11.51
Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen hier und liebe Zuseherinnen und Zuseher hier und vor den Bildschirmen! Ich würde gerne noch einmal ganz kurz auf die Berichtigung von Kollegen Zauner und den Redebeitrag von Kollegin Schumann eingehen. (Bundesrätin Schumann: Sagt was zu den Mieten!)
Ja, Österreich hat vielleicht eine hohe Inflation (Bundesrätin Schumann: Vielleicht! Vielleicht!), aber Österreich hat die zweitgrößte Kaufkraft, und Inflation kann man nicht ohne Kaufkraft denken; denn was bedeutet Kaufkraft? – Kaufkraft bedeutet, dass ich etwas kaufen kann (Bundesrätin Schumann: Ein Rekord an Insolvenzen!), auch wenn es teurer ist. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Das heißt, die Kaufkraft in Österreich ist gut, und das verdanken wir auch den Maßnahmen der Bundesregierung. (Bundesrätin Schumann: Ein Rekord an Insolvenzen!)
Jetzt komme ich noch zu den Investitionen, vor allem jenen in den geförderten Wohnbau. Sie tun so, als wäre das jetzt erst notwendig. (Bundesrätin Schumann: Ihr habt die Mieten nicht gebremst!) Das ist aber schon die letzten Jahre, viele Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte notwendig. Genau deswegen gibt es ja den Wohnbauförderungsbeitrag, den die Länder bekommen, der mit den Lohnnebenkosten eingehoben wird, und es gibt eben auch die Rückflüsse aus dem Wohnbauförderungsdarlehen, die an die Länder gehen.
2022 waren das 2,7 Milliarden Euro für ganz Österreich an die Länder. Es wurden aber nur 1,9 Milliarden Euro von den Ländern in den geförderten, in den leistbaren, nämlich in den langfristig leistbaren Wohnraum investiert. Es mutet also schon etwas eigenartig an, wenn Sie heute fordern, dass wir unbedingt leistbaren Wohnraum brauchen, vorgestern hat man ihn aber anscheinend nicht gebraucht. (Bundesrätin Schumann: Was?) – Ja, hat man nicht gebraucht, denn man hat die Einnahmen ja nicht verwendet. (Bundesrätin Schumann: Herzliche Grüße an Niederösterreich!)
Wieso? Sie kennen die Zahlen: 2,7 Milliarden Euro haben die Länder für die Wohnbauförderung eingenommen und 1,9 Milliarden Euro haben sie investiert. (Bundesrätin Schumann: Wahnsinn! Wahnsinn! Ihr macht immer noch die Rückendeckung!) Da ist ein Loch von 800 Millionen Euro, die nicht genutzt wurden (Rufe bei der SPÖ: Niederösterreich!), um geförderten Wohnbau zu bauen, der langfristig gesicherten, leistbaren Wohnraum bietet. Das ist das Wichtige. (Zwischenrufe der Bundesrät:innen Schennach und Schumann.)
Ich kann es auch noch länderspezifisch machen. (Bundesrätin Schumann: Danke an die ÖVP!) Wien verzichtete 2022 auf 200 Millionen Euro, das ist ein Drittel dieser Einnahmen. Die Steiermark verzichtete auf 230 Millionen Euro, also die Hälfte der Einnahmen. Das Burgenland verzichtete auf zwei Drittel dieser Einnahmen, statt sie in geförderten, das heißt langfristig leistbaren Wohnraum zu investieren. Wenn das Geld investiert worden wäre, hätten wir heute mehr leistbare Wohnungen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Aber bei den Mieten habt ihr nix getan! Danke schön! Da werden sich alle Mieter:innen bedanken!)
Da von den Ländern eben zu wenig in den leistbaren Wohnraum investiert worden ist, muss die Bundesregierung eingreifen (neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ) und Anreize liefern, um wieder zu mehr leistbarem Wohnraum zu kommen. Das gab es einerseits – ich mache einen kleinen Schwenk – vom Klimaministerium durch die Sanierungsoffensive für Heizungstausch und thermische Sanierung. Auch das bringt leistbares Wohnen, weil die Energiekosten dadurch günstiger werden, und da wurden viele, viele Hunderte Millionen Euro investiert.
Jetzt gibt es eben auch noch das Wohnbaukonjunkturpaket. Ein wichtiger Punkt dabei – auf den komme ich, weil das nachher bei diesem Tagesordnungspunkt wichtig ist – ist die Zusätzlichkeit. Ein Punkt dieser Wohnbaumilliarde ist, dass mehr Förderungszusicherungen als in den letzten zwei Jahren gegeben werden müssen, damit die Gelder abgerufen werden.
Noch ein Punkt, der irgendwie falsch verstanden worden ist: Man sagt, es gäbe keine Eingriffe in den Markt. – Auch das alles sind Lenkungsmaßnahmen, die einen Eingriff in den Markt bedeuten. (Bundesrätin Schumann: Genau, das ersetzt die Reformen in den ...!)
Genau diese Zusätzlichkeit hat jetzt schon – und da hoffe ich sehr, dass das kein Marketingschmäh ist – Wohnbauoffensiven erwirkt, in Wien und in der Steiermark, die das angekündigt haben. Das ist höchst erfreulich. (Bundesrätin Schumann: Wir werden das gut in Erinnerung behalten!)
Die Bedingung der Zusätzlichkeit fällt aber nun bei der Zinsdifferenz eben weg, die der Bund bei Darlehen, die über 1,5 Prozent Zinsen brauchen, übernimmt. Diese Zinsdifferenz übernimmt der Bund und es braucht keine Zusätzlichkeit. Auch das ist jetzt, zu Zeiten der hohen Kreditzinsen, natürlich gut.
