14.22
Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Österreich ist ein Bahnland. Innerhalb der EU wird in Österreich am meisten mit der Bahn gefahren. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Eder.)
Bahnland finde ich jedenfalls wesentlich innovativer, zukunftsweisender, umweltfreundlicher und vor allem auch sozialer, als Verbrennerland Nummer eins in Europa sein zu wollen.
Trotzdem ist im Bahnland Österreich noch viel zu tun, zweifelsfrei. Das betrifft viele Aspekte. Da steht selbstverständlich die Infrastruktur im Vordergrund. Deswegen gibt es konsequenterweise im aktuellen Rahmenplan über 21 Milliarden Euro für entsprechende Investitionen. Das ist ein Rekordbetrag und übrigens im Verhältnis auch dramatisch mehr, als etwa in Deutschland für den Bahnausbau ausgegeben wird – auch in absoluten Zahlen sind wir fast dort.
Das soll und muss auch so weitergehen. Die Infrastruktur braucht Planungssicherheit. Dazu braucht es eine längerfristige Idee, eine Vision, und das ist das Zielnetz 2040 – das möchte ich in Erinnerung rufen – mit zahlreichen großen Ausbauvorhaben. Das Zielnetz 2040 ist übrigens im Download verfügbar (einen Ausdruck mit der Überschrift „Das Zielnetz 2040“ und einer Österreichkarte mit eingezeichneten Zugverbindungen in die Höhe haltend), und man sieht da eben die Dutzenden Projekte, die die nächsten 17 Jahre geplant sind. (Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner.)
Damit Bahnfahren attraktiv ist, braucht es aber viel mehr, unter anderem selbstverständlich entsprechende Rechte für die Fahrgäste, und genau diese werden mit der vorliegenden Novelle massiv gestärkt. Im Fokus stehen dabei Erstattungs- beziehungsweise Entschädigungsrechte, wenn es zu wiederholten Verspätungen oder auch zu Zugausfällen kommt, und zwar gilt das hinkünftig zum Beispiel auch für Monatskartenbesitzer:innen und für andere Zeitkartenbesitzer:innen und nicht nur für Jahreskartenbesitzer:innen.
Und es gibt auch klare Verbesserungen und Klarstellungen bei einzelnen Verspätungen und Ausfällen. So heißt es etwa im Wortlaut – ich lese es einfach vor, denn es ist eh so gut formuliert –:
„Bei einer Verspätung des Zuges [...], einem Ausfall des Zuges, eines versäumten Anschlusses aufgrund einer Zugverspätung oder bei einer Zugräumung aufgrund einer Überfüllung des Zuges hat das Eisenbahnunternehmen, soweit erforderlich, die Geltungsdauer des Fahrausweises zu verlängern und diesen für eine Zuggattung mit höherem Fahrpreis gültig zu schreiben“ – man höre! – „, sofern der Fahrgast seine Fahrt fortsetzt oder die unentgeltliche Rückbeförderung samt“ Gepäck zum Antrittsbahnhof beansprucht – also auch dann sind diese Kosten zu ersetzen.
Ich denke, das ist schon wichtig und ist auch eine wichtige Botschaft für die Rechte der Fahrgäste beim Bahnfahren.
Bei Gruppenfahrten wird der Fahrpreis künftig anteilig rückerstattet, wenn weniger Teilnehmer mitfahren. Viele kennen das, bei Ausflügen, bei denen alles mit der Gruppenkarte gebucht ist, kann das passieren. Das bekommt man in Zukunft zurück. Analoge Rückerstattungsrechte gibt es künftig auch, wenn man Reservierungen nicht in Anspruch nimmt.
Es werden nicht nur die Rechte der Fahrgäste gestärkt, sondern auch die Stelle, um diese durchzusetzen. Zudem wird die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte zur einheitlichen Durchsetzungs- und Schlichtungsstelle für alle Verkehrsträger aufgewertet – Bus, Bahn, Taxi –, was auch ein wichtiger Punkt ist: eine Stelle, wenn es Probleme gibt.
