11.24

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Das Wohnbaupaket ist leider – das müssen wir so feststellen und das ist wirklich bedauerlich – ein unglaublicher Marketingschmäh: Jubelmeldungen über ein milliardenschweres Baupaket, das die schwer angeschlagene Bau­wirtschaft innerhalb von zwei Jahren wieder auf die Beine bringen soll. – Das wird nicht funktionieren. Wenn sich das dann klar zeigt, wird diese Regierung nicht mehr im Amt sein.

Ganz ehrlich gesagt: Auch die Länder haben keine wirkliche Freude mit dem Paket und haben das auch lauthals kundgetan. Aus Sicht der Gemeinden verbessert sich – in deren Situation – für die Bauwirtschaft nichts. Die Bauwirt­schaft bräuchte aber wirklich einen wirksamen Booster: 2023 wurden 13 000 Wohnungen weniger gebaut, 2024 sind es 17 000 Wohnungen weniger. Das zeigt ganz deutlich, wie wichtig die Investitionen in den Wohnbau jetzt wären.

Von den Facharbeitskräften, die der Bauwirtschaft jetzt verloren gehen, brauchen wir gar nicht zu reden. Es sind Facharbeitskräfte, die großes Wissen in der Bauwirtschaft haben, die in andere Berufsbereiche abwandern und die man dann ganz einfach verliert und nicht mehr hat, falls wirklich einmal ein Bau­booster kommen würde, der greift und der Bauwirtschaft auf die Beine hilft.

Die Menschen haben genug von den Ankündigungen, die sich beim näheren Hinschauen dann wieder als lückenhaft, nicht umsetzbar und voller Hürden darstellen. So eine Hürde im Marketingpaket für den Wohnbau muss die Regierung heute wieder reparieren. Ganz kurz nach der Beschlussfassung – in der vergangenen Sitzung des Bundesrates – machen wir das Gesetz wieder auf, weil wir etwas reparieren müssen. Ganz ehrlich: Das ist wirklich peinlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Eigentlich böte das Aufmachen des Gesetzes jetzt die Gelegenheit, dieses Gesetz wirklich umfassend im Interesse der Menschen in Österreich zu sanieren. Die Explosion der Kosten im Mietbereich ist unerträglich und muss gestoppt werden. Ein Einfrieren der Mietpreise bis 2026 und dann einen Mietpreisdeckel von 2 Prozent – und zwar rückwirkend – endlich umzusetzen, das ist das, was die Mieterinnen und Mieter brauchen würden, um ihnen die finanzielle Last, die sie auf den Schultern tragen, zu nehmen.

Die Mieten sind im ersten Quartal 2024 stark angestiegen, besonders jene am freien Markt. Ich darf die Zahlen nennen: Klagenfurt, Linz, Wien: 11 Prozent; 9 bis 10 Prozent in Bregenz und Innsbruck; 5 Prozent in Salzburg. Die teuersten Mieten finden wir derzeit in Salzburg, die zweithöchsten Mieten in Vorarlberg, danach kommt die Bundeshauptstadt Wien. Junge Menschen, die von zu Hause ausziehen möchten, haben keine Chance dazu, da sie sich die Mieten nicht mehr leisten können. Alleinerzieher:innen wissen nicht mehr, wie sie ihre gestiegene Miete finanzieren sollen. Das sind nicht Einzelschicksale, sondern das trifft viele, viele Menschen, da die Wohnbelastungskosten so derartig hoch sind.

Auch die befristeten Mietverhältnisse sind ein riesiges Problem, da sie für jene, die ein befristetes Mietverhältnis haben, Angst bedeuten, falls das befristete Mietverhältnis nicht verlängert wird oder nicht verlängert werden kann, denn dann müssen sie wieder suchen und dann wird die Miete wieder teurer werden.

Es ist festzuhalten: Die Mietkosten sind nicht mehr stemmbar, weil die Regie­rung diese extreme Teuerung nicht verhindert hat, die Mietsteigerungen nicht gestoppt hat. (Beifall bei der SPÖ.) Auch Eigentum ist nicht mehr leistbar. Ganz ehrlich: Mit einem normalen Einkommen ist Eigentum nicht mehr leistbar. Auch deshalb schrumpft die Bauwirtschaft so.

