Die Bundesregierung treibt somit den Turbo beim Ausbau der Kinderbetreuung weiter voran. Der Fokus liegt auf dem Ausbau der Betreuungsplätze, der Qualität, aber auch der Öffnungszeiten natürlich im Hinblick auf eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Jedes Bundesland hat am Ende der Finanzausgleichsperiode eine Betreuungsquote bei den unter Dreijährigen von 38 Prozent zu erreichen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Zukunftsfonds sind jährlich 500 Millionen Euro für die elementare Bildung eingeplant. In Kindergärten erlernen Kin­der vorrangig, wie soziales Leben funktioniert. Sie erlernen, sich in ihrer Sprache auszudrücken, sich in unserer Sprache, also Deutsch, auszudrücken. Sie er­lernen motorische Fähigkeiten und alle Kompetenzen, die in diesem Alter so wichtig sind, und das alles in einem kinderfreundlichen Umfeld.

Um diese hohe Qualität zu sichern, brauchen wir natürlich entsprechend quali­fiziertes Personal und ausreichend Personal. Um diese Qualifikation bun­desweit zu garantieren, liegt die Ausbildung von Kindergartenpädagoginnen und Kindergartenpädagogen in Bundeshand. Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen werden ja grundsätzlich in Bundesbildungsanstalten für Elementarpädagogik ausgebildet. Die Ausbildung umfasst mit den nor­malen Fächern wie Deutsch, Mathematik und Englisch natürlich inklusive Pä­dagogik, Didaktik, Bildnerische Erziehung, Musikerziehung und Bewe­gungserziehung. Zudem sind auch ein mehrwöchiges Pflichtpraktikum und immer wieder einzelne Praxistage zu absolvieren und auch von großer Bedeutung.

Seit Herbst 2023 können an Universitäten, Fachhochschulen, pädagogischen Hochschulen sowie Privatunis zusätzlich zum bisherigen Studienangebot auch berufsbegleitende Weiterbildungsstudien absolviert werden. Das ist auch gut so. Diese bieten auch Personen, die keine Hochschulreife besitzen, die Möglichkeit, einen akademischen Titel, zum Beispiel Bachelor Professional oder Master Professional, zu erwerben. Für die Zulassung zu einem Bachelor-Professional-Studium ist ein einschlägiger beruflicher Ausbildungs­abschluss oder eine mehrjährige Berufserfahrung im Studienbereich erforderlich.

Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt komme ich noch zum Lehramts­studium: eine wichtige Reform, aber auch ein Meilenstein in der Geschichte. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Die Arbeit als Lehrkraft ist so wie die Arbeit als Elementarpädagogin einer der wichtigsten Berufe in der heutigen Gesellschaft. Neben Fachwissen sind Organisation und das Wissen, wie ich Wissen vermittle, das A und O einer guten Lehrkraft, ganz gleich, ob in der Primar- oder in der Sekundarstufe. Die Herausforderung ist, Kindern zu ermöglichen, Neues zu erlernen und gleichzeitig zu erlernen, unabhängig zu denken.

Die positive, unterstützende und trotzdem herausfordernde Atmosphäre im Klassenraum ist dabei eines der wichtigsten Werkzeuge. Der Lehrkräfte­mangel ist eine der größten Herausforderungen in unserem Bildungssystem. Wie viele andere Berufssparten benötigt aber auch der Bildungsbereich neues qualifiziertes Personal. Als Teil dieser Initiative wird ein breit gefächertes Maß­nahmenpaket geschnürt, mit dem der Lehrkräftebedarf nachhaltig gedeckt und die Qualität des Unterrichts an Österreichs Schulen sichergestellt und ver­bessert werden kann.

Diese umfassende Reform von Bundesminister Polaschek bringt die Verkürzung eines der längsten Lehramtsstudien der Welt. Das heißt: Ab nun gibt es mehr Praxisanteile, eine bessere Vereinbarkeit von erster Lehrertätigkeit und Masterstudium sowie die Möglichkeit für innovative Fächerbündelstu­dien. Mit einer verkürzten Ausbildungszeit bei gleichbleibender Qualität, mehr Praxisbezug und einer stärkeren Verknüpfung von Theorie und Praxis werden nun neue Standards gesetzt.

