10.31

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Landeshauptmann! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Werte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz. Möge in dieser Zeit viel im Sinne der Menschen in Österreich gelingen. Noch einmal alles Gute dafür. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Als Oberösterreicherin möchte ich mich auf ein paar für mich besonders wich­tige Anliegen konzentrieren. Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, ich beginne mit der anstehenden Kürzung des AMS-Budgets: Bereits 2024 standen in Oberösterreich dem AMS 22 Millionen Euro weniger zur Verfügung. Nun drohen für 2025 erneut Kürzungen von 5 Millionen Euro, dazu kommt noch die fehlende Inflationsanpassung. Junge Menschen und Frauen sind von den Kürzungen besonders betroffen. Der Rückgang offener Lehrstellen, aber auch mangelndes Schulwissen, psychische Probleme und fehlende soziale Kompetenz führen dazu, dass junge Menschen frühzeitig mit dem AMS in Kontakt kommen. Dort finden sie idealerweise qualitätsvolle Beratung und Unterstützung. Lassen wir nicht zu, dass diesen jungen Menschen eine weitere Chance auf ein gelingendes Leben genommen wird! Die meisten von ihnen hatten bereits einen schweren Start ins Leben. (Vizepräsident Reisinger übernimmt den Vorsitz.)

Stark betroffen – jetzt gehe ich noch einmal zu den Frauen zurück – sind jene, die sich aus unterschiedlichsten Gründen schwer am ersten Arbeitsmarkt zurechtfinden können. Soziale Unternehmen sind der wichtige Partner für das AMS, um jene Menschen nachhaltig in Beschäftigung zu bringen. Die Kürzungen hätten weitreichende Auswirkungen: Zeitlich befristete Arbeitsplätze für arbeitsmarktferne und langzeitbeschäftigungslose Menschen könnten nicht mehr zur Verfügung gestellt werden. Auch kann davon ausgegangen werden, dass Kürzungen beim Weiterbildungsgeld zunehmen werden und für viele eine Aufqualifizierung für den ersten Arbeitsmarkt gar nicht mehr leistbar sein wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend zu diesem Thema zwei Zitate aus Oberösterreich: Magdalena Danner von der Sozialplattform Oberösterreich sagt: „Jeder fehlende Platz bei arbeitsmarktpolitischen Dienstleistungen bedeutet weniger Lebenschancen von Menschen am Rande des Arbeitsmarkts.“ Das zweite ist vom Präsidenten der AK Oberösterreich Andreas Stangl, der Folgendes dazu sagt: „Die im Raum stehenden Kürzungen sind eine Absage an jegliche Innovation, Zukunfts­investition und Sicherheit. Obwohl die Arbeitslosigkeit steigt und gleich­zeitig große wirtschaftliche Unsicherheit herrscht, hat es der Arbeitsminister verabsäumt, eine wirksame Arbeitsmarktpolitikstrategie vorzulegen. Gemein­sam mit dem Finanzminister trägt er die Verantwortung dafür, dass wichtige Budget- und Personalressourcen nicht zur Verfügung stehen.“

Herr Landeshauptmann! Lassen Sie diese Kürzungen bitte nicht zu, das schadet dem Standort Oberösterreich! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum nächsten Thema: Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU, die einen Vorrang für Klimaschutzprojekte im überragenden öffentlichen Interesse vorsieht.

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Als Oberösterreicherin bin ich mächtig stolz darauf, dass ein Jahrhundertprojekt des Klimaschutzes in meinem Heimatbundesland in Umsetzung gehen soll und wird, nämlich die Dekarboni­sierung von zwei Voest-Hochöfen in Linz. Die Elektrolichtbogentechnologie macht es möglich. Mit einem Schlag können so 5 Prozent der österreichischen CO2-Emissionen eingespart werden. Das ist mehr als die Hälfte der gesamten österreichischen Gebäudeheizungen. Das ist ein Projekt, das uns wirklich voranbringt, ein Projekt, das den Standort sichert, Arbeitsplätze sichert und einfach begeistert. So könnte die Transformation der Industrie weiterlaufen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)

Es gibt dazu jedoch ein paar Herausforderungen zu bewältigen. Solche Elektrifizierungen brauchen viel elektrische Energie, Energie, die nachhaltig produziert und auch transportiert werden muss – und Transport heißt Leitungsbau. Geschätzter Herr Landeshauptmann, es ist mir vollkommen klar, dass es da eine Vielzahl an unterschiedlichen Interessen zu sondieren gilt. Das ist eben verantwortungsvolle Politik. Auseinandersetzungen im kleinen Umfeld in diesem Bereich durfte ich auch als Bürgermeisterin erleben.