Mieten sind seit 2020 um 17 Prozent gestiegen, und Ihr Glaube – der Regie­rungsparteien –, der Markt regelt alles, hat sich leider nicht bewahrheitet. Er regelt es im negativen Sinne, aber Sie waren nicht bereit, in den Markt einzugreifen. Natürlich kommt dann, wenn nicht mehr gebaut wird und nicht mehr die Möglichkeit besteht, sich ein Eigenheim zu schaffen, der Druck auf den Mietmarkt und werden die Mieten teurer. Das trifft wieder jene Menschen, die Miete brauchen. Das ist also ein Kreislauf, den Sie in Gang gesetzt haben, weil Sie nicht bereit waren, in den Markt einzugreifen. Jetzt haben wir den Palla­watsch, und das ist furchtbar für all jene, die unter dieser Mietlast leiden – und das sind nicht wenige.

In Österreich gibt es 1,7 Millionen Menschen, die in einem Mietverhältnis leben, und das sind jene Menschen, die die größte Angst dahin gehend haben, wie sie jedes Monat ihre Mieten zahlen sollen. Vor fünf Jahren waren es noch 10 Pro­zent der Menschen, die ihre Wohnkosten nicht mehr stemmen konnten, jetzt steht der Wert bei 30 Prozent. Da darf man nicht wegschauen! Jetzt muss gehandelt werden. – Die Regierung tut es nicht und hat es nicht getan. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Förderung des kommunalen Wohnbaus wird von diesem vielgepriesenen Wohnbaupaket nicht umfasst. Die Sanierung von Gemeindebauwohnungen ist nicht möglich. Wir wissen es, die ÖVP hat einen sehr negativen Zugang zu den Bedürfnissen der Städte im Wohnbau. Ich kann nur daran erinnern, dass die ÖVP Wien 2012 gefordert hat, die Gemeindebauten endlich zu privatisieren. Man möge die Möglichkeit schaffen, Gemeindebauwohnungen zu kaufen – eine wirklich ganz, ganz schlechte Idee der ÖVP, der natürlich die SPÖ und die Stadt­regierung nicht nachgekommen sind.

Aber hätte man das umgesetzt, wie hoch wäre dann der Druck auf die Mieten in der Stadt Wien gewesen? Also diese Ideen sind nicht die besten, sondern es sind jene, die noch einmal mehr schaden würden. Wir können nur froh sein, dass es den Gemeindebau in Wien gibt, dass da die Mieterhöhungen für zwei Jahre ausgesetzt wurden. So macht man Politik für die Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz ehrlich, an die Grünen gerichtet, die so gerne laut Kritik an Wien kundtun: Wie Sie mit dem Thema Kostenexplosion rund um die Mieten umgehen und dieses Thema, das so viele Menschen bedrückt, ignorieren und nicht wirklich für einen Mietpreisstopp gesorgt haben, das müssen Sie dann den Wählerinnen und Wählern erklären, aber Sie werden dann ja sicher genug Zeit dafür haben. Wir werden Sie da nicht aus der Verantwortung lassen! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Thema Wohnbaudarlehen: 200 000 Euro zu 1,5 Prozent Zinsen gedeckelt, das wäre ja ein tolles Angebot – nur leider läuft es nur für drei Jahre. Wer kann sich das leisten? Das hüpfen Sie einmal vor! Nur wieder jene, die sehr viel Vermögen haben. Auch die Länder sind nicht sehr happy mit dieser Regelung. Das zeigt wieder: Das Wohnbaupaket ist ein guter Marketingschmäh, aber leider ist nichts dahinter.

Wir brauchen die Stärkung des kommunalen Wohnbaus. Wir müssen die Häusl­bauerinnen und Häuslbauer von ihren extremen Kreditlasten entlasten. Das ist ganz, ganz wichtig, weil die Kreditzinsen für sie monatlich so gestiegen sind, dass sie Entlastung brauchen. Wir müssen die Übergewinne der Banken – und die Übergewinne der Banken sind unendlich groß in letzter Zeit, wir gehen von 14 Milliarden Euro Gewinn in den letzten Jahren aus – abschöpfen, und die Häuslbauerinnen und Häuslbauer in ihrer schweren Last der Kreditzinsen ent­lasten.

