11.21

Bundesrätin Mag.a Claudia Arpa (SPÖ, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Frau Minister – auch von meiner Seite: herzliche Gratulation! Werte Zuhörende! Es gibt Herausfor­derungen, die aus meiner Sicht besonders schmerzhaft sind. Die dunkle Seite unserer Gesellschaft ist die Gewalt, vor allem die Gewalt an Frauen, die – und das ist oft die Spitze eines Eisberges – oft in einem Mord enden kann. Laut Autonomer Österreichischer Frauenhäuser gibt es bereits dieses Jahr zwölf Frauenmorde, 25 Mordversuche und weitere Menschen, die von anderen verletzt worden sind und werden und dadurch auch mit großem Leid konfrontiert sind.

Wir als SPÖ wollen das ändern und hinschauen. Deshalb fordern wir, dass der Bund – aus unserer Sicht: endlich einmal – tätig wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bedanke mich auch gleichzeitig bei allen Institutionen, die mit Opfern arbeiten, weil ich glaube, dass das eine sehr herausfordernde Arbeit ist. An dieser Stelle sage ich noch einmal herzlichen Dank.

Noch einmal zurück zum Bund: Wir als SPÖ-Fraktion verlangen einen Nationalen Aktionsplan, damit wir gegen diesen Fleckerlteppich im Gewaltschutz auftreten können, um Lücken zu identifizieren und diese auch mit klaren Zuständigkeiten und Zeitplänen zu schließen. (Beifall bei der SPÖ.)

Und – deswegen stehe ich ja auch heute hier vor Ihnen –: Es braucht endlich flächendeckende Gewaltambulanzen, wie wir es schon seit Jahren for­dern. Ich sage das seit Jahren, die Kollegin aus dem Nationalrat, Selma Yildirim, bringt bereits seit vier Jahren immer wieder Anträge ein, die nicht behan­delt werden. Es braucht bei Gewaltambulanzen kein Miniprojekt – obwohl man in Graz seit Jahren ein Vorbild hat –, es braucht eine Blaupause, die man auf ganz Österreich umlegen kann. Es kann nämlich nicht sein, dass ein Gewalt­opfer im Westen weniger wert ist als im Osten. (Beifall bei der SPÖ.)

Flächendeckende Gewaltambulanzen sind ein wesentlicher Teil, der uns im österreichischen Gewaltschutz fehlt. Was ist eigentlich die Aufgabe einer solchen Ambulanz? – Diese stellt sicher, dass vorhandene Beweise, die eine Tat belegen oder sie ausschließen, gesichert werden.

Das Angebot einer Gewaltambulanz steht grundsätzlich allen von Gewalt be­troffenen Menschen zur Verfügung – wir reden oft von Frauen, aber es gibt natürlich auch andere Gewaltopfer –, dies sollte auch rund um die Uhr sein, und es ist auch unabhängig von einer Anzeige nutzbar, das heißt, es sind verfahrensunabhängige Untersuchungen.

Gewaltambulanzen sichern Beweise, sodass sie später auch vor Gericht ver­wendet werden können. Das ist vor allem bei Gewalt gegen Kinder, gegen Frauen, ältere Menschen oder pflegebedürftige Menschen ganz zentral und wichtig, vor allem, wenn sie nicht nur von körperlicher, sondern auch von sexueller Gewalt betroffen sind. Das kann natürlich auch helfen, die in Österreich leider sehr niedrige Verurteilungsrate zu heben. Sie sind sozu­sagen dafür geeignet, Beweise sicherzustellen. Die Betroffenen können sich dann auch in Ruhe überlegen, ob sie etwas zur Anzeige bringen oder auch nicht.

Als Leiterin eines Frauenhauses weiß ich, wie schwer es ist, sich zu öffnen, wenn man von Gewalt betroffen ist. Wenn man Beweise gleich sichern möchte, dann muss eine Ambulanz 24 Stunden offen haben. Es muss die Möglich­keit bestehen, dass alle in Österreich betroffenen Opfer diese zeitnah erreichen können. Das ist eine Forderung, die wir auch aufstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie schaut es aber aus, wenn wir uns die Landschaft hier anschauen? – Die Ver­sorgung von Gewaltopfern ist in Österreich völlig unzureichend. Wir ha­ben das auch im Ausschuss intensiv diskutiert und auch da gab es die Diskussion darüber, dass dies 24 Stunden lang möglich sein muss.

