15.10

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher:innen, Zuhörer:innen zu Hause, auch Besucher:innen hier bei uns im Hohen Haus! Wisst ihr, Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, es ist ja eigentlich super, wie berechenbar ihr seid. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.– Ja, ja, es kommt etwas Gescheites, keine Angst!

Da gibt es Triggerwörter, auf die ihr reflexartig mit Tiraden an Satzbau­steinen reagiert, immer und immer wieder das Gleiche wiederholend. (Bundesrat Himmer: Und schreien! Schreien tun sie auch!) – Genau, und schreien tun sie auch. – Kollegin Kaltenegger hat es ja wirklich gut pointiert gebracht. (Bun­desrat Spanring: Ihr solltet weniger ... und mehr zu den Leuten hinausgehen!) Es ist gut einstudiert, das muss man neidlos anerkennen. Das erinnert mich ehr­lich gesagt immer ein bisschen an den Winter Soldier in „The Avengers“, der durch eine Aneinanderreihung von Wortfolgen aktiviert wird. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Genau so ist es auch wieder bei dem Thema. Es geht um ein Impfstoffinstitut, also um eine medizinische Forschungseinrichtung. Ich zitiere: Die unab­hängige, gemeinnützige und politisch neutrale Organisation arbeitet mit dem Ziel, „in allen Regionen der Erde die Entwicklung und Zurverfügungstel­lung von sicheren, effektiven und erschwinglichen Impfstoffen zu sichern“. – Jetzt stellt sich mir schon die Frage: Seid ihr ernsthaft gegen medizi­nische Forschung, dagegen, dass Impfstoffe wirklich möglichst allen Menschen zugutekommen und dass alle Menschen dadurch die Möglichkeit bekom­men, sich vor schweren Krankheiten oder schweren Krankheitsverläufen zu schützen? (Bundesrat Schennach: Sie sind dagegen! Sie sind ernsthaft dagegen! – Widerspruch bei der FPÖ.) Wieso seid ihr dann dagegen? Ich verstehe es nicht. Oder stellt ihr die Erfolgsgeschichte von Impfungen per se infrage? Anscheinend. (Bundesrat Spanring: Nein! Nein! – Zwischenruf der Bun­desrätin Doppler.) Ja, genau.

Wir wissen, dass die Entwicklung von Impfungen gemeinsam mit höheren Hygienestandards in den letzten 150 Jahren zu einer stark gestiegenen Lebenserwartung geführt hat. Das ist ein unumstrittener Fakt. Impfungen gehören – wir haben es schon gehört – zu den größten Errungenschaften der modernen Medizin. Sie retten Kinderleben und jedes Jahr mehr als vier Millionen Menschen, die infolge von gefährlichen Krankheiten wie Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten und Masern sonst gestorben wären. Das sind Fakten.

Ich finde, jeder hat ein Recht auf seine eigene Meinung (Bundesrat Steiner: Außer es ist nicht eure!), aber was man nicht hat, ist ein Recht auf eigene Fakten. Das sei an dieser Stelle auch einmal gesagt. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