Wir brauchen eine Senkung der Zinsen für jene, die Häuslbauer sind oder bereits ein Häusl gebaut haben und jetzt ihre Kreditzinsen abtragen; wir brauchen auch eine Erleichterung bei der Aufnahme der Kredite. Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „kommunalen Wohnbau finanzieren, leistbares Leben ermöglichen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine Novelle des Finanzausgleichsgesetzes zuzuleiten, mit dem die notwendigen Mittel in der Höhe von einer Milliarde Euro auch für die Stärkung des kommunalen Wohn­baus zur Verfügung gestellt werden und diese von den Ländern und Gemeinden auf die Dauer von zwei Jahren zu 100 Prozent mitgenommen werden können. Weiters wird der Bundesminister für Finanzen aufgefordert, Nationalrat und Bundesrat eine Vorlage vorzulegen, mit der Übergewinne der österreichischen Banken besteuert und diese Mittel zur Senkung der Kreditzinsen für die Schaffung von Wohnbau bzw. Wohnraum eingesetzt werden.“

*****

Uns ist klar, völlig klar, dass auch dieser Antrag – wie alle unsere Anträge – abgelehnt werden wird. Aber wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden nicht müde werden aufzuzeigen, dass anderes politisches Handeln wesentliche Erleichterungen für die Menschen in Österreich gebracht hätte und dass man so mit den Menschen nicht umgehen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Österreich ist schlecht durch die Krisenzeiten gekommen. Wir haben eine extrem hohe Inflation gehabt. Sie ist immer noch zu hoch. Die Energiekosten im Hinblick auf das, was uns vielleicht im Herbst mit der Frage der Gaslieferungen bevorsteht, muss man im Auge behalten. Auch das kann Angst machen. Die Kaufkraft hat nicht zugenommen. Die Menschen sind entweder am Limit ihrer Möglichkeiten, oder sie sparen jetzt das, was in den wirklich starken Lohn­verhandlungen der Gewerkschaften erreicht wurde, um sich wieder ein bisschen Rücklagen für notwendige Anschaffungen für die Zukunft zu schaffen.

Wir haben einen Rekord an Insolvenzen. Die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung hat sich verschlechtert – im Gegensatz zu anderen Ländern. Ich darf nur jene nennen, die immer kritisiert wurden, auch von Ihnen, Herr Bundesminister: Spanien, Portugal, Griechenland, Italien haben ein Wachstum in der Wirtschafts­leistung, wir nicht! (Bundesminister Brunner: Stimmt ja nicht!)

Wirtschaftsförderungen wurden ohne Ziel und Kontrolle vergeben. Cofag-Förderungen ohne Maß und Ziel, teils nur zur reinen Gewinnmaximierung. (Bundesrat Steiner: Ihr wart immer mit dabei!)

Ich darf Ihnen ein Beispiel nennen: die Lebensmittelpreise. Seit der Teue­rungswelle kosten billige Lebensmittel um 43 Prozent mehr. Auf dieser Höhe haben sich die Preise festgebissen. Die Regierung war nicht einmal fähig, einen Preisvergleichsmonitor oder ein Vergleichsportal einzurichten. Wieso ist das nicht passiert? Es wäre so wichtig gewesen, um die Preise zu beobachten. Über den Energiekostenzuschuss eins gingen gleichzeitig Gelder in Millionenhöhe an Supermarktketten. Das macht wirklich ärgerlich.

Wenn Unternehmen ihre gestiegenen Kosten über Preise an die Kundinnen und Kunden weitergeben und diese Unternehmen sich gleichzeitig an Kosten bereichern, die sie vom Staat ersetzt bekommen – das heißt: sie haben Energie­kosten, geben diese Kosten in Form von Preiserhöhungen weiter an die Kundinnen und Kunden, und gleichzeitig kassieren sie Unternehmensför­de­rung –, ist das nicht redlich, und das ist nicht gut!