Um die Qualität an unseren Schulen zu überprüfen und damit auch die Lehr­kräfte zu entlasten, soll es eine Bildungspflicht als Garantie am Ende der Schulpflicht geben. Am Ende der Schulpflicht werden die Grundkenntnisse in Deutsch, Mathematik und Englisch überprüft.

In Österreich sollen jungen Menschen alle Türen offenstehen: von der Volks­schule bis zur Hochschule, vom Master bis zum Meister.

Es wurde schon viel erreicht, aber wir haben noch viel vor: zum Beispiel die Si­cherstellung eines regionalen, kompetenzorientierten Schulangebots, die administrative Entlastung der Lehrkräfte, den weiteren Ausbau der so wichtigen Schulsozialarbeit, die Stärkung der Partnerschaft zwischen Familien, Schu­le und Lehrkräften und – das ist ein Thema, das mir sehr wichtig ist – die Inklusion in den Schulen und in den Kindergärten.

Ich komme noch einmal zur Kinderbetreuung zurück: Eine weitere Möglichkeit, um die die Kinderbetreuung erweitert werden soll, ist die Großelternkarenz der leiblichen Großeltern. Beim Betreuungsarrangement innerhalb der Familie spielen natürlich auch die Großeltern eine sehr wichtige und zentrale Rolle. Ihre Rolle soll auch bei familienpolitischen Unterstützungsleistungen entsprechend berücksichtigt werden und die Wertschätzung erfahren, die sie auch verdient.

Wir haben aber auch im Rahmen des neuen Eltern-Kind-Passes ein neues Ins­trument geschaffen. In den Familienberatungsstellen wollen wir auf den Aspekt der gleichberechtigten Aufteilung der Aufgaben innerhalb der Familie hinweisen. Mit dem neuen Eltern-Kind-Pass erzielt man eine gewisse Breitenwirkung, und wir erreichen die Familien zu einem sehr frühen Zeitpunkt, wenn sie sich noch in Vorbereitung auf die Geburt befinden und sich auch überlegen, wie das neue Lebensmodell mit dem Kind aussehen könnte und wie ihre Familie damit künftig umgehen wird. Zu diesem wichtigen Zeit­punkt erreichen wir die Familien.

Für den Alltag der Familien ist der zentrale Faktor, wie die Kinder betreut wer­den, wo sie betreut werden und wie gut sie betreut werden. Es ist wich­tig, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oberste Priorität hat, denn die Familien leisten tagtäglich so viel – nicht nur für die eigene Familie, son­dern auch für unsere Gesellschaft. Deshalb haben sie es auch verdient, dass die Familienpolitik im Zentrum aller unserer politischen Bemühungen steht.

Familien haben unterschiedliche Bedürfnisse und brauchen daher ein breites Spektrum an Möglichkeiten für echte Wahlfreiheit. Viele davon habe ich heute schon genannt. Dazu braucht es vielfältige Kinderbetreuungs- und Ele­mentarbildungsangebote ebenso wie Unterstützung für die Familienzeit.

Am Samstag waren in der „Kronen Zeitung“ einmal erfreuliche Nachrichten zu lesen (Bundesrat Steiner: Herr Präsident! Die Zeit!): Eine Studie der EU-Kom­mission zu Unterstützungsleistungen für Familien belegt, dass Österreich, ge­messen an sogenannten Transferleistungen, Europameister ist.

Die Wege, wie Familie gelebt wird, sind sehr - -

Vizepräsident Dominik Reisinger: Frau Präsidentin, darf ich Sie ersuchen, zum Schluss zu kommen? Die 10 Minuten Redezeit sind schon vorüber.

Bundesrätin Margit Göll (fortsetzend): Ich bin schon beim Schlusssatz.

Die Wege, wie Familie gelebt wird, sind sehr unterschiedlich, und alle Wege sind dabei gleich gut. Gehen wir respektvoll damit um! Nur so können Kinder­bildung und Kinderbetreuung Hand in Hand gehen und unseren Kindern ein gutes Fundament für ihre Zukunft geben. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.15

Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile ihr dieses.