Ich sehe es als großes Versäumnis der jetzigen Bundesregierung, dass die Richtlinie, die einen Vorrang für Klimaschutzprojekte im überragenden öffentlichen Interesse vorsieht, nicht umgesetzt worden ist. Wirken Sie bitte darauf ein, dass da etwas weitergeht! Es schafft Klarheit, setzt Prioritäten und ist auch enorm wichtig bei der Zusammenarbeit mit der Bevölkerung vor Ort, dass klar festgelegte Prioritäten auch kommuniziert werden können.

Ein kleiner Ausflug noch zum Breitbandausbau im ländlichen Raum: Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, ich habe mich ziemlich gefreut, als ich die Resolution des Oberösterreichischen Landtages zum Breitbandausbau gesehen habe. Es werden eine dritte Breitbandmilliarde, eine Umsetzungsverpflichtung der eingemeldeten Plandaten, ein laufender Kontrollprozess sowie Sanktionen bei Nichterfüllung gefordert – und das wurde mit parteiübergreifender Zustimmung beschlossen. Für viele ländliche Gemeinden, wie auch der meinen, ist der Glasfaserausbau unbedingt notwendig. Er zählt für mich zur Daseinsvorsorge für meine Gemeindebürgerinnen und -bürger. Aufgrund der gewachsenen Sied­lungsstruktur in den dezentralen Räumen zeigen Unternehmen kein Interesse an einem Ausbau dort, es ist schlichtweg zu wenig lukrativ.

Ich ersuche Sie: Wirken Sie darauf ein, dass diese Resolution sich in den Stellungnahmen und in den Handlungen der Bundesräte aus Oberösterreich auch im Bundesrat niederschlägt! Ich ersuche Sie intensiv darum.

Herr Landeshauptmann, mein Herz schlägt für die Gemeinden. Ich komme aus der Gemeinde. Meine ersten Schritte in der Politik waren Gemeindepolitik. Ich bin einfach begeistert von dem, was man in Gemeinden alles machen könnte – und als ich eingestiegen bin, vor 14 Jahren, zum Teil auch noch machen konnte.

Mein Kollege Dominik Reisinger hat ja bereits intensivst auf die Herausfor­de­rungen der Gemeinden hingewiesen. Gemeinden machen aus Wohn­siedlungen, wo man zum Schlafen hinfährt, eine Heimat, der man sich zugehörig fühlt. Gemeinden machen aber auch aus Betriebsbaugebieten Standorte, wir erschließen sie, wir schauen, dass die Arbeitskräfte in den Wohnsiedlungen ein Zuhause finden, dass sich die Arbeitskräfte, die Arbeitnehmerinnen und -nehmer auch in unseren Gemeinden wohlfühlen können. Wir ziehen auch Menschen an, die dann bei uns in den Gemeinden wohnen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundes­rätin Sumah-Vospernik.)

Die finanzielle Aushungerung könnte aber dazu führen, dass gerade im strukturschwachen Raum die Gemeindestrukturen, die Kleinstrukturen zum Auslaufmodell werden.

Ich stelle mich dezidiert gegen eine Strukturbereinigung bei den Gemeinden – Strukturbereinigung in dem Sinn, dass nur Effizienz zählt. Es gibt mehr als Effizienz. Es gibt nämlich Werte, die sich im neoliberalen System nicht erklären lassen, die viel tiefer liegen, die auf das Zusammenleben der Menschen wirken (Beifall bei der SPÖ) – nämlich das, was das Menschliche an uns ausmacht, und das lässt sich nicht mit der linken Gehirnhälfte darstellen und es lässt sich nicht mit Zahlen darstellen. Das ist das Leben.

Bitte, Herr Landeshauptmann, achten Sie darauf, dass es nicht zu einer Struktur­bereinigung bei den kleinen Gemeinden kommt!

Zum Abschluss möchte ich mich noch bei den Einsatzkräften in Oberösterreich bedanken, die gestern mit einem erneuten Starkwetterereignis im Mühlviertel zu kämpfen hatten. Es gab über 300 Einsätze. Ich bedanke mich herzlich bei diesen Menschen, die ehrenamtlich in ihrer Freizeit diese Arbeit leisten. Ohne euch würde vieles in Österreich nicht so sein, wie es ist. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

10.42

Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Steinmaurer. Ich erteile ihm dieses.