9.15

Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Besucherinnen und Besucher und Zuseher vor den Bild­schirmen! Unsere Welt ist im ständigen Wandel, geprägt von geopoliti­schen Verschiebungen und globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel und der Migration. Gerade für ein kleines Land wie Österreich, das stark von globalen Entwicklungen abhängig ist und auch von diesen ge­prägt wird, spielt die Außenpolitik eine entscheidende Rolle, um Österreichs Interessen zu wahren und gleichzeitig einen Beitrag zu einer stabileren und gerechteren Welt zu leisten.

Unsere Rolle als neutrales Land und als Mitglied der Europäischen Union ver­langt eine feinfühlige und gleichzeitig entschlossene Außenpolitik. Aktuell gibt es einige krisenhafte Entwicklungen auf dieser Welt. Neben dem Krieg in der Ukraine, den Konflikten im Nahen Osten und zwischen Armenien und Aserbaidschan ist auch die sicherheitspolitische Lage in der Sahelzone, am Horn von Afrika, im Sudan und auch in der Demokratischen Republik Kongo, mit einer der schlimmsten humanitären Krisen der Welt, besorgniserregend – um nur einige zu nennen.

Über den Ukrainekrieg wurde in diesem Haus bereits viel gesprochen. Ich muss die Dinge nicht wiederholen, lassen Sie mich nur einen Punkt dazu sagen: Dieser Ukrainekrieg und die destruktive Haltung von Russland bringen die OSZE in Gefahr. Für Österreich ist es daher eine außenpolitische Priorität, den Erhalt und die Funktionsfähigkeit der OSZE sicherzustellen und sich in die­sem Sinne zu engagieren.

Im Nahen Osten beobachten wir den anhaltenden Konflikt zwischen Israel und Gaza mit großer Besorgnis. Österreich setzt sich für eine Zweistaa­tenlösung ein, die – auf Dialog und friedlicher Koexistenz basierend – ausverhandelt werden soll. Wir unterstützen humanitäre Initiativen und be­mühen uns, durch unsere diplomatischen Kanäle zur Deeskalation beizutragen.

Ein weiteres zentrales Thema unserer Außenpolitik ist die EU-Erweite­rung am Westbalkan. Österreich hat großes Interesse daran, diese Region näher an die Europäische Union heranzuführen. Die Stabilität und der Wohlstand des Westbalkans sind für die Sicherheit und das wirtschaftliche Wohlergehen Europas von entscheidender Bedeutung. Anstelle eines binären Denkens in Form von Vollmitgliedschaft oder Nichtmitgliedschaft ist aus österreichischer Sicht ein schrittweiser Ansatz erforderlich, das heißt eine schrittweise Integration.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Außenpolitik Österreichs ist die Neutralität und Friedenssicherung. Österreichs Neutralität ist ein historisches Erbe und ein Grundpfeiler unserer Außenpolitik. Vor allem auch die Friedenssicherung ist ein wichtiger Aspekt unserer Außenpolitik. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, Österreichs Bemühungen in Bezug auf die Ab­rüstung, die nuklearwaffenfreie Welt und die Einhaltung und Stärkung des humanitären Völkerrechts zu erwähnen, aber auch jene in Bezug auf eine rechtlich verbindliche Regulierung von autonomen Waffensystemen, nämlich dass die Beibehaltung bedeutender menschlicher Kontrolle über kritische Funktionen dieser Waffensysteme essenziell ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Was das Ziel der nuklearwaffenfreien Welt betrifft: Das nukleare Abrüstungs- und Nichtverbreitungsregime steht aktuell enorm unter Druck. Wir befin­den uns in einer scheinbar aussichtslosen Zwickmühle: Stillstand bei der Abrüs­tung, Rückzieher bei der Nichtverbreitung – die nuklearen Risiken sind größer denn je.

Wir müssen diesen Teufelskreis durchbrechen. Dieses Ziel erreichen wir am ehesten mit dem von Österreich mitinitiierten Atomwaffenverbotsver­trag, der seit 2021 in Kraft ist. Österreich zählt zu den zentralen Initia­toren dieses Vertrages. Der Prozess steht jedoch erst am Beginn und für die Zielerreichung werden die Bemühungen und Aktivitäten im Bereich der Bewusstseinsbildung über Risiken und Auswirkungen von Atomwaffen weiter fortgeführt.

Ich weiß nicht, ob Ihnen allen bewusst ist, dass die Weltuntergangsuhr auf nur 90 Sekunden vor Mitternacht steht. Die Gefahr eines katastrophalen Atomkriegs beziehungsweise einer globalen Katastrophe ist extrem hoch – sogar höher als während des Kalten Krieges. Das Ausmaß dieser Be­drohung muss der Menschheit verdeutlicht werden, denn eine Abkehr von nuklearer Abschreckung und der Drohung mit Massenvernichtung als Grundlage der internationalen Sicherheitsarchitektur ist dringend erforderlich. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich thematisiert seit Jahren die humanitären Auswirkungen von Nuklearwaffen und die Risiken der nuklearen Abschreckung. Der Einsatz für eine nuklearwaffenfreie Welt ist für Österreich eine außenpolitische Priorität. In einer Zeit, in der geopolitische Spannungen zunehmen, ist es wichtiger denn je, dass Österreich seine neutrale Position nutzt, um Brücken zu bauen und den Dialog zu fördern. Unser Engagement in den Vereinten Nationen und in anderen internationalen Organisationen ist dabei von zentraler Bedeutung. Wir müssen weiterhin aktiv zu Krisensicherheit, Friedenssicherung und Konflikt­bewältigung beitragen und unsere diplomatischen Fähigkeiten in den Dienst der globalen Gemeinschaft stellen.

Die Außenpolitik ist neben Sicherheit und Finanzen eine Kernaufgabe unseres Staates. Zur Wahrung unserer Interessen ist es wichtig, dass Österreich auch in Zukunft die lange Tradition einer berechenbaren, verlässli­chen und konstruktiven Außenpolitik weiterführt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)

9.22

Präsidentin Margit Göll: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ste­fan Schennach. – Bitte.