Das hat noch eine Unternehmensgruppe gemacht, nämlich der Fast-Food-Sektor. Da hatten wir innerhalb von zwei Jahren eine Preissteigerung um 26,5 Prozent. Das sollte sich vielleicht Herr Bundeskanzler Nehammer anschauen, der ja die Burgerkonsumation sozusagen als Armutsbekämpfung gesehen hat. Auch diese Unternehmen haben ihre Preise erhöht und sich gleichzeitig Energiekostenzuschüsse in Millionenhöhe geholt. Das kann wohl nicht sein, und da hätte man eingreifen können! (Beifall bei der SPÖ.)

Noch dazu haben von der Senkung der Körperschaftsteuer große Unternehmen profitiert und nicht die kleinen Unternehmen. Das ist das Geld, das dem Staatshaushalt jetzt fehlt. Das Budgetdefizit ist enorm, und das kann man nur als ein eindeutiges Versagen der Wirtschaftspartei, der ÖVP, mit Beteiligung der Grünen beschreiben.

Ich möchte noch etwas ansprechen, weil es so wichtig ist. Wir haben es im vorherigen Tagesordnungspunkt schon gehabt. Es geht um die Frage des Zugangs für jene Menschen, die keinen digitalen Zugang haben, um ihren Zugang zu Förderungen, zu Unterstützungen und zu Leistungen des Staates. Der Staatsschatz ist eine tolle Sache, keine Frage, zu beglückwünschen. (Bundes­minister Brunner: Der Bundesschatz!) – Der Bundesschatz, danke vielmals für die Korrektur. Das stimmt, der Bundesschatz ist eine gute Sache, positiv, keine Frage.

Ja, aber wenn ich kein Handy und keinen digitalen Zugang habe, habe ich leider Pech gehabt. Was mich ja wirklich sehr amüsiert hat und uns alle, gerade als Sozialdemokratie, sehr amüsiert hat, war, dass die Regierungsfraktionen im Bundesrat letztes Mal einen Antrag (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja, genau!) an ihre eigenen Minister gestellt haben (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Genau, ja!) – das war ja wirklich eine Besonderheit, unglaublich! (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja, warum nicht! Demokratie!) –, sie mögen jetzt einmal prüfen, ob es nicht möglich wäre, dass man auch einen analogen Zugang zu den Leistungen bekom­men könnte. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja, genau, sehr gut aufgepasst!) – Wunderbar, eine wunderbare Idee. Die FPÖ ist gleich mitgegangen, weil sie so begeistert war (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Genau!), dass die Bundesräte an ihre eigenen Minister schreiben, sie sollen jetzt endlich einmal etwas tun. (Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) Also wirklich, das amüsiert uns königlich; wunderbar. (Beifall bei der SPÖ.)

Hauptsache, es passiert etwas. Hauptsache, wir haben keine Altersdiskriminie­rung. Kollege Schwindsackl hat gesagt, das ist eh alles in Ordnung. – Ich glaube, die Pensionistenverbände sehen es nicht so. (Zwischenruf des Bundesrates Schwindsackl.) Die sehen es ein bisschen anders. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Er ist Seniorenbundchef in der Steiermark!)

Die Menschen, die sich bei uns gemeldet haben, viele vom älteren Teil der Bevölkerung, haben gesagt: Na hallo, das ist wirklich ungerecht! Wir haben keinen Zugang, und wir haben Schwierigkeiten. Es geht eben nicht nur um die staatlichen Leistungen, es geht ja auch um Leistungen in der Privatwirtschaft. Wenn ich Bons zum vergünstigten Einkauf nur bekomme, wenn ich sie übers Internet kriege oder über den Handyzugang, dann ist das auch eine Diskri­minie­rung. – So schaut es aus. Die ältere Generation hat es nicht verdient, dass man sie zurücklässt. Auch Menschen mit Behinderung, die sich mit dem digitalen Zugang vielleicht schwerer tun, haben es nicht verdient.

Also schauen wir einmal, was jetzt mit diesem Antrag, den Sie als Regierungs­fraktionen im Bundesrat an Ihre Minister gestellt haben, passiert. Ich freue mich auf eine positive Antwort. Bekämpfen wir gemeinsam die Diskriminierung! (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Genau!) – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.39

Vizepräsident Dominik Reisinger: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „kommunalen Wohnbau finanzieren, leistbares Leben ermöglichen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Matthias Zauner. Ich erteile ihm das Wort.