15.30

Bundesrätin Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Wir von den NEOS unterstützen diesen Gesetzentwurf natürlich auch.

Dass die Verteidigerkosten im Falle eines Freispruchs oder einer Einstellung zumindest, wie jetzt schon gesagt, zum Großteil ersetzt werden, sollte sich in einem hoch entwickelten Rechtsstaat wie Österreich von selbst verstehen. Das tat es allerdings bis dato nicht.

Anders nämlich als im Zivilverfahren, in dem man sich als Kläger immer dreimal überlegt, ob man klagt, weil im Falle eines Unterliegens das Verfahren sehr teuer werden kann, muss natürlich der Staat bei Verdachtslagen Ermittlungen auf­nehmen und dem Verdacht nachgehen. Am anderen Ende des Verfahrens steht aber möglicherweise ein zu Unrecht Beschuldigter oder eine zu Unrecht Beschuldigte. Im Falle einer Verurteilung müssen die Verteidigerkosten natürlich sowieso selbst bezahlt werden. Im Falle eines Freispruchs ist es aber eines Rechtsstaates nicht würdig, die freigesprochenen Bürgerinnen und Bürger auf Verfahrenskosten sitzen zu lassen, vom eigenen Zeit- und Nervenaufwand, den ein Strafverfahren immateriell daneben noch kostet – Herr Kollege Himmer hat es beschrieben –, einmal ganz abgesehen.

Die österreichischen Rechtsanwälte fordern daher ja schon lange diesen Kosten­ersatz, weil – wie der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammer­tages, Utudjian, unlängst formuliert hat – nicht schon das Verfahren selbst zur Strafe werden darf.

Von welchen Zahlen sprechen wir? – 2019 wurden in Österreich 9 285 Per­sonen rechtskräftig freigesprochen. Darin enthalten sind noch gar nicht die Zahlen der Einstellungen von Verfahren. Das heißt, über 9 000 Personen bleiben jährlich auf ihren Verteidigerkosten sitzen, und das ist in manchen Fällen existenzbedrohend.

Wie Kollegin Kittl schon gesagt hat: § 393a StPO sieht bis dato vor, dass maximal 10 000 Euro ersetzt werden. Die Rechtsanwaltskammer hat errechnet, dass bei einem kleinen Schöffenverfahren mit sieben Verhandlungstagen schnell 30 000 Euro brutto Anwaltskosten zusammenkommen, bei einem Groß­verfahren ab zwölf Verhandlungstagen 60 000 Euro.

Die Rechtsanwaltskammer fordert daher auch schon jahrzehntelang einen Kostenersatz im Strafverfahren, der in anderen Ländern längst gängige Praxis ist. In Liechtenstein zum Beispiel werden die Verteidigerkosten ohne Obergrenze vom Staat übernommen, in Finnland setzt das Gericht einen angemessenen Betrag auf Basis von Stundensätzen fest, und in Deutschland werden die Kosten auf Basis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes refundiert.

Die geplante Regelung in Österreich ist also längst überfällig – danke, Frau Ministerin, dass Sie sich dieser Sache angenommen haben.

Darf ich Sie an dieser Stelle aber auch noch daran erinnern – die Legislatur­periode ist schon fast vorbei –, dass auch die Gerichtskosten, die Pauschal­gebühren in Österreich exorbitant hoch sind? Im internationalen Vergleich haben wir ein viel zu teures Gerichtsverfahrenssystem. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

15.33

Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke sehr.

Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Alma Zadić. Ich erteile ihr dieses.