11.13

Bundesrat Christian Fischer (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Als ich vor einigen Monaten den Medien entnommen habe, dass das Verkehrs­ministerium ein vermehrtes Mitspracherecht für Bürgermeister bei 30-km/h-Beschränkungen vor Bildungseinrichtungen, Spielplätzen oder Pflegeeinrichtungen angekündigt hat, war ich – ich glaube, ich kann hier stellvertretend für alle Bürgermeister sprechen – sehr begeistert (Beifall bei der SPÖ); denn jeder Bürgermeister unter uns kann bestätigen, dass wir in unserem politischen Alltag regelmäßig mit Ansuchen um Geschwindigkeitsbe­schränkungen konfrontiert werden.

In meiner Heimatgemeinde wurde voriges Jahr im September ein neuer Kindergarten eröffnet. Am 26.6. suchte ich bei der zuständigen Bezirkshaupt­mannschaft (Bundesrat Schennach: Herr Gross, zuhören!) um eine Ver­kehrsverhandlung betreffend eine Geschwindigkeitsreduktion auf 30 km/h, die Installierung eines Schutzweges sowie Errichtung einer Leitschiene zum Schutz des Kindergartengebäudes an.

Daraufhin kam es am 6.9., also mehr als zwei Monate später, zu einer Vorver­handlung – zwei Monate später, da der amtliche Sachverständige davor keinen Termin frei hatte.

Der amtliche Sachverständige entschied in dieser Vorverhandlung am 6.9.2023, dass zur Bewertung der Realisierung eines Schutzweges im Kreuzungs­bereich der Gemeindestraße eine Verkehrszählung notwendig sei und für die 30-km/h-Beschränkung eine Geschwindigkeitsmessung maßgeblich sei. Die Installierung der Leitschiene wurde vom Sachverständigen als nicht not­wendig erachtet. Zwischenzeitlich wurde ich mehrmals medial von der Opposition angefeindet, doch endlich etwas zum Schutz der Kindergartenkinder zu unternehmen.

Am 22.2.2024 kam es zu folgendem Ergebnis im Zuge einer Verhandlungs­schrift im Beisein des amtlichen Sachverständigen:

Hinsichtlich der Notwendigkeit zur Anlage eines Schutzweges wird festgehalten, dass die Anzahl der festgestellten Fußgängerquerungen bei Weitem unter dem Grenzwert liegt und daher die Anlage eines Schutzweges nicht positiv beurteilt werden kann. Hinsichtlich der festgestellten Fahrgeschwindig­keiten wird festgehalten, dass die mittlere Geschwindigkeit zwischen 39 km/h und 41 km/h liegt und ein Geschwindigkeitsverhalten von 30 km/h vor dem Kindergarten anzustreben ist. – Zitatende.

Diese 30-km/h-Beschränkung wurde dann am 29.2.2024, also mehr als acht Monate nach Ansuchen um Verkehrsverhandlung, endlich mittels Bescheid verlautbart. (Zwischenruf der Bundesrätin Böhmwalder.) Bis zur Entscheidung dieses amtlichen Sachverständigen vergingen mehr als 240 Tage.

Jetzt komme ich zum vorliegenden Gesetzentwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen, und stelle mit Bedauern fest, dass die vorliegende Regelung keine Lö­sung des bekannten Problems bietet, sondern eher ein Placebo (Beifall bei der SPÖ), da diese Regelung noch immer die Stellungnahme eines amtlichen Sachverständigen über das Vorliegen der Gefährdungssituation vorsieht, ein Gutachten über die Gewährleistung des Verkehrsflusses und zusätzlich ein Gutachten über die Eignung der Geschwindigkeitsreduktion zum Schutz der betroffenen Gruppen.

Diese Regelung stärkt die Position des Bürgermeisters nicht, vielmehr schwächt sie sie. Die Regierungsparteien haben eine Ausschussfeststellung darüber, dass für die Umsetzung von Verkehrsbeschränkungen keine Gutach­ten mehr nötig sind, im Nationalrat verweigert und mit ihrem Handeln gezeigt, dass sie nicht auf der Seite von uns Bürgermeistern stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Bürgermeister brauchen keinen Gutachter, um festzustellen, was wichtiger ist: der Verkehrsfluss oder das Leben unserer Kinder.

Die SPÖ stimmt daher dieser Farce nicht zu und bringt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Christian Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unbürokratische Reduktion der Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und anderen sensiblen Bereichen“

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufge­fordert, eine Novelle der Straßenverkehrsordnung vorzulegen, durch die klar­gestellt wird, dass bei der Verordnung von Verkehrsbeschränkungen, der Sicherheit von Personen in sensiblen Bereichen z.B. in der Umgebung von Bildungseinrichtungen wie Schulen, Kindergärten und Horten jedenfalls Vorrang vor anderen Verkehrsinteressen einzuräumen ist. Ebenso sollen über diesen Umstand, wie auch für das Vorliegen einer Gefährdungssitua­tion sowie wie für die Wirksamkeit der Reduktion der Höchstgeschwindig­keit zur Verringerung dieser Gefährdungssituation keine weiteren Sachverstän­digen-Gutachten vorzulegen sein.“

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Helfen Sie uns Bürgermeistern und stimmen Sie unserem Entschließungsantrag zu! – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

11.19

Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Der von den Bundesräten Christian Fischer, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Unbürokratische Reduktion der Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und anderen sensib­len Bereichen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Silvester Gfrerer. Ich erteile es ihm.