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Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geschätzte Präsidentin! Werte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem auch geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir debattieren bei die­sem Tagesordnungspunkt die 35. StVO-Novelle, eine an sich unbe­deutende Zahl, die aber aus unserer Sicht sehr wichtige Themen in sich trägt.

Zu diesen Themen gibt es teilweise unsere Zustimmung, wie zum Beispiel zur Geschwindigkeitsüberwachung durch Gemeinden, teilweise aber leider nicht, und zwar zur angedachten Geschwindigkeitsreduktion in Ortsgebieten. Ich betone das Wort leider, denn wir hätten gerne einer legistisch gut gemach­ten Gesetzesnovelle zugestimmt, zumal ja bekannt ist, dass wir als SPÖ in diese Richtung schon seit Jahren Anträge einbringen, die leider nie Zustimmung fanden.

Jetzt haben wir leider einen Murks vor uns, mit dem garantiert verabsäumt wird, dass wir es Gemeinden erleichtern, Geschwindigkeitsreduktionen, wie zum Beispiel eine 30-km/h-Zone in sensiblen Bereichen, vor einer Schule, um­zusetzen. Jeder, der etwas anderes behauptet oder glaubt, hat von der Materie, wie sie nämlich in der Praxis tatsächlich gelebt wird, keine Ahnung. Das Grundproblem ist und bleibt auch mit dieser Gesetzesnovelle, dass es zu keiner Kompetenzverschiebung kommt. Die Gemeinden bleiben weiterhin auch in Zukunft nur Antrag- beziehungsweise Bittsteller, die Zuständigkeit liegt weiter bei den Bezirksverwaltungsbehörden, am Land ist das die Bezirkshaupt­mannschaft.

Ich bin jetzt seit circa 16 Jahren Bürgermeister und sage Ihnen, wie es in der Praxis ablaufen wird und in der Vergangenheit auch abgelaufen ist: Die Gemeinde regt aus gutem Grund eine 30-km/h-Beschränkung an und tritt schriftlich oder mündlich an die BH heran. In weiterer Folge wird dann ein Lokalaugenschein vereinbart und die Situation vor Ort begutachtet.

Ich kann Ihnen heute garantieren, dass es in Zukunft kaum Fälle geben wird, bei denen der Verkehrsjurist oder die -juristin der Bezirkshauptmannschaft nicht einen Sachverständigen beiziehen wird. Das wird es nicht geben, auch wenn Sie, liebe ÖVP und Grüne, ein paar Wörter im Gesetzestext austau­schen. Das hat im Wesentlichen auch die Expertin im Ausschuss bestätigt, die ausführte, dass eine Einholung eines Gutachtens für solche Ge­schwindigkeitsreduktionen nicht ausgeschlossen werden kann. Genau deshalb wird sich auch nichts ändern. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe im Fernsehen aufmerksam die Nationalratsdebatte zu diesem Tagesordnungspunkt verfolgt. Da haben die Regierungsparteien stereotyp durch die Bank immer von Erleichterungen gesprochen. Diese Erleichterung, vor allem die geforderte Rechtssicherheit, ist in der praktischen Anwendung weder erkennbar noch zu erwarten. Wenn Sie wirklich so überzeugt sind, dass dieses Gesetz hält, was es in Ihren Augen verspricht, warum haben Sie dann unseren SPÖ-Antrag im Nationalrat für eine Ausschussfeststellung abge­lehnt? Das ist eine Frage, die mir hoffentlich noch jemand beantworten kann. (Beifall bei der SPÖ.)

In dieser Ausschussfeststellung hätten wir gefordert, dass es nur – die Betonung liegt auf nur – in absoluten Ausnahmefällen zu einem Sachverständi­gengutachten bei Geschwindigkeitsreduktionen kommen soll. Sie waren dagegen, weil Sie offensichtlich selber nicht daran glauben, dass sich da etwas zum Besseren wendet. Das entlarvt Sie bei Ihrem vermeintlichen Vorhaben, für Erleichterung und Beschleunigung im Verfahren für die Gemeinden zu sorgen.

Abschließend stelle ich fest: Schade, dass Sie nicht auf unsere Vorschläge einge­gangen sind und sich leider mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner auf Regierungsebene zufriedengeben. Da wäre mit uns mehr, da wäre mit uns Besseres möglich gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)

So bleibe ich bei meiner Meinung und Feststellung, dass dieser Gesetzent­wurf vielleicht gut gemeint war und ist, aber handwerklich absolut schlecht umgesetzt wurde. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

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