Für die FPÖ reicht es aber, wenn ein Tagesordnungspunkt irgendetwas mit Impfen zu tun hat – und bamm, schon legt ihr los (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ – Zwischenrufe bei der FPÖ), völlig tatsachenbefreit, weil es euch nämlich nicht um die Sache an sich geht. Nein, es geht euch darum, politisches Kleingeld mit der Angst von Menschen zu machen. Der beste Beweis war auch die Ausschusssitzung vorgestern, die natürlich nicht öffentlich ist. Da hattet ihr Ge­legenheit, die anwesenden Expert:innen zu befragen. – Kein Wort. (Bundesrat Steiner: Es gab nur eine Expertin!) – Ja, eine, aber selbst die eine hättet ihr fragen können. Aber nein, kein Wort, da seid ihr mucksmäuschenstill. Das hebt ihr euch für die öffentliche Debatte auf (Bundesrat Steiner: Na logisch!), in der ihr das ausschlachten könnt (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler), weil es euch nur darum geht, Material für eure sogenannten alternativen Medien zu produzieren. Das hat Kollege Leinfellner wirklich eindrücklich mit seiner Schreierei vorhin bewiesen. Das veröffentlicht ihr dann unter so wortge­waltigen und klugen Schlagzeilen wie „FPÖ-Steiner zerlegt SPÖ-Babler“ oder „Christian Hafenecker räumt auf“. (Bundesrat Babler: Hast du dir den schon einmal angeschaut? Dem muss man ja aus dem Sessel heraushelfen!) Morgen findet man dann wahrscheinlich die Schlagzeile: Leinfellner zeigt es dem Bundes­rat. – Na Wahnsinn, wirklich sehr, sehr super. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Es geht euch einfach nicht um die Sache. Wenn ich mir die ganze Coronapho­bie – anders kann ich das nicht mehr nennen – anschaue, dann sehe ich, ihr seid für eure Wählerinnen und Wähler – ja, Frauen wählen euch auch, das wären dann die Wählerinnen –, für viele Menschen selbst in diesem Bereich eine Mogelpackung. Ich werde euch auch sagen, warum: Immer dann, wenn ein potenziell kontroversiell diskutiertes Thema auftaucht, schaut ihr euch einmal ein Weilchen um, was die anderen Parteien so sagen, wie die sich positio­nieren, wo ihr möglicherweise eine Nische findet, wo ihr Menschen, die sich unverstanden fühlen, instrumentalisieren könnt. Und danach, nur da­nach, beschließt ihr eure Linie – ja, nur danach und nach nichts anderem. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Schreuder: Richtig! Richtig! Jawohl, so ist es! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Spulen wir ein bisschen die Zeit zurück, weil ihr es offensichtlich bei euren Schreianfällen ein bisschen vergessen habt: Anfang 2020 hat die FPÖ der neuen Regierung in Bezug auf die herannahende Coronapandemie Untätigkeit vorgeworfen. (Bundesrat Spanring: Weil ihr geschlafen habt!) Ja, Dominik Nepp meinte noch im Jänner, der Gesundheitsminister würde in der Pendel­uhr schlafen. (Bundesrat Spanring: Ja, war so!) Da habt ihr Maßnahmen verlangt. Der Kärntner FPÖ-Chef Darmann erklärte Anfang Februar, dass reines Fiebermessen am Flughafen zu wenig wäre. FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak hat, Bezug nehmend auf die bis dahin getroffenen Maßnahmen, von Placebomaßnahmen gesprochen. (Bundesrat Schreuder: Es hat gar nicht hart genug sein können!) Nein, es hat gar nicht genug sein können.

In unserer kleinen Gemeinde – Mitte März, kurz nach dem Beginn des ersten Lockdowns – war ein FPÖ-Gemeinderat einer der Ersten, der sich bei einer Gemeinderatssitzung mit der Begründung, er müsse seine Familie vor einer möglichen Infektion schützen, hat entschuldigen lassen. Also! (Bundesrat Schen­nach: Den Lockdown hat die FPÖ erfunden!)

Dann war Corona wirklich da und es wurden Maßnahmen gesetzt – und die FPÖ befand es für opportun, ihre Forderungen um 180 Grad zu wenden, zu drehen. Wie gesagt: Ihr seid für eure eigenen Wählerinnen und Wähler einfach eine Mogelpackung. Daran ändert auch noch so lautes Poltern nichts. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.) Das zeigen auch eure Anträge: Anträge wie diese macht ihr ja nicht, weil ihr von einer Sache überzeugt seid. Sie sind reine Propagandainstrumente, in denen es einfach nur darum geht, eure Reden auf FPÖ-TV zu verteilen. (Bundesrat Steiner: Österreich zuerst heißt der Kanal! Österreich zuerst!)

Ihr schreibt zum Beispiel im Antrag vom „Hintergrund der Covid-19-Pan­demie“. – Was? Ich dachte, ihr seid nicht der Meinung, dass es jemals eine Coro­napandemie gab. Also was jetzt? Entscheidet euch! Ein bisschen viel Hin und Her ist das schon. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)

So, zum Schluss: Worum es bei dem heutigen Punkt geht, haben dankenswerter­weise mein Kollege von der SPÖ und meine Kollegin von der ÖVP schon ausführlich erläutert. Ich möchte noch hervorheben, dass es dabei eben nicht um die Frage geht, wer sich wann impfen lässt und wer nicht. (Bundesrat Span­ring: So viel Schwachsinn in einer Rede!) Es geht um Grundlagenforschung, die na­türlich auch in Anwendung gebracht werden muss, und das natürlich in Zusammenarbeit mit entsprechenden Unternehmen. Es geht auch um interna­tionale Politik, darum, dass der Amtssitz Österreich weiter gestärkt wird. Und es geht darum, dass Österreich einen Beitrag zur Gesundheitsvorsorge leistet, damit wir auf die nächste Pandemie besser vorbereitet sind. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Schreuder: Bravo!)

15.18

Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Christine Schwarz-Fuchs. Ich erteile dieses.