12.56
Bundesrätin Mag.a Claudia Arpa (SPÖ, Kärnten): Ich möchte gleich hier, an dieser Stelle dem neuen Präsidenten alles Gute und eine gute Hand für die Vorsitzführung im nächsten halben Jahr wünschen.
Wenn es in einem Tagesordnungspunkt um Gewalt geht, stelle ich mich immer sehr gerne heraus, weil ich natürlich im beruflichen Kontext damit zu tun habe da ich in einem Frauenhaus arbeite. Deswegen habe ich mir gedacht, ich melde mich heute auch noch einmal zu Wort. Die Anzahl an verbalen und körperlichen Übergriffen am Arbeitsplatz hat in den letzten Jahren wieder zugenommen, und Frauen sind eindeutig stärker davon betroffen als Männer.
Bei meiner letzten Rede vor zwei Wochen habe ich ja auch über Frauenmorde berichtet. Mittlerweile ist der nächste Frauenmord zu verzeichnen und leider sind auch weitere Frauen verletzt worden. Wieder ist es so, dass Frauen, aber auch deren Angehörige mit großem Leid konfrontiert werden. Wir müssen uns natürlich auch immer vergegenwärtigen, dass der Mord an einer Frau die Spitze einer Gewaltpyramide ist, er ist nämlich die absolute Eskalation.
Frauen erleben Gewalt in vielfältiger Weise: durch sexistische Witze, durch Objektifizierung von Frauen, durch Verbreiten von Geschlechterklischees; es gibt eine gläserne Decke, die Frauen in ihren Karrieren bremst, und strukturelle Gewalt; hinzu kommen verstärkt Hass im Netz, sexuelle Belästigung und auch verbale Gewalt.
Bevor die Spitze der Gewaltpyramide erreicht ist, finden häufig sexuelle Gewalt und Vergewaltigungen – Rapeculture – statt. All das sind Formen von Gewalt, die Frauen erleben. Wir müssen uns immer wieder vergegenwärtigen, dass wir sie bekämpfen können. Wir dürfen da nicht wegschauen, sondern wir müssen handeln.
Am Arbeitsplatz findet Gewalt in unterschiedlichen Formen statt. Die Internationale Arbeitsorganisation, ILO – wir haben heute eh schon einiges darüber gehört –, definiert Gewalt am Arbeitsplatz als „jede Handlung, Begebenheit oder von angemessenem Benehmen abweichendes Verhalten, wodurch eine Person im Verlauf oder in direkter Folge ihrer Arbeit schwer beleidigt, bedroht, verletzt oder verwundet wird“. Vor Gewalt am Arbeitsplatz müssen wir Menschen ganz generell und Frauen im Besonderen dringend schützen.
Geschätzte Damen und Herren! Auch die Politik ist ein Arbeitsplatz, und wir haben Vorbildwirkung. Eines beobachte ich als Mitglied des Bundesrates ebenso, wie es mir Kolleginnen und Kollegen in der Kommunalpolitik immer wieder berichten, nämlich dass die beleidigende Sprache teilweise salonfähig gemacht worden ist und sich häufig gegen Frauen richtet. Ich erinnere an Formen von Gewalt, sexistische Witze, sprachliche Abwertung, Objektifizierung – all das erleben Frauen. Da müssen wir sagen: Lassen wir das nicht zu! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
All jene, die das regelmäßig und wiederholt tun, müssen sich im Klaren darüber sein, was sie damit machen. Erinnern Sie sich: Was mit Sprache und mit Worten ausgedrückt wird, erzeugt letztendlich unsere Wirklichkeit. An sich gibt es ja gesellschaftliche Normen, dass es nicht in Ordnung ist, verbal aggressiv gegenüber Mitmenschen aufzutreten. So lehren wir es schon unseren Kindern von klein auf, dass man andere nicht beleidigen soll.
Es ist halt leider so, dass ein solcher Umgangston manchmal auch in Debatten zu finden ist, und ich glaube, das hat auch Auswirkungen. Es besteht speziell bei Frauen die Gefahr, dass sie sich, wenn sie ständig beleidigt werden, aufgrund solcher Angriffe zurückziehen. Die Wissenschaft nennt das Silencing. Das halte ich in einer Demokratie für sehr bedenklich, denn Frauen müssen Teil einer lebendigen Demokratie sein und auch bleiben. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Zum anderen – das merken wir möglicherweise auch alle, aber das ist zumindest meine Wahrnehmung– ist es einfach so, dass unser gesellschaftliches Klima zum Teil sehr rau geworden ist und dass manche Menschen mittlerweile sogar Gewalt als adäquates Mittel sehen. Das müssten wir uns wirklich anschauen, weil wir das einfach nicht wollen.
Landeshauptmann Stelzer hat in seiner Rede heute am Vormittag angemerkt, dass unsere Wortwahl eine Vorbildwirkung haben soll und somit eine wichtige Grundlage für die Zusammenarbeit in der Gesellschaft ist. Auch Präsident Ebner appellierte heute in seiner Antrittsrede an den Zusammenhalt für eine starke und wehrhafte Demokratie. Ich appelliere an das Wissen, wie Sprache wirken kann. Seien wir ein Vorbild dafür und setzen wir im gemeinsamen Tun ein Zeichen dafür, dass wir hart in der Sache, aber respektvoll im Umgang sind! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Auf dem Weg zu unserem gemeinsamen Ziel der liberalen Demokratie, einem gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Dasein ohne Vorurteile und Diskriminierung, geht es nicht ohne gegenseitige Achtung und Stärkung des Miteinanders. Bauen wir an diesem starken Miteinander! Ich sage einmal herzlichen Dank, und wir stimmen dem natürlich zu. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
13.01