Und: Es wird eine Möglichkeit geben, rabiaten Fahrgästen – rabiat gegenüber Mitreisenden oder Personal – ein zeitlich befristetes Beförderungsverbot auszusprechen. (Bundesrat Steiner: Das ist gut für die Asylanten, die sich nicht aufführen im Zug!) Das finde ich wichtig, auch um das Personal zu stärken, auch die haben einen Schutz, einen Rechtsschutz verdient. Es ist ja im Übrigen ein Verfahren durchzuführen, das Ganze ist ja nicht willkürlich, und selbstverständlich gibt es Einspruchsrechte.
Ich habe mich neulich ausführlich mit einer Zugführerin unterhalten und sie auch nach ihren Erfahrungen befragt, was Fahrgäste betrifft. Die allermeisten Fahrgäste machen keine Probleme – das ist klar. Sie sagt aber auch, dass es immer wieder vorkommt, dass sie angepöbelt wird, dass sie beschimpft wird. Das geht teils so weit, dass sie die Polizei zu Hilfe rufen muss – das geht natürlich nicht anders, das ist gar keine Frage; auch die Fahrgäste haben sich im Zug entsprechend zu benehmen. (Bundesrat Steiner: Das sind eure Schutzbedürftigen!)
Ich fahre ja selber konsequent mit der Bahn und bin nebenbei erwähnt in den rund fast fünf Jahren als Bundesrat kein einziges Mal geflogen. (Bundesrat Steiner: Aber jetzt fliegst dann aus dem Bundesrat raus! Das ist was Positives! – Weiterer Zwischenruf bei der FPÖ.) Was ich bei diesen unzähligen Fahrten erlebt habe, ist ein de facto durchgängig sehr freundliches und hilfsbereites Zugpersonal – in einem Job, der sehr anstrengend sein kann, ich denke nur an die vollen Züge. Darum – das ist mir ein Anliegen – ein Danke an die vielen engagierten Zugführer:innen und Schaffner:innen. (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Gerade dieses Personal trägt viel zu einem guten Image der Bahn bei. Weitere Verbesserungsschritte werden mit der Novelle des Eisenbahngesetzes unternommen. Da sind viele technische Regelungen und Vereinfachungen in den Abläufen enthalten. Ich möchte zwei Punkte hervorheben, die von einem breiteren Interesse sind:
Das ist zum einen sicher die Einführung eines sogenannten Kapazitätsmodells für hoch ausgelastete Strecken. Was heißt das? – Da können bei der Zuweisung, also wenn es mit der Auslastung eng wird, quasi Nutzungsgenehmigungen priorisiert erteilt werden. Es ist wichtig, den Personenverkehr aufrechtzuerhalten, daher kann das Unternehmen hergehen und sagen: Okay, die bekommen einen gewissen Vorrang bei der Reservierung eines Timeslots!
Das hat auch einen ganz konkreten Hintergrund. Einer der Hintergründe sind die geplanten Streckensperren in Deutschland. Das betrifft sehr wichtige Strecken einmal für uns, für alle, die aus den westlichen Bundesländern kommen, nämlich die Sperre zwischen Freilassing und München respektive Rosenheim. Das wird in den Ausweichstrecken zu Engpässen führen, und da braucht man auch eine Rechtsgrundlage, um dann den Verkehr abzuwickeln. Ein Hintergrund ist übrigens auch die Koralmstrecke, um da dann ein entsprechendes Management machen zu können, wenn eine hohe Frequenz zu erwarten ist.
Wichtig ist auch eine verbindliche Verankerung der sogenannten symmetrischen Vertaktung. Das ist in Zukunft verpflichtend für die Verkehrsunternehmen. Das heißt, dass getaktete Verkehre auch verschiedener Verkehrsdienste in Knotenbahnhöfen abgestimmt werden müssen, und zwar so abgestimmt werden müssen, dass ein Umsteigen gut möglich ist. (Vizepräsident Reisinger übernimmt den Vorsitz.)
Das hat nicht immer geklappt und es ist nicht immer gemacht worden, deswegen gibt es auch eine klare gesetzliche Regelung dazu. Um Bahnland zu bleiben, muss man also auch konsequent dranbleiben. Mit uns ist darauf jedenfalls Verlass. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
14.30
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stotter. Ich erteile ihm dieses.