19.09
Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen vor den Bildschirmen! Vielen Dank, Herr Kollege Wanner, für diese sehr bildlichen und sehr klaren Worte. Ein bisschen haben Sie auch schon das grüne Wahlprogramm vorweggenommen, aber trotzdem: Danke. (Bundesrat Spanring – erheitert –: Das glaube ich nicht einmal!)
Ja, diese B-VG-Änderung bezüglich Vertragsraumordnung und städtebauliche Verträge – so nennt man das nämlich in Wien – wurde dezidiert von den Gemeinden und von den Ländern gewünscht. Das ist auch nachvollziehbar, denn natürlich kennen die Gemeinden ihren Grund und Boden am besten, sie wissen, wo Bauland brachliegt, und sie wissen, was ihre Gemeinden brauchen, um lebendig und lebenswert zu sein.
In Wien braucht es zum Beispiel mehr leistbaren Wohnraum in Lagen mit guter Anbindung an den öffentlichen Verkehr, und es braucht mehr Grün in dicht verbauten Stadtteilen, die unter enormer Hitze leiden, und es braucht mehr Platz für aktive Mobilität wie Zufußgehen oder Radfahren. In kleineren Gemeinden braucht es auch Maßnahmen, um die Ortskerne zu beleben und Flächenfraß einzudämmen.
Mit dieser bodenpolitischen Ermächtigung können die Gemeinden nun mit den Grundeigentümer:innen eine Vereinbarung, nämlich eine rechtlich haltbare Vereinbarung, über die Verbauung des Grundstücks schließen. Sie können auch bestimmte ortsverträgliche Widmungen oder Bewilligungen vereinbaren und dass das Grundstück in einer bestimmten Zeit bestimmt verbaut werden muss oder dass eben leistbarer Wohnraum gebaut wird oder dass für soziale oder grüne Infrastruktur gesorgt werden muss und auch dass Baulücken ortsgerecht geschlossen werden.
Wir haben es schon gehört: Der heutige Beschluss und die heutige Ermächtigung für diese Vertragsraumordnung, für die städtebaulichen Verträge ist ein gutes Werkzeug, um Bauland im Sinne des öffentlichen Interesses und eben nicht im Sinne der Spekulant:innen zu mobilisieren. Und ja, natürlich muss diese Vereinbarung öffentlich sein beziehungsweise öffentlich einsehbar sein.
Ich erinnere an das Informationsfreiheitsgesetz – die Abschaffung des Amtsgeheimnisses –, das ein epochaler Erfolg ist, der viele Konsequenzen – eben genau wie das, was wir heute beschließen – hat. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Miesenberger.)
Ich möchte auch noch kurz auf die Einwände der FPÖ hinsichtlich der Einschränkung von Grundeigentumsrechten oder von Eigentumsrechten eingehen: Eigentum, vor allem Eigentum an Grund und Boden, bedeutet eben nicht, uneingeschränkt damit handeln zu können. Ganz im Gegenteil: Wir befinden uns in einem Rechts- und Wohlfahrtsstaat, und natürlich unterliegt auch Eigentum dem öffentlichen Interesse und dem Allgemeinwohl. Daher müssen wir das Recht auf Schutz des Eigentums, aber auch zum Beispiel das öffentliche Interesse der Daseinsvorsorge oder das Recht auf Wohnen gegeneinander abwiegen.
Zur Sozialpflichtigkeit des Eigentums im Grundgesetz – Deutschland spricht ganz explizit dazu, ich zitiere –: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ – In Österreich ist das unter das öffentliche Interesse zu subsumieren. Das Eigentum, gerade das Eigentum an Grund und Boden, weil es eine höchst begrenzte Ressource ist, fällt auch darunter und muss auch dem öffentlichen Interesse dienen und nicht ausschließlich dem Eigeninteresse.
Raumordnung und Flächenwidmung machen genau das: Sie schränken Eigentum an Grund und Boden im Sinne des öffentlichen Interesses gerechtfertigt ein, und es geht um Ortsbildschutz, aber es geht vor allem um die Sicherung der Qualität und Quantität von Wohnverhältnissen, und es geht auch um Maßnahmen gegen die Klimakrise.
Daher freue ich mich, dass die Regelung, die wir heute beschließen werden, den Gemeinden diesen Spielraum eröffnet; es ist rechtspolitisch sehr wichtig. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
19.13
Vizepräsident Dominik Reisinger: Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. (Bundesrätin Doppler: Doch!)
Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrätin Doppler hebt die Hand.) – Bitte.