Ich habe mich ein bisschen auf die heutige Rede vorbereitet und gefunden, dass im Jahr 2022 im Auftrag der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integra­tion und Medien im Bundeskanzleramt, des Bundesministers für Inneres, der Bundesministerin für Justiz und des Bundesministers für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz eine Studie mit dem Titel „Die Versor­gung Österreichs mit Gewaltambulanzen“ erstellt wurde.

Darin werden auf 116 Seiten der Istzustand und auch die Lösungsmöglichkeiten beschrieben. Diese Studie liegt nun vor und es gibt die Empfehlung, wie Gewaltambulanzen umgesetzt werden können. Davon finden wir aber im vor­liegenden Gesetzestext nichts mehr. An keinem Ort, auch nicht in grö­ßeren Ballungsräumen, gibt es aktuell die rund um die Uhr verfügbare Möglich­keit einer fachgerechten forensischen Beweissicherung.

Trotz der Studie und trotz kritischer Stimmen wurde ein Initiativantrag ohne Begutachtung in die parlamentarische Debatte geschickt. Das verstehen wir nicht und wir unterstützen das auch nicht. Warum wurden die Inhal­te der Studie mit genau jenen Einrichtungen und Expert:innen, die jahrein, jahraus – ich habe sie vorhin schon genannt – mit von Gewalt betrof­fenen Frauen, Kindern und behinderten Menschen beschäftigt sind und arbeiten, nicht mit eingebunden? Warum wurde das nicht gemeinsam evaluiert? (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Das ist eine gute Frage!)

Stattdessen gibt es einen Initiativantrag. Dementsprechend gibt es natürlich auch kritische Reaktionen, auch vom Frauenring. Es gibt gegenteilige Stellungnahmen, die öffentlich kundgetan wurden. Was ist passiert? – Nichts, sie bleiben ungehört.

In diesem vorliegenden Initiativantrag finden wir noch folgende Ausgestal­tung, die ich auch einmal vorlesen möchte: Die Ministerien werden ermächtigt, mit Betreibern Förderverträge abzuschließen. – Das heißt, Sie beschließen da heute etwas, was die Verfassung eh schon zur Verfügung stellt.

Es gibt keine genaue Konkretisierung, ob institutionalisierte oder öffentliche Betreiber gemeint sind, es gibt keine ausreichenden Mindeststandards, es gibt keine nachhaltige Finanzierung – gar nichts ist da geregelt, wirklich nichts!

Man könnte meinen, dass dieser Initiativantrag dann notwendig ist, wenn der Rechnungshof auffordert beziehungsweise wenn Wahlen vor der Tür stehen. Dafür stehen wir als Sozialdemokratie nicht.

Deswegen möchte ich folgenden Entschließungsantrag einbringen – da könnten Sie sich ja heute noch einmal umentscheiden –:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Mag.a Claudia Arpa, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gesetzliche Verankerung von Gewaltambulanzen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, die gesetzlichen Grundlagen für Gewaltambulanzen zu schaffen. Diese sind im öffentlichen Bereich flächendeckend in allen österreichischen Bundesländern zu institutionalisieren und sollen die forensische Beweissicherung im Falle von Gewalt – insbesondere gegen Frauen – für etwaige spätere Strafverfahren sicherstellen. Ein kostenloser, niederschwel­liger Zugang ist sicherzustellen. Dabei sind jedenfalls u.a. Expertinnen und Experten aus den Bereichen Gewaltschutz, Gewaltprävention sowie dem medizinischen, insbesondere aus dem gynäkologischen und gerichtsme­dizinischen Bereich, einzubinden.

Vorzusehen ist außerdem eine Berichtspflicht, die beim Frauenministerium zu bündeln ist. Die Berichte sind im Nationalrat sowie dem Bundesrat jähr­lich bis zum 30. September des Folgejahres vorzulegen.“

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Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.29

Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Der von den Bundesräten Mag.a Claudia Arpa, Kolleginnen und Kollegen einge­brachte Entschließungsantrag betreffend „gesetzliche Verankerung von Gewaltambulanzen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Wir fahren fort in der Debatte. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundes­rätin Elisabeth Kittl. Ich erteile ihr dieses.