Ja, es geht nicht länger als bis 2028, weil das Finanzrahmengesetz bis 2028 befristet ist und wir uns eben an die Gesetze halten. Ich appelliere an alle, die als Nächstes und auch noch 2028 in der Regierungsverantwortung sein werden, dass sie das weiterhin unterstützen. (Bundesrätin Schumann: Da seid ihr nicht mehr dabei!)
Ein wichtiger Punkt bei den Darlehen, bei dieser Zinsunterstützung ist auch noch, dass damit auch die Berichtspflicht der Mittelverwendung der Länder eingeführt wurde und diese Mittelverwendung auch veröffentlicht werden wird. Das ist ein wichtiger Punkt in Sachen Transparenz bei der Verwendung öffentlicher Gelder.
Ein letzter Punkt – da möchte ich an meinen Kollegen Adi Gross anschließen – betrifft die Bodenversiegelung: Ja, es braucht viele neue Wohnungen, es braucht auch viele neu sanierte Wohnungen, aber ich glaube, wir müssen aufpassen, dass wir nicht die grüne Wiese und fruchtbare Felder verbauen. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.) Es gibt – das ist ganz wichtig – in der Fachwelt schon länger die Bestrebungen und auch sehr viele Initiativen, die darauf schauen, dass Brachen, dass wenig genutzte Gewerbeflächen, aber zum Beispiel auch Supermärkte überbaut werden sollen. Das ist total wichtig, denn durch Verbauung, aber auch durch Straßenbau versiegeln wir in Österreich jedes Jahr die Fläche des Wörthersees. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.) Das muss man sich einmal vorstellen: Jedes Jahr wird der Wörthersee zubetoniert!
Das geht nicht, das können wir nicht machen. Es ist schädlich einerseits für die Artenvielfalt, für die Biodiversität, aber auch für unsere Gesundheit, für die Ernährungssicherheit, auch dafür, wie wir leben und wie gut wir leben wollen. Es hat auch damit zu tun, dass Orte und auch Städte nicht an den Rändern zerfransen sollen. (Zwischenruf bei der FPÖ.) In den Orten, aber auch in Wien wird alles weiter hinausgebaut, anstatt dass man schaut, was man innerhalb der Städte, innerhalb der Orte verdichten kann. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Vielleicht noch ein kleiner Punkt: Auch in den Flächenbezirken in Wien wird jetzt sehr viel gebaut, und auch da sollte man vielleicht vorher prüfen: Was kann man dort noch innerhalb der verbauten Areale besser bauen? Ich finde, auch in der Bauwelt, im Wohnbau müsste eigentlich gelten: recycle und reuse, also Wiederverwendung und Ressourcenschonung. Es geht auch um den Erhalt der Erden. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen rund um Wien haben sogenannte schwarze Erden. Sie gehören zu den besten und fruchtbarsten Erden und wir sollten sie eigentlich erhalten, um die lokale Landwirtschaft und kurze Versorgungsketten zu erhalten. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.)
Das Wohnbaupaket beinhaltet noch einen wunderbaren Punkt – er wurde heute noch gar nicht erwähnt, deswegen erwähne ich ihn jetzt –, der auch zum Klimaschutz beiträgt und wo nichts verbaut werden muss, nämlich die Leerstandsabgabe. Wenn die Leerstandsabgabe auf leerstehenden Wohnraum von den Ländern in einer empfindlicheren Höhe eingehoben würde, müssten wir gar nichts verbauen und es kämen mehr Wohnungen auf den Markt.
Ein wichtiger Punkt im Bereich Klimaschutz ist aber auch die verpflichtende Fotovoltaik auf allen geförderten Neubauten – und dass die etwa 700 Millionen Euro (Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig), die in den geförderten Wohnbau fließen, für mehrgeschossigen, also verdichteten gemeinnützigen Wohnbau verwendet werden müssen.
Wir haben es heute aber schon kurz gehört: Der Handwerkerbonus und der Reparaturbonus sind beide ganz wichtige Förderungsmaßnahmen, um Materialien und Güter weiterzuverwenden. Die Öko-Sonderausgabenpauschale kann bei Heizungstausch oder thermischer Sanierung bei Wohngebäuden einkommensmindernd geltend gemacht werden; und es gibt den Anreiz, klimaschonende Gebäudesanierungen als vorzeitige Ausgabe absetzen zu können. In diesem Wohnbaupaket sind all das Anreize für klimaschonendes und für leistbares Wohnen und für eine Belebung der Konjunktur.
Noch ein kleiner Punkt zu den Gemeindebauten, weil Sie sich beschweren, dass da nicht gefördert wird: Nutzen Sie die Möglichkeit, wenn Sie Grundstücke von der Gemeinde haben, geben Sie sie an (Bundesrätin Schumann: Warten wir auf die Wienwahl, Frau Kollegin, ... Sie Ihre Chance!) die gemeinnützigen Bauvereinigungen! (Bundesrätin Schumann: ... die Wienwahl ist Ihre Chance!) Die freuen sich, wenn sie günstige Grundstücke haben. Vergeben Sie es im Baurecht, dann kann auch daraus kein Eigentum werden! (Bundesrätin Hahn: ... Niederösterreich ...!) Wien hat viele langfristig günstige Wohnungen. Schauen wir also, was man machen kann. Ich danke für dieses Paket. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
12.01
Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Manfred Mertel. Ich erteile ihm dieses. (Vizepräsident Ebner übernimmt den Vorsitz.)